Und Herr Steinbrück grinst dazu

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sueddeutsche.de Aufbau Verlag Und Herr Steinbrück grinst dazu - Kultur                                Page 1 of 6

Ressort: Kultur
URL: /kultur/artikel/57/180501/
Datum und Zeit: 17.06.2008 - 13:52

 16.06.2008     11:54 Uhr

                                     Aufbau Verlag

                                     Und Herr Steinbrück grinst dazu
                                     Falsche Freunde und echte Feinde: Zwischen den Geschäftsführern und
                                     dem Verleger des insolventen Aufbau-Verlages ist ein heftiger Streit
                                     entbrannt. Erstmals stellt Verleger Bernd F. Lunkewitz seine Sicht des
                                     Falles ausführlich und öffentlich dar.
                                     Von Bernd F. Lunkewitz

Verleger Bernd F. Lunkewitz: "Ich
verließ traurig das Haus, weil ich
mich nicht weiteren
Erpressungsversuchen aussetzen
wollte. "
Foto: dpa

 Aufbau, der ehemalige Traditionsverlag der DDR, ist in eine vertrackte Situation
 geraten. Die Treuhand verkaufte den Verlag nach der Wende, ohne tatsächlich über
 die Eigentumsrechte verfügen zu können. Nun hat der Verlag Insolvenz beantragt.
 Zugleich entstand eine heftige Auseinandersetzung zwischen den Geschäftsführern
 des Verlages und dem Eigner Bernd F. Lunkewitz. In diesem Beitrag stellt Bernd F.
 Lunkewitz seine Sicht des Falles Aufbau erstmals ausführlich dar.

 Die Bundesregierung behauptete 1990 rechtswidrig, dass sie Eigentümerin des
 Aufbau-Verlags sei, und versuchte vergeblich, dieses Vermögen in eine GmbH zu
 übertragen. Dann verkaufte sie diese GmbH an eine Investorengruppe, darunter
 eine meiner Gesellschaften. Der tatsächliche Eigentümer des Aufbau-Verlags war
 aber der 1945 gegründete Kulturbund e.V.

 Da Vermögensübertragungen ohne die Mitwirkung des Eigentümers nicht wirksam
 sind, blieb die von der Treuhandanstalt verkaufte Aufbau-Verlagsgruppe GmbH eine
 "vermögenslose Hülle" und das Vermögen des Aufbau-Verlages beim Kulturbund.

 Kampf gegen die Bundesregierung
 Im September 1994 mit diesen Tatsachen konfrontiert, weigerte sich die
 Bundesregierung wider besseres Wissen, diese Rechtslage anzuerkennen und
 lehnte es ab, vom Kulturbund den Verlag zu erwerben, um ihn den Investoren dann
 wirksam zu übertragen.

 Im Dezember 1995 erwarb ich unabhängig von den Gesellschaftern der Aufbau-
 Verlagsgruppe GmbH selber vom Kulturbund alle Eigentumsrechte am Aufbau-
 Verlag für mich persönlich und teilte dies der Bundesregierung und bei jeder
 Gelegenheit der Öffentlichkeit und auch den Gläubigern der GmbH mit. Dann nahm
 ich den Kampf um mein Eigentum gegen die Bundesregierung auf.

 Drei Jahre vorher, nach dem Kauf der Aufbau-Verlagsgruppe GmbH von der
 Treuhandanstalt, war ich als Verleger die Verpflichtung gegenüber den Autoren und
 der großartigen Tradition des Aufbau-Verlages eingegangen und bemühte mich, den
 Verlag so gut ich konnte zu führen.

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 Von vorn angefangen
 Ich reduzierte die Verwaltung meines Immobilienvermögens auf das Minimum und
 konzentrierte mich auf die Entwicklung des Verlages. Meine Aufgabe sah ich darin,
 den Verlag aus der engen DDR in das neue gemeinsame Deutschland zu führen,
 Aufbau sollte der erste gesamtdeutsche Verlag werden.

 Neben der Finanzierung der Geschäftstätigkeit war ich als Verleger für die
 Umgestaltung des DDR-Unternehmens zu einem wirtschaftlich arbeitenden
 Geschäftsbetrieb zuständig.

 1992, nach horrenden Verlusten durch die Plusauflagenaffäre und der Entlassung
 des bisherigen Verlagsleiters, wurde von vorn angefangen. Die nur rudimentär
 vorhandenen Abteilungen für Vertrieb, Marketing oder die Lizenzabteilung, die
 eigene Vertretermannschaft, wurden gebildet, erweitert oder umstrukturiert.

