Beiträge aus dem Institut für Regionalforschung der Universität Kiel - Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte ...

 
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Beiträge aus dem Institut für Regionalforschung der Universität Kiel - Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte ...
Beiträge aus dem
    Institut für Regionalforschung
          der Universität Kiel
          Prof. Dr. Johannes Bröcker

Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte
   als Folge des Ausbaus der Offshore-
     Windenergie in Norddeutschland

                   30. März 2016

Projektleiter:      Prof. Dr. Johannes Bröcker
Bearbeiter:         Johannes Burmeister
                    Eugenia Sudheimer

                   Beitrag Nr. 46
                 Kiel, im März 2016

             Universität Kiel
    Institut für Regionalforschung
                D - 24098
Beiträge aus dem Institut für Regionalforschung der Universität Kiel - Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte ...
Die Energiewende ist eines der bahnbrechendsten Zukunftsvorhaben unserer Zeit. Bis 2050
sollen Erneuerbare Energien 80 Prozent unserer Stromversorgung decken. Offshore-
Windenergie stellt dabei einen wesentlichen strategischen Baustein in der Energie- und
Klimapolitik Deutschlands dar. Bis 2030 sollen Offshore-Anlagen mit einer Gesamtleistung
von 15.000 MW errichtet werden. Auch wenn das klimapolitische Ziel, den Ausstoß klima-
schädlicher Emissionen zu mindern und Kernkraft durch Erneuerbare Energien zu ersetzen,
im Vordergrund steht, erfordert die Energiewende auch eine Modernisierung unserer Indust-
riegesellschaft, sie erzeugt regionale Wertschöpfung und schafft durch Innovationen zu-
kunftsfähige Arbeitsplätze.

Nach Rückschlägen in den zurückliegenden Jahren hat sich die Branchenstruktur zuletzt
dynamisch weiterentwickelt. Zahlreiche Unternehmen aus den verschiedensten Bereichen
der klassischen Wirtschaftszweigsystematik sind in der Offshore-Industrie tätig oder bieten
ihre querschnittlichen Dienstleistungen an. Die allgemeine Wertschöpfungskette erstreckt
sich von der Planung und Finanzierung, über die Produktion sowie Errichtung und Betrieb
der Windparks bis hin zu Logistik und Infrastruktur.

In einer ersten von der EKSH angeregten und geförderten Studie ging es um die Wertschöp-
fungs- und Beschäftigungseffekte als Folge des Ausbaus Erneuerbarer Energien mit dem
Fokus Onshore-Windenergie, Photovoltaik und Biogas in Schleswig-Holstein. Auch diese
Studie wurde unter Leitung von Prof. Dr. Johannes Bröcker am Institut für Regionalforschung
der Universität Kiel erstellt und im November 2014 veröffentlicht.

In der vorliegenden Studie wird nun die ökonomische Bedeutung der Offshore-Windbranche
in Norddeutschland mit den zu betrachtenden Bundesländern Bremen, Hamburg, Mecklen-
burg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein untersucht.

Die Verantwortung für den Inhalt liegt bei den Autoren.

Die Studie finden Sie auch unter www.eksh.org

Die EKSH ist eine gemeinnützige Gesellschaft, zu deren Aufgaben auch die Förderung an-
gewandter Forschung zu Energie und Klimaschutz gehört. Die Branche der Erneuerbaren
Energien ist noch jung und sehr dynamisch. Umso wichtiger sind Untersuchungen wie diese,
die nicht nur für Entscheider eine gute Orientierung geben. Die Studie knüpft an die erste
Arbeit an und wurde deshalb gern von uns unterstützt.

Stefan Sievers
Geschäftsführer
Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein GmbH (EKSH)
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Inhaltsverzeichnis                                    I

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis                                                                    II

Tabellenverzeichnis                                                                     III

Abkürzungsverzeichnis                                                                   IV

1 Einleitung                                                                             1

2 Methodische Vorgehensweise                                                             6
   2.1    Allgemeine Definitionen und Datengewinnung . . . . . . . . . . . . .           8
   2.2    Wertschöpfungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      9
   2.3    Beschäftigungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   12
   2.4    Vom Inlands- zum Inländerkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        13

3 Ergebnisse                                                                            14
   3.1    Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte in der Bauphase . . . . .           14
          3.1.1   Direkte Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   15
          3.1.2   Indirekte Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   30
   3.2    Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte in der Betriebsphase . . .          31
          3.2.1   Direkte Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   32
          3.2.2   Indirekte Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   39
   3.3    Zubauszenario gemäß dem Ziel der Bundesregierung für 2030 . . . . .           40

4 Fazit                                                                                 43

Anhang                                                                                  VII

Literaturverzeichnis                                                                    XII
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Abbildungsverzeichnis                                 II

Abbildungsverzeichnis

  1    Ausbau der Offshore-Windenergie in der deutschen Nord- und Ostsee.            3
  2    Monatlicher Bestand von Offshore-Windenergieanlagen seit 2014. . .            5
  3    Zusammenhänge der Wertschöpfungseffekte beim Bau einer OWEA in
       Norddeutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    7
  4    Berücksichtigte Steuerarten und resultierende Wertschöpfung. . . . .         11
  5    Küstenentfernung deutscher OWPs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       16
  6    Schema: Netzanbindung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     25
  7    Netzanbindung in der Nordsee. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      27
  8    Wertschöpfung in der Bau- und Betriebsphase im Zeitverlauf.        . . . .   42
  9    Beschäftigungseffekte durch den Bau und Betrieb im Zeitverlauf. . . .        43
  10   Zusammensetzung aller 2014 installierten OWEA nach Größe (Nenn-
       leistung der Einzelanlage). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII
  11   Offshore-Windparks in der Nordsee. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     IX
  12   Offshore-Windparks in der Ostsee. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    X
  13   Realisierung eines Offshore-Windparks. . . . . . . . . . . . . . . . . .     XI
Tabellenverzeichnis                                  III

Tabellenverzeichnis

  1   Vertikale Verteilung der Steuereinnahmen nach Bund, Ländern und
      Gemeinden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     13
  2   Investitionskosten einer Offshore-Windenergieanlage (6 MW).          . . . .   18
  3   Direkte Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte durch den Bau einer
      OWEA in Norddeutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         29
  4   Direkte und indirekte Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte wäh-
      rend der Bauphase in Norddeutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . .        31
  5   Betriebskosten einer OWEA in Norddeutschland. . . . . . . . . . . .            34
  6   Direkte Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte während des Be-
      triebs einer OWEA in Norddeutschland. . . . . . . . . . . . . . . . .          37
  7   Direkte und indirekte Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte in
      der Betriebsphase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     39
  8   Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte in der Bau- und Betrieb-
      sphase bis 2030. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   41
  9   Übersicht der Interviewpartner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      VII
Abkürzungsverzeichnis               IV

Abkürzungsverzeichnis

AWZ           Ausschließliche Wirtschaftszone
BMWi          Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
BSH           Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
EE            Erneuerbare Energien
EEG           Erneuerbare-Energien-Gesetz
EIB           Europäische Investitionsbank
GW            Gigawatt
GWh           Gigawattstunde
HGÜ           Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung
I-O Analyse   Input-Output Analyse
KfW           Kreditanstalt für den Wiederaufbau
kW            Kilowatt
kWh           Kilowattstunde
L&G           Löhne und Gehälter
Mio.          Millionen
MW            Megawatt
MWh           Megawattstunde
Mrd.          Milliarden
OWEA          Offshore-Windenergieanlage
OWP           Offshore-Windpark
p. a.         per annum
Tsd.          Tausend
Abkürzungsverzeichnis      V

U&V   Unternehmertätigkeit und Vermögen
UVP   Umweltverträglichkeitsprüfung
VZÄ   Vollzeitäquivalent
1 Einleitung                                    1

1 Einleitung

Bis 2020 sollen mindestens 30% des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien
(EE) stammen. Die EE haben sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Wirt-
schaftszweig entwickelt, der sowohl zur Wertschöpfung als auch zur Beschäftigung in
Deutschland beiträgt. Die Offshore-Windenergie bietet dabei ein enormes Potential für
eine Stromversorgung mit Erneuerbaren und stellt daher eine bedeutende Säule der
Energiewende und einen wichtigen Wirtschaftsfaktor nicht zuletzt in den norddeut-
schen Küstenländern dar. Zudem eröffnet der Ausbau der Offshore-Windenergie auch
neue Potentiale für die maritime Wirtschaft und die Vorleistungs- und Zulieferindustrie
(Bundesregierung, 2015).

