Artenschutzrechtliche Einschätzung - zum Bebauungsplan "Mehrgenerationenhaus Alte Schule" Ortsgemeinde Derschen

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Artenschutzrechtliche Einschätzung - zum Bebauungsplan "Mehrgenerationenhaus Alte Schule" Ortsgemeinde Derschen
Artenschutzrechtliche Einschätzung
                      zum Bebauungsplan
               "Mehrgenerationenhaus Alte Schule"
                     Ortsgemeinde Derschen

Projekt-Nr.:       20-026
Projekt-Name:      B-Plan: "Mehrgenerationenhaus Alte Schule" Derschen |
                   Artenschutzrechtliche Einschätzung
Bearbeitung:       ÖKOlogik GbR
Datum:             05. Juni 2020
Version:           Offenlage

                                                                  ÖKOlogik GbR
                                                        Ökologische Studien und Gutachten

                                                                Mark Baubkus, M.Sc.
                                                                Tanja Baubkus, M.Sc.
                                                                Umweltbiowissenschaften

                                                                        Gartenstr. 10
                                                                    56244 Kuhnhöfen

                                                         Tel.: +49 (0) 2666 - 4 18 65 00
                                                        Mobil: +49 (0) 176 - 55 17 88 91

                                                      email: buero@oekologik-buero.de
                                                        web: www.oekologik-buero.de
Artenschutzrechtliche Einschätzung - zum Bebauungsplan "Mehrgenerationenhaus Alte Schule" Ortsgemeinde Derschen
Im Auftrag von:
PATNA gesundes Wohnen GmbH & Co. KG
In der Kalkbitze 2a
D- 57520 Friedewald

Bearbeitung:
ÖKOlogik GbR - Ökologische Studien und Gutachten
Mark Baubkus, M.Sc.
Tanja Baubkus, M.Sc.
Gartenstraße 10
D-56244 Kuhnhöfen
Artenschutzrechtliche Einschätzung - zum Bebauungsplan "Mehrgenerationenhaus Alte Schule" Ortsgemeinde Derschen
Inhaltsverzeichnis
1     Einleitung ................................................................................................................. 4
1.1 Anlass und Aufgabenstellung ........................................................................................4
1.2 Rechtliche Grundlagen ..................................................................................................4
1.3 Information: Tiere in und an Gebäuden ........................................................................5
      1.3.1      Fledermäuse .................................................................................................................................... 6
      1.3.2      Vögel ................................................................................................................................................. 6
      1.3.3      Bilche ................................................................................................................................................ 7

2     Standort und Projektwirkung .................................................................................... 8
2.1 Standort ........................................................................................................................8
2.2 Potenzielle Projektwirkung..........................................................................................10

3     Methodik ................................................................................................................ 12

4     Ergebnisse .............................................................................................................. 13
4.1 Fledermäuse ................................................................................................................13
4.2 Vögel ...........................................................................................................................14
4.3 Bilche ...........................................................................................................................15
4.4 Gehölze .......................................................................................................................15

5     Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen ............................................................. 16

6     Zusammenfassung .................................................................................................. 17
Artenschutzrechtliche Einschätzung - zum Bebauungsplan "Mehrgenerationenhaus Alte Schule" Ortsgemeinde Derschen
Projekt 20-026: B-Plan: "Mehrgenerationenhaus Alte Schule" | Artenschutzrechtliche Einschätzung

