Der Nachteilsausgleich bei Prüfungen für Schülerinnen und Schüler mit Autismus

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Der Nachteilsausgleich bei Prüfungen für Schülerinnen und Schüler mit Autismus
Nikola Bellofatto
Thomas Girsberger
Nicole Ulrich-Neidhardt
Edith Vogt-Hörler

Der Nachteilsausgleich bei Prüfungen
für Schülerinnen und Schüler mit Autismus

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Der Nachteilsausgleich bei Prüfungen für Schülerinnen und Schüler mit Autismus
Was für Sie selbstverständlich ist, ist für Menschen mit Autismus eine schwere Prüfung. Deshalb sind sie
    auf Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung angewiesen: autismusforumschweiz.ch. PC-Konto 50-666655-0

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Der Nachteilsausgleich bei Prüfungen für Schülerinnen und Schüler mit Autismus
Nikola Bellofatto
Thomas Girsberger
Nicole Ulrich-Neidhardt
Edith Vogt-Hörler

Der Nachteilsausgleich bei Prüfungen
für Schülerinnen und Schüler mit Autismus

Komplex und oft nicht sichtbar sind die Beeinträchtigungen bei Schülerinnen
und Schülern mit Autismus. Diese machen den Schulbesuch wie auch das
Ablegen von Prüfungen für sie zu einer grossen Herausforderung. Besonders
ihre autistische Wahrnehmung und Denkweise sowie ihre erschwerte
Verarbeitung von Reizen benachteiligen sie klar gegenüber ihren Mitschülerin-
nen und Mitschülern ohne Behinderung. Deshalb haben Schülerinnen
und Schüler mit Autismus Anspruch auf einen individuell auf sie abgestimmten
und gemeinsam vereinbarten Nachteilsausgleich bei Prüfungen.

Einleitung                                         Menschen mit Autismus müssen ihr Leben,
                                                   genau wie andere Menschen mit einer Behin-
Für Schülerinnen und Schüler mit einer Be-
                                                   derung auch, mit einem sogenannten «un-
hinderung gilt heute der Grundsatz: Integra-
                                                   verschuldeten Nachteil» bestreiten. Beurteilt
tion vor Separation. Immer mehr Schülerin-
                                                   man die Leistung eines Menschen mit Be-
nen und Schüler mit einer Beeinträchtigung
                                                   hinderung, ohne diesem Nachteil adäquat
werden in Regelklassen beschult und aus-
                                                   Rechnung zu tragen, ist diese Beurteilung
gebildet. Das ist ein äusserst wichtiger Schritt
                                                   diskriminierend. Besonders möchten wir an
in Richtung Gleichstellung von Menschen mit
                                                   dieser Stelle betonen, dass der Überprüfung
und ohne Behinderung. Die Schule bildet in
                                                   der Lernziele immer eine autismusspezifische
diesem Sinne die bedeutende Schwelle zur
                                                   Förderung vorausgehen muss. Bereits das
Integration in die Gesellschaft. Das gemeins-
                                                   Lernen des geforderten Schulstoffes muss
ame Lernen in einer Schule für alle bringt
                                                   durch integrative Massnahmen und Hilfsmit-
Erfolgserlebnisse und Befriedigung genauso
                                                   tel begleitet sein.
wie Herausforderungen und Unsicherheit-
en rund um die Heterogenität des neuen
Schülerverbandes.

