Analyse der klimaökologischen Auswirkungen der Planungen Berenbostel - Wohnen 2020 in Garbsen

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Analyse der klimaökologischen Auswirkungen der Planungen Berenbostel - Wohnen 2020 in Garbsen
Analyse der klimaökologischen Auswirkungen der
Planungen Berenbostel – Wohnen 2020 in Garbsen

                                                                                    Auftraggeber:
                                                                                    Stadt Garbsen
                                                                                    Abt. Stadtentwicklung, Stadtplanung, Bauberatung
                                                                                    Rathausplatz 1
                                                                                    30823 Garbsen

                         GEO-NET Umweltconsulting GmbH
                         Große Pfahlstraße 5a
                         30161 Hannover
                         Tel. (0511) 3887200
                         FAX (0511) 3887201
                         www.geo-net.de

In Zusammenarbeit mit:   Prof. Dr. G. Gross
                         Anerkannt beratender Meteorologe (DMG),
                         Öffentlich bestellter Gutachter für Immissionsfragen und
                         Kleinklima der IHK Hannover-Hildesheim

Hannover, August 2019
Analyse der klimaökologischen Auswirkungen der Planungen Berenbostel - Wohnen 2020 in Garbsen
Klimaökologische Auswirkungen der Planungen Berenbostel – Wohnen 2020

Inhaltsverzeichnis

                                                                                                                                                       Seite:

Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................... I
Abbildungsverzeichnis.................................................................................................... II
Tabellenverzeichnis ........................................................................................................ II

Inhaltsverzeichnis ................................................................................................. I

1.        Aufgabenstellung ........................................................................................ 1

2.        Methode ..................................................................................................... 3

          2.1     Datengrundlage und Modellrechnung ............................................................................. 3

          2.2     Synoptische Rahmenbedingungen ................................................................................... 3

          2.3     Standardisierung des Parameters Kaltluftvolumenstrom ................................................ 4

3.        Ergebnisse ................................................................................................... 5

          3.1     Lufttemperatur ................................................................................................................. 5

          3.2     Kaltluftströmungsfeld..................................................................................................... 13

          3.3     Kaltluftvolumenstrom .................................................................................................... 21

4         Physiologisch Äquivalente Temperatur ...................................................... 28

5         Fazit .......................................................................................................... 30

6         Allgemeine Planungshinweise und Maßnahmenkatalog Stadtklima ........... 31

7         Quartiersbezogene Planungshinweise ....................................................... 36

8         Fazit .......................................................................................................... 39

9         Literatur .................................................................................................... 40

10        Glossar ...................................................................................................... 41

Bericht                                              2_018_051_Berenbostel_2020_Klima_Rev01                                                            Seite I
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Klimaökologische Auswirkungen der Planungen Berenbostel – Wohnen 2020

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1: Prozessorientierte Analyse bei einer austauscharmen
              Hochdruckwetterlage ....................................................................................................... 2
Abb. 1.2: Gesamtkonzept Berenbostel Wohnen 2020 ........................................................................... 2
Abb. 3.1: Nächtliches Temperaturfeld im Basisszenario (4:00 Uhr, 2 m über Grund) ........................... 8
Abb. 3.2: Nächtliches Temperaturfeld im Planszenario 1 (4:00 Uhr, 2 m über Grund) ......................... 9
Abb. 3.3: Nächtliches Temperaturfeld im Planszenario 2 (4:00 Uhr, 2 m über Grund) ....................... 10
Abb. 3.4: Differenz der Lufttemperatur zwischen Planszenario 1 und Basisszenario .......................... 11
Abb. 3.5: Differenz der Lufttemperatur zwischen Planszenario 2 (4:00 Uhr, 2 m über Grund) ........... 12
Abb. 3.6: Prinzipskizze Flurwind ........................................................................................................... 13
Abb. 3.7: Nächtliches Windfeld im Basisszenario (4:00 Uhr, 2 m über Grund) .................................... 16
Abb. 3.8: Nächtliches Windfeld im Planszenario 1 (4:00 Uhr, 2 m über Grund) .................................. 17
Abb. 3.9: Nächtliches Windfeld im Planszenario 2 (4:00 Uhr, 2 m über Grund) .................................. 18
Abb. 3.10 Differenz der Windgeschwindigkeit zwischen Planszenario 1 und Basisszenario................ 19
Abb. 3.11 Differenz der Windgeschwindigkeit zwischen Planszenario 2 und Basisszenario................ 20
Abb. 3.12: Prinzipskizze Kaltluftvolumenstrom .................................................................................... 21
Abb. 3.13: Nächtlicher Kaltluftvolumenstrom im Basisszenario (4:00 Uhr) ......................................... 23
Abb. 3.14: Nächtlicher Kaltluftvolumenstrom im Planszenario 1 (4:00 Uhr) ....................................... 24
Abb. 3.15: Nächtlicher Kaltluftvolumenstrom im Planszenario 2 (4:00 Uhr) ....................................... 25
Abb. 3.16: Differenz des Kaltluftvolumenstroms zwischen Planzustand 1 und Basisszenario ............. 26
Abb. 3.17: Differenz des Kaltluftvolumenstroms zwischen Planzustand 2 und Basisszenario ............. 27
Abb. 3.18: Physiologisch Äquivalente Temperatur (PET) am Tage ....................................................... 29
Abb. 5.1: Mittlere Abnahme des Kaltluftvolumens in den Siedlungsflächen gegenüber dem
              Istzustand ....................................................................................................................... 30
Abb. 7.1: Durchlüftungsbereiche im nördlichen Baufeld ..................................................................... 36
Abb. 7.2: Verortung von Maßnahmen im nördlichen Baufeld ............................................................. 37
Abb. 7.3: Klimatisch günstige Ausgestaltung von Freiflächen .............................................................. 38

Tabellenverzeichnis
Tab. 4.1: Zuordnung von Schwellenwerten für den Bewertungsindex PET
       während der Tagesstunden ....................................................................................................... 28
Tab. 6.1: Empfehlungen raumeinheitenspezifischer stadtklimatisch wirksamer Maßnahmen ........... 33

Bericht                                                2_018_051_Berenbostel_2020_Klima_Rev01                                                         Seite II
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Klimaökologische Auswirkungen der Planungen Berenbostel – Wohnen 2020

1.           Aufgabenstellung

Das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen sind nicht zuletzt abhängig von den meteorologischen
Verhältnissen in ihrem Lebensumfeld. Dabei wirkt sich die Gestaltung dieses Lebensumfeldes, also vornehm-
lich die des Siedlungsraumes, direkt auf die in ihm auftretenden Wärme- und Luftbelastungen aus. Klimati-
sche und lufthygienische Aspekte sind somit durch den Menschen beeinflussbar und daher feste Bestandteile
der räumlichen Planung. Das Schutzgut „Klima“ ist ein wichtiger Aspekt der räumlichen Planung und vor dem
Hintergrund konkurrierender Planungsziele sind flächenbezogene Fachinformationen ein wichtiges Hilfsmit-
tel zu dessen sachgerechter Beurteilung. Aus der Kenntnis des in einer Stadt vorherrschenden Lokalklimas,
der dadurch mitbestimmten lufthygienischen Situation und den klimatischen Funktionszusammenhängen
lassen sich Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen ableiten, die der Erhaltung günstiger bioklimatischer Ver-
hältnisse dienen bzw. auf eine Verbesserung des Stadtklimas in ungünstig bewerteten Teilräumen abzielen.
Um diesen Leitgedanken langfristig verfolgen zu können, ist es zudem erforderlich, die Auswirkungen des
Klimawandels zu berücksichtigen.

