NACHHALTIGE ENTWICKLUNG IM KANTON ZÜRICH: AUF KURS? - Zahlen und Fakten 1990 2005 - Nachhaltigkeitsbericht Kanton Zürich
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
NACHHALTIGE ENTWICKLUNG IM KANTON ZÜRICH: AUF KURS? Zahlen und Fakten 1990 – 2005 Nachhaltigkeitsbericht Kanton Zürich 1
Nachhaltigkeitsbericht Kanton Zürich VORWORT Mit der Verpflichtung der Schweiz zur Agenda 21 an der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung von Rio 1992 sowie mit den Bestimmungen in der Bun- desverfassung und der Kantonsverfassung wurde die Nachhaltige Entwicklung für den Bund und die Kantone als verbindliche Aufgabe anerkannt. In den Legis- laturschwerpunkten 2003 bis 2007 des Regierungsrats wurde festgehalten, dass die Nachhaltigkeit in allen Politikfeldern immer wichtiger wird, und dass staatliche Entscheide zur Gestaltung des Wirtschafts- und Lebensraumes Zürich deshalb vermehrt auf Nachhaltigkeit auszurichten sind. Ist der Kanton Zürich, was die Nachhaltige Entwicklung angeht, auf Kurs? Mit dem vorliegenden Bericht verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz, der mit 33 Themenbereichen einen gemeinsamen Orientierungsrahmen für die Entwicklung der Nachhaltigkeitsdimensionen Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft bildet. Mit der Festlegung von Indikatoren und der Definition der angestrebten Entwicklungs- richtung wird die Nachhaltige Entwicklung «messbar gemacht». Der Nachhaltig- keitsbericht gibt einen Überblick über die Entwicklungstendenzen innerhalb des Kantons und ermöglicht so eine Standortbestimmung. Damit schafft der Bericht Entscheidungsgrundlagen für das staatliche Handeln. Als aktuelles Beispiel führt uns die Klimaerwärmung die Notwendigkeit nachhaltigen Handelns drastisch vor Augen. Es muss davon ausgegangen werden, dass die durch den Menschen verursachten Veränderungen unserer Umwelt zu hohen wirtschaft- lichen wie auch gesellschaftlichen Kosten führen werden. Die Klimaerwärmung ist allerdings nur ein Thema, worauf sich eine Nachhaltige Entwicklung bezieht – wenn zweifellos auch ein akutes. Nachhaltige Entwicklung konzentriert sich aber nicht nur auf Umweltschutz. Oberstes Ziel ist eine ausgewogene Entwicklung von Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft mit dem Credo, den Handlungsspielraum nachfolgender Generationen nicht zu schmälern. Der vorliegende Bericht gibt zwar Antworten auf zahlreiche Fragen, wirft aber gleichzeitig auch wieder neue Fragen auf. Klar und deutlich geht aus dem Bericht hingegen hervor, dass langfristig kein Weg an einer Nachhaltigen Entwicklung vor- bei führt. Auf Dauer können wir nicht vom Kapital leben, wir müssen es schaffen, mit den Zinsen auszukommen. Der Kanton Zürich stellt sich dieser Herausforderung und nimmt die Verantwortung gegenüber künftigen Generationen wahr. Regierungsrätin Dr. Ursula Gut-Winterberger, Baudirektorin 2
Nachhaltigkeitsbericht Kanton Zürich INHALT Nachhaltige Entwicklung im Kanton Zürich 7 Nachhaltigkeitsbericht: Ziele und Vorgehen 8 Wirtschaft Attraktiver Wirtschaftsraum 11 Einkommen 12 Lebenskosten 14 Arbeitsmarkt 16 Investitionen 18 Ressourceneffizienz 20 Innovationen 22 Wirtschaftsstruktur 24 Know-how 26 Öffentlicher Haushalt 28 Steuern 30 Umwelt Umwelt unter Druck 33 Biodiversität 34 Natur und Landschaft 36 Energiequalität 38 Energieverbrauch 40 Klima 42 Rohstoffverbrauch 44 Wasserhaushalt 46 Wasserqualität 48 