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Der Nachteilsausgleich bei Prüfungen für Schülerinnen und Schüler mit Autismus
Was heisst Nachteilsausgleich?                  zeit mit einem Abschlusszeugnis mit Noten
Die Stiftung Schweizer Zentrum für Heilpäd-     zu verlassen.
agogik definiert wie folgt:
«Der Nachteilsausgleich dient dazu, Ein-        Nachteilsausgleich aus
schränkungen durch Behinderungen aufzu-         juristischer Sicht
heben oder zu verringern. Dieser Begriff be-
                                                Gesetzliche Grundlage auf Bundesebene
zeichnet die Anpassung der Bedingungen,
unter denen Lernen/Prüfungen stattfinden         Die Bundesverfassung (BV) gewährleistet in
und nicht eine Modifikation der Lernziele/       Art. 19 und 62 einen unentgeltlichen und
Ausbildungsziele oder eine Noten- bzw.          ausreichenden Grundschulunterricht. Dieser
Fächerdispens. Nachteilsausgleich kommt in      Anspruch steht selbstverständlich auch Kin-
der Schul- und Berufsbildung sowie den          dern mit Behinderung zu und gewährt als di-
entsprechenden Aufnahme- und Qualifika-          rekt durchsetzbarer Anspruch das Minimum
tionsverfahren zur Anwendung.» (SZH, 2011)      an Schulbildung. Ein Nachteilsausgleich für
                                                Prüfungen an den öffentlichen Schulen lässt
Grundlegend für das Verständnis des Nach-
                                                sich aus dem verfassungsmässigen Diskrimi-
teilsausgleichs bei Prüfungen ist die Erken-
                                                nierungsverbot (Art. 8 Abs. 2 BV) und den
ntnis, dass es sich bei Prüfungsanpassungen
                                                oben erwähnten Bestimmungen ableiten.
für Schülerinnen und Schüler mit Autismus
                                                Das Recht auf ausreichenden Grundschulun-
nicht um eine Prüfungserleichterung, son-
                                                terricht umfasst auch Anpassungen der Leis-
dern um den Ausgleich eines unverschulde-
                                                tungsüberprüfung und damit die Anwend-
ten Nachteils in Prüfungssituationen handelt.
                                                ung des Nachteilsausgleichs.
Wichtig für die Anerkennung des Rechts auf
Nachteilsausgleich bei Prüfungen und des-       Das Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002
sen Einführung in der Praxis ist der Wechsel    über die Beseitigung von Benachteiligun-
von einer defizit- zu einer ressourcenorien-     gen von Menschen mit Behinderung (Be-
tierten Sicht auf Behinderung. Nicht die Ein-   hindertengleichstellungsgesetz, BehiG), kon-
schränkungen, die durch die Behinderung         kretisiert diesen verfassungsrechtlichen An-
entstehen, sind entscheidend. Vielmehr geht     spruch in Art. 20 und fordert die Kantone
es darum, die Fähigkeiten jeder einzelnen       auf, Kindern und Jugendlichen mit Behin-
Schülerin und jedes einzelnen Schülers zu       derung eine Grundschulung anzubieten, die
fördern.                                        ihren Bedürfnissen angepasst ist. Eine Ben-
                                                achteiligung bei der Inanspruchnahme von
Das Recht auf Nachteilsausgleich bei Prüfun-
                                                Aus- und Weiterbildung liegt gemäss Art. 2
gen und die Anerkennung desselben sind
                                                des BehiG insbesondere vor, wenn die Ver-
zwingende Voraussetzungen für die Vermei-
                                                wendung behindertenspezifischer Hilfsmittel
dung einer Diskriminierung in Prüfungssitua-
                                                oder der Beizug notwendiger persönlicher
tionen. Ausserdem ist der Nachteilsausgleich
                                                Assistenz erschwert werden und, für Schulen
eine wichtige Grundlage für ein möglichst
                                                besonders wichtig, die Dauer und Ausgestal-
selbstbestimmtes Leben und für die Inklusion
                                                tung des Bildungsangebots sowie Prüfungen
in unsere Gesellschaft. Die Separation von
                                                den spezifischen Bedürfnissen Behinderter
Schülerinnen und Schülern mit Behinderung
                                                nicht angepasst sind.
sollte heute die Ausnahme sein. Wenn Kinder
mit einer Behinderung eine Regelklasse be-      Während bei öffentlichen Bauten und im
suchen, sollte es ihnen ermöglicht werden,      öffentlichen Verkehr die Beseitigung von
die Schule nach der obligatorischen Schul-      Benachteiligungen von Menschen mit Be-

