Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet Bad Münstereifel: Reorganizing the Old Town for Outlet Retailing - FIS Universität Bamberg

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Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet Bad Münstereifel: Reorganizing the Old Town for Outlet Retailing - FIS Universität Bamberg
https://doi.org/10.20378/irb-46590
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Lisa Marie Selitz

Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet
Bad Münstereifel: Reorganizing the Old Town for Outlet Retailing

English Summary
European outlet centers or ‘outlet villages’ are designed to       does the preservation of historic urban fabric relate to muni-
permit an undisrupted shopping experience in fabricated            cipal processes of urban development and revitalization and
town settings. Situated in green-field sites with a direct free-   who is able to profit from it?
way connection these ‘villages’ invite the customers to spend         The article traces the structural, constructional, legal
money on discounted commodities. The parking lots of these         and conceptual development of the ‘City Outlet Bad Müns-
centers, the ‘city’ walls and gates, decorated shops, squares      tereifel’ with regard to its monument protection status by
and restaurant facilities are designed to resemble historical      describing and evaluating the early phase of its establish-
city centers rather than malls, while serving the same pur-        ment within the city as well as the impact it has on the
pose as the latter.                                                historic fabric. The article also puts the subject in a wider
   In 2014 the ‘City Outlet Bad Münstereifel’ opened.              context of city branding, commercialization and experience
Thus, for the first time, an outlet concept was realized           orientation within municipal promotion dependent on his-
that takes advantage of an already existing old town – the         torical values. Furthermore, it retraces Bad Münstereifel’s
historical city center of Bad Münstereifel, protected under        own tradition of intentional cityscaping to highlight its
preservation laws – instead of inventing its own urban shop-       historical and touristic aspects as a summer resort in the
ping environment. Necessary permits for large-scale retail         second half of the 19th century and a Kneipp spa that flou-
property out of town are hard to obtain due to the current         rished between the late 1920s and 1980s. Thus, the article
requirements of German regional planning. The already              presents aspects of continuity and an inherent logic within
existing economic potential within the retail structure and        Bad Münstereifel’s orientation in urban development that
ambience of historic cities is seldom exhausted or centrally       led to the establishment of the outlet.
managed. In Bad Münstereifel private investors with the               By relating these issues, the article aims at widening the
approval of local politicians installed a hybrid form of ‘orga-    agenda of historic preservationists as well as municipalities
nized outlet agglomeration’ that mixes the use of a shopping       in their stewardship of urban preservation and renewal in a
venture with the everyday business of the small town. How          context-sensitive approach.

1. „Unsere Stadt soll Outlet werden“1                              durch mögliche Veränderung vermeintlich gefährdet.
                                                                   Welche neuen Funktionen können alte Städte akkom-
Handelsangebote im Umland der Städte, auf der                      modieren? Wie kann auf dynamischen Wandel reagiert
‚grünen Wiese‘, in Shopping Malls und im Internet                  werden? Welche Rolle spielt hier die Denkmalpflege?
stehen in Konkurrenz zu dem tradierten Einkaufs-                      Die ‚europäische Altstadt‘ als vermeintlich vorin-
möglichkeiten in den Altstädten. Während diesen die                dustriell geprägtes Motiv erlebt eine Renaissance in
Handelsfunktion im Zentrum entzogen wird, stellt                   der Stadtentwicklung.3 So diene sie in Hinblick auf
sich vielerorts die Frage, wie die Standortpotentiale des          die gegenwärtigen Globalisierungs- und Filialisie-
‚Erfolgsmodells historische Stadt‘2 wieder hervorge-               rungstendenzen 4, welche die Städte immer stärker
hoben und gestaltet werden können. Die Bewahrung                   untereinander anglichen, als Trägerin von ‚regionaler
und Revitalisierung dieser historisch überkommenen                 Identität‘ und als multifunktionaler, erlebnisorien-
Orte und deren baukulturellen Eigenheiten ist Anlie-               tierter Standort. Sie vereine hierbei Funktionen des
gen der städtebaulichen Denkmalpflege. Gleichzeitig                Wohnens, Arbeitens, Handels sowie der Gastronomie,
ist die Revitalisierung und Entwicklung von histori-               Kultur, Freizeit und Touristik. Simultan haben sich in
schen Stadt- und Baustrukturen eine Aufgabe, die die               Europa Outlet Center etabliert, die in der architekto-
Bewahrung erhaltenswerter Bausubstanz in Altstädten                nischen Hülle verkaufsfördernder ‚Einkaufs-Villages‘

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1 Ansicht Bad Münstereifels aufgenommen vom östlichen Berghang mit Blick auf das Kurhaus auf dem westlichen Berghang, ca. 1930.

auftreten. Diese imitieren städtische Formen, um eine            der stabilsten Attraktionen der Stadt. Seit 2000 stag-
vertraute und zugleich zentral regulierbare Kulisse für          nierte der Einzelhandel; es kam zu Geschäftsaufgaben
das ‚Einkaufserlebnis‘ zu bieten. Die Etablierung und            und Ladenleerständen.7 In diesem Setting wurde dar-
der Erfolg dieser Art von Themenarchitektur5 wirken              auf folgend ein großflächiges Einzelhandelskonzept
sich auch auf Innenstädte aus, indem das Image der               verwirklicht, das sich in die bereits vorhandene und
Altstadt zunehmend kommodifiziert, also kommerzia-               zum Teil denkmalgeschützte Bebauung entlang der
lisiert und privatisiert, wird. Die „marktgerechte Schau-        Einkaufsstraßen und in die städtischen Strukturen
seite des Alten“6 erlangt Bedeutung in ihrer Funktion            integriert. Das ‚Village‘ musste für dieses Outlet nicht
als weicher Standortfaktor.                                      erst auf der grünen Wiese entstehen (Abb. 2 u. 3). Die
    In genau diesem Spannungsfeld ist auch die Eröff-            vom demographischen und strukturellen Wandel stark
nung des City Outlets Bad Münstereifel 2014 einzuord-            betroffene und finanziell geschwächte Stadt erfuhr so
nen. Erstmals wurde hier ein Outletkonzept im Bestand            eine investorenbestimmte Neuorientierung. Das als
eines historischen Stadtkerns realisiert. Besonders              „Revitalisierungsstrategie“ 8 präsentierte Projekt ist
interessant – vielleicht auch brisant – ist diese Entwick-       verbunden mit umfassenden Image- und Marketing-
lung, da gerade Outlets, wie z. B. die ‚Outlet-Villages‘ in      aufwendungen sowie einer engen Zusammenarbeit
Wertheim, Ingolstadt oder Neumünster, als Inbegriff              mit der Stadtverwaltung. Bis ins 19. Jahrhundert hinein
kommerzialisierter, postmoderner Stadtfiktionen à la             war Bad Münstereifel eine Tuchmacherstadt; nun wer-
Disney gesehen werden. In Dubai, unweit der künstli-             den wieder maßgeblich Textilien in dem Ort vertrieben.
chen Palmeninsel Jebel Ali, gehen die Betreiber einer               Für das neuartige Konzept der Verknüpfung von
luxuriösen Outlet Mall gleich so weit, das architekto-           Stadt und Einzelhandel erhielten Investoren und
nische Innendesign nach der toskanischen Kleinstadt              Betreiber 2015 öffentliche Anerkennung mit dem
San Gimignano zu modeln, deren mittelalterlicher                 zweiten Platz des Innovationspreises des German
Stadtkern seit 1990 UNESCO-Weltkulturerbe ist. Bad               Council of Shopping Centers in der Kategorie ‚Stadt
Münstereifel hingegen ist eine Klein- und Kurstadt               und Handel‘ und dem ‚Immobilien Manager Award‘
im ländlich geprägten Raum, deren mittelalterlicher,             in der Kategorie ‚Stadtentwicklung‘.9 Die erfolgreiche
ummauerter Stadtkern (lediglich) als Denkmalbereich              Umsetzung ihrer ‚Revitalisierungsstrategie‘ wurde
geschützt ist (Abb. 1). Mit dem Rückgang des einst               damit insbesondere aus unternehmerischer Perspek-
blühenden Kneipp-Kurwesens wurde das Café des                    tive ausgezeichnet. Die Frage bleibt, wie die Strategie
Schlagersängers Heino samt Haselnusstorte zu einer               aus denkmalpflegerischer Perspektive zu bewerten ist

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2 Eingangstor zum Designer Outlet Ochtrup und Blick auf die   3 Blick in die Orchheimer Straße in Bad Münstereifel, 2015.
  rückwärtigen Fassaden. Als Vorbild für das Tor diente das
  Lüdinghausener Tor in Dülmen, 2015.