Mit dem Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden im Jahr
2011 sind die Belange von Klimaschutz und Klimaanpassung in der Bauleitplanung gestärkt (Novellierung des
Baugesetzbuchs (BauGB)) und nun ausdrücklich zu einer Aufgabe der Bauleitplanung nach § 1 (5) BauGB er-
klärt worden: „Die Bauleitpläne sollen […] dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die
natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpas-
sung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern […].“ Zusätzlich heißt es in § 1a (5) BauGB: „Den
Erfordernissen des Klimaschutzes soll sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als
auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden.“

Auch mit der anstehenden Novellierung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) finden
die Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung verstärkt Eingang in die Umweltverträglichkeitsprü-
fung (UVP) als übergeordnetes umweltpolitisches Instrument.

Im Auftrag der Stadt Garbsen wurde vom Büro GEO-NET Umweltconsulting GmbH in Kooperation mit Prof.
Dr. G. Groß (Universität Hannover) eine modellgestützte Analyse zu den klimaökologischen Auswirkungen
der im Rahmen der Planungen Berenbostel Wohnen 2020 vorgesehenen Flächennutzungsänderungen durch-
geführt. Für die planerische Berücksichtigung der Schutzgüter Klima und Luft ist es bedeutsam, sich auf eine
differenzierte Bewertung der kleinräumig variablen klimatischen Bedingungen einschließlich ihrer komple-
xen Wechselwirkungen stützen zu können. Die zu klärenden Fragen, die im Mittelpunkt der Untersuchung
stehen, beziehen sich auf das nähere Umfeld des geplanten Bauvorhabens:

         Welche Belüftungssituation liegt in der Umgebung der Vorhabenfläche vor?
         Wie ist die bioklimatische Situation zu beurteilen?
         Wie wird sich das Bebauungsvorhaben voraussichtlich auf die klimaökologische Situation, besonders
          im Hinblick auf die Luftaustauschprozesse, auswirken?

Diese Studie soll klimaökologische Rahmendaten in einer hohen räumlichen Auflösung liefern, um eine sach-
gerechte Beurteilung der Schutzgüter Klima/Luft innerhalb des Planungsprozesses zu gewährleisten.

Bericht                                   2_018_051_Berenbostel_2020_Klima_Rev01                      Seite 1
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Klimaökologische Auswirkungen der Planungen Berenbostel – Wohnen 2020

Dabei wird das Hauptaugenmerk auf die Beeinflussung des Kaltlufthaushaltes durch das zusätzliche Baufeld
gelegt. Ausgangspunkt für die Ermittlung dieser Zusammenhänge ist eine austauscharme, sommerliche
Hochdruckwetterlage, die häufig mit einer überdurchschnittlich hohen Wärmebelastung in den Siedlungs-
räumen sowie lufthygienischen Belastungen einhergeht. Während bei einer windstarken „Normallage“ der
Siedlungsraum gut durchlüftet wird und eine Überwärmung kaum gegeben ist, stellt die windschwache Hoch-
                                                                                              druckwetterlage mit wolkenlo-
                                                                                               sem Himmel im Sommer eine
                                                                                               „Worst Case“-Betrachtung dar
                                                                                               (Abb. 1.1). Unter diesen Rah-
                                                                                               men-bedingungen         können
                                                                                               nächtliche Kalt- und Frischluft-
                                                                                               strömungen aus innerstädti-
                                                                                               schen Grün- und Brachflächen
                                                                                               zum Abbau einer Wärmebe-
                                                                                               lastung in den überwärmten
                                                                                               Siedlungsflächen     beitragen.
                                                                                               Da im Rahmen der gesamt-
                                                                                               städtischen Klimaanalyse Han-
 Abb. 1.1: Prozessorientierte Analyse bei einer austauscharmen                                 nover (GEO-NET 2017) für den
         Hochdruckwetterlage                                                                   überplanten Bereich Beren-
bostel ein klimaökologisch wirksamer Kaltluftstrom festgestellt werden konnte, welcher einen thermischen
Ausgleich in den Nachtstunden für die angrenzenden Siedlungsflächen erbringt, ergibt sich die Relevanz für
eine vertiefende Untersuchung.

                                                             Das Plangebiet erstreckt sich zum Großteil über gegenwär-
                                                             tig landwirtschaftlich genutzte Flächen entlang der
                                                             Wreschener Allee (Abb. 1.2). Für das Planareal ist eine
                                                             Wohnbebauung vorgesehen, deren Geschossigkeit zwi-
                                                             schen I und IV betragen wird. Es wurden die folgenden drei
                                                             Flächenkulissen modelliert:

                                                                       Istsituation als Basisszenario
                                                                       Planszenario 1: Flächenkulisse nördliches Baufeld
                                                                       Planszenario 2: Flächenkulisse nördliches und südli-
                                                                        ches Baufeld

Abb. 1.2: Gesamtkonzept Berenbostel Wohnen 2020

Bericht                                   2_018_051_Berenbostel_2020_Klima_Rev01                                       Seite 2
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Klimaökologische Auswirkungen der Planungen Berenbostel – Wohnen 2020

2.           Methode

2.1          Datengrundlage und Modellrechnung

Die Modellrechnungen wurden mit dem Strömungs- und Klimamodell FITNAH durchgeführt. Bei einem nu-
merischen Modell wie FITNAH muss zur Festlegung und Bearbeitung einer Aufgabenstellung eine Reihe von
Eingangsdaten zur Verfügung stehen. Nutzungsstruktur und Geländehöhe sind wichtige Eingangsdaten für
die Windfeldmodellierung, da über die Oberflächengestalt, die Höhe der jeweiligen Nutzungsstrukturen so-
wie deren Versiegelungsgrad das Strömungs- und Temperaturfeld entscheidend beeinflusst wird.

Eine wichtige Modelleingangsgröße stellt zudem die Höhe der Baustrukturen dar, welche einen maßgebli-
chen Einfluss auf das lokale Windfeld ausübt. Dafür wurden vom Auftraggeber die Gebäudegeometrien als
3D-Modell mit der jeweiligen Gebäudehöhe zur Verfügung gestellt. Auf Grundlage des dieser Informationen
wurde den die Gebäude repräsentierenden Rasterzellen eine individuelle Strukturhöhe zugewiesen. Mit der
hohen räumlichen Auflösung von 10 m x 10 m war es möglich, die Gebäudestrukturen realitätsnah zu erfas-
sen und ihren Einfluss auf den nächtlichen Luftaustausch abzubilden. Im Folgenden werden die Ergebnisse
der Klimasimulation erläutert, wobei die folgenden Abbildungen eine windschwache Sommernacht als
„Worst-Case“-Situation repräsentieren.

