Der Erhaltungszustand der Arten und Lebensraumtypen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Thüringen 2007 bis 2012
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Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 51 (2) 2014: 51–66 51 Andreas Lux, Heinz Ullrich Baierle, Jürgen Boddenberg, Frank Fritzlar, Anke Rothgänger, Heiko Uthleb & Werner Westhus Der Erhaltungszustand der Arten und Lebensraumtypen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Thüringen 2007 bis 2012 Zusammenfassung Abstract The conservation status of species and habitat types of the Habitats Directive in Thuringia for the reporting period 2007 to 2012 Der Erhaltungszustand (EHZ) aller in Thüringen vorkommenden The conservation status of all habitat types and species listed in the Lebensraumtypen und Arten der Anhänge I, II, IV und V der FFH- Annexes I, II, IV and V of the Habitats Directive in Thuringia (Germany) Richtlinie für die Berichtsperiode 2007–2012 wird dargestellt und is described for the reporting period 2007 to 2012. Results are mit den Ergebnissen der vorangegangenen Berichtsperiode 2001– compared with the corresponding data for the previous reporting 2006 verglichen. Die der Bewertung zu Grunde liegende Methodik period 2001–2006. The method used in assessing the conservation wird anhand von Beispielen erläutert. Ursachen für festgestellte status is explained with examples. Results of the two reporting pe- Veränderungen werden beispielhaft diskutiert. riods are discussed and reasons for changes considered. Im Gegensatz zu den Bewertungen für die Berichtsperiode 2001– Whilst the assessment of conservation status for the reporting pe- 2006, die überwiegend auf der Einschätzung durch Fachleute ba- riod 2001–2006 was mainly based on the judgement of various sierten, standen für die zu beurteilende Berichtsperiode 2007–2012 experts, for the reporting period 2007–2012 there existed for the erstmals einheitliche, zwischen den Bundesländern abgestimmte, first time identical and standardized methods of recording and Erfassungs- und Bewertungsmethoden und eine im Rahmen des assessment, which had been coordinated between the federated Monitorings gewonnene breitere Datenbasis zur Verfügung. states [Bundesländer]. Additionally the results of the newly imple- Gegenüber 2006 ergaben sich bei der Bewertung der Offenland- mented monitoring scheme provided a broader database for the Lebensraumtypen nur wenige Änderungen. Der überwiegende assessment of conservation status. Teil wurde weiterhin mit ungünstig-unzureichend (U1) bewertet. The habitat assessment of open countryside revealed only few Sechs Lebensraumtypen, welche überwiegend von einer adäqua- changes compared to 2006. As in the previous reporting period, ten Nutzung bzw. Pflegemaßnahmen abhängig sind, wurden mit the conservation status of the majority of habitat types was as- ungünstig-schlecht (U2) bewertet. In der Gesamtbilanz lässt sich sessed as unfavourable-inadequate. Six habitat types which depend trotz einzelner Verschlechterungen des EHZ eine Stabilisierung auf mainly on an adequate land use or management system were as- niedrigem Niveau interpretieren. sessed as unfavourable-bad. Despite individual deteriorations in Bei den Wald-Lebensraumtypen ist die Situation deutlich besser. conservation status, overall the situation can be interpreted as stable Hier befindet sich ein vergleichsweise hoher Anteil in einem güns- at a low level. tigen (FV) Erhaltungszustand. Einzelne EHZ haben sich verbessert, For the forest habitat types the situation is significantly better. A was z. T. auf realen Veränderungen, aber auch auf einer verbesser- comparatively high proportion is assessed as having a favourable ten Datenlage beruht. conservation status. The improvement of some of the assessments Im Vergleich zu 2006 hat sich die Situation der in den Anhängen II, since the previous reporting period is based in part on real changes, IV und V verzeichneten Tierarten insgesamt weiter verschlechtert. in part on an improved dataset. Vor allem der Anteil mit ungünstig-schlecht (U2) bewerteten Arten The situation of the animal species listed in the Annexes II, IV and der Anhänge II und IV hat mit 35% bzw. 38% sehr hohe Werte V has continued to deteriorate on the whole. In particular the pro- erreicht. Hiervon sind vor allem Arten betroffen, welche mit den portion of the species listed in Annexes II and IV with an assessment heutigen Landnutzungsbedingungen kaum noch zurechtkommen of unfavourable-bad has reached very high levels with values of 35 und dringender aktiver Hilfsmaßnahmen bedürfen. and 38 % respectively. The species which are most affected are those Etwas weniger dramatisch stellt sich der Vergleich zur Berichtsperiode which struggle to cope with the present-day land use conditions 2001–2006 bei den Pflanzenarten dar. Der Anteil an ungünstig- and which, as a consequence, urgently need active relief actions. unzureichenden (U1) Einstufungen blieb nahezu unverändert. Aller- Regarding plant species the comparison to the reporting period dings hat sich auch hier die Anzahl der Arten im günstigen (FV) Erhal- 2001–2006 is less dramatic. The percentage of unfavourable-inade- tungszustand verringert und im ungünstig-schlechten (U2) erhöht. quate classifications stayed almost unchanged. Nevertheless even here the number of species with a favourable conservation status has decreased and the number of species with an unfavourable-bad conservation status has risen. Key words Habitats Directive, habitat types, species, reporting, reporting period, conservation status, Thuringia (Germany)
52 Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 51 (2) 2014: 51–66 Einleitung Durchführung des Monitorings den Das bundesweite Monitoringsystem ist Ländern, wobei der Bund die Vorgaben durch Monitoringprogramme der Län- Die FFH-Richtlinie dient der Erhaltung für das Monitoring (z. B. Sachteleben & der zu ergänzen, wobei die Form dieser des europäischen Naturerbes durch die Behrens 2010) und eine einheitliche Da- Programme von den Ländern gestaltet Sicherung der Artenvielfalt und der na- tenverwendung und -übermittlung (z. B. werden kann. türlichen Lebensräume. Die auf Grund Runge 2012) in enger Abstimmung mit der Richtlinie zu treffenden Maßnahmen den Ländern erarbeitet hat. Obwohl es In Thüringen setzt sich das FFH-Monito- sollen einen günstigen (FV) Erhaltungs- im Naturschutz lange nicht für möglich ring aus folgenden wichtigen Bestand- zustand (EHZ) der Arten und Lebens- gehalten wurde, ist es so gelungen, ein teilen zusammen: raumtypen (LRT) von gemeinschaftlichem bundesweit weitgehend einheitliches 1. Das Bundesmonitoring, das die Thü- Interesse (Anhänge I, II, IV und V der Monitoring zu etablieren. Es umfasst ringen zugewiesenen Stichproben- FFH-Richtlinie) bewahren oder wieder- ein über die Bundesländer verteiltes flächen für Arten und Offenland- herstellen (Art. 2 FFH-Richtlinie). Die System von zumeist 63 Stichproben- Lebensraumtypen überwacht und Mitgliedsstaaten überwachen den Er- flächen für alle vorkommenden Arten bewertet (s. o.). haltungszustand im Rahmen eines Mo- und Offenland-Lebensräume von ge- 2. Das auf FFH-Gebiete bezogene Mo- nitorings (Art. 11 FFH-Richtlinie) und meinschaftlichem Interesse, die einheit- nitoring, in dem die vorkommenden berichten alle sechs Jahre über die ge- lich überwacht und bewertet werden. Für Arten des Anhangs II der FFH-Richtli- troffenen Maßnahmen und die erreichten großflächig auftretende Waldlebensräume nie überwacht und bewertet werden EHZ der Arten und Lebensräume ge- werden die Daten der dritten Bundes- (stellt zudem wichtige Daten für den genüber der Europäischen Kommission waldinventur (BWI3) für das Monito- Vollzug der FFH-Regelungen zur Ver- (Art. 17 FFH-Richtlinie). ring genutzt (vgl. Polley & Bolte 2010; fügung). Aufnahmeanweisung abrufbar unter 3. Ein Monitoring des Verbreitungsge- Zuletzt hat die Bundesrepublik Deutsch- http://www.bundeswaldinventur.de/ bietes für Arten, das stichprobenhaft land in den Jahren 2007 / 2008 der media/archive/727.pdf). das Verbreitungsgebiet der Arten der Kommission einen Nationalen Bericht Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie mit den entsprechenden Informationen Nachdem in der vorigen Berichtsperiode überwacht. übermittelt (www.bfn.de/0316_bericht von 2001–2006 lediglich vorhandene und 4. Ein Monitoring des Verbreitungsge- 2007.html), dem die Bundesländer und über die Länder hinweg sehr heterogene bietes der Offenland-Lebensräume so auch der Freistaat Thüringen zugear- Daten für eine Experteneinschätzung zur im Rahmen der Offenland-Biotopkar- beitet haben (Fritzlar et al. 2009). Verfügung standen, konnten in der Be- tierung sowie der Waldlebensräume richtsperiode 2007–2012 nun erstmals im Rahmen der Wald-Biotopkartie- Wegen der föderalen Struktur Deutsch- einheitliche Zählungen und Bewertungen rung und zusätzlicher Kartierungen lands und der Zuständigkeit der Bun- durchgeführt werden, die durch Experten- von ThüringenForst. desländer für Naturschutz obliegt die voten zu vervollständigen waren. Die Bestandteile 1–3 wurden in einem einheitlichen Auftrag ausgeschrieben und 2011 an die Bürogemeinschaft PAN Planungsbüro für angewandten Naturschutz GmbH (München) und IBIS Ingenieure für biologische Studien, Informationssysteme und Standortbe- wertung (Hohengandern) vergeben. Diese sicherte die Koordination und Bearbeitung unter Einbeziehung vieler Thüringer Artenkenner ab. Wegen schwieriger Rahmenbedingungen sowie enger zeitlicher Vorgaben hat sich diese Vorgehensweise bewährt. Die Ergebnisse des Monitorings wurden unter Beteiligung der Bürogemeinschaft und von ihr zusammengestellter Exper- tengruppen bewertet (Planungsbüro für angewandten Naturschutz GmbH & Ingenieure für Biologische Studien, Informationssysteme und Standortbe- wertung 2013). Die an das Bundesamt Abb. 1: Der Nachweis des Hirschkäfers Lucanus cervus, hier ein Männchen mit Weibchen, ist für Naturschutz zu übermittelnden aus methodischen Gründen schwierig und gelingt oft nur zufällig. Öffentliche Meldeaufrufe Thüringer Daten konnten Ende 2012 ergänzen die Zufallsdaten. (Aufn. A. Weigel 03.07.2012) fristgerecht übergeben werden.
