Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet Bad Münstereifel: Reorganizing the Old Town for Outlet Retailing - FIS Universität Bamberg
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https://doi.org/10.20378/irb-46590 Selitz Lisa Marie Selitz Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet Bad Münstereifel: Reorganizing the Old Town for Outlet Retailing English Summary European outlet centers or ‘outlet villages’ are designed to does the preservation of historic urban fabric relate to muni- permit an undisrupted shopping experience in fabricated cipal processes of urban development and revitalization and town settings. Situated in green-field sites with a direct free- who is able to profit from it? way connection these ‘villages’ invite the customers to spend The article traces the structural, constructional, legal money on discounted commodities. The parking lots of these and conceptual development of the ‘City Outlet Bad Müns- centers, the ‘city’ walls and gates, decorated shops, squares tereifel’ with regard to its monument protection status by and restaurant facilities are designed to resemble historical describing and evaluating the early phase of its establish- city centers rather than malls, while serving the same pur- ment within the city as well as the impact it has on the pose as the latter. historic fabric. The article also puts the subject in a wider In 2014 the ‘City Outlet Bad Münstereifel’ opened. context of city branding, commercialization and experience Thus, for the first time, an outlet concept was realized orientation within municipal promotion dependent on his- that takes advantage of an already existing old town – the torical values. Furthermore, it retraces Bad Münstereifel’s historical city center of Bad Münstereifel, protected under own tradition of intentional cityscaping to highlight its preservation laws – instead of inventing its own urban shop- historical and touristic aspects as a summer resort in the ping environment. Necessary permits for large-scale retail second half of the 19th century and a Kneipp spa that flou- property out of town are hard to obtain due to the current rished between the late 1920s and 1980s. Thus, the article requirements of German regional planning. The already presents aspects of continuity and an inherent logic within existing economic potential within the retail structure and Bad Münstereifel’s orientation in urban development that ambience of historic cities is seldom exhausted or centrally led to the establishment of the outlet. managed. In Bad Münstereifel private investors with the By relating these issues, the article aims at widening the approval of local politicians installed a hybrid form of ‘orga- agenda of historic preservationists as well as municipalities nized outlet agglomeration’ that mixes the use of a shopping in their stewardship of urban preservation and renewal in a venture with the everyday business of the small town. How context-sensitive approach. 1. „Unsere Stadt soll Outlet werden“1 durch mögliche Veränderung vermeintlich gefährdet. Welche neuen Funktionen können alte Städte akkom- Handelsangebote im Umland der Städte, auf der modieren? Wie kann auf dynamischen Wandel reagiert ‚grünen Wiese‘, in Shopping Malls und im Internet werden? Welche Rolle spielt hier die Denkmalpflege? stehen in Konkurrenz zu dem tradierten Einkaufs- Die ‚europäische Altstadt‘ als vermeintlich vorin- möglichkeiten in den Altstädten. Während diesen die dustriell geprägtes Motiv erlebt eine Renaissance in Handelsfunktion im Zentrum entzogen wird, stellt der Stadtentwicklung.3 So diene sie in Hinblick auf sich vielerorts die Frage, wie die Standortpotentiale des die gegenwärtigen Globalisierungs- und Filialisie- ‚Erfolgsmodells historische Stadt‘2 wieder hervorge- rungstendenzen 4, welche die Städte immer stärker hoben und gestaltet werden können. Die Bewahrung untereinander anglichen, als Trägerin von ‚regionaler und Revitalisierung dieser historisch überkommenen Identität‘ und als multifunktionaler, erlebnisorien- Orte und deren baukulturellen Eigenheiten ist Anlie- tierter Standort. Sie vereine hierbei Funktionen des gen der städtebaulichen Denkmalpflege. Gleichzeitig Wohnens, Arbeitens, Handels sowie der Gastronomie, ist die Revitalisierung und Entwicklung von histori- Kultur, Freizeit und Touristik. Simultan haben sich in schen Stadt- und Baustrukturen eine Aufgabe, die die Europa Outlet Center etabliert, die in der architekto- Bewahrung erhaltenswerter Bausubstanz in Altstädten nischen Hülle verkaufsfördernder ‚Einkaufs-Villages‘ 155
Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet 1 Ansicht Bad Münstereifels aufgenommen vom östlichen Berghang mit Blick auf das Kurhaus auf dem westlichen Berghang, ca. 1930. auftreten. Diese imitieren städtische Formen, um eine der stabilsten Attraktionen der Stadt. Seit 2000 stag- vertraute und zugleich zentral regulierbare Kulisse für nierte der Einzelhandel; es kam zu Geschäftsaufgaben das ‚Einkaufserlebnis‘ zu bieten. Die Etablierung und und Ladenleerständen.7 In diesem Setting wurde dar- der Erfolg dieser Art von Themenarchitektur5 wirken auf folgend ein großflächiges Einzelhandelskonzept sich auch auf Innenstädte aus, indem das Image der verwirklicht, das sich in die bereits vorhandene und Altstadt zunehmend kommodifiziert, also kommerzia- zum Teil denkmalgeschützte Bebauung entlang der lisiert und privatisiert, wird. Die „marktgerechte Schau- Einkaufsstraßen und in die städtischen Strukturen seite des Alten“6 erlangt Bedeutung in ihrer Funktion integriert. Das ‚Village‘ musste für dieses Outlet nicht als weicher Standortfaktor. erst auf der grünen Wiese entstehen (Abb. 2 u. 3). Die In genau diesem Spannungsfeld ist auch die Eröff- vom demographischen und strukturellen Wandel stark nung des City Outlets Bad Münstereifel 2014 einzuord- betroffene und finanziell geschwächte Stadt erfuhr so nen. Erstmals wurde hier ein Outletkonzept im Bestand eine investorenbestimmte Neuorientierung. Das als eines historischen Stadtkerns realisiert. Besonders „Revitalisierungsstrategie“ 8 präsentierte Projekt ist interessant – vielleicht auch brisant – ist diese Entwick- verbunden mit umfassenden Image- und Marketing- lung, da gerade Outlets, wie z. B. die ‚Outlet-Villages‘ in aufwendungen sowie einer engen Zusammenarbeit Wertheim, Ingolstadt oder Neumünster, als Inbegriff mit der Stadtverwaltung. Bis ins 19. Jahrhundert hinein kommerzialisierter, postmoderner Stadtfiktionen à la war Bad Münstereifel eine Tuchmacherstadt; nun wer- Disney gesehen werden. In Dubai, unweit der