2.2          Synoptische Rahmenbedingungen

Während sogenannter autochthoner („eigenbürtiger“) Wetterlagen können sich die lokalklimatischen Beson-
derheiten in einer Stadt besonders gut ausprägen, da es nur eine geringe „übergeordnete“ Windströmung
gibt. Eine solche Wetterlage wird durch wolkenlosen Himmel und einen nur sehr schwachen überlagernden
synoptischen Wind gekennzeichnet. Bei den hier durchgeführten numerischen Simulationen wurden die
großräumigen Rahmenbedingungen entsprechend festgelegt:

                Bedeckungsgrad 0/8,
                Kein überlagernder geostrophischer Wind,
                Relative Feuchte der Luftmasse 50%.
Die vergleichsweise geringen Windgeschwindigkeiten bei einer austauscharmen Wetterlage bedingen einen
herabgesetzten Luftaustausch in der bodennahen Luftschicht und tragen zur Anreicherung von Luftschad-
stoffen bei.

Bei gleichzeitiger Wärmebelastung in den Siedlungsflächen können sich lokal bioklimatische und lufthygieni-
sche Belastungsräume ausbilden. Diese Wettersituation stellt damit ein „Worst-Case“-Szenario dar. Charak-
teristisch für diese (Hochdruck-) Wetterlage ist die Entstehung eigenbürtiger Kaltluftströmungen (Flurwinde),
die durch den Temperaturgradienten zwischen kühlen Freiflächen und wärmeren Siedlungsräumen angetrie-
ben werden und zu einem Abbau der Belastungen beitragen.

Bericht                                   2_018_051_Berenbostel_2020_Klima_Rev01                      Seite 3
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2.3            Standardisierung des Parameters Kaltluftvolumenstrom

Für die qualitative Bewertung von Klimafaktoren bedarf es eines begründeten, nachvollziehbaren Maßsta-
bes. Nicht immer ist ersichtlich, aufgrund welcher Kriterien eine Klassifizierung in Kategorien wie „Hoch“ und
„Niedrig“ oder „Günstig“ und „Ungünstig“ erfolgt ist. In der VDI-Richtlinie 3785 Blatt 1 (VDI 2008) wird daher
vorgeschlagen, für eine Beurteilung das lokale oder regionale Werteniveau einer Klimaanalyse zugrunde zu
legen und die Abweichung eines Klimaparameters von den mittleren Verhältnissen im Untersuchungsraum
als Bewertungsmaßstab heranzuziehen.
Wünschenswert wäre zudem, die Beurteilungskriterien sowohl mit der Ausprägung zusätzlich modellierter
Variablen als auch mit den Ergebnissen anderer Untersuchungen vergleichen zu können. Um eine solche
Vergleichbarkeit herzustellen, werden die Parameter über eine z-Transformation standardisiert 1. Bei einer z-
Transformation wird das arithmetische Gebietsmittel des Parameters zunächst gleich Null gesetzt, anschlie-
ßend werden die Originalmaßeinheiten der um dieses Gebietsmittel streuenden Werte in Vielfache der Stan-
dardabweichung umgerechnet. Hieraus ergeben sich vier Bewertungskategorien, deren Abgrenzung durch
den Mittelwert Null sowie die einfache positive und negative Standardabweichung von diesem Mittelwert
festgelegt ist (s. Abb. 2.1).

Abb. 2.1: Veranschaulichung der Standardisierung zur vergleichenden Bewertung von Parametern

1     Rechnerisch wird dabei von jedem Ausgangswert der Variablen das arithmetische Gebietsmittel abgezogen und durch die Standardabweichung
      aller Werte geteilt

Bericht                                       2_018_051_Berenbostel_2020_Klima_Rev01                                               Seite 4
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3.           Ergebnisse

Im Folgenden werden die Ergebnisse der FITNAH-Modellierung zu den meteorologischen Parametern Luft-
temperatur, Kaltluftströmungsgeschwindigkeit und Kaltluftvolumenstrom erläutert. Die Ergebnisse werden
für den Istzustand als Basisszenario sowie dem Planzustand für die zweite Nachthälfte (Kaltlufthaushalt um
4 Uhr morgens) dargestellt. Als meteorologische Rahmenbedingung wurde eine austauscharme Wetterlage
zugrunde gelegt, da sich die stadtklimatischen Effekte vor allem während windschwacher Strahlungswetter-
lagen im Sommer entwickeln. Auslöser dieser Prozesse sind die Temperaturunterschiede zwischen den über-
wärmten Siedlungsräumen und den kühleren vegetationsgeprägten bzw. unbebauten Flächen. Der 4 Uhr
Zeitpunkt wurde gewählt, da sich die Luftaustauschprozesse zwischen dem Umland und den Siedlungsflächen
zu diesem Zeitpunkt vollständig ausgebildet haben. Zudem wird die sommerliche Wärmebelastung während
der Tagesstunden über die Physiologisch Äquivalente Temperatur (PET) dargestellt. In Abgrenzung zur Luft-
temperatur handelt es sich hierbei um die tatsächlich empfundene Temperatur. Ihre Ausprägung wird vor
allem über die Intensität der Sonneneinstrahlung bestimmt.

3.1          Lufttemperatur

Allgemeines: Der Tagesgang der Lufttemperatur ist direkt an die Strahlungsbilanz eines Standortes gekoppelt
und zeigt daher in der Regel einen ausgeprägten Abfall während der Abend- und Nachtstunden. Dieser er-
reicht kurz vor Sonnenaufgang des nächsten Tages ein Maximum. Das Ausmaß der Abkühlung kann dabei –
je nach den meteorologischen Verhältnissen, der Lage des Standorts und den landnutzungsabhängigen phy-
sikalischen Boden- und Oberflächeneigenschaften – große Unterschiede aufweisen, so dass sich bereits auf
kleinem Raum ein differenziertes Temperaturfeld mit mehr als 8 K Temperaturabweichung einstellen kann.
Besonders auffällig dabei ist das thermische Sonderklima der Siedlungsräume. Die in Städten gegenüber dem
Umland modifizierten klimatischen Verhältnisse lassen sich auf einige wesentliche Faktoren zurückführen.
Hierzu gehören:

               die erhöhte Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit der Boden- und Oberflächeneigen-
                schaften
               die durch die Geometrie der städtischen Baukörper vergrößerte strahlungsabsorbierende
                Oberfläche
               die herabgesetzte Verdunstung durch die direkte Einleitung des Niederschlagswassers in die
                Kanalisation oder die Vorflut
               die über die vermehrte Emission von Gasen und Aerosolen zugunsten eines langwelligen
                Strahlungsgewinns veränderte Strahlungsbilanz (lokaler Treibhauseffekt)
               die Wirkung der Stadt als Strömungshindernis mit hoher aerodynamischer Rauigkeit und die
                damit verbundene Behinderung der Durchlüftung und des Luftaustausches mit dem Umland
               die erhöhte anthropogen bedingte Wärmeproduktion

Damit ist das Ausmaß der Temperaturabweichung im Siedlungsbereich vor allem abhängig von der Größe
der Stadt und der Dichte der Überbauung. Doch auch die Luftvolumina über grüngeprägten Flächen weisen
untereinander keinen einheitlichen Wärmezustand auf. Die Abkühlungsrate von natürlichen Oberflächen
wird insbesondere von ihren thermischen Bodeneigenschaften (u.a. ihrer Wärmeleitfähigkeit und Wärmeka-
pazität) sowie von eventuell vorhandenen Oberflächenbedeckungen (Bewuchs, Laubstreu usw.) bestimmt.