– gerade, da das Vorbild City Outlet Bad Münstereifel als     Forschungsrahmen und Zielsetzung
Revitalisierungsstrategie für leerstehende, historische
Stadtkerne in Deutschland weite Wellen geschlagen             Martin Bredenbeck konstatierte 2014 in einer kurzen
hat. Betrachtet man die Liste der Orte, die bereits bis       Überschau zum Thema, dass „Bad Münstereifel […]
2015 bei der Stadtverwaltung Interesse an dem Kon-            sich derzeit als Outlet-Store im Gewand (s)einer his-
zept gezeigt haben, erkennt man, dass es sich meist um        torischen Altstadt neu“13 erfinde. Diese Formulierung
beschauliche, von historischer Bausubstanz geprägte           wirft insbesondere die Frage auf, ob es in der histori-
Kleinstädte handelte, die entweder als Ensemble oder          schen Altstadt eine prädisponierte Differenzierung von
als Kurort bereits eine wirtschaftliche Ausrichtung auf       innen und außen gibt, die es ermöglicht, die Funktion
Tourismus vorwiesen.10 Verschiedene Städte und Stadt-         innen zu verändern, während das Äußere erhalten
vertreter haben sich so über das Outletkonzept infor-         bleibt. Welche Bedeutung hat das historische Stadtbild
miert und Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben.11           als marktwirtschaftlicher Faktor und wie positioniert
Nur wenige Städte haben das Projekt über eine frühe           sich die Denkmalpflege gegenüber der von Bredenbeck
Planungsphase hinaus verfolgt. Das City Outlet Riet-          festgestellten ‚Neuerfindung‘ des Schutzgegenstands?
berg soll jedoch 2020 in der nordrhein-westfälischen             Die Zielsetzung dieses Beitrags ist es, zu untersu-
‚Stadt der schönen Giebel‘ eröffnet werden. Rietberg          chen, in welcher Weise sich die ‚Ummünzung‘ des
ist ebenfalls staatlich anerkannter Erholungsort. Mit         Denkmalbereichs als Outlet auf den Schutzgegenstand
seinem mittelalterlich geprägten Stadtgrundriss und           auswirkt und wie diese Prozesse zu verstehen und
einer Vielzahl von denkmal- und erhaltenswerten               zu bewerten sind. Hierbei sollen sowohl die Auswir-
Gebäuden aus der Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts ist        kungen auf das Stadtbild als auch auf die als Einzel-
er ebenfalls Denkmalbereich.12 Die Frage nach zentral         denkmal gelisteten, für das Outlet genutzten Gebäude
organisiertem Einzelhandel in Altstädten und Denk-            dargestellt, analysiert und kontextualisiert werden.
malbereichen sowie der Nutzung ihrer ‚Schauwerte‘,            Neben der Analyse bildprägender und substanzieller
wird auch in Zukunft vermehrt ein Beschäftigungsfeld          Eingriffe in die Schutzgegenstände werden auch der
der Denkmalpflege werden, das aktuell noch Positio-           Planungsverlauf des Vorhabens und frühe Resonanzen
nierung bedarf.                                               darauf vorgestellt. Auf diese Weise sollen die vielfäl-
                                                              tigen Interessen, die mit einem solchen Investitions-
                                                              projekt verbunden sind, nachgezeichnet und eine iso-
                                                              lierte Betrachtung vermieden werden. Die Integration

                                                                                                                            157
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des Outlets wird auch in Hinblick auf rechtliche und          Die Einordnung des Phänomens der Stadtbildge-
behördliche Voraussetzungen sowie Instrumentarien          staltung in Bad Münstereifel als zeittypisches Merkmal
untersucht.                                                behördlicher Rahmenbedingungen und bürgerlichen
   Die Auseinandersetzung mit dem Outlet beruht            Engagements, beginnend mit der Etablierung Bad
maßgeblich auf Ortsbesichtigungen, der Analyse der         Münstereifels als Kurort in der zweiten Hälfte des
Denkmallisteneinträge, Recherchen im Stadtarchiv           19. Jahrhunderts, wird ebenfalls in Hinblick auf die
Bad Münstereifels und im Bildarchiv des Amts für           Stadtentwicklung besprochen. Hier wird nachgezeich-
Denkmalpflege des Landschaftsverbands Rhein-               net in welchem Zusammenhang die Tradition der
land (LVR), Gesprächen mit Vertretern14 der Stadtver-      Stadtbildgestaltung zu den gegenwärtigen Entwicklun-
waltung sowie dem Austausch mit der zuständigen            gen steht.
Gebietsreferentin des LVR.15 Darüber hinaus wurde             Jedes der drei Hauptthemen – die Einrichtung des
die Berichterstattung über das Outlet verfolgt. Monika     Outlets im Denkmalbereich, die theoretische Einbin-
Herzog hat erste Erfahrungen mit dem Outlet 2014           dung zu Fragen des Verhältnisses von Stadtbild und
im Rahmen eines kurzen Aufsatzes im Jahrbuch der           Einzelhandel und die historische Tradition der Stadt-
rheinischen Denkmalpflege veröffentlicht. 16 Darüber       bildgestaltung in Bad Münstereifel – wird in einem
hinaus dient die Referenz auf das neuartige Konzept        Zwischenfazit pointiert. Abschließend wird auf Basis
‚City Outlet‘ auf dem Gebiet ‚Handel und Stadt‘ meist      der zuvor erarbeiteten Sachverhalte eine denkmalkund-
als Denk- und Diskussionsanreiz.17 So auch geschehen       liche Betrachtung des in Bad Münstereifel realisierten
im Rahmen der letzten beiden Jahrestagungen der            Projekts ‚Altstadt als Outlet‘ vorgenommen.
                                                              Die Hypothese, auf der diese Arbeit aufbaut, ist
Fachgruppe Städtebauliche Denkmalpflege: Kulissenzau-
                                                           die, dass der historische Stadtkern Bad Münstereifels
ber. Stadtquartiere zukunftsfähig gestalten (2013) und
                                                           durch die Einrichtung des Outlets zunehmend auf
König Kunde – Handel in der Stadt (2014).18 Als Mitglied
                                                           seine Funktion als Handelskulisse und Investitions-
der Arbeitsgemeinschaft Historische Stadt- und Ortskerne
                                                           raum reduziert wird. Es handelt sich hierbei jedoch
in Nordrhein-Westfalen wurde 2014 in Bad Münsterei-
                                                           nicht um einen neuen Prozess, sondern um dessen
fel selbst die Fachtagung Handel und die historische
                                                           Intensivierung. Das Potential zur Vereinnahmung des
Stadt veranstaltet, auf der der Bürgermeister und die
                                                           ‚Stadtbilds‘ liegt, so die Annahme, in dessen homoge-
Investoren das Konzept vorstellten. Um diese neueren
                                                           nen Charakter, welcher seit der Mitte des 19. Jahrhun-
Phänomene bewerten zu können, werden im Artikel
                                                           derts bewusst als Produkt städtebaulicher, bürgerlicher,
ebenfalls die Siedlungs- und Stadtentwicklung sowie
                                                           gewerblicher und denkmalpflegerischer Bemühungen
die historisch tradierte Stadtstruktur erläutert.
                                                           gestaltet wurde. Dies entspricht einer generellen Ent-
   Kontextualisiert wird die Untersuchung des City
                                                           wicklung, die durch Mediatisierung, Themenarchitek-
Outlets Bad Münstereifel hinsichtlich des reziproken
                                                           tur und Marketingstrategien seit den 1950er Jahren
Verhältnisses der Generierung von Stadtbildern, des        beschleunigt wird.
Einzelhandels und der Denkmalpflege. Hier wird auch
der Village-Style als Phänomen dargestellt. Während        Das Outlet Center als Revitalisierungsstrategie?
dieser in der Literatur noch nicht umfassend erläutert
wurde, gibt es verschiedene wissenschaftliche Ausei-       Das auf dem Gebiet des Outletwesens renommierte
nandersetzungen mit dem Phänomen der Themen­               Beratungsunternehmen Ecostra definiert ein Outlet
architektur und deren Einfluss auf Stadtbild und Stadt-    Center als „eine Agglomeration von mehr als zwan-
entwicklung.19 Der Zusammenhang von Stadtbild und          zig Outletgeschäften innerhalb eines koordiniert
Denkmalpflege in der (erhaltenden) Stadtentwicklung        geplanten oder räumlich verflochtenen Komplexes von
wurde insbesondere von Hans-Rudolf Meier behan-            Gebäuden mit mehr als 5.000 m² Verkaufsfläche“.23
delt.20 Gerhard Vinken erweiterte den Diskurs über das     Während ein übergeordnetes Center Management für
bild- und assoziationsgeladene Phänomen ‚Altstadt‘         die Koordination, Organisation und das Marketing des
um die reflexive Erkenntnis, dass diese ein Produkt        Centers verantwortlich ist, mieten sich Herstellfirmen
von gezielt eingesetzten Homogenisierungs- und Dif-        von Markenwaren in die separaten Ladengeschäfte ein,
ferenzierungsstrategien im Zuge von Stadtmodernisie-       um dort Ware zweiter Wahl, Mangelware, Produkte ver-
rungen und Identitätspolitik ist.21 Das Produkt Denkmal    gangener Saisons, Überschussprodukte, Restposten,
– hier im Sinne von ‚Ware‘ verwendet – wurde in seiner     Auslaufmodelle, Muster- und Markttestkollektionen
Bedeutung als weicher Standortfaktor in dem gleichna-      sowie exklusiv für den Fabrikverkauf produzierte Güter
migen Tagungsband des Bayerischen Landesamts für           minderer Qualität unter Umgehung des Groß- und
Denkmalpflege 1997 untersucht.22                           Zwischenhandels verbilligt zu vertreiben.24 Zu den typi-