künstli- den wieder maßgeblich Textilien in dem Ort vertrieben. chen Palmeninsel Jebel Ali, gehen die Betreiber einer Für das neuartige Konzept der Verknüpfung von luxuriösen Outlet Mall gleich so weit, das architekto- Stadt und Einzelhandel erhielten Investoren und nische Innendesign nach der toskanischen Kleinstadt Betreiber 2015 öffentliche Anerkennung mit dem San Gimignano zu modeln, deren mittelalterlicher zweiten Platz des Innovationspreises des German Stadtkern seit 1990 UNESCO-Weltkulturerbe ist. Bad Council of Shopping Centers in der Kategorie ‚Stadt Münstereifel hingegen ist eine Klein- und Kurstadt und Handel‘ und dem ‚Immobilien Manager Award‘ im ländlich geprägten Raum, deren mittelalterlicher, in der Kategorie ‚Stadtentwicklung‘.9 Die erfolgreiche ummauerter Stadtkern (lediglich) als Denkmalbereich Umsetzung ihrer ‚Revitalisierungsstrategie‘ wurde geschützt ist (Abb. 1). Mit dem Rückgang des einst damit insbesondere aus unternehmerischer Perspek- blühenden Kneipp-Kurwesens wurde das Café des tive ausgezeichnet. Die Frage bleibt, wie die Strategie Schlagersängers Heino samt Haselnusstorte zu einer aus denkmalpflegerischer Perspektive zu bewerten ist 156
Selitz 2 Eingangstor zum Designer Outlet Ochtrup und Blick auf die 3 Blick in die Orchheimer Straße in Bad Münstereifel, 2015. rückwärtigen Fassaden. Als Vorbild für das Tor diente das Lüdinghausener Tor in Dülmen, 2015. – gerade, da das Vorbild City Outlet Bad Münstereifel als Forschungsrahmen und Zielsetzung Revitalisierungsstrategie für leerstehende, historische Stadtkerne in Deutschland weite Wellen geschlagen Martin Bredenbeck konstatierte 2014 in einer kurzen hat. Betrachtet man die Liste der Orte, die bereits bis Überschau zum Thema, dass „Bad Münstereifel […] 2015 bei der Stadtverwaltung Interesse an dem Kon- sich derzeit als Outlet-Store im Gewand (s)einer his- zept gezeigt haben, erkennt man, dass es sich meist um torischen Altstadt neu“13 erfinde. Diese Formulierung beschauliche, von historischer Bausubstanz geprägte wirft insbesondere die Frage auf, ob es in der histori- Kleinstädte handelte, die entweder als Ensemble oder schen Altstadt eine prädisponierte Differenzierung von als Kurort bereits eine wirtschaftliche Ausrichtung auf innen und außen gibt, die es ermöglicht, die Funktion Tourismus vorwiesen.10 Verschiedene Städte und Stadt- innen zu verändern, während das Äußere erhalten vertreter haben sich so über das Outletkonzept infor- bleibt. Welche Bedeutung hat das historische Stadtbild miert und Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben.11 als marktwirtschaftlicher Faktor und wie positioniert Nur wenige Städte haben das Projekt über eine frühe sich die Denkmalpflege gegenüber der von Bredenbeck Planungsphase hinaus verfolgt. Das City Outlet Riet- festgestellten ‚Neuerfindung‘ des Schutzgegenstands? berg soll jedoch 2020 in der nordrhein-westfälischen Die Zielsetzung dieses Beitrags ist es, zu untersu- ‚Stadt der schönen Giebel‘ eröffnet werden. Rietberg chen, in welcher Weise sich die ‚Ummünzung‘ des ist ebenfalls staatlich anerkannter Erholungsort. Mit Denkmalbereichs als Outlet auf den Schutzgegenstand seinem mittelalterlich geprägten Stadtgrundriss und auswirkt und wie diese Prozesse zu verstehen und einer Vielzahl von denkmal- und erhaltenswerten zu bewerten sind. Hierbei sollen sowohl die Auswir- Gebäuden aus der Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts ist kungen auf das Stadtbild als auch auf die als Einzel- er ebenfalls Denkmalbereich.12 Die Frage nach zentral denkmal gelisteten, für das Outlet genutzten Gebäude organisiertem Einzelhandel in Altstädten und Denk- dargestellt, analysiert und kontextualisiert werden. malbereichen sowie der Nutzung ihrer ‚Schauwerte‘, Neben der Analyse bildprägender und substanzieller wird auch in Zukunft vermehrt ein Beschäftigungsfeld Eingriffe in die Schutzgegenstände werden auch der der Denkmalpflege werden, das aktuell noch Positio- Planungsverlauf des Vorhabens und frühe Resonanzen nierung bedarf. darauf vorgestellt. Auf diese Weise sollen die vielfäl- tigen Interessen, die mit einem solchen Investitions- projekt verbunden sind, nachgezeichnet und eine iso- lierte Betrachtung vermieden werden. Die Integration 157
Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet des Outlets wird auch in Hinblick auf rechtliche und Die Einordnung des Phänomens der Stadtbildge- behördliche Voraussetzungen sowie Instrumentarien staltung in Bad Münstereifel als zeittypisches Merkmal untersucht. behördlicher Rahmenbedingungen und bürgerlichen Die Auseinandersetzung mit dem Outlet beruht Engagements, beginnend mit der Etablierung Bad maßgeblich auf Ortsbesichtigungen, der Analyse der Münstereifels als Kurort in der zweiten Hälfte des Denkmallisteneinträge, Recherchen im Stadtarchiv 19. Jahrhunderts, wird ebenfalls in Hinblick auf die Bad Münstereifels und im Bildarchiv des Amts für Stadtentwicklung besprochen. Hier wird nachgezeich- Denkmalpflege des Landschaftsverbands Rhein- net in welchem Zusammenhang die Tradition der land (LVR), Gesprächen mit Vertretern14 der Stadtver- Stadtbildgestaltung zu den gegenwärtigen Entwicklun- waltung sowie dem Austausch mit der zuständigen gen steht. Gebietsreferentin des LVR.15 Darüber hinaus wurde Jedes der drei Hauptthemen – die Einrichtung des die Berichterstattung über das Outlet verfolgt. Monika Outlets im Denkmalbereich, die theoretische Einbin- Herzog hat erste Erfahrungen mit dem Outlet 2014 dung zu Fragen des Verhältnisses von Stadtbild und im Rahmen eines kurzen Aufsatzes im Jahrbuch der Einzelhandel und die historische Tradition der Stadt- rheinischen Denkmalpflege veröffentlicht. 