A. Lux et al.: Der Erhaltungszustand der Arten und Lebensraumtypen 53 In mehreren nationalen Bewertungs- konferenzen wurden in der Folge die Daten des Bundes und der Länder abgeglichen und auf Ebene der in Deutschland liegenden Anteile an den biogeografischen Regionen bewertet. Die Bewertung erfolgte nach einer differenzierten Methodik, die von der Kommission weitgehend vorgegeben ist (Europäische Kommission 2011). Die Ergebnisse mit den Bewertungen für Deutschland mündeten in dem aktuellen Nationalen Bericht, dessen Informationen der Europäischen Kom- mission im November 2013 übermittelt wurden. Wie wurde der Erhaltungszustand bewertet? Die Bewertung des Erhaltungszustandes der Arten und Lebensraumtypen für Thüringen erfolgte grundsätzlich ent- Abb. 2: Da ihre ursprünglichen Lebensräume, Auenlandschaften mit Überschwemmungsflä- sprechend der Bewertung für die biogeo- chen, in Thüringen kaum noch vorhanden sind, weicht die Kreuzkröte Bufo calamita vor allem grafischen Regionen auf Bundesebene. auf Sekundärlebensräume aus, die der Art ebenfalls immer seltener zur Verfügung stehen. Danach setzt sich die Gesamtbewertung (Aufn. H. Uthleb 22.04.2014) jeweils aus vier Kriterien zusammen. Das sind für die Arten und Lebensraumtypen Monitoring beteiligten Artenkenner, Die Hauptvorkommen befinden sich im die aktuell natürlichen Verbreitungsge- hinzugezogen. Daneben flossen Daten mittleren Werra-Gebiet, im Südharzvor- biete und Zukunftsaussichten, für Arten aus der Bewertung zu den Roten Listen land und im Bereich zwischen Saale und zusätzlich die Populationen (mit Größe, Thüringens (Thüringer Landesanstalt Pleiße. Ökologisch zählt die Kreuzkröte Bestandsentwicklung und Altersstruktur) für Umwelt und Geologie 2011) ein. zu den sogenannten „Pionierarten“. Ihr und Habitate (mit Flächengröße und Eine wertvolle Ergänzung der Daten- ursprünglicher Lebensraum befindet Qualität), für die Lebensraumtypen zu- lage ergaben die Meldebögen aus der sich in Auenlandschaften mit Über- sätzlich die aktuellen Flächen des Le- „Hirschkäfersuche“ (Abb. 1), einem schwemmungsflächen, wie sie in Thü- bensraumtyps innerhalb des aktuell gemeinsamen Aufruf des NABU Thü- ringen kaum noch vorzufinden sind. Als natürlichen Verbreitungsgebietes sowie ringen und der TLUG. Vor allem bei den Sekundärlebensräume nutzt die Art mi- die spezifischen Strukturen und Funk- Lebensraumtypen lagen wenige zum litärische Übungsplätze, Abbaubereiche tionen. Die Kriterien wurden gemäß direkten Vergleich geeignete Altdaten oder Siedlungsbrachen. einem Ampelschema eingestuft und vor, so dass hier der Experteneinschät- die Gesamtbewertung ermittelt. Dabei zung ein besonderes Gewicht zukam. Das Kriterium Population wurde für bedeutet eine Einstufung in „grün“ In der Bewertungsphase wurde auch die Kreuzkröte mit ungünstig-unzu- einen günstigen (FV), in „gelb“ einen der Fachbeirat für Arten- und Biotop- reichend (U1) bewertet. Die Thüringer ungünstig-unzureichenden (U1) und in schutz (§ 40 ThürNatG) beteiligt. Insge- Kreuzkrötenbestände befinden sich in „rot“ einen ungünstig-schlechten (U2) samt sind die Bewertungsergebnisse in einem kontinuierlichen Populations- sowie „grau“ einen nicht bewertbaren höherem Maße durch objektive Daten rückgang, der bei einzelnen Vorkom- unbekannten (XX) Erhaltungszustand abgesichert. Dieser Prozess wird sich in men stärker hervortritt. Diese Entwick- (siehe auch Fritzlar et al. 2009). den folgenden Berichtsperioden fort- lung vollzieht sich besonders deutlich setzen, wenn mit einheitlicher Methodik in Südthüringen, betrifft jedoch alle Grundlage für die vorgenommenen erhobene Daten verglichen werden Thüringer Vorkommen (Serfling pers. Bewertungen sind vor allem die aktuell können und die Bedeutung des Exper- Mitt.). Von den 60 im Rahmen des erhobenen Daten des Monitorings. Da tenvotums weiter zurücktreten wird. Verbreitungsgebietsmonitorings un- das Monitoring erst in dieser Berichts- tersuchten ehemaligen Vorkommen, periode etabliert wurde und für den Nachfolgend soll an vier Beispielen die blieben 51 ohne aktuellen Nachweis. letzten FFH-Bericht noch keine eigenen Bewertung des Erhaltungszustandes Dazu zählen u. a. das Flächennatur- Daten erhoben wurden, waren zudem veranschaulicht werden. denkmal (FND) „Ziegeleiteiche“ (Ilm- die aktuellen Daten mit vorhandenen Kreis) mit ehemals stabilem Bestand Daten aus dem Fachinformationssystem Beispiel: Kreuzkröte bzw. in Südthüringen die Vorkommen (FIS) Naturschutz zu vergleichen. Für Die Kreuzkröte Bufo calamita (Abb. 2) bei Schweikershausen, Mendhausen diesen Vergleich wurde zusätzliches ist eine in Thüringen weit verbreitete, oder Hetschbach (alle drei Lkr. Hild- Expertenwissen, besonders das der am aber insgesamt seltene Amphibienart. burghausen; Braun-Lüllemann & Serfling
54 Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 51 (2) 2014: 51–66 2013). Im Südthüringer Grabfeld konn- ten aktuell keine Kreuzkröten mehr festgestellt werden (Serfling pers. Mitt.). Eine Ursache dieser Bestandsabnahme liegt in den geringen Reproduktions- erfolgen begründet (Braun-Lüllemann & Serfling 2013). Beispielsweise konnte auf der Bundesstichprobenfläche am Kriegberg bei Trügleben keine Repro- duktion im Berichtszeitraum nachge- wiesen werden. Auch in vielen anderen Populationen zeigt sich ein ähnliches Bild (Serfling pers. Mitt.). Daneben ver- inseln die noch existenten Populationen zunehmend. Das Kriterium Habitat wurde als un- günstig-schlecht (U2) bewertet. Offene Auenbereiche als bevorzugte Primärle- Abb. 3: Orchideenreiche Ausbildung des „Trespen-Schwingel-Kalk-Trockenrasen“ (LRT [*] bensräume stehen der Art nicht mehr 6210) mit Stattlichem Knabenkraut Orchis mascula in einem guten Pflege- bzw. Erhaltungszu- zur Verfügung. Somit ist die Kreuzkröte stand im FFH-Gebiet „Ibengarten – Wiesenthaler Schweiz – Sommertal“. auf magere Offenland-Lebensräume (Aufn. H. Wenzel 16.05.2010) mit Sekundärgewässern angewiesen. Es handelt sich vor allem um Abgrabungs- Schreitet der Schwund an geeigneten für die vorangegangene Berichtsperiode stätten zur Gewinnung von Steinen und Wasser- und Landhabitaten voran und dargestellten niedrigeren Flächenwert Erden mit flachen Gewässern. Die ur- bleibt die Reproduktion weiterhin aus (9.000 ha) spiegelt keine Flächenzunah- sprünglich zahlreichen kleinen Abgra- bzw. auf einem für die Erhaltung der me wider, sondern hat ihre Ursache in bungsstätten weichen wenigen großen Population zu geringem Niveau, dann einer verbesserten Datenlage für diesen Abbauflächen. In den letzten Jahren ist kurzfristig in den Südthüringer und Lebensraumtyp. Im Gegensatz hierzu änderte sich zudem die Abbautech- längerfristig auch in den übrigen