Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011 2014

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Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011 2014
AWEL Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft

Bericht zum
Massnahmenplan der Abfall- und
Ressourcenwirtschaft 2011···2014
Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011 2014
2   Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014
Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011 2014
“Urban Mining” –
der Kanton Zürich als
Rohstofflager

Es mag noch nicht ins allgemeine Bewusstsein
gedrungen sein, aber im Kanton Zürich ist eine
Goldgräberstimmung am Entstehen. Laufend
werden Rohstoffquellen entdeckt, die bislang
wenig Beachtung fanden. Denn sie haben mit
unserer gängigen Vorstellung von Rohstoffen
wenig gemein. Es handelt sich um die Konsum-
güter, Bauten, Geräte und Installationen, von
denen wir täglich umgeben sind. In ihnen Res-
sourcen für die Zukunft zu sehen, ist das Resul-
tat einer veränderten Wahrnehmung. Das
Zauberwort heisst “Urban Mining”. Es steht
für die Aufforderung, sich darüber Gedanken zu
machen, welche Materialien und Stoffe in unse-
ren Gütern verborgen sind. Die Güter sind von
beschränkter Lebensdauer, sie kommen und
gehen, das «Gold» aber bleibt im Umlauf –              Der Ausbau der «urbanen Goldmine» ist ein
beispielsweise in Gestalt von Aluminium, dessen        Gemeinschaftswerk. Wirtschaft, Gemeinden,
Rückgewinnung aus Abfall nur etwa 5 % der              Bevölkerung und Fachleute aus der Abfall- und
Energie benötigt, die für seine Primärproduk-          Ressourcenwirtschaft müssen daran arbeiten,
tion aus Bauxit aufgewendet werden müsste.             diese Rohstoffquelle auch zu nutzen. Der vor-
Ähnlich verhält es sich mit vielen anderen Roh-        liegende Bericht zum Massnahmenplan präsen-
stoffen, mit allen ökonomischen und ökologi-           tiert eine Vielzahl von Schritten, welche uns
schen Vorteilen.                                       der Kreislaufwirtschaft näher bringen, z. B. die
                                                       Gründung des Zentrums für eine nachhaltige
In einzelnen Bereichen, etwa bei den minerali-         Abfall- und Ressourcennutzung ZAR in Hinwil, die
schen Rückbaustoffen, ist die Wiederverwer-            Strategie zur Rückgewinnung von Phosphor aus
tungsquote bereits hoch. Aber wir stehen trotz-        der Klärschlammasche, das Projekt «Kies für
dem erst am Anfang. Wir wissen noch zu wenig           Generationen» oder die Anstrengungen für die
über die Eigenschaften und die zeitliche Verfüg-       Energiegewinnung aus Abfällen. Entlang diesen
barkeit der Rohstoffe. Mal fehlt es an der Technik     Meilensteinen wird der Weg fortgesetzt, der einst
zur Wiedergewinnung, mal ist der Prozess zu            mit der Abfalltrennung begonnen hatte.
teuer, jedenfalls vorläufig. Es wird noch viele
Jahre dauern, bis alle Abfälle in Rohstoffe umge-      Die Bevölkerung, die Gemeinden und die Wirt-
wandelt werden können. Immerhin besteht die            schaft waren von Anfang an mit dabei. Ihnen ist
Möglichkeit, die Abfälle für eine spätere Ver-         dafür zu danken, und natürlich den Pionieren,
wertung aufzubewahren, und zwar so, dass sie           die unsere Rohstofflager laufend erschliessen und
auch langfristig keine Gefahr für Mensch und           darauf hinwirken, dass sich die Goldgräber-
Umwelt darstellen.                                     stimmung im ganzen Kanton ausbreitet!

                                                       Regierungsrat Markus Kägi
                                                       Baudirektor Kanton Zürich

                                               Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014   3
Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011 2014
Inhaltsverzeichnis

              Vorwort                                                                                       3

              Inhalt                                                                                        4

              Zusammenfassung                                                                               5

              1. Ausgangslage – Bezug zur Planung 2007···2010                                               7

              2. Herausforderungen für die Abfall- und Ressourcenwirtschaft                                 9

              3. Zielsystem – Ziele und Strategieelemente                                                  12

              4. “Urban Mining” – der Blick auf die Rohstofflager im Gebrauch                              14

              5. Methodische Aspekte der Abfallwirtschaft –
              Modellbildung am Beispiel der Materialflüsse rund um das Bauwerk Zürich                      18

              6. Siedlungsabfälle             6.1   Separatabfälle                                         20
                                              6.2   Biogene Abfälle                                        25
                                              6.3   Kehricht                                               28
                                              6.4   Klärschlamm und Klärschlammbehandlungsanlagen (KSBA)   30
                                              6.5   Strassenabfälle                                        32
                                              6.6   Gemeindeberatung                                       33

              7. Rückbaustoffe und Bauabfälle                                                              35

              8. Belastete Standorte                                                                       38

              9. Diverse Abfälle              9.1 Abfallarten                                              42
                                              9.2 Zielsystem                                               42
                                              9.3 Sonderabfälle                                            43
                                              9.4 Sonderabfälle aus Haushalten                             45
                                              9.5 Altfahrzeuge und Altreifen                               46
                                              9.6 Holzabfälle / Altholz                                    47
                                              9.7 Elektrische und elektronische Geräte                     48
                                              9.8 Kunststoffabfälle                                        49
                                              9.9 Tierische Abfälle                                        50
                                              9.10 Medizinische Abfälle                                    50

              10. Abfallanlagen                                                                            52
                                              10.1 Thermische Anlagen                                      53
                                              10.2 Mechanische Anlagen                                     59

              11. Deponien und                11.1 Deponien                                                61
              Ablagerungen                    11.2 Ablagerung von unverschmutztem Aushub                   65

              12. Integrierte                 12.1 Cleaner Production                                      68
              Produktpolitik (IPP)            12.2 Öffentliche Beschaffung                                 70

              13. Schwerpunkte der neuen Planungsperiode                                                   72

              Kernaufgaben und wichtige Entwicklungen                                                      74

              Abkürzungsverzeichnis, Impressum                                                             75

          4   Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  Inhalt
Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011 2014
Zusammenfassung

Relevante Entwicklungen für die
Abfallwirtschaft

Der Massnahmenplan stellt fest, dass sich die
Abfallwirtschaft verstärkt in Richtung Ressourcen-
wirtschaft entwickelt hat. Wichtig sind dabei die
erhöhte Bedeutung der Energie, starke Nach-
frageschwankungen an den Rohstoffmärkten, das
Bevölkerungswachstum sowie die Öffnung der
Märkte. Die Planung stützt sich auf die vier Ziele
«Ressourcenschonung/Ressourcennutzung»,
«Öko- und Energieeffizienz», «Optimierte Ent-
sorgungssicherheit» sowie «Schutz von Umwelt
und Bevölkerung». Diese sind aus dem Auftrag
des Kantons im Bereich Abfall abgeleitet und
werden für jeden Teilplanungsbereich präzisiert.
Den Zielen sind Indikatoren zugeordnet, die auf         Menge des kommunal angelieferten Kehrichts                     Die Hälfte der Siedlungs-
Modelle abgestützt werden.                              nahm etwa proportional zur Bevölkerungsent-                    abfälle sind heute Wert-
                                                                                                                       stoffe; es wird eine
                                                        wicklung zu. Die Gemeinden sollen bei der
                                                                                                                       Liberalisierung bezüglich
                                                        Optimierung der Kehrichtlogistik weiter unter-                 Sammlung erwartet
“Urban Mining”                                          stützt werden. Im Hinblick auf die Liberalisierung
                                                        gewerblicher Siedlungsabfälle sollen Lösungs-
Die im Gebrauch befindlichen Güter werden               ansätze eingebracht werden, die ohne deutlichen
heute zunehmend als Rohstofflager verstanden,           Mehrverkehr realisiert werden können. Bei den
die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem               Strassensammlerschlämmen – sie gelten als
Gebrauch wieder zu Rohstoffen werden können.            Sonderabfälle – bemüht sich der Kanton um tech-
Mit den folgenden Stossrichtungen wird diese            nische Lösungen zur problemlosen Rückführung
neuere Sichtweise genutzt:                              des abgepressten Wassers in die Kanalisation.
– Es soll ein Ressourcenkataster mit dynamischer        Bezüglich Klärschlammentsorgung und Phosphor-
   Komponente erstellt werden.                          rückgewinnung wird vorgesehen, am Standort
– Phosphor aus Klärschlamm wird für die stoff-          Werdhölzli in Zürich eine Monoverbrennung für
   liche Verwertung gesichert.                          100 000 t Klärschlamm pro Jahr zu errichten und
– Mischabbruch und Betongranulat sind ver-              dieser die Gesamtmenge aus dem Kanton Zürich
   mehrt einer höherwertigen Verwendung zu-             zuzuweisen.
   zuführen.
– Metalle aus Schlacke sind vollständiger zurück-
   zugewinnen.                                          Rückbaustoffe und Bauabfälle, Material aus
«Gewürzmetalle» sind seltene Metalle, die für           belasteten Standorten
neue Technologien nur in kleinsten Mengen, aber
zwingend benötigt werden. Sie kommen nur                Rückbaustoffe aus dem Bauwerk Zürich wurden
beschränkt in abbauwürdiger Form vor, einzelne          bis anhin vor allem im Tiefbau verwendet. Die
Länder verfügen über Monopolstellungen. Die             zunehmenden mineralischen Materialmengen
Rückgewinnung aus den Produkten ist daher ein           müssen künftig vermehrt auch im Hochbau Ver-
sehr wichtiges Anliegen.                                wendung finden. Die primär von der Bauwirt-
                                                        schaft getragene Kampagne «Kies für Genera-
                                                        tionen» soll in den kommenden Jahren die
Siedlungsabfälle                                        Voraussetzungen für die Gleichwertigkeit von
                                                        Rückbau- und Primärmaterialien schaffen. Bisher
Bei den Separatabfällen können heute hohe Sam-          konnten rund 400 ha Brachflächen auf belaste-
melquoten und kontinuierlich gesenkte Kosten            ten Standorten rezykliert werden. Der Altlasten-
der Gemeinden festgestellt werden. Kommunale            Vollzug hat sich gut eingespielt. Bei Bauvorhaben
Zusammenarbeit soll weitere Verbesserungen              auf belasteten Standorten wird die private Kon-
bringen. Bei den biogenen Abfällen wurde mit            trolle ausgebaut. Schwach belastetes Aushub-
28 GWh im Jahr 2009 eine hohe Netto-Energie-            material soll künftig unter besonderen Bedin-
produktion primär aus der Vergärung registriert.        gungen wieder eingebaut werden können. Die
Gemäss einer BAFU-Studie könnten bedeutende             vier Bauabfall-Behandlungsanlagen sind von
zusätzliche Mengen mobilisiert werden. Die              einem Inspektorat des ARV zu überwachen.

