Bedeutung und Funktion von Tattoos - Definizium Records
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Bedeutung und Funktion von Tattoos Tätowierungen können sehr unterschiedliche Funktionen und Bedeutungen haben. Die Literatur nennt u. a. Funktionen als Mitgliedszeichen und rituelles oder sakrales Symbol. In der heutigen Zeit dienen Tätowierungen auch als Ausdrucksmöglichkeit für Exklusivität, Selbstdarstellung, Geltungssucht und Abgrenzung(siehe auch Bourdieu). Weiterhin auch als Mittel zur Verstärkung sexueller Reize, Schmuck, Protest (Punk) und nicht zuletzt die der politischen Stellungnahme. Mit sogenannten Knast- Tätowierungen können Rangfolgen und „Kastenzugehörigkeiten“ etwa durch das Kreuz der Diebe dargestellt werden, sowie Funktionen, die der Häftling während der Gefangenschaft innehatte, wie beispielsweise „Schläger“, „Rowdy“, „Aufrührer“ oder „Boss“. Darüber hinaus gibt es Kennzeichnungen für Mörder oder „Lebenslängliche“, und auch die Meinung zur Justiz bis hin zu offenen Drohungen oder gar erfolgreich ausgeführte Rache können als Tätowierung kundgetan werden. Auch sexuelle Einstellungen werden durch Tätowierungen ausgedrückt. Angaben, in welchen Gegenden man bereits inhaftiert war, die Sehnsucht nach Freiheit oder der Vorsatz auszubrechen sind ebenso Themen wie die Anzahl der abzusitzenden Jahre, die in der Anzahl der Holzscheite unter einem Feuer oder der Stacheln am Stacheldraht ausgedrückt werden können. Die so genannte Knastträne unter dem Auge lassen sich Gefangene stechen, die mehr als zehn Jahre in Haft verbringen. Adolf Loos bezeichnete in seiner Schrift Ornament und Verbrechen die Tätowierung als Ornament. Tattoos als Kulturelles Symbole Gesellschaftliche Bedeutung in Japan Eine sehr lange Tradition haben Tätowierungen in Japan, wo sie Irezumi (jap. 入(れ)墨, wörtlich: „Tinte einbringen“) bzw. Horimono (彫(り)物, wörtlich eigentlich: „Bildhauerei, Schnitzerei“) genannt werden. Die früheste Erwähnung findet sich im chinesischen Geschichtswerk Weizhi Worenchuan, in dem das Japan des 3. Jahrhunderts beschrieben wird. Daneben lassen sich Tätowierungen (Anci-Piri) auch bei den Ainu, der nordjapanischen Urbevölkerung, nachweisen. Zu Beginn der Edo-Zeit (1603 bis 1868) waren Tätowierungen unter anderem bei Prostituierten und Arbeitern sehr beliebt. Ab 1720 wurde die Tätowierung als eine Art Brandmarkung für Kriminelle eingesetzt, weshalb sich „anständige“ Japaner nicht mehr tätowieren ließen. Wer als Krimineller gezeichnet war, konnte sich nicht mehr in die Gesellschaft eingliedern, was zur Bildung einer eigenen Schicht führte: den Yakuza. Unter der Meijiregierung wurde 1870 diese Praxis abgeschafft, Tätowierungen wurden komplett verboten, was erst 1948 aufgehoben wurde. Obwohl stilistisch sehr einheitlich, gibt es eine große Vielfalt an Motiven, die oft der Mythologie entnommen sind, wie Drachen oder Dämonen, die häufig aus Sagen stammen und eine ganze Geschichte erzählen. Oder es gibt Symbole wie Kirschblüten (Schönheit und Freude, aber auch Vergänglichkeit) und Kois (Erfolg, Stärke und Glück). Ein Stil mit blutigen und grausigen abgehackten Köpfen entwickelte sich, als gegen Ende des 19.