 Tradition bewahren
 Zahlreiche Einzelfragen dazu mussten in enger Abstimmung mit den von mir
 eingesetzten Geschäftsführern ausgearbeitet werden. Die Gründung der Aufbau-
 Taschenbuchverlag GmbH, die Umgestaltung von Rütten & Loening zu einem
 Verlag populärer Literatur, die Integration des Gustav Kiepenheuer Verlages, aber
 auch die Fehlschläge mit eigenen Buchhandlungen oder Filmproduktionen, sind nur
 Stichworte für die damaligen Probleme.

 Gleichzeitig wollte ich die Tradition des Aufbau-Verlages bewahren. Mit den
 Büchern von Hermann Kant, Christoph Hein, den Strittmatters und anderen war das
 einfach, sie verkauften sich gut.

 Aber ich traf auch die Entscheidung, zum Beispiel die Brecht-Ausgabe trotz
 horrender Verluste bis zum Abschluss zu bringen, oder die in der DDR nie komplett
 vorhandenen Klassikerausgaben des Verlages endlich lieferbar zu machen.

 Die verlustbringenden Werkausgaben der großen Autoren wollte ich unbedingt
 weiterführen, brachte aber auch zunächst riskante Einzelausgaben von Autoren wie
 Victor Klemperer oder Alfred Kerr. Der Verleger ist letztlich für alles verantwortlich
 und muss manchmal selbst noch in Details entscheiden.

 Über die tatsächlichen Eigentumsrechte betrogen
 Trotz großer Freiheit für das Lektorat und die Geschäftsleitung ist nicht ein Buch bei
 Aufbau erschienen, dem ich nicht zugestimmt hätte. Gleichzeitig bemühte ich mich
 um junge Autoren.

 Tanja Dückers nahm ich mit ihrem ersten Manuskript auf persönliche Empfehlung
 ihrer Agentin Karin Graf in den Verlag auf, und auch das erste Buch von Thomas
 Lehr wurde in das Programm aufgenommen, weil ich das Manuskript gelesen und
 für gut befunden hatte. Ich nenne diese beiden mit Namen nur, weil sie jetzt in sehr
 schäbiger Weise über mich reden.

 Wie ein Blitz traf mich im September 1994 nach nur drei Jahren unbeschwerter
 Sicherheit über das Eigentum an meinem Verlag, dass die Investoren und der
 Kulturbund von der Bundesregierung über die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse
 betrogen worden waren.

 Dokumente zurückgehalten
 Anstatt das begangene Unrecht wenigstens sofort nach seiner Aufdeckung zu
 beseitigen, leugneten die Verantwortlichen ihre kriminellen Aktivitäten und setzten
 sie unverändert fort. Sie fälschten und manipulierten Beweise, hielten Dokumente
 zurück oder ließen sie verschwinden, sie täuschten die Geschädigten, die
 Öffentlichkeit und die Gerichte.

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 Die von mir festgestellten Tatsachen und die vorliegenden Dokumente und
 Urkunden belegten aber zu meiner Überzeugung, dass die Aufbau-Verlagsgruppe
 GmbH und damit auch die Investoren nicht Eigentümer des Aufbau-Verlages
 geworden waren.

 Lesen Sie auf der zweiten Seite, warum die Insolvenz des Verlages unvermeidlich
 wurde.

 Weil die eigene Rechtsauffassung erst dann rechtskräftig ist, wenn der
 Bundesgerichtshof sie letztinstanzlich bestätigt hat, wurden trotz der Unsicherheit
 viele Millionen Euro in die - wie jetzt feststeht - vermögenslose Hülle investiert.

 Die Alternative wäre gewesen - ohne endgültige Entscheidung zur Rechtslage - die
 Aufbau-Verlagsgruppe GmbH sofort zu liquidieren, was aber bei einem anderen
 Ausgang des Rechtsstreits wiederum nicht richtig gewesen wäre. Hätte ich die
 Prozesse gar nicht geführt, wären zwar viele Millionen Euro Prozesskosten nicht
 entstanden, aber ich hätte nie die Rechtssicherheit über das Eigentum am
 Verlagsvermögen erlangt.

 Dilemma zwischen Prozesskosten und Finanzierung
 Weil auch der Kaufvertrag zwischen mir und dem Kulturbund von der
 Bundesregierung in diesen Verfahren angegriffen wurde, bestand bis zur
 Entscheidung des BGH im März 2008 noch die Möglichkeit, dass weder die
 Investoren, noch ich selber den Aufbau-Verlag wirksam erworben hätten. Der
 Bundesfinanzminister, der intern die tatsächliche Rechtslage und alle Umstände
 bestens kennt und auch weiß, dass er rechtswidrig handelt, hoffte, mich in diesem
 Dilemma zwischen Prozesskosten und Finanzierung der GmbH zermürben zu
 können.