Die vorliegende Studie stellt eine Folgestudie von Bröcker et al. (2014) dar. Bröcker
et al. (2014) untersuchten die Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte, die sich als
Folge des Ausbaus Erneuerbarer Energien (Onshore-Windenergie, Photovoltaik und
Biogas) bis 2020 in Schleswig-Holstein ergeben. Wir knüpfen in der vorliegenden Studie
an Bröcker et al. (2014) an und untersuchen die ökonomische Bedeutung der Offshore-
Windenergiebranche für Norddeutschland. Die küstennahen Regionen und somit die
norddeutschen Bundesländer (Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nieder-
sachsen und Schleswig-Holstein) gelten allgemeinhin als die wichtigsten Standorte der
Offshore-Windenergieindustrie. Insofern erscheint die in dieser Studie vorgenommene
Erweiterung der Untersuchung von Schleswig-Holstein auf Norddeutschland als sinnvoll.
Die vorliegende Studie quantifiziert somit Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte,
die sich in Folge des Ausbaus der Offshore-Windenergie in Norddeutschland ergeben.
Betrachtet wird dabei der Zeitraum bis 2030, für den eine installierte Leistung von 15
GW in Nord- und Ostsee geplant ist. Analysiert werden dabei zunächst die Effekte der
1 Einleitung                                            2

Neubau-Investitionen seit 2016. Zudem werden die Effekte quantifiziert, die sich durch
den Betrieb dieser neuentstehenden Offshore-Windenergieanlagen (OWEA1 ) ergeben.2
Sowohl während der Bau- als auch während der Betriebsphase treten wiederum direkte
und indirekte Effekte auf. Die direkten Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte
gehen von den direkt an der Leistungserstellung beteiligten norddeutschen Unterneh-
men aus. Die indirekten Effekte entstehen, wenn diese norddeutschen Unternehmen
Vorleistungen bei anderen norddeutschen Unternehmen einkaufen.

2015 war mit dem bisher größten Zubau ein Ausnahmejahr für die deutsche Offshore-
Windindustrie: 546 Offshore-Windenergieanlagen (OWEA) mit einer Leistung von
2.282,4 Megawatt (MW) gingen in Betrieb. Damit speisten zum 31. Dezember 2015
insgesamt 792 OWEA mit einer Leistung von 3.294,9 MW Strom ein. Zusätzlich stehen
41 OWEA mit einer Leistung von 246 MW vor ihrem Netzanschluss und für 122 weitere
Anlagen wurden bereits Fundamente errichtet. Insgesamt sind in der deutschen Nord-
und Ostsee zum Jahresende 2015 somit OWEA mit einer Gesamtleistung von etwa
3.300 MW am Netz. 80% der derzeit installierten Leistung befindet sich dabei in der
Nordsee (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2015; Deutsche Windguard,
2014). Abbildung 1 stellt den Ausbau der Offshore-Windenergie in der deutschen Nord-
und Ostsee im Januar 2016 dar.

1 AlsOWEA bezeichnen wir nachfolgend die schlüsselfertige Offshore-Windenergieanlage. Die hier
 enthaltenen Kostenpositionen sind in Tabelle 2 aufgeführt. Als Turbine bezeichnen wir, den inter-
 nationalen Gepflogenheiten entsprechend, lediglich den Verbau der drei Hauptkomponenten Turm,
 Gondel und Rotor.
2 Die Effekte, die sich durch den Betrieb bereits bestehender OWEA ergeben, werden nicht berück-
 sichtigt. Zum Jahresende 2015 sollen 3,3 GW Nennleistung installiert sein. Durch den Betrieb dieser
 Ende des Jahres 2015 bereits bestehender OWEA wird eine zusätzliche Wertschöpfung von ca. 127
 Mio. e p.a. Ende des Jahres 2029 (Peak) generiert. Außerdem generiert der Betrieb Ende des Jahres
 2015 bereits bestehender OWEA eine Beschäftigungswirkung von etwa 968 Personen (Peak).
1 Einleitung                                         3

    Abbildung 1: Ausbau der Offshore-Windenergie in der deutschen Nord- und Ostsee.

                              Quelle: Stiftung Offshore-Windenergie.

Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sieht bei der Offshore-Windenergie
ein Ausbauziel von 6,5 Gigawatt (GW) bis 2020 vor. Anschließend erfolgt ein jährlicher
Zubau der Kapazität um 0,8 GW, so dass im Jahr 2030 15 GW Nennleistung in
der deutschen Nord- und Ostsee installiert sein werden. Als Folge des vorgegebenen
Ausbauziels beschränkte das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)
2015 die Genehmigung vorerst auf Projekte in den küstennahen Zonen 1 und 2.3

3 Vgl.   Abbildung 11 im Anhang. Quelle: Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH).
1 Einleitung                                           4

Der Ausbau der Offshore-Windenergie verlief bis 2014 zunächst schleppend und blieb
hinter den Erwartungen zurück.4 Auf Grund der Kostensenkungsdebatte in 2013 und
der über lange Zeit ungeklärten Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Netzanbin-
dung, Verzögerungen bei der Installation, Engpässen bei Transport und Logistik sowie
erschwerten Finanzierungsbedingungen für Offshore-Windenergie-Projekte wurden
Investitionspläne zurückgezogen oder verschoben. In Folge der Finanzkrise kam es zu-
sätzlich zu Kapazitäts- und Personalrückbau sowie Insolvenzen in einigen Unternehmen
(Schwieters et al., 2012; Winter und Wagener, 2014).

Nach der EEG-Novelle 2014 herrschen verlässlichere Rahmenbedingungen, so dass
die Anzahl installierter OWEA seit 2014 wieder kontinuierlich ansteigt. Abbildung 2
zeigt den monatlichen Bestand von OWEA seit Februar 2014 bis Mai 2015. Dabei ist
eine stetige Zunahme der durchschnittlichen Leistung pro OWEA durch technischen
Fortschritt bei neuinstallierten Anlagen zu beobachten.

4 Bard 1 übertraf mit 2,9 statt 1,5 Mrd. e die geplanten Baukosten und ging mit 2 Jahren Verspätung
 ans Netz. Der Windpark Global Tech I ist um 200 Mio. e (13%) teurer als geplant und liefert ein
 Jahr später Strom. (Vgl. Der Spiegel, 20. Mai 2015: Studie zu Baukosten: Offshore-Windparks haben
 geringere Mehrkosten als Atomkraftwerke.)
1 Einleitung                                                                                             5

                                       Abbildung 2: Monatlicher Bestand von Offshore-Windenergieanlagen seit 2014.
                                       450

                                       400

                                       350
   Anzahl in Betrieb genommener OWEA

                                       300

                                       250

                                       200

                                       150

                                       100

                                       50

                                        0
                                             Feb. Feb. Mrz. Mrz. Apr. Apr. Mai. Mai. Jun. Jun. Jul. Jul. Jul. Aug. Aug. Sep. Sep. Okt. Okt. Nov. Nov. Dez. Dez. Jan. Jan. Jan. Feb. Feb. Mrz. Mrz. Apr. Apr. Mai. Mai.
                                              14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15

  Quelle: Eigene Darstellung, basierend auf dem Anlagenregister der Bundesnetzagentur.