1 Einleitung

1.1 Anlass und Aufgabenstellung
Im Maudener Weg 4 in Derschen, einer Ortsgemeinde im Landkreis Altenkirchen (Wester-
wald) ist die Umsetzung des Bebauungsplans "Mehrgenerationenhaus Alte Schule" vorge-
sehen und somit die Schaffung von Planungsrecht für die Nutzung als Wohnstandort.
Hierbei sind die Sanierung und Erweiterung eines Bestandsgebäudes vorgesehen. Gemäß
§ 24 Abs. 3 LNatSchG Rheinland-Pfalz ist eine Untersuchung dieser Anlage durchzuführen
(vgl. Kapitel 1.2). Dabei ist § 44 BNatSchG zu beachten, der besagt, dass u.a. Fledermäuse
und weitere Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie sowie Arten der Vogelschutzrichtlinie,
die potenziell vom Vorhaben betroffen sein können weder gefangen oder getötet noch
Fortpflanzungs- und Ruhestätten beschädigt oder zerstört werden dürfen. Es wird demzu-
folge eine artenschutzrechtliche Einschätzung erarbeitet.
Das Objekt wird sowohl von außen als auch von innen hinsichtlich gebäudebewohnender
Arten untersucht. Auf Basis der Bearbeitung wird geprüft, welche Auswirkungen bzw. Kon-
flikte sich durch das Vorhaben ergeben können. Nach Absprache mit der Unteren Natur-
schutzbehörde des Landkreises Altenkirchen wurde eine reine Planungsraumanalyse ohne
Ausflugsbeobachtung und Brutvogelerfassung durchgeführt. Lediglich Anzeichen und Hin-
weise, die auf eine Nutzung des Gebäudes durch Arten hindeuten, werden erfasst.
Ziel der Untersuchung ist folglich die Feststellung potenziell vorhandener Quartiere und
Quartierstrukturen für Fledermäuse sowie das mögliche Vorkommen von gebäudebrüt-
enden Vogelarten an bzw. in der vorhandenen Anlage sowie Strukturen, die sich für die
Anlage von Bilchnestern eignen. Es soll ermittelt werden, welche gebäudebewohnenden
Arten bzw. Artengruppen von dem Projekt tatsächlich betroffen sind und wie durch Ver-
meidungs- und Ausgleichsmaßnahmen erhebliche Beeinträchtigungen auf diese vermie-
den bzw. ausgeglichen werden können

1.2 Rechtliche Grundlagen
In den Bestimmungen der §§ 44 und 45 BNatSchG ist der besondere Schutz von wild leben-
den Tier- und Pflanzenarten vor Beeinträchtigungen durch den Menschen verankert. Diese
Vorschriften müssen beachtet werden, um die Voraussetzung für eine naturschutzrecht-
liche Zulassung zu schaffen. Die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände gem. § 44
BNatSchG lauten wie folgt:
"Es ist verboten,
    ▪    wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fan-
         gen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu
         entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
    ▪    wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten
         während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wander-
         ungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch
         die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,

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    ▪    Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschütz-
         ten Arten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
    ▪    wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungs-
         formen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder
         zu zerstören."
Werden Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG bezüglich der gemein-
schaftsrechtlich geschützten Arten erfüllt bzw. können nicht ausgeschlossen werden,
müssen für eine Projektzulassung Ausnahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG
erfüllt sein.
Die Voraussetzungen für eine Ausnahme für die Zulassung eines Vorhabens sind:
    ▪    Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich sol-
         cher sozialer oder wirtschaftlicher Art,
    ▪    Keine zumutbaren Alternativen existieren und
    ▪    der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Arten verschlechtert sich
         nicht.
Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie ist hierbei zu beachten:
    ▪    Das Vorhaben darf zu keiner Verschlechterung des günstigen Erhaltungszustandes
         führen und
    ▪    das Vorhaben darf Arten, die sich der Zeit in einem ungünstigen Erhaltungszustand
         befinden, diesen nicht weiter verschlechtern.
Bei europäischen Vogelarten darf das Vorhaben den aktuellen Erhaltungszustand nicht
verschlechtern (Aufrechterhaltung des Status Quo).
Weiterhin ist § 24 Abs. 3 LNatSchG Rheinland-Pfalz zu beachten:
    ▪    Vor einer Bau-, Sanierungs- oder Abrissmaßnahme an vorhandenen baulichen An-
         lagen im Sinne der Landesbauordnung, bei denen erwartet werden kann, dass sie
         als Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG für
         besonders geschützte Arten dienen, ist die Anlage auf das Vorkommen dieser be-
         sonders geschützten Arten zu untersuchen. Das Ergebnis ist der unteren Natur-
         schutzbehörde rechtzeitig vor Beginn der Maßnahme mitzuteilen. Werden Vor-
         kommen festgestellt, ist auch ein Plan zum Erhalt oder Ersatz der Lebensstätte oder
         zur Umsiedlung der Tiere vorzulegen.

