Begleitpapier Autismus Borkum 2009

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Begleitpapier Autismus Borkum 2009
Begleitpapier Autismus Borkum
              2009
• Dr. Meusers
Kinder und Jugendpsychiater-psychotherapie, Neuropädiater
Gemeinschaftskrankenhaus 58313 Herdeecke,
Gerhardt Kienle Weg 4
m.meusers@gemeinschaftskrankenhaus.de
02330 623909 Sekretariat
02330 624032 Fax
0171 1262333
Begleitpapier Autismus Borkum 2009
Einführung: Autismus im Kindesalter

                              M. Meusers
  Kinder- und Jugendpsychiatrie , Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke
Themen
•   Einteilung
•   Klinisches Bild: Autismus verstehen
•   Zeitpunkt der Diagnose
•   Diagnosenstellung
•   Hilfen und Behandlung
Einteilung des Autismus ICD 10
                                                 Spectrum disorder
                    Autismus                  (Pervasive developmental
                                                   disorder, PDD)

     Mit geistiger
     Behinderung                    Ohne geistige
(IQ 69 oder niedriger)              Behinderung
  Kanner- Autismus                   (IQ über 70)

Frühere Synonyme:
   Frühkindliche           Mit früher oder
                                                  Mit normaler oder
     Psychose             herausragender
                                                     Verzögerter
                         Sprachentwicklung:
    Autistische                                  Sprachentwicklung:
                            Asperger-Sdr
   Psychopathie                                  High-functioning-A.
Pragmatische Einteilung Autismus
• Genuiner Autismus: normale Begabung!
  Î Gestörter Spracherwerb: frühkindlich
  Î Normaler Spracherwerb: Asperger

• Symptomatischer Autismus: Behinderung
  Î bei Epilepsie , tuberöse Sklerose,
    geistige Behinderung,.....
Ein Versuch Autismus zu verstehen 1

• Erste Symptome:
  ÎMütter: mein Kind ist „irgend wie fremd“
Kind Blick in das Gesicht der Mutter:
  Î Nachahmung der Mimik durch das Kind
    Î Mutter reagiert
        ÎKind erlebt, das es etwas bewirkt
          Motor der Entwicklung
Ein Versuch , Autismus zu verstehen 2
• Kind blickt in das Gesicht der Mutter
  Î repräsentiert das Bild detailgenau
  Î jede Mimik wird einzelne abgespeichert
  Î überflutet von der Fülle der Einzelheiten
  ÎVerstehen hat keine Chance!

Merke: weil wir generalisieren ( Einzelheiten unwesentlich)
           entwickeln wir ein Symbolverständnis
Ein Versuch Autismus zu verstehen 3

Problem
Î Sprichworte zu verstehen
Îverschiedene Sinneskanäle zu verknüpfen
ÎVeränderungsangst ( Sicherheit aus Beständigkeit)
Die zwei Seiten eines Sinnes
• 1. Ich spüre mich selber

• 2. Ich erkenne die Welt

• Für alle Sinne gibt es Zeitfenster der
  Entwicklung – aber wann ???
Sinne „anthroposophisch“
• Ich – Gedanken – Sprach       Sinn

• Seh – Geruchs – Gehör - Tast – Sinn

• Gleichgewichts – Bewegungs - Geschmacks Sinn

• Wärme -          Zeit -        Lebenssinn
Def. Autismus anthroposophisch
• Autismus ist eine Störung der höheren Sinne
 Î Autostimmulation statt Erkenntnissinn!
  Îeingeschränkte Kommunikation
    Î typisch/ klassifiziert je Sinn:

• Sprachsinn- Gedankensinn – Ichsinn
  Kanner       Asperger     akzentuierte Pers.
Autismus: Kernsymptome im
            Kindergartenalter
Einschränkungen in…
• …der Freude an gemeinsamer Aufmerksamkeit
• (Scheinbar) im Interesse an Sozialkontakten, v.a. mit Gleichaltrigen
• …im sozialen Spiel, Rollenspiel, Phantasiespiel oder so-tun-als ob-
   Spiel
• …der Kommunikation (Sprache, Gestik, Mimik, z.B. fehlende
   Variationsbreite), dem Blickkontakt
• ...der zentralen Kohärenz (Fähigkeit, Details zu Gesamtbild zusammen
   zu fügen)
• Der Theory of Mind (wissen was der andere weiß)