Thü- werden als Folge von Nutzungsaufgabe nologie. Vielfach werden innerhalb ringer Vorkommen mit einem Zusam- und Sukzession Flächenrückgänge und kürzester Zeit gerade erst entstandene menbruch der Populationen und der auch Rückgänge beim Verbreitungsge- Sukzessionsflächen wieder aufgearbei- weiteren Verringerung des Gesamtthü- biet des LRT eingeschätzt. Aus diesem tet und die Entstehung von Pionierge- ringer Bestandes zu rechnen. Daher ist Grund wurden die beiden Kriterien wässern immer weniger zugelassen. das Kriterium Zukunftsaussichten mit Verbreitungsgebiet und Fläche – wie Die Aufgabe von militärischen Übungs- ungünstig-unzureichend (U1) bewertet bereits 2006 – als ungünstig-unzurei- plätzen oder deren Nutzungsänderung worden. chend (U1) bewertet. sowie die Beseitigung von Erdstoffde- ponien, Siedlungsbrachen und Wege- Da bei der Gesamtbewertung das Bei vielen Beständen ist eine Unternut- pfützen z. B. durch Infrastrukturmaß- schlechteste Kriterium aus den drei zung oder gar das Fehlen einer Nutzung nahmen forcieren den Habitatverlust. Teilbewertungen zum Tragen kommt, zu beobachten. Eine Umfrage der TLUG Eine schnellere Vegetationsentwick- ist der Erhaltungszustand für die Kreuz- 2012 / 2013 bei den verschiedenen Ak- lung, verursacht u. a. durch Nährstoff- kröte mit ungünstig-schlecht (U2) teuren der Landschaftspflege in Thürin- einträge, verschärft die Situation. Damit eingestuft. Damit resultiert aus der gen (Untere Naturschutzbehörden, Stif- verschwinden geeignete Strukturen aus gegenüber dem letzten Bericht ver- tung Naturschutz Thüringen usw.) zur unserer Landschaft. Neue Lebensräume schlechterten Einstufung des Kriteriums Umsetzung von Natura 2000 in den Thü- entstehen kaum. Auch eine Rückkehr Habitat eine Verschlechterung des Er- ringer FFH-Gebieten ergab, dass in den der Art in die Auen ist angesichts deren haltungszustandes der Kreuzkröte. Jahren 2008 bis 2012 nur ca. 33,5% der intensiver Nutzung ohne Überschwem- LRT-(*) 6210-Fläche in den FFH-Gebieten mungsdynamik nicht absehbar. Somit Beispiel: Lebensraumtyp (*) 6210 im Rahmen des Kulturlandschaftspro- reduziert sich die nutzbare Habitatfläche „Trespen-Schwingel-Kalk-Trocken- gramms KULAP und weitere ca. 7,1% zunehmend. Die Verschlechterung der rasen“ durch sonstige Maßnahmen und Pro- Habitatstrukturen vollzieht sich im ge- Der Lebensraumtyp (LRT) nimmt in Thü- gramme (Naturschutzprogramm NALAP samten Thüringer Raum, ist jedoch in ringen eine Fläche von 12.200 ha ein usw.) genutzt bzw. gepflegt wurden. Südthüringen besonders deutlich aus- (Abb. 3). Dieser Wert resultiert aus der Die Einbeziehung von nur 48,3% der geprägt (Serfling pers. Mitt.). Auswertung flächenscharfer Kartie- LRT-(*) 6210-Fläche in den FFH-Gebie- rungsdaten von 86% der Landesflä- ten in der KULAP-Feldblockkulisse 2012 Der Fortbestand der Art ist in Thüringen che (Institut für Vegetationskunde und gegenüber 74,1% in der Feldblockkulis- momentan noch gesichert, jedoch län- Landschaftsökologie 2012). Die Diskre- se 2007 (Quelle: Mitteilung Institut für gerfristig gefährdet (Serfling pers. Mitt.). panz zu dem bei Fritzlar et al. (2009) Vegetationskunde und Landschaftsöko-
A. Lux et al.: Der Erhaltungszustand der Arten und Lebensraumtypen 55 logie, 09 / 2012) bestätigt den aktuell (z. B. im Rahmen des Waldumbaus) geringen Anteil der KULAP-Nutzung für basiert, andererseits aber auch durch diesen LRT und zeigt zudem eine klar eine genauere Ansprache im Gelände abnehmende Tendenz in den letzten erreicht wurde. Dabei wurden vielfach Jahren an. Diese Unternutzung bzw. Buchenwälder des Waldgersten-Typs, fehlende Nutzung hat eine teils flächen- die bisher als „Orchideen-Kalk-Buchen- hafte Verbrachung und Verbuschung wälder“ (9150) geführt wurden, durch von Vorkommen des LRT zur Folge – auf die Ansprache im Gelände als „Wald- Kosten seltener Pflanzen wie dem Drei- meister-Buchenwald“ (9130) erfasst. zähnigen Knabenkraut Orchis tridentata Es wurde insofern eine Korrektur der (Abb. 4). Zusätzlich führen Verluste vorherigen Einstufung vorgenommen. von kleinen Vorkommen zu einer stär- Diese basierte auf der Grundlage der keren Isolierung der verbliebenen Rest- 2005 beendeten Waldbiotopkartierung bestände. Beide Entwicklungen be- in Thüringen (vgl. Henkel et al. 2008), in einträchtigen den Lebensraumtyp in der FFH-Lebensraumtypen noch nicht seinen Strukturen und Funktionen speziell kartiert wurden. Die Einschät- nachhaltig, weswegen dieses Kriterium zung der Fläche der LRT erfolgte durch – unverändert gegenüber 2006 – mit eine Datenverschneidung mit der Forst- ungünstig-unzureichend (U1) bewertet lichen Standortkartierung. Hierbei kam wurde. es im standörtlichen Grenzbereich der beiden LRT 9130 und 9150 offensicht- Ein anhaltender Rückgang der Schafbe- lich zu einer Überschätzung des „Or- stände im Land bei gleichzeitig gutem chideen-Kalk-Buchenwaldes“. Da auch Angebot von attraktiveren Weideflä- hinsichtlich des Verbreitungsgebiets chen verschlechtert die Aussicht auf keine negative Veränderung festzustel- eine vollumfängliche adäquate Nut- len war, wurden folglich diese beiden Abb. 4: Das Dreizähnige Knabenkraut Orchis zung bzw. Pflege des Lebensraumtyps Kriterien als günstig (FV) bewertet. tridentata ist eine derjenigen Orchideenarten, deren Vorkommen in Thüringen die Bestände auch weiterhin. Bereits in den letzten des Lebensraumtyps „Trespen-Schwingel- Jahren war zu beobachten, dass selbst Das Kriterium Strukturen und Funktio- Kalk-Trockenrasen mit bemerkenswerten viele vertraglich gebundene Flächen nen wurde in Übereinstimmung mit der Orchideen“ (LRT [*] 6210) auszeichnen und zu wenig genutzt wurden und ihr Zu- Bewertung auf der Ebene der kontinen- durch Pflegedefizite stark gefährdet ist. stand sich daher verschlechtert hat. talen Region Deutschlands ebenfalls als (Aufn. H. Wenzel 19.05.2001) Dieses führte dazu, dass das Kriterium günstig (FV) eingeschätzt. Auch in den Zukunftsaussichten als ungünstig-un- zureichend (U1) bewertet wurde (2006: günstig [FV]). Die vorgenannten vier Teilbewertungen resultieren – wie 2006 – in einer ungüns- tig-unzureichenden (U1) Gesamtbewer- tung für den Erhaltungszustand des Lebensraumtyps „Trespen-Schwingel- Kalk-Trockenrasen“ in Thüringen, wobei auf Grund der Bewertungsmethodik be- reits die Einstufung nur eines Kriteriums in ungünstig-unzureichend (U1) zu die- ser Gesamtbewertung geführt hätte. Beispiel: Lebensraumtyp 9130 „Waldmeister-Buchenwald“ Waldmeister-Buchenwälder (Abb. 5) nehmen in Thüringen eine Fläche von 69.000 ha ein. Dieser Wert basiert auf einer Schätzung der Veränderung von Flächenwerten nach Auswertung der Kartierungen zu 38 Fachbeiträgen Wald im Rahmen der FFH-Managementpla- Abb. 5: Der Waldmeister-Buchenwald, wie hier am Dolmar im FFH-Gebiet „Dolmar und nung. Insgesamt ist in Thüringen eine Christeser Grund“ (Lkr. Schmalkalden-Meiningen), bedeckt die weite Standortamplitude der mä- Zunahme der Fläche festzustellen, wel- ßig trockenen bis frischen basenreichen Böden. Er ist in Thüringen der flächenmäßig bedeut- che einerseits auf realen Zugewinnen samste Lebensraumtyp. (Aufn. H. Wenzel 22.04.2011)
