BEE-Stellungnahme zum ersten Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber für den Netzentwicklungsplan Strom 2035, Version 2021

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BEE-Stellungnahme zum ersten Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber für den Netzentwicklungsplan Strom 2035, Version 2021
BEE-Stellungnahme
zum ersten Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber für
den Netzentwicklungsplan Strom 2035, Version 2021

 Berlin, 05. März 2021
BEE-Stellungnahme zum ersten Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber für den Netzentwicklungsplan Strom 2035, Version 2021
BEE-Stellungnahme zum ersten Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber für den Netzentwicklungsplan Strom 2035,
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung ................................................................................................................................ 2
1.           Szenariorahmen ....................................................................................................... 2
     1.1.        Kompatibilität mit dem Klimaschutzplan ................................................................ 2
     1.2.        Ausbaupfade für die Erneuerbaren Energien ........................................................ 3
     1.3.        Regionale Verteilung und zeitlicher Verlauf des Stromverbrauchs ........................ 4
2.           Netzanalysen ............................................................................................................ 4
     2.1.        Vergrößerung des Startnetzes .............................................................................. 4
     2.2.        Planungsgrundsätze ............................................................................................. 5
     2.3.        Abstimmung mit den Verteilnetzbetreibern ............................................................ 5
     2.4.        Einsatz der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungstechnologie ..................... 6
     2.5.        Optimale Auslastung der Bestandsnetze............................................................... 6
     2.6.        Verteilnetzorientierte Betriebsweise „neuer“ Stromanwendungen ......................... 6
     2.7.        Integrierte Netzentwicklungsplanung ..................................................................... 7
3.           Marktmodell .............................................................................................................. 7

      Einleitung

Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) begrüßt die Möglichkeit zur Stellung-
nahme im Rahmen der Konsultation der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) zum ersten Entwurf
des Netzentwicklungsplans (NEP) Strom 2035 in der Version 2021. Der BEE möchte die Chance
nutzen, sich an den Diskussionen zu diesem Dokument zu beteiligen und damit dazu beitragen,
den Ausbau der Stromnetze auf eine Zukunft auszurichten, welche in allen Sektoren von dezent-
raler und regenerativer Energie geprägt ist.

      1. Szenariorahmen

Der Szenariorahmen beschreibt verschiedene mögliche Entwicklungen des Energiesystems in
Deutschland und Europa und bildet damit die Grundlage für die Strommarktsimulation und die
folgenden Netzanalysen. Er trifft Annahmen zu den installierten Kraftwerkskapazitäten – erneu-
erbar wie konventionell – sowie zur Stromnachfrage in den festgelegten Zieljahren. Die Szena-
rien und die damit einhergehenden Annahmen sollen im Folgenden bewertet werden.

      1.1.      Kompatibilität mit dem Klimaschutzplan

Zentraler Treiber für die Energiewende und die Bemühungen zur Minderung des Ausstoßes von
Treibhausgasen ist das Ziel die Erderwärmung auf ein politisch und wirtschaftlich verkraftbares
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BEE-Stellungnahme zum ersten Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber für den Netzentwicklungsplan Strom 2035,
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Maß zu begrenzen. In § 12a EnWG „Szenariorahmen für die Netzentwicklungsplanung“ heißt es,
dass der Szenariorahmen die Bandbreite wahrscheinlicher Entwicklungen im Rahmen der mittel-
und langfristigen energiepolitischen Ziele der Bundesregierung abdecken müsse. Die deutsche
Politik hat sich mehrfach zum Pariser Klimaschutzabkommen bekannt und sich mit dem Klima-
schutzplan vom November 2016 das Ziel gesetzt, den nationalen CO2-Ausstoß im Jahr 2030 um
56 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als verwunder-
lich, dass erneut keines der vorgelegten Szenarien geeignet ist, die Anforderungen des Klima-
schutzplans zu erreichen.
Insbesondere die Annahmen im Hinblick auf die Sektorenkopplung erscheinen für die Zielerrei-
chung ungeeignet. Die Berechnungen des BEE 1 zeigen stattdessen, dass die Anzahl der Wär-
mepumpen und Elektrofahrzeuge im Jahr 2035 des Szenarios C bereits bis 2030 erreicht werden
muss. Die Power to Gas (PtG)- und Power to Liquid (PtL)-Mengen müssen für das Erreichen der
Klimaschutzziele ebenfalls deutlich stärker als im NEP 2035 (2021) zunehmen. So beträgt der
gesamte PtG- und PtL-Bedarf im BEE-Szenario etwa 150 TWh für das Jahr 2030, wovon mehr
als 50 TWh inländisch erzeugt werden. Das ist um den Faktor 2,5 mehr als im Szenario C für
das Jahr 2035. Die hohe inländische PtG/PtL-Erzeugung ist sowohl aus klimapolitischer als auch
industriepolitischer Sicht notwendig, da die BEE-Import-Annahmen bereits sehr ambitioniert sind
und eine sehr schnelle internationale Power to X (PtX)-Marktentwicklung (v.a. in der MENA (Mi-
ddle East & North Africa)-Region) erfordern.

