Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011 2014
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AWEL Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014
“Urban Mining” – der Kanton Zürich als Rohstofflager Es mag noch nicht ins allgemeine Bewusstsein gedrungen sein, aber im Kanton Zürich ist eine Goldgräberstimmung am Entstehen. Laufend werden Rohstoffquellen entdeckt, die bislang wenig Beachtung fanden. Denn sie haben mit unserer gängigen Vorstellung von Rohstoffen wenig gemein. Es handelt sich um die Konsum- güter, Bauten, Geräte und Installationen, von denen wir täglich umgeben sind. In ihnen Res- sourcen für die Zukunft zu sehen, ist das Resul- tat einer veränderten Wahrnehmung. Das Zauberwort heisst “Urban Mining”. Es steht für die Aufforderung, sich darüber Gedanken zu machen, welche Materialien und Stoffe in unse- ren Gütern verborgen sind. Die Güter sind von beschränkter Lebensdauer, sie kommen und gehen, das «Gold» aber bleibt im Umlauf – Der Ausbau der «urbanen Goldmine» ist ein beispielsweise in Gestalt von Aluminium, dessen Gemeinschaftswerk. Wirtschaft, Gemeinden, Rückgewinnung aus Abfall nur etwa 5 % der Bevölkerung und Fachleute aus der Abfall- und Energie benötigt, die für seine Primärproduk- Ressourcenwirtschaft müssen daran arbeiten, tion aus Bauxit aufgewendet werden müsste. diese Rohstoffquelle auch zu nutzen. Der vor- Ähnlich verhält es sich mit vielen anderen Roh- liegende Bericht zum Massnahmenplan präsen- stoffen, mit allen ökonomischen und ökologi- tiert eine Vielzahl von Schritten, welche uns schen Vorteilen. der Kreislaufwirtschaft näher bringen, z. B. die Gründung des Zentrums für eine nachhaltige In einzelnen Bereichen, etwa bei den minerali- Abfall- und Ressourcennutzung ZAR in Hinwil, die schen Rückbaustoffen, ist die Wiederverwer- Strategie zur Rückgewinnung von Phosphor aus tungsquote bereits hoch. Aber wir stehen trotz- der Klärschlammasche, das Projekt «Kies für dem erst am Anfang. Wir wissen noch zu wenig Generationen» oder die Anstrengungen für die über die Eigenschaften und die zeitliche Verfüg- Energiegewinnung aus Abfällen. Entlang diesen barkeit der Rohstoffe. Mal fehlt es an der Technik Meilensteinen wird der Weg fortgesetzt, der einst zur Wiedergewinnung, mal ist der Prozess zu mit der Abfalltrennung begonnen hatte. teuer, jedenfalls vorläufig. Es wird noch viele Jahre dauern, bis alle Abfälle in Rohstoffe umge- Die Bevölkerung, die Gemeinden und die Wirt- wandelt werden können. Immerhin besteht die schaft waren von Anfang an mit dabei. Ihnen ist Möglichkeit, die Abfälle für eine spätere Ver- dafür zu danken, und natürlich den Pionieren, wertung aufzubewahren, und zwar so, dass sie die unsere Rohstofflager laufend erschliessen und auch langfristig keine Gefahr für Mensch und darauf hinwirken, dass sich die Goldgräber- Umwelt darstellen. stimmung im ganzen Kanton ausbreitet! Regierungsrat Markus Kägi Baudirektor Kanton Zürich Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 3
Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 Inhalt 4 Zusammenfassung 5 1. Ausgangslage – Bezug zur Planung 2007···2010 7 2. Herausforderungen für die Abfall- und Ressourcenwirtschaft 9 3. Zielsystem – Ziele und Strategieelemente 12 4. “Urban Mining” – der Blick auf die Rohstofflager im Gebrauch 14 5. Methodische Aspekte der Abfallwirtschaft – Modellbildung am Beispiel der Materialflüsse rund um das Bauwerk Zürich 18 6. Siedlungsabfälle 6.1 Separatabfälle 20 6.2 Biogene Abfälle 25 6.3 Kehricht 28 6.4 Klärschlamm und Klärschlammbehandlungsanlagen (KSBA) 30 6.5 Strassenabfälle 32 6.6 Gemeindeberatung 33 7. Rückbaustoffe und Bauabfälle 35 8. Belastete Standorte 38 9. Diverse Abfälle 9.1 Abfallarten 42 9.2 Zielsystem 42 9.3 Sonderabfälle 43 9.4 Sonderabfälle aus Haushalten 45 9.5 Altfahrzeuge und Altreifen 46 9.6 Holzabfälle / Altholz 47 9.7 Elektrische und elektronische Geräte 48 9.8 Kunststoffabfälle 49 9.9 Tierische Abfälle 50 9.10 Medizinische Abfälle 50 10. Abfallanlagen 52 10.1 Thermische Anlagen 53 10.2 Mechanische Anlagen 59 11. Deponien und 11.1 Deponien 61 Ablagerungen 11.2 Ablagerung von unverschmutztem Aushub 65 12. Integrierte 12.1 Cleaner Production 68 Produktpolitik (IPP) 12.2 Öffentliche Beschaffung 70 13. Schwerpunkte der neuen Planungsperiode 72 Kernaufgaben und wichtige Entwicklungen 74 Abkürzungsverzeichnis, Impressum 75 4 Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 Inhalt
Zusammenfassung Relevante Entwicklungen für die Abfallwirtschaft Der Massnahmenplan stellt fest, dass sich die Abfallwirtschaft verstärkt in Richtung Ressourcen- wirtschaft entwickelt hat. Wichtig sind dabei die erhöhte Bedeutung der Energie, starke Nach- frageschwankungen an den Rohstoffmärkten, das Bevölkerungswachstum sowie die Öffnung der Märkte. Die Planung stützt sich auf die vier Ziele «Ressourcenschonung/Ressourcennutzung», «Öko- und Energieeffizienz», «Optimierte Ent- sorgungssicherheit» sowie «Schutz von Umwelt und Bevölkerung». Diese sind aus dem Auftrag des Kantons im Bereich Abfall abgeleitet und werden für jeden Teilplanungsbereich präzisiert. Den Zielen sind Indikatoren zugeordnet, die auf Menge des kommunal angelieferten Kehrichts Die Hälfte der Siedlungs- Modelle abgestützt werden. nahm etwa proportional zur Bevölkerungsent- abfälle sind heute Wert- stoffe; es wird eine wicklung zu. Die Gemeinden sollen bei der Liberalisierung bezüglich Optimierung der Kehrichtlogistik weiter unter- Sammlung erwartet “Urban Mining” stützt werden. Im Hinblick auf die Liberalisierung gewerblicher Siedlungsabfälle sollen Lösungs- Die im Gebrauch befindlichen Güter werden ansätze eingebracht werden, die ohne deutlichen heute zunehmend als Rohstofflager verstanden, Mehrverkehr realisiert werden können. Bei den die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Strassensammlerschlämmen – sie gelten als Gebrauch wieder zu Rohstoffen werden können. Sonderabfälle – bemüht sich der Kanton um tech- Mit den folgenden Stossrichtungen wird diese nische Lösungen zur problemlosen Rückführung neuere Sichtweise genutzt: des abgepressten Wassers in die Kanalisation. – Es soll ein Ressourcenkataster mit dynamischer Bezüglich Klärschlammentsorgung und Phosphor- Komponente erstellt werden. rückgewinnung wird vorgesehen, am Standort – Phosphor aus Klärschlamm wird für die stoff- Werdhölzli in Zürich eine Monoverbrennung für liche Verwertung gesichert. 