Bebauungsplan Sondergebiet "Solarpark Gauern" - Kartierungsbericht zur Bestandserfassung der Brutvögel im Jahr 2021

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Bebauungsplan Sondergebiet "Solarpark Gauern" - Kartierungsbericht zur Bestandserfassung der Brutvögel im Jahr 2021
Bebauungsplan Sondergebiet
                             „Solarpark Gauern“

  Kartierungsbericht zur Bestandserfassung der Brutvögel im
                          Jahr 2021

Bearbeiter: Dr. Karli Coburger
Bebauungsplan Sondergebiet "Solarpark Gauern" - Kartierungsbericht zur Bestandserfassung der Brutvögel im Jahr 2021
Inhaltsverzeichnis:

   1.   Untersuchungsgebiet
   2.   Erfassungsmethode
   3.   Ergebnisse
   4.   Bewertung und weiterführende Hinweise
   5.   Literatur
   6.   Fotodokumentation

1. Untersuchungsgebiet

Das Untersuchungsgebiet (UG) liegt im Landkreis Greiz nördlich der Ortschaft Gauern und wird
eingegrenzt im Süden durch eine ehemalige Bahngleisanlage, im Westen durch die Landesstraße
2336 mit Straßenbegleitgrün (Baumhecke) sowie nördlich und östlich durch einen Gehölz
bestockten Aufschüttungswall. Die Fläche – ein ehemaliger Recyclinghof – ist teilweise versiegelt
(Lagerplätze, Gebäude, Wirtschaftswege). In den nicht versiegelten Bereichen wurden größere
Sukzessions-Gehölze beseitigt und das Feinastmaterial in den Randbereichen Benjeshecken-artig
abgelagert. Etwa in der Mitte des UG befindet sich eine Graben-Senke mit einem temporären
Kleingewässer. In den Böschungsbereichen wurden hier die Gehölze auf Stock gesetzt. Insgesamt
hat das knapp 7 ha große UG anthropogen überformten Offenlandcharakter mit Gras- und
Staudenfluren sowie Ruderalvegetation und korrespondiert westlich und nördlich mit angrenzenden
landwirtschaftlichen Nutzflächen sowie Feldgehölzen.

2. Erfassungsmethode

Für die Brutvogelkartierung wurden die in Tab. 1 aufgeführten Termine genutzt. Aufgrund der
kalten Witterung besonders im späten Frühjahr hat sich das Revier- und Paarungsverhalten bei
einigen Arten offensichtlich verzögert, sodass für die Kartierung schwerpunktmäßig der Monat Mai
und auch noch die Zeit Anfang Juli genutzt wurde. Auch der Neuntöter (Lanius collurio) als
Zugvogel wurde erst recht spät am 18.05. (!) beobachtet. Während der Kartierungsgänge wurden
alle akustischen oder optisch wahrnehmbaren, an den Flächen gebundenen Vögel punktgenau unter
Verwendung von Tages-Arbeitskarten ermittelt. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Erfassung
Revier anzeigender Merkmale (Tab. 2).
In Anlehnung an die Wertungskriterien nach SÜDBECK et al. (2005) wurden für alle erfassten
Arten der jeweilige Brutstatus ermittelt. Als Brutvögel wurden alle sicher brütend nachgewiesenen
sowie brutverdächtigen Vögel klassifiziert. Für diese erfolgte eine Kartendarstellung mit den
nachgewiesenen Neststandorten oder den theoretischen Reviermittelpunkten. Sonstige festgestellte
Vogelarten gelten als Gast- bzw. Nahrungsvögel oder Überflieger.

Tab. 1: Termine der Erfassung der Brut- und Gastvögel

Datum         Wetter
_______________________________________________________________________________

15.04.21         leicht bewölkt, kalter Wind, 7° C
05.05.21         bewölkt, windig, 10° C
11.05.21         heiter, 20° C
18.05.21         wolkig, 13° C
29.05.21         wolkig, 14° C
02.06.21         sonnig, 22° C
05.07.21         heiter, 22° C
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Tab. 2: Revier anzeigende Merkmale der Vögel (SÜDBECK et al. 2005)

   •   singende/balzrufende Männchen
   •   Paare
   •   Revierauseinandersetzungen
   •   Nistmaterial tragende Altvögel
   •   Nester, vermutliche Neststandorte
   •   warnende, verleitende Vögel
   •   Kotballen/Eischalen austragende Vögel
   •   Futter tragende Altvögel
   •   bettelnde oder eben flügge Jungvögel