      1.2.   Ausbaupfade für die Erneuerbaren Energien

Die Summe neuer Stromanwendungen und die damit einhergehenden angenommenen Ausbau-
pfade für die erneuerbaren Energien (EE) im NEP 2035 (2021) sind selbst im Szenario C zu
niedrig und werden zum Verfehlen des Klimaschutzplans führen. Die wahrscheinliche Anhebung
der deutschen Klimaschutzziele von 56% im Klimaschutzplan auf 60-65% werden einen noch
höheren EE-Ausbau als im BEE-Szenario 2030 erfordern.
Es ist in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar, warum die Leistung, welche Bioenergie
im Szenario B 2035 bereitstellen soll, mit 7,5 GW deutlich unter den 8,3 GW des Referenzjahres
2019 liegt. Bei einem unterstellten „relevanten“ stromnetzorientierten Einsatzverhalten von Er-
zeugern kann die installierte Leistung der Bioenergie, welche aktuell den größten Teil zur flexib-
len Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien beiträgt, nicht sinken. Unverständlich ist auch,
warum die Leistung im Biomassebereich in Szenario B 2040 dann wieder auf 8,2 GW steigen
soll. Es ist nicht nachvollziehbar, welche politischen Prozesse dazu führen sollen, dass die in-
stallierte Leistung zunächst von 8,3 GW im Jahr 2019 auf 7,5 GW in Szenario B 3035 fallen soll,
um anschließend im Szenario B 2040 wieder auf 8,2 GW zu steigen. Der BEE weist diesbezüg-
lich darauf hin, dass der Gesetzgeber in § 4 EEG 2021 das Ziel verankert hat, bis zum Jahr 2030
über eine installierte Leistung von 8,4 GW im Biomassebereich zu verfügen.
Auch im Photovoltaik (PV)-Bereich ist der angenommene Ausbaupfad viel zu gering um die ge-
setzten Klimaschutzziele zu erreichen. So basiert der PV-Zubau noch auf dem zugehörigen Sze-
nariorahmen vom letzten Jahr. Mit Hinblick auf das 100 GW Ziel bis 2030 im EEG 2021 ist es

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nicht nachvollziehbar, warum die ÜNB für die Jahre 2031 bis 2035 eine Verringerung des jährli-
chen PV-Zubaus auf zwei bis max. vier GW erwarten. Der PV-Zubau liegt damit deutlich unter
dem mittlerweile politisch anerkannten Zubaupfad des EEG 2021.
Darüber hinaus sind im Windbereich die angenommenen durchschnittlichen Volllaststunden für
Windenergie Onshore von maximal 2240 im NEP 2035 (2021) zu niedrig angesetzt. Die Deut-
sche Windguard erwartet bereits bis 2030 einen Anstieg der durchschnittlichen Volllaststunden
auf 2500.2 Auch die Offshore-Branche erwartet deutlich höhere Volllaststunden als die im NEP
2035 (2021) genannten 4000 Stunden.