100 000 t Klärschlamm pro Jahr zu errichten und – Mischabbruch und Betongranulat sind ver- dieser die Gesamtmenge aus dem Kanton Zürich mehrt einer höherwertigen Verwendung zu- zuzuweisen. zuführen. – Metalle aus Schlacke sind vollständiger zurück- zugewinnen. Rückbaustoffe und Bauabfälle, Material aus «Gewürzmetalle» sind seltene Metalle, die für belasteten Standorten neue Technologien nur in kleinsten Mengen, aber zwingend benötigt werden. Sie kommen nur Rückbaustoffe aus dem Bauwerk Zürich wurden beschränkt in abbauwürdiger Form vor, einzelne bis anhin vor allem im Tiefbau verwendet. Die Länder verfügen über Monopolstellungen. Die zunehmenden mineralischen Materialmengen Rückgewinnung aus den Produkten ist daher ein müssen künftig vermehrt auch im Hochbau Ver- sehr wichtiges Anliegen. wendung finden. Die primär von der Bauwirt- schaft getragene Kampagne «Kies für Genera- tionen» soll in den kommenden Jahren die Siedlungsabfälle Voraussetzungen für die Gleichwertigkeit von Rückbau- und Primärmaterialien schaffen. Bisher Bei den Separatabfällen können heute hohe Sam- konnten rund 400 ha Brachflächen auf belaste- melquoten und kontinuierlich gesenkte Kosten ten Standorten rezykliert werden. Der Altlasten- der Gemeinden festgestellt werden. Kommunale Vollzug hat sich gut eingespielt. Bei Bauvorhaben Zusammenarbeit soll weitere Verbesserungen auf belasteten Standorten wird die private Kon- bringen. Bei den biogenen Abfällen wurde mit trolle ausgebaut. Schwach belastetes Aushub- 28 GWh im Jahr 2009 eine hohe Netto-Energie- material soll künftig unter besonderen Bedin- produktion primär aus der Vergärung registriert. gungen wieder eingebaut werden können. Die Gemäss einer BAFU-Studie könnten bedeutende vier Bauabfall-Behandlungsanlagen sind von zusätzliche Mengen mobilisiert werden. Die einem Inspektorat des ARV zu überwachen. Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 Zusammenfassung 5
Diverse Abfälle Betriebe zur Selbstkontrolle der Holzabfälle soll die Risiken für die stoffliche Verwertung reduzie- Das Aufkommen von Sonderabfällen im Kanton ren. Bei Altmetallbetrieben wird die Einführung Zürich ist mit 390 000 t bedeutend. Knapp die einer Branchenlösung angestrebt. Für Bauabfall- Hälfte davon wird verwertet. 50 000 t Altfahr- anlagen soll der Stand der Technik zur Sortierung zeuge und 13 000 t Altreifen fielen 2009 allein in Rückbaustoffe, Ersatzbrennstoffe und Mate- im Kanton Zürich an. Eine griffige Altfahrzeug- rialien zur Deponierung geklärt werden. Definition soll insbesondere illegale Exporte in Nicht-OECD-Länder eindämmen. Es werden Möglichkeiten gesucht, die Altreifen-Entsorgung Deponien und Ablagerung von Aushub auf eine finanziell nachhaltigere Basis zu stellen. Altholz wird heute je hälftig in der Schweiz ener- Im Kanton Zürich müssen pro Jahr über 1.0 Mio. t getisch genutzt und zur stofflichen Nutzung oder etwa 0.5 Mio. m3 Abfälle auf Deponien exportiert. Die über das SENS/SWICO-System ent- abgelagert werden. Etwa die Hälfte davon geht sorgte Menge an elektrischen und elektronischen über die Kantonsgrenze in andere Kantone. Es Geräten lag 2008 bei rund 18 000 t. Etwa 75 % fallen zunehmend Materialien aus belasteten davon werden stofflich verwertet. Die Verordnung Standorten und nicht verwertete Rückbaustoffe über die Rückgabe, Rücknahme und die Ent- an. Der Kantonsrat hat im Teilrichtplan Land- sorgung elektrischer und elektronischer Geräte schaft, Versorgung, Entsorgung 16 neue Depo- (VREG) soll nach 12 Jahren revidiert werden. niestandorte festgesetzt. Das heute gesicherte Zur Klärung des Recyclingpotenzials von Kunst- Gesamtvolumen von 20 Mio. m3 reicht für rund stoffabfällen wurde 2010 ein gesamtschweizeri- 25 Jahre. Die Deponierisiken werden über eine sches Projekt gestartet. zweijährliche Risikobetrachtung dargestellt. Der Kanton hat in den kommenden Jahren Deponien mit nachsorgefreiem Ablagerungsmaterial zu ent- Abfallbehandlungsanlagen wickeln. Aufgrund geeigneter Aufbereitung des Deponiematerials soll Sickerwasser mittelfristig Im Kanton Zürich stehen ca. 200 Abfallbehand- ohne Vorbehandlung in ein Oberflächengewässer lungsanlagen. Können sie über 10 000 t/a ver- eingeleitet werden können. arbeiten, benötigen sie eine jeweils auf maximal fünf Jahre befristete abfallrechtliche Betriebs- Bei Neubauten fällt heute mehr Aushub an als bewilligung. Die zehn Jahre alte KVA-Kapazitäts- früher, durch reduzierten Kiesabbau steht dage- planung ist den neuen Gegebenheiten anzu- gen weniger Volumen für seine Ablagerung zur passen. Verfahren zur Wertstoffgewinnung aus Verfügung. Zur Steuerung der Bewirtschaftung Schlacke bzw. Schlacke mit hoher Ausbrand- soll die Kies- und Aushubstatistik ergänzt und qualität werden durch Grundlagenarbeit des zum Kies-Management und Informationssystem Zentrums für nachhaltige Abfall- und Ressourcen- ausgebaut werden. Es wird ein Konzept für die Die KVA haben sich von nutzung (ZAR) gefördert. Vermehrt werden Aushubablagerung erarbeitet. Abfallvernichtern zu Rohstoff- und Energie- Biomassekraftwerke auf Basis Altholz errichtet. fabriken entwickelt Sie sollen hohen energetischen und lufthygie- (Foto: ERZ) nischen Ansprüchen genügen. Eine Anleitung für Integrierte Produktpolitik Mit dem Konzept “Cleaner Production” sollen Unternehmen ökoeffizienter gestaltet und nega- tive Umweltwirkungen bei der Herstellung und Verwendung von Gütern minimiert werden. Das Anliegen soll im Rahmen des Vollzugs in alle Bewilligungen und Beurteilungen einfliessen. Die öffentliche Hand kann über ihre Beschaffung auf Abfallqualität und Abfallmenge der Zukunft Einfluss nehmen. Sie hat in dieser Beziehung Vorbildcharakter. Bei Fahrzeugen, Ökostrom, bei IT-Geräten und im Reinigungsbereich wurde die- sem Anliegen Rechnung getragen. In verschiede- nen kantonalen Bauten fanden Rückbaustoffe Verwendung. 6 Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 Zusammenfassung
