Antwort der Bundesregierung - Deutscher Bundestag
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Deutscher Bundestag Drucksache 19/8627 19. Wahlperiode 21.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Oliver Krischer, Matthias Gastel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/8092 – Aufwand, Kosten und Zulässigkeit der Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes an Halter älterer Dieselautos Vorbemerkung der Fragesteller Im November 2018 hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ein Schreiben an rund 1,5 Millionen Fahrzeughalter geschickt, die ein Dieselauto mit den Abgasnor men Euro 4 oder Euro 5 besitzen, das in einer Stadt zugelassen ist, in dem der Jahresmittelwert bei der Luftbelastung durch Stickstoffdioxid über 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegt (vgl. www.spiegel.de/auto/aktuell/diesel-affaere-kba- wirbt-fuer-umtauschpraemien-von-bmw-daimler-und-vw-a-1237029.html). In den Schreiben wird den Fahrzeughaltern nahegelegt, einen Neuwagen deut scher Automobilhersteller zu kaufen oder zu leasen, um auf diese Weise zur Verbesserung der Luftqualität in hochbelasteten Städten beizutragen. Während explizit auf die sogenannten Umtauschaktionen der deutschen Automobilin dustrie hingewiesen wird und die Kontaktdaten der drei deutschen Automobil hersteller BMW AG, Daimler AG und Volkswagen AG sogar im Briefkopf auf geführt werden, werden weder die sogenannten Umtauschaktionen noch die Kontaktdaten anderer Hersteller genannt. Hardwarenachrüstungen, die im „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in un seren Städten“ als gleichwertiges, alternatives Angebot an Dieselfahrer aufge führt werden, finden trotz Bezugnahme der Schreiben auf das Konzept keine Erwähnung (vgl. www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer- dieselfahrer.html; www.spiegel.de/auto/aktuell/diesel-affaere-kba-wirbt-fuer-umtausch praemien-von-bmw-daimler-und-vw-a-1237029.html). Die Schreiben haben Kritik unterschiedlicher Akteure nach sich gezogen, unter anderem vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club ADAC e. V. und dem Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. vzbv (vgl. www.handelsblatt.com/ politik/deutschland/diesel-werbebrief-fuer-autokonzerne-kraftfahrt-bundesamt- loest-erhebliche-irritationen-bei-adac-mitgliedern-aus/23617062.html). Ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Wolfram Cremer, Inhaber des Lehrstuhls für Öf fentliches Recht und Europarecht an der Ruhr-Universität Bochum, kommt zu dem Schluss, dass die Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes gegen europa rechtliche Regelungen und gegen das Grundgesetz verstoßen (vgl. www.welt.de/ wirtschaft/article186304820/Dieselskandal-KBA-Brief-an1-5-Millionen-Kfz-Halter- Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 19. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.
Drucksache 19/8627 –2– Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode rechtswidrig.html; www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag.de/ themen_az/mobilit%C3%A4t/190109_Gutachten_KBA-Brief_Diesel_und_ Umtauschaktionen_Cremer.pdf). Dies sei der Fall, da u. a. ausschließlich die sogenannten Umtauschaktionen und Kontaktdaten deutscher Automobilherstel ler aufgeführt und die im o. g. Konzept als gleichwertige Alternative genannten Hardwarenachrüstungen in den Schreiben nicht berücksichtigt werden. Zudem hat die Bundesregierung aus Sicht der Fragesteller weiterhin nicht of fengelegt, welchen Aufwand bzw. welche Kosten die Versendung der Schreiben verursacht hat (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 128 des Abgeordneten Stephan Kühn auf Bundestagsdrucksache 19/5984), und be hindert damit nach Ansicht der Fragesteller die parlamentarische Kontrolle durch den Deutschen Bundestag. 1. Welchen Aufwand bzw. welche Kosten hat der Versand der Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes verursacht (bitte insbesondere nach Personalauf wand bzw. Personalkosten, Versandkosten, Sach- und Materialkosten sowie weiteren Kosten aufschlüsseln)? 2. Welchen Aufwand bzw. welche Kosten hat der Versand der Schreibens bis lang verursacht, insofern die Maßnahme noch nicht abgeschlossen ist (bitte gleichermaßen aufschlüsseln)? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam be antwortet. Für das Informationsschreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes zum Konzept der Bundesregierung für saubere Luft und die Sicherstellung der individuellen Mobi lität sind insgesamt Kosten von rund 613 000 Euro entstanden (davon Portokos ten in Höhe von 420 000 Euro). 3. Über welchen konkreten Haushaltstitel wurde bzw. wird die Maßnahme fi nanziert? Die entstandenen Kosten wurden aus dem Haushalt des KBA finanziert. 4. Welche Aktivitäten im Rahmen dieser Versendung sind seit der Beantwor tung der Schriftlichen Frage 128 auf Bundestagsdrucksache 19/5984, als ein „Abschluss dieser Maßnahme“ (ebd.) noch nicht erfolgt war, erfolgt? 5. Welche weiteren Aktivitäten werden gegebenenfalls noch erfolgen, die ei nem Abschluss dieser Maßnahme weiterhin entgegenstehen? 6. Wann soll die Maßnahme nach Planung der Bundesregierung gegebenenfalls abgeschlossen sein? Die Fragen 4 bis 6 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam be antwortet. Der Versand der Informationsschreiben wurde am 9. Januar 2019 abgeschlossen. 7. Wird die Bundesregierung die Forderung des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller e. V. (VDIK) aufgreifen, die ausländischen Herstel ler auf ähnliche Weise zu unterstützen, und wenn ja, inwiefern (vgl. www. presseportal.de/pm/30621/4110220)? Die Diskussionen mit den internationalen Automobilherstellern zu verbindlichen Zusagen sind noch nicht abgeschlossen.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode –3– Drucksache 19/8627 8. Aus welchem Grund beziehen sich die Schreiben auf ein am 24. Oktober 2018 von der Bundesregierung beschlossenes „Konzept der Bundesregie rung für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unse ren Städten“, obwohl die Bundesregierung am 24. Oktober 2018 stattdessen Eckpunkte für Maßnahmen der Bundesregierung zur Umsetzung des in der Vorbemerkung der Fragesteller benannten Konzepts vom 1. Oktober 2018 beschlossen hat (vgl. www.bundesregierung.de/breg-de/suche/bundesregierung- billigt-eckpunkte-fuer-saubere-luft-1541714)? Das Informationsschreiben ist auf Basis des Konzepts der Bundesregierung für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität erstellt worden. 9. Inwiefern können die Zusagen der drei deutschen Automobilhersteller für die sogenannten Umtauschaktionen nach Aussage der Bundesregierung „verbindlich“ (Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 128 auf Bundestagsdrucksache 19/5984) sein, wenn die Bundesregierung gleich zeitig betont, dass es sich bei diesen sogenannten Umtauschaktionen um „freiwillige Angebote“ der Automobilhersteller handele (Antwort der Bun desregierung zu Frage 12 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/6870)? Die deutschen Automobilhersteller haben gegenüber der Bundesregierung ver bindlich zugesagt, Tauschaktionen einzuführen. Die durchgeführten Maßnahmen sind freiwillige Angebote. 10. Sind er Bundesregierung „bei anderen Herstellern […] laufende Umtausch aktionen“ (Schreiben des KBA, S. 1) bekannt, und wenn ja, welche? Nach Informationen des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller bieten auch die internationalen Fahrzeughersteller Tauschaktionen an. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine eigenen Informationen vor. 11. Aus welchem Grund hat es die Bundesregierung unterlassen, die Kontakt- informationen weiterer Automobilhersteller in den Schreiben zu erwähnen, die es erlaubt hätten, dass sich die Adressaten bei diesen Herstellern genauso einfach über Umtauschaktionen hätten informieren können wie bei den deut schen Automobilherstellern? 12. Aus welchem Grund werden die drei im Briefkopf genannten deutschen Au tomobilhersteller als „ausschließlich“ für weitere Fragen zum Schreiben ge nannt, wenn es die Bundesregierung durch ihre in den Schreiben gewählte Formulierung zumindest für möglich hält, dass auch andere Hersteller soge nannte Umtauschaktionen anbieten, über die die drei im Briefkopf genannten deutschen Automobilhersteller keine Auskunft geben können? 13. Aus welchem Grund werden die drei im Briefkopf genannten deutschen Au tomobilhersteller als „ausschließlich“ für weitere Fragen zum Schreiben ge nannt, obwohl die Bundesregierung und nicht die Automobilindustrie für das in den Schreiben genannte „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ zuständig ist?