 Als Konsequenz der BGH-Entscheidung wurde offenbar, dass die Aufbau-
 Verlagsgruppe GmbH vermögenslos ist. Da sie hohe Verbindlichkeiten hat, war die
 Überschuldung unvermeidbar und ein Insolvenzantrag zwingend gesetzlich
 vorgeschrieben.

 Schon ein Jahr vorher wurde nach Aufdeckung betrügerischen Handelns der
 Treuhand bei Vertragsabschluss (Kenntnis der "Plusauflagen") der Kaufvertrag
 wegen arglistiger Täuschung angefochten.

 Wegen der nach dem Teilurteil des Verwaltungsgerichts Berlin wahrscheinlichen
 Rückgabe des Verlages Rütten & Loening an die jüdischen Alteigentümer ist
 zusätzlich die Rückabwicklung des Kaufvertrages auch aus diesem Grund
 unvermeidbar. Durch die Rückabwicklung würde die Bundesregierung wieder
 Gesellschafter der vermögenslosen Hülle Aufbau-Verlagsgruppe GmbH, das heißt
 diese GmbH ist gar nicht mein Eigentum.

 Bundesregierung entzieht sich ihrer Verantwortung
 Mitte April waren die Konsequenzen aus dem Urteil so weit klar erkannt. Ich
 informierte die Geschäftsleitung, dass nach dem Insolvenzrecht der Antrag jetzt
 gestellt werden müsste. Die Geschäftsleitung bat mich, dem Bundesfinanzminister
 noch einmal Gelegenheit zu geben, die Schäden zu beseitigen. Täte er es, würde
 die Insolvenz nicht eintreten. Er bekam eine Frist bis zum 30. Mai. In der letzten
 Maiwoche gingen seine ablehnenden Stellungnahmen ein.

 Herr Steinbrück, als Dienstherr der alleinigen und vorsätzlichen Verursacherin aller
 Probleme und der daraus entstehenden Schäden und in voller Kenntnis der
 rechtswidrigen und kriminellen Vorgehensweise seiner Behörde, weigerte sich auch
 nach dem Beschluss des BGH, für die Folgen der Gesetzesverstöße einzustehen.

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 In dieser Situation wäre die vermögenslose, überschuldete GmbH nur noch zu
 retten, wenn ich ihr mein privates Vermögen am Aufbau-Verlag und weitere
 Millionen zur Verfügung stellen würde und auf meine Ansprüche gegen den
 Bundesfinanzminister verzichte. Dazu war und bin ich nicht bereit. Damit war aber
 die Insolvenz der vermögenslosen Gesellschaft unvermeidlich.

 Alle Argumente ausgetauscht
 Die Geschäftsführung der Aufbau-Verlagsgruppe GmbH, seit langem über die
 Rechtslage und die Probleme informiert, hatte wahrscheinlich seit Mitte April jedoch
 eigene Vorstellungen zur Rechts- und Vermögenslage entwickelt und wohl auch für
 die eigene wirtschaftliche Existenz bessere Perspektiven gesehen.

 In einer letzten fünfstündigen Diskussion am Donnerstag, den 29. Mai, wurden, in
 Anwesenheit meines Anwalts, alle Argumente ausgetauscht. Die Geschäftsleitung
 drohte mir mit weitreichenden Konsequenzen für den Fall, dass ich die Insolvenz
 nicht abwende, da aus Bürgschaften und Finanzierungszusagen für die GmbH
 große Forderungen gegen mich persönlich entstünden.

 Sie erklärte zu meiner Verblüffung, dass die seit Anfang der neunziger Jahre
 erworbenen Rechte einschließlich der Markenrechte der Aufbau-Verlagsgruppe
 GmbH zustünden und in die Insolvenzmasse fallen würden. Das vom Kulturbund
 erworbene Vermögen bestünde nur aus wenigen wirtschaftlich nicht relevanten
 Altrechten, da auch mit den wichtigsten der alten Autoren neue Verträge
 abgeschlossen worden seien.

 Ultimatum gestellt
 Die Markenrechte seien Eigentum der GmbH, da sie die Marken habe eintragen
 lassen. Daher hätte ich auch keinerlei oder nur geringe Ansprüche aus
 rechtswidriger Nutzung solcher Rechte gegen die GmbH oder die Treuhandanstalt.