1. Ausgangslage – Bezug zur Planung 2007···2010 1.1 Die vierte Planungsperiode richtung der Arbeit aller Beteiligten innerhalb des Kantons dar und ist gleichzeitig Kommuni- Nach dem Abfallkonzept 1989, einer planerischen kations-Instrument gegen aussen. Weiterent- Gesamtschau zu den wichtigen Fragestellungen wickelt wurde auch das Indikatoren-Set. Für die des Abfallwesens, hat der Kanton 1997 ein erstes meisten Planungsbereiche sind Indikatoren nun Mal eine Abfallplanung nach den Vorgaben vorhanden und – soweit zielführend – auch mit der Technischen Verordnung für Abfälle (TVA) des Sollwerten versehen. VeVA-online erlaubt es, die Bundes vorgelegt. Die Planungen 2002···2006 Sonderabfall-Indikatoren direkt für den Kanton sowie 2007···2010 im Bereich der Abfall- und Zürich auszuweisen und sie somit auf ein neues Ressourcenwirtschaft des Kantons Zürich finden Qualitätsniveau anzuheben. im vorliegenden Massnahmenplan für die Jahre 2011···2014 ihre logische Fortsetzung. In den Planungsbereichen werden Risikoanalysen durchgeführt. Die Handlungsprioritäten werden Der vorliegende Bericht zum Massnahmenplan ist so nach den höchsten Umweltrisiken bzw. nach wie der Energieplanungsbericht und die Mass- der höchsten Umweltwirkung ausgerichtet. Die nahmenpläne für die Bereiche Luft, Wasser und Umfeldbeobachtung national und international invasive gebietsfremde Organismen ein Element erfolgt im Wesentlichen in den einzelnen Pla- der strategischen Umweltplanung des Kantons nungsbereichen. Festgestellte Trends und Ent- Zürich. Er nimmt Bezug auf wichtige nationale wicklungen werden zwischen den Bereichen lau- und internationale Entwicklungen, welche die fend ausgetauscht und abgestimmt. Abfall- und Ressourcenwirtschaft beeinflussen. Für die verschiedenen Teilplanungsbereiche wer- Von der Abfall- zur Ressourcenwirtschaft den für die kommenden Jahre Ziele, Heraus- Die Hausse der Energiepreise in den Jahren forderungen und Massnahmen erarbeitet. 2007/08 und die grosse Nachfrage nach Metal- len haben die Umwandlung der Abfall- hin zur Die Nachfrage nach Energieträgern und Roh- Ressourcenwirtschaft beschleunigt. Die Finanz- stoffen ist in den vergangenen vier Jahren trotz krise hat diese Entwicklung vorübergehend etwas Der Kehricht wird heute Schwankungen stark angestiegen. Der Wandel abgebremst, aber der Trend ist klar etabliert. Die mit hoch entwickelter Technik verbrannt, die von einer reinen Abfall- zur Ressourcenwirtschaft energetische Nutzung von Abfallfraktionen ist Energie zu einem guten hat sich damit weiter akzentuiert. Die Gewinnung deutlich angestiegen und dem Abfall bzw. der Teil genutzt von Energie und Rohstoffen aus Abfällen hat Schlacke werden zunehmend mehr Metalle ent- (Foto: ERZ) noch stärkere Bedeutung erhalten. Es verbleiben nommen. Weitere wichtige Schritte, etwa die trotzdem Abfälle, welche nicht in den Kreislauf Gewinnung von Phosphor aus Klärschlamm, zurückgeführt werden können. Die Optimierung werden vorbereitet. Die gesteigerte Nachfrage zwischen effizienter Gewinnung von Energie und nach Produkten aus Abfall bedingt verbesserte Rohstoffen einerseits und verbesserter Qualität Kenntnisse über die Funktionsweise der Märkte. der verbleibenden Abfälle andererseits wird eine Steigende Energiepreise haben Einfluss auf die immer wichtigere Aufgabe. Das gewählte Kon- Abfallströme. Beide Themen wurden intensiv zept der rollenden Planung erlaubt es, an der studiert. aktuellen Situation jedes einzelnen Bereiches an- zuknüpfen. Gestützt auf diese Entwicklung hat die Frage der Abgrenzung zwischen Abfall und Rohstoff an Bedeutung gewonnen. Das «Ende der Abfall- 1.2 Blick auf die Planung der Abfall- und eigenschaft – vom Abfall zum (Recycling-) Pro- Ressourcenwirtschaft 2007···2010 dukt» war Thema einer mit Fachleuten durch- geführten Werkstatt-Tagung. Die Einführung Die Ausgangslage für die neue Planungsperiode einer Integrierten Produktpolitik (IPP) bzw. von wurde im Herbst 2009 zusammen mit Spezia- “Cleaner Production” zeigt erste positive Resul- listen und Generalisten aus der Abfallwirtschaft tate. definiert. Die Innensicht auf das 2007···2010 Er- reichte wurde so durch eine Aussensicht ergänzt. Bauabfälle zu Rückbaustoffen machen Das Projekt «Kies für Generationen» stand im Steuerbarkeit des Systems verbessern, mini- Zentrum der Bemühungen, von der Abfall- zur mal eingreifen Ressourcenwirtschaft zu wechseln. Das Projekt, Das der Planung zugrunde gelegte Zielsystem welches die Rückführung des grössten Abfall- wird regelmässig überprüft und wo nötig ange- Massenstroms in die Produktion zum Ziel hat, passt. Es stellt eine wichtige Basis für die Aus- konnte mit der Branche gestartet werden. Den Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 Ausgangslage 7
Schwung gilt es in den kommenden Jahren wach- zuhalten. Dank der eingeführten Verwertungs- regel wird das Material aus Altlasten und belas- teten Standorten zunehmend – bald zur Hälfte – gereinigt und wiederverwertet. Dadurch konnte zusätzlich das benötigte Deponievolumen stark reduziert werden. Qualität der Ablagerungen verbessern Das Ziel, nur noch nachsorgefreies Material zu deponieren, beinhaltet noch grosse Heraus- forderungen. Alle Betreiber von Abfallanlagen werden sich vermehrt darauf konzentrieren für fünf Jahre zugewiesen. Im Rahmen der müssen, Ablagerungsmaterial mit besserer Quali- Kapazitätsanpassungen der KVA wird die KVA tät zu produzieren. In dieser Hinsicht sind bei Josefstrasse 2011 aus der kantonalen Kapazitäts- den Kehrichtschlacken wichtige Schritte unter- planung entlassen. Sie wird keinen schweizeri- nommen worden. Der Trockenaustrag konnte in schen Kehricht mehr entgegennehmen. Für die einer KVA etabliert werden. In allen KVA wurden Klärschlammbeseitigung besteht ein kantonales vermehrt Eisen- und Nichteisenmetalle zurück- Konzept, das noch umzusetzen ist. Im Rahmen gewonnen. Mit der Gründung des Zentrums für der Festsetzung des kantonalen Teilrichtplanes eine nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung Landschaft, Ver- und Entsorgung konnten im Jahr (ZAR) bei der KVA Hinwil wurde die Grundlage 2009 für rund 25 Jahre ausreichende Deponie- für weitere Entwicklungsschritte zur Wertstoff- kapazitäten reserviert werden. Sollte die Reduk- Rückgewinnung und zur Verbesserung der tion der abzulagernden Mengen gelingen, Qualität der festen Rückstände gelegt. reichen die Kapazitäten sogar deutlich länger. Ausreichende und ausgelastete Verordnung über den Verkehr mit Abfällen Anlagekapazitäten sicherstellen vollziehen Die Zusammenarbeit im Rahmen des Zürcher Die auf Beginn 2006 in Kraft gesetzte Verord- Abfallverwertungsverbundes (ZAV) bildete die nung über den Verkehr mit Abfällen (VeVA) Grundlage für eine optimierte Auslastung der konnte mit viel Detailarbeit vollzogen werden. Vergärungsanlage mit sechs Zürcher KVA bei grossen Kehrichtmengen. Für die Betriebe mit Meldepflicht erwiesen sich Gaseinspeisung ins Netz Der kommunale Kehricht wurde 2008 wiederum die komplexen Materialkategorien als anspruchs- voll. Durch Auswertung der gemeldeten Mengen hat der Kanton nun Zahlen zum Anfall sowie zu Behandlungs- und Verwertungswegen der Sonder- abfälle (S-Abfälle) und der anderen kontrollpflich- tigen Abfälle (ak-Abfälle). Das Interesse am Separieren und Verwerten von Abfällen hochhalten Nicht zuletzt die zunehmende Nachfrage nach Rohstoffen hat dazu geführt, dass die Sammlung und Verwertung der Separatabfälle im Grundsatz unbestritten ist. Die Bevölkerung ist für die Separierung weiterhin motiviert. Die Recycling- quoten sind hoch, die Kosten gedeckt und die Abnahmekapazität durch Entsorger vorhanden. Die zunehmend verbesserte Technologie zur Entfrachtung der Schlacken von metallhaltigen Rückständen führt in Ergänzung zur Separat- sammlung zu einem höheren Anteil des Metall- recyclings und zu besserer Qualität der so ge- wonnenen Sekundärrohstoffe. 8 Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 Ausganslage