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schen Standortvoraussetzungen für Outlet Center zäh-
len die Lage an dezentralen Orten zwischen mehreren
Verdichtungsräumen und – aufgrund der Orientierung
an den ‚Autokunden‘ – eine Anbindung an überregio-
nale Autobahnen. Typisch ist die Standortwahl auf der
‚grünen Wiese‘ oder in Stadtrandlage.
   Outlet Center stellen eine Weiterentwicklung der
direkt an den herstellenden Betrieben gelegenen, klas-
sischen Fabrikverkäufe dar. In diesen werden selbst-
produzierte Waren minderer Qualität in spärlich ein-
gerichteten Fabrikräumen mit geringen Service- und
Betriebskosten angeboten. Während der Fabrikverkauf
eine etablierte Vertriebsform ist, entstand erst 1979 mit
der Belz-Outlet-Mall in Lakeland, Tennessee, der erste
ausschließlich zur Nutzung als Outlet erbaute Kom-
plex.25 Eingang in den europäischen Markt fand die
neuartige Vertriebsform 1984 in Roubaix (Frankreich).
Ab 1988 erschlossen Investitionen amerikanischer
Betreiberfirmen den britischen Absatzmarkt.26 Das           4 Outlet Center in Deutschland. Schwarz: City Outlet Bad Münster­
erste in Deutschland baurechtlich genehmigte Designer         eifel | Grau: Outlet im Village-Style (vgl. S. 185f.)| Weiß: weitere
Outlet Center in Zweibrücken eröffnete 2001.27 Anfang         Outlets, Stand November 2017.
2018 werden vierzehn Outlet Center in Deutschland
betrieben (Abb. 4). Drei befinden sich darüber hinaus
im Bau, sieben weitere befinden sich in einer fortge-       Shopping, einem 2011 gegründeten Beratungs- und
schrittenen Planungsphase.28 Die bestehenden und            Center-Management-Unternehmens für Handelsim-
geplanten Center werden von den wenigen Markt-              mobilien und Outletkonzepte.34
führern verwaltet.29 Das Potential bis zur Marktsätti-         Mehrere Jahre vor Eröffnung des Outlets im Jahre
gung wurde Ende der 90er Jahre auf 5–25 Standorte           2014 begannen die Investoren verschiedene Immobi-
geschätzt.30 Zwar werden heute die Werte etwas nach         lien in Bad Münstereifel zu erwerben. Hierbei wurden
oben korrigiert, nichtsdestotrotz gibt es immer noch        die Pläne während der ersten Ankaufsphase – bis zum
eine erhebliche Diskrepanz zwischen Kommunen, die           Erwerb einer Geschäftsfläche von 10.000 m² – nicht
eine (Factory) Outlet Center-Ansiedlung planen oder         öffentlich gemacht, um Preisspekulationen zu umge-
in Betracht ziehen und dem zur Verfügung stehenden          hen.35 Diese Fläche entsprach etwa zwei Dritteln der
Markt.                                                      gesamten bestehenden Einzelhandelsfläche in Bad
   Bad Münstereifel ist das erste professionell organi-     Münstereifel.36 Die Intention, ein City Outlet in die
sierte und realisierte Outletkonzept, das sich bereits      Stadt zu integrieren, wurde dem amtierenden Bürger-
bestehender historischer Gebäude in der Innenstadt          meister im September 2011 offen gelegt.37 Während
bedient. Da der baulichen Anlage des Outlets keine          das Vorhaben breiten politischen Rückhalt von der
einheitliche Planung zugrunde liegt und noch weitere        Stadt erfuhr, bildete sich in Bad Münstereifel unter
Nutzungsformen durch die öffentlichen Funktionen            dem Motto ‚Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt‘ auch
der Stadt bestehen, die übrigen Kriterien eines Outlets     eine bürgerliche Gegeninitiative – die IG Stadtentwick-
jedoch erfüllt werden, definiert Ecostra Bad Münsterei-     lung, deren Bürgerbegehren jedoch scheiterte.38 Bauar-
fel als „Organized Outlet Agglomeration“.31 Die Idee, ein   beiten begannen im Sommer 2012.39 Die eigentlich für
Outlet in Bad Münstereifel zu integrieren, wurde nach       den Sommer 2013 geplante Eröffnung wurde schließ-
Aussage der Investoren als Revitalisierungsstrategie für    lich auf den 14. August 2014 verschoben.
die Altstadt entwickelt. Die drei Unternehmer, Georg           Planungsrechtlich sind Outlet Center oder Factory
Cruse, Marc Bruchseifer und Rainer Harzheim, sind           Outlet Center nach § 11 Abs. 3 der Baunutzungsord-
selbst in Bad Münstereifel ‚ortsansässig‘.32                nung in Einklang mit den Zielen und Grundsätzen
   Nach eigener Darstellung haben die Investoren            der Landesentwicklungsplanung nur in Kerngebieten
„langjährige Erfahrung im Innovations-Investment            oder in im Bebauungsplan ausgewiesenen Sonderge-
und bei der Sanierung von historischen Immobilien“.33       bieten zulässig.40 Aufgrund der Raumordnungspolitik
Die Realisierung des Outlets und dessen Verwaltung          von Bund und Ländern ist die Ansiedlung von Outlet
geschah in Zusammenarbeit mit ROS Retail Outlet             Centern streng reguliert. Zum Schutz der Hierarchie

