Willkommen.zurück Zurückgewinnen von BildungsabwandererInnen und Aufzeigen regionaler beruflicher Perspektiven - Willkommen Standort OÖ

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Zurückgewinnen von BildungsabwandererInnen
und Aufzeigen regionaler beruflicher Perspektiven

Handlungsempfehlungen für regionale AkteurInnen
Friederike Weber, Tobias Krüse, Christine Reidl
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Inhaltsverzeichnis
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    „willkommen.zurück“:
    Zu diesen Handlungsempfehlungen                                3

    1     Demographischer Wandel, Bildungsabwanderung,
          Bedarf an Hochqualifizierten: Zeit zu Handeln            4

    2     Hochqualifizierte RückkehrerInnen: Wettbewerbsvorteil
          und Entwicklungsmotor                                    7

    3     Mehr als nur ein Job: Was RückkehrerInnen wichtig ist    9

    4     Breites Handlungsspektrum gefragt                       12
    4.1   Information heimischer Kinder und Jugendlicher		        13
    4.2   Bindung von heimischen Hochqualifizierten               15
    4.3   Zuzug regionsfremder Hochqualifizierter                 16
    4.4   Zurückgewinnung von heimischen Hochqualifizierten       17

    5     Konkreter Handlungsbedarf: Alle sind gefordert!         19

    6     Die Dinge in die Hand nehmen:
          Handlungsempfehlungen                                   22
    6.1   Für die Region                                          22
    6.2   Für Gemeinden                                           26
    6.3   Für Unternehmen                                         29
    6.4   Für Schulen                                              31

    7     Quellen                                                 32

    8     Links                                                   33

    9     Endnoten                                                35
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„willkommen.zurück“:
                                                                   3
Zu diesen Handlungsempfehlungen

Im Rahmen der bisherigen Projektumsetzung von „Willkommen
Standort OÖ“1 brachten Unternehmen und Gemeinden das Thema
Kontakthalten zu BildungsabwandererInnen ein. In den Pilotregi-
onen Innviertel-Hausruck und Vöcklabruck-Gmunden wurde dazu
das Subprojekt „willkommen.zurück“ gestartet. In diesem Sub-
projekt arbeiteten das Regionalmanagement Oberösterreich und
prospect Unternehmensberatung zusammen.

Ergebnis sind die vorliegenden Handlungsempfehlungen für regi-
onale AkteurInnen. Es werden Wege beschrieben, wie Bildungsab-
wandererInnen zurückgewonnen und berufliche Perspektiven in
der Region aufgezeigt werden können.

In die Entwicklung dieser Handlungsempfehlungen flossen die
Ergebnisse einer Recherche von Fachliteratur und good-practice
ebenso ein wie Interviews und Regionaldialoge mit AkteurInnen
und SchülerInnen aus den Regionen Innviertel-Hausruck und Vöck-
labruck-Gmunden.

Wir bedanken uns bei den VertreterInnen aus Gemeinden, Unter-
nehmen, Schulen sowie Sozialpartnerorganisation für ihre aktive
Beteiligung an „willkommen.zurück“.

Anna Pucher (Projektleiterin RM OÖ)

Friederike Weber (Projektleiterin prospect Unternehmensberatung)
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1. Demographischer Wandel, Bildungsab-
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                                          wanderung, Bedarf an Hochqualifizierten:
                                          Zeit zu Handeln
    Durch den Rückgang der Geburten-      Zwischen 2002 und 2015 wuchs die österreichische Bevölkerung
    rate und die Abwanderungstendenz
    von jungen, qualifizierten Personen   um 6,5%, während es in Oberösterreich lediglich zu einer Zunahme
    zu Bildungszwecken, kommt es in       von 4,3% kam2. Dabei ist zu beachten, dass es in Oberösterreich
    den Regionen Innviertel-Hausruck
                                          grundsätzlich überdurchschnittlich viele Geburten gibt, der Grund
    sowie Vöcklabruck-Gmunden zu
    einer Verschiebung der Altersstruk-   für die unterdurchschnittliche Entwicklung der oberösterreichi-
    tur. Das stellt die Regionen in den   schen Bevölkerung ist vielmehr in den sogenannten Binnenwan-
    kommenden Jahren vor wirtschaft-
    liche, aber auch gesellschaftliche    derungsverlusten zu suchen. Das heißt, dass mehr Personen von
    Herausforderungen.                    Oberösterreich in andere Regionen Österreichs umziehen als
                                          umgekehrt.

                                          Besonders starke Abwanderungstendenzen sind in der Region
                                          Vöcklabruck-Gmunden zu beobachten, wobei diese bisher durch
                                          Migration größtenteils kompensiert werden konnten. Die Region
                                          Innviertel-Hausruck hingegen zeichnet sich durch ein moderates
                                          Wachstum der Geburtenrate und ein sich ebenso moderat entwi-
                                          ckelndes Wanderungssaldo aus3.

                                          Die größten Wanderungsverluste sind in der Altersgruppe von 18
                                          bis 23 Jahren zu verzeichnen, wobei ein besonders großer Teil nach
                                          Wien zieht und nicht mehr zurückkehrt4. Hauptsächlich ist die Ab-
                                          wanderung dieser jungen Menschen aus Oberösterreich der Aus-
                                          bildung geschuldet und wird als Bildungsmigration bzw. Bildungs-
                                          abwanderung bezeichnet, also der Umstand, dass jemand für die
                                          Ausbildung, insbesondere zur Absolvierung eines Studiums, aus
                                          Oberösterreich wegzieht und später auch nicht mehr zurückkehrt.

                                          Bildungsabwanderung verstärkt sich
                                          Die Zahl der sogenannten BildungsabwandererInnen ist im Begriff
                                          zu steigen, entsprechend dem Trend zu höherer Qualifikation. Die
                                          steigende Zahl an MaturantInnen, sowie StudentInnen belegt dies.
                                          Es kommt hinzu, dass junge Frauen weitaus besser qualifiziert und
                                          gebildet sind als ihre männlichen Altersgenossen. Sie absolvieren
                                          häufiger die Matura, beginnen ein Studium und haben bessere
                                          Chancen einen hochqualifizierten Job in anderen Regionen zu er-
                                          halten5, weswegen es in manchen Regionen zu einem Anstieg des
                                          männli-chen Bevölkerungsanteils kommt. Die selektive Abwande-
                                          rung – vor allem junger und verstärkt weiblicher Personen – führt
                                          dabei zu etlichen Problemen, da diese Gruppe beson-ders wichtig
                                          für die wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Entwick-
                                          lung einer Region ist.
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Arbeitskräfteangebot sinkt
Insgesamt wird sich der generelle Trend der rückläufigen Gebur-
tenraten weiter fortsetzen, wodurch die Bedeutung der Migration
(sowohl der Binnen- wie auch Auslandsmigration) zunimmt.

In Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung ist der
Rückgang des Arbeitskräfteangebotes zu sehen.

Es wird erwartet, dass das Arbeitskräfteangebot in Oberösterreich
bis 2030 im Vergleich zu 2016 um 7,7% zurückgehen wird. Im Inn-
viertel-Hausruck wird sogar ein prozentueller Rückgang von 8,3%
und in Vöcklabruck-Gmunden von 8,5% bis zum Jahr 2030 prognos-
tiziert6.

Oberösterreichs Wirtschaft entwickelt sich gut
Diesem rückläufigen Trend steht eine positive wirtschaftliche         Die demographischen und wirt-
Entwicklung gegenüber. Die oberösterreichische Wirtschaft entwi-      schaftlichen Entwicklungen führen
                                                                      dazu, dass es in Oberösterreich zu
ckelt sich in den letzten Jahren überproportional gut. Dem kommt      einem Fachkräftemangel kommt,
besondere Bedeutung zu, da Oberösterreich, gemessen an der            welcher sich in den nächsten Jah-
                                                                      ren verschärfen wird. Insbesondere
Wirtschaftsleistung, das zweitgrößte Bundesland nach Wien ist.
                                                                      die Nachfrage nach hochqualifizier-
                                                                      ten Personen (tertiärer Ausbildung).
Ein weiteres Spezifikum der oberösterreichischen Wirtschaft: Der
Produktionssektor ist besonders stark ausgeprägt. So liegt der
Anteil der Wertschöpfung des Produktionssektors bspw. in der
Region Innviertel-Hausruck bei 47% und in Vöcklabruck-Gmunden
bei 44% - während in Österreich im Durchschnitt 2011 nur 29% der
Wertschöpfung auf den produzierenden Sektor entfielen7. Dieser
Umstand zieht ein spezielles Anforderungsprofil an Arbeitneh-
merInnen nach sich.