16 Darüber bildgestaltung in Bad Münstereifel – wird in einem hinaus dient die Referenz auf das neuartige Konzept Zwischenfazit pointiert. Abschließend wird auf Basis ‚City Outlet‘ auf dem Gebiet ‚Handel und Stadt‘ meist der zuvor erarbeiteten Sachverhalte eine denkmalkund- als Denk- und Diskussionsanreiz.17 So auch geschehen liche Betrachtung des in Bad Münstereifel realisierten im Rahmen der letzten beiden Jahrestagungen der Projekts ‚Altstadt als Outlet‘ vorgenommen. Die Hypothese, auf der diese Arbeit aufbaut, ist Fachgruppe Städtebauliche Denkmalpflege: Kulissenzau- die, dass der historische Stadtkern Bad Münstereifels ber. Stadtquartiere zukunftsfähig gestalten (2013) und durch die Einrichtung des Outlets zunehmend auf König Kunde – Handel in der Stadt (2014).18 Als Mitglied seine Funktion als Handelskulisse und Investitions- der Arbeitsgemeinschaft Historische Stadt- und Ortskerne raum reduziert wird. Es handelt sich hierbei jedoch in Nordrhein-Westfalen wurde 2014 in Bad Münsterei- nicht um einen neuen Prozess, sondern um dessen fel selbst die Fachtagung Handel und die historische Intensivierung. Das Potential zur Vereinnahmung des Stadt veranstaltet, auf der der Bürgermeister und die ‚Stadtbilds‘ liegt, so die Annahme, in dessen homoge- Investoren das Konzept vorstellten. Um diese neueren nen Charakter, welcher seit der Mitte des 19. Jahrhun- Phänomene bewerten zu können, werden im Artikel derts bewusst als Produkt städtebaulicher, bürgerlicher, ebenfalls die Siedlungs- und Stadtentwicklung sowie gewerblicher und denkmalpflegerischer Bemühungen die historisch tradierte Stadtstruktur erläutert. gestaltet wurde. Dies entspricht einer generellen Ent- Kontextualisiert wird die Untersuchung des City wicklung, die durch Mediatisierung, Themenarchitek- Outlets Bad Münstereifel hinsichtlich des reziproken tur und Marketingstrategien seit den 1950er Jahren Verhältnisses der Generierung von Stadtbildern, des beschleunigt wird. Einzelhandels und der Denkmalpflege. Hier wird auch der Village-Style als Phänomen dargestellt. Während Das Outlet Center als Revitalisierungsstrategie? dieser in der Literatur noch nicht umfassend erläutert wurde, gibt es verschiedene wissenschaftliche Ausei- Das auf dem Gebiet des Outletwesens renommierte nandersetzungen mit dem Phänomen der Themen Beratungsunternehmen Ecostra definiert ein Outlet architektur und deren Einfluss auf Stadtbild und Stadt- Center als „eine Agglomeration von mehr als zwan- entwicklung.19 Der Zusammenhang von Stadtbild und zig Outletgeschäften innerhalb eines koordiniert Denkmalpflege in der (erhaltenden) Stadtentwicklung geplanten oder räumlich verflochtenen Komplexes von wurde insbesondere von Hans-Rudolf Meier behan- Gebäuden mit mehr als 5.000 m² Verkaufsfläche“.23 delt.20 Gerhard Vinken erweiterte den Diskurs über das Während ein übergeordnetes Center Management für bild- und assoziationsgeladene Phänomen ‚Altstadt‘ die Koordination, Organisation und das Marketing des um die reflexive Erkenntnis, dass diese ein Produkt Centers verantwortlich ist, mieten sich Herstellfirmen von gezielt eingesetzten Homogenisierungs- und Dif- von Markenwaren in die separaten Ladengeschäfte ein, ferenzierungsstrategien im Zuge von Stadtmodernisie- um dort Ware zweiter Wahl, Mangelware, Produkte ver- rungen und Identitätspolitik ist.21 Das Produkt Denkmal gangener Saisons, Überschussprodukte, Restposten, – hier im Sinne von ‚Ware‘ verwendet – wurde in seiner Auslaufmodelle, Muster- und Markttestkollektionen Bedeutung als weicher Standortfaktor in dem gleichna- sowie exklusiv für den Fabrikverkauf produzierte Güter migen Tagungsband des Bayerischen Landesamts für minderer Qualität unter Umgehung des Groß- und Denkmalpflege 1997 untersucht.22 Zwischenhandels verbilligt zu vertreiben.24 Zu den typi- 158
Selitz schen Standortvoraussetzungen für Outlet Center zäh- len die Lage an dezentralen Orten zwischen mehreren Verdichtungsräumen und – aufgrund der Orientierung an den ‚Autokunden‘ – eine Anbindung an überregio- nale Autobahnen. Typisch ist die Standortwahl auf der ‚grünen Wiese‘ oder in Stadtrandlage. Outlet Center stellen eine Weiterentwicklung der direkt an den herstellenden Betrieben gelegenen, klas- sischen Fabrikverkäufe dar. In diesen werden selbst- produzierte Waren minderer Qualität in spärlich ein- gerichteten Fabrikräumen mit geringen Service- und Betriebskosten angeboten. Während der Fabrikverkauf eine etablierte Vertriebsform ist, entstand erst 1979 mit der Belz-Outlet-Mall in Lakeland, Tennessee, der erste ausschließlich zur Nutzung als Outlet erbaute Kom- plex.25 Eingang in den europäischen Markt fand die neuartige Vertriebsform 1984 in Roubaix (Frankreich). Ab 1988 erschlossen Investitionen amerikanischer Betreiberfirmen den britischen Absatzmarkt.26 Das 4 Outlet Center in Deutschland. Schwarz: City Outlet Bad Münster erste in Deutschland baurechtlich genehmigte Designer eifel | Grau: Outlet im Village-Style (vgl. S. 185f.)| Weiß: weitere Outlet Center in Zweibrücken eröffnete 2001.27 Anfang Outlets, Stand November 2017. 2018 werden vierzehn Outlet Center in Deutschland betrieben (Abb. 4). Drei befinden sich darüber hinaus im Bau, sieben weitere befinden sich in einer fortge- Shopping, einem 2011 gegründeten Beratungs- und schrittenen Planungsphase.28 Die bestehenden und Center-Management-Unternehmens für Handelsim- geplanten Center werden von den wenigen Markt- mobilien und Outletkonzepte.34 führern verwaltet.29 Das Potential bis zur Marktsätti- Mehrere Jahre vor Eröffnung des Outlets im Jahre gung wurde Ende der 90er Jahre auf 5–25 Standorte 2014 begannen die Investoren verschiedene Immobi- geschätzt.30 Zwar werden heute die Werte etwas nach lien in Bad Münstereifel zu erwerben. Hierbei wurden oben korrigiert, nichtsdestotrotz gibt es immer noch die Pläne während der ersten Ankaufsphase – bis zum eine erhebliche Diskrepanz zwischen Kommunen, die Erwerb einer Geschäftsfläche von 10.000 m² – nicht eine (Factory) Outlet Center-Ansiedlung planen oder öffentlich gemacht, um Preisspekulationen zu umge- in Betracht ziehen und dem zur Verfügung stehenden hen.35 Diese Fläche entsprach etwa zwei Dritteln der Markt. gesamten bestehenden Einzelhandelsfläche in Bad Bad Münstereifel ist das erste professionell organi- Münstereifel.36 Die Intention, ein City Outlet in die sierte und realisierte Outletkonzept, das sich bereits Stadt zu integrieren, wurde dem amtierenden Bürger- bestehender historischer Gebäude in der Innenstadt meister im September 2011 offen gelegt.37 Während bedient. Da der baulichen Anlage des Outlets keine das Vorhaben breiten politischen Rückhalt von der einheitliche Planung zugrunde liegt und noch weitere Stadt erfuhr, bildete sich in Bad Münstereifel unter Nutzungsformen durch die öffentlichen Funktionen dem Motto ‚Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt‘ auch der Stadt bestehen, die übrigen Kriterien eines Outlets eine bürgerliche Gegeninitiative – die IG Stadtentwick- jedoch erfüllt werden, definiert Ecostra Bad Münsterei- lung, deren Bürgerbegehren jedoch scheiterte.38 Bauar- fel als „Organized Outlet Agglomeration“.31 Die Idee, ein beiten begannen im Sommer 2012.39 Die eigentlich für Outlet in Bad Münstereifel zu integrieren, wurde nach den Sommer 2013 geplante Eröffnung wurde schließ- Aussage der Investoren als Revitalisierungsstrategie für lich auf den 14. August 2014 verschoben. die Altstadt entwickelt. Die drei Unternehmer, Georg Planungsrechtlich sind Outlet Center oder Factory Cruse, Marc Bruchseifer und Rainer Harzheim, sind Outlet Center nach § 11 Abs. 3 der Baunutzungsord- selbst in Bad Münstereifel ‚ortsansässig‘.32 nung in Einklang mit den Zielen und Grundsätzen Nach eigener Darstellung haben die Investoren der Landesentwicklungsplanung nur in Kerngebieten „langjährige Erfahrung im Innovations-Investment oder in im Bebauungsplan ausgewiesenen Sonderge- und bei der Sanierung von historischen Immobilien“.33 bieten zulässig.40 Aufgrund der Raumordnungspolitik Die Realisierung des Outlets und dessen Verwaltung von Bund und Ländern ist die Ansiedlung von Outlet geschah in Zusammenarbeit mit ROS Retail Outlet Centern streng reguliert. Zum Schutz der Hierarchie 159
Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet der zentralen Orte, die von besonderen Bedeutung Freizeit, Tourismus, Naherholung, bereits existierende für die Versorgung des Umlandes sind, sollen große Gastronomie und Einkauf vereinen, eine naheliegende Einzelhandelskomplexe, die ein zentrenrelevantes Verwertungsstrategie. Das City Outlet selbst wirbt mit Kernsortiment – wie es auch im Outlet vertrieben wird dem „romantischen Flair einer mittelalterliche Stadt“ – anbieten, nur in raumplanerisch und städtebaulich und der Präsentation in „überwiegend denkmalge- integrierten und verträglichen Standorten innerhalb schützten Häusern, die liebevoll im Zusammenarbeit von Großstädten bzw. Oberzentren entstehen.41 Auf mit dem Amt für Denkmalpflege restauriert worden“ diese Weise sollen die Innenstädte gemeinsam mit seien.46 Stadtverwaltung und Presse betitelten das Kon- dem Frequenzbringer Einzelhandel als zentrale, mul- zept als „Heilsbringer“47, „letzte Chance“48 und „Jahr- tifunktionale und nachhaltige Versorgungsbereiche hundertchance“49. In der finanziell geschwächten Stadt erhalten werden. Leerstände sowie wirtschaftliche waren noch im Jahre 2000 die Einzelhandelsflächen Abwandlungs- und Abwertungsprozesse, die die meist voll besetzt.50 Danach traten an städtebaulich bedeu- zuvor durch Städtebauförderungsmittel sanierten tenden Stellen Leerstände auf. Mit der Einrichtung des Stadtgebiete beeinträchtigen, sollen verhindert werden. Outlets wurden die Leerstände beseitigt; es entstand Dies entspricht auch der Selbstpositionierung der ein Konglomerat, das im Jahr 2015 32 Ladeneinhei- Denkmalpflege zum Thema des großflächigen Einzel- ten auf 12.000 m² und zusätzlich 4.000 m² an bereits handels, die im Göttinger Appell 2007 von der Vereini- existierender, mitverwalteter Gastronomie umfasste. gung der Landesdenkmalpfleger, den Kommunalen Seitdem vergrößert sich das Outlet. Ladeneinheiten Denkmalpflegern im Deutschen Städtetag und der werden weiterhin durch die Center-Betreiber erworben Stadt Göttingen festgehalten wurde.42 Zusammenge- und angemietet. Zusätzliche Erweiterungen sind in der fasst wurde hier gefordert, dass für die Verwirklichung Planung. von großflächigen Einzelhandelskonzepten innerhalb von Innenstädten jeweils angepasste Lösungen gefun- Bad Münstereifels Stadtentwicklung und den werden sollten. Diese benötigten die frühzeitige Stadtstruktur Beteiligung aller Akteure – insbesondere auch einer personell und finanziell handlungsfähigen kommu- Bad Münstereifel liegt im Süden Nordrhein-Westfa- nalen und staatlichen Denkmalpflege. Auf Grundlage lens, etwa 30 km südwestlich von Bonn und 12 km eines konsensfähigen, planerischen Instrumentariums südlich von der Kreisstadt Euskirchen. Die Großstädte sollte das gleichberechtigte Nebeneinander der vielfäl- Aachen und Köln befinden sich in einem Radius von tigen innerstädtischen Funktionen gesichert werden. etwa 50 km. Der Altstadtkern liegt eingebettet in der Da es in NRW ein langwieriger und schwieriger Pro- Berg- und Waldlandschaft des Münstereifeler Walds im zess ist, eine Genehmigung für großflächige Einzel- Kerbsohltal der die Stadt mäandernd durchfließenden handelskomplexe außerhalb von Kernstädten zu erlan- Erft. Er ist umschlossen von einer durchgängigen, gen, kommt es vermehrt zu einer Ansiedlung dieser in überkommenen Befestigungsanlage und ist geprägt innerstädtischen Randlagen. Genehmigungsrechtlich von einer im Mittelalter angelegten Straßen- und Par- war die Ansiedlung des City Outlets in dem grundsätz- zellenstruktur. Der Stadtkern ist als Denkmalbereich lich für großflächigen Einzelhandel zulässigen ‚Allge- geschützt. Die Dichte der als Einzeldenkmal gelisteten meinen Siedlungsbereich‘43 unproblematisch. Eine ver- Gebäude innerhalb des Altstadtkerns ist sehr hoch gleichbare Planung außerhalb des Kerngebietes hätte (vgl. Abb. 5). Innerhalb des fast 16 Hektar großen ein über mehrere Jahre dauerndes Genehmigungsver- Stadtkerns leben ca. 1.000 Menschen– ein Viertel des fahren in Abstimmung mit den Nachbarkommunen ganzen Hauptortes Bad Münstereifel.51 Die Stadt wird und der Regionalplanungsbehörde in Abgleich mit den von der Bertelsmann Stiftung dem Demographietyp 5 Zielen der Landesplanung erforderlich gemacht. Durch zugeordnet.52 Dieser umfasst kleinere Städte in struk- die Ansiedlung im Allgemeinen Siedlungsbereich der turschwachen, vorwiegend ländlich geprägten Räumen historischen Kernstadt konnte auf die erkannten Poten- Westdeutschlands, die entfernt von großen Zentren tiale der Outletentwicklung verhältnismäßig schnell liegen und zunehmende Einwohnerverluste verzeich- reagiert werden.44 nen.53 Obwohl diese Städte eine geringe Bedeutung als Die Altstadt samt ihrer historischen Sehenswürdig- Arbeitsort haben, sind eine solide Einkommenssitua- keiten ist für die Kategorie des Smart Shoppers, dem tion und ein geringer Anteil von Einkommensarmut typischen Outletkunden, der Qualität zu niedrigem typisch.54 Preis sucht, von Interesse.45 In Verbindung mit der schwierigen Genehmigungslage ist die Nutzung von Trotz der schwierigen naturräumlichen Vorgaben historischen Stadtkernen für Outletkonzepte, welche innerhalb der Kerbsohle und nicht für Agrarwirtschaft 160
Selitz 5 Denkmalkartierung Bad Münstereifel, 2015. Rot: Denkmal | Rosa: Denkmalbereich 1982 | Hellrosé: Erweiterungsgebiet des Denkmalbereichs 2004 1 Stiftskirche St. Chrysanthus und Daria 5 Johannistor 2 Burgruine 6 Orchheimer Tor 3 Rathaus 7 Heisterbacher Tor 4 Werther Tor 8 ,Haus des Gastes‘, Anbau der 70er Jahre mit Kur- garten nördlich des historischen Kurhauses Eigene Kartierung in der ALKIS Liegenschaftskarte (Land NRW (2015)) anhand der Denkmallisteneinträge der UDB Bad Münstereifel, Stand 2015. Verbindliche Angaben zum Denkmalstatus erfolgen über die Untere Denkmalschutzbehörde. 161
Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet geeigneten Bodenbedingungen55 verfügt Bad Münster wurde insbesondere in Köln, der Nordeifel und im eifel über eine bis ins 9. Jahrhundert nachvollziehbare mittleren Ahrgebiet vertrieben. Im Zuge des 16. und Siedlungsentwicklung. Siedlungskern ist das nach 17. Jahrhunderts entwickelte sich Bad Münstereifel spätmittelalterlichen Überlieferungen um 830 von Abt durch die Ansiedlung einer Vielzahl von Klöstern zu Markward als Filialkloster der Abtei Prüm gegründete einem Zentrum der Gegenreformation in der Nord ‚novum monstarium‘. 56 Überregionale Bedeutung eifel.67 Es entstanden die Klosterkomplexe der Schwes- als Wallfahrtsort erlangte das ‚neue Münster‘ wenige tern von St. Salvator (1594), der Kapuziner (1618), der Jahre danach durch die Überführung der Reliquien der Jesuiten (1652) und der Karmelitessen (1669).68 Die römischen Märtyrer Chrysanthus und Daria im Jahre wirtschaftliche Bedeutung der Stadt verringerte sich 844.57 Zudem diente das Kloster als Umschlag- und jedoch in den Wirrungen des Dreißigjährigen Krie- Sammelstelle der Abtei Prüm für Fronlieferungen aus ges und den kriegsbedingten Zerstörungen Ende des dem Eifel-Ahr-Gebiet und bildete sich auf diese Weise 17. Jahrhunderts unter Ludwig XIV. Die Burg wurde im als Wirtschaftszentrum aus.58 Bereits 898 verlieh der Zuge des Pfälzischen Erbfolgekrieges 1689 in Ruinen lothringische König Zwentibold dem Kloster Münz-, hinterlassen; ein Teil der Stadtmauer und der Stadttore Markt- und Zollrecht. Die sich an den Klosterbezirk wurden ebenfalls von den abziehenden Franzosen anschließende Siedlung entwickelte sich zwischen zerstört.69 Die destruktiven Tendenzen dieser Zeit und 950 und 1076.59 Die Prümer Vögte der Nordost-Eifel, der Niedergang des ansässigen Gewerbes führten dazu, die Grafen von Are-Hochstaden, begannen sich im dass die Bürger die Stadt verließen und breite Areale 12. Jahrhundert mit Unterstützung der ansässigen der Kernstadt durch die geistlichen Institutionen auf- Kaufmannschaft von der Grundherrschaft der Abtei zu gekauft und zur Vergrößerung der eigenen Komplexe emanzipieren.60 Im Laufe des 12. Jahrhunderts vollzog abgebrochen wurden.70 sich ebenfalls die Umwandlung des Klosters in einen Die Säkularisation der linksrheinischen Gebiete – Kanonikerstift.61 Erbschaftspolitik führte dazu, dass die seit 1794 von den Franzosen besetzt und annektiert Lehenhoheit der Abtei Prüm erlosch und das Gebiet – im Jahre 1802 hinterließ somit große Baulücken in gegen die Ansprüche Kurkölns zunächst an die Herren Stadtbild und -grundriss. Die Kirche St. Johannis, das von Jülich-Bergheim und ab 1335 an die Hauptlinie der Kapuzinerkloster und das kleine Salvatorenkloster wur- bedeutenden Grafschaft Jülich fiel.62 den abgerissen. Das Jesuitenkolleg hatte mit der Auflö- Auch städtebaulich versuchten die Grafen von sung des Ordens bereits 1773 seine Funktion auf den Jülich-Bergheim seit der Mitte des 13. Jahrhunderts reinen Schulbetrieb reduziert und blieb samt Kirch- ihren Besitzanspruch zu festigen und gegen Kurköln und Kollegsgebäude erhalten. Das neben dem Rathaus zu sichern. Die Errichtung einer Burg in direkter Nähe gelegene Karmelitessenkloster wurde zu Staatseigen- zur Stadt und die Anlage der Stadtmauer mit vier tum und diente seit 1828 als Mädchenschule, 1879 als Stadttoren und achtzehn Wehrtürmen verstärkten den Lehrerinnenbildungsanstalt.71 Der Status als überregio- vollstädtischen Charakter der Siedlung, sodass für 1299 nal bekannter Bildungsstandort half Münstereifel, auch erstmals die Bezeichnung Münstereifels als ‚oppidum‘ in Zeiten wirtschaftlicher Regression, einen gewissen belegt ist.63 Die Burganlage mit gräflichem Amtssitz, Grad an Bedeutung zu erhalten. Das 19. Jahrhundert die 1317 zuerst nachweisbar ist, übernahm die Schutz- stellte eine Periode der wirtschaftlichen Stagnation dar. funktionen einer älteren Burganlage ‚im Quecken‘, die In der katholisch geprägten Stadt wurde der Zuzug vermutlich mit der Gründung des Münsters erbaut von Reformierten und Protestanten, die die starren wurde.64 Zunftstrukturen durchbrechen und die Wirtschaft Aufgrund der naturräumlichen Einschränkun- beleben hätten können, abgelehnt. Bedingt durch das gen im Bereich der Landwirtschaft, entwickelte sich „Festhalten an der Tradition und der althergebrachten Gewerbetätigkeit in der Stadt aufbauend auf dem Arbeitsweise“72 waren Versuche, die niedergegangene Holzreichtum der Umgebung und den Wasserläufen Tuchindustrie wiederzubeleben, vergebens.73 Das Wirt- als Energiequelle. Mit dem Zusammenschluss der ein- schaftsleben wurde maßgeblich von den ansässigen zelnen Handwerker in Bruderschaften und Zünfte im Gerbereien, Tischlereien und Brauereien bestimmt.74 14. und 15. Jahrhundert etablierten sich die Leder- und Erst Ende des 19. Jahrhunderts fand Münstereifel Tuchgewerbe, welche im 15. und 16. Jahrhundert ihren eine neue wirtschaftliche Ausrichtung. Die Fertigstel- wirtschaftlichen Höhepunkt fanden und das städtische lung der Provinzialstraße zwischen Köln und Trier Gewerbe bis ins 19. Jahrhundert hinein prägen und im Jahre 1841 und der 1890 erfolgte Anschluss an das tragen sollten.65 Bereits 1339 erlangten die Weber das Bahnnetz als Endstation der Stichlinie von Euskirchen Recht, ihre Ware mit einem eigenen Zeichen zu ver- ermöglichten es der Stadt, sich als Fremdenverkehrsort sehen.66 Das Qualitätsprodukt ‚Münstereifeler Tuch‘ für Sommerfrischler zu etablieren.75 Die wirtschaft- 162
Selitz liche Stagnation der vorangegangenen Jahrhunderte den sich das Werther Viertel, die ehemalige Immunität und die Blüte des Ortes im 14./15. Jahrhundert tradier- der Stiftskirche und das Heisterbacher Viertel; süd- ten ein romantisiertes Stadtbild, welches bereits Ende lich der Erft das Johannisviertel und das Orchheimer des 19. Jahrhunderts als Gegenpol zur Hektik des Städ- Viertel. Die Stadtviertelbezeichnungen sind auch in tischen empfunden wurde. Gezielte Maßnahmen am den Straßen- und Stadttornamen präsent.86 Die vier Stadtbild durch den Verschönerungsverein, den Verein Rechtecktürme der Stadttore, angelegt in der ersten Alter Münstereifeler, den Verkehrsverein und den Ver- Hälfte des 14. Jahrhunderts, bilden die markantesten ein für Denkmalpflege unterstützten diese Tendenz.76 und repräsentativsten Ausformungen der Wehranlage: Vorangetrieben wurden sie auch durch die Ernennung Werther Tor (Norden), Johannistor (Westen), Orchhei- Münstereifels als zentralen Kneipp-Kurort West- mer Tor (Süden) und Heisterbacher Tor (Südwesten) deutschlands 1926.77 Bis 1939 verfügte die Stadt über (vgl. Abb. 5).87 Der ehemalige Wallgraben zeichnet sich 13 Kurheime, Pensionen und Hotels.78 Auch nach dem heute durch eine durchgängige, die Mauer umschlie- Zweiten Weltkrieg stellte sich der Kurbetrieb schnell ßende Grünanlage aus. Auch innerhalb der Einfrie- wieder ein. 1956 wurde Münstereifel durch den Deut- dung ziehen sich insbesondere im Westen der Stadt schen Badeärzteverband anerkannt; 1967 erhielt Müns- Grünflächen und Gartenanlagen an den Hanglagen tereifel amtlich den Städtebeinamen ‚Bad‘ als Prädikat; hinter den zentralen Straßenzügen entlang. 