Æ Achtung: Volle Symptomatik oft erst ab 4.-5. Lebensjahr!
CHAT
                Check List for Autism in Toddlers
                 (Baron-Cohen et al. 1992, 1996)
Vorschlag: Erfassen mit U 7 (21-24 Monate)
Erfasst werden:
• So- tun- als-ob-Spiel
• Zeigen eines Gegenstandes, bzw. Reaktion darauf (gemeinsame
   Aufmerksamkeit)
• Allein durch diese zwei Kriterien ergibt sich eine fast 100%ige
   Sensitivität (Baird et al. 2000), eine klinische Beurteilung durch
   erfahrenen Diagnostiker muss allerdings hinzukommen (Filipek et al.
   1999)
• Weitere Kriterien:
                      Blickkontakt
                      angemessener Umgang mit Spielobjekten
                      Freude an Klettern
                      Freude am Körperkontakt
CHAT
                     Check List for Autism in Toddlers
                      (Baron-Cohen et al. 1992, 1996)
Teil B: Beobachtung des Arztes oder der Krankenschwester
1. Nimmt das Kind Augenkontakt zu Ihnen auf?
2. Versuchen Sie, die Aufmerksamkeit des Kindes zu erlangen. Zeigen Sie auf etwas
   Interessantes im Raum und sagen Sie: „Oh, schau! Da ist ein/e (Name des
   Spiel-zeugs)!" Beobachten Sie das Gesicht des Kindes. Schaut es zu dem von
   Ihnen ge-zeigten Gegenstand hin?
3. Versuchen Sie, die Aufmerksamkeit des Kindes zu erlangen, geben Sie ihm eine
   Spielzeug-Teetasse und -Teekanne und fragen Sie: „Kannst Du mir eine Tasse Tee
   einschenken?"
4. Tut das Kind so, als ob es Tee einschenken, trinken etc. würde?
5. Fragen Sie das Kind: „Wo ist das Licht?" oder „Zeig mir, wo das Licht ist.". Zeigt
   das Kind mit dem Zeigefinger auf das Licht?
6. Kann das Kind einen Turm aus Bauklötzen bauen? (Wenn ja, Anzahl der Türme
   und Anzahl der Bauklötze angeben
Das Anne-
  Sally-
Experiment

(Baron-Cohen
 et al. 1985)
Das Anne-Sally-Experiment: Baron-Cohen et al.
1985
  •   Alle Kinder konnten die beiden Puppen voneinander unterscheiden.
  •   Alle Kinder konnten auf die Realitäts- und die Gedächtnisfrage korrekt
      antworten.
  •   Fast alle der normalen und der geistig behinderten Kinder beantworteten die
      Glaubensfrage korrekt, während diese nur von vier der 20 autistischen Kinder
      korrekt beantwortet wurde. Dieser Unterschied ist hochsignifikant (p = .001).
  •   Alle autistischen Kinder, die die Glaubensfrage falsch beantworteten,
      zeigten auf die Schachtel, das heißt auf den Ort, an dem der Ball
      tatsächlich lag und nicht auf irgendeinen anderen Ort (p =.006).
  Theory of mind
  •   Die Fähigkeit, sich Gefühle und Gedanken anderer vorzustellen (wissen, was
      der andere - nicht – weiß), ab 4 Jahren, bei Betroffenen gestört
  Mentalizing (Gillberg)
  •   Fähigkeit, Gefühle und emotionale Zustände anderen zuzuschreiben
Kernsymptome autistischer Störungen im Schulalter:
                 Einschränkungen in…