56 Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 51 (2) 2014: 51–66 ausgewerteten Thüringer FFH-Gebieten zeigt sich, dass lediglich ein sehr kleiner Anteil (< 3%) der flächenscharf abge- grenzten Lebensräume (Waldbestände eines Waldlebensraumtyps mit räumli- chem Kontakt) ungünstige Strukturen und Funktionen aufweist. Die Auswer- tung erfolgte durch ThüringenForst – Sachgebiet Waldnaturschutz – auf der Basis der Analyse von 24 Entwür- fen zu Fachbeiträgen Wald im Rahmen der FFH-Managementplanung. Günstig wirkt sich hier das vermehrte Belassen von Habitatbäumen sowie das ver- stärkte Bemühen der Waldbesitzer aus, Buchenwälder als strukturreiche Dauer- wälder zu bewirtschaften (Abb. 6). Auch die Zukunftsaussichten werden als günstig (FV) eingeschätzt. Dies erfolgt zum einen, weil durch die Anstrengun- gen im Waldumbau sich mittelfristig die Fläche dieses Lebensraums in Thüringen weiter vergrößern wird, zum anderen lässt die Beibehaltung der gegenwär- tigen Waldbewirtschaftung erwarten, dass auch zukünftig die entsprechenden Strukturen und Funktionen gesichert werden können. Aus den vorgenannten Teilbewertungen leitet sich für den LRT 9130 demnach in der Gesamtbewertung ein günstiger (FV) Erhaltungszustand ab. Der Erhaltungszustand der Arten und Lebensraumtypen Mit der FFH-Richtlinie soll das europä- ische Naturerbe gesichert werden. Als Abb. 6: Das vermehrte Belassen von Habitatbäumen und Totholz im Wirtschaftswald wirkt sie 1992 in Kraft trat, wurde folgerich- sich günstig auf den Erhaltungszustand der Wald-Lebensraumtypen sowie waldbewohnen- tig ein hoher Anteil gefährdeter Arten den FFH-Arten aus, wie hier im bewirtschafteten Kleinprivatwald bei Steinach, Forstamt Son- und Lebensräume insbesondere in die neberg. (Aufn. T. Stichel 12.07.2013) Anhänge I, II und IV aufgenommen. An dieser Situation hat sich bis heute möglicherweise bundesweit die Instru- nicht immer leicht zu ziehen, da sich nichts Wesentliches geändert und sie mente der FFH-Richtlinie bisher nicht die Datenqualität und damit die Aus- trifft auf die kontinentale biogeogra- angeschlagen haben. Das betrifft die sageschärfe deutlich verbessert hat. Et- fische Region in Deutschland ebenso Meldung der FFH-Gebiete und deren was abweichend von den Bewertungen zu wie auf Thüringen. Auf beiden Be- aktives Management für die Arten und der kontinentalen biogeografischen trachtungsebenen zeigt sich, dass sich Lebensraumtypen der Anhänge I und II Region in Deutschland deuten sich un- ein vergleichsweise großer Anteil der ebenso wie für die Arten des Anhangs terschiedliche Anteile hoch gefährdeter Waldlebensräume hinsichtlich der Ge- IV, für die ein umfangreiches Instru- Arten und Lebensraumtypen an. Liegt samtbewertung in einem günstigen (FV) mentarium des Artenschutzes entwor- der Anteil mit ungünstig-schlecht (U2) Erhaltungszustand befindet, während fen wurde, das überwiegend die Ab- bewerteten Lebensraumtypen deutlich die Offenland-Lebensräume und -Arten wehr von Beeinträchtigungen zum Ziel unter 20%, so liegt er bei den Arten dahinter zurückstehen (Abb. 7). Vor al- hat. Die genauen Ursachen lassen sich der Anhänge II und IV bei 35% bis 40% lem bei den Anhängen I, II und IV ist aus dem Monitoring nicht ableiten und (Tab. 1). der Anteil mit ungünstigem Erhaltungs- sind auf anderem Wege zu diskutieren. zustand, insbesondere mit ungünstig- In Thüringen ist der direkte Vergleich zu Oft handelt es sich um Arten, die mit schlechtem (U2) Erhaltungszustand, den Erhaltungszuständen der letzten den heutigen Landnutzungsbedingungen sehr hoch. Ein Zeichen dafür, dass Bewertung 2006 (Fritzlar et al. 2009) kaum noch zurechtkommen und die
A. Lux et al.: Der Erhaltungszustand der Arten und Lebensraumtypen 57 100% 100% Anteile der EHZ der Arten und LRT Anteile der EHZ der Arten und LRT 80% 80% 60% 60% 40% 40% 20% 20% 0% 0% I (a) I (b) II IV V I (a) I (b) II IV V Anhänge der FFH-Richtlinie Anhänge der FFH-Richtlinie Abb. 7: Erhaltungszustand (EHZ) der Arten und Lebensraumtypen (LRT) in der kontinentalen biogeografischen Region in Deutschland 2012 (links) und in Thüringen 2012 (rechts), jeweils getrennt nach Anhängen der FFH-Richtlinie (I[a] – Offenland-LRT, I[b] – Wald-LRT, grün – günstig [FV], gelb – ungünstig-unzureichend [U1], rot – ungünstig-schlecht [U2], grau – unbekannt [XX]). Tab. 1: Vergleich der Erhaltungszustände (EHZ) der Arten und Lebensraumtypen (LRT) in Thüringen zwischen den Berichtszeiträumen 2001– 2006 und 2007–2012 hinsichtlich der Anzahl und des Anteils von Bewertungen. Arten, die in zwei Anhängen der FFH-Richtlinie verzeichnet sind, werden für beide Anhänge ausgewertet und fließen somit doppelt ein (grün – günstig [FV], gelb – ungünstig-unzureichend [U1], rot – ungünstig-schlecht [U2], grau – unbekannt [XX]). Anhang FFH-Richtlinie EHZ 2006 EHZ 2012 Nr. Bezeichnung FV % U1 % U2 % XX FV % U1 % U2 % XX Natürliche Offenland-LRT, für de- ren Erhaltung besondere Schutz- I (a) 3 8,8 26 76,5 5 14,7 0 3 8,8 25 73,5 6 17,6 0 gebiete ausgewiesen werden müssen Natürliche Wald-LRT, für deren Er- I (b) haltung besondere Schutzgebiete 0 0 8 80,0 2 20,0 0 4 44,4 4 44,4 1 11,1 0 ausgewiesen werden müssen Tier- und Pflanzenarten, für deren II Erhaltung besondere Schutzgebie- 8 22,9 18 51,4 9 25,7 0 6 16,2 17 45,9 13 35,1 1 te ausgewiesen werden müssen Streng zu schützende Tier- und IV 17 33,3 23 45,1 9 17,7 2 8 15,4 21 40,4 20 38,5 3 Pflanzenarten Tier- und Pflanzenarten, deren Entnahme und Nutzung Gegen- V 17 27,4 42 67,8 2 3,2 1 11 17,7 39 62,9 8 12,9 4 stand von Verwaltungsmaßnah- men sein können Gesamt 45 23,4 117 60,9 27 14,1 3 32 16,5 106 54,6 48 24,7 8 dringend aktiver Fördermaßnahmen (Abb. 8), 33 Arten in einem ungünstig- In Bezug auf die Bewertungsergebnisse bedürfen. Häufig haben sie sich auf unzureichenden (U1) und zwölf in einem sowie die Veränderung zwischen den kleinste Restflächen zurückgezogen, ungünstig-schlechten (U2) Erhaltungszu- Berichtsperioden 2001–2006 und auf denen die herkömmlichen Förder- stand, vier Arten konnten nicht bewertet 2007–2012 ergeben sich zwischen den instrumente nur schwer greifen. werden (XX). Für den Berichtszeitraum einzelnen Artengruppen deutliche Un- 2007-2012 wurden 72 Tierarten Thürin- terschiede (Abb. 9). Tierarten gens der Anhänge II, IV und V der FFH- Nach der Bewertung des Erhaltungszu- Richtlinie bewertet (Tab. 2). Von diesen Die festgestellten drei Verbesserungen standes in Thüringen für den FFH-Bericht befinden sich 13 in einem günstigen (FV) des Erhaltungszustandes sind in der 2001–2006 (Fritzlar et al. 2009) befan- Erhaltungszustand, 30 in einem ungüns- Regel mit erfolgreichen Schutzvorha- den sich von den zu bewertenden 72 tig-unzureichenden (U1) und 25 Arten in ben, generellen Verbesserungen der FFH-Tierarten noch 22 Arten in einem einem ungünstig-schlechten (U2). Für drei Situation der Lebensräume oder über- günstigen (FV), wie beispielsweise die Spa- Tierarten war keine Einstufung (XX) des regionalen Entwicklungen bzw. Land- nische Flagge Euplagia quadripunctaria Erhaltungszustandes möglich. schaftsveränderungen im Zusammen-