                                                                                                                             159
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Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet

der zentralen Orte, die von besonderen Bedeutung          Freizeit, Tourismus, Naherholung, bereits existierende
für die Versorgung des Umlandes sind, sollen große        Gastronomie und Einkauf vereinen, eine naheliegende
Einzelhandelskomplexe, die ein zentrenrelevantes          Verwertungsstrategie. Das City Outlet selbst wirbt mit
Kernsortiment – wie es auch im Outlet vertrieben wird     dem „romantischen Flair einer mittelalterliche Stadt“
– anbieten, nur in raumplanerisch und städtebaulich       und der Präsentation in „überwiegend denkmalge-
integrierten und verträglichen Standorten innerhalb       schützten Häusern, die liebevoll im Zusammenarbeit
von Großstädten bzw. Oberzentren entstehen.41 Auf         mit dem Amt für Denkmalpflege restauriert worden“
diese Weise sollen die Innenstädte gemeinsam mit          seien.46 Stadtverwaltung und Presse betitelten das Kon-
dem Frequenzbringer Einzelhandel als zentrale, mul-       zept als „Heilsbringer“47, „letzte Chance“48 und „Jahr-
tifunktionale und nachhaltige Versorgungsbereiche         hundertchance“49. In der finanziell geschwächten Stadt
erhalten werden. Leerstände sowie wirtschaftliche         waren noch im Jahre 2000 die Einzelhandelsflächen
Abwandlungs- und Abwertungsprozesse, die die meist        voll besetzt.50 Danach traten an städtebaulich bedeu-
zuvor durch Städtebauförderungsmittel sanierten           tenden Stellen Leerstände auf. Mit der Einrichtung des
Stadtgebiete beeinträchtigen, sollen verhindert werden.   Outlets wurden die Leerstände beseitigt; es entstand
   Dies entspricht auch der Selbstpositionierung der      ein Konglomerat, das im Jahr 2015 32 Ladeneinhei-
Denkmalpflege zum Thema des großflächigen Einzel-         ten auf 12.000 m² und zusätzlich 4.000 m² an bereits
handels, die im Göttinger Appell 2007 von der Vereini-    existierender, mitverwalteter Gastronomie umfasste.
gung der Landesdenkmalpfleger, den Kommunalen             Seitdem vergrößert sich das Outlet. Ladeneinheiten
Denkmalpflegern im Deutschen Städtetag und der            werden weiterhin durch die Center-Betreiber erworben
Stadt Göttingen festgehalten wurde.42 Zusammenge-         und angemietet. Zusätzliche Erweiterungen sind in der
fasst wurde hier gefordert, dass für die Verwirklichung   Planung.
von großflächigen Einzelhandelskonzepten innerhalb
von Innenstädten jeweils angepasste Lösungen gefun-       Bad Münstereifels Stadtentwicklung und
den werden sollten. Diese benötigten die frühzeitige      Stadtstruktur
Beteiligung aller Akteure – insbesondere auch einer
personell und finanziell handlungsfähigen kommu-          Bad Münstereifel liegt im Süden Nordrhein-Westfa-
nalen und staatlichen Denkmalpflege. Auf Grundlage        lens, etwa 30 km südwestlich von Bonn und 12 km
eines konsensfähigen, planerischen Instrumentariums       südlich von der Kreisstadt Euskirchen. Die Großstädte
sollte das gleichberechtigte Nebeneinander der vielfäl-   Aachen und Köln befinden sich in einem Radius von
tigen innerstädtischen Funktionen gesichert werden.       etwa 50 km. Der Altstadtkern liegt eingebettet in der
   Da es in NRW ein langwieriger und schwieriger Pro-     Berg- und Waldlandschaft des Münstereifeler Walds im
zess ist, eine Genehmigung für großflächige Einzel-       Kerbsohltal der die Stadt mäandernd durchfließenden
handelskomplexe außerhalb von Kernstädten zu erlan-       Erft. Er ist umschlossen von einer durchgängigen,
gen, kommt es vermehrt zu einer Ansiedlung dieser in      überkommenen Befestigungsanlage und ist geprägt
innerstädtischen Randlagen. Genehmigungsrechtlich         von einer im Mittelalter angelegten Straßen- und Par-
war die Ansiedlung des City Outlets in dem grundsätz-     zellenstruktur. Der Stadtkern ist als Denkmalbereich
lich für großflächigen Einzelhandel zulässigen ‚Allge-    geschützt. Die Dichte der als Einzeldenkmal gelisteten
meinen Siedlungsbereich‘43 unproblematisch. Eine ver-     Gebäude innerhalb des Altstadtkerns ist sehr hoch
gleichbare Planung außerhalb des Kerngebietes hätte       (vgl. Abb. 5). Innerhalb des fast 16 Hektar großen
ein über mehrere Jahre dauerndes Genehmigungsver-         Stadtkerns leben ca. 1.000 Menschen– ein Viertel des
fahren in Abstimmung mit den Nachbarkommunen              ganzen Hauptortes Bad Münstereifel.51 Die Stadt wird
und der Regionalplanungsbehörde in Abgleich mit den       von der Bertelsmann Stiftung dem Demographietyp 5
Zielen der Landesplanung erforderlich gemacht. Durch      zugeordnet.52 Dieser umfasst kleinere Städte in struk-
die Ansiedlung im Allgemeinen Siedlungsbereich der        turschwachen, vorwiegend ländlich geprägten Räumen
historischen Kernstadt konnte auf die erkannten Poten-    Westdeutschlands, die entfernt von großen Zentren
tiale der Outletentwicklung verhältnismäßig schnell       liegen und zunehmende Einwohnerverluste verzeich-
reagiert werden.44                                        nen.53 Obwohl diese Städte eine geringe Bedeutung als
   Die Altstadt samt ihrer historischen Sehenswürdig-     Arbeitsort haben, sind eine solide Einkommenssitua-
keiten ist für die Kategorie des Smart Shoppers, dem      tion und ein geringer Anteil von Einkommensarmut
typischen Outletkunden, der Qualität zu niedrigem         typisch.54
Preis sucht, von Interesse.45 In Verbindung mit der
schwierigen Genehmigungslage ist die Nutzung von          Trotz der schwierigen naturräumlichen Vorgaben
historischen Stadtkernen für Outletkonzepte, welche       innerhalb der Kerbsohle und nicht für Agrarwirtschaft

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Selitz

5 Denkmalkartierung Bad Münstereifel, 2015.

  Rot: Denkmal | Rosa: Denkmalbereich 1982 | Hellrosé: Erweiterungsgebiet des Denkmalbereichs 2004

  1 Stiftskirche St. Chrysanthus und Daria 				 5 Johannistor
  2 Burgruine							6 Orchheimer Tor
  3 Rathaus							7 Heisterbacher Tor
  4 Werther Tor							                          8 ,Haus des Gastes‘, Anbau der 70er Jahre mit Kur-
  								                                        garten nördlich des historischen Kurhauses

  Eigene Kartierung in der ALKIS Liegenschaftskarte (Land NRW (2015)) anhand der Denkmallisteneinträge der UDB Bad Münstereifel,
  Stand 2015. Verbindliche Angaben zum Denkmalstatus erfolgen über die Untere Denkmalschutzbehörde.