Nachfrage nach Personen mit höherer Bildung steigt
überproportional
Die positive und dynamische Entwicklung der Wirtschaft in Ober-
österreich schlägt sich in einer steigenden Nachfrage nach Arbeits-
kräften nieder. Dabei wird prognostiziert, dass die Nachfrage nach
Personen mit höherer Bildung überproportional stark steigt. Für
Personen mit geringen Qualifikationen hingegen wird es in den
kommenden Jahren weniger Angebot am Arbeitsmarkt geben.

Bis 2020 wird in Oberösterreich mit einem Anstieg der Nachfrage
nach Personen mit tertiärer Ausbildung von ca. 14% gerechnet. In
den Regionen Vöcklabruck-Gmunden (17,5%) und Innviertel-Haus-
ruck (19,3%) wird sogar von einer noch höheren Nachfrage an hoch-
qualifizierten ArbeitnehmerInnen bis 2020 ausgegangen8.
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    In absoluten Zahlen wird die Zunahme der Nachfrage an hochqua-
    lifizierten Arbeitskräften bis 2020 (ca. 10.000 in Oberösterreich)
    fast genauso bedeutend sein, wie die nach mittleren Qualifikati-
    onen. Dementsprechend ist es für die nächsten Jahre wesentlich,
    ein höherqualifiziertes Arbeitskräfteangebot anzuziehen, um der
    prognostizierten Lücke zwischen Angebot und Nachfrage und
    den damit verbundenen negativen wirtschaftlichen Konsequen-
    zen - nämlich ausbleibendes oder stagnierendes wirtschaftliches
    Wachstum und Beschäftigung in der Region - entgegenzuwirken

    Angebot und Nachfrage an Fachkräften mit tertiärer Aus-
    bildung bis 2020 oder 2030
    Graphik vom Fachkräftemonitor OÖ tertiäre Ausbildung

    „In der HTL schließen im Jahr ungefähr 150 SchülerInnen ab, die Hälf-
     te verlässt die Region, um zu studieren, um die restlichen 75 buhlen
          80 Unternehmen, die auch alle 150 beschäftigen könnten.
                  Die Unternehmen in der Region wachsen.“
                              Gemeindevertreter

     „Der Schritt hinaus ist grundsätzlich positiv und wichtig, die Frage
    ist, wie bekommt man die Leute nach dem Studium und den ersten
                      Joberfahrungen wieder zurück.“
                               Schulvertreterin
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2. Hochqualifizierte RückkehrerInnen: Wett-
                                                                                                                   7
bewerbsvorteil und Entwicklungsmotor
Die Fähigkeit einer Region, ausreichend qualifizierte Bewohner-
Innen anzuziehen bzw. zurückzugewinnen, gewinnt als Wettbe-
werbsvorteil und entscheidender Entwicklungsmotor zunehmend
an Bedeutung. Junge, hochqualifizierte Personen werden häufig
in Zusammenhang mit der Innovationsfähigkeit einer Region,
der Ansiedelung von attraktiven Betrieben und der Belebung des
lokalen Arbeitsmarktes gebracht. Wenn es Oberösterreich nicht
gelingt, qualifizierte Arbeitskräfte (wieder) in die Region zu locken,
bleiben wirtschaftliche Wachstumspotentiale ungenutzt, durch
den Fachkräftemangel werden bestehende Unternehmen und die
wirtschaftliche Zukunft der Region bedroht9.

Hochqualifizierte BewohnerInnen sind wichtiges
Potential für die Region
Neben den wirtschaftlichen Auswirkungen hat die selektive Ab-
wanderung von gut gebildeten Personen mitunter auch eine
verheerende Wirkung auf das Gemeinschaftsleben. Junge Personen
sind wichtig, um die gesellschaftliche Anpassungsfähigkeit, Offen-
heit und Kreativität zu erhalten bzw. um neues Wissen und Know-
How in der Region zu verankern. Wandern diese ab, verliert die Re-
gion an Potential, welches für den wirtschaftlichen, aber auch den
gesellschaftlichen und politischen Aufschwung notwendig wäre10.

Die Abwanderungsdynamik führt zu abnehmenden finanziellen
Mitteln durch ausbleibende Steuereinnahmen. Dies hat negative
Auswirkungen auf die regionale Versorgungsstruktur.

Politisches und soziales Leben leidet durch Wegzug
hochqualifizierter Menschen
Die zunehmende Überalterung einer Gemeinde bedeutet auch,
dass gemeinschaftliche Einrichtungen wie beispielsweise Vereine
oder ebenso politische Entscheidungsgremien Probleme haben,
Nachwuchs zu rekrutieren. Ein genereller Verlust an sozialem Zu-
sammenhalt und Gemeinschaftssinn sind häufig die Folge.                  Neben dem Fachkräftemangel und
                                                                         dessen wirtschaftlichen Folgen
Das gesellschaftlich-kulturelle Leben passt sich der zunehmenden         stellt die Bildungsabwanderung
Überalterung an, mangels entsprechender Angebote verliert die            eine Region auch vor gesellschaft-
                                                                         lich-soziale Herausforderungen. Die
Region an Attraktivität für junge Menschen.                              bevölkerungsmäßige Überalterung
                                                                         zieht eine Veränderung des Ge-
Zusammenfassend lässt sich beobachten, dass Regionen, in denen           meindelebens, der Angebote und
                                                                         Aktivitäten nach sich, wodurch die
gut ausgebildete Menschen eine Zukunft für sich sehen, jene Regi-        Region zunehmend an Attraktivität
onen sind, die eine gute Zukunftsperspektive haben.                      verliert und langfristig in ihrer Exis-
                                                                         tenz bedroht ist.
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8

    „RückkehrerInnen sind potenzielle Quellen für Innovation und
     Produktivität, da sie ihr neues Wissen mit dem alten Wissen
                 über die Region verbinden können.“
                  Vertreterin Regionalmanagement

     „Zu Bildungsabwanderung fällt mir spontan ein: Schwächung
        der Region, Wissensabfluss, Ausdünnung der ländlichen
    Entwicklung…..fehlende Innovationskraft, fehlende Sogwirkung,
           wenn es keine Akademiker in der Region gibt, denn,
                 wo Tauben sind, fliegen Tauben zu.“
                          Gemeindevertreter
3. Mehr als nur ein Job:
                                                                                                            9
Was RückkehrerInnen wichtig ist
Natürlich können individuelle Wohnortentscheidungen immer
nur im Zusammenhang mit der jeweiligen Biographie verstanden
werden, dennoch gibt es wiederkehrende Faktoren, die für Bil-
dungsrückkehrerInnen ausschlaggebend sind, wenn sie sich dazu
entschließen, wieder in ihre Ursprungsregion zurückzukehren oder
dies eben nicht zu tun.

Berufliche Aspekte sind nicht die einzige
Entscheidungsgrundlage
Die Aussicht auf einen Job und dessen Umgebungsfaktoren (Auf-          Berufliche Aspekte spielen in
stiegsmöglichkeiten, Erreichbarkeit, etc.) spielen eine wichtige       Wohnortentscheidungen zwar eine
Rolle in diesem Zusammenhang, jedoch ist das Berufliche nicht der      wichtige Rolle, sind aber nur ein
                                                                       Faktor neben vielen. Das familiäre
einzige Faktor in der Entscheidungsfindung.                            Umfeld und dessen Bedürfnisse,
                                                                       emotionale und soziale Bindungen,
So berichten RückkehrerInnen davon, dass neben einem ausbil-           die Verfügbarkeit von leistbarem
                                                                       Wohnraum sowie die angebote-
dungsadäquaten Arbeitsplatz auch die Vereinbarkeit von Familie         ne Infrastruktur und die generelle
und Beruf, sowie die angebotene Infrastruktur und die Ausbil-          Lebensqualität sind ebenso gewich-
                                                                       tige Entscheidungsfaktoren.
dungsmöglichkeiten für Kinder wesentliche Entscheidungsfakto-
ren darstellen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass vor allem der sub-
jektive Eindruck zählt, ob einer Region attraktive Jobmöglichkeiten
bzw. ein positives Karriereimage zugeschrieben werden. Die Re-
gionen Innviertel-Hausruck und Vöcklabruck-Gmunden sind zwar
als starke Industrieregionen bekannt, es mangelt der ansässigen
Wirtschaft aber oft am entsprechenden Image. Zulieferbetriebe
und Nischenmarktführer sind als internationale Unternehmen
grundsätzlich für Höherqualifizierte interessant, es fehlt jedoch an
Identifikationspotential mit den jeweiligen Produkten, möglicher-
weise auch mit der Unternehmenskultur.