1.3 Information: Tiere in und an Gebäuden
Verschiedene Tierarten besiedeln Gebäude. Man bezeichnet diese Arten als Kulturfolger.
Das bedeutet, dass sie sich dem Menschen eng anschließen. Fledermäuse, die sich tags-
über in Häusern, alten Gemäuern oder Brücken verstecken, bezeichnet man als Gebäude-
fledermäuse. Sie halten sich verborgen in Spalten von Mauern, hinter Windbrettern oder
Fensterläden auf, man kann sie aber auch auf Dachböden oder in Balkenwinkeln finden.
Die natürlichen Quartiere dieser Arten sind enge Ritzen und Hohlräume. Einige Arten be-
vorzugen Baumhöhlen, Spalten hinter Rinden oder Stammrisse, andere wiederum sind
eher in Spalten von Felsen und Höhlen zu finden. Arten, die man heute oft auf Dachböden
findet, sind ursprüngliche Felsenhöhlen- und Spaltenbewohner.

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Gebäudebrütende Vogelarten nutzen sowohl Innenräume von Gebäuden als auch Außen-
bereiche. Dabei werden zumeist Mauerlücken, Hohlräume, Nischen, Zwischenräume und
Balken als Neststandort genutzt. Manche Arten wie der Weißstorch bauen ihre Nester auch
direkt auf Gebäuden. Meistens sind die gebäudebewohnenden Vogelarten auf einen freien
An- und Abflug zu ihrem Nest bzw. Horst angewiesen.
Die bewohnten Gebäude dienen als Ausweich- und Ersatzquartier bzw. Neststandort, da
Fledermäuse und Vögel in der heutigen Landschaft nicht mehr ausreichend viele Quartiere
finden.1

1.3.1 Fledermäuse
Während des Sommers (April bis September) sind Fledermäuse, wie z.B. Zwergfledermaus,
Breitflügelfledermaus, Rauhautfledermaus, Großes Mausohr, Große und Kleine Bartfleder-
maus, Zweifarbfledermaus und einige mehr, nur eine kurze Phase in Gebäudequartieren
zu finden. In den sogenannten Wochenstubenkolonien werden die Jungtiere von den
Weibchen aufgezogen. Von den meisten Arten werden mehrere Quartiere in räumlicher
Nähe benötigt, da sie auf unterschiedliche Einflüsse wie Temperaturschwankungen oder
Eindringen von z.B. Eulen, Marder oder Katzen reagieren müssen. Gewölbe, Keller und
Stollen können diversen Arten als Winterquartier dienen. Die kalten Monate werden im
energiesparenden Winterschlaf verbracht.
Ob sich eine oder mehrere Fledermausarten bereits im Gebäude befinden, kann durch
unterschiedliche Anzeichen wahrgenommen werden. Fledermauskot (enthält kleine, zer-
kaute Insektenreste) und dunkle Verfärbungen an Hangstellen oder Ein- und Ausflugsöff-
nungen (durch Urin oder Körperfett ausgeblichen) deuten auf ein Fledermausvorkommen
hin sowie Fraßplätze (Verzehr von Nachtfaltern an bestimmten Plätzen, erkennbar an den
Flügelresten), die vor allem von Langohren genutzt werden, aber auch der Fund von ge-
schwächten oder verunglückten Fledermäusen. Viele Quartiere findet man zwischen
Hauswand und Verkleidungen (Holz, Blech, Schiefer, hinter Fensterläden oder in Roll-
ladenkästen). Hierbei handelt es sich um Spaltenquartiere. Andere Quartiere findet man in
Mauerspalten, beschädigten Hohlblocksteinen oder hinter Windbrettern.
Auf Dachböden findet man verschiedene Fledermausarten. Dachböden haben ein warmes
Mikroklima und bieten viele Versteckmöglichkeiten. Manche Arten suchen Verstecke in
den Spalten des Dachstuhls (Winkel und Ecken zwischen Balken, Spalten, Löcher in Balken
und im Mauerwerk, Fugen hinter Brettern und Hohlräume), andere hängen frei an Latten
und Balken (ruhige, geräumige Dachinnenräume, in denen die Jungtiere das Fliegen lern-
en).2