                           Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  Zusammenfassung   5
Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011 2014
Diverse Abfälle                                               Betriebe zur Selbstkontrolle der Holzabfälle soll
                                                                                       die Risiken für die stoffliche Verwertung reduzie-
                         Das Aufkommen von Sonderabfällen im Kanton                    ren. Bei Altmetallbetrieben wird die Einführung
                         Zürich ist mit 390 000 t bedeutend. Knapp die                 einer Branchenlösung angestrebt. Für Bauabfall-
                         Hälfte davon wird verwertet. 50 000 t Altfahr-                anlagen soll der Stand der Technik zur Sortierung
                         zeuge und 13 000 t Altreifen fielen 2009 allein               in Rückbaustoffe, Ersatzbrennstoffe und Mate-
                         im Kanton Zürich an. Eine griffige Altfahrzeug-               rialien zur Deponierung geklärt werden.
                         Definition soll insbesondere illegale Exporte in
                         Nicht-OECD-Länder eindämmen. Es werden
                         Möglichkeiten gesucht, die Altreifen-Entsorgung               Deponien und Ablagerung von Aushub
                         auf eine finanziell nachhaltigere Basis zu stellen.
                         Altholz wird heute je hälftig in der Schweiz ener-            Im Kanton Zürich müssen pro Jahr über 1.0 Mio. t
                         getisch genutzt und zur stofflichen Nutzung                   oder etwa 0.5 Mio. m3 Abfälle auf Deponien
                         exportiert. Die über das SENS/SWICO-System ent-               abgelagert werden. Etwa die Hälfte davon geht
                         sorgte Menge an elektrischen und elektronischen               über die Kantonsgrenze in andere Kantone. Es
                         Geräten lag 2008 bei rund 18 000 t. Etwa 75 %                 fallen zunehmend Materialien aus belasteten
                         davon werden stofflich verwertet. Die Verordnung              Standorten und nicht verwertete Rückbaustoffe
                         über die Rückgabe, Rücknahme und die Ent-                     an. Der Kantonsrat hat im Teilrichtplan Land-
                         sorgung elektrischer und elektronischer Geräte                schaft, Versorgung, Entsorgung 16 neue Depo-
                         (VREG) soll nach 12 Jahren revidiert werden.                  niestandorte festgesetzt. Das heute gesicherte
                         Zur Klärung des Recyclingpotenzials von Kunst-                Gesamtvolumen von 20 Mio. m3 reicht für rund
                         stoffabfällen wurde 2010 ein gesamtschweizeri-                25 Jahre. Die Deponierisiken werden über eine
                         sches Projekt gestartet.                                      zweijährliche Risikobetrachtung dargestellt. Der
                                                                                       Kanton hat in den kommenden Jahren Deponien
                                                                                       mit nachsorgefreiem Ablagerungsmaterial zu ent-
                         Abfallbehandlungsanlagen                                      wickeln. Aufgrund geeigneter Aufbereitung des
                                                                                       Deponiematerials soll Sickerwasser mittelfristig
                         Im Kanton Zürich stehen ca. 200 Abfallbehand-                 ohne Vorbehandlung in ein Oberflächengewässer
                         lungsanlagen. Können sie über 10 000 t/a ver-                 eingeleitet werden können.
                         arbeiten, benötigen sie eine jeweils auf maximal
                         fünf Jahre befristete abfallrechtliche Betriebs-              Bei Neubauten fällt heute mehr Aushub an als
                         bewilligung. Die zehn Jahre alte KVA-Kapazitäts-              früher, durch reduzierten Kiesabbau steht dage-
                         planung ist den neuen Gegebenheiten anzu-                     gen weniger Volumen für seine Ablagerung zur
                         passen. Verfahren zur Wertstoffgewinnung aus                  Verfügung. Zur Steuerung der Bewirtschaftung
                         Schlacke bzw. Schlacke mit hoher Ausbrand-                    soll die Kies- und Aushubstatistik ergänzt und
                         qualität werden durch Grundlagenarbeit des                    zum Kies-Management und Informationssystem
                         Zentrums für nachhaltige Abfall- und Ressourcen-              ausgebaut werden. Es wird ein Konzept für die
Die KVA haben sich von
                         nutzung (ZAR) gefördert. Vermehrt werden                      Aushubablagerung erarbeitet.
Abfallvernichtern zu
Rohstoff- und Energie-   Biomassekraftwerke auf Basis Altholz errichtet.
fabriken entwickelt      Sie sollen hohen energetischen und lufthygie-
(Foto: ERZ)              nischen Ansprüchen genügen. Eine Anleitung für                Integrierte Produktpolitik

                                                                                       Mit dem Konzept “Cleaner Production” sollen
                                                                                       Unternehmen ökoeffizienter gestaltet und nega-
                                                                                       tive Umweltwirkungen bei der Herstellung und
                                                                                       Verwendung von Gütern minimiert werden. Das
                                                                                       Anliegen soll im Rahmen des Vollzugs in alle
                                                                                       Bewilligungen und Beurteilungen einfliessen. Die
                                                                                       öffentliche Hand kann über ihre Beschaffung auf
                                                                                       Abfallqualität und Abfallmenge der Zukunft
                                                                                       Einfluss nehmen. Sie hat in dieser Beziehung
                                                                                       Vorbildcharakter. Bei Fahrzeugen, Ökostrom, bei
                                                                                       IT-Geräten und im Reinigungsbereich wurde die-
                                                                                       sem Anliegen Rechnung getragen. In verschiede-
                                                                                       nen kantonalen Bauten fanden Rückbaustoffe
                                                                                       Verwendung.