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Analyse der klimaökologischen Auswirkungen der Planungen Berenbostel - Wohnen 2020 in Garbsen
Klimaökologische Auswirkungen der Planungen Berenbostel – Wohnen 2020

Das Relief (Exposition, Geländeneigung) und die Lage im Mosaik der Nutzungen und ihrer dynamischen Luft-
austauschprozesse üben einen weiteren Einfluss aus. Eine Sonderstellung nehmen Wald-, Gehölz- und Ge-
wässerflächen ein. Der gedämpfte, insgesamt vermittelnde Tagesgang der Temperatur im Wald beruht zu
einem großen Teil auf dem zweischichtigen Strahlungsumsatz zwischen Atmosphäre und Kronendach sowie
zwischen Kronendach und Stammraum. Größere Waldgebiete haben eine klimatische Ausgleichsfunktion
und filtern zudem Luftschadstoffe. Während tagsüber durch Verschattung und Verdunstung relativ niedrige
Temperaturen bei hoher Luftfeuchtigkeit im Stammraum vorherrschen, treten nachts in 2 m Höhe, im Ver-
gleich zu nicht mit Gehölz bestandenen Grünflächen, eher milde Temperaturen auf. Stadtnahe Wälder kön-
nen daher auch am Tage kühlerer Luft zugunsten des Siedlungsraumes erzeugen.

Die Ermittlung des bodennahen Temperaturfeldes ermöglicht es, überwärmte Bereiche mit potenziellen bi-
oklimatischen Belastungen abzugrenzen, Aussagen zum Auftreten thermisch und/oder orographisch indu-
zierter Ausgleichsströmungen zu treffen und die räumliche Ausprägung und Wirksamkeit von Kalt- bzw.
Frischluftströmungen abzuschätzen. Denn ein erholsamer Schlaf ist nur bei günstigen thermischen Bedingun-
gen möglich, weshalb der Belastungssituation in den Nachtstunden eine besondere Bedeutung zukommt. Da
die klimatischen Verhältnisse der Wohnungen in der Nacht im Wesentlichen nur durch den Luftwechsel mo-
difiziert werden können, ist die Temperatur der Außenluft der entscheidende Faktor bei der Bewertung der
thermophysiologischen Belastung. Entsprechend spiegelt die Beurteilung des Bioklimas weniger die thermi-
sche Beanspruchung des Menschen im Freien wider, als vielmehr die positive Beeinflussbarkeit des nächtli-
chen Innenraumklimas.

Basisszenario
Das mit dem Klimamodell FITNAH für den Istzustand simulierte Lufttemperaturfeld in 2 m über Grund zum
Zeitpunkt 4 Uhr morgens umfasst unter den angenommenen meteorologischen Rahmenbedingungen eine
Spannweite von etwa 6 Kelvin (K) und erreicht dabei Werte zwischen 12,9°C und 19,2°C. Die mittlere Tem-
peratur des Untersuchungsgebietes liegt bei 15,3°C.

Die Temperaturverteilung ist räumlich differenziert, da Areale mit Wohnbebauung, Verkehrsanlagen sowie
Grünflächen unterschiedliche Boden- und Oberflächeneigenschaften aufweisen. Abbildung 3.1 (S. 9) zeigt
das mit dem Klimamodell FITNAH simulierte Temperaturfeld in 2 m über Grund zum Zeitpunkt 4 Uhr für den
derzeitigen Zustand als Basisszenario. Die höchsten Temperaturen von über 19°C treten in den Bereichen
Langenhagener Straße und Siemensstraße im Umfeld der größeren gewerblich genutzten Gebäudekomplexe
auf. Dies geht mit dem überdurchschnittlichen Bauvolumen und oft hoher Oberflächenversiegelung einher,
da hier die nächtliche Abkühlung durch die Wärme speichernden Materialien wie Beton und Stein deutlich
reduziert wird. Erhöhte Werte von mehr als 18 °C sind entlang von B6, Roter Reihe sowie der Ortsmitte Be-
renbostel im Übergang zur Osterwalder Straße/Dorfstraße anzutreffen. Ein mit 16,5°C bis 17,5°C niedrigeres
Temperaturniveau ist dagegen in den eher locker strukturierten und durch Einzel-/Reihenhäusern sowie Zei-
lenbebauung geprägten Siedlungsflächen zu beobachten. Das bislang unbebaute Planareal weist mit 13,0 °C
bis 15,0 °C geringe Werte auf. Über den ebenerdig versiegelten Flächen treten, abhängig von Größe und
baulichen Dichte des Umfeldes, ähnliche Temperaturen auf.

Im Temperaturfeld zeichnen sich dagegen die durch Wiese und landwirtschaftlicher Nutzung geprägten Are-
ale mit den niedrigsten Werten von weniger als 14°C ab, da hier eine intensive nächtliche Wärmeausstrah-
lung mit entsprechender Abkühlung der darüber lagernden Luft erfolgen kann. Dabei sind die niedrigsten
Werte von etwa 13 °C über den landwirtschaftlich genutzten Flächen östlich von Berenbostel anzutreffen.

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Analyse der klimaökologischen Auswirkungen der Planungen Berenbostel - Wohnen 2020 in Garbsen
Klimaökologische Auswirkungen der Planungen Berenbostel – Wohnen 2020

Diese Areale wirken thermisch ausgleichend auf das nähere Umfeld. Es kann festgehalten werden, dass das
direkte bauliche Umfeld der Planfläche eine vorwiegend geringe und in Richtung auf die Ortsmitte auch eine
mäßige nächtliche Überwärmung aufweist.

Planzustand

Das Temperaturfeld in 2 m Höhe für das Planszenario 1 ist in Abb. 3.2 dargestellt. Durch die geplante Über-
bauung im nördlichen Baufeld steigen die nächtlichen Temperaturwerte um 0,5°C bis über 2°C im Nahbereich
zukünftiger Gebäude an. Das Werteniveau von 16,5 °C bis 17,5 °C entspricht nun in etwa dem der umgeben-
den Wohnbebauung. Die in den Planungen vorgesehenen Grünachsen treten deutlich mit geringeren Werten
hervor. Weitere thermische Wechselwirkungen zu den benachbarten Nutzungen sind nicht zu beobachten.
Im Planszenario 2 mit realisiertem südlichen Baufeld zeichnet sich dieses im Temperaturfeld ab (Abb. 3.3).
Deren Wirkung bleibt ebenfalls auf die nähere Umgebung begrenzt.
Differenzen

Die Abweichungen zwischen den Planszenarien und dem Istzustand als Basisszenario sind in den Abb. 3.4
und 3.5 als Absolutwerte dargestellt. Dabei werden die beschriebenen Nutzungsänderungen als Zunahmen
(rote Farben) sichtbar, wobei sich die geplante Bebauung in der Differenzenabbildung deutlich abzeichnet.
Diese liegt im in einer Größenordnung von 0,25 K bis 4 K. Es zeigt sich, dass der Einfluss der Nutzungsände-
rungen auf die Lufttemperatur geringfügig über die Planfläche hinausgeht. Diese Zunahmen bleiben weitest-
gehend auf die Baufelder selbst begrenzt, gehen nur im Bereich der Sportanlage der Ratsschule kleinräumig
ca. 100 m darüber hinaus. Allerdings sind sie mit 0,3 °C bis 0,7 °C gering ausgeprägt.