•   ...der zentralen Kohärenz (Fähigkeit, Details zu Gesamtbild zusammen
    zu fügen)
•   …der Freude an gemeinsamer Aufmerksamkeit
•   …im Sozialverständnis, scheinbar fehlendes Einfühlungsvermögen
•   (Scheinbar) im Interesse an Sozialkontakten, v.a. mit Gleichaltrigen
•   …im Erkennen und Umsetzen sozialer Regeln (unangemessene
    Kommentare, immer die Wahrheit sagen, unpassender Kontext)
•   …im sozialen Spiel, Rollenspiel, Phantasiespiel oder so-tun-als ob-
    Spiel
•   …der Kommunikation (Sprache, Gestik, Mimik, z.B. fehlende
    Variationsbreite), dem Blickkontakt (wegsehen um zu denken!)
•   …im Symbolverständnis (Sprichworte, Humor)
•   … der Fähigkeit, Handlungen zu planen (gestörte Exekutivfunktionen
    wie beim ADHS, Untersuchungen von Konrad & Herpertz-Dahlmann
    2004; Remschmidt & Schulte-Körne 2004)
Gesichtspunkte zur Therapie
1. Zeitfenster der Sinne beachten Î frühe Therapie !
2. Erkenntnisseite der Sinne trainieren, nicht den
   Sinn als solchen!
   Autostimmulation hilft nicht !
3.“Persönlichkeit gesund“ Î gute Prognose ?!?
(4. Form einer Teilleistungsstörung!)

Î Goldstandart: Diagnose im Kindergartenalter!
Asperger: und andere ähnlichen Diagnosen

40 % hyperaktiv
   Î ADHS
überflutende Gefühle
   Î Störung Sozialverhalten mit überflutenden Gefühlen
„Keine Gefühle im sozialen Kontext“
   Î Stö. Sozialverhalten mit fehlender vegetat. Mitreaktion
„suchen nicht die soziale Gemeinsamkeit“
   Î Störung des Sozialverhaltens mit Überempfindlichkeit
Wahnhafte Verkennung sozialer Zusammenhänge
   Î beginnende paranoide Psychose
Autismus: Diagnosenstellung
•   Beobachtung: Mütter, Kindergarten, Schule
•   Screening: ASAS, MBAS u.a.
•   Verifikation: ADOS, ADI-R + Begabung!
•   Entscheidung: Klinik!
•   Gegebenenfals: auch stationäre Beobachtung!

• Merke: Das klinische Bild Entscheidet!
Mögliche Reaktionen des Kindes darauf, anders zu
     sein (modifiziert nach Attwood 2007)
  • Depression und Isolation
  • Imagination, Rückzug in eigene Welt (18% der
    Betroffenen mit Asperger haben imaginäre
    Freunde!)
  • Expansives Verhalten
  • Arroganz und Wut („god mode“)
  • Imitation („good guys and bad guys“)
  • Bei 71% der Betroffenen Mobbing als
    Folgeproblem
Autism Diagnostic Interview (ADI-R)

• Differentialdiagnose Tiefgreifende Entwicklungsstörung vs.
  frühkindlicher Autismus; darüber hinaus keine Erfassung des
  Asperger-Syndroms
• Bezieht sich auf charakteristische Merkmale einer
  Entwicklungsverzögerung oder -abweichung in den Bereichen:
• wechselseitige soziale Interaktion
• Sprache
• Kommunikation
• Spiel
• Eingeschränkte, stereotype, repetitive Handlungsweisen und
  Interessen.
Autism Diagnostic Observation Scale – Generic (ADOS-G, deutsche
      Version von Rühl, Bölte, Feineis-Matthews & Poustka)

• Halbstrukturiertes Instrument zur Erfassung von Kommunikation,
  sozialer Interaktion und Spielverhalten oder Phantasiespiel
• Es werden gezielt diagnostisch wertbare soziale Situationen erzeugt
• geeignet für Kinder und Erwachsene, unterschiedliche
  Sprachentwicklungsstufen (4 verschiedene Module)
• Modul 1: Keine Sprache (bis Dreiwortsätze)
• Modul 2: Flexible Dreiwortsätze (bis fließende einfache Sprache)
• Modul 3: Fließende Sprache (Kinder/Jugendliche)
• Modul 4: Fließende Sprache (Jugendliche/Erwachsene)
• Gute interne Konsistenz, Interrater- und Retestreliabilität (Bölte &
  Poustka 2004)
Asperger: welche Hilfen?
• Erwerb von sozialen Fähigkeiten
  Î so früh wie möglich!
• Soziale Integration in der Familie:
  Î Anleitung der Eltern, Geschwister
• Schule: soziale Integration + Lernen
  Î Hilfe für Lehrer, Schulbegleiter!
Autismus:
       Zielsymptome für Medikation
• 1. Kernsymptomatik
    Î soziale Interaktion, Sprache, Stereotypien

• 2.Begleitsymptome
   ÎHyperaktivität
    ΓImpulsivität“
     Î Zwänge
Hyperaktivität
• Ca 40 % aller Kinder mit Aspergersyndrom
  Typisch SED >SGD
Frage: 2. Erkrankung oder nur ähnlich ADS ?