In Kapitel 2 wird zunächst die methodische Vorgehensweise zur Ermittlung von
Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten in der Bau- und Betriebsphase kurz
erläutert. In Kapitel 3.1 und 3.2 werden anschließend die Ergebnisse unserer Analyse
differenziert nach Bau- und Betriebsphase sowie nach direkten und indirekten Effekten
dargelegt. In Kapitel 3.3 erfolgt eine Szenarioanalyse gemäß dem Ausbauziel der
Bundesregierung für das Jahr 2030. Abschließend werden die zentralen Ergebnisse
dieser Studie zusammengefasst und kurz diskutiert.
2 Methodische Vorgehensweise                               6

2 Methodische Vorgehensweise

Es folgt eine kurze Beschreibung der Vorgehensweise bei der Ermittlung von regionalen
Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten. Für eine ausführliche Darstellung der
methodischen Vorgehensweise verweisen wir auf Bröcker et al. (2014).

Wir koppeln zwei Methoden, um sowohl die direkten als auch die indirekten Effekte
zu quantifizieren. Diese Effekte werden für die Referenzanlage jeweils für die Bau- und
Nutzungsphase berechnet. Die direkten Effekte stellen die Wertschöpfung dar, die von
den direkt an der Leistungserstellung (Bau oder Betrieb) beteiligten norddeutschen
Unternehmen geschaffen wird. Wertschöpfung, die in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-
Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein entsteht, wird nachfolgend als
norddeutsch bezeichnet. Die indirekten Effekte stellen die Wertschöpfung dar, die ent-
steht, wenn diese Unternehmen Vorleistungen bei anderen norddeutschen Unternehmen
einkaufen, welche ihrerseits direkt oder indirekt über ihre Vorleistungskette Wertschöp-
fung in Norddeutschland schaffen. Die indirekten Wertschöpfungseffekte, die durch
vorleistende Unternehmen entstehen, werden mittels einer regionalen Input-Output
Analyse (I-O Analyse) für Norddeutschland berechnet. Für eine genaue Erläuterung der
Methode verweisen wir auf Bröcker et al. (2014), Seite 18-21. Abbildung 3 verdeutlicht
die Zusammenhänge für den Bau einer OWEA in Norddeutschland.

Die Unternehmen, die beispielsweise Turbinenkomponenten herstellen und im Norden
ansässig sind, schaffen Wertschöpfung in Form von Einkommen aus Unternehmertätig-
keit und Vermögen nach Steuern (U&V Einkommen), Löhnen und Gehältern nach
Steuern und Steuern (direkte Wertschöpfung Nord Effekt Stufe I).
2 Methodische Vorgehensweise                                                       7

   Abbildung 3: Zusammenhänge der Wertschöpfungseffekte beim Bau einer OWEA in
                                Norddeutschland.

   Windenergie
   Bauphase

   Kostenpositionen        Turbine           Projektplanung      Fundament           ...

   Regionalanteil          Norden              Nicht Norden

  Nord Effekt Stufe I    Gewinne nach      Löhne/Gehälter nach   Steuern       Vorleistungen     Abschreibungen
                           Steuern              Steuern

                                                                                  Norden          Nicht Norden
  Nord Effekt Stufe II                    Direkte Effekte

  Nord Effekt Stufe n                                                             Norden          Nicht Norden

                                                                             Indirekte Effekte

                                     Quelle: Bröcker et al. (2014).

Den Rest des Produktionswertes der Komponenten einer OWEA, der der Summe der
Zeile „Nord Effekt Stufe I“ in Abbildung 3 entspricht, haben die Unternehmen als
Vorleistungen eingekauft. In der Betriebsphase entspricht der Rest des Produktions-
wertes den eingekauften Vorleistungen und/oder den von den Unternehmen getätigten
Abschreibungen. Die in der vorliegenden Studie angenommenen Regionalanteile orien-
tieren sich dabei an den in den Experteninterviews gewonnenen Einschätzungen.
2 Methodische Vorgehensweise                                        8

Lediglich die Vorleistungen, die die Unternehmen auch in Norddeutschland eingekauft
haben, werden als Wertschöpfung berücksichtigt (Nord Effekt Stufe II). Dieser Effekt
wiederholt sich, da von den vorleistenden Unternehmen erneut Vorleistungen einge-
kauft werden müssen.5 In dieser Weise werden direkte und indirekte Effekte für jede
Kostenposition einer Referenzanlage berücksichtigt.

2.1 Allgemeine Definitionen und Datengewinnung

Der Begriff der Wertschöpfung wird in dieser Arbeit verallgemeinernd für die Net-
towertschöpfung verwendet. Die Nettowertschöpfung, die in der Bauphase generiert
wird, ergibt sich aus dem Produktionswert zu Marktpreisen abzüglich der empfange-
nen Vorleistungen. Die Nettowertschöpfung, die in der Betriebsphase generiert wird,
ergibt sich aus der Bewertung nach der Einspeisevergütung abzüglich der empfangenen
Vorleistungen und Abschreibungen. Die Nettowertschöpfung selbst setzt sich aus U&V
Einkommen nach Steuern, Löhnen und Gehältern der Arbeitnehmer nach Steuern und
den Steuerzahlungen zusammen. Die Wertschöpfung wird in der Bauphase in e je
Anlage und in der Betriebsphase in e p.a. je Anlage angegeben.

Neben der Wertschöpfung wird auch die Beschäftigungswirkung des Ausbaus der
Offshore-Windenergie abgeschätzt. Diese wird in der Bauphase in Personenjahre pro
Anlage (Personenjahre/Anlage) und in der Betriebsphase in Personen pro Anlage
(Personen/Anlage) angegeben. Schafft also beispielsweise der Bau einer Anlage Be-
schäftigung von 10 Personenjahren, so bauen entweder 10 Personen die Anlage in einem
Jahr oder eine Person baut die Anlage 10 Jahre lang. In der Betriebsphase bedeutet

5 Für   eine ausführliche Beschreibung dieser Kettenreaktion siehe Bröcker et al. (2014), Seite 9 und 10.
2 Methodische Vorgehensweise                                   9

die Beschäftigungswirkung von 2 Personen pro Anlage, dass während der gesamten
Anlagenbetriebslaufzeit 2 Personen beschäftigt sind. Um valide Ergebnisse für die
direkten Wertschöpfungseffekte des Anlagenzubaus in Norddeutschland zu erhalten,
wurden regionale Daten erhoben. In Fällen, in denen diese nicht öffentlich zugänglich
waren, wurden mit Hilfe von Experteninterviews Daten und Einschätzungen gewonnen.
Die Experteninterviews wurden dabei ausschließlich mit norddeutschen Unternehmen
durchgeführt, die auf den einzelnen Kostenpositionen im Anlagenbau und -betrieb
aktiv sind. Insgesamt wurden 6 Interviews mit Unternehmen und Institutionen aus
der Branche geführt. Eine anonymisierte Übersicht der Interviewpartner befindet sich
in Tabelle 9 im Anhang, auf die im Folgenden verwiesen wird. Abgefragt wurden
insbesondere Abschätzungen zu den Kosten der einzelnen Kostenpositionen, durch-
schnittliche Umsatzrenditen und der Anteil des Personalaufwands am Umsatz sowie
Regionalanteile der Produktion bzw. der Dienstleistungen.6

2.2 Wertschöpfungseffekte

Die Berechnung der direkten Wertschöpfung erfolgt unter der Annahme, dass die
Kosten gleich den Umsätzen auf der betreffenden wertschöpfenden Kostenposition
sind. Für die U&V Einkommen wird unter der Annahme „Kosten gleich Umsatz“
der auf jeder Kostenposition ermittelte Umsatz (in e) mit einer durchschnittlichen
Umsatzrendite der an der jeweiligen Kostenposition beteiligten Unternehmen oder
Branche multipliziert. Die Umsatzrenditen geben dabei den Anteil des Unterneh-
mensergebnisses vor Gewinnsteuern am Umsatz an. Dies ergibt die direkten U&V
Einkommen vor Steuern für jede Kostenposition. Falls keine Umsatzrenditen aus einer

6 Eskonnten zuverlässige Angaben zu den Kostenanteilen ermittelt werden. Allerdings gab es nur
 wenige Angaben zu den Regionalanteilen der einzelnen Kostenpositionen.
2 Methodische Vorgehensweise                            10