Work-Life-Balance wird gesucht
Neben all diesen Entscheidungskriterien hängt eine Wohnortent-
scheidung ganz stark auch von der jeweiligen Lebensphase bzw.
den gesammelten Erfahrungen ab. Viele der jungen Menschen, die
für ihr Studium in eine Großstadt ziehen, kehren nicht unmittelbar
nach Studienabschluss zurück, sondern erst nachdem sie gewisse
Erfahrungen im Berufsleben gesammelt haben. Häufig werden zu
diesem Zeitpunkt nicht-berufliche Aspekte bedeutsamer, Familien-
gründung bzw. Familienleben rückt mehr in den Fokus. Es geht um
Lebensqualität für die ganze Familie. Ähnliches gilt für Personen,
die sich im letzten Drittel ihres Berufslebens, nachdem die wesent-
10
     lichen Karriereziele erreicht wurden, für einen Neuanfang entschei-
     den und nach der entsprechenden Work-Life-Balance suchen.

     Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in die Entscheidung,
     ob BildungsabwandererInnen zu RückkehrerInnen werden, neben
     beruflichen Aspekten, häufig auch Überlegungen betreffend des
     familiären Umfelds, der emotionalen und sozialen Bindung an die
     Herkunftsregion, der Verfügbarkeit von leistbarem Wohnraum, der
     angebotenen Infrastruktur sowie der generellen Lebensqualität
     einfließen.

     Lebensqualität der Region herausstreichen
     Die Regionen Innviertel-Hausruck und Vöcklabruck-Gmunden soll-
     ten demnach die gute Lebensqualität hervorheben und die vielfäl-
     tigen beruflichen Möglichkeiten ins Bewusstsein rücken. Darüber
     hinaus gilt es, die aktive Gestaltung und den Ausbau von Umge-
     bungsfaktoren, wie gesellschaftliche und kulturelle Angebote oder
     Verkehrsinfrastruktur, voranzutreiben, um das volle Entwicklungs-
     potential der Regionen in Zukunft zu heben.

     Entscheidungsfaktoren für eine Rückkehr

            Arbeit
                                                          Wohnort A

                                       ?
            Infrastruktur

            Wohnen

            Emotionale/
            soziale Bindung
            Familie                                       Wohnort B

            Lebensqualität
„Ein Arbeitsplatz muss der Ausbildung und den Interessen          11
       entsprechen und Entwicklungsmöglichkeiten bieten.
          Die Rückkehr muss auch für die Familie passen.
      Es muss eine gute Infrastruktur geben, gute Kinderbe-
     treuungseinrichtungen, Schulen und Freizeitangebote.“
                    Unternehmensvertreterin

    „Es gibt sicherlich interessante Unternehmen, die zu wenig
      bekannt sind bzw. von denen die Zielgruppe nicht weiß,
               was diese alles machen und anbieten.“
                      Unternehmensvertreterin

         „Kaum jemand weiß, dass unsere Region, was die
        Wirtschaftsdynamik betrifft, ganz weit oben steht.
      Es gibt mehr Industrialisierung als man denkt und eine
    Reihe von interessanten Betrieben….es muss herausgestellt
       werden, dass das, was unsere Betriebe machen, nicht
           provinziell ist, sondern dass die Unternehmen
                      international tätig sind.“
                              Schulvertreter

 „Ich schätze 60 bis 65% der BildungsabwandererInnen sind an
  einer Rückkehr interessiert. Oft scheitert es an der Umsetzung,
beispielsweise an dem Partner oder der Partnerin, eine Rückkehr ist
neben dem passenden Job, der in der Heimatregion gefunden wer-
     den muss, von einer Vielzahl von Parametern abhängig…
    eine Gemeinde muss beispielsweise Offenheit ausstrahlen,
     so dass sich auch der Partner oder die Partnerin, die unter
Umständen aus einem anderen Kulturkreis kommen, wohlfühlen.“
                     Unternehmensvertreterin
4. Breites Handlungsspektrum gefragt
12
     Grundsätzlich ist Mobilität hochqualifizierter Arbeitskräfte positiv
     zu sehen, da auf diese Weise an verschiedenen Orten unterschied-
     lichste Erfahrungen gesammelt werden können. Wenn dieser
     Prozess wieder in eine Rückwanderung mündet, wird von „Brain
     Circulation“ gesprochen. Dafür braucht es Interventionen, um mit
     Abgewanderten in Kontakt zu bleiben, das Interesse an der Heima-
     tregion lebendig zu halten bzw. zu wecken und diese bei der Rück-
     kehr zu unterstützen.

      Mehrere Handlungsfelder müssen zusammenfließen
     Um den Bedarf an Hochqualifizierten in einer Region zu decken
     und „Brain Drain“, also dem Verlust regionseigener, gut ausgebil-
     deter Talente und (wirtschaftlicher) HoffnungsträgerInnen entge-
     genzuwirken, sind aber noch weitere Handlungsfelder wichtig, wie
     die folgende Grafik zeigt:

     Handlungsfelder zur Deckung des Bedarfs an
     Hochqualifizierten

      Information heimischer                 Bindung von heimischen
      Kinder und Jugendlicher                   Hochqualifizierten
                         Deckung des Bedarfs
                          an Hochqualifizier-
                          ten in einer Region
                     Verhinderung von Brain Drain

     Zurückgewinnung von hei-                  Zuzug regionsfrem-
     mischen Hochqualifizierten               der Hochqualifizierter
         (Brain Circulation)                       (Brain Gain)

     Bei diesen Handlungsempfehlungen geht es vor allem um die
     Zurückgewinnung heimischer Hochqualifizierter und um mögliche
     Kontakthalteangebote, trotzdem im Folgenden ein kurzer Blick auf
     die anderen Handlungsfelder.

     Die Lebens- und Arbeitsqualität in einer Region bzw. Gemeinde ist
     die verbindende Klammer, die Menschen motiviert zu bleiben, zu
     kommen oder zurückzukehren. Deshalb sollte darauf die besondere
     Aufmerksamkeit aller entscheidenden und handelnden AkteurIn-
     nen gerichtet werden.
4.1 Information heimischer Kinder und Jugendlicher
In diesem Handlungsfeld geht es vor allem darum, Kindern und Ju-
                                                                                                                13
gendlichen die lokale Wirtschaft und die beruflichen Perspektiven
in der Region näherzubringen. Je frühzeitiger man eine Bindung an
die Region herstellt und je transparenter die beruflichen Möglich-
keiten sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen
nach ihrer Ausbildungsphase wieder zurückkehren.
                                                                       http://kraft.dasmurtal.at/de/projekte/
•   Idealerweise wird schon in der Volksschule begonnen, wie           detail.asp?dps=6&id=765
    beispielsweise beim Projekt „Wirtschaft zum Angreifen“ der
    Wirtschaftsinitiative „Kraft. Das Murtal“. VolkschülerInnen der
    Region wird das Thema Wirtschaft spielerisch näher gebracht.
    Unter dem Motto „Kinder raus aus den Schulen, rein in die
    Betriebe“ erkunden Kinder regionale Betriebe. Die Kinder wer-
    den zunächst in den Schulen auf den Besuch in den Betrieben
    vorbereitet. In den Betrieben werden dann einzelne Berufe
    vorgestellt, die Kinder interviewen Lehrlinge, AusbilderInnen,
    ArbeitgeberInnen und lernen Arbeitsabläufe kennen. Im Projek-      http://kraft.dasmurtal.at/de/projekte/
                                                                       detail.asp?dps=6&id=568
    tabschluss bereiten die Kinder die Erlebnisse auf und präsentie-
    ren sie den Eltern.