      1.3.   Regionale Verteilung und zeitlicher Verlauf des Stromverbrauchs

Im Kap. 2.3.1. des NEP 2035 (2021) wird erläutert, dass zur Berechnung und Darstellung der
räumlichen Verteilung des Stromverbrauchs die Werte je Sektor für das Jahr 2016 auf die ein-
zelnen Bundesländer heruntergebrochen werden. Anschließend wird der bundeslandscharfe
Nettostromverbrauch der einzelnen Sektoren den zugehörigen Landkreisen zugeordnet.
Aus Sicht des BEE ist zu hinterfragen, ob ein solcher Top-Down-Ansatz in Verbindung mit Strom-
verbrauchsprofilen eine geeignete Berechnungsmethodik mit einer entsprechenden Genauigkeit
darstellt oder ob man von Anfang an durch Nutzung der aktuellen Netzdaten (2019) auf Um-
spannwerks-Ebene potentiell zu genaueren Ergebnissen kommen würde.
Darüber hinaus kritisiert der BEE, dass für die räumliche Verteilung des Stromverbrauchs und
die Stromverbrauchsprofile unterschiedliche Zeitreihen (2016 bzw. 2012) verwendet wurden,
was zusätzlich zu einer Fehlertoleranz führt. Diese Zeitreihen sind überdies bereits 5 bzw. 9
Jahre alt und können so nicht die Veränderungen (veränderter Lastverbrauch, Netzausbau,
usw.) berücksichtigen, die sich seit diesen Zeitpunkten ergeben haben.

      2. Netzanalysen

Im NEP 2035 (2021) wurden verschiedene Grundsätze der Netzplanung festgelegt und Maß-
nahmen zur Weiterentwicklung des Netzes erläutert, zu denen im Folgenden Position bezogen
werden soll.

      2.1.   Vergrößerung des Startnetzes

Gegenüber dem NEP 2030 (2019) vergrößern sich Umfang und Kostenvolumen des Startnetzes
deutlich. Der Grund ist, dass für die Gleichstrom-Projekte DC1-5 die Planfeststellungsverfahren
eröffnet wurden bzw. in Kürze eröffnet werden, so dass die Projekte vom Zubau- in das Startnetz
überführt wurden.

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Die Veränderungen sind sachgerecht. Es ist hilfreich, dass mit der Überführung der genannten
Projekte in das Startnetz die Kostendimension sowie der Umfang mittelfristig anstehender Netz-
ausbau- sowie Netzverstärkungsmaßnahmen deutlicher werden.

      2.2.   Planungsgrundsätze

Die ÜNB haben gemeinsame Grundsätze für die Ausbauplanung des deutschen Übertragungs-
netzes festgelegt. Diese Grundsätze gelten auch für die Planungen im Rahmen des vorliegenden
NEP 2035 (2021). Sie legen die Untersuchungsmethodik der Netzplanung fest und definieren
Beurteilungskriterien für ein bedarfsgerechtes Übertragungsnetz. Ein solches Kriterium ist das
(n-1) – Kriterium, welches festlegt, dass in einem Netz bei prognostizierten maximalen Übertra-
gungs- und Versorgungsaufgaben die Netzsicherheit auch dann gewährleistet bleiben muss,
wenn eine Komponente ausfällt oder abgeschaltet wird.
Laut NEP 2035 (2021) soll das (n-1)-Kriterium unabhängig von der eingesetzten Übertragungs-
technologie gelten. Aufgrund der besonders hohen Leistung von Hochspannungs-Gleichstrom-
Übertragungs (HGÜ) - Verbindungen wäre es allerdings wünschenswert, wenn deren Einfluss
auf n-1 Störfälle expliziter im NEP 2035 (2021) ausgearbeitet würde.

      2.3.   Abstimmung mit den Verteilnetzbetreibern

Im NEP 2035 (2021) werden die Planungen für die Verteilnetze nicht in ausreichendem Maß in
die Übertragungsnetzplanung einkalkuliert. Es werden in den Szenarien lediglich die zusätzli-
chen Bedarfe an Transformatoren zwischen dem Höchst- und dem Hochspannungsnetz (380 kV
/ 110 kV) in Abstimmung mit den Verteilnetzbetreibern ermittelt.
Es gibt jedoch verschiedene andere Stellen, an denen eine gemeinsame Planung von Verteil-
netzbetreibern (VNB) und Übertragungsnetzbetreibern netz- und volkswirtschaftlich von Vorteil
sind. Wenn bspw. in Kapitel 5.1.3. darauf hingewiesen wird, dass Blindleistung beschafft werden
muss, dann kann auch eine Schnittstelle ÜNB-VNB als Quelle oder Senke für Blindleistung die-
nen.
Eine branchenübergreifende Arbeitsgruppe unter der Leitung der Deutschen Energie-Agentur
(dena) und des Büros für Energiewirtschaft und technische Planung (BET) hat bestätigte bereits
2017, dass im Verteilnetz erhebliche zusätzliche Flexibilitätspotenziale („dezentrale Flexibilität“)
lägen und durch eine bessere Auslastung der Bestandsnetze die volkswirtschaftlichen Kosten
jährlich um 200 Millionen Euro gesenkt werden könnten.3
Der BEE fordert, den Stromnetzausbau so kosteneffizient wie möglich zu gestalten und die Po-
tenziale der Verteilnetze für eine stärkere Auslastung der Stromnetze unbedingt einzubeziehen.
In einem ersten Schritt müssen die größten VNB in die Übertragungsnetzberechnung einbezo-
gen werden, um Netzausbaukosten zu senken.