Bodenverbrauch 50 Bodenqualität 52 Luftqualität 54 Gesellschaft Gesellschaft im Wandel 57 Lärm / Wohnqualität 58 Mobilität 60 Gesundheit 62 Sicherheit 64 Einkommens- / Vermögensverteilung 66 Partizipation 68 Kultur und Freizeit 70 Bildung 72 Soziale Unterstützung 74 Integration 76 Gleichstellung von Frau und Mann 78 Überregionale Solidarität 80 Zusammenfassung / Synthese 82 Ausblick 85 Nachhaltige Entwicklung – Antwort auf neue Herausforderungen (Gastkommentar) 86 Informationen zur Nachhaltigen Entwicklung 90 Impressum 91 3
Abkürzungen ALN Amt für Landschaft und Natur AMOSA Arbeitsmarktbeobachtung Ostschweiz ARA Abwasserreinigungsanlage ARV Amt für Raumordnung und Vermessung AWA Amt für Wirtschaft und Arbeit AWEL Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft BFS Bundesamt für Statistik CO2 Kohlendioxid ETH Eidgenössische Technische Hochschule FNS Fachstelle Naturschutz ha Hektare IPP Integrierte Produktepolitik KEF Konsolidierter Entwicklungs- und Finanzplan KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich KVA Kehrrichtverbrennungsanlage kWh Kilowattstunde LBI Langzeit-Belastungs-Index (Luft) LRV Luftreinhalteverordnung NFA Neuer Finanzausgleich NO2 Stickstoffdioxid OECD Organisation for Economic Cooperation and Development öV öffentlicher Verkehr O3 Ozon PISA Programme for International Student Assessment PM10 Feinstaub RAV Regionales Arbeitsvermittlungszentrum SIA Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein TBA Tiefbauamt ZVV Zürcher Verkehrsverbund 4
Nachhaltigkeitsbericht Kanton Zürich EINLEITUNG NACHHALTIGE ENTWICKLUNG IM KANTON ZÜRICH Die Brundtland-Kommission formulierte 1987 die Bei Entscheiden von grosser Tragweite ist es nahe- mittlerweile breit akzeptierte Definition der Nach- liegend, dass es zu Interessenkonflikten zwischen haltigen Entwicklung: den drei Dimensionen kommen kann. Nach dem Ver- ständnis des Bundesrates und des Regierungsrates «Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, des Kantons Zürich können Nachteile in einer Dimen- die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, sion durch klare Vorteile in den anderen zwei Dimen- ohne zu riskieren, dass künftige Generationen sionen kompensiert werden. Negative Auswirkungen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen dürfen dabei aber nicht stetig zu Lasten derselben können.» Dimension gehen und kritische Grenzen dürfen nicht unter- bzw. überschritten werden. Solche kritischen Konkretisiert wurde diese Vision durch die «Erklärung Grenzen sind beispielsweise gesundheitlich relevan- von Rio zu Umwelt und Entwicklung» der Vereinten te Umweltnormen (Luftqualität), sozial-politische Nationen von 1992. Dabei bildet die gleichwertige Normen (gleiche Chancen, minimale Einkommen, Berücksichtigung der drei Dimensionen Wirtschaft, menschenwürdige Lebensbedingungen usw.) oder Umwelt und Gesellschaft das Kernprinzip einer Nach- die Gewährleistung der Menschenrechte. Diese stel- haltigen Entwicklung. Dieses Konzept wird meist len nicht verhandelbare Minimalanforderungen und durch drei Kreise dargestellt, ergänzt durch die Zeit- Schwellenwerte dar. Diese Interpretation wird auch und die Nord-Süd-Dimension. als «schwache Nachhaltigkeit Plus» bezeichnet. Der Bund und der Kanton Zürich haben sich in ih- Nord ren Verfassungen dem Grundsatz der Nachhaltigkeit verpflichtet. Artikel 6 der Verfassung des Kantons Zürich hält fest: UMWELT «Kanton und Gemeinden sorgen für die Erhal- tung der Lebensgrundlagen. In Verantwortung Generation WIRTSCHAFT GESELLSCHAFT Generation für die kommenden Generationen sind sie einer heute morgen ökologisch, wirtschaftlich und sozial Nachhalti- gen Entwicklung verpflichtet.» Süd Der Kanton Zürich verfügt für diese junge Verfas- Damit wird Folgendes zum Ausdruck gebracht: sungsbestimmung (2005) derzeit noch über keine • Nachhaltige Entwicklung bedeutet, dass wirtschaft- Anschlussgesetzgebung und über keine «Strategie liche Leistungsfähigkeit und gesellschaftliche Soli- Nachhaltige Entwicklung», welche die Nachhaltig- darität gestärkt und gleichzeitig der Umwelt- und keitspolitik im Kanton verankert und die Aktivitäten Ressourcenverbrauch auf ein dauerhaft tragbares in diesem Bereich festlegt. Der Regierungsrat hat Niveau gesenkt werden (von den Zinsen leben und aber in seinen Legislaturschwerpunkten 2003 – 2007 nicht vom Kapital). festgehalten, dass staatliche Entscheide zur Gestal- • Wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische tung des Wirtschafts- und Lebensraumes Zürich Prozesse sind vernetzt zu betrachten. Das Handeln vermehrt auf Nachhaltigkeit auszurichten sind. Eine öffentlicher wie auch privater Akteure darf nicht strategische Planung in Richtung Nachhaltigkeit isoliert und eindimensional erfolgen, sondern muss braucht eine periodische Standortbestimmung. Der die Auswirkungen auf alle Dimensionen berücksich- vorliegende Nachhaltigkeitsbericht kommt dieser tigen (ganzheitliches Denken und Handeln). Forderung nach. • Die Auswirkungen des heutigen Handelns auf die Die Nachhaltige Entwicklung ist ein fortwährender ge- Zukunft sind einzuberechnen, damit die kommen- sellschaftlicher Such-, Lern- und Gestaltungsprozess, den Generationen ihre Bedürfnisse auch decken bei dem es um die Gestaltung unserer Zukunft können (Handlungsspielraum für zukünftige Ge- geht. nerationen bewahren). • Globale Abhängigkeiten und Bedürfnisse sind zu berücksichtigen. Die Interessen aller Erdbewohner/ innen sind einzubeziehen (Solidarität innerhalb einer Generation). 7
EINLEITUNG NACHHALTIGKEITSBERICHT: ZIELE UND VORGEHEN Ziele Vom Abstrakten zum Greifbaren Die Nachhaltige Entwicklung betrifft alle Bereiche Der Kanton Zürich beteiligte sich in den Jahren 2001 staatlichen Handelns. Bisher fehlte dazu ein perio- bis 2005 an einem Projekt mehrerer Bundesämter, disch erstellter Gesamtüberblick über die Entwick- Kantone und Städte, bei dem ein gemeinsamer Ori- lung im Kanton Zürich. Es stellt sich die Frage «Wohin entierungsrahmen für eine Nachhaltige Entwicklung geht die Reise des Kantons?» Geht sie in Richtung durch festgelegte Zielbereiche geschaffen wurde. einer Nachhaltigen Entwicklung oder sind entgegen- Die Nachhaltige Entwicklung wurde «messbar» ge- gesetzte Tendenzen festzustellen? Im vorliegenden macht, indem für jeden Zielbereich ein so genannter Nachhaltigkeitsbericht wurden die Nachhaltigkeits- Kernindikator festgelegt und die angestrebte Ent- dimensionen Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft wicklungsrichtung definiert wurde (vgl. Bericht des durch Zielbereiche konkretisiert und durch Indikato- Cercle Indicateurs «Kernindikatoren für die Nach- ren «messbar» gemacht. Damit wird eine periodische haltige Entwicklung in Städten und Kantonen»). Ein Standortbestimmung möglich. Nicht nachhaltige Ent- idealer Kernindikator zeichnet