•   In höherbildenden Schulen engagiert sich die Initiative „Kraft.
    Das Murtal“ dann mit der Roadshow „Attraktiver Arbeitgeber
    on tour“

•   Die Talente Akademie des deutschen Bündnisses Wachs-
    tumsregion Ems-Achse ermöglicht SchülerInnen der 8. und 9.
    Klassen einen vertieften praktischen Einblick in verschiedene
    Berufsfelder und zeigt Chancen und Möglichkeiten des regi-
    onalen Arbeits- und Ausbildungsmarktes auf. Im Rahmen der
    Talente Akademie 2016 wurden drei Kurse (Metall/Elektrotech-
    nik/Mechatronik, Holz/Bau/Design und Wirtschaft) angeboten,
    in deren Mittelpunkt ein gemeinsames Lernprojekt, nämlich          http://www.emsachse.de/projekte/
    die Entwicklung, Planung und Umsetzung eines Solarbootes           fachkraefteinitiative/talente/nach-
                                                                       wuchskoepfe/talenteakademie2016.
    stand. Es gab auch kursübergreifende Aktivitäten wie z.B. Film-    html
    und Medienworkshops. Ergänzend zu den drei Kursen fanden
    Betriebsexkursionen statt. Darüber hinaus gab es individuelle
    Beratungsgespräche durch die BerufsberaterInnen der regiona-
    len Agentur für Arbeit.
14                                      •   In der Ems-Achse gibt es auch Job-Busse für SchülerInnen. Bei
                                            einer Tagestour wird die Möglichkeit geboten, attraktive Unter-
                                            nehmen der Region kennenzulernen, den ersten Kontakt her-
                                            zustellen und sich eventuell einen Ausbildungsplatz zu sichern.
                                            Bei einigen Firmen gibt es nicht nur Besichtigungen und Infor-
                                            mationen, sondern die SchülerInnen können die Berufsinhalte
     http://www.emsachse.de/projekte/
     fachkraefteinitiative/job-busse/       kurz selbst ausprobieren.
     schueler.html

                                            „Das kriegt man ja so gar nicht mit, was da so läuft – bei der
                                            Firmenführung habe wir gesehen, die machen klasse Sachen,
                                              da hat man erfahren, welche Möglichkeiten es gibt, direkt
                                                              bei uns in der Region.“
                                                                      Schüler

                                                „Potenzielles Rückkehrinteresse ist gegeben, aber dieses
                                             muss genährt werden, es muss schon früh begonnen werden,
                                            eine Verbindung zur Region aufzubauen und zwar so lange die
                                            Personen vor Ort sind und dann auch während des Studiums.“
                                                                  Gemeindevertreter
15
4.2 Bindung von heimischen Hochqualifizierten
Hochqualifizierte, die in der Region wohnen, gilt es zu halten. Für
die Bindung an die Region ist, wie bereits erwähnt, ein attraktives
Lebensumfeld entscheidend.

Damit nicht alle, die einen tertiären Abschluss anstreben, die
Region verlassen müssen, sollten regionale Höherqualifizierungs-
angebote vorhanden sein. Nicht jeder Region gelingt es (Fach-)
Hochschulstandort zu werden, das ist auch nicht überall sinnvoll.
Wesentlich ist das Angebot von Alternativen, wie beispielsweise
Berufsbegleitende Studiengänge.

•   An der HTL Vöcklabruck ist es z.B. möglich, ein berufsbeglei-
    tendes FH-Fernstudium in den Fachrichtungen Maschinenbau/
    Mechatronik sowie Maschinenbau/Gebäudetechnik oder Wirt-
    schaftsingenieurswesen an der deutschen Hochschule Mittwei-
    da zu absolvieren.

•   Das bfi Steiermark bietet in Zusammenarbeit mit der Ham-
    burger Fern-Hochschule die beiden Fernstudiengänge „Be-
    triebswirtschaft“ und „Wirtschaftsingenieurswesen“ maß-
    geschneidert für Berufstätige an. Die Durchführung der
    vorgeschriebenen Pflichtpraktika soll dabei regional ermöglicht
    werden. Die Wirtschaftsinitiative „Kraft. Das Murtal“ möchte in
    ihren Partner-Betrieben für Praktikumsplätze sorgen.

•   Damit regionale Unternehmen ihre qualifizierten Mitarbeite-
    rInnen halten können, müssen sie in ihre Attraktivität als Ar-
    beitgeberInnen investieren. Für die MitarbeiterInnenbindung
    sind innerbetriebliche, aber auch überbetriebliche Maßnahmen
    erfolgversprechend.

•   Im Rahmen der Initiative „Kraft. Das Murtal“ wird beispiels-
    weise über überbetriebliche Job Rotation oder gemeinsame
    betriebliche Kinderbetreuungseinrichtungen nachgedacht.
    MitarbeiterInnen der Partnerbetriebe von „Kraft. Das Murtal“
    erhalten einen Kraft.Pass, der vergünstigte Eintritte und Ermä-
    ßigungen bietet. Um sich langfristig als attraktive Arbeitgebe-
    rInnen zu positionieren, wurde von den Mitgliedsunternehmen
    von „Kraft. Das Murtal“ eine gemeinsame Charta entwickelt
    und unterzeichnet.                                                http://kraft.dasmurtal.at/de/kraft_
                                                                      pass/Kraft.Pass.asp?n=66
4.3 Zuzug regionsfremder Hochqualifizierter
16                                      Um regionsfremde Hochqualifizierte anzusprechen, ist der erste
                                        Schritt, auf die Region oder die Unternehmen in der Region auf-
                                        merksam zu machen. Dies kann durch Präsenz bei nationalen
                                        Jobmessen oder Jobbörsen im Ausland erfolgen oder durch Kontakt
                                        mit interessanten Fachhochschulen und Universitäten im In- und
                                        Ausland.

 http://www.ams.at/eures.html           •   Das europäische Job-Netzwerk EURES European Employment
                                            Services unterstützt bei internationalem Recruiting. EURES ver-
 https://www.europeanjobdays.eu/            anstaltet beispielsweise regelmäßige European Job Days.

                                        •   Mit thematischen Schwerpunkten, um AbsolventInnen und
                                            Fachkräfte mit Unternehmen aus der ganzen EU zusammen zu
                                            bringen.

                                        Damit potenzielle InteressentInnen sich in Folge entscheiden, in
                                        der Region zu leben und zu arbeiten, müssen entsprechende „An-
                                        ziehungsfaktoren“ gegeben sein. Eine möglichst attraktive und
                                        informative Präsentation der Region bzw. der Gemeinden und der
                                        Unternehmen im Internet hilft dabei. Darüber hinaus braucht es
                                        persönliche AnsprechpartnerInnen, die für Fragen zur Verfügung
                                        stehen.

                                        Anders als es bei RückkehrerInnen der Fall ist, kennen nationale
                                        und internationale ZuwandererInnen die Region nicht oder kaum
                                        und es ist wichtig, ihnen mit entsprechender Offenheit zu begeg-
                                        nen. Ein positives Willkommen ist das Schlagwort dazu.

 http://www.netzwerk-hr.at/kooperati-   •   Um einen Überblick über die Willkommensmaßnahmen einer
 onen/willkommen-standort-ooe/
                                            Gemeinde oder eines Unternehmens zu erhalten, wurde im
                                            Rahmen des Projektes Willkommen Standort OÖ ein Willkom-
                                            mens Check erarbeitet. Es handelt sich um einen Fragenkatalog,
                                            in dem neun Themenfelder analysiert werden. Das Ergebnis
                                            gibt ein aufschlussreiches Bild über die Ist-Situation in einer Ge-
                                            meinde oder einem Betrieb. Es werden Stärken und Schwächen
                                            aufgezeigt, verdeutlicht, welche Chancen und Risiken bestehen
                                            und welche Potenziale bisher noch nicht genutzt wurden.

 http://www.braunau.at/system/web/      •   Einige Gemeinden haben Willkommensmappen in mehre-
 GetDocument.ashx?fileid=1259652            ren Sprachen mit wichtigen Informationen und Anlaufstellen
                                            erstellt, z.B. Braunau oder Ebensee. Auch Willkommensbriefe,
                                            die Neuzugezogene erhalten, sind eine Variante, um auf Ser-
                                            vicestellen der Gemeinden zu verweisen. Eine andere Form sind
                                            Gemeindetouren, damit Neuzugezogene das Gemeindegebiet
                                            kennenlernen können. Manche Gemeinden haben auch Men-
 http://www.ebensee.at/system/web/
 GetDocument.ashx?fileid=1120817            toren-/Lotsen-/Buddy-Programme, um die Eingliederung in die
17
    Dorf-/Stadtgemeinschaft zu fördern.