Branche im Rahmen der Interviews abgefragt werden konnten, wurde auf durchschnitt-
liche Branchenumsatzrenditen zurückgegriffen. In einem nächsten Schritt werden die
Unternehmenssteuern abgezogen, was zu den U&V Einkommen nach Steuern je Kos-
tenposition führt. Neben diesen Unternehmensgewinnen, die während der Bau- und
Betriebsphase durch die an den jeweiligen Kostenpositionen der Anlagen beteiligten
Unternehmen entstehen, werden während der Nutzungsphase noch die Betreiberein-
kommen und die Zinseinkommen der Anlagen nach Steuern berechnet. Erstere ergeben
sich, indem von der durchschnittlichen Einspeisevergütung der Anlage die Betriebskos-
ten und Steuerzahlungen abgezogen werden. Die resultierenden Betreibereinkommen
nach Steuern stellen dann U&V Einkommen dar. Die Zinseinkommen entstehen durch
die Bereitstellung von Fremdkapital für die Investition einer Anlage durch Banken.
Da nicht alle Kredite an Offshore-Windparks (OWPs) von norddeutschen Banken
vergeben werden, werden die Zinseinnahmen mit einem Regionalanteil multipliziert,
der aus der Bundesbankstatistik entnommen wird. Der Regionalanteil ergibt sich als
Anteil der von norddeutschen Banken gewährten Kredite an inländische Unternehmen
an den von allen deutschen Banken gewährten Kredite an inländische Unternehmen.
Die Zinseinnahmen werden dem norddeutschen U&V Einkommen zugerechnet.

Die Ermittlung der Wertschöpfungskomponente Löhne und Gehälter erfolgt analog
zu den Berechnungen der U&V Einkommen. Anstelle der Umsatzrendite wird nun
jedoch in einem ersten Schritt der Quotient aus Personalaufwand und Umsatz mit dem
Umsatz der Kostenposition (in e) multipliziert, um die Bruttopersonalkosten auf der
entsprechenden Kostenposition zu erhalten. Falls kein Personalaufwand am Umsatz
aus einer Branche in den Interviews ermittelt werden konnte, wurden durchschnittliche
Personalaufwendungen nach Branchen anhand von Gewinn- und Verlustrechnungssta-
tistiken ermittelt. Von den so ermittelten Bruttopersonalkosten je Kostenposition wird
in einem nächsten Schritt der durchschnittliche Arbeitgeberanteil zur Sozialversiche-
2 Methodische Vorgehensweise                             11

rung abgezogen, um die Bruttolöhne und -gehälter je Position zu erhalten. In einem
letzten Schritt berechnen sich die Nettolöhne und –gehälter je Position (in e) durch
Multiplikation des Bruttolohns mit dem Nettoanteil am Bruttoverdienst (Statistisches
Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, 2012).

Hinsichtlich der Steuereinnahmen während der Bau- und Betriebsphase werden nun alle
von den oben ermittelten Bruttoeinkommen und Bruttopersonalkosten abgezogenen
Steuerzahlungen zusammengezählt. Es werden also keine zusätzlichen Steuern, die nicht
in diesen beiden Komponenten enthalten sind, berechnet. Abbildung 4 fasst die berück-
sichtigten Steuerarten und die sich daraus ergebenden Wertschöpfungskomponenten
zusammen.

       Abbildung 4: Berücksichtigte Steuerarten und resultierende Wertschöpfung.

                                   Körperschafts- und              U&V Einkommen
            U&V Einkommen vor
                                    Gewerbesteuer                   nach Steuern
                 Steuern

                Betreiber-
             einkommen vor                                             Steuern
               Steuern (nur        Einkommens- und Gewerbesteuer
              Betriebsphase)

            Löhne und Gehälter
               vor Steuern          Lohnsteuer                     Löhne und Gehälter
                                                                      nach Steuern

                                 Quelle: Eigene Darstellung.
2 Methodische Vorgehensweise                                 12

2.3 Beschäftigungseffekte

Um auch die direkten Beschäftigungseffekte aus Bau und Betrieb der modellierten
Referenzanlagen zu berechnen, wurden in einem ersten Schritt die durchschnittlichen
Bruttojahresverdienste einer Person in den einzelnen Branchen mit Hilfe der Interviews
sowie der Auswertung von Einkommensstatistiken ermittelt. In einem zweiten Schritt
wird in der Bauphase dann der Quotient aus den bereits ermittelten Bruttolohnzahlun-
gen je Kostenposition (in e) und dem durchschnittlichen Bruttojahresverdienst einer
Person ((e/P)/a) in der Branche gebildet. In der Summe über die Kostenpositionen
ergeben sich somit die Personenjahre pro Referenzanlage.7

In der Betriebsphase hingegen ergibt sich gemäß dieser Berechnung eine andere Di-
mension für die Beschäftigung, da es sich dort um jährliche Kosten für den Betrieb
der Anlage und somit auch jährliche Bruttolohnzahlungen handelt. Es wird also
der Quotient der jährlichen Bruttolöhne (e/a) und dem durchschnittlichen Brutto-
jahresverdienst einer Person ((e/P)/a) gebildet. Somit ergibt sich über die Summe
aller Kostenpositionen die Beschäftigungswirkung der Referenzanlage in Personen pro
Anlage.8

7    A
     C        C ∗ P ∗a = P ∗ a = P ersonenjahre. Auf die Dimension „pro Anlage “ wurde verzichtet.
             =A
     A
     C             A
                   C
    (P ∗a)
     A
     C
8    a
     A
     C
             =A
              C ∗ P ∗a = P = P ersonen. Auf die Dimension „pro Anlage “ wurde verzichtet.
              a    A
                   C
    (P ∗a)
2 Methodische Vorgehensweise                         13

2.4 Vom Inlands- zum Inländerkonzept

Die nach der Methodik in Abschnitt 2.2 und 2.3 berechneten Effekte stellen die Wert-
schöpfung dar, die in den norddeutschen Unternehmen entstanden ist, unabhängig
davon, wem die Wertschöpfung zufließt (Inlandskonzept). Das Interesse dieser Studie
besteht jedoch in erster Linie darin, zu identifizieren, welche Wertschöpfung Nord-
deutschland zufließt und nicht, welche überhaupt entsteht. Aufgrund dessen wird
versucht, vom Inlands- zum Inländerkonzept überzugehen. Angesichts des integrierten
Kapitalmarktes kann auf der Kapitalseite nicht identifiziert werden, ob die U&V
Einkommen nach Steuern an Inländer fließen. Somit wird bezüglich der Verteilung
der U&V Einkommen angenommen, dass die Ergebnisse für die Wertschöpfung beim
Übergang vom Inlands- zum Inländerkonzept identisch sind. Ebenso wird in Bezug
auf die Verteilung der Löhne und Gehälter nicht abgeschätzt, ob die Arbeitnehmer im
Land wohnen oder es sich um Pendler handelt, da der Anteil des Pendlereinkommens
als klein angenommen wird. Dementsprechend findet auch hier keine Unterscheidung
der Konzepte statt. In Bezug auf die Steuereinnahmen kann jedoch anhand der ver-
tikalen Steuerverteilung identifiziert werden, an wen die ermittelte Wertschöpfung
fließt. Tabelle 1 zeigt die vertikale Verteilung der in dieser Studie betrachteten Steuern
zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.

Tabelle 1: Vertikale Verteilung der Steuereinnahmen nach Bund, Ländern und Gemeinden.
                                                     Gemeinde    Land            Bund
Einkommens- und Lohnsteuer                                15%    42,5%           42,5%
Körperschaftssteuer                                                50%             50%
Gewerbesteuer                                               82% 14,22%           3,78%
 Quelle: Bröcker et al. (2014).

Demnach werden prozentual die meisten Steuereinnahmen durch die Gewerbe- und
3 Ergebnisse                                       14

Einkommensteuer, von denen 96,22%9 und 57,5%10 dem Land zufließen, generiert.
Gemäß diesem Schema werden also beim Übergang vom Inlands- zum Inländerkonzept
die bei den direkten und indirekten Effekten berechneten Steuern verteilt.

Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass dies nur die Primärverteilung der Steuereinnah-
men darstellt. Der Länderfinanzausgleich ist somit nicht berücksichtigt. Bezieht man
diesen ein, so muss man feststellen, dass durch die Abschöpfung im Länderfinanzaus-
gleich der größte Teil der zusätzlichen Steuereinnahmen letztlich der Region wieder
entzogen werden.

3 Ergebnisse

3.1 Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte in der Bauphase

Offshore-Windenergieprojekte können bis zu zehn Jahre in Anspruch nehmen und lassen
sich in mehrere Entwicklungsphasen einteilen.11 Die Wertschöpfungskette erstreckt
sich von der Projektplanung und -entwicklung über die Fertigung und Errichtung der
Turbinen bis zur Netzanbindung und Inbetriebnahme des OWP. Entsprechend werden
Wertschöpfungseffekte in den verschiedensten Industrie- und Dienstleistungszweigen
generiert. Zusätzlich müssen erhebliche Vor- und Zulieferleistungen erbracht werden, so
dass auch auf der Vorstufe Wertschöpfung anfällt, beispielweise bei Zulieferbetrieben

9 Summe     der Verteilung der Gewerbesteuer auf Gemeinde (82%) und Land (14,22%).
10 Summe     der Verteilung der Einkommenssteuer auf Gemeinde (15%) und Land (42,5%).
11 Vgl.   Abbildung 13. Diese verdeutlicht die Realisierung eines Offshore-Windparkprojekts.
3 Ergebnisse                                           15

aus dem Maschinen- und Metallbau, dem Schiffsbau oder der Elektrotechnik (Lehr
et al., 2015). Bei den Wertschöpfungseffekten wird zwischen Bau- und Betriebsphase
sowie zwischen direkten und indirekten Effekten unterschieden. Dies ermöglicht eine
klare Abgrenzung der unterschiedlichen Effekte im Zeitverlauf. Insbesondere kann
somit der Frage nachgegangen werden, ob es sich lediglich um einen kurzfristigen
Bauboom oder einen nachhaltigen Wertschöpfungsimpuls handelt. Zunächst werden
die Berechnungsergebnisse für die direkten norddeutschen Wertschöpfungseffekte des
Baus der Referenzanlage vorgestellt. Die dargestellten direkten Effekte entstehen
durch Unternehmen, die direkt mit dem Bau der Anlagen beauftragt sind und durch
die einzelnen Kostenpositionen der Referenzanlage abgebildet werden. Außerdem
werden die daraus folgenden Beschäftigungseffekte in Norddeutschland aufgezeigt.
Anschließend folgt die Darstellung der durch Vorleistungsverflechtungen entstehenden
indirekten Wertschöpfungseffekte in der Bauphase.

3.1.1 Direkte Effekte

Die Standorte deutscher OWPs in der Nordsee unterschieden sich deutlich von den
Standorten der bereits realisierten internationalen Offshore-Projekte. Deutsche OWPs
werden in der Nordsee, zum Schutz der Meeresumwelt im Nationalpark Wattenmeer,
nicht in der Nähe der Küste, sondern in der Regel in der Ausschließlichen Wirtschafts-
zone (AWZ) des deutschen Festlandsockels errichtet.12 Die Anlagen werden somit in
großen Wassertiefen und weiten Entfernungen zur Küste mit entsprechend speziellen

12 Das Meer vor der Nordseeküste teilt sich in die 12-Seemeilen-Zone, die sich zwischen Küste und AWZ
  befindet. Für OWPs, die innerhalb der 12-Seemeilen-Zone geplant werden, erteilt das Bundesland,
  das an der Küste liegt, die Genehmigung zum Bau eines OWP. Für die AWZ ist das Bundesamt für
  Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zuständig (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie,
  2015).
3 Ergebnisse                                                                16

Bodenbeschaffenheiten und Witterungsverhältnissen errichtet (Janssen et al., 2014).
Abbildung 5 stellt die Küstenentfernung der deutschen OWPs in der Nordsee dar.13

                                    Abbildung 5: Küstenentfernung deutscher OWPs.

250	
  

200	
  

150	
  

100	
  
                                                                                                                                    Anzahl	
  
  50	
                                                                                                                              Windkra9anlagen	
  

    0	
  
            0	
  -­‐20km	
   20	
  -­‐	
  40km	
   40	
  -­‐	
  60km	
   60	
  -­‐	
  80km	
   80	
  -­‐	
  100km	
      über	
  
                                                                                                                        100km	
  

Quelle: Eigene Berechnungen, basierend auf dem Anlagenregister der Bundesnetzagentur.

Aus den Standortverhältnissen der OWEA ergeben sich besondere Bedingungen für
Konstruktion, Gründung, Netzanschluss und Wartung, die sich naturgemäß in den
Investitions- und Betriebskosten widerspiegeln. Die spezifischen Investitionskosten
variieren beträchtlich in Abhängigkeit von Anlagenleistung und Nabenhöhe (Lehr
et al., 2015).14

13 ImDurchschnitt betrug die Küstenentfernung der OWPs im Jahr 2014 65 km mit einer Wassertiefe
  von 29 m (Janssen et al., 2014).
14 DieNabenhöhe ergibt sich dabei aus dem Rotordurchmesser, der wiederum die Rotorleistung
  bestimmt. Eine Verdoppelung des Rotordurchmessers bewirkt eine bis zu vier Mal so große
  Nennleistung.
3 Ergebnisse                                      17

Da Anlagen mit stärkerer Nennleistung mehr Energie aus dem Wind nutzen können,
ergibt sich aus ökonomischen Gründen die Notwendigkeit die Entwicklung und den
Bau großer Turbinen mit Leistungen von 5 MW und mehr anzustreben und voran zu
bringen (Eckardt, 2011).15 Eine Turbine besteht aus den drei Hauptkomponenten Turm,
Gondel bzw. dem Maschinenhaus und dem Rotor. Zum Rotor gehören die Nabe sowie
drei Rotorblätter. Die Gondel beherbergt Komponenten (z. B. Hauptlager, Generator,
Getriebe, Antriebswelle, Steuerungs- und Sicherungssysteme), die für den Betrieb der
Anlage erforderlich sind. Kernelement der Gondel ist der Generator. Der Generator
wandelt die Bewegungsenergie der Rotoren in elektrische Energie um. Der Durchmesser
der Rotoren lag 2013 bei 117 m und beträgt bei den neuesten 6 MW OWEA bis zu
150 m. Die Nabenhöhe liegt zwischen 80 m und 100 m über dem Meeresspiegel und
die Gesamthöhe der Türme liegt zwischen 120 m und 160 m (Chapon, 2015; Lacal
Arántegui und Serrano González, 2015).

Die Durchschnittsleistung der installierten Anlagen unterliegt einem regelmäßigen
Anstieg.16 Ende 2014 lag die Durchschnittsnennleistung der installierten Turbinen
bei 4,2 MW (European Wind Energy Association, 2015). Entsprechend den aus den
Interviews gewonnenen Angaben über die zukünftig zugebaute Anlagennennleistung
ergibt sich für unsere Analyse eine Referenzanlage mit einer installierten Leistung
von 6 MW. Die Auswertung der Interviews ergibt spezifische Investitionskosten einer
schlüsselfertigen OWEA in Höhe von 4.000 e/kW, so dass eine schlüsselfertige 6 MW
OWEA Investitionen von 24 Mio. e erfordert.

