Arbeitsrecht meets Facebook
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Arbeitsrecht meets Facebook Vortrag Rechtsanwältin Susanne Döhring Rechtsanwälte Dr. Foerster und Partner 1. Einleitung Soziale Netzwerke erfreuen sich weltweit einer immer größeren Beliebtheit. Deutschland kann davon nicht ausgenommen werden. In letzter Zeit haben sich Arbeitsgerichte häufiger mit Arbeitnehmerbeiträgen aus Facebook zu befassen, weil sich Arbeitnehmer immer wieder zu beleidigenden Äußerungen über Vorgesetzte und Kollegen herablassen. Unsere Gesellschaft ist davon geprägt, dass immer mehr Menschen den Wunsch nicht nur besitzen, sondern auch ausleben, ihr Privatleben im Internet in so genannten sozialen Netzwerken einer großen Internetöffentlichkeit zu präsentieren. Spitzenreiter in der Nutzung ist dabei das soziale Netzwerk Facebook. Facebook selbst gibt seinen Benutzern Richtlinien vor und weist insbesondere darauf hin, dass, wenn man in seinen Einstellungen nicht gesondert darauf hinwirkt, das eigene Profil weltweit offen steht, d. h. jeder weitere Nutzer weltweit kann das Profil einsehen und die darin enthaltenen Beiträge lesen oder sogar weiterverbreiten. Trotz dieses Hinweises, der zugegebenermaßen nicht besonders hervorsticht, lassen sich immer wieder private Nutzer dazu hinreisen, nicht nur private Daten zu veröffentlichen, sondern, sagen wir mal unschöne Dinge über Dritte zu verbreiten. Immer häufiger ist davon entweder der unmittelbare Vorgesetzte, die Arbeitskollegen oder Kunden des eigenen Arbeitgebers betroffen. Bisher gibt es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu Aktivitäten eines Arbeitnehmers auf Facebook, sowie deren arbeitsrechtlichen Folgen. Allerdings gibt es bereits zahlreiche Rechtsprechungen über öffentliche Äußerungen des Arbeitnehmers über den Arbeitgeber und deren Folgen in arbeitsrechtlicher Hinsicht. 2. Besonderheiten des Internets Beleidigungen von Vorgesetzten, Kollegen oder Kunden fanden früher in der Kantine, auf Betriebsversammlungen oder in der Stammkneipe statt. Dass heißt, dass vor Nutzung des Internets nur eine begrenzte Anzahl von Zuhörern Kenntnis von dieser Äußerung erhalten hatten. Heute, mit der Errungenschaft des Internets, können Millionen, wenn nicht sogar Milliarden Menschen lesen, was der Arbeitnehmer über seinen Chef oder dessen Arbeitsbedingungen hält. Bereits diese große Anzahl lässt einen solchen Verstoß wesentlich schwerer wiegen, als ohne die frühere Nutzung des Internets. Dazu kommt noch die Verbreitungsgeschwindigkeit des Internets, die nicht zu unterschätzen ist. Heutzutage ist es möglich, binnen weniger Minuten eine unendlich große Anzahl von Personen zu erreichen. Der dritte Aspekt, der solche Äußerung nicht mehr als Lappalie erscheinen lässt, ist die Tatsache, dass das Internet nie vergisst. Das Löschen eines eigenen Beitrages oder Fotos stellt keine Garantie dafür da, dass nicht eventuell doch noch eine Kopie davon im Internet vorhanden ist. -1-
3. Formen der Äußerung a) Beleidigungen Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes stellen grobe Beleidigungen des Arbeitgebers, seiner Vertreter oder auch Beleidigungen von Arbeitskollegen, nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für die betroffene Person dar. Sie implizieren eine erhebliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers und können daher eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung rechtfertigen. b) Unwahre Tatsachen Neben einer groben Beleidigung besteht auch noch die Möglichkeit unwahre Tatsachen zu verbreiten. Selbstverständlich darf jeder Arbeitnehmer Kritik üben. Dies ist Ausdruck seiner Meinungsfreiheit, allerdings darf es sich dabei nicht um Schmähkritik handeln oder um eine Diffamierung des Arbeitgebers. c) Betriebsinterna Von den Beleidigungen bzw. den unwahren Tatsachen weiterhin abzugrenzen sind das Veröffentlichen von Betriebsinterna. Hier gilt selbstverständlich die Verschwiegenheitspflicht und, bei Verstoß dagegen ist, auch hier eine Kündigung möglich. 