2. Herausforderungen für die Abfall- und Ressourcenwirtschaft Das regelmässige Fortschreiben der Planung für die Abfall- und Ressourcenwirtschaft bietet eine gute Möglichkeit, im Rahmen der Bilanz die er- zielten Fortschritte und die anstehenden Defizite selbstkritisch herauszuschälen, um dann neue Massnahmen zu definieren. Mit dem bereits vor acht Jahren entwickelten und im nächsten Kapitel ausführlich behandelten Zielsystem ver- fügt der Kanton Zürich über einen methodischen Ansatz, der eine flächendeckende Beurteilung der relevanten Handlungsfelder zulässt. Das Ziel- system basiert weitgehend auf dem schweizeri- schen Leitbild der Abfallwirtschaft aus dem Jahre Regenerierbare Abfälle 1986 und orientiert sich am gesetzlichen Auftrag wie Altholz werden von Bund und Kanton Zürich. Werden in einem zunehmend in Biomasse- Planungsprozess systematisch die erforderlichen kraftwerken in Wärme Aktivitäten ermittelt, so entsteht eine grosse und Strom umgewandelt Palette von Tätigkeiten. Es ist von grösster Wich- tigkeit, dass bei der Vielzahl der Massnahmen erwartenden Entwicklungen im Umfeld wurde eine Priorisierung vorgenommen wird, damit die daher im Rahmen des Planungsprozesses, welcher wichtigsten Herausforderungen ganz klar heraus- diesem Massnahmenplan zugrunde liegt, beson- geschält und kommuniziert werden können. Zu- dere Beachtung geschenkt. dem sind die Zusammenhänge und Abhängig- keiten der einzelnen Massnahmen verständlich zu Energie ist Trumpf: Allzu lange hat sich machen. unsere Gesellschaft auf die gute Verfügbarkeit der fossilen und nuklearen Energie abgestützt, Wer sich die Zeit nimmt, den Massnahmenplan die zusammen mit dem aus Wasserkraft für die Anfall- und Ressourcenwirtschaft über die erzeugten Strom die wesentlichen Stützen 76 Seiten durchzulesen, dem mag es dabei wie unserer Energieversorgung darstellen. Der Ruf auf einem längeren Waldrundgang vorkommen: nach erneuerbaren Energien führt dazu, dass Sich ändernde Baumbestände, wechselnde Vege- der Energieinhalt der Abfälle stärker ins Inte- tationen, andere Umwelteinflüsse, Jung-Wald und resse rückt. Das ist gut so. Bereits heute wer- Holzlager. Plötzlich sieht man vor lauter Bäumen den in der Schweiz ca. 2 % der gesamthaft den Wald nicht mehr. verbrauchten Elektrizität in den Kehrichtver- brennungsanlagen erzeugt. Im Kanton Zürich Das vorliegende Kapitel «Herausforderungen für beträgt die durch KVA abgegebene Elektrizität die Abfall- und Ressourcenwirtschaft» steht zum fast 5 % des konsumierten Stromes. Hinzu «Geleit». In der Analogie ist es die Anleitung kommt eine nicht zu unterschätzende Menge zum Waldrundgang: Es enthält die wichtigsten an Prozessdampf und Komfort-Wärme. Die Bewirtschaftungsgrundsätze und Massnahmen Energie-Produktion aus Abfällen zu steigern der Waldpflege – nicht als Vorgabe, sondern als ist wichtig. Richtig verstandene Ressourcen- Orientierungshilfe. wirtschaft heisst aber, bereits beim Design der Produkte darauf zu achten, dass diese bei der Herstellung möglichst wenig graue Energie 2.1 Umfeld, Entwicklungen, Trends erfordern, über eine lange Lebensdauer ver- fügen und bei ihrem Gebrauch möglichst Die Abfall- und ganz besonders die Ressourcen- wenig Energie verbrauchen. Bei allen positi- wirtschaft sind komplexe Systeme, die verschie- ven Bestrebungen zur Energiegewinnung aus densten Einflüssen und Wechselwirkungen ausge- Abfällen darf nicht durch einseitige Betrach- setzt sind. Aus diesem Grund sind die im Umfeld tungen oder durch falsche finanzielle Anreize ablaufenden Entwicklungen, Änderungen von wie z. B. Quersubventionen das Ziel der Abfall- Rahmenbedingungen und die sich abzeichnenden und Ressourcenwirtschaft aus den Augen ver- Trends sehr mitbestimmend für das im Fokus ste- loren werden: Es geht primär darum, die Stoff- hende Thema. Sie beeinflussen das Verhalten des ströme richtig zu lenken. Dies muss auch dann betrachteten Systems oft in einem weit grösseren gewährleistet werden, wenn einst für die Ab- Masse, als dies einem «tief im Wald lieb und fälle – aufgrund ihres Energieinhaltes – keine bewusst ist». Den erfolgten und den künftig zu Entsorgungskosten mehr zu entrichten sind. Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 Herausforderungen 9
Ressourcen werden zu Spekulationsobjek- Seite gelegt werden. Es ist darauf zu achten, dass ten des Marktes: Zusammen mit den turbu- einmal Gebrauchtes nicht mit dem Beigeschmack lenten Entwicklungen der Wirtschaft hat sich «Recycling» wieder feilgeboten wird. Dies be- gezeigt, dass nicht nur Aktienkurse starken lastet die Produkte unnötig mit ihrer Vergangen- Schwankungen unterliegen, sondern auch heit. Entscheidend für den Einsatz eines Stoffes Rohstoffe wie Metalle, Phosphor und nicht oder eines Materials ist einzig, dass es den zuletzt Nahrungsmittel an den Börsen zu stark Ansprüchen seiner künftigen Funktion gerecht wechselnden Kursen gehandelt werden. Die wird und einen möglichst geringen ökologischen Sammel- und Verwertungssysteme inkl. deren Fussabdruck mit sich bringt. Kapitel 4 führt den Finanzierung sind so auszugestalten und zu Begriff “Urban Mining” im Massnahmenplan ein festigen, dass sie unabhängig von Kurs- und zeigt damit eindrücklich, wie reich die eige- schwankungen funktionieren und nicht kurz- nen Rohstofflager sind. Sich dessen bewusst zu fristig zum Erliegen kommen. werden und die Lager auch entsprechend nutzen zu lernen, ist von grösster Wichtigkeit. Bevölkerungswachstum: Die Bevölkerung im Kanton Zürich hat seit 2000 um rund 10 % zugenommen. Dieser Trend wird wohl für die 2.3 Zur Strategie nächsten 10 Jahre andauern. Die Chance sollte genutzt werden, zusammen mit allen anderen Das Wesentliche an einem Massnahmenplan baulichen Erneuerungen im Wohnungsbereich, liegt darin, dass er etwas bewirkt. Die Strategie für diese zusätzliche Wohnbevölkerung einen beinhaltet die Kunst, Veränderungen zu bewirken. Gebäudepark zu erstellen, in dem der Res- Auf einem Waldrundgang sind Waldlichtungen sourceneinsatz «zu Ende gedacht» wird. interessante Beobachtungsobjekte: Neben den Rahmenbedingungen ist die Einflussnahme Öffnung