Drucksache 19/8627 –4– Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14. Inwiefern handelt es sich aufgrund der in den Schreiben des KBA formulier ten Kausalkette, dass die Nutzung der sogenannten Umtauschaktionen der drei deutschen Automobilhersteller einen wirksamen und maßgeblichen Bei trag zur Verbesserung der Luftqualität leisten könne, um eine Empfehlung des Kraftfahrt-Bundesamtes für Autos dieser drei deutschen Automobilher steller? Die Fragen 11 bis 14 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam be antwortet. Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 auf Bundestagsdruck sache 19/6646 verwiesen. 15. Aus welchem Grund wurde in den Schreiben nur auf die sogenannten Um tauschaktionen der deutschen Automobilindustrie hingewiesen, jedoch nicht auf die im „Konzept für saubere Luft und die Sicherstellung der individuel len Mobilität in unseren Städten“ als gleichwertige Alternative genannten Hardwarenachrüstungen? Zum damaligen Zeitpunkt lagen die technischen Anforderungen für die Hard ware-Nachrüstung von Diesel-Pkw noch nicht vor. Diese wurden am 28. Dezem ber 2018 durch das BMVI veröffentlicht. 16. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Feststellung, dass die unvollständige bzw. nicht vorhandene Darstellung in Bezug auf an dere Automobilhersteller als die drei deutschen Automobilhersteller Arti kel 34 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verletzt, da kein Rechtfertigungsgrund für diese Diskriminierung vorliegt (vgl. Gutachten Prof. Dr. Cremer, www.gruene-bundestag.de/abgasskandal/ werbebriefe-des-kba-waren-rechtswidrig.html, S. 11 f.)? 17. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Feststellung, dass die nicht vorhandene Nennung der im „Konzept für saubere Luft und die Sicherstellung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ als gleich wertige Alternative genannten Hardwarenachrüstungen Artikel 34 AEUV verletzt, da kein Rechtfertigungsgrund für die Diskriminierung vorliegt (vgl. ebd., S. 13 f.)? 18. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Feststellung, dass die Schreiben des KBA einen unverhältnismäßigen und nicht gerecht fertigten Eingriff in die Berufsfreiheit (Artikel 12 Absatz 1 des Grundgeset zes – GG) der deutschen und EU-Fahrzeughersteller darstellen, welche zum Zeitpunkt der Schreiben Umtauschangebote am Markt platziert hatten, aber in den Schreiben nicht genannt werden (vgl. ebd., S. 18 ff.)? 19. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Feststellung, dass die Schreiben des KBA einen unverhältnismäßigen und nicht gerecht fertigten Eingriff in die Berufsfreiheit (Artikel 12 Absatz 1 GG) der Herstel ler bzw. Entwickler von Hardwarenachrüstungssystemen darstellen (vgl. ebd., S. 18 ff.)? 20. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Feststellung, dass die ausländischen Fahrzeughersteller, welche zum Zeitpunkt der Ver sendung der Schreiben sogenannte Umtauschaktionen am Markt platziert hatten, aber in den Schreiben nicht genannt werden und sich nicht auf das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot nach Artikel 34 AEUV berufen können, in ihren Grundrechten nach Artikel 2 Absatz 1 GG verletzt werden (vgl. ebd., S. 20)?
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode –5– Drucksache 19/8627 21. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Feststellung, dass die Hersteller bzw. Entwickler von Hardwarenachrüstungssystemen aus Drittstaaten durch die Schreiben in ihren Grundrechten nach Artikel 2 Ab satz 1 GG verletzt werden (vgl. ebd., S. 20)? Die Fragen 16 bis 21 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam be antwortet. Die Bundesregierung nimmt in der Regel nicht zu rechtlichen Bewertungen Drit ter Stellung. Im Übrigen wird das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) Informationen zu Hardware- Nachrüstsystemen veröffentlichen, sobald entsprechende Genehmigungen vorlie gen.
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