3. Ergebnisse
Nach einer anfänglich schleppend beginnenden Brutsaison wurden im UG bis Anfang Juli
insgesamt 36 Vogelarten nachgewiesen (s. Tabelle 3). Davon wurden 13 Arten als Brutvögel
festgestellt (s. Tabelle 3 und Bestandskarte). Dabei konzentrieren sich die Brut- und
Reviernachweise auf den dichten Baum- und Strauchheckenbestand mit z.T. vorgelagerten
Gehölzschnitt in den Randbereichen des UG. Lediglich 1 Brutnachweis liegt in einer
Niedriggebüschgruppe im zentralen Bereich des UG sowie 3 Brutnachweise in den verbuschten
Randbereichen des Tümpelbiotops. Charakteristische bodenbrütende Offenlandarten (Feldlerche,
Heidelerche, Grauammer) konnten nicht nachgewiesen werden. Des weiteren wurden 2 Gebäude
brütende Vogelarten nachgewiesen, die Bachstelze (Motacilla alba) in einem halboffenen
Stromverteilerkasten am kleineren Gebäude auf dem Betonplatz sowie der Hausrotschwanz
(Phoenicurus ochruros) in der großen Werkstatthalle. Beide Brutpaare haben sogar eine zweite Brut
(mit Jungen am 05.07.) durchgeführt. Die Brutnachweise im Bereich des temporären Feuchtbiotops
(Stockente (Anas platyrhynchos) mit einem Küken, Gartengrasmücke (Sylvia borin) und
Goldammer (Emberiza citrinella)) verdienen besondere Aufmerksamkeit bezüglich seiner
Erhaltung. Auch wird das Terrain von verschiedenen Vogelarten als Nahrungshabitat genutzt. Vom
Neuntöter (Lanius collurio) z.B. konnten hier Beuteflüge nach Libellen und anderen Insekten
beobachtet werden.

Tab. 3: Liste der nachgewiesenen Vogelarten
Fettdruck: Brutvogelarten, §§: Brutvogel des Anhang 1 der Vogelschutzrichtlinie,
Abk.: Abkürzung s. Karte Brutvogelbestand,
Brutbestand/Anmerkungen: Anzahl der festgestellten Reviere/Brutpaare (BP)

Lfd. Nr. Artname                           Abk. Brutbestand / Anmerkung
_______________________________________________________________________________
1       Amsel (Turdus merula)               A   2 BP
2       Bachstelze (Motacilla alba)         Bs   1 BP
3       Baumpieper (Anthus trivialis)            Gastvogel, Einzelexemplar
4       Blaumeise (Parus caeruleus)              Gastvogel, Einzelexemplare
5       Bluthänfling (Carduelis cannabina)       Gastvogel, 2 Expl.
6       Buntspecht (Dendrocopus major)           Nahrungsgast, Einzelexemplar
7       Elster (Pica pica)                        Gastvogel, Einzelexemplare
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8      Gartengrasmücke (Sylvia borin)        Gg 2 BP
9      Goldammer (Emberiza citrinella)       G    3 BP
10     Graureiher (Ardea cinerea)                 Überflug, Einzelexemplar
11     Grünspecht (Picus canus)                    Gastvogel, Einzelexemplar
12     Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros)  Hr 1 BP
13     Haussperling (Passer domesticus)       Hs    1 BP
14     Kohlmeise (Parus major)                      Gastvogel, Einzelexemplare
15     Kolkrabe (Corvus corax)                      Gastvogel, 2 Expl.
16     Kuckuck (Cuculus canorus)                    Gastvogel, Einzelexemplare
17     Mauersegler (Apus apus)                      Überflug in Gruppen
18     Mehlschwalbe (Delichon urbicum)               Überflug, Einzelexemplare
19     Mäusebussard (Buteo buteo)                    Suchflug, mehrere Exemplare
20     Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla)    Mg 3 BP
21     Neuntöter (Lanius collurio) §§          N   1 BP
22     Nilgans (Alopochen aegyptiaca)               Überflug, 2 Expl.
23     Pirol (Oriolus oriolus)                      Gastvogel, Einzelexemplare
24     Rabenkrähe (Corvus corone)                     Gastvogel, 2 Expl.
25     Rauchschwalbe (Hirundo rustica)              Überflug in Gruppen
26     Ringeltaube (Columba palumbus)          Rt 1 BP
27     Rotkehlchen (Erithacus rubecula)        Rk 1 BP
28     Rotmilan (Milvus milvus)                      Suchflug, einzeln, 11.05. 6 Expl.
29     Schwarzmilan (Milvus migrans)                  Suchflug, Einzelexemplare
30     Schwarzspecht (Dryocopus martius)              Gastvogel, Einzelexemplar
31     Singdrossel (Turdus philomelos)         Sd    1 BP
32     Star (Sturnus vulgaris)                        Gastvogel, mehrere Exemplare
33     Stieglitz (Carduelis carduelis)                Gastvogel, 2 Expl.
34     Stockente (Anas platyrhynchos)           S    1 BP
35     Uferschwalbe (Riparia riparia)                Überflug in kleiner Gruppe
36     Zilpzalp (Phylloscopus collybita)        Z     1 BP