                     6   Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  Zusammenfassung
Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011 2014
1. Ausgangslage – Bezug zur Planung 2007···2010

1.1 Die vierte Planungsperiode                           richtung der Arbeit aller Beteiligten innerhalb
                                                         des Kantons dar und ist gleichzeitig Kommuni-
Nach dem Abfallkonzept 1989, einer planerischen          kations-Instrument gegen aussen. Weiterent-
Gesamtschau zu den wichtigen Fragestellungen             wickelt wurde auch das Indikatoren-Set. Für die
des Abfallwesens, hat der Kanton 1997 ein erstes         meisten Planungsbereiche sind Indikatoren nun
Mal eine Abfallplanung nach den Vorgaben                 vorhanden und – soweit zielführend – auch mit
der Technischen Verordnung für Abfälle (TVA) des         Sollwerten versehen. VeVA-online erlaubt es, die
Bundes vorgelegt. Die Planungen 2002···2006              Sonderabfall-Indikatoren direkt für den Kanton
sowie 2007···2010 im Bereich der Abfall- und             Zürich auszuweisen und sie somit auf ein neues
Ressourcenwirtschaft des Kantons Zürich finden           Qualitätsniveau anzuheben.
im vorliegenden Massnahmenplan für die Jahre
2011···2014 ihre logische Fortsetzung.                   In den Planungsbereichen werden Risikoanalysen
                                                         durchgeführt. Die Handlungsprioritäten werden
Der vorliegende Bericht zum Massnahmenplan ist           so nach den höchsten Umweltrisiken bzw. nach
wie der Energieplanungsbericht und die Mass-             der höchsten Umweltwirkung ausgerichtet. Die
nahmenpläne für die Bereiche Luft, Wasser und            Umfeldbeobachtung national und international
invasive gebietsfremde Organismen ein Element            erfolgt im Wesentlichen in den einzelnen Pla-
der strategischen Umweltplanung des Kantons              nungsbereichen. Festgestellte Trends und Ent-
Zürich. Er nimmt Bezug auf wichtige nationale            wicklungen werden zwischen den Bereichen lau-
und internationale Entwicklungen, welche die             fend ausgetauscht und abgestimmt.
Abfall- und Ressourcenwirtschaft beeinflussen.
Für die verschiedenen Teilplanungsbereiche wer-          Von der Abfall- zur Ressourcenwirtschaft
den für die kommenden Jahre Ziele, Heraus-               Die Hausse der Energiepreise in den Jahren
forderungen und Massnahmen erarbeitet.                   2007/08 und die grosse Nachfrage nach Metal-
                                                         len haben die Umwandlung der Abfall- hin zur
Die Nachfrage nach Energieträgern und Roh-               Ressourcenwirtschaft beschleunigt. Die Finanz-
stoffen ist in den vergangenen vier Jahren trotz         krise hat diese Entwicklung vorübergehend etwas                 Der Kehricht wird heute
Schwankungen stark angestiegen. Der Wandel               abgebremst, aber der Trend ist klar etabliert. Die              mit hoch entwickelter
                                                                                                                         Technik verbrannt, die
von einer reinen Abfall- zur Ressourcenwirtschaft        energetische Nutzung von Abfallfraktionen ist
                                                                                                                         Energie zu einem guten
hat sich damit weiter akzentuiert. Die Gewinnung         deutlich angestiegen und dem Abfall bzw. der                    Teil genutzt
von Energie und Rohstoffen aus Abfällen hat              Schlacke werden zunehmend mehr Metalle ent-                     (Foto: ERZ)
noch stärkere Bedeutung erhalten. Es verbleiben          nommen. Weitere wichtige Schritte, etwa die
trotzdem Abfälle, welche nicht in den Kreislauf          Gewinnung von Phosphor aus Klärschlamm,
zurückgeführt werden können. Die Optimierung             werden vorbereitet. Die gesteigerte Nachfrage
zwischen effizienter Gewinnung von Energie und           nach Produkten aus Abfall bedingt verbesserte
Rohstoffen einerseits und verbesserter Qualität          Kenntnisse über die Funktionsweise der Märkte.
der verbleibenden Abfälle andererseits wird eine         Steigende Energiepreise haben Einfluss auf die
immer wichtigere Aufgabe. Das gewählte Kon-              Abfallströme. Beide Themen wurden intensiv
zept der rollenden Planung erlaubt es, an der            studiert.
aktuellen Situation jedes einzelnen Bereiches an-
zuknüpfen.                                               Gestützt auf diese Entwicklung hat die Frage der
                                                         Abgrenzung zwischen Abfall und Rohstoff an
                                                         Bedeutung gewonnen. Das «Ende der Abfall-
1.2 Blick auf die Planung der Abfall- und                eigenschaft – vom Abfall zum (Recycling-) Pro-
Ressourcenwirtschaft 2007···2010                         dukt» war Thema einer mit Fachleuten durch-
                                                         geführten Werkstatt-Tagung. Die Einführung
Die Ausgangslage für die neue Planungsperiode            einer Integrierten Produktpolitik (IPP) bzw. von
wurde im Herbst 2009 zusammen mit Spezia-                “Cleaner Production” zeigt erste positive Resul-
listen und Generalisten aus der Abfallwirtschaft         tate.
definiert. Die Innensicht auf das 2007···2010 Er-
reichte wurde so durch eine Aussensicht ergänzt.         Bauabfälle zu Rückbaustoffen machen
                                                         Das Projekt «Kies für Generationen» stand im
Steuerbarkeit des Systems verbessern, mini-              Zentrum der Bemühungen, von der Abfall- zur
mal eingreifen                                           Ressourcenwirtschaft zu wechseln. Das Projekt,
Das der Planung zugrunde gelegte Zielsystem              welches die Rückführung des grössten Abfall-
wird regelmässig überprüft und wo nötig ange-            Massenstroms in die Produktion zum Ziel hat,
passt. Es stellt eine wichtige Basis für die Aus-        konnte mit der Branche gestartet werden. Den

                                Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  Ausgangslage   7
Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011 2014
Schwung gilt es in den kommenden Jahren wach-
                          zuhalten. Dank der eingeführten Verwertungs-
                          regel wird das Material aus Altlasten und belas-
                          teten Standorten zunehmend – bald zur Hälfte –
                          gereinigt und wiederverwertet. Dadurch konnte
                          zusätzlich das benötigte Deponievolumen stark
                          reduziert werden.

                          Qualität der Ablagerungen verbessern
                          Das Ziel, nur noch nachsorgefreies Material zu
                          deponieren, beinhaltet noch grosse Heraus-
                          forderungen. Alle Betreiber von Abfallanlagen
                          werden sich vermehrt darauf konzentrieren                       für fünf Jahre zugewiesen. Im Rahmen der
                          müssen, Ablagerungsmaterial mit besserer Quali-                 Kapazitätsanpassungen der KVA wird die KVA
                          tät zu produzieren. In dieser Hinsicht sind bei                 Josefstrasse 2011 aus der kantonalen Kapazitäts-
                          den Kehrichtschlacken wichtige Schritte unter-                  planung entlassen. Sie wird keinen schweizeri-
                          nommen worden. Der Trockenaustrag konnte in                     schen Kehricht mehr entgegennehmen. Für die
                          einer KVA etabliert werden. In allen KVA wurden                 Klärschlammbeseitigung besteht ein kantonales
                          vermehrt Eisen- und Nichteisenmetalle zurück-                   Konzept, das noch umzusetzen ist. Im Rahmen
                          gewonnen. Mit der Gründung des Zentrums für                     der Festsetzung des kantonalen Teilrichtplanes
                          eine nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung                  Landschaft, Ver- und Entsorgung konnten im Jahr
                          (ZAR) bei der KVA Hinwil wurde die Grundlage                    2009 für rund 25 Jahre ausreichende Deponie-
                          für weitere Entwicklungsschritte zur Wertstoff-                 kapazitäten reserviert werden. Sollte die Reduk-
                          Rückgewinnung und zur Verbesserung der                          tion der abzulagernden Mengen gelingen,
                          Qualität der festen Rückstände gelegt.                          reichen die Kapazitäten sogar deutlich länger.

                          Ausreichende und ausgelastete                                   Verordnung über den Verkehr mit Abfällen
                          Anlagekapazitäten sicherstellen                                 vollziehen
                          Die Zusammenarbeit im Rahmen des Zürcher                        Die auf Beginn 2006 in Kraft gesetzte Verord-
                          Abfallverwertungsverbundes (ZAV) bildete die                    nung über den Verkehr mit Abfällen (VeVA)
                          Grundlage für eine optimierte Auslastung der                    konnte mit viel Detailarbeit vollzogen werden.
Vergärungsanlage mit      sechs Zürcher KVA bei grossen Kehrichtmengen.                   Für die Betriebe mit Meldepflicht erwiesen sich
Gaseinspeisung ins Netz   Der kommunale Kehricht wurde 2008 wiederum                      die komplexen Materialkategorien als anspruchs-
                                                                                          voll. Durch Auswertung der gemeldeten Mengen
                                                                                          hat der Kanton nun Zahlen zum Anfall sowie zu
                                                                                          Behandlungs- und Verwertungswegen der Sonder-
                                                                                          abfälle (S-Abfälle) und der anderen kontrollpflich-
                                                                                          tigen Abfälle (ak-Abfälle).