im Markt: Die Liberalisierung der der Bewirtschaftung entscheidend dafür, was Bestimmungen des Bundes zum Export von und wie Neues entsteht. Zwei der vier im Ziel- bestimmten Abfällen ins Ausland wird zu Ver- system aufgeführten Strategien seien hier kurz schiebungen führen. Auch die mit der Motion erwähnt: von Carlo Schmid geforderte Liberalisierung im Bereich der Logistik von Siedlungsabfällen Kooperation: Die Erfahrungen der letzten aus Industrie und Gewerbe wird Veränderun- Jahre haben gezeigt, dass eine enge Koopera- gen bringen. Wichtig ist, dass die Entsorgungs- tion mit Branchen und innovativen Betrieben sicherheit für die täglich anfallenden Abfälle die grössten Treiber sind, damit Neues ent- gewährleistet und die Kosten über das ganze steht. Diese Strategie ist auch für die Zukunft System betrachtet werden. So kann erreicht sehr wichtig. Projekte wie «Kies für Genera- werden, dass sich keine Fehlentwicklungen tionen», die Zusammenarbeit im Rahmen ergeben und das gut funktionierende System der Stiftung Zentrum für nachhaltige Abfall- der Abfallwirtschaft nicht mit scheinbaren und Ressourcennutzung (ZAR) oder die von Optimierungen gefährdet wird. Branchen durchgeführten Kontrollen sind nur einige der vielen Beispiele, die zur Entwicklung beitragen. 2.2 Übergeordnetes Ziel Kommunikation: Themen, über die nicht ge- Michael Braungart, Auf einem Waldrundgang wird einem das Prinzip sprochen wird, existieren nicht. Dies macht William McDonough “cradle to cradle” eindrücklich vor Augen ge- deutlich, dass eine laufende Thematisierung in (Hrsg.): Die nächste führt: Die Natur schliesst ihre Kreisläufe. Vieles den Gemeinden, bei Industrie- und Gewerbe- industrielle Revolution: kommt vom Boden und wird wieder in den betrieben sowie in Branchenverbänden un- Die “Cradle-to-Cradle- Boden zurückgelegt, auf dass es Neuem diene. erlässlich ist. Community”; Es ist wichtig und gut, dass mit den biogenen Europäische Verlags- Abfällen dasselbe geschieht. Die grosse Heraus- anstalt, Hamburg 2008 forderung liegt darin, in Analogie zur Natur für 2.4 Stand der Technik die mineralischen und metallischen Güter das Konzept eines «technischen Kreislaufes» einzu- Im Abfallgesetz des Kantons Zürich aus dem führen und umzusetzen. Dieser ist so zu konzi- Jahre 1994 wird verlangt, dass Anlagen, die der pieren, dass damit möglichst wenig Energie ver- Abfallbehandlung dienen, nach dem Stand der braucht und die nicht mehr erforderlichen Stoffe Technik zu erstellen, anzupassen und zu betreiben zur erneuten Nutzung eingesetzt oder gezielt zur sind. Der Kanton Zürich hat mit diesem Gesetz 10 Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 Herausforderungen
gleichzeitig für Abfallbehandlungsanlagen eine zeitlich befristete Betriebsbewilligung eingeführt. Mit der Bestimmung, wonach bei einer Verlän- gerung der Betriebsbewilligung der Stand der Technik und die wirtschaftliche Tragbarkeit ange- messen zu berücksichtigen sind, enthält die kan- tonale Gesetzgebung ein dynamisches Element, das der Weiterentwicklung dient. Die Chance dieser Bestimmung wurde in den letzten Jahren noch zu wenig bewusst genutzt. Wenn in Ko- operation mit Branchen an der Weiterentwick- lung des Standes der Technik gearbeitet und die Ergebnisse auch in geeigneter Form publiziert werden, so werden gute Voraussetzungen geschaffen, um die Ziele der Abfall- und Res- sourcenwirtschaft umzusetzen. Das zürcherische Abfallgesetz enthält einen wei- teren konkreten Schlüssel zur Umsetzung einer enthaltenen Wertstoffe besser zu nutzen, die Die Sicherung des zentralen Forderung aus dem Leitbild der schwei- Energienutzung ist zu optimieren und die nicht Phosphors im Klär- schlamm ist ein Schritt zerischen Abfallwirtschaft: Nicht verwertbare verwertbaren Verbrennungsrückstände sind vor zur Kreislaufwirtschaft Abfälle sind nach dem Stand der Technik so zu dem Deponieren nach dem Stand der Technik behandeln, dass danach möglichst endlagerungs- zu behandeln. Durch eine enge Zusammen- fähige Stoffe verbleiben. Die Altlasten machen arbeit mit dem Zentrum für nachhaltige Abfall- es deutlich: Die nicht zu Ende gedachten Prozesse und Ressourcennutzung sowie mit Branchen- der Abfallwirtschaft holen einen immer wieder vertretern soll der Stand der Technik weiter- ein. Zentral ist die Behandlung der Abfälle vor entwickelt und die konkrete Umsetzung neuer dem «zur Seite legen». Die Nachbehandlung Behandlungsmethoden in die Praxis eingeführt von Abfällen in einer Deponie oder auf einem werden. Zwischenlager ist nicht nachhaltig. Sie ist teuer und muss von den Nachfolgegenerationen finan- 3. Die Entsorgung und Verwertung des Klär- ziert werden. schlamms ist für den Kanton Zürich neu tech- nisch so auszuführen, dass diese energieopti- miert erfolgt und dass der darin enthaltene 2.5 “Urban Mining” Phosphor möglichst bald wieder in den Kreis- lauf zurückgegeben werden kann. Im Zentrum des Urban Mining stehen die folgen- den Elemente des Massnahmenplans: 4. Fallen beim Bauen auf belasteten Stand- orten oder bei der Sanierung von Altlasten 1. Durch eine enge Kooperation mit den invol- Abfälle an, die entsorgt werden müssen, so vierten Branchen und Bundesstellen ist das sind diese nach dem Stand der Technik so zu Konzept Kies für Generationen (Kapitel 7 behandeln, dass derjenige Teil, der nicht ver- «Rückbaustoffe und Bauabfälle») so umzuset- wertet wird, nachsorgefrei deponiert werden zen, dass es zu einer Selbstverständlichkeit kann. wird, mineralische Rückbaustoffe wieder in die Bauwerke zurückzuführen. Wenn dies im Moment des Anfalles nicht möglich ist, sind 2.6 Weitere Schwerpunkte die Rückbaustoffe so zur Seite zu legen, dass eine spätere Nutzung möglich ist. Hier sind der Die Aufbereitung zu Materialien mit der Mög- Bund und der Kanton sowie die Gemeinden in lichkeit zur nachsorgefreien Ablagerung gilt für besonderem Mass gefordert. Als wichtige alle zu deponierenden Abfälle. Die Sammlung der Bauherren tragen sie beim Planen und Bauen Separatabfälle wird konsequent weitergeführt. eine grosse Verantwortung – nicht zuletzt als Die Gemeinden werden in der Erfüllung ihrer Vorbild. Aufgaben unterstützt. Die Schwerpunkte der neuen Planungsperiode sind in Kapitel 13 im 2. Bei der thermischen Behandlung der Ab- Überblick dargestellt. fälle sind die in den Verbrennungsrückständen Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 Herausforderungen 11