                                                                                                                            161
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geeigneten Bodenbedingungen55 verfügt Bad Münster­          wurde insbesondere in Köln, der Nordeifel und im
eifel über eine bis ins 9. Jahrhundert nachvollziehbare     mittleren Ahrgebiet vertrieben. Im Zuge des 16. und
Siedlungsentwicklung. Siedlungskern ist das nach            17. Jahrhunderts entwickelte sich Bad Münstereifel
spätmittelalterlichen Überlieferungen um 830 von Abt        durch die Ansiedlung einer Vielzahl von Klöstern zu
Markward als Filialkloster der Abtei Prüm gegründete        einem Zentrum der Gegenreformation in der Nord­
‚novum monstarium‘. 56 Überregionale Bedeutung              eifel.67 Es entstanden die Klosterkomplexe der Schwes-
als Wallfahrtsort erlangte das ‚neue Münster‘ wenige        tern von St. Salvator (1594), der Kapuziner (1618), der
Jahre danach durch die Überführung der Reliquien der        Jesuiten (1652) und der Karmelitessen (1669).68 Die
römischen Märtyrer Chrysanthus und Daria im Jahre           wirtschaftliche Bedeutung der Stadt verringerte sich
844.57 Zudem diente das Kloster als Umschlag- und           jedoch in den Wirrungen des Dreißigjährigen Krie-
Sammelstelle der Abtei Prüm für Fronlieferungen aus         ges und den kriegsbedingten Zerstörungen Ende des
dem Eifel-Ahr-Gebiet und bildete sich auf diese Weise       17. Jahrhunderts unter Ludwig XIV. Die Burg wurde im
als Wirtschaftszentrum aus.58 Bereits 898 verlieh der       Zuge des Pfälzischen Erbfolgekrieges 1689 in Ruinen
lothringische König Zwentibold dem Kloster Münz-,           hinterlassen; ein Teil der Stadtmauer und der Stadttore
Markt- und Zollrecht. Die sich an den Klosterbezirk         wurden ebenfalls von den abziehenden Franzosen
anschließende Siedlung entwickelte sich zwischen            zerstört.69 Die destruktiven Tendenzen dieser Zeit und
950 und 1076.59 Die Prümer Vögte der Nordost-Eifel,         der Niedergang des ansässigen Gewerbes führten dazu,
die Grafen von Are-Hochstaden, begannen sich im             dass die Bürger die Stadt verließen und breite Areale
12. Jahrhundert mit Unterstützung der ansässigen            der Kernstadt durch die geistlichen Institutionen auf-
Kaufmannschaft von der Grundherrschaft der Abtei zu         gekauft und zur Vergrößerung der eigenen Komplexe
emanzipieren.60 Im Laufe des 12. Jahrhunderts vollzog       abgebrochen wurden.70
sich ebenfalls die Umwandlung des Klosters in einen            Die Säkularisation der linksrheinischen Gebiete –
Kanonikerstift.61 Erbschaftspolitik führte dazu, dass die   seit 1794 von den Franzosen besetzt und annektiert
Lehenhoheit der Abtei Prüm erlosch und das Gebiet           – im Jahre 1802 hinterließ somit große Baulücken in
gegen die Ansprüche Kurkölns zunächst an die Herren         Stadtbild und -grundriss. Die Kirche St. Johannis, das
von Jülich-Bergheim und ab 1335 an die Hauptlinie der       Kapuzinerkloster und das kleine Salvatorenkloster wur-
bedeutenden Grafschaft Jülich fiel.62                       den abgerissen. Das Jesuitenkolleg hatte mit der Auflö-
   Auch städtebaulich versuchten die Grafen von             sung des Ordens bereits 1773 seine Funktion auf den
Jülich-Bergheim seit der Mitte des 13. Jahrhunderts         reinen Schulbetrieb reduziert und blieb samt Kirch-
ihren Besitzanspruch zu festigen und gegen Kurköln          und Kollegsgebäude erhalten. Das neben dem Rathaus
zu sichern. Die Errichtung einer Burg in direkter Nähe      gelegene Karmelitessenkloster wurde zu Staatseigen-
zur Stadt und die Anlage der Stadtmauer mit vier            tum und diente seit 1828 als Mädchenschule, 1879 als
Stadttoren und achtzehn Wehrtürmen verstärkten den          Lehrerinnenbildungsanstalt.71 Der Status als überregio-
vollstädtischen Charakter der Siedlung, sodass für 1299     nal bekannter Bildungsstandort half Münstereifel, auch
erstmals die Bezeichnung Münstereifels als ‚oppidum‘        in Zeiten wirtschaftlicher Regression, einen gewissen
belegt ist.63 Die Burganlage mit gräflichem Amtssitz,       Grad an Bedeutung zu erhalten. Das 19. Jahrhundert
die 1317 zuerst nachweisbar ist, übernahm die Schutz-       stellte eine Periode der wirtschaftlichen Stagnation dar.
funktionen einer älteren Burganlage ‚im Quecken‘, die       In der katholisch geprägten Stadt wurde der Zuzug
vermutlich mit der Gründung des Münsters erbaut             von Reformierten und Protestanten, die die starren
wurde.64                                                    Zunftstrukturen durchbrechen und die Wirtschaft
   Aufgrund der naturräumlichen Einschränkun-               beleben hätten können, abgelehnt. Bedingt durch das
gen im Bereich der Landwirtschaft, entwickelte sich         „Festhalten an der Tradition und der althergebrachten
Gewerbetätigkeit in der Stadt aufbauend auf dem             Arbeitsweise“72 waren Versuche, die niedergegangene
Holzreichtum der Umgebung und den Wasserläufen              Tuchindustrie wiederzubeleben, vergebens.73 Das Wirt-
als Energiequelle. Mit dem Zusammenschluss der ein-         schaftsleben wurde maßgeblich von den ansässigen
zelnen Handwerker in Bruderschaften und Zünfte im           Gerbereien, Tischlereien und Brauereien bestimmt.74
14. und 15. Jahrhundert etablierten sich die Leder- und        Erst Ende des 19. Jahrhunderts fand Münstereifel
Tuchgewerbe, welche im 15. und 16. Jahrhundert ihren        eine neue wirtschaftliche Ausrichtung. Die Fertigstel-
wirtschaftlichen Höhepunkt fanden und das städtische        lung der Provinzialstraße zwischen Köln und Trier
Gewerbe bis ins 19. Jahrhundert hinein prägen und           im Jahre 1841 und der 1890 erfolgte Anschluss an das
tragen sollten.65 Bereits 1339 erlangten die Weber das      Bahnnetz als Endstation der Stichlinie von Euskirchen
Recht, ihre Ware mit einem eigenen Zeichen zu ver-          ermöglichten es der Stadt, sich als Fremdenverkehrsort
sehen.66 Das Qualitätsprodukt ‚Münstereifeler Tuch‘         für Sommerfrischler zu etablieren.75 Die wirtschaft-