                                                                                          Das Interesse am Separieren und Verwerten
                                                                                          von Abfällen hochhalten
                                                                                          Nicht zuletzt die zunehmende Nachfrage nach
                                                                                          Rohstoffen hat dazu geführt, dass die Sammlung
                                                                                          und Verwertung der Separatabfälle im Grundsatz
                                                                                          unbestritten ist. Die Bevölkerung ist für die
                                                                                          Separierung weiterhin motiviert. Die Recycling-
                                                                                          quoten sind hoch, die Kosten gedeckt und die
                                                                                          Abnahmekapazität durch Entsorger vorhanden.
                                                                                          Die zunehmend verbesserte Technologie zur
                                                                                          Entfrachtung der Schlacken von metallhaltigen
                                                                                          Rückständen führt in Ergänzung zur Separat-
                                                                                          sammlung zu einem höheren Anteil des Metall-
                                                                                          recyclings und zu besserer Qualität der so ge-
                                                                                          wonnenen Sekundärrohstoffe.

                      8   Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  Ausganslage
Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011 2014
2. Herausforderungen für die Abfall-
und Ressourcenwirtschaft

Das regelmässige Fortschreiben der Planung für
die Abfall- und Ressourcenwirtschaft bietet eine
gute Möglichkeit, im Rahmen der Bilanz die er-
zielten Fortschritte und die anstehenden Defizite
selbstkritisch herauszuschälen, um dann neue
Massnahmen zu definieren. Mit dem bereits
vor acht Jahren entwickelten und im nächsten
Kapitel ausführlich behandelten Zielsystem ver-
fügt der Kanton Zürich über einen methodischen
Ansatz, der eine flächendeckende Beurteilung der
relevanten Handlungsfelder zulässt. Das Ziel-
system basiert weitgehend auf dem schweizeri-
schen Leitbild der Abfallwirtschaft aus dem Jahre
                                                                                                                        Regenerierbare Abfälle
1986 und orientiert sich am gesetzlichen Auftrag
                                                                                                                        wie Altholz werden
von Bund und Kanton Zürich. Werden in einem                                                                             zunehmend in Biomasse-
Planungsprozess systematisch die erforderlichen                                                                         kraftwerken in Wärme
Aktivitäten ermittelt, so entsteht eine grosse                                                                          und Strom umgewandelt
Palette von Tätigkeiten. Es ist von grösster Wich-
tigkeit, dass bei der Vielzahl der Massnahmen            erwartenden Entwicklungen im Umfeld wurde
eine Priorisierung vorgenommen wird, damit die           daher im Rahmen des Planungsprozesses, welcher
wichtigsten Herausforderungen ganz klar heraus-          diesem Massnahmenplan zugrunde liegt, beson-
geschält und kommuniziert werden können. Zu-             dere Beachtung geschenkt.
dem sind die Zusammenhänge und Abhängig-
keiten der einzelnen Massnahmen verständlich zu           Energie ist Trumpf: Allzu lange hat sich
machen.                                                     unsere Gesellschaft auf die gute Verfügbarkeit
                                                            der fossilen und nuklearen Energie abgestützt,
Wer sich die Zeit nimmt, den Massnahmenplan                 die zusammen mit dem aus Wasserkraft
für die Anfall- und Ressourcenwirtschaft über die           erzeugten Strom die wesentlichen Stützen
76 Seiten durchzulesen, dem mag es dabei wie                unserer Energieversorgung darstellen. Der Ruf
auf einem längeren Waldrundgang vorkommen:                  nach erneuerbaren Energien führt dazu, dass
Sich ändernde Baumbestände, wechselnde Vege-                der Energieinhalt der Abfälle stärker ins Inte-
tationen, andere Umwelteinflüsse, Jung-Wald und             resse rückt. Das ist gut so. Bereits heute wer-
Holzlager. Plötzlich sieht man vor lauter Bäumen            den in der Schweiz ca. 2 % der gesamthaft
den Wald nicht mehr.                                        verbrauchten Elektrizität in den Kehrichtver-
                                                            brennungsanlagen erzeugt. Im Kanton Zürich
Das vorliegende Kapitel «Herausforderungen für              beträgt die durch KVA abgegebene Elektrizität
die Abfall- und Ressourcenwirtschaft» steht zum             fast 5 % des konsumierten Stromes. Hinzu
«Geleit». In der Analogie ist es die Anleitung              kommt eine nicht zu unterschätzende Menge
zum Waldrundgang: Es enthält die wichtigsten                an Prozessdampf und Komfort-Wärme. Die
Bewirtschaftungsgrundsätze und Massnahmen                   Energie-Produktion aus Abfällen zu steigern
der Waldpflege – nicht als Vorgabe, sondern als             ist wichtig. Richtig verstandene Ressourcen-
Orientierungshilfe.                                         wirtschaft heisst aber, bereits beim Design der
                                                            Produkte darauf zu achten, dass diese bei der
                                                            Herstellung möglichst wenig graue Energie
2.1 Umfeld, Entwicklungen, Trends                           erfordern, über eine lange Lebensdauer ver-
                                                            fügen und bei ihrem Gebrauch möglichst
Die Abfall- und ganz besonders die Ressourcen-              wenig Energie verbrauchen. Bei allen positi-
wirtschaft sind komplexe Systeme, die verschie-             ven Bestrebungen zur Energiegewinnung aus
densten Einflüssen und Wechselwirkungen ausge-              Abfällen darf nicht durch einseitige Betrach-
setzt sind. Aus diesem Grund sind die im Umfeld             tungen oder durch falsche finanzielle Anreize
ablaufenden Entwicklungen, Änderungen von                   wie z. B. Quersubventionen das Ziel der Abfall-
Rahmenbedingungen und die sich abzeichnenden                und Ressourcenwirtschaft aus den Augen ver-
Trends sehr mitbestimmend für das im Fokus ste-             loren werden: Es geht primär darum, die Stoff-
hende Thema. Sie beeinflussen das Verhalten des             ströme richtig zu lenken. Dies muss auch dann
betrachteten Systems oft in einem weit grösseren            gewährleistet werden, wenn einst für die Ab-
Masse, als dies einem «tief im Wald lieb und                fälle – aufgrund ihres Energieinhaltes – keine
bewusst ist». Den erfolgten und den künftig zu              Entsorgungskosten mehr zu entrichten sind.