3. Zielsystem – Ziele und Strategieelemente Das Zielsystem für die Abfall- und Ressourcen- Das Zielsystem erlaubt ein systematisches Vor- wirtschaft im Kanton Zürich besteht aus Zielen, gehen in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen zugehörigen Indikatoren und Strategieelementen. bis hin zur Entwicklung der Massnahmen. Zudem Es basiert auf den Grundsätzen der nachhaltigen lässt sich das Handeln der Verantwortlichen allen Entwicklung, der Ressourcenpolitik des Bundes Interessierten wirkungsvoll kommunizieren. Ziele sowie den Zielen von Baudirektion und AWEL. Im und Strategien der einzelnen Teilplanungsbereiche Rahmen der Planung 2002···2006 erstmals aus- lassen sich in das hier besprochene, übergeordne- gearbeitet, wird es laufend überprüft und weiter- te System einordnen und als Grundlage für ein entwickelt. angemessenes Controlling nutzen. 3.1 Ziele der Abfall- und Ressourcenwirtschaft im Kanton Zürich Ziel 1 Ziel 2 Ziel 3 Ziel 4 Ressourcen schonen, Ökoeffizienz und Optimierte Schutz von Umwelt und Ressourcen nutzen Energieeffizienz Entsorgungssicherheit Bevölkerung Abfall- und Ressourcen- Eine Verwertung oder Be- Entsorgungssicherheit ist Umwelt und Bevölkerung wirtschaft erzeugen nur handlung führt zu einem gegeben, wenn die Abfälle sollen vor negativ wirken- Rohstoffe und Produkte, möglichst hohen ökolo- innert nützlicher Frist den Stoffen (inkl. CO2) aus die in den Wirtschafts- gischen Nutzen. umweltgerecht entsorgt Entsorgung und Abfall- kreislauf zurückgeführt werden können. verwertung – bei Risiken werden und Stoffe, die Der ökologische Nutzen auch vorsorglich – zur eventuellen späteren bei sich entwickelndem Logistik und Infrastruktur geschützt werden. Nutzung nachsorgefrei1 Stand der Technik soll der Entsorgung werden zur Seite gelegt werden maximiert werden (Öko- laufend optimiert, die Abfälle, die nicht verwertet können. effizienz). Anlagekapazitäten sind oder zerstört werden kön- nahe am effektiven Bedarf. nen, werden behandelt Nicht erneuerbare Die im Abfall enthaltene und prioritär im Inland Ressourcen werden durch Energiemenge wird ge- Entsorgungssicherheit bzw. nachsorgefrei1 abgelagert. erneuerbare ersetzt. mäss Stand der Technik in -kapazitäten sind für die Erneuerbare Ressourcen nutzbare Energie umge- relevanten Entsorgungs- werden nachhaltig wandelt (Energieeffizienz)2. wege und Behandlungs- genutzt. arten zu definieren. Granulat aus minerali- Die Abfallwirtschaft entwickelt sich weiter in schen Bauabfällen. Die Richtung Ressourcenwirtschaft. Ein möglichst Verwendung von Rück- hoher Anteil der anfallenden Abfälle soll der Ver- baustoffen im Hochbau ist eine der wichtigen wertung zugeführt werden. Zudem rücken die Entwicklungen erneuerbaren Rohstoffe zunehmend ins Zentrum des Interessens (Ziel 1). Die rasche technologische Entwicklung erlaubt eine laufende Verbesserung des ökologischen Nutzens. Die Vollzugsbehörde muss darauf bestehen, dass dieser technische Fortschritt bei Verwertung und Entsorgung auch genutzt wird (Ziel 2 und 4). Weiterhin wird eine Optimierung der Entsorgungssicherheit angestrebt (Ziel 3). Eine Akzentverschiebung ergibt sich ferner in Richtung nachsorgefreier Ablagerung im Inland (Ziel 4). 1 Nachsorgefrei bedeutet kurz- und langfristig ohne nennenswerte Emissionen in Luft, Wasser und Boden. 2 Effizienz ist ein Mass für ein Ergebnis unter Berücksichtigung der eingesetzten Mittel. 12 Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 Zielsystem
3.2 Das Konzept der Indikatoren Die Abfall- und Ressourcenwirtschaft soll über ein möglichst vollständiges Set von Wirkungs- und Beobachtungsindikatoren überwacht und ge- steuert werden. Entsprechend wurden für alle Teilplanungsbereiche Indikatoren definiert. Sie werden teilweise seit der ersten Planungsperiode geführt. Die Berechnung der Indikatorwerte ist detailliert umschrieben und teilweise mit Fehler- angaben hinterlegt. Die Indikatoren werden peri- odisch auf ihre Aussagekraft hin hinterfragt und ihre Repräsentativität für das jeweilige Ziel über- prüft. Das Set wird bei Bedarf angepasst. Mit zunehmender Systemkenntnis zu einer Frage- stellung wird es möglich, für die einzelnen Wirkungs-Indikatoren auch Zielgrössen (Soll- Werte) zu definieren. Dies ist mittlerweile bei vielen Indikatoren geschehen. Erreichen oder Nichterreichen der Sollwerte stellt für die Beur- teilung und Planung der Massnahmen eine wesentliche Grundlage dar. 3.3 Elemente der Strategie Dem Zielsystem liegt Strategieelement A Strategieelement B Strategieelement C Strategieelement D das Nachhaltigkeits- dreieck – hier angewandt Definiertes Aktive Information Kostenwahrheit Kooperation auf die Abfallwirtschaft – zugrunde Rollenverständnis und Kommunikation Die Aufgaben des Kantons Informationen werden Kostenwahrheit wird Die partnerschaftliche als Regulator sind: aktiv nach aussen ge- geschaffen durch ver- Zusammenarbeit mit – Standards unter Wahrung tragen und sind allen ursachergerechte Kosten- Kunden wird zielorientiert der Rechtsgleichheit Betroffenen zugänglich. verteilung sowie durch gesucht. setzen und durchsetzen Grundlage ist Transparenz, Internalisierung der – Anlagenstandorte sichern z.B. bezüglich Kosten, externen Kosten. Die Kooperation mit – (optimale) Kapazitäten Zielen und Handlungs- Gemeinden, Industrie und gewährleisten weisen. Gewerbe, der Entsorgungs- – Marktmechanismen und wirtschaft, mit Verbänden, Vorbildfunktion der Kommunikation wird ge- Bund und anderen öffentlichen Hand nutzen fördert durch Mitwirkung Kantonen sowie mit natio- – Monitoring bzw. Umwelt- und Mitbestimmung aller nalen und internationalen beobachtung betreiben Betroffenen. Das Ausmass Organisationen und Hoch- von Mitwirkung und Mit- schulen soll über den Die Akteure der Abfall- bestimmung wird festge- Erfahrungsaustausch die wirtschaft handeln selbst- legt. Suche nach wirkungsvollen verantwortlich. Sie und effizienten Lösungen brauchen klare Leitplanken erleichtern. für ihre Tätigkeiten. Der Staat muss diese auch durchsetzen können. Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 Zielsystem 13