15 Verschiedene
              Hersteller arbeiten daran, den Leistungsbereich je Turbine auf 10 bis 15 MW zu
  erhöhen (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2015).
16 Die
     am häufigsten im Jahr 2014 installierten Turbinen waren die 3,6 MW Turbinen von Siemens
 (Vgl. Abbildung 10).
3 Ergebnisse                                     18

Die vergleichsweise hohen Investitionskosten ergeben sich aus den hohen Kosten der
Gründungsstruktur sowie der Kosten für den Netzanschluss bis zum parkeigenen
Umspannwerk (Hau, 2014; Lehr et al., 2015). Auswertungen der Interviews ergaben,
dass allein die Turbine etwa 30 bis 40% der gesamten Investitionskosten einer OWEA
auf sich vereint. Laut Interviewpartner A liegen die spezifischen Investitionskosten
einer 6 MW Turbine zwischen 1.400 und 1.500 e/kW. Wir nehmen spezifische Investi-
tionskosten einer Turbine von 1.440 e/kW an, so dass der Preis einer 6 MW Turbine
bei rund 8,6 Mio. e liegt. Die spezifischen Investitionskosten der Referenzanlage sowie
deren Regionalanteile sind in Tabelle 2 aufgeführt. Wie anhand des Regionalanteils

        Tabelle 2: Investitionskosten einer Offshore-Windenergieanlage (6 MW).
Kostenposition                   Kos-       spezi-       Kos-     Regio-           Kosten
                               ten (in      fische        ten-       nal-        in Nord-
                               Tsd. e)        Kos-     anteil     anteil         deutsch-
                                           ten (in     (in %)     (in %)          land (in
                                           e/kW)                                   Tsd. e)
Turbine                          8.640       1.440         36          15           1.296
Installation Turbine             3.600         600         15          10             360
Projektplanung                   1.440         240          6          75           1.080
Gründung                         4.320         720         18          23             993
Installation Gründung            2.400         400         10          10             240
Internes Umspannwerk             1.440         240          6          25             360
Interne Parkverkabelung          1.440         240          6          15             216
Finanzierungskosten                480          80          2          15              72
Sonstiges                          240          40          1          25              60
Gesamte Investitionskosten     24.000       4.000        100                        4.677
Externe Netzanbindung            6.000       1.000         25           0                 0
Quelle: Eigene Berechnungen.

zu sehen ist, wird von der Kostenpositionen Projektplanung die für Norddeutschland
maßgebliche Wertschöpfung abgebildet. Zwar handelt es sich bei den Angaben zu
3 Ergebnisse                                        19

den Regionalanteilen um subjektive Abschätzungen gemäß den geführten Interviews,
es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der regionale Wertschöpfungsanteil
dieser Position als sehr hoch einzustufen ist. In der Phase der Projektentwicklung und
-planung erfolgt die Projektvorbereitung (Standortwahl, Evaluierung der Standortfak-
toren17 , Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), Erwerb von Eigentumsrechten) und
das Zertifizierungs- und Genehmigungsverfahren. Anschließend folgt eine detaillierte
Projektplanung. Fragen der Finanzierung und Versicherung werden dabei geklärt.
Während der Planungsphase sind eine Vielzahl von überwiegend kleinen und mittel-
großen Planungs- und Ingenieurbüros involviert, die sich auf die Erstellung technischer,
ökologischer und raumplanerischer Gutachten für einzelne Wertschöpfungsschritte
spezialisieren (Schwieters et al., 2012).

Viele Projektierer und Energiekonzerne haben ihr Projektbüro in Norddeutschland.18
Auch das Engineering, die Baufeldüberwachung sowie Statiker und Zertifizierer sind
zum größten Teil in Norddeutschland angesiedelt.19 Interviewpartner C betont, dass
Vorleistungen (Gutachten, Rechtsberatung, Versicherung sowie Bauplanungen) wäh-
rend der Planungsphase zu einem erheblichen Teil in Norddeutschland erfolgen und
geht daher bei der Kostenposition Projektplanung von einem Regionalanteil von 70
bis 80% aus. Entsprechend nehmen wir bei der Kostenposition Projektplanung einen
Regionalanteil von 75% an.

17 Z.   B. Bodenuntersuchung, Umwelt- und Windgutachten.
18 InHamburg dominiert vor allem der Planungs- und Dienstleistungsbereich. Viele Großunternehmen
  bündeln ihre Offshore-Windenergieaktivitäten in Hamburg und haben dort ihren Firmensitz,
  darunter die Energieversorger EnBW und Vattenfall. Auch Turbinenproduzenten haben ihre
  Firmensitze in Hamburg, darunter beispielweise Siemens und Adwen (Winter und Wagener, 2014).
  In Bremen sind vornehmlich Projektierer und Betreiber angesiedelt, so dass Bremen vorrangig als
  Dienstleistungsstandort anzusehen ist.
19 Vgl.   Interviewpartner C.
3 Ergebnisse                                           20

Während der Bauphase erfolgt auch die Fertigung der Turbine. Die Turbinenproduktion
vereint den größten Anteil der regionalen Wertschöpfung auf sich. Dies ist jedoch
den hohen Produktionskosten geschuldet und nicht etwa einem hohen norddeutschen
Regionalanteil bei der Turbinenproduktion.20 Der lediglich geringe Regionalanteil
von 15% ist zum Einen damit zu begründen, dass die Turbinenproduktion in ganz
Deutschland erfolgt, überwiegend jedoch in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen,
Bayern und Baden-Württemberg. Zum Zweiten, hält Siemens beim Turbinenbau einen
Marktanteil von 67% des deutschen Marktes, gefolgt vom dänischen Unternehmen
Vestas. Siemens vereinte 2014 62% der in Europa installierten Turbinen auf sich,
gefolgt von Vestas (20,5%), Senvion (6,6%), BARD (5%) und Areva Wind (0,9%)
(European Wind Energy Association, 2015). Da sowohl Siemens als auch Vestas in
Dänemark (in Brande) produzieren, ergibt sich ein geringer deutscher Anteil an der
Turbinenproduktion und somit ein noch geringerer norddeutscher Anteil.

Laut Interviewpartner A sind jedoch viele Hersteller von Rotorblättern und Türmen in
Bremen und Bremerhaven angesiedelt.21 Auch in Cuxhaven werden Stahlkomponenten
für Turbinen gefertigt. Hier ist beispielsweise Ambau ein Anbieter von Stahltürmen und
Stahlfundamenten. Da die beiden Turbinenkomponenten Rotorblätter und Turm etwa
50%22 der gesamten Produktionskosten einer Turbine ausmachen, ergibt sich bei der

20 Dain Norddeutschland ansässige Turbinenhersteller lediglich einen geringen Marktanteil halten, wur-
  de auf die gesonderte Erfassung der Wertschöpfung aus einzelnen Turbinenkomponenten verzichtet.
  Diese wurden lediglich als Kostenposition Turbine zusammengefasst.
21 Immer höhere Türme und Turmdurchmesser stellen den Transport der Türme an Land vor logistische
  Herausforderungen, so dass diese in der Regel in küstennahen Gebieten produziert werden oder
  verschifft werden. Allerdings können beispielsweise steigende Stahlpreise oder relativ niedrige
  Transportkosten dazu führen, dass Türme auch über weite Entfernungen zugeliefert werden (Hau,
  2014).
22 DieProduktionskosten für den Turm machen etwa 27 bis 30% der Produktionskosten für die
  gesamte Turbine aus. Die Rotorblätter liegen bei etwa 23% der gesamten Produktionskosten der
  Turbine und das Getriebe bei 13% (European Wind Energy Association, 2009).
3 Ergebnisse                                           21

Turbinenfertigung, in Übereinstimmmung mit Interviewpartner C, ein Regionalanteil
von 15%.

Die Gründungsstrukturen der OWEA sind auf Grund der Errichtung in immer tieferen
Gewässern zunehmend die zentrale Herausforderung beim Bau eines OWP. Entspre-
chend wurden verschiedene Typen von Gründungen entwickelt und verwendet (Janssen
et al., 2014). Heute sind vor allem drei Fundamentarten üblich: Monopiles (werden 10
bis 20 m tief mit einem hydraulischen Hammer in den Meeresgrund gerammt), Tripods
(sind aus Stahlrohren verschweißt) und Jackets (viereckige, fachwerkartige Stahlröhren-
konstruktionen). In Europa sind dabei 78,8% der installierten Gründungsstrukturen
Monopiles, 4,7% Jackets und 4,1% Tripods (Lacal Arántegui und Serrano González,
2015). Die Monopiles werden aus Kostengründen bevorzugt, da keinerlei Vorbereitung
des Seebetts notwendig ist. Beim Bau von Gründungsstrukturen entfällt die Wert-
schöpfung zu einem großen Anteil auf Stahllieferanten und Spezialhersteller aus ganz
Europa.23 Laut Interviewpartner C sind nur vereinzelt norddeutsche Unternehmen
oder Werften in diesem Bereich tätig.24 Deshalb wird hier lediglich ein Regionalanteil
von 23% angenommen.

