AUSWIRKUNGEN DER SARS-COV-2- ARBEITSSCHUTZVERORDNUNG AUF ARBEITSAKTIVITÄTEN - DEPOSITONCE

 
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Auswirkungen der SARS-CoV-2-
            Arbeitsschutzverordnung auf
                  Arbeitsaktivitäten
                   Sebastian Alexander Müller 1, Ricardo Ewert1, Kai Nagel1

             1
              Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik (“VSP”), TU Berlin
                                 nagel@vsp.tu-berlin.de

Available via TU Berlin repository: http://dx.doi.org/10.14279/depositonce-11673

Date of this version: 15-march-2021

This work is licensed under a Creative Commons Attribution 4.0 International License (CC BY 4.0)
https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Website: https://covid-sim.info

Zusammenfassung
Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, welche am 27.01.2021 in Kraft getreten ist, schreibt
Arbeitgebern vor, den Beschäftigten Homeoffice anzubieten, wenn dem keine zwingenden Gründe
entgegenstehen (vgl. BAMS 2021). Mobilfunkdaten aus drei ausgewählten Städten zeigen eine
Reduktion der Aktivitäten am Arbeitsplatz zwischen 0 und 3% in der Woche nach dem Inkrafttreten
der Verordnung. In der weiteren Entwicklung sind die Aktivitäten am Arbeitsplatz dann allerdings
wieder angestiegen, und liegen inzwischen über dem Niveau vom Januar.

Einleitung
Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, welche am 27.01.2021 in Kraft getreten ist, schreibt
Arbeitgebern vor, den Beschäftigten Homeoffice anzubieten, wenn dem keine zwingenden Gründe
entgegenstehen. Dies soll das Risiko einer Ansteckung mit dem Corona Virus am Arbeitsplatz
minimieren. Im Folgenden zeigen wir, wie sich die Mobilität nach Inkrafttreten dieser Verordnung
verändert hat.

Rückgang Aktivitäten in Berlin
Im Rahmen unseres Forschungsprojektes MODUS-COVID liegen uns Daten dazu vor, wieviel Zeit
Personen täglich mit bestimmten Aktivitäten zubringen. Aus diesen Daten lässt sich also ableiten,
wieviel Zeit Personen bspw. am Arbeitsplatz, in der Schule, an Freizeitaktivitäten oder zu Hause
verbringen. Die Daten basieren auf anonymisierten Mobilfunkdaten. Leider ist es so, dass nur die
Unterscheidung zwischen Aktivitäten zu Hause und aushäusigen Aktivitäten zuverlässig
funktioniert. Die Aufteilung auf die verschieden Aktivitätstypen ist daher lediglich als Tendenz zu
verstehen.

Google veröffentlicht ähnliche Mobilitätsdaten, die jedoch nicht auf Mobilfunkdaten basieren,
sondern auf GPS-Daten. Diese Technologie erlaubt eine räumlich höhere Auflösung, beschränkt
sich dafür aber auf den sehr kleinen Teil der Bevölkerung, welcher eine entsprechende App gerade
eingeschaltet hat. Insgesamt ist damit anzunehmen, dass die Google Daten eine größere
Genauigkeit bei der Aufteilung auf die Aktivitätstypen erreichen. Google stellt diese Daten
aggregiert für jedes Bundesland zur Verfügung; die oben genannten Mobilfunkdaten hingegen
stehen uns auf Postleitzahlebene zur Verfügung. Für Berlin ist es daher möglich, beide Datensätze
vergleichend auszuwerten (siehe Abb. 1, oben Google, unten Mobilfunkdaten).

Beide Datenquellen zeigen strukturell ähnliche Ergebnisse: nach Inkrafttreten der Verordnung
gibt es es ein Signal in den Daten, welches einen leichten Rückgang der aushäusigen
Aktivitäten zeigt (laut Mobilfunkdaten um 3,4 Prozentpunkte, laut Google Daten um ca. 2,4
Prozentpunkte). Beide Datenquellen zeigen jedoch, dass dieser leichte Rückgang inzwischen
bereits wieder kompensiert wurde und zum aktuellen Zeitpunkt wieder vermehrt Arbeitsaktivitäten
am Arbeitsort stattfinden. Generell konnte der starke Rückgang der Arbeitsaktivitäten vom Frühjahr
2020 seitdem nicht mehr erreicht werden.