•   Firmen können zur Einbindung neuer MitarbeiterInnen ein
    Begrüßungspaket mit nützlichen Informationen für den Alltag
    überreichen, konkrete Unterstützung bei der Wohnungssu-
    che, dem Umzug und Familienangelegenheiten anbieten und/
    oder eine feste Ansprechperson für die ersten Monate zur Seite
    stellen. Infineon Technologies Austria AG mit Sitz in Kärnten
    hat beispielsweise ein sogenanntes Starter Kit und begrüßt
    neue MitarbeiterInnen mit einem Welcome Breakfast. MEWA
    Textil-Service GmbH mit drei Standorten in Niederösterreich,
    Salzburg und der Steiermark hat ein Patensystem entwickelt,
    um neue MitarbeiterInnen möglichst schnell und gut im Unter-
    nehmen zu integrieren12. Manche Unternehmen verfügen auch
    über Wohnungen, die sie an ihre MitarbeiterInnen (übergangs-
    weise oder dauerhaft) vermieten.

•   Vereinen kommt bei der Begegnung von Ansässigen und Neu-
    zugezogenen eine wichtige Funktion zu. Durch Veranstaltung
    von Festen, Begegnungscafés, Wanderungen, Gesprächsgrup-
    pen, Spielgruppen und vieles mehr können sie dazu beitragen,
    dass neue GemeindebürgerInnen sich wohl fühlen.

4.4 Zurückgewinnung von heimischen Hochqualifizierten
Ansätze und Maßnahmen, um heimische Hochqualifizierte für eine
Rückkehr in ihre Heimatregion zu gewinnen, werden in Kapitel 6
dargestellt.

An dieser Stelle aber ein wichtiger Hinweis. Wenn man mit der Ziel-
gruppe BildungsabwanderInnen in Kontakt kommen bzw. diesen
Kontakt halten möchte, ist ein guter Mix aus Kontakt über unter-
schiedliche Medien und persönlichem Kontakt zu wählen.

Über E-Mail, Facebook, Twitter, Instagram u.ä. können neue Infor-
mationen verbreitet werden, wie beispielsweise neue Betriebsan-
siedelungen in einer Gemeinde. Darüber hinaus sollten wichtige
Informationen einer Region auf einer übersichtlichen, aktuell
gehaltenen Website verfügbar sein.

Es gibt unterschiedliche Wege, um an relevante Kontaktadressen
zu kommen: über Schulen, Vereine, Förderstellen, Eltern und Be-
kannte, usw. (Näheres in Kapitel 6).
18
     Eine weitere Möglichkeit, um in Kontakt zu treten, sind sogenann-
     te Alumni-Netzwerke. Alumni-Organisationen bemühen sich um
     lebendige Netzwerke zwischen AbsolventInnen von Universitäten
     oder anderen tertiären Bildungseinrichtungen, beispielsweise
     durch Abhalten von regelmäßigen Stammtischen, Sommeruniver-
     sitäten oder Jobmessen.

     All diese Aktivitäten ersetzen aber nicht den persönlichen Kontakt,
     der am Heimatort, beispielsweise bei großen Festen, wo üblicher-
     weise auch BildungsabwandererInnen „nach Hause“ kommen (z.B.
     Lichterfest in Gmunden), oder am Bildungsort zustande kommen
     kann. Eine gute Möglichkeit am Bildungsort wäre der Ball der Ober-
     österreicher in Wien. Der Verein, der diesen Ball veranstaltet, orga-
     nisiert auch einen monatlichen Stammtisch, eine weitere günstige
     Gelegenheit, Kontakt aufzunehmen. Ein anderer Anknüpfungs-
     punkt sind das Studentenheim Haus OÖ in der Hermanngasse in
     Wien oder das Oberösterreicher-Heim in Graz in der Fröbelgasse.

     Manche BildungsabwandererInnen bleiben in Vereinen in ihrer
     Heimatregion aktiv, das ver-einfacht einen persönlichen Kontakt
     am Heimatort und sollte daher von Gemeinden auch aktiv geför-
     dert und unterstützt werden.

     Egal über welchen Kanal kommuniziert wird, die Bildungsabwan-
     dererInnen sollten sich persönlich angesprochen fühlen. Es muss
     ein ehrliches Interesse an ihrer Rückkehr spürbar sein und transpor-
     tiert werden, dass die Region sie als ZukunftsträgerInnen braucht.

             „Das persönliche Gespräch lässt sich schwer ersetzen.
         Wenn man ins Gespräch kommt, ergeben sich oft ganz neue
         Einblicke – für beide Seiten – das bietet sich nicht, wenn man
            lediglich einen Informationsaustausch per E-Mail hat.“
                                     Schüler

             „Persönliche Botschaften wie „Ihr geht uns ab“ oder
                     „Wir brauchen Euch“ sind wichtig.“
                        Wirtschaftskammervertreter
5. Konkreter Handlungsbedarf:
                                                                      19
    Alle sind gefordert!
Für die regionalpolitischen und wirtschaftlichen AkteurInnen in
Oberösterreich wird es in den kommenden Jahren eine besondere
Herausforderung darstellen, entsprechend qualifizierte Arbeits-
kräfte anzuziehen, zurückzuholen oder zu halten, um so nicht nur
die wirtschaftliche Entwicklung, sondern auch das regionale Land-
und Kulturleben abzusichern und nachhaltig zu stärken.

Gemeinden sind wichtiges Bindeglied
Wenn es darum geht, BildungsabwandererInnen zurückzugewin-
nen, kommt den Gemeinden eine zentrale Rolle zu. Durch die enge
Verbindung zur regionalen Wirtschaft und den direkten Kontakt
zu BürgerInnen sind sie als Bindeglied unersetzbar. Vor allem auf
dieser Ebene ist das Wissen über die Bedürfnisse der lokalen Wirt-
schaft und der Bevölkerung vorhanden.

Gemeinden schaffen wichtige Rahmenbedingungen und sollten
sich unter dem Motto „Gestaltung statt Verwaltung“ aktiv um eine
ganzheitliche Lebensqualität bemühen.

Dialog Gemeinden und Unternehmen
Die Gemeinden brauchen aber PartnerInnen und das sind vor allem
die Unternehmen. Beide Seiten sollten in einen wirklichen Dia-
log miteinander treten. Gemeinsam können sie einen attraktiven
Lebens- und Wirtschaftraum gestalten. Dabei sind die Gemeinden
vor allem für die Infrastruktur und die Unternehmen für die At-
traktivität der Arbeitsplätze verantwortlich. An möglichen Schnitt-
mengen, wie beispielsweise im Bereich Kinderbetreuungsangebot,
können gemeinsam gute Lösungen erarbeitet werden.

Weitere wichtige PartnerInnen sind die Schulen, weil dort die Bür-
gerInnen und die Arbeitskräfte der Zukunft zu finden sind. Zu den
Schulen engen Kontakt zu suchen und gemeinsame Aktivitäten
zu lancieren, ist für die Zukunftsfähigkeit einer Gemeinde und der
ansässigen Unternehmen entscheidend. Aber die Schulen sollten
durchaus auch von sich aus aktiv werden und mögliche Projekte
andenken.