Der Regionalanteil bei der Installation der Turbine und den Gründungsstrukturen ist
mit jeweils 10% eher gering. Die Installation der OWEA europäisiert und globalisiert
sich zunehmend und wird in der Regel von den traditionellen Seefahrernationen wie
Dänemark, den Niederlanden und Großbritannien übernommen. Diese Länder konnten

23 Die
     wichtigsten Lieferanten von Gründungsstrukturen in Europa im Jahr 2014 waren Bladt (43,7%,
 Dänemark), Sif (24,9%, Niederlande), EEW (17,9%, Deutschland) sowie Smulders (11%, Belgien)
 (European Wind Energy Association, 2015).
24 EEW  Special Pipes Construction GmbH hat als ein führender Hersteller von Gründungsstrukturen
  seinen Sitz in Rostock. Auch die Nordic Yards in Warnemünde gelten als ein Spezialist für Offshore-
  Fundamente und –Plattformen.
3 Ergebnisse                                       22

in den letzten 50 Jahren Erfahrungen bei Transport, Errichtung und Betrieb von
Offshore-Bauwerken, insbesondere Plattformen für die Öl- und Erdgasgewinnung,
sammeln (Hau, 2014).

Nach der Errichtung der OWEA erfolgt die interne Windparkverkabelung der Anlagen.
Ein OWP mit 80 Anlagen benötigt bei der Innenparkverkabelung eine Gesamtka-
bellänge von etwa 90 bis 100 km Mittelspannungs-Wechselstromkabel.25 Bei der
Verkabelung teilen sich die 5 Unternehmen Nexans (Frankreich), Prysmian (Italien),
JDR (Großbritannien), NKT (Dänemark) und Parker Scanrope (Norwegen) den euro-
päischen Markt (European Wind Energy Association, 2015). Der Regionalanteil bei
der Seekabelverlegung wird daher mit lediglich 15% angenommen.

Der von den OWEA produzierte Strom wird in der parkeigenen Umspannstation
gesammelt und auf ein höheres Spannungsniveau gebracht. Anschließend wird der Strom
an die Konverterplattform des jeweiligen Clusters weitergeleitet. Der Regionalanteil bei
der Installation des parkeigenen Umspannwerks ist, nach Auswertung der Interviews,
mit 25% anzunehmen.

Auf der Kostenposition Finanzierung entsteht während der Bauphase Wertschöpfung
und Beschäftigung aus der Vermittlung von Fremdkapital durch Banken. Die Finan-
zierung eines OWP ist für die Windenergiebranche eine wesentliche Herausforderung.
Das Investitionsvolumen eines einzelnen OWP von 400 MW kann 1,5 Mrd. e betragen.
Entsprechend sind zur Umsetzung der milliardenschweren Projekte finanzkräftige
Investoren nötig. In der Vergangenheit wurden viele Projekte über Eigenkapital finan-
ziert. Dies ist jedoch mit ansteigender Projektgröße immer seltener geworden (Chapon,

25 DieKosten eines Seekabels im Mittelspannungsbereich liegen bei 300 bis 500 e/m. Die Kosten
  für Hochspannungs-Drehstromkabel, die bei größeren Entfernungen benutzt werden, und deren
  Installation liegen bei 800 bis 1.000 e/m (Hau, 2014).
3 Ergebnisse                                          23

2015). Einige OWPs (z. B. Global Tech 1, Meerwind Süd und Butendiek) wurden
durch Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder der Europäischen
Investitionsbank (EIB) unterstützt. 70% der weltweiten OWPs werden von großen
Energieversorgern direkt finanziert. Strategische Investoren und Finanzinvestoren sind
zu 19% bzw. 11% in Offshore-Projekte involviert. Zunehmend binden Energieversor-
ger Banken, Versicherungen und Stadtwerke als Investoren in ihre Offshore-Projekte
ein (Winter und Wagener, 2014). Kreditinstitute stellen lediglich etwa 60 bis 150
Mio. e an Krediten pro Projekt bereit, so dass oft ein Konsortium von Banken an
der Finanzierung eines OWP beteiligt ist (Lacal Arántegui und Serrano González,
2015; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2015). Entsprechend ist die
Kostenposition Finanzierung international geprägt. Laut Interviewpartner A ist der
Regionalanteil bei der Kostenposition Finanzierung daher mit 15% anzunehmen.

Insgesamt fallen von den gesamten Investitionskosten von 24 Mio. e pro 6 MW OWEA
nur etwa 4,6 Mio. e in Norddeutschland an.

Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte resultieren auch aus dem Ausbau des
Stromnetzes. Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT hat seit Ende 2006 den Auftrag,
die Netzanbindung der OWPs in der Nordsee herzustellen und zu betreiben. Die Netz-
anbindung eines OWP wird unter der Kostenposition Externe Netzanbindung 26 geführt
und umfasst die Anbindung des OWP von dem windparkinternen Umspannwerk bis zu
einer Konverterstation an Land. Das parkinterne Umspannwerk transformiert die an-
kommende Nennspannung der OWEA auf Hochspannung und leitet den Strom an eine
Offshore-Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Plattform (HGÜ-Plattform) bzw.

26 Die Kostenposition Externe Netzanbindung umfasst die Komponenten Planung, Fundament,
  Seekabel- und Landkabelherstellung, Seekabel- und Landkabelinstallation, Produktion der Offshore-
  Konverterplattform und der Land-Konverterplattform sowie die Installation der beiden Konverter-
  plattformen.
3 Ergebnisse                                   24

Konverterplattform weiter. Diese bündelt den Strom benachbarter OWPs und wandelt
den Wechselstrom in Gleichstrom um, um ihn mit geringen Leitungsverlusten und mehr
Leistung pro Kabel weiter an Land zu transportieren. Bei geringer Küstenentfernung,
beispielsweise in der Ostsee, kann der Wechselstrom des parkinternen Umspannwerks
direkt an Land transportiert werden. Vom Anlandungspunkt an der Küste wird der
Strom bis zur jeweiligen Konverterstation an Land transportiert. Diese wandelt den
Gleichstrom in Wechselstrom um, welcher dann ins Höchstspannungsnetz eingespeist
wird (Hobohm et al., 2013). Abbildung 6 zeigt das Schema der Netzanbindung von
OWPs.

Der Offshore-Netzentwicklungsplan sieht ein Anbindungskonzept vor, in dem OWPs,
die in einem räumlichen Zusammenhang stehen, zu Clustern zusammengefasst werden.
So wurden in der Nordsee 13 unterschiedliche Cluster identifiziert und fünf weitere in
der Ostsee. Ein Cluster vereint dabei bis zu 900 MW Gleichstromsysteme auf sich.
3 Ergebnisse               25

Abbildung 6: Schema: Netzanbindung.

       Quelle: www.siemens.com.
                 .
3 Ergebnisse                                      26

Bisher hat TenneT nach eigenen Angaben eine Netzkapazität von rund 7,1 GW
als Auftrag erteilt und so rund 8 Mrd. e investiert.27 Von 2016 bis 2030 müssen
demnach abzüglich der Kapazitäten, die in der Ostsee28 errichtet werden, rund 6,8
GW an Netzkapazitäten installiert werden, um den vorgegebenen Deckel von 15 GW
bis 2030 zu erreichen. Bei geschätzten Investitionskosten von etwa 1 Mrd. e pro
installiertem GW an Netzkapazität ergeben sich somit spezifische Investitionskosten
von 1 Mio. e/MW und somit externe Netzanbindungskosten von insgesamt 6 Mio. e
pro Referenzanlage.