1.3.2 Vögel
Einige der gebäudebrütenden Vogelarten, wie Schwalben, Hausrotschwanz, Haussperling,
Schleiereule, Mauersegler, Dohle oder Turmfalke, sind nur während der Brutzeit (Ende
März bis Anfang September) an bzw. im Gebäude zu finden. In den Herbst- und Winter-
monaten ziehen viele Arten nach Süden, um dort die ungünstige und nahrungsarme
Jahreszeit zu verbringen. Manche Vogelarten wie Haussperling oder Turmfalke sind Stand-
vögel und können das ganze Jahr beobachtet werden. Die kritische Phase ist aber auch bei
1   (Reiter & Zahn, 2006)
2
    (Bayerisches Landesamt für Umwelt, 2008)

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diesen Arten während der Brutsaison gegeben. Diese ist bei gebäudebrütenden Vogelarten
unterschiedlich lang.
In den Wintermonaten (November bis März) ist ein Eingriff zumeist unproblematisch und
führt in der Regel zu keiner Beeinträchtigung der Arten. Verbotstatbestände nach § 44 Abs.
1 BNatSchG bleiben dann unberührt. Da einige Arten allerdings ihr Nest jedes Jahr aufs
Neue für die Nestlingsaufzucht nutzen - beispielsweise Mauersegler, Mehl- und Rauch-
schwalbe - und die Brut- und Fortpflanzungsstätten durch den § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG
ganzjährig geschützt sind, muss vor einer Gebäudesanierung oder einem Abriss das weitere
Vorgehen mit der Naturschutzbehörde abgestimmt werden.3

1.3.3 Bilche
Auch Bilche, vor allem Gartenschläfer und Siebenschläfer, können sich in Gebäuden auf-
halten. Neben Erdlöchern, Baumhöhlen und Felsspalten findet man z.B. den Siebenschläfer
auch in allen möglichen versteckten Plätzen an Gebäuden. Der Gartenschläfer ist auch teil-
weise in festen Gebäuden zu finden. Zur Überwinterung kommt er im Herbst häufig in
Keller und Scheunen vor. Der Baumschläfer kann auch in der Nähe von menschlichen Sied-
lungen vorgefunden werden sowie in Scheunen und Obstgärten. Die Haselmaus ist i.d.R.
nicht in Gebäuden zu finden.

3
    § 24 Abs. 3 LNatSchG RLP

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2 Standort und Projektwirkung

2.1 Standort
Das untersuchte Objekt liegt in der Ortsgemeinde Derschen (Gemarkung Derschen, Flur
11, Flurstück 20). Der Geltungsbereich liegt am östlichen Siedlungsrand. Insgesamt werden
1.992 m2 überplant. Auf dem Grundstück befinden sich zusätzlich Gehölze, die teilweise
durch das Vorhaben entfernt werden.

Abb. 1: Darstellung der Lage des untersuchten Gebäudes (Pfeil) mit angrenzenden Strukturen. Maßstab 1:4.000 (Quelle
Luftbild: LANIS - Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz).