Jahrhunderts Gruselgeschichten in Japan äußerst populär wurden. Eine japanische Sitte ist es, sich zeitlebens von einem einzigen Künstler tätowieren zu lassen; oftmals entstehen daraus über Jahre hinweg großflächige Gemälde auf dem ganzen Körper, die schließlich vom Künstler signiert werden. Tätowierungen sind in Japan noch immer stigmatisiert und werden oft als Verstrickung ins kriminelle Milieu interpretiert. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Yakuza-Kultur (vor allem die den kompletten Torso einnehmenden, sogenannten Bodysuits). In manchen öffentlichen Bädern wird Menschen mit großflächigen Tätowierungen der Eintritt verweigert. Aber ebenso wie im Westen werden Tätowierungen gerade bei jungen Japanern immer beliebter und dadurch einer breiteren Gesellschaftsschicht vertraut. Heutzutage gibt es in Japan viele weltweit bekannte Tätowierer (zum Beispiel Horiyoshi III), die ihr Können an ihre Schüler weitergeben. Andererseits geht die Verbreitung von Tätowierungen unter Gangmitgliedern zurück, da diese keine Aufmerksamkeit wecken wollen. Somit löst sich in Japan die Verbindung zwischen Kriminalität und Tätowierung. In letzter Zeit erfreuen sich auch in westlichen Kulturen Tätowierungen im japanischen Stil wachsender Beliebtheit. Gesellschaftliche Bedeutung in der westlichen Welt Tätowierungen hatten ursprünglich im Westen das Stigma des Matrosen oder Sträflings, erfreuen sich aber spätestens seit den 1990er Jahren größerer Beliebtheit. Was vorwiegend als Ausdruck einer Jugendkultur begann, die auch Piercing und Branding umfasst, ist heute in breiten Gesellschaftsschichten vorzufinden. Zahlreiche Prominente, die sich öffentlich mit Tätowierungen zeigten, trugen zu einer zunehmenden Akzeptanz bei. Dennoch werden Tätowierungen nach wie vor auch als Code und Sprache innerhalb krimineller Banden verwendet. So sind beispielsweise unter Anhängern der russischen Gruppe Diebe im Gesetz den tätowierten Motiven begangene Straftaten, abgesessene Gefängnisjahre oder die Hierarchie innerhalb der Gruppe zu entnehmen. In Deutschland sind, unter anderem bei ehemaligen Häftlingen, Spinnen am Hals oder Hinterkopf, Tränen an den Augenrändern („Knasttränen“) oder drei Punkte zwischen Daumen und Zeigefinger gelegentlich anzutreffen. Kinder nutzen Abziehtattoos, die sich leicht wieder entfernen lassen, aber unter dem Begriff Tattoo oder Tätowierung firmieren. Analog dazu finden sich auch sogenannte Hennatätowierungen, die nicht in die Haut gestochen, sondern aufgemalt werden. Hier wird nur die Hornschicht der Oberhaut eingefärbt. Da diese verhornten Zellen kontinuierlich abschuppen, verschwindet die vorgebliche Tätowierung nach einigen Wochen. Diese Entwicklung zeigt die Annäherung des Tätowierens an den Mainstream, ermöglicht sie doch eine Tätowierung als Modeaccessoire. Auch die Bio-Tätowierung verschwindet angeblich nach einigen Jahren von selbst, weil nicht so tief gestochen wird. In Wirklichkeit geschieht das aber nur sehr selten, wenn überhaupt, da es quasi unmöglich ist, so genau zu arbeiten, dass weder zu flach gestochen wird (die Tätowierung verschwindet schon während der Heilung) noch zu tief (die Tätowierung bleibt). Mindestens Teile oder ein