                          Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  Herausforderungen   9
Bericht zum Massnahmenplan der Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011 2014
 Ressourcen werden zu Spekulationsobjek-                      Seite gelegt werden. Es ist darauf zu achten, dass
                              ten des Marktes: Zusammen mit den turbu-                    einmal Gebrauchtes nicht mit dem Beigeschmack
                              lenten Entwicklungen der Wirtschaft hat sich                «Recycling» wieder feilgeboten wird. Dies be-
                              gezeigt, dass nicht nur Aktienkurse starken                 lastet die Produkte unnötig mit ihrer Vergangen-
                              Schwankungen unterliegen, sondern auch                      heit. Entscheidend für den Einsatz eines Stoffes
                              Rohstoffe wie Metalle, Phosphor und nicht                   oder eines Materials ist einzig, dass es den
                              zuletzt Nahrungsmittel an den Börsen zu stark               Ansprüchen seiner künftigen Funktion gerecht
                              wechselnden Kursen gehandelt werden. Die                    wird und einen möglichst geringen ökologischen
                              Sammel- und Verwertungssysteme inkl. deren                  Fussabdruck mit sich bringt. Kapitel 4 führt den
                              Finanzierung sind so auszugestalten und zu                  Begriff “Urban Mining” im Massnahmenplan ein
                              festigen, dass sie unabhängig von Kurs-                     und zeigt damit eindrücklich, wie reich die eige-
                              schwankungen funktionieren und nicht kurz-                  nen Rohstofflager sind. Sich dessen bewusst zu
                              fristig zum Erliegen kommen.                                werden und die Lager auch entsprechend nutzen
                                                                                          zu lernen, ist von grösster Wichtigkeit.
                            Bevölkerungswachstum: Die Bevölkerung im
                              Kanton Zürich hat seit 2000 um rund 10 %
                              zugenommen. Dieser Trend wird wohl für die                  2.3 Zur Strategie
                              nächsten 10 Jahre andauern. Die Chance sollte
                              genutzt werden, zusammen mit allen anderen                  Das Wesentliche an einem Massnahmenplan
                              baulichen Erneuerungen im Wohnungsbereich,                  liegt darin, dass er etwas bewirkt. Die Strategie
                              für diese zusätzliche Wohnbevölkerung einen                 beinhaltet die Kunst, Veränderungen zu bewirken.
                              Gebäudepark zu erstellen, in dem der Res-                   Auf einem Waldrundgang sind Waldlichtungen
                              sourceneinsatz «zu Ende gedacht» wird.                      interessante Beobachtungsobjekte: Neben den
                                                                                          Rahmenbedingungen ist die Einflussnahme
                            Öffnung im Markt: Die Liberalisierung der                    der Bewirtschaftung entscheidend dafür, was
                              Bestimmungen des Bundes zum Export von                      und wie Neues entsteht. Zwei der vier im Ziel-
                              bestimmten Abfällen ins Ausland wird zu Ver-                system aufgeführten Strategien seien hier kurz
                              schiebungen führen. Auch die mit der Motion                 erwähnt:
                              von Carlo Schmid geforderte Liberalisierung
                              im Bereich der Logistik von Siedlungsabfällen                Kooperation: Die Erfahrungen der letzten
                              aus Industrie und Gewerbe wird Veränderun-                     Jahre haben gezeigt, dass eine enge Koopera-
                              gen bringen. Wichtig ist, dass die Entsorgungs-                tion mit Branchen und innovativen Betrieben
                              sicherheit für die täglich anfallenden Abfälle                 die grössten Treiber sind, damit Neues ent-
                              gewährleistet und die Kosten über das ganze                    steht. Diese Strategie ist auch für die Zukunft
                              System betrachtet werden. So kann erreicht                     sehr wichtig. Projekte wie «Kies für Genera-
                              werden, dass sich keine Fehlentwicklungen                      tionen», die Zusammenarbeit im Rahmen
                              ergeben und das gut funktionierende System                     der Stiftung Zentrum für nachhaltige Abfall-
                              der Abfallwirtschaft nicht mit scheinbaren                     und Ressourcennutzung (ZAR) oder die von
                              Optimierungen gefährdet wird.                                  Branchen durchgeführten Kontrollen sind nur
                                                                                             einige der vielen Beispiele, die zur Entwicklung
                                                                                             beitragen.
                           2.2 Übergeordnetes Ziel
                                                                                           Kommunikation: Themen, über die nicht ge-
Michael Braungart,         Auf einem Waldrundgang wird einem das Prinzip                     sprochen wird, existieren nicht. Dies macht
William McDonough          “cradle to cradle” eindrücklich vor Augen ge-                     deutlich, dass eine laufende Thematisierung in
(Hrsg.): Die nächste       führt: Die Natur schliesst ihre Kreisläufe. Vieles                den Gemeinden, bei Industrie- und Gewerbe-
industrielle Revolution:   kommt vom Boden und wird wieder in den                            betrieben sowie in Branchenverbänden un-
Die “Cradle-to-Cradle-     Boden zurückgelegt, auf dass es Neuem diene.                      erlässlich ist.
Community”;                Es ist wichtig und gut, dass mit den biogenen
Europäische Verlags-       Abfällen dasselbe geschieht. Die grosse Heraus-
anstalt, Hamburg 2008      forderung liegt darin, in Analogie zur Natur für               2.4 Stand der Technik
                           die mineralischen und metallischen Güter das
                           Konzept eines «technischen Kreislaufes» einzu-                 Im Abfallgesetz des Kantons Zürich aus dem
                           führen und umzusetzen. Dieser ist so zu konzi-                 Jahre 1994 wird verlangt, dass Anlagen, die der
                           pieren, dass damit möglichst wenig Energie ver-                Abfallbehandlung dienen, nach dem Stand der
                           braucht und die nicht mehr erforderlichen Stoffe               Technik zu erstellen, anzupassen und zu betreiben
                           zur erneuten Nutzung eingesetzt oder gezielt zur               sind. Der Kanton Zürich hat mit diesem Gesetz

                    10     Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  Herausforderungen
gleichzeitig für Abfallbehandlungsanlagen eine
zeitlich befristete Betriebsbewilligung eingeführt.
Mit der Bestimmung, wonach bei einer Verlän-
gerung der Betriebsbewilligung der Stand der
Technik und die wirtschaftliche Tragbarkeit ange-
messen zu berücksichtigen sind, enthält die kan-
tonale Gesetzgebung ein dynamisches Element,
das der Weiterentwicklung dient. Die Chance
dieser Bestimmung wurde in den letzten Jahren
noch zu wenig bewusst genutzt. Wenn in Ko-
operation mit Branchen an der Weiterentwick-
lung des Standes der Technik gearbeitet und die
Ergebnisse auch in geeigneter Form publiziert
werden, so werden gute Voraussetzungen
geschaffen, um die Ziele der Abfall- und Res-
sourcenwirtschaft umzusetzen.

Das zürcherische Abfallgesetz enthält einen wei-
teren konkreten Schlüssel zur Umsetzung einer                enthaltenen Wertstoffe besser zu nutzen, die                Die Sicherung des
zentralen Forderung aus dem Leitbild der schwei-             Energienutzung ist zu optimieren und die nicht              Phosphors im Klär-
                                                                                                                         schlamm ist ein Schritt
zerischen Abfallwirtschaft: Nicht verwertbare                verwertbaren Verbrennungsrückstände sind vor
                                                                                                                         zur Kreislaufwirtschaft
Abfälle sind nach dem Stand der Technik so zu                dem Deponieren nach dem Stand der Technik
behandeln, dass danach möglichst endlagerungs-               zu behandeln. Durch eine enge Zusammen-
fähige Stoffe verbleiben. Die Altlasten machen               arbeit mit dem Zentrum für nachhaltige Abfall-
es deutlich: Die nicht zu Ende gedachten Prozesse            und Ressourcennutzung sowie mit Branchen-
der Abfallwirtschaft holen einen immer wieder                vertretern soll der Stand der Technik weiter-
ein. Zentral ist die Behandlung der Abfälle vor              entwickelt und die konkrete Umsetzung neuer
dem «zur Seite legen». Die Nachbehandlung                    Behandlungsmethoden in die Praxis eingeführt
von Abfällen in einer Deponie oder auf einem                 werden.
Zwischenlager ist nicht nachhaltig. Sie ist teuer
und muss von den Nachfolgegenerationen finan-             3. Die Entsorgung und Verwertung des Klär-
ziert werden.                                                schlamms ist für den Kanton Zürich neu tech-
                                                             nisch so auszuführen, dass diese energieopti-
                                                             miert erfolgt und dass der darin enthaltene
2.5 “Urban Mining”                                           Phosphor möglichst bald wieder in den Kreis-
                                                             lauf zurückgegeben werden kann.
Im Zentrum des Urban Mining stehen die folgen-
den Elemente des Massnahmenplans:                         4. Fallen beim Bauen auf belasteten Stand-
                                                             orten oder bei der Sanierung von Altlasten
1. Durch eine enge Kooperation mit den invol-                Abfälle an, die entsorgt werden müssen, so
   vierten Branchen und Bundesstellen ist das                sind diese nach dem Stand der Technik so zu
   Konzept Kies für Generationen (Kapitel 7                  behandeln, dass derjenige Teil, der nicht ver-
   «Rückbaustoffe und Bauabfälle») so umzuset-               wertet wird, nachsorgefrei deponiert werden
   zen, dass es zu einer Selbstverständlichkeit              kann.
   wird, mineralische Rückbaustoffe wieder in
   die Bauwerke zurückzuführen. Wenn dies im
   Moment des Anfalles nicht möglich ist, sind            2.6 Weitere Schwerpunkte
   die Rückbaustoffe so zur Seite zu legen, dass
   eine spätere Nutzung möglich ist. Hier sind der        Die Aufbereitung zu Materialien mit der Mög-
   Bund und der Kanton sowie die Gemeinden in             lichkeit zur nachsorgefreien Ablagerung gilt für
   besonderem Mass gefordert. Als wichtige                alle zu deponierenden Abfälle. Die Sammlung der
   Bauherren tragen sie beim Planen und Bauen             Separatabfälle wird konsequent weitergeführt.
   eine grosse Verantwortung – nicht zuletzt als          Die Gemeinden werden in der Erfüllung ihrer
   Vorbild.                                               Aufgaben unterstützt. Die Schwerpunkte der
                                                          neuen Planungsperiode sind in Kapitel 13 im
2. Bei der thermischen Behandlung der Ab-                 Überblick dargestellt.
   fälle sind die in den Verbrennungsrückständen

                           Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  Herausforderungen   11
3. Zielsystem – Ziele und Strategieelemente

                         Das Zielsystem für die Abfall- und Ressourcen-                  Das Zielsystem erlaubt ein systematisches Vor-
                         wirtschaft im Kanton Zürich besteht aus Zielen,                 gehen in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen
                         zugehörigen Indikatoren und Strategieelementen.                 bis hin zur Entwicklung der Massnahmen. Zudem
                         Es basiert auf den Grundsätzen der nachhaltigen                 lässt sich das Handeln der Verantwortlichen allen
                         Entwicklung, der Ressourcenpolitik des Bundes                   Interessierten wirkungsvoll kommunizieren. Ziele
                         sowie den Zielen von Baudirektion und AWEL. Im                  und Strategien der einzelnen Teilplanungsbereiche
                         Rahmen der Planung 2002···2006 erstmals aus-                    lassen sich in das hier besprochene, übergeordne-
                         gearbeitet, wird es laufend überprüft und weiter-               te System einordnen und als Grundlage für ein
                         entwickelt.                                                     angemessenes Controlling nutzen.