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Abb. 3.1: Nächtliches Temperaturfeld im Basisszenario (4:00 Uhr, 2 m über Grund)

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Klimaökologische Auswirkungen der Planungen Berenbostel – Wohnen 2020
Abb. 3.2: Nächtliches Temperaturfeld im Planszenario 1 (4:00 Uhr, 2 m über Grund)

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Abb. 3.3: Nächtliches Temperaturfeld im Planszenario 2 (4:00 Uhr, 2 m über Grund)

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Abb. 3.4: Differenz der Lufttemperatur zwischen Planszenario 1 und Basisszenario

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Abb. 3.5: Differenz der Lufttemperatur zwischen Planszenario 2 (4:00 Uhr, 2 m über Grund)

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3.2          Kaltluftströmungsfeld

Allgemeines

Die bodennahe Temperaturverteilung bedingt horizontale Luftdruckunterschiede, die wiederum Auslöser für
lokale thermische Windsysteme sind. Ausgangspunkt dieses Prozesses sind die nächtlichen Temperaturun-
terschiede, die sich zwischen Siedlungsräumen und vegetationsgeprägten Freiflächen bzw. dem Umland ein-
stellen (Abb. 3.6). An den geneigten Flächen setzt sich außerdem abgekühlte und damit schwerere Luft in
Richtung zur tiefsten Stelle des Geländes in Bewegung. So können z.B. an Hängen nächtliche Kaltluftabflüsse
entstehen (u.a. Mosimann et al. 1999).

Die Windgeschwindigkeit dieses kleinräumigen Phänomens wird in erster Linie durch das Temperaturdefizit
zur umgebenden Luft bestimmt und durch eine vorhandene Neigung des Geländes > 1° verstärkt. Neben den
orographisch bedingten Strömungen mit Kaltluftabflüssen bilden sich auch so genannte Flur-/Strukturwinde,
d.h. eine direkte Ausgleichsströmung vom hohen zum tiefen Luftdruck aus. Sie entstehen, wenn sich stark
überbaute oder versiegelte Gebiete stärker erwärmen als umliegende Freiflächen, und dadurch ein thermi-
sches Tief über den urbanen Gebieten entsteht (u.a. KIESE et al. 1992).
                                                              Für die Ausprägung dieser Strömungen ist es
                                                              wichtig, dass die Luft über eine gewisse Stre-
                                                              cke beschleunigt werden kann und nicht durch
                                                              vorhandene Hindernisse wie Bäume und Bau-
                                                              ten abgebremst wird. Die Flur-/Strukturwinde
                                                              sind eng begrenzte, oftmals nur schwach aus-
                                                              geprägte Strömungsphänomene, die bereits
                                                              durch einen schwachen überlagernden Wind
                                                              (d.h. die großräumige Windströmung in der
                                                              Höhe) überdeckt werden können. Die land-
 Abb. 3.6: Prinzipskizze Flurwind                             nutzungstypischen Temperaturunterschiede
beginnen sich schon kurz nach Sonnenuntergang herauszubilden und können die ganze Nacht über andau-
ern. Dabei erweisen sich insbesondere Wiesen- und Ackerflächen als kaltluftproduktiv. Abhängig von den
Oberflächeneigenschaften und Abkühlungsraten geht damit die rasche Entwicklung von Kaltluftströmungen
einher, die zunächst vertikal nur von geringer Mächtigkeit (5-10 m Schichthöhe) sind und sich zwischen der
Vielzahl der unterschiedlich temperierten Flächen ausbilden. Diese kleinskaligen Windsysteme werden, je
nach lokalen Bedingungen, im Laufe der Nacht von horizontal und vertikal etwas mächtigeren Flur- und Hang-
winden (mehrere Dekameter Mächtigkeit) überdeckt, die zwischen den großen Freiflachen und überbauten
Arealen entstehen.

Die Ergebniskarten stellen das zum nächtlichen Analysezeitpunkt ausgeprägte Kaltluftströmungsfeld in zwei
Ebenen dar. Die Strömungsrichtung und Strömungsgeschwindigkeit wird über die Pfeilrichtung und Pfeillänge
in Form von Vektoren abgebildet, wobei die Pfeile der Karte für eine übersichtlichere Darstellung auf 30 m
aggregiert worden sind. Die unterlegten Rasterzellen stellen zudem die Windgeschwindigkeit flächenhaft in
Farbstufung dar. Die Werte beziehen sich auf eine Analysehöhe von 2 m über Grund. Abgebildet sind alle
Zellen des ursprünglichen Rasters, für die aufgrund einer modellierten Mindestwindgeschwindigkeit von
≥ 0,1 m/s und unter Berücksichtigung der gebietstypischen Ausprägung eine potenzielle klimaökologische
Wirksamkeit angenommen werden kann.

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Klimaökologische Auswirkungen der Planungen Berenbostel – Wohnen 2020

Basisszenario

Die vorliegende Untersuchung geht der Frage nach, in wieweit sich die Umsetzung des Bauvorhabens auf den
lokalen Luftaustausch auswirken wird. Abbildung 3.7 zeigt die Strömungsgeschwindigkeit des modellierten
Windfeldes für das Basisszenario, das sich während einer sommerlichen, windstillen Strahlungswetternacht
eigenbürtig ausbildet. Die Strömungsrichtung der Kaltluft wird im Wesentlichen durch den Temperaturgra-
dienten hin zu den wärmeren Siedlungsflächen bestimmt. Die Geschwindigkeit der Kaltluftströmungen liegt
verbreitet zwischen 0,1 m/s bis 0,8 m/s, wobei deren Dynamik räumlich variiert. Im Gegensatz zu einer aus-
tauschstarken „mittleren“ Wettersituation, bei der der Wind Blätter und Äste in den Bäumen bewegt, sind
diese Windströmung von mehr als 0,1 m/s gerade noch als kühler Luftzug auf der Haut wahrnehmbar. Höhere
Strömungsgeschwindigkeiten von mehr als 0,5 m/s sind vor allem über den Freiflächen nördlich des Beren-
bosteler Festplatzes zu beobachten. Aber auch das Planareal selbst tritt als bedeutsame siedlungsnahe Kalt-
luftentstehungsfläche hervor und weist im Verbund mit den östlich angrenzenden Grünflächen einen klima-
tisch wirksamen bodennahen Kaltluftstrom auf. Während das nördliche Baufeld flächendeckend von Kaltluft
überströmt wird, führt die die Bebauung entlang Am Steinkamp zu einer Abschwächung des bodennahen
Kaltluftstroms über einem Großteil der südlichen Teilfläche. In Höhe der Langenhagener Straße steigen die
Werte wieder auf mehr als 0,5 m/s an.

Die Eindringtiefe der Windströmungen in die Siedlungsräume ist unterschiedlich ausgeprägt und kann bei
günstigen strukturellen Bedingungen über 500 m hinausgehen. Somit begünstigen breite Straßenräume wie
Neuer Landweg und Dorfstraße sowie durchgrünte Abstandsflächen (z.B. entlang des Franziskusweges) den
Zutritt von Kaltluft. Gleichzeitig lässt sich auch die Hinderniswirkung größerer Baukörper beobachten, welche
z.B. von ausgeprägter Zeilenbebauung ausgeht. Kleinere Einzelgebäude werden dagegen von der Kaltluft um-
bzw. auch überströmt und wirken sich vergleichsweise wenig abschwächend auf die Strömung aus.