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liche Stagnation der vorangegangenen Jahrhunderte             den sich das Werther Viertel, die ehemalige Immunität
und die Blüte des Ortes im 14./15. Jahrhundert tradier-       der Stifts­kirche und das Heisterbacher Viertel; süd-
ten ein romantisiertes Stadtbild, welches bereits Ende        lich der Erft das Johannisviertel und das Orchheimer
des 19. Jahrhunderts als Gegenpol zur Hektik des Städ-        Viertel. Die Stadtviertelbezeichnungen sind auch in
tischen empfunden wurde. Gezielte Maßnahmen am                den Straßen- und Stadttornamen präsent.86 Die vier
Stadtbild durch den Verschönerungsverein, den Verein          Rechtecktürme der Stadttore, angelegt in der ersten
Alter Münstereifeler, den Verkehrsverein und den Ver-         Hälfte des 14. Jahrhunderts, bilden die markantesten
ein für Denkmalpflege unterstützten diese Tendenz.76          und repräsentativsten Ausformungen der Wehranlage:
Vorangetrieben wurden sie auch durch die Ernennung            Werther Tor (Norden), Johannistor (Westen), Orchhei-
Münstereifels als zentralen Kneipp-Kurort West-               mer Tor (Süden) und Heisterbacher Tor (Südwesten)
deutschlands 1926.77 Bis 1939 verfügte die Stadt über         (vgl. Abb. 5).87 Der ehemalige Wallgraben zeichnet sich
13 Kurheime, Pensionen und Hotels.78 Auch nach dem            heute durch eine durchgängige, die Mauer umschlie-
Zweiten Weltkrieg stellte sich der Kurbetrieb schnell         ßende Grünanlage aus. Auch innerhalb der Einfrie-
wieder ein. 1956 wurde Münstereifel durch den Deut-           dung ziehen sich insbesondere im Westen der Stadt
schen Badeärzteverband anerkannt; 1967 erhielt Müns-          Grünflächen und Gartenanlagen an den Hanglagen
tereifel amtlich den Städtebeinamen ‚Bad‘ als Prädikat;       hinter den zentralen Straßenzügen entlang.
1974 wurde Bad Münstereifel zum ‚staatlich anerkann-             Der planmäßige Ausbau des Straßennetzes Müns-
ten Kneipp-Heilbad‘.79 Während der Kurbetrieb in den          tereifels innerhalb der Stadtmauern begann 1265 mit
80er Jahren mit etwa 300.000 Übernachtungen im Jahr           dem Bau von Burg und Stadtbefestigung88 und endete
seinen Höhepunkt fand80, übte die restriktive Gesund-         im 15. Jahrhundert. 89 Die heutige Straßenführung
heitspolitik in der darauffolgenden Zeit einen nega-          entspricht grundsätzlich den im Mittelalter angelegten
tiven Einfluss auf die Kurstadt aus.81 Wirtschaftliche        Verläufen.90 Die dominantesten Straßenzüge finden
Standbeine des Kurortes waren lange Zeit die Touris-          ihren Ausgang in der in West-Ost-Richtung verlau-
mus- und Dienstleistungsbranche gewesen. Durch den            fenden, zentralen Marktstraße, die sich südlich der
stetigen Wegfall der vormals einträglichen Einnahmen,         Stiftskirche bis hin zur Erft ausbildete. Während das
kam es auch zu schweren finanziellen Einbrüchen.82            westliche Ende der Straße rechtwinklig in die Heister-
Mit der Integration des Outletbetriebs in den Stadtkern       bacher Straße führt, mündet das östliche Ende auf dem
erhielt dieser eine neue wirtschaftliche Ausrichtung.         Markt91 und verläuft von da aus in nördlicher Richtung
                                                              entlang der Erft in die Wertherstraße, östlich über die
Die historische, wirtschaftliche Stagnation Bad Müns-         Erft in die Johannisstraße und südlich über die Erft
tereifels, die beengte Lage in der Kerbsohle der Erft         hinweg in die Orchheimer Straße. So werden von der
sowie die geringen baulichen Schäden im Zwei-                 ursprünglichen Marktsiedlung aus alle Stadttore ver-
ten Weltkrieg begünstigten die nachvollziehbare               bunden. Hierbei bildet die Nord-Süd-Achse aus Orch-
Tradierung der Stadtstruktur. 83 Die bedeutendsten,           heimer und Wertherstraße als direkte Verbindung der
noch heute im Stadtraum nachvollziehbaren Entwick-            Stadttore entlang des Flusses eine Dominante.
lungsphasen werden durch den romanischen Sied-                   Das Bild des Kerngebiets wird bestimmt von einer
lungskern, die mittelalterliche Stadtkonfiguration mit        Durchmischung von Großbauten öffentlicher Funk-
Burg, die Klosteranlagen des 17. und 18. Jahrhunderts,        tion und kleinteiligeren Strukturen des Wohnens und
die stadtbildprägenden Bürgerhäuser des vorwiegend            Einzelhandels. Hierbei finden die ältesten Repräsenta-
17. bis 19. Jahrhunderts sowie die Kuranlagen des             tionsbauten von Geistlichkeit, Herrschaft und Bürger-
20. Jahrhunderts verkörpert.                                  tum Ausdruck in dem Siedlungskern des ehemaligen
   Augenscheinlichstes Merkmal der mittelalterli-             Münsters, der ruinösen, nordöstlich über der Stadt
chen Prägung Bad Münstereifels ist die überkom-               gelegenen Burganlage und dem im Kern spätmittel­
mene Stadtmauer, die den Stadtkern fast vollständig           alterlichen Rat- und Gewandhaus (vgl. Abb. 5).92 Dieses
umschließt. Diese wurde in drei Phasen vom Ende des           wurde in der Mitte des 15. Jahrhunderts als Ausdruck
13. Jahrhunderts bis ins 15. Jahrhundert erbaut.84 Bei        eines bürgerlichen Selbstverständnissen bewusst
dem langgestreckten Fünfeck von 570 m Nord-Süd-               gegenüber der romanischen Stiftskirche positioniert.
und 370 m Ost-West-Ausdehnung handelt es sich um                 Innerhalb der Stadtmauer deuten die Immunitäts-
den besterhaltenen und – aufgrund vieler Reparatur-           bezirke mit ihren tradierten Großstrukturen und die in
phasen – geschlossensten Mauerring des Rheinlan-              der Säkularisation durch Abbruch entstandenen Frei-
des.85 Die Kernstadt wird von der Erft, die südöstlich        flächen auf die Bedeutung der Stadt als Zentrum der
in die Stadt einfließt und nordöstlich aus der Stadt          Gegenreformation hin. Die Stiftskirche samt der ehe-
abfließt, in zwei Gebiete geteilt. Nördlich der Erft befin-   maligen Kanonikerhäuser verfügen über eine heute als

                                                                                                                  163
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Parkplatz genutzte zentrale Anlage; Jesuitenkirche und      befand sich die alte Mälzerei der Brauerei Hendrichs.
-kolleg sowie das Karmelitessenkloster werden beide         Vor dem Orchheimer Tor, direkt an die Stadtmauer
auch heute noch als Schule genutzt; Kapuzinerkloster        anschließend, erstreckt sich das Bruchsteingebäude
und Johanniskirche sind abgegangen.                         der ehemaligen Gerberei Roth. Das Backsteingebäude
   Bruchsteinmauern zeichnen auch im heutigen               des Schlachthofs, 1887 vor der Stadtmauer im Nord-
Stadtbild die ehemaligen Immunitätsbezirke nach. Als        westen oberhalb der Langenhecke erbaut und das
im Stadtraum erfahrbare, historisch überkommene             gegenüber liegende Elektrizitätswerk aus dem Jahr
Grenzen sind sie unter Schutz gestellt. Bruchstein als      1898 wurden Anfang der 1960er Jahre abgebrochen.96
Baumaterial verbindet die Stadtmauern, die Mauern           Die wenigen noch erhaltenen Produktionsstätten
der Immunitätsbezirke, der Ufermauern der Erft sowie        innerhalb der Mauer sind unter Schutz gestellt.
die ältesten erhaltenen Gebäude – die romanische               Neben dem Kurheim, das der Burgruine in expo-
Stiftskirche und das romanische Haus (Langenhe-             nierter Lage am westlichen Berghang gegenüberliegt,
cke 6), die spätmittelalterlichen Gebäude93 und die         zeugen drei Gebäude innerhalb des Mauerrings von
Burg – in einem städtebaulich erfahrbaren Zusammen-         der Etablierung Bad Münstereifels als Kurort: die
hang, der die lokalen Bautraditionen und Werkstoffe         backsteinernen Kurheime in der Wertherstraße 43/45
hervorhebt.                                                 (1927/28) und 57 (1880) sowie das 1927/28 erweiterte
   Die beiden spätgotischen Treppengiebelhäuser in          und modernisierte, vormals städtische Krankenhaus
der Marktstraße 5 und in der Wertherstraße 7 ste-           von 1873.97 Diese Gebäude sowie der Teil des städti-
chen besonders markant aus dem Stadtbild hervor.            schen Kurhauses, der aus den späten 1920er Jahren
Der Stufengiebel des ‚gotischen‘ Rathauses, Markt-          stammt, wurden unter Schutz gestellt. Das in den 70er
straße 11–13, ist jedoch ein Zusatz der späten 1920er       Jahren als Erweiterung des Kurhauses erbaute ‚Haus
Jahren.94                                                   des Gastes‘, die Kneippanlagen in der Kurpromenade
   Bürgerliche Wohnbauten mit historischer Substanz         und die Kurpromenade selbst sind nicht als Denkmal
treten besonders konzentriert in dem kaufmännisch           ausgewiesen (vgl. Abb. 5).98
geprägten Orchheimer Viertel, dem Johannisviertel              Im Zweiten Weltkrieg kam es vor allem im Bereich
und entlang der Heisterbacher Straße auf. Die Orch-         der Marktstraße – die nördliche Häuserzeile wurde
heimer Straße verfügt über eine hohe Dichte repräsen-       zerstört – und der Wertherstraße zu baulichen Ver-
tativer, giebelständiger Bebauung. Die Bebauung jen-        lusten. Während einige Gebäude in den betroffenen
seits der Hauptstraße wurde schlichter ausgeführt. Bei      Straßenzügen von einer modernen, an die Umgebung
ca. drei Viertel der gelisteten Denkmäler innerhalb des     und die Parzellenstruktur angepassten Nachkriegs-
Altstadtkerns handelt es sich um Wohnbebauung. Den          architektur geprägt sind, kam es im großen Umfang
größten Anteil davon stellen traufständige, verputzte       zur Errichtung von historisierenden Fachwerkbauten
Fachwerkbauten und Gebäude mit Sichtfachwerk dar.           bzw. Fachwerkverblendungen. Ebenfalls ein Phäno-
Das Bild der Bürgerhäuser Bad Münstereifels ist unab-       men der Nachkriegszeit ist der radikale Ausbau der
hängig vom Denkmalstatus heute maßgeblich von               Erdgeschosse an der Hauptverkehrsachse, Orchheimer
Putzfassaden und eng gestelltem Ständer-Riegel-Fach-        Straße/Wertherstraße, mit modernen Ladenausbauten
werk bestimmt. Die Dachlandschaft wird bestimmt von         und Schaufenstern.
anthrazitfarbenen Tonziegeln und Schieferflächen.
   Während sich die bürgerliche Bebauung im mittel­
alterlichen Stadtgrundriss auf kleinteiligen, langge-       2. Der Denkmalbereich Bad Münstereifels als
streckten Parzellen befindet, schafft die Erft als stadt-   Outlet-Agglomeration
räumliche Zäsur etwas Freiraum. Als strukturprägende
Merkmale sind sechs der neun Erftbrücken in der             Die tradierte historische Struktur und Gestalt der
Denkmalliste aufgeführt. Es handelt sich um bruch-          Kernstadt ist einer der wichtigen Beweggründe für
steinerne oder bruchsteinverblendete Bogenbrücken           die Installation des City Outlet Bad Münstereifel. Es
aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der          erstreckt sich entlang der durch die Stadtmauern
Nachkriegszeit.                                             umschlossenen Hauptverkehrsachse von Orchheimer
   Nur wenige städtebauliche Ergänzungen der Indus-         Straße und Wertherstraße, der Marktstraße und in
trialisierung sind tradiert. Mitte des 19. Jahrhunderts     einem Neubau vor dem Orchheimer Tor (vgl. Abb. 6).
wurden die Gerberei Höver im nordwestlichen Zwickel         Das Heisterbacher Viertel und der Bereich nordöstlich
von Erft und Burgruine und die ehemalige Tuchfabrik         der Stiftskirche werden nicht vom Outlet bespielt. Sie
direkt an der Erft am Markt 10 in Backstein errichtet.95    sind vorwiegend bewohnt. Parkplatzanlagen befinden
Gegenüber dem Jesuitenkolleg in der Fibergasse 2            sich vor dem Orchheimer und Werther Tor; letzteres