                         3.1 Ziele der Abfall- und Ressourcenwirtschaft im Kanton Zürich

                         Ziel 1                           Ziel 2                             Ziel 3                                  Ziel 4

                         Ressourcen schonen,              Ökoeffizienz und                   Optimierte                              Schutz von Umwelt und
                         Ressourcen nutzen                Energieeffizienz                   Entsorgungssicherheit                   Bevölkerung

                         Abfall- und Ressourcen-          Eine Verwertung oder Be-           Entsorgungssicherheit ist               Umwelt und Bevölkerung
                         wirtschaft erzeugen nur          handlung führt zu einem            gegeben, wenn die Abfälle               sollen vor negativ wirken-
                         Rohstoffe und Produkte,          möglichst hohen ökolo-             innert nützlicher Frist                 den Stoffen (inkl. CO2) aus
                         die in den Wirtschafts-          gischen Nutzen.                    umweltgerecht entsorgt                  Entsorgung und Abfall-
                         kreislauf zurückgeführt                                             werden können.                          verwertung – bei Risiken
                         werden und Stoffe, die           Der ökologische Nutzen                                                     auch vorsorglich –
                         zur eventuellen späteren         bei sich entwickelndem             Logistik und Infrastruktur              geschützt werden.
                         Nutzung nachsorgefrei1           Stand der Technik soll             der Entsorgung werden
                         zur Seite gelegt werden          maximiert werden (Öko-             laufend optimiert, die                  Abfälle, die nicht verwertet
                         können.                          effizienz).                        Anlagekapazitäten sind                  oder zerstört werden kön-
                                                                                             nahe am effektiven Bedarf.              nen, werden behandelt
                         Nicht erneuerbare                Die im Abfall enthaltene                                                   und prioritär im Inland
                         Ressourcen werden durch          Energiemenge wird ge-              Entsorgungssicherheit bzw.              nachsorgefrei1 abgelagert.
                         erneuerbare ersetzt.             mäss Stand der Technik in          -kapazitäten sind für die
                         Erneuerbare Ressourcen           nutzbare Energie umge-             relevanten Entsorgungs-
                         werden nachhaltig                wandelt (Energieeffizienz)2.       wege und Behandlungs-
                         genutzt.                                                            arten zu definieren.

Granulat aus minerali-                                                                   Die Abfallwirtschaft entwickelt sich weiter in
schen Bauabfällen. Die                                                                   Richtung Ressourcenwirtschaft. Ein möglichst
Verwendung von Rück-
                                                                                         hoher Anteil der anfallenden Abfälle soll der Ver-
baustoffen im Hochbau
ist eine der wichtigen                                                                   wertung zugeführt werden. Zudem rücken die
Entwicklungen                                                                            erneuerbaren Rohstoffe zunehmend ins Zentrum
                                                                                         des Interessens (Ziel 1). Die rasche technologische
                                                                                         Entwicklung erlaubt eine laufende Verbesserung
                                                                                         des ökologischen Nutzens. Die Vollzugsbehörde
                                                                                         muss darauf bestehen, dass dieser technische
                                                                                         Fortschritt bei Verwertung und Entsorgung auch
                                                                                         genutzt wird (Ziel 2 und 4). Weiterhin wird eine
                                                                                         Optimierung der Entsorgungssicherheit angestrebt
                                                                                         (Ziel 3). Eine Akzentverschiebung ergibt sich
                                                                                         ferner in Richtung nachsorgefreier Ablagerung im
                                                                                         Inland (Ziel 4).

                                                                                         1
                                                                                             Nachsorgefrei bedeutet kurz- und langfristig ohne nennenswerte
                                                                                             Emissionen in Luft, Wasser und Boden.
                                                                                         2
                                                                                             Effizienz ist ein Mass für ein Ergebnis unter Berücksichtigung der
                                                                                             eingesetzten Mittel.

                   12    Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  Zielsystem
3.2 Das Konzept der Indikatoren

Die Abfall- und Ressourcenwirtschaft soll über ein
möglichst vollständiges Set von Wirkungs- und
Beobachtungsindikatoren überwacht und ge-
steuert werden. Entsprechend wurden für alle
Teilplanungsbereiche Indikatoren definiert. Sie
werden teilweise seit der ersten Planungsperiode
geführt. Die Berechnung der Indikatorwerte ist
detailliert umschrieben und teilweise mit Fehler-
angaben hinterlegt. Die Indikatoren werden peri-
odisch auf ihre Aussagekraft hin hinterfragt und
ihre Repräsentativität für das jeweilige Ziel über-
prüft. Das Set wird bei Bedarf angepasst. Mit
zunehmender Systemkenntnis zu einer Frage-
stellung wird es möglich, für die einzelnen
Wirkungs-Indikatoren auch Zielgrössen (Soll-
Werte) zu definieren. Dies ist mittlerweile bei
vielen Indikatoren geschehen. Erreichen oder
Nichterreichen der Sollwerte stellt für die Beur-
teilung und Planung der Massnahmen eine
wesentliche Grundlage dar.

3.3 Elemente der Strategie
                                                                                                                            Dem Zielsystem liegt
Strategieelement A           Strategieelement B             Strategieelement C              Strategieelement D              das Nachhaltigkeits-
                                                                                                                            dreieck – hier angewandt
Definiertes                  Aktive Information             Kostenwahrheit                  Kooperation                     auf die Abfallwirtschaft –
                                                                                                                            zugrunde
Rollenverständnis            und Kommunikation

Die Aufgaben des Kantons     Informationen werden           Kostenwahrheit wird             Die partnerschaftliche
als Regulator sind:          aktiv nach aussen ge-          geschaffen durch ver-           Zusammenarbeit mit
– Standards unter Wahrung    tragen und sind allen          ursachergerechte Kosten-        Kunden wird zielorientiert
  der Rechtsgleichheit       Betroffenen zugänglich.        verteilung sowie durch          gesucht.
  setzen und durchsetzen     Grundlage ist Transparenz,     Internalisierung der
– Anlagenstandorte sichern   z.B. bezüglich Kosten,         externen Kosten.                Die Kooperation mit
– (optimale) Kapazitäten     Zielen und Handlungs-                                          Gemeinden, Industrie und
  gewährleisten              weisen.                                                        Gewerbe, der Entsorgungs-
– Marktmechanismen und                                                                      wirtschaft, mit Verbänden,
  Vorbildfunktion der        Kommunikation wird ge-                                         Bund und anderen
  öffentlichen Hand nutzen   fördert durch Mitwirkung                                       Kantonen sowie mit natio-
– Monitoring bzw. Umwelt-    und Mitbestimmung aller                                        nalen und internationalen
  beobachtung betreiben      Betroffenen. Das Ausmass                                       Organisationen und Hoch-
                             von Mitwirkung und Mit-                                        schulen soll über den
Die Akteure der Abfall-      bestimmung wird festge-                                        Erfahrungsaustausch die
wirtschaft handeln selbst-   legt.                                                          Suche nach wirkungsvollen
verantwortlich. Sie                                                                         und effizienten Lösungen
brauchen klare Leitplanken                                                                  erleichtern.
für ihre Tätigkeiten. Der
Staat muss diese auch
durchsetzen können.