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Der Nachteilsausgleich bei Prüfungen für Schülerinnen und Schüler mit Autismus
hinderung im Sinne des BehiG gegenwärtig,
ersichtlich und bekannt ist, ist dies in den Gr-     Wenn Kinder mit einer Behinde-
undschulen oftmals weniger der Fall.                 rung eine Regelklasse besuchen,
                                                     sollte es Ihnen ermöglicht werden,
                                                     die Schule nach der obligato-
Gesetzliche Grundlage auf kantonaler Ebene           rischen Schulzeit mit einem Ab-
                                                     schlusszeugnis mit Noten zu
Im Kanton Zürich existieren keine Gesetze
                                                     verlassen.
zur Beseitigung von Benachteiligungen von
Menschen mit Behinderung und auch den
Schulgesetzen sind keine behindertenspezi-
                                                   der kantonalen Mittelschulen. Es handelt sich
fischen Bestimmungen zu entnehmen. Da
                                                   somit nicht um ein formell erlassenes Gesetz
der Nachteilsausgleich in den kantonalen ge-
                                                   für alle Zürcher Schulen, sondern nur um
setzlichen Grundlagen nicht ausdrücklich er-
                                                   Richtlinien, welche von den Züricher Mittel-
wähnt ist, muss dieses Recht vom übergeord-
                                                   schulen, d. h. nicht von der Volksschule (Pri-
neten Recht (BehiG) und den Grundlagen der
                                                   mar- und Oberstufe), anzuwenden sind. Die
Volksschule des Kantons Zürich abgeleitet
                                                   in den Richtlinien enthaltenen Grundsätze
werden. Damit gilt der Nachteilsausgleich
                                                   und das Vorgehen können und sollen jedoch
auch für jene Kantone, welche diesen nicht
                                                   als vorbildhafte Lösung für die Erfassung und
ausdrücklich in ihrer Gesetzgebung verankert
                                                   den Umgang mit dem Nachteilsausgleich
haben. Die Bildungseinrichtungen im Kan-
                                                   gesehen werden.
ton Zürich sind bisher unterschiedlich damit
umgegangen.
                                                   Beispiel: Handhabung des Nachteilsaus-
                                                   gleichs an der Volksschule des Kantons Zürich
Beispiel: Handhabung des Nachteilsaus-
                                                   gemäss Handreichung «Angebote für
gleichs an den Zürcher Mittelschulen
                                                   Schülerinnen und Schüler mit besonderen
Für die Mittelschulen des Kantons Zürich           pädagogischen Bedürfnissen. Beurteilung
bestehen seit dem 1. Juli 2011 sogenannte          im Zeugnis und in Lernberichten» vom
«Richtlinien über die Gewährung von Nach-          November 2012»
teilsausgleichsmassnahmen an kantonalen
                                                   Einige Monate, nachdem die Beitragsreihe
Mittelschulen». Diese Richtlinien wurden von
                                                   über den Nachteilsausgleich im Autismus
der Schulleiterkonferenz Mittelschulen (SLK)
                                                   Forum Schweiz erschienen ist und verschie-
im Sinne eines Eckwertpapiers über die
                                                   dene kantonale Bildungsdirektionen darüber
Gewährung von Nachteilsausgleichsmass-
                                                   aktiv informiert worden sind, hat der Kanton
nahmen an kantonalen Mittelschulen bes-
                                                   Zürich das bisher nicht explizit gesetzlich
chlossen und umfassen die von der SLK im
                                                   geregelte Thema ebenfalls aufgenommen
Einvernehmen mit dem Mittelschul- und Be-
                                                   und den Nachteilsausausgleich in einer son-
rufsbildungsamt erarbeiteten Grundsätze.
                                                   derpädagogischen Handreichung mit dem
Die Richtlinien bezwecken eine einheitliche        oben erwähnten Titel ausdrücklich anerkannt
Umsetzung der von der SLK erarbeiteten Gr-         und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Diese
undsätze über die Gewährung von Nachteil-          Handreichung richtet sich vorwiegend an die
sausgleichsmassnahmen bei Vorliegen einer          Schulen, d. h. Schulleitungen, Schulpflegen
Behinderung bzw. einer Teilleistungsstörung        und Lehrerschaft und hält darin den Umgang,
und gelten nur für Schülerinnen und Schüler        die schulischen Möglichkeiten und aber auch