58 Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 51 (2) 2014: 51–66 einzelnen Parametern geführt, ohne dass damit schon ein verbesserter Erhal- tungszustand erreicht werden konnte. So wurden die Zukunftsaussichten für die Bachmuschel Unio crassus nun nicht mehr als schlecht bewertet, die geringe Zahl der Populationen und de- ren Isolation und nach wie vor ungesi- cherte Reproduktion lassen aber keine Höherstufung zu. In allen diesen Fällen ist zu beachten, dass der verbesserte oder fortbeste- hende günstige (FV) Erhaltungszustand von der Fortführung dieser Schutzmaß- nahmen abhängig ist und dass zudem regionale Unterschiede bestehen. Loka- le Populationen können durchaus un- terschiedliche Zustände aufweisen. So weisen beispielsweise die Vorkommen des Moorfroschs Rana arvalis im Pen- newitzer Teichgebiet im Gegensatz zu denen im Plothener Teichgebiet positive Abb. 8: Die Spanische Flagge Euplagia quadripunctaria ist eine der wenigen Tierarten mit einem Entwicklungen auf (Serfling 2013). günstigen (FV) Erhaltungszustand, hier an der Gewöhnlichen Waldrebe Clematis vitalba im Be- reich der Saale bei Jena-Maua. (Aufn. A. Lux 02.08.2013) Die 21 festgestellten Verschlechterungen in der Bewertung des Erhaltungszustan- 100% des hängen zum Teil mit einer verbesser- ten Datenlage und der nun objektiveren Anteile der EHZ der Arten und LRT Beurteilung nach dem Basisdurchgang 80% für das künftige Monitoring zusammen. Sie sind in den meisten Fällen aber mit 60% den gleichen Gefährdungskomplexen in Zusammenhang zu bringen, die im Rah- men der Untersuchungen zu den Roten 40% Listen Thüringens auch für die Gefähr- dung der Artenvielfalt insgesamt maß- geblich sind (Fritzlar & Westhus 2011). 20% Hierzu zählen danach: Intensivierung der land- und fortwirtschaftlichen Nut- 0% zung, zunehmende Aufgabe extensiver Nutzungen, direkte Zerstörungen von S F A/R Fi W L Sc Lebensräumen sowie Nähr- und Schad- Artengruppe stoffeinträge. Ebenso relevant sind die fehlende flächendeckende Umsetzung Abb. 9: Erhaltungszustand der Arten der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie, Vergleich der Arten- gruppen Säugetiere (S, ohne Fledermäuse, n = 6), Fledermäuse (F, n = 20), Amphibien und Repti- von Hilfskonzepten sowie falsch oder lien (A/R, n = 12), Fische und Rundmäuler (Fi, n = 4), Weichtiere (W, n = 4), Libellen (L, n = 5) und unvollständig umgesetzte Pflegemaß- Schmetterlinge (Sc, n = 9); grün – günstig (FV), gelb – ungünstig-unzureichend (U1), rot – ungünstig- nahmen. schlecht (U2), grau – unbekannt (XX). Weitere Verschlechterungen ergeben hang zu sehen. So ist die summarische Ameisenbläuling Maculinea nausithous sich auch aus der gutachterlichen Neu- Verbesserung beim Großen Mausohr sind zwar viele lokale Populationen nach bewertung der Zukunftsaussichten, die Myotis myotis ohne den konsequen- wie vor gefährdet; angepasste Land- z. B. bei der Hälfte der Fledermausarten ten Quartierschutz nicht denkbar (Tress schaftspflege und Naturschutzprojekte negativer ausfällt als 2006. Hier sind un- 2012), beim Moorfrosch Rana arvalis zeigen jedoch Erfolge (Jessat et al. 2012; ter anderem absehbare Veränderungen haben Maßnahmen zur Umsetzung des Klaus 2012) und die Zukunftsaussichten der Siedlungsstruktur und damit der Artenhilfsprogramms (Serfling & Serf- sind insgesamt günstig (FV). Quartiersituation gebäudebewohnen- ling 2013; Serfling et al. 2012) aus lan- der Arten, die erwartete Mortalität an desweiter Sicht positive Entwicklungen In weiteren Fällen haben durchgeführte Windkraftanlagen sowie angenommene bewirkt. Beim Dunklen Wiesenknopf- Maßnahmen zu Verbesserungen bei forstwirtschaftlich bedingte Ände-
A. Lux et al.: Der Erhaltungszustand der Arten und Lebensraumtypen 59 Tab. 2: Erhaltungszustände der Arten der Anhänge II, IV und V der FFH-Richtlinie in Thüringen. Bewertungskriterium Gesamtbewertung EHZ Artengruppe/Artname (kontin. BGR) RL TH Anhang Populations- (2011) FFH-RL größe Popu- Habi- Zukunfts- wissenschaftlich deutsch TH D lation tat aussichten 2006 2012 2012 Säugetiere, sonstige Castor fiber Biber 2 II, IV 33 MTBQ U1 FV FV XX U1 FV Cricetus cricetus Feldhamster 1 IV 75 MTBQ U2 U2 U2 U1 U2 U2 Felis silvestris Wildkatze 2 IV 87 MTBQ U1 FV FV FV U1 U1 Lutra lutra Fischotter 2 II, IV 84 MTBQ FV U1 FV U1 U1 U1 Lynx lynx Luchs 1 II, IV Einschätzung erfolgt auf Bundesebene U2 Martes martes Baummarder 2 V 48 MTB U1 U1 U1 U1 U1 FV Muscardinus avellanarius Haselmaus 3 IV 34 MTB XX FV FV FV FV U1 Mustela putorius Iltis 2 V 11 MTB U1 U1 U1 FV U1 U1 Säugetiere, Fledermäuse Barbastella barbastellus Mopsfledermaus 2 II, IV 89 MTB U1 FV U1 FV U1 U1 Eptesicus nilssonii Nordfledermaus 2 IV 88 VK/WS U1 FV U1 U1 U1 U1 Eptesicus serotinus Breitflügelfledermaus 2 IV 82 MTB U1 U1 U1 U1 U1 U1 Myotis alcathoe Nymphenfledermaus --- IV 8 MTBQ U1 U2 U1 XX U2 XX Myotis bechsteinii Bechsteinfledermaus 1 II, IV 135 MTBQ U2 FV U1 FV U2 U1 Myotis brandtii Große Bartfledermaus 2 IV 73 MTB U1 U1 U1 U1 U1 U1 Myotis dasycneme Teichfledermaus R II, IV 1 MTBQ XX XX XX FV XX U1 Myotis daubentonii Wasserfledermaus --- IV 121 MTB U1 FV FV FV U1 FV Myotis myotis Großes Mausohr 3 II, IV 69 VK/WS FV FV FV U1 FV FV Myotis mystacinus Kleine Bartfledermaus 2 IV 111 MTB U2 U1 U1 FV U2 FV Myotis nattereri Fransenfledermaus 3 IV 119 MTB U1 FV U1 FV U1 FV Nyctalus leisleri Kleiner Abendsegler 2 IV 113 MTBQ U1 FV U2 U1 U2 U1 Nyctalus noctula Großer Abendsegler 3 IV 197 MTBQ U1 FV U2 U1 U2 U1 Pipistrellus nathusii Rauhautfledermaus 2 IV 130 MTBQ U1 FV U2 U1 U2 U1 Pipistrellus pipistrellus Zwergfledermaus 3 IV 126 MTB FV FV FV FV FV FV Pipistrellus pygmaeus Mückenfledermaus --- IV 17 MTBQ U1 XX XX XX XX U1 Plecotus auritus Braunes Langohr 3 IV 123 MTB U1 FV U1 FV U1 FV Plecotus austriacus Graues Langohr 1 IV 26 VK/WS U2 U2 U2 U1 U2 U1 Rhinolophus hipposideros Kleine Hufeisennase 2 II, IV 1.562 aW/WS U1 U1 U2 U2 