                                     Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  Zielsystem   13
4. “Urban Mining” – der Blick auf die Rohstofflager
im Gebrauch

                                                                                          ten Stoffes oder Materials während der Produkt-
                                                                                          nutzung auf viele Teillager verteilt. Sie kommen
                                                                                          zudem in sehr unterschiedlichen Gemischen vor.
                                                                                          Die Freigabe zur Wiederverwendung wird durch
                                                                                          das Ende des aktuellen Gebrauchs bestimmt. Und
                                                                                          nicht zuletzt müssen die Abfälle für die Ausbeu-
                                                                                          tung der Rohstoffe in geeigneter Weise auch
                                                                                          greifbar gemacht werden. Hochschulforscher, Ent-
                                                                                          wicklungsabteilungen von Firmen, aber auch die
                                                                                          für Abfall zuständigen Verwaltungen entwickeln
                           Der Begriff “Urban Mining” hat in der Abfall-                  heute Konzepte, wie Abfälle generell und Rück-
                           wirtschaft zunehmend an Bedeutung gewonnen.                    stände aus der Abfallverbrennung im Besonderen
                           “Urban Mining” steht für die Tatsache, dass alle               sinnvoll genutzt werden können.
                           im Gebrauch befindlichen Produkte und Gegen-
                           stände zusammen riesige Material- und Rohstoff-
                           lager darstellen. Viele Rohstoffe und Materialien              4.1 Dimensionen des Begriffs
                           kommen darin – gerade in dicht besiedelten Ge-
                           bieten – in abbauwürdigen Konzentrationen vor.                 Im Folgenden soll der Begriff des “Urban Mining”
                           Es gibt darunter Rohstoffe, die durch die Nutzung              auf die Exploration der Rohstofflager im Zivilisa-
                           lange, und solche, die nur kurze Zeit gebunden                 tionskreislauf sowie auf alle Prozesse der Material-
                           sind. Einiges aus dieser Mine wird schon lange                 und Rohstoffgewinnung aus Abfall angewendet
                           gefördert. Stahl- und Aluminiumschrott etwa ver-               werden. Als Lager zu betrachten sind in diesem
                           arbeitet die Industrie seit Jahrzehnten immer wie-             Zusammenhang der gesamte Gebäude- und
                           der zu neuem Metall. Auch aus Bauschutt ent-                   Infrastrukturpark, langlebige Gebrauchsgüter wie
                           steht erneut Material für andere Bauzwecke. Und                Fahrzeuge oder Möbel, aber auch die Summe
                           seit Jahren werden Teile von Elektrogeräten, aber              aller kurzlebigen Konsumgüter. Nicht zu verges-
                           auch gebrauchte Verpackungen aus Glas, Papier                  sen sind auch deponierte Abfälle sowie Schlacken
                           und Kunststoff rezykliert.                                     und weitere Rückstände aus der Verbrennung.
                                                                                          Das Spektrum der abbaufähigen Materialien und
                           Im Unterschied zu einem natürlichen Rohstoff-                  Rohstoffe umfasst Eisen- und Nichteisen-Metalle
Dicht besiedelte Gebiete   vorkommen oder Rohstofflager kann die Nutzung                  bis hin zu den seltenen Metallen und Seltenerd-
stellen grosse Rohstoff-   des urbanen Lagers aber nicht jederzeit erfolgen.              metallen, mineralische Baustoffe, aber auch Alt-
lager dar                  Zum einen sind die Vorkommen eines bestimm-                    holz, Glas und Keramik etc.

                                                                                          Die Fragestellungen zu den abbaufähigen Roh-
                                                                                          stoffen und Materialien im Zivilisationskreislauf
                                                                                          sind,
                                                                                          – wo sich diese befinden,
                                                                                          – zu welchem Zeitpunkt oder in welchem Zeit-
                                                                                             raum sie zum Abbau frei werden,
                                                                                          – in welcher Verteilung und in welcher Form sie
                                                                                             zur Weiterverwendung anfallen werden,
                                                                                          – welches die geeigneten Verfahren sind, um sie
                                                                                             dem Zivilisationsabfall bzw. den Lagerstätten
                                                                                             im Zivilisationskreislauf zu entziehen und sie
                                                                                             für die Produktion wieder verfügbar zu
                                                                                             machen,
                                                                                          – ob die Recyclingstoffe marktgängig sind bzw.
                                                                                             in welchen spezifischen Anwendungen sie
                                                                                             akzeptiert werden,
                                                                                          – welche Qualitätsansprüche an Aufbereitung
                                                                                             und resultierende Materialien gestellt werden,
                                                                                          – welcher Abbau in welcher Qualität zu wel-
                                                                                             chem Preis möglich ist bzw. wie viel der Markt
                                                                                             zu zahlen bereit ist.

                   14      Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  “Urban Mining”
Die Erkenntnis ist von Bedeutung, dass einzelne           Der intelligente Umgang mit den verfügbaren                    Metalle aus KVA-
Lager zwar nachweislich erhebliche Mengen an              Rohstoffen bedeutet mehr Ressourceneffizienz.                  Schlacke und aufbe-
                                                                                                                         reitete Rückbaustoffe
Rohstoffen enthalten, die Wirtschaft aber noch            Um hier voranzukommen, ist die Innovationskraft
                                                                                                                         reduzieren den Bedarf
nicht in der Lage ist, diese wirtschaftlich zurück-       aller Beteiligten gefragt. Die Wiedergewinnung                 an Primärrohstoffen
zugewinnen. In diesem Fall sollen Abfälle so              der Materialien und Rohstoffe „end of pipe“ ver-
gelagert werden, dass auf die enthaltenen Roh-            langt nach neuen Technologien. Mit grösserem
stoffe bei veränderten Marktverhältnissen oder            Zeithorizont werden zudem Konzepte gesucht,
aufgrund neuer Technologien zugegriffen werden            welche die Wiederverwendung der eingesetzten
kann.                                                     Materialien und Stoffe nach Gebrauch bereits
                                                          beim Entwurf von Produkten einbeziehen. Auch
                                                          könnte der Verzicht auf die Eigentumsüber-
4.2 Nutzen und Strategien zu “Urban                       tragung (mieten statt kaufen) ganz neue Lösun-
Mining”                                                   gen hervorbringen.

“Urban Mining” reduziert zunächst den Bedarf              Im Sinne des “Urban Mining” stehen im Kanton
an endlich verfügbaren Primärressourcen und               Zürich die folgenden wichtigen Projekte an:
sichert eine stabilere Verfügbarkeit der Rohstoffe.       – Es wird ein Ressourcenkataster des urbanen
Es verringert sodann die Abhängigkeit von stei-             Systems mit dynamischer Komponente ange-
genden Rohstoffpreisen und von Importen insbe-              strebt.
sondere aus weniger stabilen Ländern. Zudem               – Phosphor aus Klärschlamm soll für die stoff-
spart “Urban Mining” Geld. Die Einsparungen für             liche Verwertung gesichert werden (vgl. Kapitel
die deutsche Volkswirtschaft durch Recycling sol-           6.4 «Klärschlamm und Klärschlammbehand-
len gemäss dem Institut der Deutschen Wirtschaft            lungsanlagen (KSBA)»)
(IW) bereits heute bei 4 Milliarden Euro liegen.          – Mischabbruch aus Gebäuden soll in höherem
Durch das Recycling von Abfällen werden laut IW             Ausmasse der Verwertung zugeführt werden.
derzeit rund 20 Prozent der Kosten für Metall-              Für Betongranulat ist der Zugang zum Hoch-
rohstoffe eingespart. “Urban Mining” mindert                bau in breitem Umfange zu ermöglichen (vgl.
ausserdem die Umweltbelastungen. So werden                  Kapitel 7 «Rückbaustoffe und Bauabfälle»).
zum Beispiel grosse Mengen an Kohlendioxid-               – Der Schlacke aus der Kehrichtverbrennung sol-
emissionen der Primärproduktion vermieden.                  len die Eisen- und Nichteisenmetalle möglichst
“Urban Mining” trägt aber auch dazu bei, den                weitgehend entnommen wie auch weitere
Lebensstandard moderner Volkswirtschaften zu                Stoffe der Verwertung zugeführt werden.
halten.                                                     Näheres findet sich in Kapitel 10.1 «Thermi-
                                                            sche Anlagen».