1974 wurde Bad Münstereifel zum ‚staatlich anerkann- Der planmäßige Ausbau des Straßennetzes Müns- ten Kneipp-Heilbad‘.79 Während der Kurbetrieb in den tereifels innerhalb der Stadtmauern begann 1265 mit 80er Jahren mit etwa 300.000 Übernachtungen im Jahr dem Bau von Burg und Stadtbefestigung88 und endete seinen Höhepunkt fand80, übte die restriktive Gesund- im 15. Jahrhundert. 89 Die heutige Straßenführung heitspolitik in der darauffolgenden Zeit einen nega- entspricht grundsätzlich den im Mittelalter angelegten tiven Einfluss auf die Kurstadt aus.81 Wirtschaftliche Verläufen.90 Die dominantesten Straßenzüge finden Standbeine des Kurortes waren lange Zeit die Touris- ihren Ausgang in der in West-Ost-Richtung verlau- mus- und Dienstleistungsbranche gewesen. Durch den fenden, zentralen Marktstraße, die sich südlich der stetigen Wegfall der vormals einträglichen Einnahmen, Stiftskirche bis hin zur Erft ausbildete. Während das kam es auch zu schweren finanziellen Einbrüchen.82 westliche Ende der Straße rechtwinklig in die Heister- Mit der Integration des Outletbetriebs in den Stadtkern bacher Straße führt, mündet das östliche Ende auf dem erhielt dieser eine neue wirtschaftliche Ausrichtung. Markt91 und verläuft von da aus in nördlicher Richtung entlang der Erft in die Wertherstraße, östlich über die Die historische, wirtschaftliche Stagnation Bad Müns- Erft in die Johannisstraße und südlich über die Erft tereifels, die beengte Lage in der Kerbsohle der Erft hinweg in die Orchheimer Straße. So werden von der sowie die geringen baulichen Schäden im Zwei- ursprünglichen Marktsiedlung aus alle Stadttore ver- ten Weltkrieg begünstigten die nachvollziehbare bunden. Hierbei bildet die Nord-Süd-Achse aus Orch- Tradierung der Stadtstruktur. 83 Die bedeutendsten, heimer und Wertherstraße als direkte Verbindung der noch heute im Stadtraum nachvollziehbaren Entwick- Stadttore entlang des Flusses eine Dominante. lungsphasen werden durch den romanischen Sied- Das Bild des Kerngebiets wird bestimmt von einer lungskern, die mittelalterliche Stadtkonfiguration mit Durchmischung von Großbauten öffentlicher Funk- Burg, die Klosteranlagen des 17. und 18. Jahrhunderts, tion und kleinteiligeren Strukturen des Wohnens und die stadtbildprägenden Bürgerhäuser des vorwiegend Einzelhandels. Hierbei finden die ältesten Repräsenta- 17. bis 19. Jahrhunderts sowie die Kuranlagen des tionsbauten von Geistlichkeit, Herrschaft und Bürger- 20. Jahrhunderts verkörpert. tum Ausdruck in dem Siedlungskern des ehemaligen Augenscheinlichstes Merkmal der mittelalterli- Münsters, der ruinösen, nordöstlich über der Stadt chen Prägung Bad Münstereifels ist die überkom- gelegenen Burganlage und dem im Kern spätmittel mene Stadtmauer, die den Stadtkern fast vollständig alterlichen Rat- und Gewandhaus (vgl. Abb. 5).92 Dieses umschließt. Diese wurde in drei Phasen vom Ende des wurde in der Mitte des 15. Jahrhunderts als Ausdruck 13. Jahrhunderts bis ins 15. Jahrhundert erbaut.84 Bei eines bürgerlichen Selbstverständnissen bewusst dem langgestreckten Fünfeck von 570 m Nord-Süd- gegenüber der romanischen Stiftskirche positioniert. und 370 m Ost-West-Ausdehnung handelt es sich um Innerhalb der Stadtmauer deuten die Immunitäts- den besterhaltenen und – aufgrund vieler Reparatur- bezirke mit ihren tradierten Großstrukturen und die in phasen – geschlossensten Mauerring des Rheinlan- der Säkularisation durch Abbruch entstandenen Frei- des.85 Die Kernstadt wird von der Erft, die südöstlich flächen auf die Bedeutung der Stadt als Zentrum der in die Stadt einfließt und nordöstlich aus der Stadt Gegenreformation hin. Die Stiftskirche samt der ehe- abfließt, in zwei Gebiete geteilt. Nördlich der Erft befin- maligen Kanonikerhäuser verfügen über eine heute als 163
Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet Parkplatz genutzte zentrale Anlage; Jesuitenkirche und befand sich die alte Mälzerei der Brauerei Hendrichs. -kolleg sowie das Karmelitessenkloster werden beide Vor dem Orchheimer Tor, direkt an die Stadtmauer auch heute noch als Schule genutzt; Kapuzinerkloster anschließend, erstreckt sich das Bruchsteingebäude und Johanniskirche sind abgegangen. der ehemaligen Gerberei Roth. Das Backsteingebäude Bruchsteinmauern zeichnen auch im heutigen des Schlachthofs, 1887 vor der Stadtmauer im Nord- Stadtbild die ehemaligen Immunitätsbezirke nach. Als westen oberhalb der Langenhecke erbaut und das im Stadtraum erfahrbare, historisch überkommene gegenüber liegende Elektrizitätswerk aus dem Jahr Grenzen sind sie unter Schutz gestellt. Bruchstein als 1898 wurden Anfang der 1960er Jahre abgebrochen.96 Baumaterial verbindet die Stadtmauern, die Mauern Die wenigen noch erhaltenen Produktionsstätten der Immunitätsbezirke, der Ufermauern der Erft sowie innerhalb der Mauer sind unter Schutz gestellt. die ältesten erhaltenen Gebäude – die romanische Neben dem Kurheim, das der Burgruine in expo- Stiftskirche und das romanische Haus (Langenhe- nierter Lage am westlichen Berghang gegenüberliegt, cke 6), die spätmittelalterlichen Gebäude93 und die zeugen drei Gebäude innerhalb des Mauerrings von Burg – in einem städtebaulich erfahrbaren Zusammen- der Etablierung Bad Münstereifels als Kurort: die hang, der die lokalen Bautraditionen und Werkstoffe backsteinernen Kurheime in der Wertherstraße 43/45 hervorhebt. (1927/28) und 57 (1880) sowie das 1927/28 erweiterte Die beiden spätgotischen Treppengiebelhäuser in und modernisierte, vormals städtische Krankenhaus der Marktstraße 5 und in der Wertherstraße 7 ste- von 1873.97 Diese Gebäude sowie der Teil des städti- chen besonders markant aus dem Stadtbild hervor. schen Kurhauses, der aus den späten 1920er Jahren Der Stufengiebel des ‚gotischen‘ Rathauses, Markt- stammt, wurden unter Schutz gestellt. Das in den 70er straße 11–13, ist jedoch ein Zusatz der späten 1920er Jahren als Erweiterung des Kurhauses erbaute ‚Haus Jahren.94 des Gastes‘, die Kneippanlagen in der Kurpromenade Bürgerliche Wohnbauten mit historischer Substanz und die Kurpromenade selbst sind nicht als Denkmal treten besonders konzentriert in dem kaufmännisch ausgewiesen (vgl. Abb. 5).98 geprägten Orchheimer Viertel, dem Johannisviertel Im Zweiten Weltkrieg kam es