4. Vertrauliche Gespräche Das BAG unterscheidet des Weiteren, ob es sich um ein vertrauliches Gespräch oder ein öffentliches handelt. Vertrauliche Gespräche stellen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes keinen Kündigungsgrund dar. Voraussetzung ist hier, dass es sich um einen vertraulichen Gesprächskreis handelt, z. B. unter Arbeitskollegen oder zwischen Arbeitnehmern und engen Freunden bzw. Familienangehörigen, in denen der Arbeitnehmer darauf vertrauen kann, dass seine Äußerungen nicht nach außen getragen werden. In diesen Fällen würde weder der Betriebsfrieden noch das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber gestört werden, sodass kein Kündigungsgrund vorliegt. -2-
5. Aktivitäten bei Facebook a) Unterhaltungen in Chat-Gruppen und persönliche Nachrichten Facebook bietet die Möglichkeit im Vertrauten zu kommunizieren. Dazu gehört z. B. Freunden eine Nachricht zukommen zu lassen, die hinsichtlich der Vertraulichkeit, einer E-Mail vergleichbar sind. Auch können private Chats eingerichtet werden. In beiden Fällen kann auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur vertraulichen Kommunikation zurückgegriffen werden. Wenn der Arbeitnehmer davon ausgehen darf, dass seine Gesprächspartner das Gesagte mit der angemessenen Diskretion behandeln und diese Dinge nicht an Dritte weitergeben, sind dies keine kündigungsrelevanten Äußerungen. b) Geheime Gruppen Außerdem gibt es noch die Möglichkeit Gruppen zu bilden und in diesen Gruppen zu kommunizieren. Diese Gruppen, die nur bestimmten Personen offen stehen, die dazu eingeladen werden, können als so genannte „geheime oder geschlossene Gruppe“ gebildet werden. In diesem Fall würde die Kommunikation auch nicht von Dritten gelesen werden können. Solange es sich hier um kleine Gruppen handelt, werden wir wohl erneut auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der vertraulichen Kommunikation zurückgreifen können. Je höher die Mitgliederanzahl ist, desto mehr schwindet jedoch die Sicherheit, dass nichts nach außen getragen wird. Dann ist auch hier wieder eine Kündigung möglich. Wie groß die Mitgliederanzahl tatsächlich sein darf, kann und wurde auch noch nicht seitens der Rechtsprechung eindeutig definiert. Auch hier kommt es wieder auf eine Einzelfallabwägung an. 5 Personen, die sich aus einem Verein kennen, der mit dem Arbeitsverhältnis nichts zu tun hat, könnte hierzu beispielsweise eine geheime Gruppe sein, bei der die Vertraulichkeitsrechtssprechung des BAG anwendbar ist, wenn der Arbeitnehmer darauf vertrauen kann, dass die anderen Personen mit seinen Angaben diskret umgehen. Bei 70 Personen, von denen 36 Personen Arbeitskollegen sind, ist die Anzahl wohl definitiv zu groß, um davon ausgehen zu können, dass hier Diskretion gewahrt wird, insbesondere da eine großen Anzahl von Arbeitskollegen unter den Gruppenmitgliedern sind. c) Posten und Liken: Der Facebook-Nutzer kann persönliche Daten auf seinem eigenen Profil eintragen, also „posten“. Wenn der Facebook-Nutzer hier keinerlei Einstellungsänderungen vornimmt, kann jeder andere Nutzer von Facebook sämtliche Eintragungen auf diesem Profil lesen. Dieses Lesen ist jedoch nur der erste Schritt. Außerdem können diese Daten auch weitergeleitet werden. Der Facebook-Nutzer hat nun die Möglichkeit, den Zugang zu diesen Daten auf seine eigenen, so genannten Facebook-Freunde, zu beschränken. Nach -3-