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Der Nachteilsausgleich bei Prüfungen für Schülerinnen und Schüler mit Autismus
die Rechte der Eltern bzw. der betroffenen            novation hat dazu ein Merkblatt erlassen
Schüler und Schülerinnen verbindlich fest.            (SBFI, 2013). In diesem Merkblatt wird der
Die Handreichung selbst bildet keine ge-              Anspruch anerkannt und es werden mögliche
setzliche Grundlage im juristischen Sinne,            Massnahmen erwähnt. Das Merkblatt versucht
wird von Volksschulamt/Bildungsdirektion              auch die Grenzen des Nachteilsausgleichs zu
aber als Konkretisierung der gesetzlichen             umschreiben, wobei es dabei hauptsächlich
Bestimmungen über die Sonderpädagogik                 um eine Abwägung geht. Das Bundesamt ver-
verstanden (Volksschulgesetz VSG, Volkss-             steht den Nachteilsausgleich nur als «tech-
chulverordnung VSV, Verordnung über die               nische und organisatorische Massnahme»
Sonderpädagogischen Massnahmen VSM,                   und überlässt den jeweiligen Entscheid den
Zeugnisreglement ZRegl.).                             Prüfungskommissionen. Wird ein angemes-
                                                      sen begründetes Begehren abgelehnt, ist
                                                      dies nur mit einer ausreichenden Begründ-
Nachteilsausgleich bei                                ung möglich.
Berufs- und Fachprüfungen
                                                      Das SBFI (ehemals BBT) hat zudem einen
sowie an Hochschulen
                                                      Leitfaden für die individuelle Begleitung von
Der verfassungsmässige Anspruch auf Nach-             Lernenden in der beruflichen Grundausbil-
teilsausgleich gilt für alle Menschen mit Be-         dung publiziert (BBT, 2007). Diese individu-
hinderung und zwar unabhängig von der                 elle Begleitung ist für Jugendliche mit unter-
Ausbildungsstätte, die besucht wird. Das Sta-         schiedlichen Schwierigkeiten gedacht und
atssekretariat für Bildung, Forschung und In-         fokussiert die berufliche Grundausbildung.

Schülerinnen und Schüler mit Autismus bestreiten die Schule mit einem «unverschuldeten Nachteil».
Deshalb haben sie das Recht auf einen individuell auf Sie abgestimmten Nachteilsausgleich bei Prüfungen.

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Für Studierende ist i. d. R. ebenfalls ein Nach-   – Schülerinnen und Schüler mit Autismus
teilsausgleich vorgesehen. Dieser ist meist in       haben keinen natürlichen Bezug zu den
einem Reglement festgelegt. So sieht z. B. die       Bereichen Wettbewerb und Leistungsori-
Ordnung für das Bachelorstudium Rechtswis-           entierung. So kommt es immer wieder vor,
senschaft der Juristischen Fakultät der Uni-         dass sie während einer Prüfung nicht «vor-
versität Basel in § 31 Abs. 2 vor, dass bei Vor-     wärtsmachen», sondern z. B. an einem De-
liegen besonderer Umstände, insbesondere             tail herumstudieren.
bei Behinderung, die Studiendekanin bzw.
                                                   – Bei Unsicherheiten lassen sie die Antwort li-
der Studiendekan zum Nachteilsausgleich
                                                     eber ganz wegfallen als etwas zu schreiben,
auch den Prüfungsmodus ändern kann. Die
                                                     das nicht ganz korrekt ist. Prüfungsblätter
Umsetzung obliegt sodann den zuständigen
                                                     werden deshalb oft nur unvollständig ab-
Stellen.
                                                     gegeben.
                                                   – Oft ist es auch so, dass wegen semantischer
Nachteilsausgleich und Autismus                      Verständnisprobleme Prüfungsfragen nicht
Grundsätzliches                                      richtig verstanden werden. Das betreffende
                                                     Kind schreibt dann etwas völlig Falsches,
Integrativ geschulte Kinder und Jugendliche          das gar nicht erfragt wurde, oder es sch-
mit Autismus haben nicht nur während des             reibt gar nichts.
Unterrichts besondere Bedürfnisse, sondern
auch bei der Leistungsbewertung (Beno-             – Andere Probleme können sich aus sen-
tung). Die Leistungserhebung und -bewer-             sorischen Überempfindlichkeiten ergeben:
tung orientiert sich grundsätzlich an den            optisch, akustisch usw. Auch hier ist es
fachlichen Anforderungen der Bildungspläne           sinnvoll, das Kind in einem anderen Raum
des jeweiligen Schultyps. Bei Schülerinnen           arbeiten zu lassen oder den Arbeitsplatz
und Schülern mit Autismus soll nicht a pri-          speziell anzupassen/abzuschirmen.
ori von diesen für alle gültigen Lernzielen        – Bei vielen Schülerinnen und Schülern mit
abgewichen werden. Vielmehr sollen indivi-           Autismus kommt zudem eine ungünstige
duelle Bedingungen bei der Leistungserhe-            Kombination von Perfektionismus und mo-
bung und Leistungsbewertung im Sinne des             torischer Unzulänglichkeit zum Tragen.
Nachteilsausgleichs gewährt werden.                  Dies wirkt sich bei schulischen Arbeiten,
Worin besteht nun im Bereich des Autis-              Hausaufgaben usw. im Allgemeinen nega-
mus-Spektrums der allfällige Nachteil, der           tiv aus, ist aber auch bei Prüfungen hinder-
bei der Leistungsbewertung ausgeglichen              lich.
werden soll? Diese Frage kann aufgrund der
Unterschiedlichkeit der individuellen Bedürf-
nisse von Schülerinnen und Schüler mit Au-         Spezielle Regelungen für Abschluss-
tismus nicht allgemein beantwortet werden.         prüfungen und Zeugnisse
Das heisst, für jede Schülerin bzw. jeden          Für die Gestaltung von Abschlussprüfungen
Schüler mit Autismus muss der Nachteilsaus-        gelten die gleichen Prinzipien wie bei der
gleich individuell festgelegt werden.              Leistungserhebung und -bewertung im Un-
                                                   terricht. Die Massnahmen des Nachteilsau-
Dennoch ist es möglich, einige Aspekte auf-
                                                   sgleichs müssen jedoch für jedes Prüfungs-
zuzählen, die im Zusammenhang mit Leis-
                                                   fach zuvor von der Schulleitung genehmigt
tungsbeurteilung auf praktisch alle Schüler-
                                                   werden.
innen und Schüler mit Autismus zutreffen:

                                                                                                7
In den Unterrichtsfächern, in denen behin-
derungsspezifische Nachteile aufgrund der                   Bei Schülerinnen und Schülern mit
Gegebenheiten des Faches nicht durch Mass-                 Autismus soll nicht a priori von
nahmen im Sinne des Nachteilsausgleichs                    diesen für alle gültigen Lernzielen
kompensiert werden können, sollte die Frage                abgewichen werden.
der Benotung im Einzelfall geprüft werden.
In Zeugnissen dürfen die Massnahmen des
Nachteilsausgleichs nicht aufgeführt werden!
                                                         Alle möglichen Anpassungen müssen der
                                                         Schülerin bzw. dem Schüler mit Autismus be-
                                                         reits vor der Prüfung bekannt sein. Der
Mögliche Massnahmen zum                                  Nachteilsausgleich soll transparent gemacht
Nachteilsausgleich bei Kindern und                       werden. Die Kommunikation wird vorgängig
Jugendlichen mit Autismus                                mit dem betroffenen Kind abgesprochen.
Im Folgenden werden einige mögliche Mass-
nahmen zum Nachteilsausgleich für Schüler-               Die Anpassungen der Prüfungssituationen
innen und Schüler mit Autismus aufgelistet.              können grob in fünf Kategorien eingeteilt
Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Voll-               werden:
ständigkeit, sondern soll als Unterstützung              – Zeitpunkt der Prüfung
dienen, auf das jeweilige Kind abgestimmte               – Dauer/Segmentierung der Prüfung
Massnahmen zu finden. Wichtig ist, die bes-               – Setting/Durchführung der Prüfung
chlossenen Massnahmen festzuhalten und                   – Präsentation der Prüfung
regelmässig (mindestens jedes Semester) zu               – Antwortmöglichkeit auf Prüfungsfragen
evaluieren und gegebenenfalls anzupassen.

Nachteil             Kategorie            Möglicher Nachteilsausgleich
Wenig Flexibilität   Zeitpunkt            – Keine Überraschungstests
                     Setting/             – Planung der Prüfung an einem Tag, an dem KEINE Veränderung
                     Durchführung           des üblichen Ablaufes besteht)
                                          – Bei mündlichen Prüfungen nur EINE fragende Person
                     Präsentation         – Kann eine Prüfungsfrage nicht gelöst werden, Hilfe beim Übersprin-
                                            gen dieser Aufgabe
                                          – Mathe: bei gemischt abgefragten Operationen, klare Kennzeichnung
                                            der Operationen durch Farbmuster (z. B. rot = Multiplikation,
                                            blau = Division usw.)
Aufmerksamkeits-     Zeitpunkt            – Planung der Prüfung zu einem Zeitpunkt, an dem das Kind mit
problematik          Dauer/                 Autismus üblicherweise konzentriert ist (eher Vormittag als Nach-
                     Segmentierung          mittag)
                                          – Prüfung in kürzeren Etappen, mehr Pausen
                     Setting/             – Mündliche Prüfungen
                     Durchführung         – Gehörschutz/Paravent
                                          – Prüfung in separatem Raum
Schwierigkeit mit    Dauer/               – Zusätzliche Lösungszeit
Graphomotorik        Segmentierung        – Mündliche anstelle schriftlicher Prüfung
                     Setting/             – Keine Bewertung des Schriftbildes
                     Durchführung         – Bei Geometrie: grössere Exaktheitstoleranz
                                          – Lösen der Prüfung am Computer
                     Antwortmöglichkeit   – Spezialisierte Schreibwerkzeuge