Planzustand

Das nächtliche Strömungsfeld für das Planszenario 1 zeigt Abb. 3.8. Dabei zeichnen sich die geplante Erwei-
terung der Bebauung als Strömungshindernis ab. Weiterhin tritt der Bereich Dorfstraße als Luftaustauschbe-
reich hervor und ermöglicht auch weiterhin ein Einströmen bodennaher Kaltluft in Richtung Ortsmitte. Eine
Abnahme der bodennahen Strömungsgeschwindigkeit ist hingegen über der Sportanlage der Ratsschule zu
verzeichnen. Hier macht sich die von der geplanten Bebauung ausgehende Hinderniswirkung am stärksten
bemerkbar. Gleichzeitig treten im geplanten Wohnquartier die vorgesehenen Grünachsen als Luftaustausch-
bereiche hervor. Die Kanalisierung der Kaltluftführt zu überdurchschnittlich hohen Werten von mehr als 0,5
m/s. Allerdings wird diese Strömung durch die Blockrandbebauung des westlich vorgelagerten kleineren Bau-
feldes wieder abgeschwächt.
Im Planszenario 2 mit realisiertem südlichen Baufeld zeigt sich die von den geplanten Baufeldern ausgehende
weitere Hinderniswirkung (Abb. 3.9). So ist eine deutliche Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit entlang
der Wreschener Straße zu beobachten. Diese Beeinflussung ist nach etwa 150 m weitgehend wieder abge-
klungen. Die entlang Im Fuchsfeld vorgesehene Grünachse trägt zur quartiersinternen Durchlüftung bei und
führt darüber hinaus Kaltluft in Richtung Nordwesten.
Differenzen

Die Differenzenabbildung macht die Beeinflussung des Kaltluftströmungsfeldes noch besser sichtbar (Abb.
3.10 und Abb. 3.11). Braun und Orange kennzeichnen eine Abnahme der Geschwindigkeit gegenüber der
gegenwärtigen Situation, die grünen Farben eine Zunahme. Die geplante Bebauung führt zu einer örtlichen

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Abwandlung der bodennahen Windgeschwindigkeiten um signifikante Werte über 0,1 m/s. Sowohl innerhalb
der Baufelder selbst als auch den westlich angrenzenden Flächen kommt es zu den stärksten Reduktionen
um mehr als 0,2 m/s. Eine Abschwächung von -0,05 bis -0,1 m/s ist bis zur Dorfstraße zu beobachten. In den
angrenzenden Bestandsflächen wird die bodennahe Windgeschwindigkeit nur kleinräumig beeinflusst.

Den Abnahmen stehen lokale Zunahmen der Werte von mehr als 0,2 m/s gegenüber (grüne Farbe), was auf
die Kanalisierung der Kaltluft durch die zusätzlichen Baukörper zurückzuführen ist. Dieser Effekt tritt vor al-
lem im Bereich Dorfstraße/Wreschener Allee auf. In den Baufeldern zeichnen sich die größeren Grünachsen
und Abstandsflächen mit starken Zunahmen ab. Im nördlichen Baufeld trägt die zentrale Grünstruktur aller-
ding nur zur Belüftung des Quartiers selbst bei, da die westlich vorgelagerten Gebäude den zur Verfügung
stehenden Strömungsquerschnitt in Richtung auf die Bestandsbebauung erheblich einengt.

Im Planszenario 2 (Abb. 3.11) zeigen sich die angesprochenen Effekte des südlichen Baufeldes in flächenhaf-
ten Abnahmen der Strömungsgeschwindigkeit. Dem stehen die Zunahmen im Verlauf Im Fuchsfeld gegen-
über. Es sind allerdings keine negativen Summenwirkungen beider Baufelder erkennbar. Die Bestandsbebau-
ung wird bodennah noch ausreichend von nächtlicher Kalt-/Frischluft durchlüftet.

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Klimaökologische Auswirkungen der Planungen Berenbostel – Wohnen 2020
Abb. 3.7: Nächtliches Windfeld im Basisszenario (4:00 Uhr, 2 m über Grund)

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Abb. 3.8: Nächtliches Windfeld im Planszenario 1 (4:00 Uhr, 2 m über Grund)

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Abb. 3.9: Nächtliches Windfeld im Planszenario 2 (4:00 Uhr, 2 m über Grund)

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Abb. 3.10 Differenz der Windgeschwindigkeit zwischen Planszenario 1 und Basisszenario

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Abb. 3.11 Differenz der Windgeschwindigkeit zwischen Planszenario 2 und Basisszenario

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3.3          Kaltluftvolumenstrom

Allgemeines: Wie bereits im Vorkapitel zum autochthonen Windfeld eingehender erläutert, kommt den lo-
kalen thermischen Windsystemen eine besondere Bedeutung beim Abbau von Wärme- und Schadstoffbelas-
tungen größerer Siedlungsräume zu. Weil die potenzielle Ausgleichsleistung einer grünbestimmten Fläche
nicht allein aus der Geschwindigkeit der Kaltluftströmung resultiert, sondern zu einem wesentlichen Teil
durch ihre Mächtigkeit (d.h. durch die Höhe der Kaltluftschicht) mitbestimmt wird, wird zur Bewertung der
Grünflächen ein weiterer Klimaparameter herangezogen: der sogenannte Kaltluftvolumenstrom.
                                                            Unter dem Begriff Kaltluftvolumenstrom versteht man, ver-
                                                            einfacht ausgedrückt, das Produkt aus der Fließgeschwin-
                                                            digkeit der Kaltluft, ihrer vertikalen Ausdehnung (Schicht-
                                                            höhe)       und   der   horizontalen    Ausdehnung       des
                                                            durchflossenen Querschnitts (Durchflussbreite). Er be-
                                                            schreibt somit diejenige Menge an Kaltluft in der Einheit m³,
                                                            die in jeder Sekunde durch den Querschnitt beispielsweise
                                                            eines Hanges oder einer Leitbahn fließt. Für dargestellten
                                                            Ergebnisse bedeutet dies folgendes: Da die Modellergeb-
                                                            nisse nicht die Durchströmung eines natürlichen Quer-
                                                            schnitts widerspiegeln, sondern den Strömungsdurchgang
                                                            der gleichbleibenden Rasterzellenbreite (hier 10 m), ist der
Abb. 3.12: Prinzipskizze Kaltluftvolumenstrom
                                                            resultierende Parameter streng genommen nicht als Volu-
menstrom, sondern als rasterbasierte Volumenstrom-dichte aufzufassen. Diesen Wert kann man sich veran-
schaulichen, indem man sich ein 10 m breites, quer zur Luftströmung hängendes Netz vorstellt, das ausge-
hend von der Obergrenze der Kaltluftschicht bis hinab auf die Erdoberfläche reicht. Bestimmt man nun die
Menge der pro Sekunde durch das Netz strömenden Luft, erhält man die rasterbasierte Volumenstromdichte
(Abb. 3.12). Der Volumenstrom ist damit ein Maß für den Zustrom von Kaltluft und bestimmt somit, neben
der Strömungsgeschwindigkeit, die Größenordnung des Durchlüftungspotenzials.