Mitteilung von Facebook, hat durchschnittlich jeder Nutzer ca. 130 solcher Freunde. Ein Facebook-Freund kann dabei nur derjenige sein, der dies selbst möchte und der seitens des Facebook-Nutzers auch als Freund bestätigt wurde. Außer dem Lesen, Speichern und Weiterleiten ist es den anderen Nutzern oder, je nach Einschränkung, den Facebook-Freunden möglich, die Beiträge zu kommentieren oder auch zu „liken“, das heißt also zu bewerten. Der so genannte „Like-Button“ ermöglicht es anderen Nutzern Kund zu tun, dass man diesen Beitrag für gut befindet ohne selbst einen weiteren Kommentar dazu abgeben zu müssen. Eine solche Nutzung des „Like-Buttons“ wird nicht nur dem eigentlichen Textersteller angezeigt, sondern durch dieses „liken“ wird dieser Beitrag auch für die Freunde des Besuchers auf dessen Profilseite sichtbar. Denkbar ist also, dass der Arbeitnehmer hier Äußerungen über den Arbeitgeber auf seinem Profil veröffentlicht, oder als dritte Person ein solches ehrverletzendes oder diffamierendes Posting eines Anderen mit dem „Like-Button“ positiv bewertet. Die überwiegende Rechtsprechung unterscheidet dabei nicht zwischen demjenigen der postet, bzw. demjenigen der liked. In beiden Fällen wird Kund getan, dass man mit diesen Äußerungen übereinstimmt. In einer seltenen Rechtsprechung eines einzelnen Arbeitsgerichtes wurde zwar auch einmal berücksichtigt, dass das Drücken eines „Like-Buttons“ wesentlich schneller geschieht, als ein Kommentar, der doch wohlüberlegt sein müsste, sodass man hier von einer spontanen Reaktion ausgehend könnte. Das Gericht hat hier überlegt, dass der Bedeutungsgehalt eines „Like-Buttons“ eventuell nicht so hoch eingeschätzt werden sollte, wie ein Kommentar oder ein Post. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich jeder Arbeitnehmer bewusst sein muss, dass er öffentlich handelt und daher sein Handeln, egal ob es sich hier um einen Beitrag oder allein das Drücken eines „Like-Buttons“ handelt, einer breiten Öffentlichkeit und insbesondere eventuell auch ihm nicht bekannten Personen zur Verfügung stehen wird. Der Arbeitnehmer trägt daher immer aktiv zur Verbreitung einer solchen beleidigenden Äußerung bei, ohne dass er den Empfängerkreis tatsächlich beeinflussen kann. Die Vertraulichkeits-Rechtsprechung, die ich bereits zuvor im Rahmen der vertraulichen Gespräche angesprochen habe, kann daher hier keine Anwendung finden. Der Arbeitnehmer kann sich nicht darauf verlassen, dass sein beleidigender Inhalt nur von eigenen Facebook-Freunden gesehen oder gelesen wird. Er kann daher nicht beeinflussen, wer und wie viele Personen Kenntnis von dem Inhalt nehmen. Auch kann er nicht beeinflussen, ob es sich nur um den engsten Bekannten- oder Freundeskreis oder Familienmitglieder handelt oder ob Fremde davon Kenntnis nehmen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass es auch völlig unerheblich ist, ob man die Person des Arbeitgebers eindeutig namentlich bezeichnet. Wichtig ist allein, dass die Bezeichnung und die Äußerungen im Zusammenhang z. B. mit weiteren Angaben in der Profil-Seite des Arbeitnehmers, die betreffende Person eindeutig erkennen lassen. -4-
6. Kündigung oder Abmahnung? Wenn daher nun eine Beleidigung oder die Behauptung einer unwahren Tatsache festgestellt werden konnte, stellt sich für den Arbeitgeber regelmäßig die Frage, ob eine Abmahnung notwendig ist, oder ob bereits der eine Verstoß ein kündigungsrelevantes Verhalten darstellt. Wenn es sich um eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung handelt, oder wenn bereits eine vorherige Abmahnung wegen desselben Verhaltens vorliegt, kann eine Kündigung ohne weiteres ausgesprochen werden. Hier ist an die Arbeitgeber zu appellieren, dem Arbeitnehmer gegenüber eindeutig zu offenbaren, dass ein solches Verhalten in sozialen Netzwerken nicht akzeptieren würde und in solchen Fällen mit einer Kündigung reagiert wird. So kann der Arbeitgeber z. B., um eine solche Abmahnung entbehrlich zu machen, bestimmte Verhaltensregeln aufstellen, in dem er seine Mitarbeiter eindeutig darauf hinweist, dass z. B. private Telefonate, private Internetrecherchen, Beleidigungen, unangebrachte Äußerungen gegenüber Vorgesetzten, Kollegen oder Kunden sowie das Veröffentlichen von Betriebsinterna, auch in sozialen Netzwerken, bereits in einmaligen Fällen mit einer Kündigung bedacht wird. In