Schatten der Tätowierung bleiben zumeist erhalten. Daher wird von seriösen Tätowierern davor gewarnt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat eine Tätowiererin zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verurteilt, weil sie der Kundin zugesichert hatte, die Bio-Tätowierung würde nach drei bis sieben Jahren verschwinden – was nicht geschah. Der Anteil der Tätowierten an der deutschen Bevölkerung nimmt zu. So stieg der Anteil der tätowierten Männer im Alter zwischen 25 und 34 Jahren von 22,4 % (2003) auf 26 % (2009), der der tätowierten Frauen zwischen 25 und 34 Jahren verdoppelte sich sogar beinahe von 13,7 % (2003) auf 25,5 % (2009). Die beliebtesten Stellen waren dabei die Arme und der Rücken. In Deutschland trägt inzwischen fast jeder fünfte Erwachsene eine Tätowierung (Stand: April 2018).Insbesondere stieg der Anteil der tätowierten bei Frauen und älteren Menschen. 2017 war rund die Hälfte aller Frauen zwischen 25 und 34 Jahren tätowiert. Damit stieg in dieser Frauengruppe allein zwischen 2009 und 2017 um mehr als 19 Prozent an. Bei 35- bis 44-Jährigen Frauen gab es einen Zunahme der tätowierten um 15 Prozent. In Österreich hat das IMAS-Institut April/Mai 2016 Österreicher über 16 Jahre befragt: Fast ein Viertel davon sind tätowiert, von den unter 35-Jährigen sogar 40 Prozent. Bei russischen Kriminellen wie den sogenannten Dieben im Gesetz fungieren als Tätowierungen als Erkennungszeichen. Religion und Tätowierung Innerhalb des Judentums stoßen Tätowierungen teilweise nach Lev 19,28 EU auf Ablehnung. Tätowierungen, zu denen Juden gezwungen wurden (beispielsweise Nummern-Tätowierungen in Konzentrationslagern), werden toleriert (da sie unter Zwang passierten). Allerdings dürfen solche zwanghaften Tätowierungen nicht durch weitere Tätowierungen verändert oder unsichtbar gemacht werden. Bis 1890 wurden in Bosnien katholische Mädchen tätowiert, um einen Übertritt zum Islam zu verhindern. Armenische Christen hielten die Tradition der Pilgertätowierung bis zum Ersten Weltkrieg bei; so lange wurde diese Form der Markung in Jerusalem angeboten. Koptische Christen in Ägypten tragen ein Kreuz an der Innenseite des rechten Handgelenkes, um sich vom Islam zu distanzieren. Unter den Tigray in Äthiopien und in Eritrea ist unter anderem das Tragen eines tätowierten Kreuzes aus dem orthodoxen Christentum auf der Stirn verbreitet. In früheren Zeiten war Christen das Tragen von Tätowierungen verboten. Eine besondere Form der religiösen Tätowierung stellt die in Südostasien verbreitete Yantra-Tätowierung dar. Tattoos Stil in der Moderne Tätowierungen sind in der Gesellschaft angekommen. Das beweisen nicht nur etwa acht Millionen tätowierte Deutsche, sondern auch die diversen Tattoo Stilrichtungen und -arten. Konnte man getintete Haut früher fast ausschließlich sich prostituierenden, in See stechenden oder kriminellen Machenschaften nachgehenden Menschen zuteilen (liebstes Gegenargument vieler besorgter Eltern), sind heute beinahe alle und auch ihre Mütter mit permanenter Körperkunst verschönert.