Basisszenario

Die räumliche Ausprägung des Kaltluftvolumenstroms im Untersuchungsraum geht im Wesentlichen mit der
des bodennahen Strömungsfeldes einher. Abbildung 3.13 (S. 23) zeigt den Kaltluftstrom für das Basisszenario
in einer qualitativen Abstufung. Aufgrund der Nähe zu den Kaltluft produzierenden Freiflächen des Umlandes
ist in Berenbostel eine vorwiegend gute nächtliche Durchlüftung gegeben. Die Planfläche wird intensiv durch-
lüftet und weist einen hohen bis sehr hohen Kaltluftvolumenstrom auf. Ähnliche Werte sind über den Frei-
flächen nördlich der Dorfstraße zu beobachten. Über die gering bebauten Strukturen wie Abstandsflächen
und Straßenräume können sich sehr hohe Werte über mehrere 100 m in die Bebauung fortsetzen. In Richtung
auf die Ortsmitte nach Westen hin sinkt der Volumenstrom dann sukzessive auf ein geringes Niveau ab, was
auf die Hinderniswirkung von Gebäuden sowie einer allmählichen Erwärmung der Kaltluft zurückzuführen
ist.

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Planzustand

Wie Abb. 3.14 zeigt, führt die Nutzungsänderung zu einer Beeinflussung des Kaltluftvolumenstroms im Nah-
bereich. Innerhalb des nördlichen Baufeldes sinkt dieser verbreitet auf ein mittleres Niveau ab, während er
in den gut durchlüfteten Grünachsen auf noch einem sehr hohen Niveau verbleibt. Im Übergang zu den Be-
standsflächen bewirkt die Stellung der Baukörper allerdings eine starke Hinderniswirkung auf den Volumen-
strom. Im Bereich Dorfstraße/Am Hechtkamp steigt der Volumenstrom hingegen auf einen sehr hohen Wert
an, was auf die „Verdrängung“ der Kaltluft durch die geplanten Gebäude zurückzuführen ist. Über dem süd-
lichen Baufeld liegt weiterhin ein hoher bis sehr hoher Volumenstrom vor.

Im Planszenario 2 wird der Kaltluftvolumenstrom durch das südliche Baufeld vergleichsweise weniger stark
beeinflusst als es beim Nördlichen der Fall ist (Abb. 3.15). Grund hierfür ist der Zustrom von Kaltluft über die
Grünachse entlang Im Fuchsfeld sowie im Bereich Auf dem Kampe. Zudem ist im Umfeld der Langenhagener
Straße der Temperaturgradient zwischen den Freiflächen und der Gewerbebebauung mit 5 °C relativ hoch
ausgeprägt, was zu einem intensivem Luftaustausch beiträgt (vgl. 3.2; S. 13). Auch für den Parameter Kalt-
luftvolumenstrom kann festgehalten werden, dass keine negativen Wechselwirkungen zwischen den Baufel-
dern zu erwarten sind.
Differenzen
Anders als bei Belastungen durch Luftschadstoffe oder Verkehrslärm, für die in Verordnungen konkrete
Grenz- oder Richtwerte genannt werden, gibt es für die Beeinflussung des Kaltlufthaushaltes keine allgemein-
gültigen Bewertungsmaßstäbe. Lediglich in der VDI-Richtlinie 3787 Blatt 5 (VDI 2003) wird ein quantitatives
„Maß der Beeinflussung“ vorgeschlagen, das eine Reduktion der Abflussvolumina um mehr als 10 Prozent im
Umfeld von bioklimatisch belasteten Siedlungsgebieten als „hohe vorhabenbedingte Auswirkung“ ausweist.
Das bauliche Umfeld in Berenbostel ist allerdings nicht als belastet im Sinne der Richtlinie anzusehen (s.u.).
Eine Verringerung um 5 – 10 Prozent wird als „mäßige Auswirkung“ eingestuft, unterhalb von 5 Prozent wird
die Auswirkung einer Volumenstromverringerung als „geringfügig“ angesehen.

Die Abweichung des Volumenstroms in Prozentpunkten des Planszenario 1 gegenüber dem Istzustand wird
in Abb. 3.16 dargestellt. Hier werden die beurteilungsrelevanten Abnahmen dargestellt, welche für jede ein-
zelne Rasterzelle berechnet wurde. Diese machen die räumliche Reichweite des vorhabenbedingten Einflus-
ses deutlich. Es zeigt sich, dass im Planfall 1 die stärkste Abschwächung mit mehr als minus 25 Prozentpunk-
ten vor allem innerhalb des nördlichen Baufeldes selbst vorliegt und sich etwa bis zur Dorfstraße erstreckt
(braune Farbe). Darüber hinaus treten Abnahmen bis minus 10 Prozentpunkte bis in Höhe Bruno-Rappel-
Weg/Auf dem Kronsberg auf.
Im Planszenario 2 (Abb. 3.17) zeigt sich die gesamthafte Beeinflussung des Kaltluftvolumens beider Baufel-
der. Aufgrund der strukturellen Gegebenheiten ist eine signifikante Beeinflussung nur im südlichen Teil des
Baufeldes im Bereich der Langenhagener Straße anzutreffen. Eine ausreichende Versorgung mit Kalt-/Frisch-
luft ist hier aber auch im Planzustand mit vollständiger Bebauung aufgrund des nach wie vor intensiven Luft-
austausches gewährleistet. Zwar wird der Schwellenwert von 10 Prozentpunkten überschritten, die betroffe-
nen Bestandsflächen sind aufgrund ihrer Stadtrandlage, strukturellen Ausprägung und zumeist geringer
nächtlicher Überwärmung nicht als bioklimatisch belastet anzusehen.

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Abb. 3.13: Nächtlicher Kaltluftvolumenstrom im Basisszenario (4:00 Uhr)

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Abb. 3.14: Nächtlicher Kaltluftvolumenstrom im Planszenario 1 (4:00 Uhr)

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Abb. 3.15: Nächtlicher Kaltluftvolumenstrom im Planszenario 2 (4:00 Uhr)

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Abb. 3.16: Differenz des Kaltluftvolumenstroms zwischen Planzustand 1 und Basisszenario

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Abb. 3.17: Differenz des Kaltluftvolumenstroms zwischen Planzustand 2 und Basisszenario

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4          Physiologisch Äquivalente Temperatur