         Î Methylphenidat
        Î Atomoxetin
Methylphenidat bei Autismus
•   Responder 35/72               Î 49%
•   Abbrecher wg. NW 13/72        Î 18%
•   Reizbarkeit, emotionale Durchbrüche,
•   Schlafstörung, Appetitverlust

Rupp/ Autismus Network Arch Gen Psych 2005 Nov, 62,1266-74
Atomoxetin bei Autismus
•   Pilotstudie n=16
•   6 Wo /6Wo Atomoxetin/ Placebo
•   Responder 43% ( 60% bei reinen ADHS Pat.)
•   Abbrecher 7% (1/16)

    Posey et al. 2006, Troost et al. 2006
Risperidone
• Symptome, die von Eltern als belastend
  erlebt werden
    0,5 = mittel, 0,8 = groß      Effektstärke
•   1. Wutanfälle Î                     2,0
•   2.Aggression Î                      1,7
•   3. Motorische Unruhe Î              1,3
•   4. Selbstverletzendes Verhalten Î   2,1
Medikation
• Risperidon: zugelassen für Störung des
  Sozialverhaltens ab dem 5. Lebensjahr!

• Î Zielsymptom überflutende Gefühle!
• Î autistische Kinder
   McCracken NeEngJouMed 2002
Risperidone
•   101 Kinder, 5 bis 17J,
•   8 Wo doppelblind, plazebokontr.
•   Schrittweise eindosiert, 0,5 bis 3,5mg
•   Risponder 75,5 / 11,5% (CGI)
•   Irritabilität –57% / -14%
•   Kein Effekt auf „Kernsymptome“
Risperidon: Nebenwirkungen
• Gewichtszunahme: 5,2 Kg ( -4 bis +15,3)
• Kein Einfluß:
  Dosis, Alter, Geschlecht, Ausgangsgewicht
  Prädiktor:
  Höhe der Zunahme nach einem Monat!
• Blutbildveränderungen
• Leberwerterhöhungen
• EPMS, tox. Neuroleptikasyndrom
„Tatsächliche NW“
•   Kein Studienabbruch wegen UW
•   Kein „ serious adverse event“
•   NW meist mild und vorübergehend
•   Müdigkeit, Schläfrigkeit
•   Erhöter Speichelfluß
•   Tachycardie, Tremor,
Andere „Atypika“: kaum Daten!
• Quetiapin: keine relevante Gewichtssteigerung!
• Olanazapin: noch mehr Gewichtssteigerung!
    (Masi et al 2001, Kemner 2002)

•   Amisulprid:
•   Ziprasidon
•   Aripiprazol
•   Paliperidon          ( wichtigster Metabolit von Risperidon)
Epilepsie und Autismus
Häufigkeit der Epilepsie
                    invers zum kognitiven Niveau

0,02 normalbegabt -   0,67 ( Alter 10) bei GB
Antiepileptic Drugs
• Valproat:
• 10/14 Pat signifikante Verbesseung
•      4 Pat soziale Interaktion
•      4 Pat repetitive Verhaltensweisen
•      1 Pat Verbesserung Kommunikation/ Sprache
2.Offene Studie
• 6 Pat Verbesserung affektive Stabilität
• 5 Pat bVerringerung Impulsivität
• 4 Pat Verringerung der Aggressivität
Levetiracetam
• Offene Studie,      12 Pat, Alter:4,7 bis 10,4 J.
• Dauer 2 bis 6 Wo
• Signifikant besser:
                Unaufmerksamkeit             n.s.
                Hyperakt/Impulsivität     p 0,01
                emotionale Labilität       p 0,001
                Achenbach Aggressions scal n.s.
Lamotrigen
35 Pat, Alter 3 bis 11 J. 8+4 Wo Th. Dauer