diesen Fällen ist der Arbeitnehmer gewarnt und kann bei Vorliegen eines solchen Verstoßes nicht tatsächlich damit rechnen, abgemahnt zu werden. Eine weitere Besonderheit ist bei Ausspruch der außerordentlichen Kündigung hinsichtlich der Frist zu beachten. Grundsätzlich sind außerordentliche, das heißt fristlose, Kündigungen innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Sachverhaltes, der der Kündigung zugrunde gelegt wird, auszusprechen. Bei einer Äußerung in sozialen Netzwerken ist es regelmäßig der Fall, dass die Veröffentlichung fortdauert. In diesem Fall wird mit jedem weiteren Tag eine neue Pflichtverletzung begangen. Es handelt sich daher um einen Dauertatbestand, sodass es für die Begründung der Kündigung keine Rolle spielt, ob man das Einstellen selbst als Pflichtverletzung der Kündigung zugrunde legt, oder das Eingestellt lassen. Solange der Beitrag online ist, beginnt die 2-Wochen-Frist daher jeden Tag von neuem. Allerdings sollten sich Arbeitgeber dann hier nicht darauf verlassen, sondern insbesondere, da der Beitrag auch jederzeit gelöscht werden kann, ab der eigenen Kenntnis die 2-Wochen-Frist einhalten. Sollte der Arbeitgeber außerdem nicht mit Sicherheit wissen, ob der Eintrag vom Arbeitnehmer selbst eingestellt wurde, muss der Arbeitgeber im Zweifel eine Verdachtskündigung aussprechen. Die Verdachtskündigung bedeutet nicht, dass die Kündigung nicht tatsächlich wirksam ist, sondern sie wird auf den Verdacht einer Straftat gestützt. Dabei ist unter anderem z. B. an Situationen zu denken, in dem der Eintrag unter einem Account erfolgte, der erkennbar von mehreren Personen genutzt wird. Denkbar ist hier z. B. eine Teilung des Accounts unter Ehegatten. Hier liegt keine definitive Sicherheit vor, dass der Eintrag von dem Arbeitnehmer selbst erfolgt ist, allerdings besteht regelmäßig der dringende Verdacht und der Arbeitgeber kann eine Verdachtskündigung nach vorheriger Anhörung des Arbeitnehmers aussprechen. Wurde ein solcher Eintrag festgestellt, besteht natürlich auch die arbeitsvertragliche Pflicht des -5-
Arbeitnehmers, diesen umgehend zu löschen. Bei Nutzung eines Accounts von mehreren Personen, dürfte jeden Nutzer eine eigene Löschungspflicht treffen. Der Arbeitnehmer kann sich daher nicht dieser arbeitsvertraglichen Pflicht entziehen in dem er behauptet, die Äußerung nicht selbst getätigt zu haben. Um noch einmal auf die oben genannte Interessenabwägung zurückzukommen, sind daher folgende Facebook-spezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Auf Seiten des Arbeitnehmers ist zu berücksichtigen, wann die Äußerung, eventuell nach einer Auseinandersetzung, gepostet wurde, wie deutlich der Arbeitgeber erkennbar ist und wie groß der Adressatenkreis der Erklärung tatsächlich war. Andererseits muss ebenfalls, wie bereits vorhin aufgelistet, berücksichtigt werden, dass solche Äußerungen im Internet einer hohen Verbreitungsgeschwindigkeit unterliegen, das Internet nichts vergisst und der eigentlich Erklärende keinerlei Kontrolle mehr über die Wahrheit der Verbreitung der Erklärung hat. 7. Zusammenfassung Zusammengefasst ist festzuhalten, dass Facebook und Vertraulichkeit zwei Begriffe sind, die nur sehr schwer zusammenfinden. Zwar ist eine Vertraulichkeit nicht grundsätzlich ausgeschlossen im Zusammenhang mit der Nutzung von Facebook, allerdings sind diese doch wohl eher flüchtige Bekannte, als Vertraute. Obwohl Facebook ein geschlossenes Netzwerk ist, sind Millionen Nutzer verlinkt und es werden auch täglich mehr. Kommentare in diesem Netzwerk verselbständigen sich bereits kurz nach der Einstellung und verbreiten sich rasend schnell. Jeder Nutzer, egal ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, sollte sich daher der Verantwortung bewusst sein und nur nach gründlicher Überlegung tatsächlich Kommentare ins Internet einstellen. © RAin Susanne Döhring 2014 -6-
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