Meteorologische Parameter wirken nicht unabhängig voneinander, sondern in biometeorologischen Wir-
kungskomplexen auf das Wohlbefinden des Menschen ein. Zur Bewertung werden Indizes verwendet (Kenn-
grössen), die Aussagen zur Lufttemperatur und Luftfeuchte, zur Windgeschwindigkeit sowie zu kurz- und
langwelligen Strahlungsflüssen kombinieren. Wärmehaushaltsmodelle berechnen den Wärmeaustausch ei-
ner „Norm-Person“ mit seiner Umgebung und können so die Wärmebelastung eines Menschen abschätzen 2.
Beispiele für solche Kenngrössen sind die PET (Physiologisch Äquivalente Temperatur), der PMV-Wert (Pre-
dicted Mean Vote) und der UTCI (Universal Thermal Climate Index).
In der vorliegenden Arbeit wird zur Bewertung der Tagsituation der humanbioklimatische Index PET um
14:00 Uhr herangezogen (vgl. Höppe und Mayer 1987). Gegenüber vergleichbaren Indizes hat dieser den
Vorteil, aufgrund der °C-Einheit auch von Nichtfachleuten besser nachvollzogen werden zu können. Darüber
hinaus handelt es sich bei der PET um eine Grösse, die sich in der Fachwelt zu einer Art „Quasi-Standard“
entwickelt hat, sodass sich die Ergebnisse mit denen anderer Städte vergleichen lassen. Wie die übrigen hu-
manbiometeorologischen Indizes bezieht sich die PET auf außenklimatische Bedingungen und zeigt eine
starke Abhängigkeit von der Strahlungstemperatur (Kuttler 1999). Mit Blick auf die Wärmebelastung ist sie
damit vor allem für die Bewertung des Aufenthalts im Freien am Tage sinnvoll einsetzbar und kann als die
tatsächlich empfundene Temperatur angesehen werden.
Für die PET existiert in der VDI-Richtlinie 3787, Blatt 9 eine absolute Bewertungsskala, die das thermische
Empfinden und die physiologischen Belastungsstufen quantifizieren (z.B. Starke Wärmebelastung ab PET
35 °C; Tab. 4.1; VDI 2004).

                       PET                Thermisches Empfinden               Physiologische Belastungsstufe

                4 °C                    Sehr kalt                             Extreme Kältebelastung
                8 °C                    Kalt                                  Starke Kältebelastung
                13 °C                   Kühl                                  Mässige Kältebelastung
                18 °C                   Leicht kühl                           Schwäche Kältebelastung
                20 °C                   Behaglich                             Keine Wärmebelastung
                23 °C                   Leicht warm                           Schwache Wärmebelastung
                29 °C                   Warm                                  Mässige Wärmebelastung
                35 °C                   Heiss                                 Starke Wärmebelastung
                41 °C                   Sehr heiss                            Extreme Wärmebelastung

          Tab. 4.1: Zuordnung von Schwellenwerten für den Bewertungsindex PET während der Tagesstunden (nach VDI-
                     RL 3787)

Zum Zeitpunkt 14 Uhr zeigt sich, dass die auftretende Wärmebelastung am Tage vor allem über die Verschat-
tung beeinflusst wird. Eine mässige Wärmebelastung mit einer PET von 29°C bis 32°C ist vor allem innerhalb
von Hausgärten und Grünanlagen zu beobachten (grüne Farben; Abb. 4.3). Aber auch im Bereich grösser
Baumgruppen sind günstige Aufenthaltsbedingungen anzutreffen. Dem stehen die stark besonnten Areale
gegenüber, wo die Wärmebelastung mit einer PET von deutlich mehr als 35°C häufig als stark einzustufen ist

2 Energiebilanzmodelle für den menschlichen Wärmehaushalt bezogen auf das Temperaturempfinden einer Durchschnittsperson

(„Klima-Michel“ mit folgenden Annahmen: 1,75 m, 75 kg, 1,9 m² Körperoberfläche, etwa 35 Jahre; vgl. Jendritzky 1990).

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(Orange/Rot). Die höchste Belastung tritt über den stark versiegelten Verkehrs- und Gewerbeflächen auf. In
den geplanten Wohnquartieren ist die Ausprägung der sommerlichen Wärmebelastung am Tage mit der Be-
standsbebauung vergleichbar.

Abb. 3.18: Physiologisch Äquivalente Temperatur (PET) am Tage

In der Modellsimulation wurden die Grünstrukturen entsprechend dem Gesamtkonzept berücksichtigt.
Durch geeignete weitere Maßnahmen im Freiraum bzw. an den Gebäuden ließe sich das Belastungsniveau
noch weiter absenken (vgl. Kap. 6).

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5         Fazit

Die vorliegende Untersuchung hat zum Ziel, die Auswirkungen einer Umsetzung des Konzeptes Wohnen Be-
renbostel 2020 auf den nächtlichen Kaltlufthaushalt sowie zur Wärmebelastung am Tage zu bewerten. Für
die klimaökologischen Auswirkungen lassen sich auf Grundlage der im Modell simulierten Klimaparameter
folgende Ergebnisse zusammenfassen:

Die Beeinflussung des nächtlichen Kaltluftströmungsfeldes bei austauscharmen sommerlichen Hochdruck-
wetterlagen führt zu einer mäßigen und lokal begrenzten Abschwächung der Kaltluftlieferung. Eine hiermit
verbundene signifikante Zunahme der bodennahen Lufttemperatur wurde allerdings nicht modelliert. Dies
ist auf den zumeist hohen Grünanteil der Bebauungstypologien und das damit im Vergleich zu dichter bebau-
ten Arealen wie z.B. der Kernstadt Hannover niedrigere Temperaturniveau zurückzuführen. Alle Siedlungs-
flächen, in denen die mittlere Abweichung des Volumenstroms mehr als 5 Prozentpunkte gegenüber dem
Istzustand beträgt, sind in Abbildung 5.1 hervorgehoben. Die Nutzungsänderung führt im Planszenario 1 bei
alleiniger Betrachtung des nördlichen Baufeldes zu einer lokalen Abschwächung des Kaltluftvolumens im Mit-
tel um bis zu 22 Prozentpunkte im Bereich Dorfstraße. Im Planszenario 2 ist die von einer relativen Abnahme
des Kaltluftvolumens betroffenen Flächenkulisse nur unwesentlich größer und geht im Mittel nicht über mi-
nus 5 Prozentpunkte im Süden Berenbostels hinaus. Eine ausreichende Versorgung mit Kalt-/Frischluft ist in
beiden Planszenarien aufgrund des weiterhin vorhandenen Luftaustausches gewährleistet.

    Planszenario 1                                                      Planszenario 2

Abb. 5.1: Mittlere Abnahme des Kaltluftvolumens in den Siedlungsflächen gegenüber dem Istzustand

Wenngleich eine Beeinflussung des lokalen Luftaustausches sichtbar wird, sind die geplanten baulichen Ver-
änderungen nicht groß genug, um eine nennenswerte Verschlechterung der klimaökologischen Situation in
der angrenzenden Wohnbebauung während windschwacher Sommernächte auszulösen. In der Gesamtbilanz
ist das qualitative und räumliche Ausmaß der Wirkungen insbesondere auf vorhandene Wohnnutzungen als
mäßig anzusehen. Die nächtliche Versorgung mit Kalt-/Frischluft zugunsten der in Richtung auf die Ortsmitte
zunehmend dichter bebauten Siedlungsflächen wird nicht beeinträchtigt. Allerdings gibt es hinsichtlich der
Flächenausgestaltung Verbesserungspotenzial, auf das in Kap. 7 weiter eingegangen wird. Die Wärmebelas-
tung am Tage in den neuen Wohnquartieren entspricht im Wesentlichen der Situation in der Bestandsbebau-
ung. Negative Wechselwirkungen sind nicht zu beobachten.

Bericht                                   2_018_051_Berenbostel_2020_Klima_Rev01                    Seite 30
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