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Selitz

ist darüber hinaus direkter Stadtzugang für die per       – in anderen Bundesländern auch als Ensemble, Denk-
Zug Anreisenden. Innerhalb der Stadtmauer sind im         malschutzgebiet, Denkmalzone oder Gesamtanlage
Jahr 2015 22 zum Outlet gehörige Geschäfte und ein        bezeichnet – die Ausweisung durch eine kommunale
Info-Point angesiedelt; der Neubau vor dem Stadttor       Satzung im Benehmen mit dem Denkmalpflegeamt
und die beiden dort bereits vorhandenen, integrier-       des zuständigen Landschaftsverbands.104 Die Satzung
ten Gebäude ergänzen das Angebot um acht weitere          führt dazu, dass Maßnahmen nach § 9 DSchG NRW
Ladeneinheiten, drei zusätzliche Immobilien befanden      im Denkmalbereich erlaubnispflichtig werden. Dies
sich 2015 im Umbau. Elf der Ladeneinheiten lagen zu       betrifft die Beseitigung, Veränderung, Verbringung
diesem Zeitpunkt in als Einzeldenkmal geschützten         und Nutzungsänderung eines Denkmals oder die
Gebäuden.99 Entlang der vom Einzelhandel geprägten        Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds der näheren
Straßenzüge (Orchheimer, Markt- und Wertherstraße)        Umgebung von Denkmälern. Durch die Satzung wer-
wurden die Geschäfte nach Verfügbarkeit akquiriert.       den „historische aussagekräftige Erscheinungsbilder
Dies führte dazu, dass die Outletgeschäfte vereinzelt     und Strukturen“ von Mehrheiten baulicher Anlagen
im Stadtraum anzutreffen sind. Auf der etwa 580 Meter     geschützt.105 Die Denkmalbereichssatzung Bad Müns-
langen Strecke von Stadttor zu Stadttor liegen sie        tereifels fordert, „die sich im Satzungsbereich befindli-
eingebettet in den lokalen Einzelhandel, Wohn- und        chen Denkmäler und denkmalwerten Gebäude in ihrer
Geschäftshäusern sowie der Gastronomie.                   Gesamtheit und im Gesamterscheinungsbild zu erhal-
    Die anfängliche Sorge der für Bad Münstereifel        ten, zu sichern, wieder herzustellen und nutzbar zu
zuständigen Gebietsreferentin des LVR-Amtes für           machen.“106 Zweck der Satzung ist der Erhalt des mit-
Denkmalpflege war, dass die „kleinmaßstäbliche Stadt-     telalterlichen Stadtgrundrisses und des historischen
struktur mit den zu erwartenden Anforderungen an          Ortsbildes durch „maßstäbliche und harmonische
große und überschaubare Verkaufsflächen“100 nicht         Neubauten“.107 Die Ortssilhouette, Dachlandschaft und
vereinbar sei. Die Umbaumaßnahmen wurden von              der charakteristische Blickbezug über Ort, Burg und
dem Denkmalpflegeamt als beratende Instanz der            Berghang sollen gesichert werden.108
Stadt, der Investoren und der Unteren Denkmalschutz-         Die Begründung der Satzung aus dem Jahr 1982
behörde begleitet. Die Untere Denkmalschutzbehörde,       erläutert, dass „der Stadtgrundriß und das Stadtbild für
die im städtischen Bau- und Planungsamt ansässig          die Geschichte der Stadt Bad Münstereifel bedeutend“
ist, musste die mit dem Outlet zusammenhängenden          seien und dass stadt- und kulturgeschichtliche Gründe
vielseitigen Aufgaben neben der regulären Tätigkeit       für die Eintragung beständen.109 Eine kurz gehaltene
bewältigen.                                               fachliche Begründung in der Anlage zur Satzung weist
                                                          auf die gut nachvollziehbare, organische Entwicklung
Rechtliche Rahmenbedingungen der                          des Stadtbildes von der Installation des Klosters bis
städtebaulichen Gestaltung                                zur Erbauung der Stadtmauer hin; darüber hinaus
                                                          seien „Bauwerke aller bedeutenden Stilepochen“ im
Dem Einfluss baulicher Maßnahmen auf das Stadtbild        Stadtkern erhalten.110 Der Geltungsbereich der Satzung
Bad Münstereifels, wie sie auch bei der Etablierung des   wurde 1982 auf den Stadtkern innerhalb des Mauer-
Outlets anstanden, wird durch verschiedene, rechtliche    rings, den Mauerring selbst und den angrenzenden
Mittel ein fester und für alle gleich geltender Rahmen    Wallgraben festgelegt. Am 30. März 2004 wurde der
gesetzt. Neben dem allgemeinen Verunstaltungsverbot       Denkmalbereich Bad Münstereifels vergrößert und die
der Landesbauordnung101 und dem Denkmalschutzge-          Satzung erweitert. Seitdem schließt dieser ebenfalls
setz werden bauliche Eingriffe mit Auswirkungen auf       die westliche Grabenzone, auf der sich die Sebastian-
das Stadtbild des Altstadtkerns durch drei kommunale      Kneipp-Promenade befindet, als Teil des Verteidi-
Rechtssatzungen gesteuert: die Denkmalbereichs­           gungswerks ein. Ebenso bedacht wurde die direkt an
satzung, die Gestaltungssatzung und die Sanierungs-       die Mauer östlich des Orchheimer Tors anschließende
satzung.102                                               Bruchsteinhalle der Gerberei Roth mit ihrem stattli-
                                                          chen Belüftungsturm als Bestandteil einer industri-
Der Stadtkern Bad Münstereifels verfügt seit 1982         ellen Stadterweiterung sowie den Berghang des Rad-
über eine Satzung über den Schutz und die Erhaltung       bergs östlich der Stadt, dessen Silhouette besonders
von Denkmälern und denkmalwerten Gebäuden für den         von der Westmauer zu sehen ist. Die Erweiterung auf
Stadtkern. Es handelt sich hierbei um die erste rechts-   den östlichen Hang liegt in der Einbindung der Stadt
kräftige Denkmalbereichssatzung des Rheinlands.103        in den Naturraum begründet, welche vornehmlich die
Das Denkmalschutzgesetz NRWs erfordert zur rechts-        strategische Ausnutzung der spezifischen Topographie
kräftigen Unterschutzstellung eines Denkmalbereichs       siedlungsgeschichtlich illustriert. Der westliche Hang