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   2.4.    Einsatz der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungstechnologie

In Kapitel 5.1.3. werden ausführlich die verschiedenen Vorteile des Einsatzes von HGÜ-Verbin-
dungen erläutert. Auch der BEE sieht die Stärken der HGÜ-Technologie, insbesondere die ver-
lustarme Übertragung hoher Leistung über lange Distanzen. Die weiteren genannten Vorzüge
sollten jedoch differenzierter dargestellt werden.
So tragen HGÜ nicht per se zu mehr Systemsicherheit und Systemstabilität bei: Je nach Ausge-
staltung können sie diesbezüglich einen positiven Effekt haben oder aber ein zusätzliches Risiko
darstellen. Insbesondere bei Netzstörungen (n-1 oder n-x) sind HGÜ-Strecken je nach Eigen-
schaften, Betriebspunkt und Art der AC-Netzstörung nur bis zu einem gewissen Grad stabilisie-
rend für das AC-Netz.
Auch die Darstellung von Regelbarkeit und Steuerbarkeit als eindeutiger Vorteil von HGÜ-Tech-
nologie ist problematisch, denn auch HGÜ-Strecken sind nur in Grenzen regel- und steuerbar.
Diese Grenzen sind einerseits physikalisch (z.B. Grenzen der Halbleiter) und andererseits Soft-
ware-bedingt (Eigenschaften der Umrichtersteuerung).
Aus Sicht des BEE spricht nichts dagegen die verschiedenen Einflussgrößen der HGÜ-Techno-
logie hervorzuheben, allerdings sollten anstelle einer reinen Darstellung als Vorteil auch die je-
weils gegebenen Grenzen und Einschränkungen dargestellt werden.
Bezüglich des in Kapitel 5.1.4. vorgestellten DC-Hub-Ansatzes stellt sich darüber hinaus die Fra-
gen, ob dieser bei der Untersuchung der dimensionierenden n-1-Störfälle berücksichtigt wurde.
Ein DC-Netzelement kann genauso technische Störungen haben wie ein AC-Element. Bei der
noch relativ jungen DC-Technologie ist sogar eine eher höhere Störungsrate plausibel. Ein DC-
Kurzschluss ist schwerer zu beherrschen als ein AC-Kurzschluss. Je konzentrierter Leistung
über einen solchen DC-Hub geführt wird, desto gravierender sind die Störungen des Gesamtnet-
zes im Fall einer DC-Störung. Diese Kehrseite des DC-Hub-Ansatz müsste hier ebenso erwähnt
werden wie seine Vorteile.

   2.5.    Optimale Auslastung der Bestandsnetze

Der BEE sieht es grundsätzlich positiv, dass der Netzentwicklungsbedarf durch die Integration
der in Kapitel 5.2. genannten innovativen Technologien auf das geringstmögliche erforderliche
Maß begrenzt werden soll.
Die eingesetzten innovativen Technologien sollten jedoch nicht direkt von den ÜNB betrieben
werden, sondern überall dort wo möglich marktlich beschafft werden, das Unbundling muss hier
Anwendung finden. Dies gilt insbesondere für die genannten Netzbooster, die, falls großflächig
von den ÜNB selbst betrieben, eine unzulässige Konkurrenz zu anderen, marktgestützten Flexi-
bilitäten darstellen würden.

   2.6.    Verteilnetzorientierte Betriebsweise „neuer“ Stromanwendungen

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Innerhalb des NEP 2035 (2021) wird laut Kapitel 2.3.1. eine verteilnetzorientierte Lastganger-
stellung verwendet. Dies bedeutet, dass diese Flexibilitäten marktlich nicht verwendet werden.
Der BEE kritisiert das Fehlen dieses wichtigen Aspektes, da mithilfe einer marktlichen Flexibili-
tätsaktivierung negative Strompreise reduziert und somit die im NEP 2035 (2021) ausgewiesene
freiwillige marktliche Abschaltung von EE-Strommengen reduziert werden würde.