vor allem im Bereich und entlang der Heisterbacher Straße auf. Die Orch- der Marktstraße – die nördliche Häuserzeile wurde heimer Straße verfügt über eine hohe Dichte repräsen- zerstört – und der Wertherstraße zu baulichen Ver- tativer, giebelständiger Bebauung. Die Bebauung jen- lusten. Während einige Gebäude in den betroffenen seits der Hauptstraße wurde schlichter ausgeführt. Bei Straßenzügen von einer modernen, an die Umgebung ca. drei Viertel der gelisteten Denkmäler innerhalb des und die Parzellenstruktur angepassten Nachkriegs- Altstadtkerns handelt es sich um Wohnbebauung. Den architektur geprägt sind, kam es im großen Umfang größten Anteil davon stellen traufständige, verputzte zur Errichtung von historisierenden Fachwerkbauten Fachwerkbauten und Gebäude mit Sichtfachwerk dar. bzw. Fachwerkverblendungen. Ebenfalls ein Phäno- Das Bild der Bürgerhäuser Bad Münstereifels ist unab- men der Nachkriegszeit ist der radikale Ausbau der hängig vom Denkmalstatus heute maßgeblich von Erdgeschosse an der Hauptverkehrsachse, Orchheimer Putzfassaden und eng gestelltem Ständer-Riegel-Fach- Straße/Wertherstraße, mit modernen Ladenausbauten werk bestimmt. Die Dachlandschaft wird bestimmt von und Schaufenstern. anthrazitfarbenen Tonziegeln und Schieferflächen. Während sich die bürgerliche Bebauung im mittel alterlichen Stadtgrundriss auf kleinteiligen, langge- 2. Der Denkmalbereich Bad Münstereifels als streckten Parzellen befindet, schafft die Erft als stadt- Outlet-Agglomeration räumliche Zäsur etwas Freiraum. Als strukturprägende Merkmale sind sechs der neun Erftbrücken in der Die tradierte historische Struktur und Gestalt der Denkmalliste aufgeführt. Es handelt sich um bruch- Kernstadt ist einer der wichtigen Beweggründe für steinerne oder bruchsteinverblendete Bogenbrücken die Installation des City Outlet Bad Münstereifel. Es aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der erstreckt sich entlang der durch die Stadtmauern Nachkriegszeit. umschlossenen Hauptverkehrsachse von Orchheimer Nur wenige städtebauliche Ergänzungen der Indus- Straße und Wertherstraße, der Marktstraße und in trialisierung sind tradiert. Mitte des 19. Jahrhunderts einem Neubau vor dem Orchheimer Tor (vgl. Abb. 6). wurden die Gerberei Höver im nordwestlichen Zwickel Das Heisterbacher Viertel und der Bereich nordöstlich von Erft und Burgruine und die ehemalige Tuchfabrik der Stiftskirche werden nicht vom Outlet bespielt. Sie direkt an der Erft am Markt 10 in Backstein errichtet.95 sind vorwiegend bewohnt. Parkplatzanlagen befinden Gegenüber dem Jesuitenkolleg in der Fibergasse 2 sich vor dem Orchheimer und Werther Tor; letzteres 164
Selitz ist darüber hinaus direkter Stadtzugang für die per – in anderen Bundesländern auch als Ensemble, Denk- Zug Anreisenden. Innerhalb der Stadtmauer sind im malschutzgebiet, Denkmalzone oder Gesamtanlage Jahr 2015 22 zum Outlet gehörige Geschäfte und ein bezeichnet – die Ausweisung durch eine kommunale Info-Point angesiedelt; der Neubau vor dem Stadttor Satzung im Benehmen mit dem Denkmalpflegeamt und die beiden dort bereits vorhandenen, integrier- des zuständigen Landschaftsverbands.104 Die Satzung ten Gebäude ergänzen das Angebot um acht weitere führt dazu, dass Maßnahmen nach § 9 DSchG NRW Ladeneinheiten, drei zusätzliche Immobilien befanden im Denkmalbereich erlaubnispflichtig werden. Dies sich 2015 im Umbau. Elf der Ladeneinheiten lagen zu betrifft die Beseitigung, Veränderung, Verbringung diesem Zeitpunkt in als Einzeldenkmal geschützten und Nutzungsänderung eines Denkmals oder die Gebäuden.99 Entlang der vom Einzelhandel geprägten Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds der näheren Straßenzüge (Orchheimer, Markt- und Wertherstraße) Umgebung von Denkmälern. Durch die Satzung wer- wurden die Geschäfte nach Verfügbarkeit akquiriert. den „historische aussagekräftige Erscheinungsbilder Dies führte dazu, dass die Outletgeschäfte vereinzelt und Strukturen“ von Mehrheiten baulicher Anlagen im Stadtraum anzutreffen sind. Auf der etwa 580 Meter geschützt.105 Die Denkmalbereichssatzung Bad Müns- langen Strecke von Stadttor zu Stadttor liegen sie tereifels fordert, „die sich im Satzungsbereich befindli- eingebettet in den lokalen Einzelhandel, Wohn- und chen Denkmäler und denkmalwerten Gebäude in ihrer Geschäftshäusern sowie der Gastronomie. Gesamtheit und im Gesamterscheinungsbild zu erhal- Die anfängliche Sorge der für Bad Münstereifel ten, zu sichern, wieder herzustellen und nutzbar zu zuständigen Gebietsreferentin des LVR-Amtes für machen.“106 Zweck der Satzung ist der Erhalt des mit- Denkmalpflege war, dass die „kleinmaßstäbliche Stadt- telalterlichen Stadtgrundrisses und des historischen struktur mit den zu erwartenden Anforderungen an Ortsbildes durch „maßstäbliche und harmonische große und überschaubare Verkaufsflächen“100 nicht Neubauten“.107 Die Ortssilhouette, Dachlandschaft und vereinbar sei. Die Umbaumaßnahmen wurden von der charakteristische Blickbezug über Ort, Burg und dem Denkmalpflegeamt als beratende Instanz der Berghang sollen gesichert werden.108 Stadt, der Investoren und der Unteren Denkmalschutz- Die Begründung der Satzung aus dem Jahr 1982 behörde begleitet. Die Untere Denkmalschutzbehörde, erläutert, dass „der Stadtgrundriß und das Stadtbild für die im städtischen Bau- und Planungsamt ansässig die Geschichte der Stadt Bad Münstereifel bedeutend“ ist, musste die mit dem Outlet zusammenhängenden seien und dass stadt- und kulturgeschichtliche Gründe vielseitigen Aufgaben neben der regulären Tätigkeit für die Eintragung beständen.109 Eine kurz gehaltene bewältigen. fachliche Begründung in der Anlage zur Satzung weist auf die gut nachvollziehbare, organische Entwicklung Rechtliche Rahmenbedingungen der des Stadtbildes von der Installation des Klosters bis städtebaulichen Gestaltung zur Erbauung der Stadtmauer hin; darüber hinaus seien „Bauwerke aller bedeutenden Stilepochen“ im Dem Einfluss baulicher Maßnahmen auf das Stadtbild Stadtkern erhalten.110 Der Geltungsbereich der Satzung Bad Münstereifels, wie sie auch bei der Etablierung des wurde 1982 auf den Stadtkern innerhalb des Mauer- Outlets anstanden, wird durch verschiedene, rechtliche rings, den Mauerring selbst und den angrenzenden Mittel ein fester und für alle gleich geltender Rahmen Wallgraben festgelegt. Am 30. März 2004 wurde der gesetzt. Neben dem allgemeinen Verunstaltungsverbot Denkmalbereich Bad Münstereifels vergrößert und die der Landesbauordnung101 und dem Denkmalschutzge- Satzung erweitert. Seitdem schließt dieser ebenfalls setz werden bauliche Eingriffe mit Auswirkungen auf die