8
Überforderung bei  Setting/                 – Vorher festgelegter Sitzplatz mit wenig Ablenkung (z. B. an der
Unvorhergesehenem, Durchführung               Wand, Gehörschutz, Paravent)
Sensorische Über-                           – Arbeitsplatz in separatem Raum
empfindlichkeit                              – Je nach sensorischer Übersensibilität darauf achten, dass Lichtver-
                                              hältnisse, Gerüche, Geräusche minimiert sind
Verlieren in Details   Setting/             – Zur Verfügung stellen von ausreichender Zeit zur Vorbereitung:
                       Durchführung           Bereitlegen der Stifte etc.
                       Präsentation         – Deutlich sichtbar notierte Maximalzeit für die Lösung einer Aufgabe,
                                              evtl. Time Timer
                                            – KEINE Comics/Illustrationen auf Prüfungsblättern
                                            – Unterstreichen von Schlüsselwörtern
Wenig eigene           Setting/             – Lösungsblätter nach zuvor gelerntem Muster gestalten: unterschied-
Strukturierung         Durchführung           liche Farben, Schreiblinien, ausreichend Platz für die Lösungen
Probleme mit           Präsentation         – Einzelne Prüfungsblätter nacheinander austeilen und gelöste Blätter
Handlungsabläufen                             bereits einsammeln, zur Korrektur zurückgeben, sobald letzte Auf-
                                              gabe gelöst ist
                                            – Persönliche Begleitung durch Coach: Hilfe bei Übergängen von
                                              Aufgabe zu Aufgabe, beim «Verfall in Stereotypien» etc. (nicht direkt
                                              beim Lösen der Aufgaben)
                                            – Übersichtliche Prüfungsblätter
                                            – Aufgabenbeginn und -ende durch dicke Striche und genügend
                                              Abstand klar kennzeichnen
                                            – Einzelne Arbeitsschritte durch Zusatzfragen verdeutlichen
                                            – Grosse, gut leserliche Schriftart
                                            – Wenig, gut strukturierter Text auf einem Blatt
                                            – Genügend Zeilenabstand
Schwierigkeiten im  Präsentation            – Aufsatzthemen anpassen (z. B. Erstellen einer Bildbeschreibung
Berichten und Be-                             anstelle Erlebnisbericht/Interpretationen)
werten (soziale und                         – Keine emotionalen/sozialen Fragen sondern nur Fact-Fragen bei
emotionale Themen)                            Lernfächern (Naturkunde, Geographie, Geschichte)
Auditive Verständnis- Präsentation          – Sprachverständnis in allen Sprachen schriftlich bewerten (keine
probleme                                      Hörverständnis-Tests)
                                            – Visualisierung durch Bild oder Schrift von mündlich gestellten
                                              Fragen
Prüfungsangst          Präsentation         – Beginn mit einfacher Frage
                                            – Vorheriges Üben an Probeprüfungen
Wortwörtliches         Präsentation         – Eindeutige Formulierung der Prüfungsfragen (z. B. «Nenne 4
Verständnis,                                  Beispiele» anstelle von «Kannst du 4 Beispiele nennen?»)
Semantische Ver-                            – Einfache Formulierungen
ständnisprobleme                            – Verwenden von bereits aus Übungsbeispielen bekannten Formu-
                                              lierungen
                                            – KEINE mehrgliedrigen Fragen
                                            – Trennung von Information und Frage (z. B. «Metalle werden nicht
                                              gleich heiss. Warum?» anstelle von «Warum werden Metalle nicht
                                              gleich heiss?»)
                                            – Prüfungsvorschau eine Woche vor Termin, um Missverständnisse zu
                                              bereinigen
                                            – Anführen eines Lösungsbeispiels
                                            – Assistenz-Person zur Klärung von Verständnisfragen
Motorische Unge-       Antwortmöglichkeit   – Im Turnen keine Bewertung der motorischen Leistungen
schicklichkeit
Rechtschreib-Prob-     Antwortmöglichkeit   – Keine Bewertung der Rechtschreibung
leme                                        – Einsatz von Computer
Erschwerte Kom-        Antwortmöglichkeit   – Hilfsmittel der unterstützten Kommunikation (Symbole, Kommuni-
munikation                                    kationscomputer etc.)