 Mir wurde ein Vertrag vorgelegt, mit dem das von mir persönlich vom Kulturbund
 erworbene Vermögen der GmbH zur Verfügung gestellt werden, ich auf die
 Ansprüche gegen die GmbH verzichten und die weitere - unbeschränkte -
 Finanzierung der GmbH zusichern sollte.

 Als erstes müssten sofort 500.000 Euro in bar und innerhalb weniger Tage zwei
 weitere Millionen Euro an Bürgschaften zur Verfügung gestellt werden. Der
 vorgelegte Vertrag musste spätestens am Freitagmorgen unterschrieben werden,
 sonst, so das Ultimatum, würde die Geschäftsleitung die Insolvenz anmelden
 müssen und ich danach keinen Verlag mehr haben. Den würde der
 Insolvenzverwalter zur Befriedigung der Gläubiger verkaufen müssen, und es sei
 nicht ausgeschlossen, dass sich die Geschäftsleitung mit Hilfe von Investoren dann
 daran beteiligen werde. Niemand sonst könnte schließlich diesen Verlag so gut
 führen.

 Schlaflose Nacht
 An diesem Punkt wurden die Gespräche abgebrochen. Ich erklärte, dass ich am
 nächsten Morgen meine Entscheidung mitteilen würde. Nach einer schlaflosen
 Nacht ging ich früh morgens in den Verlag und legte der Geschäftsleitung den Brief
 mit meiner Entscheidung auf den Schreibtisch.

 Dann verließ ich traurig das Haus, weil ich mich nicht weiteren
 Erpressungsversuchen aussetzen wollte. Die Geschäftsleitung hatte mir das Ruder
 aus der Hand genommen, denn in der Insolvenz ist der Vertreter des
 Gesellschafters völlig machtlos.

 Lesen Sie auf der dritten Seite, wie die Zukunft des Aufbau-Verlages aussehen
 könnte.

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 Ich verfasste die Presseerklärung, ließ sie am Freitagvormittag verbreiten und flog
 zurück nach Frankfurt. Dort leitete ich alle konsequenten rechtlichen Schritte ein.
 (Kündigung von Vollmachten und Verträgen, Anfechtung von Erklärungen usw.).

 Die Geschäftsführung tat, was ich vermutet hatte, sie ging am Freitag, den 30. Mai,
 sofort zum Insolvenzgericht. Aber sie beschimpfte mich auch noch am gleichen Tag
 öffentlich in unflätiger Weise für die Grausamkeit, ihr nach 17 Jahren dauernder
 Verlustabdeckung und insgesamt fast 50 Millionen Euro Aufwendungen kein
 weiteres Vermögen mehr geben zu wollen.

 Scheidungskrieg über das Tafelsilber
 Wie in einem Scheidungskrieg über das Tafelsilber wurde der lange Geliebte nun
 als habgieriger, charakterloser Lump verteufelt. Unter der Brecht-Parole "Was da ist,
 soll gehören denen, die für es gut sind" (nämlich der Geschäftsleitung) wurde die als
 ungerecht empfundene Eigentumsordnung von den mutigen revolutionären
 Geschäftsführern umgestürzt, die Belegschaft mobilisiert und die Solidarität der
 Medien eingefordert.

 Der Vorwurf, ich sei ein geldgieriger kommunistischer Kapitalist, charakterlich und
 intellektuell völlig ungeeignet, Verleger eines so bedeutenden Verlages zu sein,
 entbehrt nicht einer gewissen Komik, da das offenbar erst nach 17 Jahren
 aufgefallen ist.

 Auch für die finanziellen Verluste des Unternehmens in diesen Jahren bekam ich
 von der Geschäftsleitung, die ja bekanntlich dafür nicht verantwortlich ist, ganz
 schlechte Noten als ganz schlechter Investor.

 Auf der Pressekonferenz der "verlegerischen" Geschäftsleitung am 2. Juni wurde
 mir in einem Atemzug vorgeworfen, die GmbH ohne Not und gänzlich überraschend
 in die Insolvenz getrieben zu haben, aber gleichzeitig wurde mitgeteilt, sie habe
 umfangreiche (und nicht über Nacht von Herrn Professor Schlink angefertigte)
 Gutachten, die ihre Rechtsauffassung zum Eigentum der GmbH bestätigen.