Î Nur positiver Effekt im sozialen Bereich!
Resümee medikamentöse Therapie
• 1. Keine Kausale Therapie
• 2. Keine Wirkung auf Kernsymptome
• 3. Aber : Neuroleptika haben „phantastische
     Wirkung auf die Symptome, welche für die
     Eltern relevant sind“

• 4. VT unter Risperdal deutlich besser möglich
     ( Sicht des Vortragenden !)
Einführung: Autismus im Kindesalter

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit,
  aber als Autist ist mir eigentlich Ihr Klatschen egal
                  - nein, eher unangenehm laut!
                         ( was soll das ?!)
                                 M. Meusers
     Kinder- und Jugendpsychiatrie , Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke
Es ist ein Problem des Erkennens –
     nicht des (Mit-) Fühlens!!!
• Autistische Menschen sind im Gefühl genau so
  einfühlsam wie andere Menschen – sie verstehen
  aber die Signale nicht!
• Psychotische Patienten interpretieren Signale zu
  stark, nicht zu schwach!
• Untersuchungen von Vogeley, Fleck und
  Klosterkötter, Universität Köln, 2006:
  Multidimensionaler Empathietest: Bild mit
  dargestellter Emotion/Situation erkennen und
  zusätzlich eigene Betroffenheit („wie besorgt sind
  Sie…“)
Autismus und Asperger- Syndrom
           bei Erwachsenen
•   Fremdbeurteilung und –Anamnese ist wichtig
•   Angst vor Stigmatisierung
•   Begabte Betroffene haben oft etliche soziale Regeln noch (an-) gelernt
•   Wenn sozialer Erfolg nicht zu erlangen ist, wird beruflicher oder
    akademischer Erfolg wichtiger
•   Betroffene werden oft durch gegensätzliche Partner („mütterlicher
    Typ“) geheiratet, von dort dann Frustration, dass Problematik durch
    Liebe allein nicht zu ändern ist
•   Schweregrad ist nicht so entscheidend wie Bewältigungsstrategien
•   Angst vor Fehlern, Ratschläge werden als Kritik erlebt
•   Schwarz- Weiß- Denken
•   Fehldeutungen (freundliches und unfreundliches Lachen)
•   Betroffene erleben sich zum Teil als sozial kompetenter als andere, da
    klarer und berechenbarer
Diagnostisches Vorgehen

•   Anamnese, psychischer Befund (ggf. in zusätzlicher Spielstunde)

•   Fremdbeurteilungen, Screeningbögen:
•   Australian Scale of Asperger‘s Syndrome (ASAS nach T. Attwood,
    Valdierung der deutschen Fassung an n=51, Melfsen et al. 2005)
•   Fragebogen über Verhalten und soziale Kommunikation (VSK; (Deutsche
    Fassung des Social Communication Questionnaire© SCQ, Lifetime
    Version; Rutter, Bailey, Berument, Lord & Pickles, 2001 ; Bölte et al.
    2002); validiert, aber nur genau, wenn Lebensalter von 4-5 Jahren mit
    beurteilt werden kann.
•   Marburger Beurteilungsskala (MBAS, Kamp-Becker et al. 2005, validierter
    Elternfragebogen mit 65 Items)

•   Molekulargenetische Untersuchung z.B. auf Fragiles X- Syndrom
•   EEG bei Fragestellung

•   Intelligenztest
•   Standardisiertes Elterninterview (ADI-R, AEI)
•   Spezifische Testdiagnostik (ADOS, MASC etc.)
Autism Diagnostic Observation Scale – Generic (ADOS-G, deutsche
           Version von Rühl, Bölte, Feineis-Matthews & Poustka)
         Beispiel: Modul 2, Kinder mit fließender Sprache (Auszug)
Aufgabe                                     Material
1. Konstruktionsaufgabe                     Holzpuzzle und Vorlage
2. Reaktion auf Namen                       Spielsachen aus Modul 2
3. So-tun-als-ob-Spiel                      Definierte Spielsachen (Puppenfamilie etc.)