                                                                                                                    9
Einzelne Arbeitsschritte durch Zusatzfragen verdeutlichen.

Persönliche Begleitung durch den Coach. Zum Beispiel für Übergänge von Aufgabe zu Aufgabe.

10
Autismus Forum Schweiz                          Literatur
Menschen mit Autismus sind vollwertige und      BBT (Bundesamt für Berufsbildung und
moralisch gleichgestellte Mitglieder unserer    Technologie). (2007). Leitfaden individuelle
Gesellschaft. Autismus Forum Schweiz setzt      Begleitung von Lernenden in der beruflichen
sich konsequent dafür ein, dass Menschen        Grundbildung. Bern.
mit Autismus in allen Lebensbereichen, be-      http://www.sbfi.admin.ch/berufsbildung/
sonders bei der Schulung, in der Ausbildung,    01550/index.html?lang=de
am Arbeitsplatz, beim Wohnen und in der         [Stand 16. 7. 2013]
Freizeit mehr Anteil an unserer Gesellschaft
haben und dass Barrieren, die dies er-          SBFI (Staatssekretariat für Bildung, Forschung
schweren oder behindern, abgebaut werden.       und Innovation). (2013). Nachteilsausgleich
                                                für Menschen mit Behinderungen bei Be-
Für Autismus Forum Schweiz stehen Men-          rufsprüfungen und höheren Fachprüfungen.
schen mit Autismus und ihre Angehörigen im      Bern.
Zentrum. Wir fördern die Solidarität zwischen   http://www.sbfi.admin.ch/berufsbildung/
Menschen mit und ohne Autismus.                 01472/01474/index.html?lang=de
Unser Verein ist gemeinnützig ausgerichtet      [Stand 16. 7. 2013]
sowie politisch, wirtschaftlich und weltan-
                                                SZH (Schweizer Zentrum für Heil- und Sonder-
schaulich unabhängig und orientiert sich an
                                                pädagogik). (2011). Nachteilsausgleich. Bern.
den Menschenrechten. Alle Mitglieder des
                                                http://www.szh.ch/de/Infoplattform-zur-
Vorstandes arbeiten ehrenamtlich und ver-
                                                Heil-und-Sonderpaedagogik-in-der-Schweiz/
rechnen keine Spesen.
                                                Nachteilsausgleich/page34217.aspx
                                                [Stand 9. 7. 2013]

                                                Zürich (Kanton). Bildungsdirektion, Mittel-
                                                schul- und Berufsbildungsamt. (2011). Richt-
                                                linien über die Gewährung von Nachteil-
                                                sausgleichsmassnahmen an kantonalen
                                                Mittelschulen.
                                                http://www.mba.zh.ch/internet/bildungsdi-
                                                rektion/mba/de/maturitaetsschulen/recht-
                                                liche_grundlagen_mittelschulen/fuehrung-
                                                shandbuch.html
                                                [Stand 16. 7. 2013]

                                                Zürich (Kanton). Bildungsdirektion, Volkss-
                                                chulamt. (2012). Beurteilung im Zeugnis und
                                                in Lernberichten.
                                                http://www.zh.ch/internet/bildungsdirektion/
                                                vsa/de/schulbetrieb_und_unterricht/zeu-
                                                gnisse.html
                                                [Stand 16. 7. 2013]

                                                                                           11
Autismus Forum Schweiz
Im Sihlhof 39, 8134 Adliswil
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PC 50-666655-0

Vorstand
Nicole Ulrich-Neidhardt (Präsidentin)
RA lic. iur. Nikola Bellofatto E.M.B.L.-HSG
Dr. med. Thomas Girsberger (Vizepräsident)
Dr. Thomas Ulrich
lic. phil. Edith Vogt MAS Psychotherapy

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