Bedeutsam sind aber auch andere Organisationen vor Ort, wie bei-
spielsweise Vereine oder Weiterbildungseinrichtungen.
20
     Effektives Zusammenwirken aller Stakeholder
     Einige der anstehenden Aufgaben sind effizienter und effektiver
     auf regionaler bzw. bezirksübergreifender Ebene zu regeln. Einzel-
     ne Gemeinden sind den Anforderungen alleine nicht gewachsen
     und es fehlen die entsprechenden personellen Ressourcen und
     finanziellen Mittel.

     Hier ist ein effektives Zusammenwirken sämtlicher Stakeholder
     einer Region gefragt, gepaart mit dem Engagement der BürgerIn-
     nen. Konzertierte Aktionen haben eine größere Zugkraft und bin-
     den das Thema BildungsabwandererInnen in eine umfassende und
     nach-haltige Strategie zur regionalen Fachkräftesicherung ein.

     Erleichtert werden solche konzertierten Aktionen, wenn es eine ko-
     ordinierende Person bzw. Einrichtung gibt, die die Umsetzung von
     Maßnahmen aktiv vorantreibt.
„Um Bildungsabwanderer zurückzugewinnen, bedarf es vor              21
  allem Kooperationen zwischen Unternehmen und Gemeinden,
        regelmäßiger Informationsaustausch ist wichtig.“
                   Unternehmensvertreterin

  „BürgermeisterInnen, WirtschaftsvertreterInnen und Schulen
  müssen zusammenarbeiten, aber dann braucht es auch noch
    jemanden, der sich hauptberuflich darum kümmert, wie
          beispielsweise das Regionalmanagement.“
                         Schulvertreter

„Schulen, Gemeinden und Unternehmen müssen an einem Strang
  ziehen, sich profilieren, um für die Zielgruppe attraktiv zu sein…
alle AkteurInnen müssen miteingebunden sein, wichtig ist, dass es,
    wenn es um die Umsetzung von Maßnahmen geht – einen
                            Kümmerer gibt.“
                          Gemeindevertreter

   „Die Gemeinden können gute Nahversorgung ermöglichen,
 den Schutz der Naturlandschaft – Erholungsgebiete, Baugründe,
    gute Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz sicherstellen,
      die notwendige Infrastruktur für Homeoffices schaffen,
    im Bereich Kinderbetreuung aktiv werden, wobei hier auch
                die Unternehmen gefordert sind.“
                       Gemeindevertreter
6. Die Dinge in die Hand nehmen:
22
                                          Handlungsempfehlungen
                                       6.1 Für die Region
                                       •   Es ist wichtig als Wirtschaftsregion sichtbar zu werden und
                                           sich zu positionieren. Dazu kann es notwendig sein, eine eigene
                                           Plattform oder Initiative ins Leben zu rufen, in der die wesent-
                                           lichsten regionalen AkteurInnen vertreten sind. Oftmals gibt
                                           es bereits bestehende Bündnisse, die entsprechend weiterent-
                                           wickelt werden können. Wesentlich ist es, Informationen zu
 https://www.komm-bleib.at/                bündeln.
 http://kraft.dasmurtal.at/de/index.
 asp                                   Interessante Beispiele sind etwa die Pinzgauer Wirtschaftsplatt-
 http://www.emsachse.de/               form „Komm bleib“, die Wirtschaftsinitiative „Kraft. Das Murtal“
 http://www.leben-in-um.de/lium/de/    oder das deutsche Bündnis „Ems-Achse Jobmotor West“. Ein ande-
 willkommensagentur/
                                       res good-practice-Beispiel ist der Verein „Zuhause in Brandenburg“,
                                       der auf private Initiative gegründet wurde und die „Willkommen-
                                       sagentur Uckermark“ umsetzt.

                                       Zentrales Ziel aller Initiativen ist das Image der Region zu verbes-
                                       sern, den Standort zu stärken und so abgewanderte oder neue
                                       Fachkräfte (zurück) zu gewinnen bzw. Abwanderung generell zu
                                       minimieren.

                                       •   Für diese Plattformen und Initiativen braucht es ein zentrales
                                           Kommunikationsmedium. Eigene Websites sind die wichtigste
                                           Kommunikationsschiene der oben genannten Plattformen oder
                                           Initiativen. Auf diesen finden sich nicht nur Informationen über
                                           die regionale Wirtschaft, ansässige Unternehmen und Arbeits-
                                           möglichkeiten, sondern auch über das Leben in der Region
                                           (kulturelles Angebot, Freizeitmöglichkeiten, Schulen, Kinderbe-
                                           treuung), wie das Motto der Ems-Achse Jobmotor Nord treffend
                                           ausdrückt: „Hoch im Norden – mitten im Leben“.
  http://www.emsachse.de/startseite/
 nachwuchskopf.html                    Die Initiative Ems-Achse Jobmotor Nordwest betreibt sogar eine ei-
                                       gene Website für SchülerInnen und Studierende, „Für Nachwuchs-
                                       köpfe“ genannt.

                                       Der Verein „Zuhause in Brandenburg“ hat eine eigene Website für
                                       ZuzüglerInnen und RückkehrerInnen freigeschaltet. Auf dieser In-
                                       ternetseite sind u.a. Portraits von RückkehrerInnen zu finden, eine
                                       gute Möglichkeit, um persönliche Geschichten darzustellen, die
                                       animierend wirken.

 www.heimat-westlausitz.de
23
•   Wesentlich ist neben der Informationsweitergabe über das
    Internet das Angebot von persönlichen Ansprechstellen. Dem-
    entsprechend verweist die Website von Ems-Achse Jobmotor          http://www.emsachse.de/projekte/
    Nordwest auf sogenannte „Fachkräfte-Servicecenter“, die z.B.      fachkraefteinitiative/fachkraefteser-
    bei der Wohnungssuche, bei Fragen zur Kinderbetreuung oder        vicestelle/arbeitnehmerfamilie.html

    bei der eigenen Stellensuche und jener für den/die Lebenspart-
    ner/in Unterstützung anbieten.

•   Regionale Websites sollten gut promotet werden. Auch dafür
    gibt es kreative good-practice-Beispiele:

BewohnerInnen der deutschen Westlausitz wurden aufgerufen,
eine RückkehrerInnen-Postkarte (die der regionalen Wochenzei-
tung beilag, aber auch als Download zur Verfügung stand und
bei Rathäusern und Touristeninformationen auflag) an Familien-
mitglieder oder FreundInnen, die ihre Heimat verlassen haben, zu
senden. Auf dieser Postkarte war die Website angeführt, über die
auch persönlich zu den Rathäusern Kontakt aufgenommen werden
konnte, um Fragen zum Thema Rückkehr und Zuzug zu stellen.

In der Region Ems-Achse wurden Türanhänger verteilt. Eltern
wurden aufgefordert, diese an das ehemalige „Kinderzimmer” zu
hängen. Darauf fand sich der Hinweis auf die Initiative Ems-Achse
Jobmotor West sowie deren Facebook-Seite.

Ebenfalls in dieser Region gab es eine Mailingaktion unter dem
Titel „Zuhause haben wir Deinen Traumjob versteckt. Finde ihn unter
….“ für SchulabsolventInnen. Dabei wurde eine digitale Postkarte
versandt, die auf die Jobbörse der Website aufmerksam machte
und ein Gewinnspiel beinhaltete, das Kontakt zu neuen Interessen-
tInnen vermittelte.