6. Reaktion auf gemeinsame Aufmerksamkeit Ferngesteuerter Stoffhase oder ferngesteuertes
                                          Auto
7. Demonstrationsaufgabe                    Handtuch und Seife
8. Beschreibung eines Bildes                Bild mit Festmahls- oder Urlaubsszene
9. Erzählen einer Geschichte aus einem      Zwei Bilderbücher zur Auswahl
Bilderbuch
10. Freies Spiel                            Definierte Spielsachen, z.B. Springauf-Box,
                                            Musikbox, Babytelefon
11. Geburtstagsfeier                        Babypuppe, Teller, Gabeln, Plastilinmasse für
                                            Kuchen, Kerzen etc
12. Snack                                   Tasse, Dose mit Süßigkeit, Dose mit Crackern
                                            etc
Ursachen & Ätiologie
•   Genetische Veranlagung (ca. 40 verschiedene bekannte Genorte, betreffen
    Gehirnentwicklung, nicht alle sind beteiligt, am häufigsten Chromosom 7,
    2, 15, 16 (Alleel p13, p 1), derzeit Europäisches Genomprojekt); bis zu
    90% der autistischen Störungen haben eine erbliche Komponente (silicon
    valley!)
•   Z.T. Vergrößerung der Hirnrinde um das 4.-5. Lebensjahr mit
    überdurchschnittlichem Gehirngewicht und Kopfumfang (Piven et al.
    1995)
•   Gesichtswahrnehmungen werden im Gehirn nicht im Gyrus fusiformis
    rechts, sondern im Gyrus temporalis superior links abgebildet – also dort,
    wo sonst Gegenstände abgebildet werden (Poustka 2002, Bruning et al.
    2005), außerdem fehlende Aktivierung der Amygdala und Strukturen des
    limbischen Systems
•   Nur selten schwere Schwangerschafts- oder Geburtskomplikationen
•   Keine psychischen oder sozialen Ursachen (nicht Schuld der Eltern!)
Autismus und Asperger- Syndrom
           bei Erwachsenen
•   Fremdbeurteilung und –Anamnese ist wichtig
•   Angst vor Stigmatisierung
•   Begabte Betroffene haben oft etliche soziale Regeln noch (an-) gelernt
•   Wenn sozialer Erfolg nicht zu erlangen ist, wird beruflicher oder
    akademischer Erfolg wichtiger
•   Betroffene werden oft durch gegensätzliche Partner („mütterlicher
    Typ“) geheiratet, von dort dann Frustration, dass Problematik durch
    Liebe allein nicht zu ändern ist
•   Schweregrad ist nicht so entscheidend wie Bewältigungsstrategien
•   Angst vor Fehlern, Ratschläge werden als Kritik erlebt
•   Schwarz- Weiß- Denken
•   Fehldeutungen (freundliches und unfreundliches Lachen)
Therapie
•   Frühes Bekanntmachen mit Routineveränderungen
•   Kein rigides Aberziehen von Sonderinteressen
•   Alleinsein ist erlaubt!
•   Training des Verständnisses von sozialen Regeln, va. ungeschriebenen
    (wann gibt man jemandem die Hand?)
•   Verhaltenstherapie unter Einbezug der Sonderinteressen (Punktepläne,
    Umsetzen z.B. in Computerspielzeit)
•   Gestützte Kommunikation (klinischer Eindruck vs. Studienlage)
•   Traumatherapie, z.B. EMDR („belanglose“ Reize werden oft traumatisch
    verarbeitet!)
•   Autismus-Ambulanzen
•   Förderung als Eingliederungshilfe gemäß § 54 SGB XII bei geistiger oder
    körperlicher Behinderung
•   Förderung gemäß § 35a KJHG bei seelischer Behinderung (und IQ ab 70)
Emotionale Edukation
• Emotions- Tagesplan
• Thermometer („feel-o-meter“) um Grad der
  Emotion zu messen, mit Fotos zu passenden
  Erlebnissen
• Emotionsskulptur
• Musik und ihr Ausdruck
• Erraten eines Gesichtsausdrucks, einer Botschaft
• Farbe die ein Gefühl repräsentiert
Kleinere Kinder: Das PECS-
              Programm
• Picture Exchange Communication System
  nach Lori Frost
• Kind lernt, über Bildkarten Wünsche, Ja/
  Nein etc. zu kommunizieren
• oft kann so sprachliche Kommunikation
  angebahnt werden
• Bestandteil weiterer Trainingsprogramm,
  z.B. STEP von Bernard-Opitz 2005
Zur Therapie: Beispiele aus SOKO- Training Autismus
   (Häußler et al. 2003 nach dem TEACCH- Programm nach
                      Schopler et al. 1982)
TEACCH: Treatment and Education of Autistic and related Communication
  Handicapped Children