Viel Rumgesteche bedeutet natürlich auch Ergebnisse unterschiedlicher Qualität: Von beschämenden Gurken bis positiv aufmerksamkeitserregenden Meisterwerken hat so ein alltäglicher Schwimmbad-Besuch im Sommer eigentlich alles zu bieten. Ob besonders willige Menschen sich nun beim talentfreien Cousin der Bekannten der Kollegin ihres Vaters auf dem Ecksofa verschandeln lassen oder sich doch lieber auf die Suche nach einem talentierten Profi begeben, können wir leider nicht beeinflussen. Macht doch, was ihr wollt. KEIN SEEMANNSGARN: DIE POPULÄRSTEN TATTOO STILRICHTUNGEN Generell gilt: Ein voller Terminkalender und eine gutgläubige Horde Fans bei Facebook sind kein Zertifikat für gute Tätowierer/innen. Wer für immer schön sein will, muss leiden, recherchieren und ein gutes Auge für echte Ästhetik haben. Zumindest in Sachen Kunstrichtungen und artistisches Fachwissen helfen wir euch heute in äußerst seriöser Weise und im wohlwollenden Bildungsauftrag auf die Sprünge. Die Sammel- und Bewertungsseite Tattoo Chief hat eine Infografik über die zehn beliebtesten Tattoo Stilrichtungenerstellt, die wir euch nicht vorenthalten wollen. 1. OLD SCHOOL Old School oder American Traditional ist im Grunde genommen das, woran eure ruhelose Mama denkt, wenn sie euch mit bärtigen Matrosen vergleicht. Dicke Konturen, zweidimensionale, bunte Innenflächen und simple Motive. Simplizität macht die Schwalben, Meerjungfrauen, Anker und Rosen dabei aber keineswegs weniger ansehnlich – wir sehen es als Ode an die traditionelle Kunst des Tätowierens und die vernarbten Kleinkriminellen der ersten Tattoo-Generation. 2. NEW SCHOOL ODER NEO TRADITIONAL New School orientiert sich mit breiten Konturlinien an den Techniken des Old School, ist durch mehr Farbe, mehr Motivauswahl und mehr Schattierungen aber deutlich krasser unterwegs – die rebellische kleine Schwester des Traditional, oder so. 3. TRASH POLKA Angeblich kommt Trash Polka aus Deutschland und auch wenn es sehr nach SLEAZE klingt, haben wir damit nicht zu tun (ischschwöre). Trash Polka als Stilrichtung im Tattoo- Business vereint geometrische Aspekte, fotorealistische Abbildungen und setzt durch rote Farbeinsätze einen bunten Kontrast zur Basis in Black and Grey. Wir würden es als schöne Formvollendung schöpferischer Unentschlossenheit beschreiben. 4. BLACKWORK Eigentlich fast alles mit schwarzer Tinte auf Haut. 5. DOTWORK Schwarze (und bunte) Tinte in Punktform auf Haut. Dotwork ist eine weniger schmerzvolle Art, eine Tätowierung mit Schattierungen auszufüllen, hat im Internet aber ein bisschen den Ruf, dem Hipstertum verfallen zu sein. Den haben wir allerdings auch und wir sind ziemlich großartig. 6. GEOMETRISCH
Wo wird gerade bei Hipstern sind: Wenn ihr euch ein umgedrehtes Dreieck zwischen die Brüste tätowieren lassen wollt, dann ist das offensichtlich ein geometrisches Tattoo. 7. SKIZZEN Skizzenhaft oder eben Sketch Work, sind Tattoos dann, wenn sie spontan und unfertig aussehen (und das vom Künstler oder der Künstlerin auch so gewollt war). 8. AQUARELL ODER WATERCOLOR Wenn wir Tribals den 1990ern zuordnen können, dann können unsere Nachfahren Tätowierungen in Aquarell-Optik definitiv mit 2015 verbinden. Das It-Girl unter den Tattoos hat keine Konturen und arbeitet mit verträumt dahin geklecksten Wasserfarbenklecksen. Kritische Stimmen äußern sich gespannt auf die weitere Entwicklung: Haut lebt, Tätowierungen verblassen, und eventuell ist die Aquarell-Katze mit 80 nichts weiter als ein blauer Fleck am Schulterblatt. Wer weiß das schon – Stay tuned. 9. SURREALISMUS Eine reale Hommage an Magritte, Miró, Dalí und Co. und definitiv das anspruchsvolle Pendant zu Unendlichkeitsschleifen, Vögeln in Pusteblumen und sonstigen Tumblr-Tattoo- Motiven. 10. ILLUSTRATIV Illustrativ, so sagt man, ist ein Tattoo, wenn es realistische und zeichnerische Aspekte vereint. Quasi wie eine realistische Zeichnung auf Papier, nur halt auf Mensch. Ceci n’est pas un tatouage, oder so.
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