 Verbrechen lohnt sich
 Diese Rechtsauffassung läuft darauf hinaus, dass die GmbH zwar nicht Rechts- und
 Vermögensnachfolger des Aufbau-Verlages wurde, aber trotzdem das
 "wirtschaftlich relevante Vermögen", nämlich die heutigen Verlags- und
 Markenrechte des Aufbau-Verlages, ab Datum der Eintragung der vorher
 vermögenslosen GmbH in das Handelsregister wirksam an sich reißen konnte, weil
 sie ja die Verträge abgeschlossen habe.

 Verbrechen lohnt sich, könnte man da sagen, wenn man nicht beachtet, dass die
 Gesellschaft alles, was sie tat, mit fremden Vermögen, das nicht gutgläubig
 erworben werden kann, getan hat und daher die erworbenen Vermögenswerte auch
 nur dem fremden Vermögen zustehen.

 Wie schon in meinem Brief vom 30. Mai hielt ich mich in den folgenden Tagen mit
 Kritik an der Geschäftsführung oder dem Insolvenzverwalter weitgehend zurück,
 denn in dieser gefährlichen Lage, mit diesen Leuten jetzt an der Spitze, könnte der
 Verlag sehr schnell zusammenbrechen, wenn sie zu sehr unter Druck geraten oder
 der Insolvenzverwalter sie für unfähig hält.

 Einem Verleger wird sein Eigentum vorenthalten
 Das wollte ich im eigenen und im Interesse der Autoren auf keinen Fall riskieren und
 ließ mich daher auch ohne Gegenwehr in der Presse verleumden und diffamieren,
 immerhin ist der Verlag (nicht die vermögenslose GmbH) ja mein Eigentum.

http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/57/180501/print.html                            17.6.2008
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 Als in der DDR in den fünfziger Jahren das Eigentum der dortigen Verleger
 enteignet oder konfisziert wurde, erhob sich in der Bundesrepublik ein Sturm der
 Entrüstung. Die Vorgänge um den Aufbau-Verlag seit der Wende sind etwas
 verbrämt genau das Gleiche: einem deutschen Verleger - man mag ihn mögen oder
 nicht - wird das Eigentum an seinem Verlag vom Staat vorenthalten. Herr
 Steinbrück grinst und die deutschen Verleger schweigen dazu.

 Der Aufbau-Verlag selbst ist durch die Haltung der Geschäftsführer und die
 Reaktion der Belegschaft der "vermögenslosen Hülle" in eine noch schwierigere
 Lage geraten. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, die sich auf die allein
 verantwortlichen Schuldigen für die eingetretenen Schäden, die Bundesregierung
 und dort vor allem auf den Bundesfinanzminister, richten müsste, wurde durch den
 Theaterdonner der Geschäftsführer abgelenkt.

 Anstatt einer "kontrollierten" Insolvenz und eines günstigen Verkaufs an einen
 Wunschpartner, der den Verlag in eine bessere Zukunft führen kann, aber alle
 Ansprüche gegen die Bundesregierung sichert, kam es zur sinnlosen Konfrontation
 der Geschäftsleitung gegen den Gesellschafter und den Verleger, weil sie sich mit
 Hilfe des Insolvenzverwalters der Vermögensmasse selbst bemächtigen und eigene
 Wege gehen wollte.

 Der Schaden wird immer größer
 Ich habe feststellen müssen, dass ich falsche Freunde und echte Feinde im Hause
 hatte. Einen Telemach habe ich nicht, und selbst der alte Hund Argon hat mich
 verlassen. Daher werde ich im Interesse des Verlages, von dem mir Walter Janka
 immer wieder sagte: "der Verlag, das sind seine Autoren", möglichst schnell eine
 tragfähige Lösung suchen und die dafür wichtigen Vermögenswerte an einen
 geeigneten neuen Eigentümer übertragen.

 Der soll die guten Traditionen des Aufbau-Verlages und die in ihm gesammelten
 Verlagsrechte im Interesse der Autoren weiterführen. Ich bin sicher, dass auch die
 meisten Mitarbeiter übernommen werden.

 Ich bin sehr dankbar, wie einige der Autoren in dieser schwierigen Zeit zu mir
 persönlich stehen und mir Mut machen. Jeden Krisengewinnler aber, der jetzt bei
 dem Insolvenzverwalter ein Schnäppchen zu machen hofft, in dem er meine
 Eigentumsrechte missachtet, warne ich vor den unausweichlichen Folgen.

 In Kürze werden die angekündigten Prozesse gegen die Bundesregierung um die
 Schadensregulierung durchgeführt und, Herr Steinbrück, nur damit Sie nicht sagen
 können, sie hätten es nicht gewusst: der Schaden wird immer größer.

 (SZ vom 16.6.2008/pak)

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