Die Auswertung der Interviews hat ergeben, dass der norddeutsche Regionalanteil
bei der Kostenposition Externe Netzanbindung (insbesondere bei der Komponente
Seekabelherstellung und -installation) sehr gering ist. Neben der Produktion von
Offshore-Konverterstationen fällt in Norddeutschland so gut wie keine weitere Wert-
schöpfung in der Kostenposition Externe Netzanbindung an. Laut Interviewpartner C
liegen die spezifischen Investitionskosten einer Offshore-Konverterplattform bei etwa 0,4
Mio. e/MW. Für die schlüsselfertige Lieferung der Offshore-Konverterstationen sind
die konkurrierenden Unternehmen ABB und Siemens verantwortlich. TenneT beauf-
tragte das Konsortium aus Siemens und dem italienischen Kabelspezialisten Prysmian
seit 2010 mit der Offshore-Netzanbindung von HelWin1, HelWin2, BorWin2, SylWin1
und BorWin3. Abbildung 7 zeigt die 3 Cluster in der deutschen Nordsee. Die Nordic
Yards bauten hierbei im Auftrag von Siemens die Offshore-Konverterplattformen für
HelWin1, BorWin2 und SylWin1.

27 Vgl.   www.tennet.eu/de/netz-und-projekte/offshore-projekte.html.
28 Inder Ostsee erteilte der dort zuständige Netzbetreiber 50Hertz Aufträge von insgesamt 1,1 GW
  an Netzkapazität (Vgl. www.50hertz.com/de/Offshore/Netzanschluesse).
3 Ergebnisse                                     27

                      Abbildung 7: Netzanbindung in der Nordsee.

                                 Quelle: www.siemens.com.

So entstanden in der Vergangenheit regionale Wertschöpfungs- und Beschäftigungsef-
fekte im Rahmen des Ausbaus der Netzkapazitäten. Doch die Zusammenarbeit von
Siemens und den Nordic Yards wurde 2014 (nach Verzögerungen und erheblichen
Mehrkosten) durch Siemens beendet. Den Auftrag zum Bau der Konverterstation
BorWin3 vergab Siemens und der Konsortialpartner Petrofac an das Unternehmen
Drydocks World mit Sitz in Dubai. Die Drydocks World baute bereits für ABB die
Plattform für DolWin2.29 Die Plattform für HelWin2 ließ Siemens bereits von der

29 Vgl.
      Hamburger Abendblatt, 15. Oktober 2014, Arabische Werft sorgt für Rückschlag in der
  Küstenindustrie.
3 Ergebnisse                                           28

niederländischen Werft Heerema bauen.

TenneT beauftragt mittlerweile auch das französische Unternehmen Alstom mit dem
Bau von DolWin3. Infolgedessen wurden die Nordic Yards 2013 von Alstom zum Bau
der dazugehörigen Konverterplattform beauftragt. Neben der Montage der Offshore-
Plattform sind die Nordic Yards auch erstmalig für Planung, Transport sowie Installa-
tion der Plattform zuständig. Die zukünftige Entwicklung bei der Auftragsvergabe
zum Bau von Offshore-Plattformen ist für norddeutsche Unternehmen jedoch un-
gewiss. Folglich nehmen wir für die Kostenposition Externe Netzanbindung einen
Regionalanteil von 0% an.30

Basierend auf den oben ermittelten Investitionskosten für den Neubau einer OWEA
wird die direkte Wertschöpfung für Norddeutschland berechnet. Diese setzt sich aus
den Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen nach Steuern (U&V Einkom-
men), den Löhnen und Gehältern nach Steuern sowie den Steuerzahlungen zusammen.
Darüber hinaus wird die Beschäftigungswirkung während der Bauphase abgeschätzt.
Tabelle 3 fasst die Ergebnisse der direkten Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte
zusammen.

Durch den Neubau einer 6 MW OWEA wird in Norddeutschland 945.000 e Wert-
schöpfung geschaffen, was etwa 20% der regionalen Investitionskosten entspricht (4,6
Mio. e in Norddeutschland). Die Wertschöpfung setzt sich zu 62% aus Löhnen und
Gehältern, zu 24% aus U&V Einkommen und zu 14% aus Steuereinnahmen zusammen.

30 Unterstellt
            man jedoch eine Wahrscheinlichkeit von 15%, dass norddeutsche Unternehmen zukünftig
  an dem Bau von Offshore-Konverterplattformen beteiligt sein werden, so ergeben sich daraus weitere
  360.000 e an regionaler Wertschöpfung pro 6 MW Anlage durch den Ausbau der Netzkapazitäten
  bis 2030.
Tabelle 3: Direkte Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte durch den Bau einer OWEA in Norddeutschland.
Kostenposition                 U&V-Einkommen          Steuern      Löhne und      Gesamte Wert-        Beschäfti-
                                    nach Steu-     (in Tsd. e)   Gehälter (net-       schöpfung     gung (in Per-
                                 ern (in Tsd. e)                  to in Tsd. e)       (in Tsd. e)    sonenjahren)
Turbine                                     65,2         40,3            172,7              278,3              5,02
Installation Turbine                        12,9         10,5             51,8               75,2              1,74
Projektplanung                              62,1         29,1             89,8                181              2,72
Gründung                                    42,9         30,3            143,5              216,6              5,49
Installation Gründung                       10,4          7,3             34,7               52,3              1,33
Internes Umspannwerk                        18,1         10,2               40               68,3              1,53
Interne Parkverkabelung                      9,3          6,1             27,6                 43              1,00

                                                                                                                      3 Ergebnisse
Finanzierungskosten                          2,6          2,4             12,6               17,6              0,34
Sonstiges                                    1,7          1,7              9,3               12,7              0,34
Gesamt                                    225,3         137,8            581,8               945           19,51
Quelle: Eigene Berechnungen.

                                                                                                                      29
3 Ergebnisse                                   30

Bei den Löhnen und Gehältern schafft die Kostenposition Turbine den höchsten Lohnef-
fekt. Dies ist insbesondere durch die hohen Kosten zu erklären, denn der Regionalanteil
der Turbinenbauer in Norddeutschland ist mit 15% gering. Die höchsten U&V Ein-
kommen werden durch den Turbinenbau und die Projektplanung erwirtschaftet. Das
Steueraufkommen aus Lohn-, Gewerbe-31 und Körperschaftssteuer summiert sich zu
etwa 137.828 e pro 6 MW Referenzanlage auf. Der Bau der Referenzanlage führt
zudem zu einer Beschäftigung von 19,5 Personenjahren.

3.1.2 Indirekte Effekte

Die indirekten Wertschöpfungseffekte resultieren aus dem Einkauf von Vorleistungen
in Norddeutschland. Die Unternehmen, die direkte Wertschöpfung erzeugen, kaufen
von regionalen Unternehmen Vorleistungen ein, die ebenso Wertschöpfung erzeugen.
Diese Vorleistungseffekte wurden mithilfe einer regionalen Input-Output Rechnung
berücksichtigt.32 Die Vorleistungsnachfrage ergibt sich dabei aus dem Produktionswert
abzüglich der in Kapitel 3.1.1 bestimmten direkten Wertschöpfung und der Abschrei-
bungen und wird für jede Kostenposition der Referenzanlage ermittelt. Die Höhe der
indirekten Effekte hängt insofern von der Höhe der zuvor ermittelten direkten Wert-
schöpfung ab. Ist der Anteil der direkten Wertschöpfung an den Gesamtkosten einer
Anlage gering, so werden viele Vorleistungen eingekauft und die indirekten Effekte
fallen höher aus.

31 Beider AWZ handelt es sich um gemeindefreies Gebiet, so dass die Gewerbesteuereinnahmen
  der OWPs, die in der AWZ ihren Standort haben, an das jeweils zuständige Bundesland fließen.
  Schleswig-Holstein hat das Recht zur Gewerbesteuererhebung der Gemeinde Helgoland zugeteilt.
  Der Gewerbesteuerertrag beläuft sich im Rechenmodell auf durchschnittlich 8% des Unterneh-
  mensumsatzes. Der Gewerbesteuerhebesatz ist der Durchschnitt der Hebesätze der norddeutschen
  Bundesländer (Schwieters et al., 2012).
32 Zur   Methodik siehe Bröcker et al. (2014).
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