U2 U2 Vespertilio murinus Zweifarbfledermaus --- IV 83 MTBQ U1 U1 XX U1 XX XX Amphibien Alytes obstetricans Geburtshelferkröte 2 IV 45 VK U2 U2 U2 U1 U2 U2 Bombina variegata Gelbbauchunke 1 II, IV 22 MTBQ U1 U2 U2 U2 U2 U2 Bufo calamita Kreuzkröte 3 IV 45 MTBQ U1 U2 U1 U1 U2 U1 Bufo viridis Wechselkröte 1 IV 28 MTBQ U1 U2 U1 U2 U2 U2 Hyla arborea Europäischer Laubfrosch 2 IV 75 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 U1 Pelobates fuscus Knoblauchkröte 3 IV 46 MTBQ U2 U1 U1 XX U2 U1 Rana arvalis Moorfrosch 2 IV 32 MTBQ U1 FV U1 U2 U1 U1 Rana dalmatina Springfrosch --- IV 12 MTBQ FV FV FV FV FV FV Pelophylax kl. esculentus Teichfrosch --- V 383 MTBQ FV FV FV FV FV FV Pelophylax lessonae Kleiner Wasserfrosch --- IV 76 MTBQ XX FV FV FV FV XX Pelophylax ridibundus Seefrosch --- V 42 MTBQ FV FV FV FV FV FV Rana temporaria Grasfrosch --- V 512 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 FV Triturus cristatus Nördlicher Kammmolch 3 II, IV 135 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 U1 Reptilien Coronella austriaca Schlingnatter 3 IV 61 MTBQ XX U1 U1 FV U1 U1 Lacerta agilis Zauneidechse --- IV 188 MTBQ FV FV FV FV FV U1 Fische / Rundmäuler Barbus barbus Barbe 3 V 49 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 FV Cottus gobio Westgroppe 3 II 244 MTBQ U1 FV FV FV U1 FV Lampetra planeri Bachneunauge 2 II 57 MTBQ U1 FV FV U1 U1 FV Misgurnus fossilis Schlammpeitzger 1 II 3 MTBQ U2 U2 U2 U2 U2 U1 Rhodeus sericeus amarus Bitterling 1 II 11 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 FV Thymallus thymallus Äsche 2 V 92 MTBQ U1 FV FV U1 U1 U1 Sonstige / Krebse Astacus astacus Edelkrebs 1 V 30 MTBQ U1 FV U1 U1 U1 U2 Austropotamobius torrentium* Steinkrebs* 1 II*, V 6 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 U2 Weichtiere Helix pomatia Weinbergschnecke --- V 55 MTB FV FV FV FV FV FV Margaritifera margaritifera Flussperlmuschel 1 II, V 1 Indiv. U2 U2 U2 U2 U2 U2 Unio crassus Bachmuschel 1 II, IV 4 VK U2 U1 U1 U2 U2 U2 Vertigo angustior Schmale Windelschnecke 2 II 31 MTB U1 U1 U1 U1 U1 U1 Vertigo moulinsiana Bauchige Windelschnecke 1 II 3 MTB U1 U2 XX U2 U2 FV Libellen Coenagrion mercuriale Helm-Azurjungfer 2 II 78 VK U1 U1 U1 U1 U1 U1 Coenagrion ornatum Vogel-Azurjungfer 1 II 5 MTBQ U2 U1 U2 U1 U2 U1 Gomphus flavipes Asiatische Keiljungfer R IV 1 MTBQ XX U1 FV FV U1 U1 Leucorrhinia pectoralis Große Moosjungfer 2 II, IV 16 MTBQ U1 U1 FV U1 U1 U1 Ophiogomphus cecilia Grüne Keiljungfer 3 II, IV 25 MTBQ FV FV FV FV FV FV Schmetterlinge Eriogaster catax Heckenwollafter 1 II, IV 2 VK U2 U2 U2 U2 U2 U2 Euphydryas aurinia Skabiosen-Scheckenfalter / 2 II 37 MTBQ U2 U2 U2 U1 U2 U2 Goldener Scheckenfalter Euplagia quadripunctaria* Spanische Flagge* 3 II* 18 MTB FV FV FV FV FV FV Maculinea arion Quendel-Ameisenbläuling 2 IV 57 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 U2 Maculinea nausithous Dunkler Wiesenknopf-Amei- --- II, IV 112 MTBQ FV FV FV U1 FV U1 senbläuling Maculinea teleius Heller Wiesenknopf-Ameisen- 1 II, IV 10 MTBQ U2 U2 U2 U2 U2 U1 bläuling Gortyna borelii lunata Haarstrangwurzeleule 1 II, IV 1 VK U2 U2 U2 U2 U2 U1 Parnassius mnemosyne Schwarzer Apollofalter 1 IV 1 VK U2 U2 U2 U2 U2 U2 Proserpinus proserpina Nachtkerzenschwärmer 3 IV 11 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX
60 Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 51 (2) 2014: 51–66 Gesamtbewertung EHZ Artengruppe/Artname Bewertungskriterium RL TH Anhang Populations- (kontin. BGR) (2011) FFH-RL größe Popu- Habi- Zukunfts- TH D wissenschaftlich deutsch lation tat aussichten 2006 2012 2012 Käfer Lucanus cervus Hirschkäfer 2 II 23 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 FV Osmoderma eremita* Eremit* 3 II*, IV 24 MTBQ U1 U1 U2 U1 U2 U1 Farn- u. Blütenpflanzen Angelica palustris Sumpf-Engelwurz 2 II, IV 1.650 Indiv. U1 U1 U1 U1 U1 U2 Arnica montana Arnika 2 V 70 MTBQ U2 U1 U1 U2 U2 U1 Cypripedium calceolus Frauenschuh 2 II, IV 79 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 U1 Trichomanes speciosum Prächtiger Dünnfarn --- II, IV 8 MTBQ FV U1 FV FV U1 FV Diphasiastrum alpinum Alpen-Flachbärlapp 2 V 12 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Diphasiastrum complanatum Gemeiner Flachbärlapp 2 V 25 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Diphasiastrum issleri Isslers Flachbärlapp 1 V 5 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Diphasiastrum oellgaardii Oellgaards Flachbärlapp 1 V 2 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Diphasiastrum tristachyum Zypressen-Flachbärlapp 1 V 7 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Diphasiastrum zeilleri Zeillers Flachbärlapp 2 V 10 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Huperzia selago Tannen-Bärlapp / 2 V 35 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Tannen-Teufelsklaue Lycopodium annotinum Sprossender Bärlapp 2 V 45 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Lycopodium clavatum Keulen-Bärlapp 3 V 100 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Lycopodiella inundata Moorbärlapp 1 V 2 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Moose Buxbaumia viridis Grünes Koboldmoos 2 II 2 VK FV U1 U1 XX U1 XX Dicranum viride Grünes Besenmoos 3 II 13 MTBQ FV U1 U1 U1 U1 U1 Leucobryum glaucum Weißmoos V Bewertung erfolgt auf Bundesebene U1 Mannia triandra Dreimänniges Zwerglungen- R II 0,46m² FV FV FV FV FV U1 moos Orthotrichum rogeri Rogers Kapuzenmoos R II 1 VK FV FV FV XX FV FV Sphagnum affine et austinii** Benachbartes und --- V 3 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Austins Torfmoos** Sphagnum angustifolium Schmalblättriges Torfmoos --- V 24 MTBQ FV U1 FV FV U1 XX Sphagnum balticum Baltisches Torfmoos R V 3 MTBQ FV FV FV FV FV XX Sph. capillifolium var. capili- Hain-Torfmoos --- V 167 MTBQ FV FV FV FV FV XX folium Sph. capillifolium var. tenerum Zartes Hain-Torfmoos --- V 4 MTBQ XX XX XX XX XX XX Sphagnum centrale Zentriertes Torfmoos --- V 14 MTBQ FV FV XX U1 XX XX Sphagnum compactum Dichtes Torfmoos 3 V 45 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Sphagnum contortum Gedrehtes Torfmoos 2 V 25 MTBQ U1 U2 U2 U1 U2 XX Sphagnum cuspidatum Spieß-Torfmoos 3 V 24 MTBQ U1 U1 FV U1 U1 XX Sph. denticulatum var. dentic- Gezähntes Torfmoos --- V 101 MTBQ FV U1 FV FV U1 XX ulatum Sph. denticulatum var. indun- Amphibisches Torfmoos --- V 22 MTBQ FV U1 FV U1 U1 XX datum Sphagnum fallax Trügerisches Torfmoos --- V 129 MTBQ FV FV FV FV FV XX Sphagnum fimbriatum Gefranztes Torfmoos --- V 94 MTBQ FV FV FV FV FV XX Sphagnum flexuosum Verbogenes Torfmoos 3 V 85 MTBQ U1 U1 FV U1 U1 XX Spagnum fuscum Braunes Torfmoos R V 7 MTBQ FV FV FV FV FV XX Sphagnum