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Bad Münstereifel: Altstadt als Outlet

konnte nicht eingeschlossen werden, da er durch die        gebildet; es ist identisch mit dem 1982 festgelegten
Siedlungserweiterung im Bereich des Kurhauses,             Denkmalbereich. Das Gebiet 2 wird von den an der
dem Kurviertel, seit den 1950er Jahren stark bebaut        Grabenzone angrenzenden Baugebietsflächen gebildet.
wurde.111                                                     In der Gestaltungssatzung wird festgeschrieben,
   Der Denkmalbereich der Bad Münstereifeler Kern-         dass bauliche Anlagen in Maßstab, Gestalt und
stadt verfügt über einen sehr hohen Anteil an geschütz-    Material an das Ortsbild und die nähere Umgebung
ter Bausubstanz (vgl. Abb. 5).112 In dem zentralen Ort     angepasst werden müssen. Neubauten und Verände-
Bad Münstereifel sind 162 Einzeldenkmäler gelistet;        rungen der äußeren Erscheinung bestehender Bauten
150 davon liegen im Altstadtkern.113 Das nordrhein-        und Werbeanlagen „müssen in Form, Abmessung,
westfälische Denkmalschutzgesetz, das dem deklara-         Maßstab und Gestaltung auf die Baudenkmäler, die
torischen Prinzip folgt, trat am 11. Mai 1980 in Kraft.    Bauensemble und das Straßen- und Landschaftsbild
Die Unterschutzstellung innerhalb des Stadtkerns fand      in der Weise Rücksicht nehmen, daß deren Eigenart
zwischen 1981 und 2003 statt; fast 80 % der Gebäude        und Wirkung auf ihre Umgebung nicht beeinträchtigt
sind unter anderem aus städtebaulichen Gründen             wird.“118 Hierbei sei die Gliederung der Baukörper an
gelistet. 114 Zwei Drittel der unter Schutz gestellten     die bestehenden Kubaturen anzugleichen. Innerhalb
Gebäude stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert            der Fassaden, die im Gebiet 1 in Naturstein, Fachwerk
und somit genau aus den Perioden des wirtschaftlichen      oder in glatt verputzten Flächen auszuführen sind,
Stillstands der Stadt.115                                  wird die Betonung der Vertikalen in der Gliederung
   Bei nicht denkmalwerten Gebäuden innerhalb des          gefordert. Die Dachformen sind im Gebiet 1 auf Sattel-,
Denkmalbereichs Bad Münstereifels beschränkte sich         Walm- und Mansarddach, gedeckt mit Naturschiefer
die Abstimmung mit dem Fachamt auf die Gestaltung          oder schwarzen Tonziegeln, beschränkt. Gauben sind
von deren Außenhaut.116 Hierbei führte der Status des      als Einzelgaube mit einer Außenbreite von maximal
Altstadtkerns als Denkmalbereich vornehmlich zu            1,20 m zulässig. Dachflächenfenster, Schleppgauben
einem Bildschutz. Da die verschiedenen Einzelgebäude       und Dacheinschnitte sind in der Dachlandschaft
in Bad Münstereifel meist schon zuvor als Ladenge-         nicht erlaubt. Fenster und Türen sind mit Ausnahme
schäft genutzt wurden, kam es bei Einrichtung des          der Schaufenster innerhalb des Denkmalbereichs
Outlets nur vereinzelt zu baulichen Eingriffen, die sich   hochrechteckig, ebenfalls mit einer maximalen Breite
stark auf die Fassaden auswirkten. Die denkmalwerten       von 1,20 m, auszuführen. Zwischen zwei Fenstern
und -geschützten Gebäude, die in ihrer Funktion im         muss ein 15 cm breiter Trennpfeiler stehen. Fenster
Outlet unter den Einfluss des Projektträgers gestellt      und Türen sind innerhalb des Denkmalbereichs nur
wurden, unterliegen aufgrund des substanziellen            aus deckend gestrichenem Holz zulässig, wenn die
Schutzes der gelisteten Objekte restriktiveren Auflagen    Naturbelassenheit des Holzes sich nicht historisch
und eingehenderer Beratung als der Denkmalbereich          begründen lässt.119 Pro ‚Stätte der Leistung‘, sprich pro
als solcher.                                               Geschäft, ist eine Werbeanlage auf der Außenwand bis
                                                           zur Höhe der Fensterbrüstung des ersten Obergeschos-
Die bauliche Gestaltung des City Outlets wird zudem        ses gestattet. Die horizontalen Werbeanlagen dürfen
durch die Gestaltungssatzung reguliert.117 Die Gestal-     eine Bandhöhe von 30 cm und eine Länge von zwei
tungssatzung ist ein aktives, kommunales Instrument        Dritteln der Fassadenlänge nicht überschreiten. Wäh-
des Städtebaus zum Erhalt und zur Entwicklung ein-         rend schmiedeeiserne Ausleger grundsätzlich erlaubt
heitlicher, aussagekräftiger Stadtbilder hinsichtlich      sind, ist bewegliche Lichtwerbung unzulässig. Son-
der Parzellenstruktur, der Raum- und Freiflächenaus-       nenmarkisen müssen auf die Architekturgliederung
bildung, der Baukörper, ihrer Anordnung, Gliederung        Bezug nehmen und rechteckig ausgeführt werden.
und Oberfläche sowie der Stadtmöblierung und Wer-          Alle Hinweisschilder sind in einheitlicher, ortsüblicher
beanlagen, innerhalb einer festgelegten räumlichen         Form und Beschriftung auszuführen.
Einheit. Sie orientiert sich an den im Stadtbild als          Die Gestaltungssatzung wird in Volker Eidloths
bedeutend und charakteristisch erkannten gestalteri-       (et al) Handbuch Städtebauliche Denkmalpflege als
schen Merkmalen. Der Geltungsbereich der seit dem          mögliche Ergänzung des Denkmalschutzes in Form
19. März 1986 geltenden Bad Münstereifeler Satzung         eines städtebaulich-planerischen Instruments zur
über besondere Anforderungen an die Bau- und Werbeanla-    Tradierung des „denkmalwerten Charakters[…] histori-
gengestaltung zur Pflege und zum Schutz der Eigenart des   scher Orte“120 beschrieben. Auch im Kommentar zum
Ortsbildes erstreckt sich auf zwei Bereiche mit jeweils    Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalens wird auf
unterschiedlichen Anforderungen. Das Gebiet 1 wird         die unterstützende Funktion der Gestaltungssatzungen
durch die Kernstadt mit Mauerring und Grabenzone           zum denkmalrechtlichen Flächenschutz hingewiesen.

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