4. Bewertung und weiterführende Hinweise

Das Spektrum der nachgewiesenen Brutvogelarten setzt sich aus in der Region relativ weit
verbreiteten lebensraumtypischen Arten zusammen. Alle nachgewiesenen Brutvogelarten befinden
sich in Thüringen in einem guten Erhaltungszustand und sind nicht in der Roten Liste der Brutvögel
Thüringens aufgeführt. Allerdings ist der Neuntöter (Lanius collurio) Anhang 1 Art der
Vogelschutzrichtlinie und bedarf hier einer besonderen Würdigung. Sowohl die Artenzahl als auch
die Siedlungsdichte der Brutvögel im Gebiet entsprechen unter Berücksichtigung der vorhandenen
anthropogen überformten Biotop- und Nutzungsstruktur jedoch nur einer unterdurchschnittlichen
Ausprägung. Einige potenziell zu erwartende typische Brutvogelarten des Offenlandes wie
Feldlerche, Heidelerche, Wiesenschafstelze und Grauammer wurden aktuell nicht nachgewiesen.
Bezüglich der Brutvogelarten in den Gebäuden (Nachweis von Zweitbruten am 05.07.) sind diese
bis zum Abschluss der Brutsaison ungestört zu belassen. Sollten später die Gebäude abgerissen
werden, sind entsprechende Ersatznisthilfen (z.B. am Eingangsgebäude, falls dieses stehen bleibt)
zu schaffen. Weiterhin ist die Graben-Senke als Brut- und Nahrungshabitat zu belassen (Festsetzung
„Erhaltung“). Zur Förderung des Neuntöters (Lanius collurio) könnte das Freihalten einer Teilfläche
mit spärlicher Vegetation im Nordosten des Gebietes beitragen, wo die Vögel öfters bei der
Nahrungssuche beobachtet wurden; gleiches gilt für die Graben-Senke mit dem Kleingewässer.
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Abb. 1: Bestandskarte der Brutvogelarten
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5. Literatur

   •   BNatSchG (Bundesnaturschutzgesetz) - Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege vom
       29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), zuletzt geändert am 13. Mai 2019 (BGBl. I S. 706).
   •   FFH-RL (Europäische Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) - Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom
       21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und
       Pflanzen (ABl. EG L 206, S. 7), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/17/EG des Rates
       vom 13. Mai 2013 (ABl. EG L 158, S. 195).
   •   GRÜNEBERG, C., BAUER, H.-G., HAUPT, H., HÜPPOP, O., RYSLAVY, T. & SÜDBECK, P. (2015):
       Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 5. Fassung. – Berichte zum Vogelschutz 52: 19-67.
   •   LUX, A., BAIERLE, H.U., BODDENBERG, J., FRITZLAR, F., ROTHGÄNGER, A., UTHLEB, H. &
       WESTHUS, W. (2014): Der Erhaltungszustand der Arten und Lebensraumtypen der Fauna-Flora-
       Habitat-Richtlinie in Thüringen 2007 bis 2012. - Landschaftspflege und Naturschutz in
       Thüringen 51(2): 51-66.
   •   SÜDBECK, P., ANDRETZKE, H., FISCHER, S., GEDEON, K., SCHIKORE, T., SCHRÖDER, K. &
       SUDFELDT, C. [Hrsg.](2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. –
       Radolfzell, 792 S.
   •   TLUG - THÜRINGER LANDESANSTALT FÜR UMWELT UND GEOLOGIE [Hrsg.] (2011): Rote Listen
       der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten, Pflanzengesellschaften und Biotope Thüringens. –
       Naturschutzreport 26: 1-544.
   •   TLUG - THÜRINGER LANDESANSTALT FÜR UMWELT UND GEOLOGIE (2013): Planungsrelevante
       Vogelarten in Thüringen (Stand: August 2013). -
       https://www.thueringen.de/imperia/md/content/tlug/abt3/2013_planungsrel_vogelarten.pdf
       (abgerufen 02.09.2019).
   •   VSchRL (Europäische Vogelschutzrichtlinie) - Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen
       Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden
       Vogelarten (kodifizierte Fassung) (ABl. EG L 20, S. 7).
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6. Fotodokumentation

Der nördliche Bereich des UG mit einem dichten Gehölz-Wall (Baum-Strauch-Hecke).
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Hier wurden Baum- und Strauchschnitt sowie Wurzelstöcke seitlich abgelagert.

Eine Graben-Senke mit Kleingewässer im Frühjahr; die Gehölze an den Böschungen wurden auf
Stock gesetzt. Zu dieser Zeit hat sich bereits ein Stockenten-Paar angesiedelt.
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Im seitlichen Stromverteilerkasten des Elektrocontainers das Nest einer Bachstelze (2 Bruten).

In der Werkstatt innen an der Giebelwand das Nest des Hausrotschwanzes (2 Bruten).
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Das UG im Sommeraspekt mit Grasfluren, Gebüschgruppen (Brombeere etc.) und Ruderal-
vegetation. Die Graben-Senke (Bild unten) mit Kleingewässer ist bereits wieder verbuscht und dient
als Brut- und Nahrungshabitat.
Neuntöter Männchen am Krautsaum der nördlich gelegenen Baum-Strauch-Hecke. Das Weibchen
(Bild unten) ist unweit entfernt auf Beutefang an der Graben-Senke.
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