Zeitliche Abwicklung der Massnahmen

Massnahmen                 Ziele/Strategien       2011                     2012                     2013                    2014

Ressourcenkataster         1/A                    Konzept
                                                                           Umsetzung

                              Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  “Urban Mining”   15
4.3 Seltene Metalle und Seltenerdmetalle                       sondern meist in geringen Konzentrationen ver-
                            Armin Reller und Volker Zepf                                   gesellschaftet in wenigen Mineralien vor. Deshalb
                                                                                           lässt sich die theoretische Häufigkeit nicht in eine
                            Die seltenen Metalle und Seltenerdmetalle sind                 real nutzbare übertragen. Über 95 % der Welt-
                            neuerdings nicht nur in Fachkreisen ein wieder-                jahresproduktion von Seltenen Erden wird heute
                            kehrendes Thema. Die Ressourcenthematik und                    in China gefördert, während dort weniger als
                            insbesondere die Knappheit einiger Metalle ist als             40 % der geschätzten globalen Reserven liegen.
                            ein ernst zu nehmendes Problem erkannt worden:                 China hat wiederholt Exportrestriktionen für die
                            Gallium als unverzichtbarer Bestandteil von                    Seltenen Erden erlassen, was in den klassischen
                            Leuchtdioden (LED), Lithium für die Produktion                 Industrienationen mit Sorge aufgenommen
                            neuer Speichersysteme oder die Seltenen Erden                  wurde.
Prof. Dr. Armin Reller,     für die Produktion von Permanentmagneten, um
Universität Augsburg        nur wenige Beispiele zu nennen. Diese seltenen                 Die Seltenen Erden sind heute essenzielle und bis-
                            Metalle sind in der Tat essenzielle Bestandteile, die          lang nicht substituierbare Stoffe für High-Tech-,
                            modernen High-Tech-Produkten deren besondere                   klimarelevante und Energiespeichersysteme. Die
                            Eigenschaften geben. Aufgrund der geringen                     Anwendungspalette ist gross und es sollen hier
                            Dosierung werden diese Metalle auch als Ge-                    nur einige Beispiele genannt werden. Die Seltenen
                            würzmetalle bezeichnet. Der Begriff «selten»                   Erden Neodym, Dysprosium und Samarium wer-
                            wird dabei oft als rein quantitativer Aspekt                   den für die Herstellung der stärksten heute
                            betrachtet, etwa der relativen Häufigkeit des                  bekannten Permanentmagnete benötigt, die
                            Rohstoffes auf und in der Erde. Dies spiegelt die              einerseits in miniaturisierter Form in Kleinlaut-
                            reale Verfügbarkeit allerdings nur unzureichend                sprechern für iPods, Handys usw. und in Com-
                            wider. Die abbauwürdigen Lagerstätten spielen                  puterfestplatten für die Steuerung der Leseköpfe
                            eine grundlegende Rolle. Erst die Anreicherung                 und im Drehmechanismus Anwendung finden.
                            der Elemente in der Erdkruste oder die Vergesell-              Andererseits werden sie in Generatoren von
                            schaftung mit weiteren abbauwürdigen Roh-                      Windrädern und auch in Elektromotoren für
Dipl.-Geogr. Volker Zepf,   stoffen sind die Basis für die Förderwürdigkeit.               Hybridfahrzeuge benötigt. Terbium und Europium
Universität Augsburg        So ist beispielsweise Indium ein Koppelprodukt                 werden in Energiesparlampen eingesetzt.
                            beim Zinkabbau und seine Produktion direkt
                            davon abhängig.                                                Was die Seltenheit von Funktionsmetallen zudem
                                                                                           bedeutend macht, ist deren fehlende Substituier-
                            Neben diesen geologisch-physikalischen Faktoren                barkeit. Dadurch resultiert eine Rohstoffab-
                            sind technische Aspekte wie Verkehrsinfrastruk-                hängigkeit, die durch einige Massnahmen zumin-
                            tur und Energieversorgung mit entscheidend, ob                 dest abgemildert werden kann. Diese Optionen
                            und wie eine Lagerstätte abgebaut wird. Ein wei-               werden oft mit den Schlagworten “avoid, re-use,
                            terer wesentlicher Faktor ist die politische Kompo-            re-cycle” zusammengefasst. Die Vermeidung
                            nente. Mehrere Länder verhängen Restriktionen                  (avoid) oder der Verzicht befreien von der Ab-
                            für den Abbau, die Weiterverarbeitung oder den                 hängigkeit, allerdings stehen die Lebensstile und
                            Export der Rohstoffe und beeinflussen so die real              die Nachfrage nach modernen Produkten dieser
                            verfügbare Menge.                                              Option entgegen. Die Wiederverwendung (re-use)
                                                                                           ist eine weitere Option, beispielsweise ein Handy
                            Nicht zu verwechseln mit den seltenen Metallen                 mehrere Jahre und nicht nur bis zum Ende der
                            sind die Seltenerdmetalle, die auch Seltene Erden
                            genannt werden. Die Seltenen Erden sind eine
                            Gruppe von insgesamt 17 Elementen, bestehend
                            aus den Lanthanoiden, Scandium und Yttrium,
                            die in ihren chemischen Eigenschaften recht ähn-
                            lich sind. Diese Ähnlichkeit war sowohl ein Grund
                            dafür, dass die Entdeckung der einzelnen Lantha-
                            noide über 100 Jahre in Anspruch nahm, als auch
                            für die zeit- und materialintensiven Trennverfah-
                            ren zur Gewinnung der einzelnen Lanthanoide.
                            Trotz des Namens sind diese Elemente in den
                            Häufigkeitslisten der Elemente in der Erdkruste
Vor allem IT-Produkte
                            auf den mittleren Plätzen zu finden. Sie sind dem-
enthalten «Gewürz-          nach sogar häufiger als Gold und Platin. Aller-
metalle»                    dings kommen die Lanthanoide nicht gediegen,

                     16     Bericht zum Massnahmenplan Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2011···2014  “Urban Mining”
Seltene Erden 2009
Anteile an Jahresproduktion (124000 t) und Reserven (99 Mio. t)

                                                                                                                            Die Produktion von
                                                                                                                            Seltenen Erden konzen-
                                                                                                                            triert sich auf China, die
                                                                                                                            Vorkommen sind breiter
                                                                                                                            verteilt

Vertragsbindung zu nutzen. Ein Re-use könnte                 Dies beinhaltet eines der wirklich gravierenden
sich auch im globalen Rahmen abspielen, indem                Probleme: die Dissipation, die Feinstverteilung von
etwa gebrauchte Kraftfahrzeuge oder Computer                 Stoffen auf und in der Bio- bzw. Anthroposphäre.
an arme Länder und Menschen abgegeben wer-                   Ein anderes Beispiel ist der Verlust von Titan und
den. Oben nicht genannt ist das Re-manufacture,              Zink in Form nanoskaliger Zusätze in Farben oder
das eher auf der Komponentenebene angesiedelt                Sonnencremes. Hier gibt es noch keine sinnvol-
ist. Einzelne Bauteile könnten aus gebrauchten               len Systeme, die eine Rückführung in einen
Produkten ausgebaut und nach einer Überholung                geschlossenen Stoffkreislauf vorsehen. Auch hier
in neue Produkte eingebaut werden. Letztlich                 scheint zunächst die Sensibilisierung für das
bleibt das Recycling, das in Bezug auf die selte-            Problem wichtig zu sein, um daran anknüpfend
nen Metalle jedoch mit einigen Problemen behaf-              neue logistische und technische Systeme, mög-
tet ist. Sie zeigen sich deutlich am Recycling von           lichst auf globaler Ebene, zu entwickeln. Darüber
Handys. Diese Geräte beinhalten heute etwa 60                hinaus kann auch ein grundsätzliches Design-to-
verschiedene Elemente in unterschiedlichsten                 Recycle von Produkten aller Art die technische
Konzentrationen und Legierungen. Es ist tech-                Rezyklierbarkeit unterstützen und in einen wirt-
nisch überaus anspruchsvoll, diese Stoffe alle               schaftlich realistischen Bereich bringen.
wiederzugewinnen. Die üblichen Verfahren sind
darauf fokussiert, die wesentlichen Bestandteile             Es werden im Wesentlichen die folgenden Mass-
zurückzugewinnen, etwa Gold und Kupfer. Ein                  nahmen empfohlen:
weiteres Problem, das noch gelöst werden muss,               1. Informations- und Bildungsmassnahmen auf
ist die Logistik. In der Europäischen Union gibt es             allen Ausbildungsstufen
zwar Richtlinien für die Rücknahme von elektroni-            2. Kommunikation bei Industrien, die knappe
schen Geräten (z. B. WEEE, waste electrical and                 Ressourcen einsetzen
electronic equipment). Die Realität ist allerdings           3. Forschung und Entwicklung zu Einsatz und
noch weit vom Anspruch einer geschlossenen                      Rückgewinnung von seltenen Metallen und
Kreislaufkette entfernt. Grosse Mengen an elek-                 Seltenerdmetallen
tronischen Geräten finden sich in Entwicklungs-              4. Logistik mit dem Ziel, hohe Rücklaufquoten
ländern wieder, wo sie erneut in den Handel                     von Komponenten mit Anteilen seltener
gelangen oder aber unter massivster Belastung                   Metalle zu etablieren, insbesondere bei elektri-
von Mensch und Umwelt eingeschmolzen wer-                       schen und elektronischen Geräten.
den. Selbst die Rücklaufquoten von generell gut
rezyklierbaren Komponenten wie Abgaskataly-
satoren oder auch Handys sind noch verschwin-
dend klein.

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