   2.7.    Integrierte Netzentwicklungsplanung

Parallel zur Netzentwicklungsplanung des Stromnetzes koordiniert die Bundesnetzagentur auch
den NEP Gas. Alle zwei Jahre sind die deutschen Fernleitungsnetzbetreiber verpflichtet der Re-
gulierungsbehörde einen integrierten Plan zum Netzausbau für Erdgas vorzulegen. Beide Pro-
zesse werden bisher separat voneinander geplant und genehmigt. Eine integrierte Netzberech-
nung findet gegenwärtig nicht statt.
Die Netzberechnungen der Strom- und Gasnetze unterschieden sich in ihrem Auftrag und in ihrer
Zielstellung. Während Fernleitungsnetzbetreiber sich nur am Bedarf der Netznutzer orientieren
und einen Betrachtungszeitraum von fünf bis zehn Jahren berücksichtigen müssen, simulieren
die ÜNB die Klimaschutzziele, also konkret die Kraftwerksemissionen, als auch Annahmen zur
Stromerzeugung, zum Verbrauch, zum Anteil der Energieträger und zur Sektorenkopplung. Der
Planungshorizont im Strombereich ist dabei mit 15 bis 20 Jahren im Voraus wesentlich langfris-
tiger und strategischer ausgelegt.
Im Zuge der aktuellen politischen Diskussion um steigende Wasserstoffmengen und Power-to-
Gas-Standorte und um die dafür erforderlichen Kosten so gering wie möglich zu halten, ist es
aus Sicht des BEE wichtig, eine integrierte Strom- und Gasnetzplanung voranzubringen und Sy-
nergieeffekte zu heben. Eine systemintegrierte Planung würde es z.B. ermöglichen, besser ab-
zuschätzen, ob eine neue HGÜ-Stromleitung tatsächlich errichtet oder doch auf das Gasnetz
zum Wasserstofftransport ausgewichen werden kann.
Im Zusammenhang mit der steigenden Bedeutung von grünen Gasen sollten darüber hinaus die
Potentiale eines bereits bestehenden Parks an Biomethananlagen zur Bereitstellung von CO2
zur Herstellung von Methan aus grünem Wasserstoff stärker bei der Netzplanung berücksichtigt
werden. Gemäß den Berechnungen des Fachverbands Biogas e.V. würde die in den bestehen-
den Biomethananlagen entstehende CO2-Menge ausreichen, um mit etwa 300.000 Tonnen grü-
nem Wasserstoff zusätzliches Methan zu erzeugen und dieses in das Erdgasnetz einzuspeisen.
Hierdurch könnte die Gesamteffizienz verbessert und ein umfangreicher Beitrag für den Klima-
schutz geleistet werden.

   3. Marktmodell

Aufgrund des Fehlens eines Terminmarktes im NEP-Modell und der sich daraus ergebenden
ausschließlichen Beschaffung über den Spotmarkt sind die reinen Stromgestehungskosten aus-
schlaggebend für den Einsatz der Technologie. Der BEE hinterfragt deshalb die in Abb. 8 dar-
gestellte konventionelle Sockelleistung von 10 bis 12 GW trotz höchster EE-Einspeisung und
vermutlich negativen Strompreisen.

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Das Argument der notwendigen Erbringung von Systemdienstleistungen durch konventionelle
Kraftwerke noch im Jahr 2040 ist im Hinblick auf die Transformation des Marktes hin zu mehr EE
nicht schlüssig.
In diesem Zusammenhang ist auch nicht nachvollziehbar, dass die ÜNB in Kap. 4.2.2. einen
Wert von lediglich 130 GW bis 2040 als relevant für die Netzentwicklungsplanung erachten. Auf-
grund der für die Klimaschutzzielerreichung in allen Bereichen der EE zu niedrig angesetzten
Ausbaupfade (siehe Abschnitt 1.2. dieser Stellungnahme) sowie der oben genannten Argumente
zur Marktmodellierung (Fehlen des Terminmarktes, Hinterfragung der Notwendigkeit einer kon-
ventionellen Sockelleistung noch im Jahr 2040) ist eine solche pauschale Begrenzung auf einen
Wert von 130 GW nicht fachgerecht und sollte dringend aus dem NEP 2035 (2021) gestrichen
werden.

Kontakt:
Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
EUREF-Campus 16
10829 Berlin
Florian Widdel
Referent für Digitalisierung, Sektorenkopplung und Energienetze

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