Beispiel: Komplimente
• Was ist ein Kompliment?
• Warum MACHT man ein Kompliment?
• Wie macht man ein Kompliment?
• Achtung: Jemand, der zu viele Komplimente bekommt, fühlt sich nicht
   ernst genommen (Æ nicht mehr als ein Kompliment pro Gespräch…)
• Wenn man ein Kompliment BEKOMMT, sagt man „Danke“ (oder besser
   noch mehr)
• Man zeigt, dass man sich freut
• Man sagt etwas Bescheidenes und Nettes dazu
• Wie oft macht man ein Kompliment (Partner: 1-2x/Tag;       Freund: 1-
   2x/Woche, Kollege 0-1x/Woche…
Zur Therapie: Beispiele aus SOKO- Training Autismus
 (Häußler et al. 2003 nach dem TEACCH- Programm nach
                    Schopler et al. 1982)
Wie man durch den Körper   Wie man durch die Art zu sprechen
  etwas vermitteln kann      etwas vermitteln kann
                           • Lautstärke
• Gesichtsausdruck
                           • Tempo
• Blickkontakt             • Betonung
• Blickrichtung            • Stimmlage
• Gesten                   • Tonfall
• Körperhaltung            • Aussprache
                           • Akzent
• Körperliche Nähe
                           • Einsatz von Pausen und Stille
Zur Therapie: Beispiele aus SOKO- Training Autismus
       (Häußler et al. 2003 nach dem TEACCH- Programm nach Schopler
                                      et al. 1982)
Was ist small talk (Æ „kleines Gespräch“)
Wie macht man small talk – mit einem Bekannten?
• Blickkontakt aufnehmen
• Lächeln
• Grüßen („Hallo“ sagen)
• Fragen: „Wie geht‘s?“)
• Wenn der andere zuerst fragt, sagen: „Danke …ganz gut/gut/bestens… und dir?“
• Den anderen nach Dingen fragen, von denen man weiß, dass sie in seinem Leben wichtig sind
  (z.B. Beruf, Familie, Urlaub)
• Achtung: NICHT nach Dingen fragen, von denen man weiß, dass sie den anderen belasten,
  z.B. Krankheit der Mutter, Verlust des Arbeitsplatzes)
• Dem anderen Dinge von sich erzählen, die schön sind (z.B. Urlaubspläne, neue Wohnung)
• Achtung: KEINE persönlichen Dinge oder Probleme erzählen!
• Achtung: Nur sehr KURZE Dinge erzählen!
• Über Sachen reden, die einen verbinden (z.B. gemeinsame Bekannte, Hobbys)
• Auf Reaktionen des anderen achten und Hinweise aufgreifen, die von ihm kommen
• Nach Themen suchen, für die sich der andere interessiert
Training Erwachsener
•   Partnerschaft: Gestaltung von Flirt, Rendezvous, Sexualität (Vorsicht mit
    sexuellen Witzen!)
•   Komme niemandem zu nahe, starre niemanden an, äußere keine
    Kommentare über das Aussehen Anderer
•   Signale beidseitiger Anziehungskraft und Zuneigung (Vorsicht
    Fehlinterpretation; „umarme niemand ohne sein Einverständnis)
•   Gleiche Ansichten haben
•   „der andere akzeptiert mich wie ich bin“
•   Mobbing, Strategien dagegen
•   Sichere und unsichere Orte
•   Dem Anderen Besonderheiten erklären („ich muss weggucken, damit ich
    mich auf deine Frage konzentrieren kann“)
•   Interessensgruppen, Vereine (Computerclub)
•   90% Persistenz von Sonderinteressen
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