Abb. 2: Blick auf das Gebäude aus südlicher Richtung. Dieses soll saniert und durch einen Anbau erweitert werden.

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Abb. 3: Blick auf die Außenfassade der Anlage. Der untere Teil ist verputzt, der obere Teil ist mit Schieferplatten bedeckt.
Der Innenbereich wurde ebenfalls untersucht. Potenziell vorgefundene relevante Strukturen für verschiedene Tierarten
werden im Ergebnisteil dargestellt.

Abb. 4: Diese Walnuss (Juglans regia) wird im Zuge des Vorhabens gefällt. Die Bäume wurden auf potenzielle Strukturen
untersucht, die für Tierarten u.a. Fortpflanzungsstätten darstellen können.

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Abb. 5: Diese zwei Ahorn-Bäume (Acer platanoides) werden ebenfalls durch die Baufeldräumung entfernt. Des weiteren
wird eine junge Eberesche (Sorbus aucuparia) gefällt.

2.2 Potenzielle Projektwirkung
Nachfolgend werden relevante Wirkfaktoren dargestellt, die durch das Vorhaben einen
möglichen Einfluss auf gebäudebewohnende Tierarten haben könnten. Alle aufgeführten
Wirkfaktoren können - müssen aber nicht zwangsläufig - bei dem benannten Projekt auf-
treten. Bei entsprechenden Maßnahmen sind einige Auswirkungen bereits im Vorfeld er-
folgreich zu reduzieren oder können gänzlich vermieden werden.
Man unterscheidet zwischen baubedingten (mit dem Bau von Gebäuden/Anlagen im Rah-
men des Vorhabens verbundene Faktoren), betriebsbedingten (Wirkfaktoren, die sich aus
dem Betrieb der Anlage ergeben) und anlagebedingten Wirkfaktoren (Faktoren, die sich
durch die Anlage verursacht werden). Anlagebedingte und betriebsbedingte Wirkprozesse
können bei einem Sanierungsvorhaben ausgeschlossen werden (da sich zum Ist-Zustand
nur wenig ändert), daher werden nur die baubedingten Wirkfaktoren dargestellt. Bau-
bedingte Wirkfaktoren sind in den meisten Fällen zeitlich und nur auf den Nahbereich be-
grenzt, können aber wie bei Abbruchvorhaben zum Verlust ganzer Fortpflanzungs- oder
Ruhestätten führen:
    ▪    Lagerflächen für Maschinen und Material (temporärer Verlust von Bodenflächen),
    ▪    Entstehung von Lärmemissionen durch die Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten
         (bauzeitlich beschränkt),
    ▪    Stoffliche Einwirkungen durch den Betrieb der Maschinen,
    ▪    Bauzeitliche Erschütterungen durch Maschinen und Verkehr,
    ▪    Ausstoß von Luftschadstoffen,
    ▪    durch Sanierungsarbeiten kann es zu einer Staubentwicklung kommen,
    ▪    optische und akustische Reize durch Maschinen und Personen.

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Somit sind durch die geplante Sanierung/Erweiterung des Gebäudes folgende baubedingte
Wirkungen für gebäudebewohnende Arten möglich:
    ▪    Potenzielle Quartiere und Nistplätze werden dauerhaft zerstört (§ 44 Abs. 1 Nr. 3),
    ▪    Individuen werden verletzt oder getötet (§ 44 Abs. 1 Nr. 1),
    ▪    Individuen auf dem Gelände oder in naher Umgebung werden durch Lärm, Er-
         schütterungen und Lichtemissionen beeinträchtigt oder vergrämt (§ 44 Abs. 1 Nr.
         2),
    ▪    Stoffliche Einwirkungen wie Staub wirken sich negativ auf Individuen aus (§ 44 Abs.
         1 Nr. 1 und 2),
    ▪    Durch die Anwesenheit von Menschen und Maschinen werden störungsempfind-
         liche Arten dauerhaft vergrämt (§ 44 Abs. 1 Nr. 2).