4. “Urban Mining” – der Blick auf die Rohstofflager im Gebrauch ten Stoffes oder Materials während der Produkt- nutzung auf viele Teillager verteilt. Sie kommen zudem in sehr unterschiedlichen Gemischen vor. Die Freigabe zur Wiederverwendung wird durch das Ende des aktuellen Gebrauchs bestimmt. Und nicht zuletzt müssen die Abfälle für die Ausbeu- tung der Rohstoffe in geeigneter Weise auch greifbar gemacht werden. Hochschulforscher, Ent- wicklungsabteilungen von Firmen, aber auch die für Abfall zuständigen Verwaltungen entwickeln Der Begriff “Urban Mining” hat in der Abfall- heute Konzepte, wie Abfälle generell und Rück- wirtschaft zunehmend an Bedeutung gewonnen. stände aus der Abfallverbrennung im Besonderen “Urban Mining” steht für die Tatsache, dass alle sinnvoll genutzt werden können. im Gebrauch befindlichen Produkte und Gegen- stände zusammen riesige Material- und Rohstoff- lager darstellen. Viele Rohstoffe und Materialien 4.1 Dimensionen des Begriffs kommen darin – gerade in dicht besiedelten Ge- bieten – in abbauwürdigen Konzentrationen vor. Im Folgenden soll der Begriff des “Urban Mining” Es gibt darunter Rohstoffe, die durch die Nutzung auf die Exploration der Rohstofflager im Zivilisa- lange, und solche, die nur kurze Zeit gebunden tionskreislauf sowie auf alle Prozesse der Material- sind. Einiges aus dieser Mine wird schon lange und Rohstoffgewinnung aus Abfall angewendet gefördert. Stahl- und Aluminiumschrott etwa ver- werden. Als Lager zu betrachten sind in diesem arbeitet die Industrie seit Jahrzehnten immer wie- Zusammenhang der gesamte Gebäude- und der zu neuem Metall. Auch aus Bauschutt ent- Infrastrukturpark, langlebige Gebrauchsgüter wie steht erneut Material für andere Bauzwecke. Und Fahrzeuge oder Möbel, aber auch die Summe seit Jahren werden Teile von Elektrogeräten, aber aller kurzlebigen Konsumgüter. Nicht zu verges- auch gebrauchte Verpackungen aus Glas, Papier sen sind auch deponierte Abfälle sowie Schlacken und Kunststoff rezykliert. und weitere Rückstände aus der Verbrennung. Das Spektrum der abbaufähigen Materialien und Im Unterschied zu einem natürlichen Rohstoff- Rohstoffe umfasst Eisen- und Nichteisen-Metalle Dicht besiedelte Gebiete vorkommen oder Rohstofflager kann die Nutzung bis hin zu den seltenen Metallen und Seltenerd- stellen grosse Rohstoff- des urbanen Lagers aber nicht jederzeit erfolgen. metallen, mineralische Baustoffe, aber auch Alt- lager dar Zum einen sind die Vorkommen eines bestimm- holz, Glas und Keramik etc. Die Fragestellungen zu den abbaufähigen Roh- stoffen und Materialien im Zivilisationskreislauf sind, – wo sich diese befinden, – zu welchem Zeitpunkt oder in welchem Zeit- raum sie zum Abbau frei werden, – in welcher Verteilung und in welcher Form sie zur Weiterverwendung anfallen werden, – welches die geeigneten Verfahren sind, um sie dem Zivilisationsabfall bzw. den Lagerstätten im Zivilisationskreislauf zu entziehen und sie für die Produktion wieder verfügbar zu machen, – ob die Recyclingstoffe marktgängig sind bzw. in welchen spezifischen Anwendungen sie akzeptiert werden, – welche Qualitätsansprüche an Aufbereitung und resultierende Materialien gestellt werden, – welcher Abbau in welcher Qualität zu wel- chem Preis möglich ist bzw. wie viel der Markt zu zahlen bereit ist. 14 Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 “Urban Mining”
Die Erkenntnis ist von Bedeutung, dass einzelne Der intelligente Umgang mit den verfügbaren Metalle aus KVA- Lager zwar nachweislich erhebliche Mengen an Rohstoffen bedeutet mehr Ressourceneffizienz. Schlacke und aufbe- reitete Rückbaustoffe Rohstoffen enthalten, die Wirtschaft aber noch Um hier voranzukommen, ist die Innovationskraft reduzieren den Bedarf nicht in der Lage ist, diese wirtschaftlich zurück- aller Beteiligten gefragt. Die Wiedergewinnung an Primärrohstoffen zugewinnen. In diesem Fall sollen Abfälle so der Materialien und Rohstoffe „end of pipe“ ver- gelagert werden, dass auf die enthaltenen Roh- langt nach neuen Technologien. Mit grösserem stoffe bei veränderten Marktverhältnissen oder Zeithorizont werden zudem Konzepte gesucht, aufgrund neuer Technologien zugegriffen werden welche die Wiederverwendung der eingesetzten kann. Materialien und Stoffe nach Gebrauch bereits beim Entwurf von Produkten einbeziehen. Auch könnte der Verzicht auf die Eigentumsüber- 4.2 Nutzen und Strategien zu “Urban tragung (mieten statt kaufen) ganz neue Lösun- Mining” gen hervorbringen. “Urban Mining” reduziert zunächst den Bedarf Im Sinne des “Urban Mining” stehen im Kanton an endlich verfügbaren Primärressourcen und Zürich die folgenden wichtigen Projekte an: sichert eine stabilere Verfügbarkeit der Rohstoffe. – Es wird ein Ressourcenkataster des urbanen Es verringert sodann die Abhängigkeit von stei- Systems mit dynamischer Komponente ange- genden Rohstoffpreisen und von Importen insbe- strebt. sondere aus weniger stabilen Ländern. Zudem – Phosphor aus Klärschlamm soll für die stoff- spart “Urban Mining” Geld. Die Einsparungen für liche Verwertung gesichert werden (vgl. Kapitel die deutsche Volkswirtschaft durch Recycling sol- 6.4 «Klärschlamm und Klärschlammbehand- len gemäss dem Institut der Deutschen Wirtschaft lungsanlagen (KSBA)») (IW) bereits heute bei 4 Milliarden Euro liegen. – Mischabbruch aus Gebäuden soll in höherem Durch das Recycling von Abfällen werden laut IW Ausmasse der Verwertung zugeführt werden. derzeit rund 20 Prozent der Kosten für Metall- Für Betongranulat ist der Zugang zum Hoch- rohstoffe eingespart. “Urban Mining” mindert bau in breitem Umfange zu ermöglichen (vgl. ausserdem die Umweltbelastungen. So werden Kapitel 7 «Rückbaustoffe und Bauabfälle»). zum Beispiel grosse Mengen an Kohlendioxid- – Der Schlacke aus der Kehrichtverbrennung sol- emissionen der Primärproduktion vermieden. len die Eisen- und Nichteisenmetalle möglichst “Urban Mining” trägt aber auch dazu bei, den weitgehend entnommen wie auch weitere Lebensstandard moderner Volkswirtschaften zu Stoffe der Verwertung zugeführt werden. halten. Näheres findet sich in Kapitel 10.1 «Thermi- sche Anlagen». Zeitliche Abwicklung der Massnahmen Massnahmen Ziele/Strategien 2011 2012 2013 2014 Ressourcenkataster 1/A Konzept Umsetzung Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 “Urban Mining” 15
4.3 Seltene Metalle und Seltenerdmetalle sondern meist in geringen Konzentrationen ver- Armin Reller und Volker Zepf gesellschaftet in wenigen Mineralien vor. Deshalb lässt sich die theoretische Häufigkeit nicht in eine Die seltenen Metalle und Seltenerdmetalle sind real nutzbare übertragen. Über 95 % der Welt- neuerdings nicht nur in Fachkreisen ein wieder- jahresproduktion von Seltenen Erden wird heute kehrendes Thema. Die Ressourcenthematik und in China gefördert, während dort weniger als insbesondere die Knappheit einiger Metalle ist als 40 % der geschätzten globalen Reserven liegen. ein ernst zu nehmendes Problem erkannt worden: China hat wiederholt Exportrestriktionen für die Gallium als unverzichtbarer Bestandteil von Seltenen Erden erlassen, was in den klassischen Leuchtdioden (LED), Lithium für die Produktion Industrienationen mit Sorge aufgenommen neuer Speichersysteme oder die Seltenen Erden wurde. Prof. Dr. Armin Reller, für die Produktion von Permanentmagneten, um