Zu Weihnachten, wo viele BildungsabwandererInnen erfahrungs-
gemäß ihre Eltern besuchen, waren in der Region Ems-Achse
Promotionteams unterwegs. So wurden beispielsweise Weih-
nachtsmarktbesucherInnen von 3er Teams (ein Ems-Achse Weih-
nachtsmann/-frau und zwei Ems-Achse-HelferInnen) angespro-
chen. Sie verteilten „Give-Aways“ und eine Rückkehrbroschüre und
informierten über Karrierechancen in der Region. Im Sauerland
wurde 2016 auf Schützenfesten, die für viele in der Region Auf-
                                                                      https://www.suedwestfalen.com/
gewachsene ein fixes Event darstellen, mit einer Fotoaktion auf       wohnen/news-aus-der-region/heim-
das Projekt „HEIMVORTEIL“ für RückkehrerInnen aufmerksam              vorteil-dein-karrierenetzwerk-pro-
                                                                      jekt-fuer-rueckkehrer-nimmt-fahrt
gemacht. Außerdem haben AbiturientInnen und StudentInnen der
FH Südwestfalen in diesem Jahr die „HEIMVORTEIL2Go-Boxen“
mit Produkten von heimischen Unternehmen erhalten. Mit dieser
Box wurde auch die Einladung, der Facebook-Seite des Projektes zu
folgen, verschickt.
24
                                       •   Wenn eine Region als Einheit sichtbar ist, dann ist es emp-
                                           fehlenswert, unter dieser „Marke“ bei relevanten Jobmessen
                                           aufzutreten. Es gibt einerseits allgemeine Karrieremessen für
                                           AbsolventInnen, aber auch universitätsspezifische Jobdays oder
                                           ähnliches. Darüber hinaus verfügen die meisten Universitäten
                                           über Career Center mit eigener Website. Dort gibt es vielleicht
                                           die Möglichkeit, einen Link zu setzen oder auf die regionale
                                           Plattform oder Initiative aufmerksam zu machen.

                                       •   Wenn sich in einer Region Fachkräftemangel in einem ganz
                                           bestimmten Segment zeigt, sollte hier gezielt vorgegangen
                                           werden. So hat zum Beispiel die deutsche Region Ems-Achse
                                           mit dem Programm „Als Mediziner/in in die Ems-Achse“ Medi-
                                           zinstudierende mittels einer eigenen Broschüre und Messeauf-
                                           tritten über Jobeinstiegsmöglichkeiten in der Region informiert.
                                           Die StudentInnen werden auch zu Exkursionen in die Region
                                           eingeladen und mit einem Stipendium unterstützt. Dafür
                                           verpflichten sich die StipendiatInnen nach Studienabschluss zu
                                           einer mehrjährigen ärztlichen Tätigkeit in der Region. Der Land-
                                           kreis Emsland bietet darüber hinaus eine Förderung der Nieder-
 http://www.emsachse.de/projekte/
 fachkraefteinitiative/als-medizine-       lassung von HausärztInnen an. Weiters wird die Weiterbildung
 rin-in-die-ems-achse.html                 von AllgemeinmedizinerInnen gefördert.

                                       •   BildungsabwanderInnen können nicht nur mit Jobangebo-
                                           ten zurückgewonnen werden, sondern sind auch potenzielle
                                           GründerInnen und ÜbernehmerInnen von Unternehmen in der
                                           Region. Damit können weitere Arbeitsplätze (oft auch hochqua-
                                           lifizierte) geschaffen werden, was wiederum der Standortat-
                                           traktivität zu Gute kommt. Aus diesem Grund erweisen sich
                                           entsprechende Unterstützungsangebote als sinnvoll wie:

                                       Der Verein Kraft.Crowd wurde von Privatpersonen und von „Kraft.
                                       Das Murtal“ gegründet. Ziel ist es, Unternehmen in der Region
 http://kraftcrowd.at/
                                       anzusiedeln bzw. weiterzuentwickeln. Kraft.Crowd will erfolgreiche
                                       Ideen unterstützen und stellt dafür Know How und Expertise sowie
                                       Kapital für die Umsetzung zur Verfügung.

                                       In der deutschen Wachstumsregion Ems-Achse gibt es das Mo-
                                       dellprojekt „Gründungs-Achse“. Sie richtet sich an Studierende,
 http://www.gruendungsachse.de
                                       die ihre eigene Geschäftsidee umsetzen möchten. Dies wird im
                                       Rahmen eines Vier-Stufen-Modells durch GründungsberaterInnen
                                       unterstützt.

                                       An jedem dritten Dienstag des Semesters wird am Hochschul-
25
standort Lingen der „Third Tuesday“ ausgerichtet. Ziel ist es,
gründungsinteressierte Studierende mit GründerInnen, Unterneh-
merInnen, InvestorInnen, UnterstützerInnen und BeraterInnen ins
Gespräch zu bringen. Der Wirtschaftsverband Emsland prämiert
bei dieser Veranstaltung besonders herausragende Businesspläne
von Studierenden.

Das Netzwerk für ExistenzgründerInnen Barnim-Uckermark im
deutschen Brandenburg publiziert die besten Gründungsvorhaben          http://www.existenzgruender-bar-
                                                                       nim-uckermark.de
und initiiert den ExistenzgründerInnenpreis der Region.

Eine Unterstützung anderer Art bietet die Pinzgauer Wirtschafts-
plattform „Komm bleib.“ Auf der Website der Plattform findet sich      ttps://www.komm-bleib.at/service/
                                                                       freiflaechen/
ein Online-Tool zum Freiflächenmanagement. Dieses Tool unter-
stützt Gemeinden im Bemühen um Neuansiedelungen von Fir-
men und (Neu)UnternehmerInnen bei der Suche nach geeigneten
                                                                       https://www.komm-bleib.at/service/
Immobilien. Eine Nachfolgebörse auf der Website bringt überga-         nachfolgeboerse/
bewillige UnternehmerInnen mit Übernahmewilligen zusammen.
Derzeit in Entwicklung ist ein Online-Tool für Ausschreibungen,
das Handwerksfirmen per E-Mail über passende Ausschreibungen
informieren und so ihre Existenz sichern soll.

   „Wichtig ist, dass die Region präsentiert, was für interessante
Unternehmen dort sind und was diese machen und Arbeitnehmern
 und Arbeitnehmerinnen anbieten können. Darüber hinaus sollte
 auch informiert werden, welche Freizeitangebote es gibt, welche
  Veranstaltungen stattfinden - alles, was die Region interessant
 macht. Dies findet sich derzeit verstreut auf vielen verschiedenen
 Websites – hilfreich wäre eine Onlineplattform, wichtig wäre eine
 Gemeindeverbund-Präsentation, da die einzelnen Gemeinden ja
meistens zu klein sind – eine Onlineplattform, die als Informations-
 drehscheibe fungiert, die über Betriebe, offene Stellen aber auch
   unterschiedliche Veranstaltungen in der Region informiert.“
                      Unternehmensvertreterin

      „Es gibt in der Region viele gute Ansätze, was fehlt, ist die
         gemeinsame Marke bzw. „alles unter einem Dach.“
                   Vertreterin Regionalmanagement
26
     6.2 Für Gemeinden
     •   Was für die Region gilt, gilt auch für die Gemeinde. Sie sollte
         sichtbar sein und sich entsprechend präsentieren. In diesem
         Sinne gilt es auf die Attraktivität der Gemeinde- bzw. Stadt-
         website zu achten und soziale Netzwerke wie Facebook, Twit-
         ter oder instagram einzusetzen. Die Aktualität der Website ist
         dabei ganz entscheidend. Wesentlich ist auch eine Übersicht
         über die Unternehmen in der Gemeinde und idealerweise über
         aktuelle Stellenausschreibungen. Auf der Website der Gemein-
         de Ostermiething findet sich beispielsweise unter der Rubrik
         „Jobs in der Region“ eine Datenbank mit offenen Stellen. Für
         BildungsabwandererInnen interessant sind auch Informationen
         zu Baugründen und Immobilien oder eine Übersicht über lokale
         Vereine und deren Ansprechpersonen.

     •   Diese Attraktivität sollte natürlich nicht nur virtuell, sondern
         real sein. Aus diesem Grund gilt es in die Belebung der Gemein-
         de und eine entsprechende Infrastruktur zu investieren. Gerade,
         was das Stadt- bzw. Dorfleben betrifft, sollte die Initiative einer-
         seits von verantwortlichen AkteurInnen ausgehen und anderer-
         seits Projekte von BürgerInnen gezielt unterstützt werden.

     •   Die MitarbeiterInnen der Gemeinde sollten persönlich für das
         Thema Rückkehr zur Verfügung stehen. In der Stadt Weiß-
         wasser in der deutschen Oberlausitz gibt es z.B. ein „Rück-
         kehrertelefon“. Die Nummer führt direkt zum Referat des
         Oberbürgermeisters, das sich ämter- und fachübergreifend um
         die Anliegen kümmern kann. Die MitarbeiterInnen der Stadt-
         verwaltung wurden für das Thema Rückkehr sensibilisiert und
         auf ein gemeinsames Werben, Informieren und Beraten von
         RückkehrerInnen vorbereitet. Es werden neben allgemeinen
         Informationen zum Leben und Arbeiten auch konkrete Beratun-
         gen zur Rückkehr und Unterstützung beim Rückkehrvorhaben
         angeboten.