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3 Methodik
Im Vorfeld zu den geplanten Baumaßnahmen wurde das Untersuchungsgebiet am 03. Juni
2020 bei Tag begangen. Die gesamte Anlage wurde dabei begutachtet, sowohl die Außen-
fassade als auch der Innenbereich. Es wurde u.a. auf Kot und Verfärbungen an den Wänden
geachtet, die durch Fledermausurin oder Körperfettabreibungen entstehen sowie auf
Fraßplätze, die durch Falterflügel auf dem Boden zu erkennen sind. Außerdem wurde nach
Nischen, Spalten und Löchern Ausschau gehalten, die potenzielle Quartiere für Fleder-
mäuse oder Brutplätze für Vögel sowie Bilche darstellen können.
Die Gebäudekontrolle dient zur Einschätzung des Objektes bezüglich der Lebensraumeig-
nung für Brutvögel, Fledermäuse und andere Gebäudebewohner, wie Bilche.
Zusammenfassung der Feldmethoden am Tag:
    ▪    Kontrolle der Anlage bzgl. Spuren von Fledermäusen (Kot, Urin- und Körperfettver-
         färbungen, Fraßplätze),
    ▪    Untersuchung von Hinweisen, die auf eine Nutzung als Zwischen- oder Sommer-
         quartier bzw. Wochenstube hindeuten (Fledermäuse),
    ▪    Einschätzung einer möglichen Eignung als Überwinterungsplatz (Fledermäuse),
    ▪    Suche nach Hinweisen, die auf eine Nutzung durch Vögel deuten, wie z.B. Gewölle
         oder Vogelkot,
    ▪    Kontrolle der Anlage hinsichtlich Vogelbrutstätten,
    ▪    Einschätzung des Objektes hinsichtlich der Eignung als Lebensraum für Bilche.

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4 Ergebnisse

4.1 Fledermäuse
Quartiere und Hinweise

Die Anlage wurde von innen und außen auf potenzielle Quartiere bzw. Anzeichen/Hinweise
abgesucht, die auf eine Nutzung des Gebäudes durch Fledermäuse hindeuten.
Im Kellerbereich des Gebäudes wurden keine potenziell nutzbaren Strukturen für Fleder-
mäuse vorgefunden. Indizien, wie Kot, Urinspuren oder Körperfettabreibungen, Todfunde
oder Falterflügel (Nahrung) wurden ebenfalls nicht festgestellt. Die vorhandenen Fenster
sind geschlossen. Als Wochenstube oder Winterquartier kann der Kellerbereich aufgrund
verschlossener Zugänge nicht genutzt werden.

Abb 6: Darstellung eines Teilbereichs des Kellers mit geschlossenen Fenstern. Ein toter Falter und ein Falterflügel wurden
festgestellt, jedoch handelt es sich dabei nicht um den Nahrungsplatz von z.B. Langohren, da in diesem Falter mehr Flügel
vorgefunden worden wären und keine ganzen Falter.

Der Dachboden kann potenziell von Fledermäusen bewohnt werden, da eine kleine Einflug-
öffnung im Giebelbereich vorhanden ist. Jedoch konnten keine Hinweise auf einen Be-
satz/eine Nutzung vorgefunden werden. Das Fenster ist verschlossen.

Abb 6: Darstellung des Dachbodens innerhalb des Untersuchungsobjektes. Im Giebel ist eine kleine Öffnung, durch die
potenziell Fledermäuse in das Gebäude gelangen könnten. Kot oder sonstige Spuren wurden nicht vorgefunden.