girgensohnii Girgensohns Torfmoos --- V 172 MTBQ FV U1 FV FV U1 XX Sphagnum magellanicum Magellans Torfmoos 3 V 36 MTBQ FV U1 FV U1 U1 XX Sphagnum majus Großes Torfmoos R V 1 MTBQ U1 U1 U2 U1 U2 XX Sphagnum obtusum Sumpfblättriges Torfmoos 1 V 1 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Sphagnum palustre Sumpftorfmoos --- V 176 MTBQ FV FV FV FV FV XX Sphagnum papillosum Warziges Torfmoos 3 V 34 MTB FV U1 FV U1 U1 XX Sphagnum platyphyllum Löffelblatt-Torfmoos 1 V 1 MTBQ XX XX XX U1 XX XX Sphagnum quinquefarium Fünfzeiliges Torfmoos --- V 55 MTB FV FV FV FV FV XX Sphagnum riparium Ufertorfmoos 3 V 17 MTBQ U1 U1 FV U1 U1 XX Sphagnum rubellum var. Rötliches Torfmoos 1 V 5 MTBQ U1 U1 FV U1 U1 XX rubellum Sphagnum rubellum var. subtile Feines Torfmoos 1 V 2 MTBQ XX XX XX U1 XX XX Sphagnum russowii Russows Torfmoos --- V 72 MTBQ FV FV FV FV FV XX Sphagnum squarrosum Sparriges Torfmoos --- V 177 MTBQ FV U1 FV FV U1 XX Sphagnum subnitens Glanz-Torfmoos 2 V 26 MTBQ U1 U2 U2 U1 U2 XX Sphagnum subsecundum Einseitwendiges Torfmoos 2 V 53 MTBQ U1 U2 U1 U1 U2 XX Sphagnum tenellum Zartes Torfmoos 1 V 1 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Sphagnum teres Rundliches Torfmoos 2 V 83 MTBQ U1 U1 U1 U1 U1 XX Sphagnum warnstorfii Warnstorfs Torfmoos 1 V 6 MTBQ U1 U2 U2 U1 U2 XX Flechten Cladonia arbuscula ssp. mitis Rentierflechte 3 V U1 U1 U1 U1 U1 XX Cladonia arbuscula ssp. Rentierflechte 3 V U1 U1 U1 U1 U1 XX squarrosa Cladonia ciliata Rentierflechte 3 V U1 U1 U1 U1 U1 XX Cladonia portentosa Rentierflechte 3 V U1 U1 U1 U1 U1 XX Cladonia rangiferina Rentierflechte 3 V U1 U1 U1 U1 U1 XX Cladonia stellaris Rentierflechte 1 V U1 U1 U2 n. b. U2 XX Cladonia stygia Rentierflechte R U1 U1 U1 n. b. U1 XX Erläuterungen: * Die mit einem roten Stern (*) gekennzeichneten Arten sind als „prioritär“ im Anhang II verzeichnet. ** Diese beiden Torfmoose sind als zwei Arten anzusehen, werden jedoch zusammen bewertet und fließen in die nachfolgenden Auswertungen mit einer Bewertung ein (1x U1) FFH-RL: Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) EHZ: Erhaltungszustand kontin.: kontinentale EHZ: Rote Liste: FV FV günstig BGR: Biogeographische Region RL TH: Rote Liste Art für Thüringen (2011) TH: Thüringen U1 U1 ungünstig-unzureichend 0: ausgestorben, ausgerottet oder verschollen D: Deutschland 1: vom Aussterben bedroht U2 U2 ungünstig-schlecht Populationsgröße: 2: stark gefährdet Indiv.: Individuen XX XX unbekannt 3: gefährdet aW/WS: Anzahl adulter Weibchen in Wochenstuben R: extrem selten VK: Anzahl der Vorkommen 2006 nicht bewertet, dadurch G: Gefährdung anzunehmen, aber Status unbekannt n. b. VK/WS: Anzahl Wochenstuben kein Vergleich möglich V: Vorwarnliste MTB: Anzahl besiedelter Messtischblätter (= TK 25) D: Daten ungenügend MTBQ: Anzahl besiedelter Messtischblattquadranten (= TK10) *: ungefährdet m²: besiedelte Fläche in Quadratmeter --- keine Einstufung
A. Lux et al.: Der Erhaltungszustand der Arten und Lebensraumtypen 61 rungen im Höhlenangebot der Wäl- Bei den Wirbellosen stehen einer Ver- der ausschlaggebend. Bei drei Arten besserung drei Verschlechterungen ge- (Kleiner Abendsegler Nyctalus leisleri, genüber. Leider konnte bei keiner der Großer Abendsegler Nyctalus noctula Arten, die schon 2006 einen schlechten und Rauhautfledermaus Pipistrellus na- Erhaltungszustand aufwiesen, eine Ver- thusii) führt dies – trotz günstiger (FV) besserung erreicht werden. Einige die- Bewertung der Habitate und festge- ser Arten sind schon lange und zum Teil stellter weiter Verbreitung dieser Arten überregional im Rückgang begriffen (alle auf über 100 Messtischblattqua- bzw. gefährdet, ohne dass die Gründe dranten vorkommend, vgl. auch Tress dafür bekannt sind. Neuerdings ist auch et al. 2012) – zu einer Neubewertung der bereits in den 1990er-Jahren beob- des Erhaltungszustands als ungünstig- achtete Zusammenbruch der Popula- schlecht (U2). tionen des Skabiosen-Scheckenfalters Euphydryas aurinia in Südwestdeutsch- Für weitere Arten spielen länger beste- land (Ebert & Rennwald 1991) nun auch hende Defizite und großflächige Land- in Thüringen festzustellen. Dies führt schaftsveränderungen eine Rolle, die zusammen mit dem Verlust an Habita- sich zunehmend auf die Erhaltungszu- ten dazu, dass die Art einen schlechten stände auswirken. Deutlich wird dies Erhaltungszustand aufweist. z. B. bei bestimmten Amphibienarten. Hier bestehen schon lange Defizite in Auch bei weiteren Arten bestehen den Primärlebensräumen – z. B. Bach- Kenntnisdefizite zu den Ursachen fort- und Flussauen, denen die angestamm- währender Bestandsrückgänge, etwa te Gewässervielfalt fehlt. Problematisch beim Hellen Wiesenknopf-Ameisen- ist nun aktuell, dass auch Ersatzlebens- bläuling Maculinea teleius und beim räume wie fischfreie Kleingewässer an Hecken-Wollafter Eriogaster catax. Hier Abb. 10: Der Erhaltungszustand der Sumpf- unbefestigten Wegen, Brachflächen ist für die Ableitung von Schutzkonzep- Engelwurz Angelica palustris ist seit der Be- mit Tümpeln, z. B. an Ortsrändern ten die Erforschung der besonderen richtsperiode 2001–2006 gleichbleibend oder militärischen Übungsplätzen, oder Rückgangsursachen nötig. ungünstig-unzureichend (U1). Eine Verbes- kleinteilig genutzte Abbaustellen durch serung des Erhaltungszustandes ist nur über Nutzungsänderungen oder Auflassung Pflanzenarten eine dauerhafte Pflege erreichbar. (Aufn. F. Fritzlar 09.09.2009) verloren gehen. Dies wirkt sich zum Teil Bei den Pflanzen wurden insgesamt limitierend auf die Reproduktion der Po- 60 Arten und Unterarten der Anhänge pulationen aus, vor allem zeigt es sich II, IV und V der FFH-Richtlinie bewertet jedoch in messbaren Habitatverlusten. (Tab. 2). Von diesen befinden sich zehn Thüringen als auch auf Bundesebene Bei der Geburtshelferkröte Alytes obste- Arten in einem günstigen (FV) und 38 bewerteten Pflanzen werden in diesel- tricans und der Kreuzkröte führte das zu Arten in einem ungünstig-unzureichen- ben EHZ eingestuft, nur bei wenigen einer Verschlechterung der Bewertung den (U1) Erhaltungszustand. Sieben Ar- Arten ergeben sich Abweichungen um des Erhaltungszustandes. ten wurden mit ungünstig-schlecht (U2) eine Stufe. eingestuft. Vier Torfmoose konnten für Für einzelne Arten betreffen Ver- Thüringen nur mit unbekannt (XX) ein- Im Vergleich zur Berichtsperiode 2001– schlechterungen mehrere Kriterien. geschätzt werden. Die Kenntnisdefizite 2006 ist der Anteil an ungünstig-unzu- So sind für den Feldhamster Cricetus betreffen das Zarte Hain-Torfmoos reichenden (U1) Einstufungen mit 38 cricetus unzureichende Populations- Sphagnum capillifolium var. capillifo- zu 39 (2006) Arten nahezu unverän- größen und mangelnde Reproduktion