Abb. 1: Rückgang Aktivitäten in Berlin. OBEN: Google Mobility Report. UNTEN: Mobilfunkdaten,
Senozon; Quelle: (Senozon 2021; Google 2021)
Rückgang Aktivitätenbeginne in Berlin
Uns liegen zudem Daten dazu vor, wie sich die Aktivitätenbeginne im Tagesgang verändert haben
(Abb. 2). Dies basiert ebenfalls auf Mobilfunkdaten. Diese Daten zeigen bspw., dass es seit April
bei Aktivitäten, die zwischen 7 und 9 Uhr morgens beginnen, einen stärkeren Rückgang gab als
bei anderen. Daraus lässt sich ableiten, dass es im Arbeits- und insbesondere im Bildungsbereich
(durch geschlossene Schulen und Universitäten) einen stärkeren Rückgang der aushäusigen
Aktivitäten gab als in anderen Bereichen. Anfang November verändert sich die Situation, ab
diesem Zeitpunkt ist der Rückgang der am Abend beginnenden Aktivitäten ausgeprägter als bei
am Morgen beginnenden Aktivitäten. Hier ist also davon auszugehen, dass die im November
eingeführten Maßnahmen (also bspw. das Schließen der Gastronomie) den Freizeitbereich stärker
eingeschränkt haben als den Arbeits- und Bildungsbereich. Seit ca. Mitte Dezember ist der Arbeits-
und Bildungsbereich wieder stärker eingeschränkt; Mitte Dezember wurden die Schulen
geschlossen.

Für Berlin ist auch in diesen Daten kurz nach Inkrafttreten der Verordnung ein leichter Rückgang
der zwischen 7 und 9 Uhr beginnenden Aktivitäten sichtbar, welcher jedoch bereits wieder
kompensiert wurde.

Abb. 2: Rückgang Aktivitätenbeginne in Berlin, Quelle: (Senozon 2021)
Wolfsburg, Mannheim
Wir haben die gleiche Auswertung auch für die Städte Wolfsburg und Mannheim durchgeführt. In
Wolfsburg ist ein deutliches Signal auf die Verordnung sichtbar; in Mannheim ist kein Signal
sichtbar.    In Wolfsburg verteilen sich die Arbeitsplätze auf die Branchen “produzierendes
Gewerbe”, “Handel, Gastgewerbe und Verkehr” sowie “sonstiger Dienstleistungssektor” zu 59%,
10% und 29%.1 In Mannheim ist die Verteilung auf diese Branchen ca. 28%, 23% und 49%.2 Zu
beachten ist, dass die Volkswagen AG in Wolfsburg, die unter “produzierendes Gewerbe” fällt,
relativ viele Arbeitsplätze in der Konzernverwaltung hat. Eine kohärente Interpretation scheint uns
mit dieser Datenbasis nicht möglich.

Abb. 3: Wolfsburg. OBEN: Rückgang Aktivitäten. UNTEN: Rückgang Aktivitätenbeginne. Quelle:
(Senozon 2021)

1
    Statistisches Jahrbuch 2020 von Wolfsburg, https://www.wolfsburg.de/statistik.
2
    https://de.wikipedia.org/wiki/Mannheim#Wirtschaft
Abb.6: Mannheim. OBEN: Rückgang Aktivitäten. UNTEN: Rückgang Aktivitätenbeginne; Quelle:
(Senozon 2021)

Quellen
BAMS. 2021. “Corona-ArbSchV.”
   https://www.bundesanzeiger.de/pub/publication/5QH1uegEXs2GTWXKeln/content/5QH1uegE
   Xs2GTWXKeln/BAnz%20AT%2022.01.2021%20V1.pdf?inline.
Google. 2021. “COVID-19 Community Mobility Reports.” https://www.google.com/covid19/mobility/.
Senozon. 2021. “The Senozon Mobility Model.” The Senozon Mobility Model. 2021.
   https://senozon.com/en/model/.
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