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Spalten zwischen den Dachbrettern fehlen, daher ist ein Vorkommen von spaltenbewohn-
enden Arten im Dachstuhlbereich auszuschließen.
Die Hausfassade wurde mittels Teleobjektivs untersucht. Es fehlen geeignete Spalten,
(Risse mit entsprechender Tiefe und Breite) und sonstige Strukturen, welche von Fleder-
mäusen aufgesucht werden könnten. Die Fenster sind geschlossen. Die Rollladenkästen
sind bereits von innen geöffnet worden und bieten kein geeignetes Potenzial als Fort-
pflanzungs- und Ruhestätte bzw. Hangplatz. Unterhalb des Dachvorsprungs konnten zwei
größere Löcher nachgewiesen werden, welche potenziell als Sommerquartier angenom-
men werden können, jedoch ist das eine Loch bereits von Mauerseglern besetzt. Vor der
anderen Öffnung befinden sich Spinnweben, dies schließt eine Nutzung durch Fledermäuse
aus. Der Schiefer ist noch gänzlich erhalten, es fehlen keine Platten, es sind auch keine
Löcher vorhanden, daher sind diese nicht nutzbar.

Abb 7 & 8: Es befinden sich keine Zugänge im Bereich der Schieferplatten oder unter den Dachvorsprüngen.

Potenzielle Betroffenheit

Da keine Hinweise auf die Nutzung des Gebäudes durch Fledermäuse erfolgen konnte, ist
mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass es durch die Sanierung zur Beein-
trächtigung von Fledermausarten kommt. Sommerquartiere sowie Winterlebensräume
und Wochenstubenquartiere sind aufgrund fehlender Hinweise (Spuren) nicht anzunehm-
en.

4.2 Vögel
Brutstätten und Anzeichen

Gewölle, frischer Vogelkot oder andere Anzeichen wurden innerhalb des Untersuchungs-
gebäudes, d.h. im ehemaligen Wohnbereich sowie auf dem Dachboden und im Keller nicht
festgestellt. Eine Öffnung unterhalb des Dachvorsprungs am südlichen Gebäudeteil wird

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durch Mauersegler genutzt. Unterhalb der Öffnung sind deutlich Kotspuren zu erkennen.
Zudem konnten die Mauersegler beim Anflug beobachtet werden.

Abb 9: Blick auf die Öffnung unterhalb des Dachvorsprungs. Hier sind deutlich Kotspuren zu erkennen.

Potenzielle Betroffenheit

Ein Verlust von Fortpflanzungsstätten ist gegeben. Es befindet sich mindestens ein Mauer-
segler-Brutpaar im Gebäude, eventuell auch ein weiteres Brutpaar, da diese zu viert im
Luftraum die Bruthöhle angeflogen haben. Der Verlust dieser Brutstätten ist auszugleichen.

4.3 Bilche
Nester und Anzeichen

Es wurden keine Nester von Bilchen vorgefunden oder sonstige Hinweise (u.a. Kotpeletts)
festgestellt.
Potenzielle Betroffenheit

Eine Nutzung des Gebäudes durch Bilche kann nach dieser Untersuchung ausgeschlossen
werden.

4.4 Gehölze
Des Weiteren sollen vier Bäume entfernt werden, die sich auf dem Grundstück des Unter-
suchungsobjektes befinden. Es handelt sich dabei um einen Walnuss-Baum sowie zwei
Spitzahorne und eine Eberesche. Alle vier Gehölze weisen keine Baumhöhlen oder Frei-
nester auf. Daher ist durch die Rodung von keiner Betroffenheit von Arten, wie Fleder-
mäuse, Vögel und Bilche auszugehen.