Universität Augsburg nur wenige Beispiele zu nennen. Diese seltenen Die Seltenen Erden sind heute essenzielle und bis- Metalle sind in der Tat essenzielle Bestandteile, die lang nicht substituierbare Stoffe für High-Tech-, modernen High-Tech-Produkten deren besondere klimarelevante und Energiespeichersysteme. Die Eigenschaften geben. Aufgrund der geringen Anwendungspalette ist gross und es sollen hier Dosierung werden diese Metalle auch als Ge- nur einige Beispiele genannt werden. Die Seltenen würzmetalle bezeichnet. Der Begriff «selten» Erden Neodym, Dysprosium und Samarium wer- wird dabei oft als rein quantitativer Aspekt den für die Herstellung der stärksten heute betrachtet, etwa der relativen Häufigkeit des bekannten Permanentmagnete benötigt, die Rohstoffes auf und in der Erde. Dies spiegelt die einerseits in miniaturisierter Form in Kleinlaut- reale Verfügbarkeit allerdings nur unzureichend sprechern für iPods, Handys usw. und in Com- wider. Die abbauwürdigen Lagerstätten spielen puterfestplatten für die Steuerung der Leseköpfe eine grundlegende Rolle. Erst die Anreicherung und im Drehmechanismus Anwendung finden. der Elemente in der Erdkruste oder die Vergesell- Andererseits werden sie in Generatoren von schaftung mit weiteren abbauwürdigen Roh- Windrädern und auch in Elektromotoren für Dipl.-Geogr. Volker Zepf, stoffen sind die Basis für die Förderwürdigkeit. Hybridfahrzeuge benötigt. Terbium und Europium Universität Augsburg So ist beispielsweise Indium ein Koppelprodukt werden in Energiesparlampen eingesetzt. beim Zinkabbau und seine Produktion direkt davon abhängig. Was die Seltenheit von Funktionsmetallen zudem bedeutend macht, ist deren fehlende Substituier- Neben diesen geologisch-physikalischen Faktoren barkeit. Dadurch resultiert eine Rohstoffab- sind technische Aspekte wie Verkehrsinfrastruk- hängigkeit, die durch einige Massnahmen zumin- tur und Energieversorgung mit entscheidend, ob dest abgemildert werden kann. Diese Optionen und wie eine Lagerstätte abgebaut wird. Ein wei- werden oft mit den Schlagworten “avoid, re-use, terer wesentlicher Faktor ist die politische Kompo- re-cycle” zusammengefasst. Die Vermeidung nente. Mehrere Länder verhängen Restriktionen (avoid) oder der Verzicht befreien von der Ab- für den Abbau, die Weiterverarbeitung oder den hängigkeit, allerdings stehen die Lebensstile und Export der Rohstoffe und beeinflussen so die real die Nachfrage nach modernen Produkten dieser verfügbare Menge. Option entgegen. Die Wiederverwendung (re-use) ist eine weitere Option, beispielsweise ein Handy Nicht zu verwechseln mit den seltenen Metallen mehrere Jahre und nicht nur bis zum Ende der sind die Seltenerdmetalle, die auch Seltene Erden genannt werden. Die Seltenen Erden sind eine Gruppe von insgesamt 17 Elementen, bestehend aus den Lanthanoiden, Scandium und Yttrium, die in ihren chemischen Eigenschaften recht ähn- lich sind. Diese Ähnlichkeit war sowohl ein Grund dafür, dass die Entdeckung der einzelnen Lantha- noide über 100 Jahre in Anspruch nahm, als auch für die zeit- und materialintensiven Trennverfah- ren zur Gewinnung der einzelnen Lanthanoide. Trotz des Namens sind diese Elemente in den Häufigkeitslisten der Elemente in der Erdkruste Vor allem IT-Produkte auf den mittleren Plätzen zu finden. Sie sind dem- enthalten «Gewürz- nach sogar häufiger als Gold und Platin. Aller- metalle» dings kommen die Lanthanoide nicht gediegen, 16 Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 “Urban Mining”
Seltene Erden 2009 Anteile an Jahresproduktion (124000 t) und Reserven (99 Mio. t) Die Produktion von Seltenen Erden konzen- triert sich auf China, die Vorkommen sind breiter verteilt Vertragsbindung zu nutzen. Ein Re-use könnte Dies beinhaltet eines der wirklich gravierenden sich auch im globalen Rahmen abspielen, indem Probleme: die Dissipation, die Feinstverteilung von etwa gebrauchte Kraftfahrzeuge oder Computer Stoffen auf und in der Bio- bzw. Anthroposphäre. an arme Länder und Menschen abgegeben wer- Ein anderes Beispiel ist der Verlust von Titan und den. Oben nicht genannt ist das Re-manufacture, Zink in Form nanoskaliger Zusätze in Farben oder das eher auf der Komponentenebene angesiedelt Sonnencremes. Hier gibt es noch keine sinnvol- ist. Einzelne Bauteile könnten aus gebrauchten len Systeme, die eine Rückführung in einen Produkten ausgebaut und nach einer Überholung geschlossenen Stoffkreislauf vorsehen. Auch hier in neue Produkte eingebaut werden. Letztlich scheint zunächst die Sensibilisierung für das bleibt das Recycling, das in Bezug auf die selte- Problem wichtig zu sein, um daran anknüpfend nen Metalle jedoch mit einigen Problemen behaf- neue logistische und technische Systeme, mög- tet ist. Sie zeigen sich deutlich am Recycling von lichst auf globaler Ebene, zu entwickeln. Darüber Handys. Diese Geräte beinhalten heute etwa 60 hinaus kann auch ein grundsätzliches Design-to- verschiedene Elemente in unterschiedlichsten Recycle von Produkten aller Art die technische Konzentrationen und Legierungen. Es ist tech- Rezyklierbarkeit unterstützen und in einen wirt- nisch überaus anspruchsvoll, diese Stoffe alle schaftlich realistischen Bereich bringen. wiederzugewinnen. Die üblichen Verfahren sind darauf fokussiert, die wesentlichen Bestandteile Es werden im Wesentlichen die folgenden Mass- zurückzugewinnen, etwa Gold und Kupfer. Ein nahmen empfohlen: weiteres Problem, das noch gelöst werden muss, 1. Informations- und Bildungsmassnahmen auf ist die Logistik. In der Europäischen Union gibt es allen Ausbildungsstufen zwar Richtlinien für die Rücknahme von elektroni- 2. Kommunikation bei Industrien, die knappe schen Geräten (z. B. WEEE, waste electrical and Ressourcen einsetzen electronic equipment). Die Realität ist allerdings 3. Forschung und Entwicklung zu Einsatz und noch weit vom Anspruch einer geschlossenen Rückgewinnung von seltenen Metallen und Kreislaufkette entfernt. Grosse Mengen an elek- Seltenerdmetallen tronischen Geräten finden sich in Entwicklungs- 4. Logistik mit dem Ziel, hohe Rücklaufquoten ländern wieder, wo sie erneut in den Handel von Komponenten mit Anteilen seltener gelangen oder aber unter massivster Belastung Metalle zu etablieren, insbesondere bei elektri- von Mensch und Umwelt eingeschmolzen wer- schen und elektronischen Geräten. den. Selbst die Rücklaufquoten von generell gut rezyklierbaren Komponenten wie Abgaskataly- satoren oder auch Handys sind noch verschwin- dend klein. Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014 “Urban Mining” 17
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