westliche Grabenzone, auf der sich die Sebastian- das Stadtbild des Altstadtkerns durch drei kommunale Kneipp-Promenade befindet, als Teil des Verteidi- Rechtssatzungen gesteuert: die Denkmalbereichs gungswerks ein. Ebenso bedacht wurde die direkt an satzung, die Gestaltungssatzung und die Sanierungs- die Mauer östlich des Orchheimer Tors anschließende satzung.102 Bruchsteinhalle der Gerberei Roth mit ihrem stattli- chen Belüftungsturm als Bestandteil einer industri- Der Stadtkern Bad Münstereifels verfügt seit 1982 ellen Stadterweiterung sowie den Berghang des Rad- über eine Satzung über den Schutz und die Erhaltung bergs östlich der Stadt, dessen Silhouette besonders von Denkmälern und denkmalwerten Gebäuden für den von der Westmauer zu sehen ist. Die Erweiterung auf Stadtkern. Es handelt sich hierbei um die erste rechts- den östlichen Hang liegt in der Einbindung der Stadt kräftige Denkmalbereichssatzung des Rheinlands.103 in den Naturraum begründet, welche vornehmlich die Das Denkmalschutzgesetz NRWs erfordert zur rechts- strategische Ausnutzung der spezifischen Topographie kräftigen Unterschutzstellung eines Denkmalbereichs siedlungsgeschichtlich illustriert. Der westliche Hang 165
Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet konnte nicht eingeschlossen werden, da er durch die gebildet; es ist identisch mit dem 1982 festgelegten Siedlungserweiterung im Bereich des Kurhauses, Denkmalbereich. Das Gebiet 2 wird von den an der dem Kurviertel, seit den 1950er Jahren stark bebaut Grabenzone angrenzenden Baugebietsflächen gebildet. wurde.111 In der Gestaltungssatzung wird festgeschrieben, Der Denkmalbereich der Bad Münstereifeler Kern- dass bauliche Anlagen in Maßstab, Gestalt und stadt verfügt über einen sehr hohen Anteil an geschütz- Material an das Ortsbild und die nähere Umgebung ter Bausubstanz (vgl. Abb. 5).112 In dem zentralen Ort angepasst werden müssen. Neubauten und Verände- Bad Münstereifel sind 162 Einzeldenkmäler gelistet; rungen der äußeren Erscheinung bestehender Bauten 150 davon liegen im Altstadtkern.113 Das nordrhein- und Werbeanlagen „müssen in Form, Abmessung, westfälische Denkmalschutzgesetz, das dem deklara- Maßstab und Gestaltung auf die Baudenkmäler, die torischen Prinzip folgt, trat am 11. Mai 1980 in Kraft. Bauensemble und das Straßen- und Landschaftsbild Die Unterschutzstellung innerhalb des Stadtkerns fand in der Weise Rücksicht nehmen, daß deren Eigenart zwischen 1981 und 2003 statt; fast 80 % der Gebäude und Wirkung auf ihre Umgebung nicht beeinträchtigt sind unter anderem aus städtebaulichen Gründen wird.“118 Hierbei sei die Gliederung der Baukörper an gelistet. 114 Zwei Drittel der unter Schutz gestellten die bestehenden Kubaturen anzugleichen. Innerhalb Gebäude stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert der Fassaden, die im Gebiet 1 in Naturstein, Fachwerk und somit genau aus den Perioden des wirtschaftlichen oder in glatt verputzten Flächen auszuführen sind, Stillstands der Stadt.115 wird die Betonung der Vertikalen in der Gliederung Bei nicht denkmalwerten Gebäuden innerhalb des gefordert. Die Dachformen sind im Gebiet 1 auf Sattel-, Denkmalbereichs Bad Münstereifels beschränkte sich Walm- und Mansarddach, gedeckt mit Naturschiefer die Abstimmung mit dem Fachamt auf die Gestaltung oder schwarzen Tonziegeln, beschränkt. Gauben sind von deren Außenhaut.116 Hierbei führte der Status des als Einzelgaube mit einer Außenbreite von maximal Altstadtkerns als Denkmalbereich vornehmlich zu 1,20 m zulässig. Dachflächenfenster, Schleppgauben einem Bildschutz. Da die verschiedenen Einzelgebäude und Dacheinschnitte sind in der Dachlandschaft in Bad Münstereifel meist schon zuvor als Ladenge- nicht erlaubt. Fenster und Türen sind mit Ausnahme schäft genutzt wurden, kam es bei Einrichtung des der Schaufenster innerhalb des Denkmalbereichs Outlets nur vereinzelt zu baulichen Eingriffen, die sich hochrechteckig, ebenfalls mit einer maximalen Breite stark auf die Fassaden auswirkten. Die denkmalwerten von 1,20 m, auszuführen. Zwischen zwei Fenstern und -geschützten Gebäude, die in ihrer Funktion im muss ein 15 cm breiter Trennpfeiler stehen. Fenster Outlet unter den Einfluss des Projektträgers gestellt und Türen sind innerhalb des Denkmalbereichs nur wurden, unterliegen aufgrund des substanziellen aus deckend gestrichenem Holz zulässig, wenn die Schutzes der gelisteten Objekte restriktiveren Auflagen Naturbelassenheit des Holzes sich nicht historisch und eingehenderer Beratung als der Denkmalbereich begründen lässt.119 Pro ‚Stätte der Leistung‘, sprich pro als solcher. Geschäft, ist eine Werbeanlage auf der Außenwand bis zur Höhe der Fensterbrüstung des ersten Obergeschos- Die bauliche Gestaltung des City Outlets wird zudem ses gestattet. Die horizontalen Werbeanlagen dürfen durch die Gestaltungssatzung reguliert.117 Die Gestal- eine Bandhöhe von 30 cm und eine Länge von zwei tungssatzung ist ein aktives, kommunales Instrument Dritteln der Fassadenlänge nicht überschreiten. Wäh- des Städtebaus zum Erhalt und zur Entwicklung ein- rend schmiedeeiserne Ausleger grundsätzlich erlaubt heitlicher, aussagekräftiger Stadtbilder hinsichtlich sind, ist bewegliche Lichtwerbung unzulässig. Son- der Parzellenstruktur, der Raum- und Freiflächenaus- nenmarkisen müssen auf die Architekturgliederung bildung, der Baukörper, ihrer Anordnung, Gliederung Bezug nehmen und rechteckig ausgeführt werden. und Oberfläche sowie der Stadtmöblierung und Wer- Alle Hinweisschilder sind in einheitlicher, ortsüblicher beanlagen, innerhalb einer festgelegten räumlichen Form und Beschriftung auszuführen. Einheit. Sie orientiert sich an den im Stadtbild als Die Gestaltungssatzung wird in Volker Eidloths bedeutend und charakteristisch erkannten gestalteri- (et al) Handbuch Städtebauliche Denkmalpflege als schen Merkmalen. Der Geltungsbereich der seit dem mögliche Ergänzung des Denkmalschutzes in Form 19. März 1986 geltenden Bad Münstereifeler Satzung eines städtebaulich-planerischen Instruments zur über besondere Anforderungen an die Bau- und Werbeanla- Tradierung des „denkmalwerten Charakters[…] histori- gengestaltung zur Pflege und zum Schutz der Eigenart des scher Orte“120 beschrieben. Auch im Kommentar zum Ortsbildes erstreckt sich auf zwei Bereiche mit jeweils Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalens wird auf unterschiedlichen Anforderungen. Das Gebiet 1 wird die unterstützende Funktion der Gestaltungssatzungen durch die Kernstadt mit Mauerring und Grabenzone zum denkmalrechtlichen Flächenschutz hingewiesen. 166
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