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5 Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen
Eine Entfernung der Mauersegler-Niststätten erfüllt den Tatbestand der Gelegezerstörung
gem. § 44 (1) Nr. 3 BNatSchG. Hier ist § 44 (5) Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG zu beachten:
    •    das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 liegt nicht vor, wenn die ökologische Funktion
         der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten
         im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden.
Somit sind zwingen vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen umzusetzen, um die ökologische
Funktion der betroffenen Fortpflanzungsstätten des Mauerseglers (ganzjähriger Schutz) im
räumlichen Zusammenhang zu bewahren.
In diesem Fall sind folgende Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen:
Maßnahme V1: Zeitenregelung

Vögel: Im Geltungsbereich sind im Zuge der Baufeldräumung Gehölzrodungen und
Sanierungsarbeiten vorgesehen. Diese Arbeiten sind grundsätzlich außerhalb der Brutzeit
der Vögel durchzuführen, also zwischen dem 01. Oktober und dem 28. Februar, um zu
vermeiden, dass es u.a. zur Zerstörung von Nestern und Eiern kommt und damit zur
Erfüllung eines Verbotstatbestandes gem. § 44 BNatSchG (à Verweis auf § 39 (5) Nr. 2
BNatSchG.)
Fledermäuse: Als Präventivmaßnahme sind die Sanierungsmaßnahmen im Vollwinter
(Ende November bis Februar) bei geeigneten Witterungsbedingungen bei ca. 0 °C
durchzuführen.
► Unter Beachtung beider Artengruppen ist die Fassadensanierung (Entfernung) zwischen
Ende November bis Ende Februar durchführbar.
Maßnahme A1: Ausgleich Mauersegler

Insgesamt sind für den Verlust von mindestens einem Mauerseglernest drei neue Nisthilfen
bereitzustellen, um die Verknappung des Nischenangebotes durch die Sanierungsarbeiten
kompensieren zu können. Die Anzahl begründet sich in der Tatsache, dass mehr als ein
Brutpaar des Mauerseglers durch die Dachöffnung einfliegen kann (Koloniebrüter).
Insgesamt wurden bei der Relevanzprüfung vier Individuen beim Anflug und Überfliegen
des Gebäudes beobachtet. Die Nisthilfen sind am Ursprungsort des Neststandortes
spätestens bis Ende Februar 2021 zu installieren.
Zum Beispiel sind folgende Ausgleichsspaltenquartiere geeignet, um den Verlust der
Mauersegler-Niststandorte im geeigneten Umfang zu ersetzen:
    -    Mauerseglernistkasten 17, 17A, 17B oder 17C (Fa. Schwegler Natur)
    -    Nistkasten Mauersegler Woodstone schräg (Fa. Vivara Naturschutzprodukte)

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6 Zusammenfassung
Bei der Untersuchung konnte ermittelt werden, dass es durch die geplante Sanierung und
Gebäudeerweiterung zu einer Zerstörung von Niststandorten gebäudebrütender Vogel-
arten (in diesem Fall Mauersegler) kommt. Daher sind Vermeidungs- (V1) und Ausgleichs-
maßnahmen (A1) durchzuführen.
Vermeidungsmaßnahmen:
Beachtung der Bauzeitenregelung (V1).
Ausgleichsmaßnahmen:
Es sind vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen gem. § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG
durchzuführen, die sogenannten CEF-Maßnahmen: measures that ensure the continued
ecological functionality. Sie sind unmittelbar an der voraussichtlich betroffenen Fortpflanz-
ungs- oder Ruhestätte anzusetzen bzw. müssen mit dieser räumlich-funktional verbunden
sein. Sie sind zeitlich so durchzuführen, dass sich die ökologische Funktion der betroffenen
Fortpflanzungs- oder Ruhestätte nachweisbar oder mit einer hohen objektiv belegbaren
Wahrscheinlichkeit nicht gegenüber dem Voreingriffszustand verschlechtert.
Es sind Ausgleichsquartiere für Mauersegler zu schaffen (A1).

Werden die angegebenen Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen vollzogen, ist die
vorgesehene Sanierung und Erweiterung aus gutachterlicher Sicht zulässig.

                                                        Mark Baubkus, M.Sc.
Kuhnhöfen, 05. Juni 2020                                Tanja Baubkus, M.Sc.
(Ort, Datum)                                            (Unterschrift)

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