     •   Einige Gemeinden in Österreich (auch in den beiden Regionen
         Innviertel-Hausruck und Vöcklabruck-Gmunden) zahlen eine
         Förderung an Studierende aus, die ihren Hauptwohnsitz am
         Heimatort belassen. Damit kann über die Kontaktdaten verfügt
         werden. In vielen Gemeinden werden diese dazu genutzt, den
         geförderten Personen regelmäßige Informationen aus der Regi-
         on zu übermitteln und/oder die Gemeindezeitung zukommen
         zu lassen.
27
•   Manche Orte feiern ein Kim Hoam Fest, wie beispielsweise die      http://www.allhartsberg.gv.at/
                                                                      content.php?pageId=9520
    Gemeinde Allhartsberg im Jahr 2016 im Rahmen der Feierlich-
    keiten „900 Jahre Allhartsberg“ oder Freistadt im Zuge des        http://www.kimhoam2009.at/
    Mühlviertler Volksfestes 2013, ebenso fanden 2009 in Hollen-      http://daten.gresten-markt.at/In-
                                                                      foFlyer%20Kimhoam.pdf
    stein/Ybbs oder 2014 in Gresten entsprechende Feierlichkeiten
    statt. Diese hatten nicht unbedingt die Ausrichtung Bildungs-
    abwandererInnen zurückzuholen, so ein Schwerpunkt könnte
    aber durchaus gesetzt werden. Es wäre auch möglich, im Rah-
    men anderer wichtiger regionaler Events gezielt einen solchen
    Fokus zu setzen. Eine rein volkstümliche Ausrichtung ist dabei
    nicht unbedingt empfehlenswert.

•   Das Modell BotschafterInnen bewährt sich, wenn es um das
    Kontakthalten und die Übermittlung von Informationen geht.
    Es handelt sich dabei um Studierende aus der Gemeinde, die
    am Studienort mit anderen StudentInnen aus ihrer Heimatre-
    gion in Kontakt treten. Die oberösterreichischen Gemeinden        http://www.zukunftsorte.at/projekte/
                                                                      Projekte_fuer_von_mit_Ausheimi-
    Munderfing und Hinterstoder setzen solche BotschafterInnen
                                                                      schen.html
    ein. Diese Gemeinden sind Teil der Zukunftsorte, eine Plattform
    innovativer Gemeinden Österreichs. Sie vernetzen Gemeinden,
    die bei Zukunftsthemen des ländlichen Raums außergewöhn-
    liche und neue Ansätze verfolgen. Einige dieser Gemeinden
    erweiterten das Netz ihrer GemeindebürgerInnen um ihre
    sogenannten „Ausheimischen“ und nutzen unterschiedliche
    Möglichkeiten, um mit diesen in Kontakt zu bleiben und sie in
    die Weiterentwicklung ihrer Gemeinden mit einzubeziehen. Die
    BotschafterInnen fungieren als Bindeglied zwischen Ausheimi-
    schen, Einheimischen und den Gemeindeverantwortlichen und
    sind AnsprechpartnerInnen für alle Ausheimischen.

Ein vergleichbares Modell gibt es auch in der Region Ems-Achse,
wo die BotschafterInnen für ihre Funktion entsprechend geschult
werden. Sie stellen ihre Heimatregion an den verschiedenen Hoch-
schulen vor und vernetzen Studierende und Unternehmen.

•   Die Gemeinden können auch dabei unterstützen, dass Bil-
    dungsabwanderInnen mit der Option Selbständigkeit wieder
    zurückgewonnen werden, indem sie beispielsweise Räumlich-
    keiten für JungunternehmerInnen anbieten. So wird etwa der
    Gasthof „Bräu“ im Zentrum von Munderfing, der seit fast 40
    Jahren größtenteils leer stand, seit August 2016 in ein Gebäude
    mit Seminarräumen und Co-Working-Space umgewandelt. Po-
    tenzielle Start-Ups, aber auch bestehende Betriebe können die
    neue Infrastruktur nutzen und voneinander profitieren.
28          „Es sollten Maßnahmen ergriffen werden, damit die Stadt
     lebendiger wird, wenn du um 20 Uhr rausgehst, dann ist es leer. Auch
                 am Tag sollte der öffentliche Raum belebter sein.
      Es ist auch schade, dass die Geschäfte am Stadtplatz verschwinden. “
                                     Schülerin

       „Gemeinden sollten sich um eine gute Infrastruktur bemühen,
        im Rahmen der Kinderbetreuung auch durchaus gemeinsam
      mit Unternehmen. Sie sollten auch mit dem, was in der Gemeinde
           angeboten wird, in den sozialen Medien präsent sein.“
                        Unternehmensvertreterin

             „Es sollten auch Veranstaltungen organisiert werden,
        die nicht nur dörflich sind, sondern ein bisschen interessanter.“
                               Gemeindevertreter
29
6.3 Für Unternehmen
•   Ein gemeinsamer Auftritt regionaler Unternehmen erhöht die
    Zugkraft für BildungsabwandererInnen. Ein bereits angeführtes
    Beispiel ist „Kraft. Das Murtal“. Hinter dieser Wirtschaftsiniti-   http://kraft.dasmurtal.at/de/index.
                                                                        asp
    ative steht ein breiter Querschnitt von Großbetrieben, KMUs
    sowie Ein-Personen-Unternehmen der westlichen Obersteier-
    mark. Mehr als 80 Unternehmen aus unterschiedlichen Bran-
    chen arbeiten gemeinsam an der Stärkung des Standortes. Es
    gibt beispielweise einen gemeinsamen Auftritt bei Jobmessen
                                                                        http://kraft.dasmurtal.at/de/projekte/
    oder die Roadshow „Attraktiver Arbeitgeber on tour“ an Uni-         detail.asp?dps=6&id=568
    versitäten.

•   Über die Vergabe von Stipendien können Studierende aus der
    Region an das Unternehmen gebunden werden. Zum Beispiel
    werden in der deutschen Region Ems-Achse im Rahmen des
    Programmes „EmslandStipendium-Wirtschaft trifft Talente“            http://www.wv-emsland.de/elstipen-
                                                                        dium
    Stipendien für 18 Monate von Unternehmen, Kommunen sowie
    PartnerInnen des Wirtschaftsverbandes Emsland vergeben. In-
    teressierte StudentInnen können sich auf ein freies oder an ein
    Unternehmen gebundenes Stipendium bewerben. Die Stipen-
    diatInnen erhalten einen Förderbetrag von EUR 100,- monatlich
    und können auf Wunsch in dem fördernden Unternehmen ein
    Praktikum absolvieren und ihre Abschlussarbeit schreiben.

•   Einen engen Kontakt zu Universitäten und Fachhochschulen
    sowie dem Career Center, das es in vielen Universitäten gibt,
    zu pflegen, ist eine erfolgsversprechende Strategie. Auf diesem
    Weg können Praktikumsstellen, aber auch Bachelor- und Mas-
    terarbeiten angeboten werden - eine gute Möglichkeit, sich
    gegenseitig kennenzulernen. Die Uni Career Center verfügen
    über Recruiting-Plattformen und organisieren Jobmessen.

•   Zu ehemaligen PraktikantInnen sollte weiterhin Kontakt ge-
    halten werden und z.B. durch Einladungen zu Betriebsfesten
    eine gewisse Unternehmensbindung forciert werden. Manche
    größere Unternehmen haben eigene Talent-Communities auf
    ihrer Karriereseite. Ex-PraktikantInnen, WerkstudentInnen und
    interessante BewerberInnen erhalten Zugang zu diesem Portal.
    Sie hinterlegen dort ein Profil und können ihre Kontaktdaten
    angeben. In Folge erhalten diese registrierten NutzerInnen
    Neuigkeiten aus dem Betrieb13.
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