lium, das Löffelblatt-Torfmoos Sphag- dert geblieben, so auch bei der Sumpf- ebenso festzustellen wie abnehmende num platyphyllum, das Feine Torfmoos Engelwurz Angelica palustris (Abb. 10). Habitatflächen und verschlechterte Ha- Sphagnum rubellum var. subtile sowie Befanden sich zum Abschluss des Mo- bitatqualität. Für die Landbewirtschaf- das Zentrierte Torfmoos Sphagnum nitorings 2006 noch 14 Arten in einem tung liegen Konzepte zur Behandlung centrale. Für das Weißmoos Leucobry- günstigen (FV) und lediglich eine Art in von schutzbedürftigen Bereichen vor. um glaucum erfolgt die Bewertung nur einem ungünstig-schlechten (U2) Erhal- Zum Teil werden auch entsprechen- auf Bundesebene. tungszustand, so ist für den Berichtszeit- de Förderprogramme angeboten. Be- raum 2007–2012 mit zehn günstigen kannt ist auch, wo der Vernichtung Auf Bundesebene wurden 2012 aller- (FV) und sieben ungünstig-schlechten von Vorkommen nur mit strengem dings die meisten Arten des Anhangs V (U2) Gesamteinstufungen ein negati- Schutz der vorhandenen Lebensräu- wie sämtliche Bärlappe, Torfmoose, ver Trend zu verzeichnen. Im Vergleich me zu begegnen ist. Voraussichtlich Rentierflechten sowie vom Anhang II zur Berichtsperiode 2001–2006 erga- werden komplexe Schutzmaßnahmen das Grüne Koboldmoos Buxbaumia viri- ben sich für keine der Pflanzenarten und nötigenfalls Bewirtschaftungsvor- dis mit unbekannt (XX) eingeschätzt, so eine Verbesserung, 43 unveränderte gaben nötig sein, um Verbesserungen dass kein Vergleich mit der Bewertung Einstufungen sowie zehn Verschlechte- zu erreichen. Thüringens möglich ist. Die sowohl in rungen. Die schlechteren Einstufungen
62 Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 51 (2) 2014: 51–66 betreffen fast ausschließlich Torfmoose des Anhangs V. Sie sind meist auf eine Verschlechterung der Kriterien Habitat (Pflegedefizite, Nährstoffeinträge, Was- serhaushalt) und zum Teil Zukunftsaus- sichten zurückzuführen. Für 13 der insgesamt 14 Farn- und Blü- tenpflanzen ist der Erhaltungszustand ungünstig-unzureichend (U1), für die Arnika Arnica montana ungünstig- schlecht (U2). Bei diesen Arten ergaben sich keine Änderungen zum voran- gegangenen Berichtszeitraum. Hierzu zählt auch der Frauenschuh Cypripe- dium calceolus, dessen Erhaltungszu- stand mit ungünstig-unzureichend (U1) eingestuft wurde. Allerdings ist hier das Kriterium Zukunftsaussichten zu ungünstig-unzureichend (U1) herabge- Abb. 11: Rogers Kapuzenmoos Orthotrichum rogeri ist eine der vier im Thüringer FFH-Mo- stuft worden, weil die sich verschlech- nitoring untersuchten Arten. Es ist auch im gesamteuropäischen Maßstab sehr selten und ternden Habitatstrukturen an vielen konnte in Thüringen bislang nur in drei sehr kleinen Populationen nachgewiesen werden. Um Wuchsorten teilweise zu großen bis so wichtiger ist die Erhaltung der betreffenden Salweidenbestände. drastischen Rückgängen der Populatio- (Aufn. J. Eckstein 19.10.2011) nen führten, was sich wiederum nega- tiv auf die Erneuerungsrate auswirkte teil des Thüringer FFH-Monitorings. Für tungszustandes, der Bewertung von Kri- (Töpfer 2013). Beim Prächtigen Dünn- die ersten beiden Arten ist der Erhal- terien und weiteren Daten, Angaben zu farn Trichomanes speciosum wurde der tungszustand ungünstig-unzureichend deren Vorkommensfläche in Thüringen Erhaltungszustand um eine Stufe auf (U1), für die beiden anderen Arten mit aufgenommen (Flächen-Werte in ha). ungünstig-unzureichend (U1) herabge- günstig (FV) bewertet worden. Bei den Am Beispiel des Lebensraumtyps (*) 6210 stuft. Vom Gutachter (Preussing 2013) restlichen 34 Arten handelt es sich aus- „Trespen-Schwingel-Kalk-Trockenrasen“ werden verschiedene Ursachen für eine schließlich um Torfmoose, welche im wurde bereits darauf hingewiesen, dass Verschlechterung der Habitatqualität Rahmen einer landesweiten Erfassung vom Berichtszeitraum 2001–2006 ab- aufgeführt, die durch die Ergebnisse bewertet wurden. weichende aktuelle Flächen-Werte im des Monitorings belegt wurden. Das Wesentlichen in der 2007–2012 gegen- in den Jahren 2011 bis 2013 durchge- Bei den sieben Flechten handelt es sich über 2001–2006 deutlich verbesserten führte Maßnahmeprogramm für Bär- um Rentierflechten bzw. deren Unter- Datenlage ihren Grund haben können lappgewächse hat spürbar zur Stabi- arten (Cladonia spp.), welche als Sip- und nicht notwendigerweise Flächenzu- lisierung der Situation beigetragen, es pen des Anhangs V im Rahmen der oder -abgänge im Umfang der Abwei- konnte jedoch keine Verbesserung des landesweiten Erfassung für Thüringen chung abbilden. Die Hauptursache für Erhaltungszustandes einer Art erreicht bewertet wurden. Sechs Flechten be- nach wie vor zu erwartende Unschärfen werden (Horn & Korsch 2013). finden sich – wie bereits 2001–2006 – in bei der Angabe des Flächen-Wertes für einem ungünstig-unzureichendem (U1), einzelne Lebensraumtypen ist im Feh- Von insgesamt 39 zu untersuchenden Cladonia stellaris in einem ungünstig- len einer landesweiten Lebensraumtyp- Moosarten bzw. -unterarten befinden schlechten (U2) Erhaltungszustand. Erfassung außerhalb von FFH-Gebieten sich zehn in einem günstigen (FV), 19 Zusammen mit Cladonia stygia wurde zu suchen. in einem ungünstig-unzureichenden C. stellaris das erste Mal erfasst, so (U1) sowie fünf in einem ungünstig- dass ein Vergleich mit 2001–2006 nicht Bei den Bewertungen des EHZ der Le- schlechten (U2) Erhaltungszustand. Im möglich ist. Während die Vorkommen bensraumtypen erfolgten 2007–2012 Vergleich zu 2001–2006 ergaben sich an Felsen und Blockhalden relativ stabil gegenüber 2001–2006 in der Summe für 25 Moose keine Veränderungen, bei sind, unterliegen die Vorkommen auf wenige Veränderungen. Nur drei in neun hat sich der Erhaltungszustand Sukzessionsflächen in nährstoffärmeren Thüringen jeweils mit kleiner Fläche verschlechtert, für fünf ist eine Bewer- Wäldern, Zwergstrauchheiden und vertretene Lebensraumtypen weisen ei- tung nicht möglich gewesen. Mit dem Sandtrockenrasen einer größeren Dy- nen günstigen (FV) Erhaltungszustand Grünen Koboldmoos Buxbaumia viridis namik, entstehen aber auch immer auf, wohingegen der Erhaltungszu- und dem Grünen Besenmoos Dicranum wieder neu (Scholz 2011). stand des überwiegenden Teils der Of- viride, dem Dreimännigen Zwerglun- fenland-Lebensraumtypen (25 von 34; genmoos Mannia triandra sowie Rogers Offenland-Lebensraumtypen Wert 2001–2006: 26) nach wie vor als Kapuzenmoos Orthotrichum rogeri In Tabelle 3 sind für alle Lebensraumty- ungünstig-unzureichend (U1) bewertet (Abb. 11) sind nur vier Arten Bestand- pen, neben der Bewertung des Erhal- wird. Der Erhaltungszustand von sechs
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