sich dadurch aus, dass wicklungen in wichtigen Politikbereichen können so er einfach erhebbar, für die Gesamtentwicklung aus- erkannt (Frühwarninstrument) und ein Handlungsbe- sagekräftig, verständlich, gut kommunizierbar und darf kann sichtbar gemacht werden. mit anderen Kantonen vergleichbar ist. Zudem soll Der Nachhaltigkeitsbericht des Kantons Zürich hat er den Zielbereich möglichst umfassend repräsentie- zum Ziel, im Sinne einer Bestandesaufnahme, eine ren. Aufgrund dieser hohen Anforderungen konnte Gesamtübersicht für die Entscheidungsträger/innen nicht für alle Zielbereiche ein idealer Kernindikator und die interessierte Öffentlichkeit zu ermöglichen. gefunden werden. Mittel- bis langfristig ist er somit eine Art Gradmesser bzw. Erfolgskontrolle des staatlichen Handelns auf Definition Nachhaltige Entwicklung Brundtland-Definition, Bundesverfassung, Ebene Kanton. Im Sinne eines Monitorings werden Kantonsverfassung die Entwicklungen in 33 verschiedenen und für eine Nachhaltigkeitsdimensionen Nachhaltige Entwicklung wichtigen Zielbereichen be- Wirtschaft, Umwelt, Gesellschaft schrieben und durch «Fachverantwortliche» aus den Zielbereiche einzelnen Direktionen entsprechend gewürdigt. Der in den Nachhaltigkeitsdimensionen vorliegende Bericht nimmt aber weder eine Schwer- (z.B. Arbeitsmarkt) punktbildung, noch ein Ausräumen von Zielkonflik- Kernindikatoren ten vor. Dies kann er aufgrund seines Auftrags als zu den Zielbereichen Monitoring-Instrument nicht leisten. Der vorliegende (z.B. Arbeitslosenquote) Bericht fliesst in die von der Staatskanzlei zuhanden des Regierungsrates vorzunehmende Umfeldanalyse Um einen Gesamtüberblick zu ermöglichen ist es er- ein und leistet dadurch auch einen Beitrag zur Festle- forderlich, ein überschaubares, das heisst kleines Set gung der Legislaturziele 2007 – 2011. Ziel ist es, die von Zielbereichen und Kernindikatoren zu verwen- Berichterstattung alle vier Jahre fortzuführen. den. Deshalb galt die Devise «so wenige wie möglich, so viele wie nötig». Bezug zu anderen Berichterstattungen Um die komplexe Leitidee der Nachhaltigen Ent- Kernindikatoren für den Kanton Zürich wicklung überschaubar darzustellen, wurde bewusst Für den vorliegenden Nachhaltigkeitsbericht wurde eine hohe «Flughöhe» gewählt. Der Bericht hat den grösstenteils das gemeinsam mit dem Bund und Anspruch, einen Gesamtüberblick zu geben, wohin- anderen Kantonen entwickelte Kernindikatoren- gegen andere fachspezifische Berichterstattungen set verwendet. Damit ist die Möglichkeit für einen einen Bereich vertieft betrachten. Der Nachhaltig- Quervergleich zwischen den Kantonen gegeben. keitsbericht will und kann nicht andere fachspezi- In einigen Fällen hatte der Kanton Zürich jedoch fische Berichterstattungen wie beispielsweise den bessere statistische Daten zur Verfügung, oder der Raumplanungsbericht, den Sozialbericht, den Stand- Zielbereich wurde durch einen weiteren Kernindika- ortförderungsbericht, den Umweltbericht oder den tor umfassender abgebildet. Entsprechend wurden Gesundheitsbericht ersetzen. weitere Kernindikatoren integriert. Gesamtschwei- zerische Durchschnittswerte wurden – falls sinnvoll und verfügbar – in die Betrachtung mit einbezogen. Die Kernindikatoren zu den 33 Zielbereichen einer Nachhaltigen Entwicklung können der nachstehen- den Auflistung entnommen werden. 8
Nachhaltigkeitsbericht Kanton Zürich EINLEITUNG Gesellschaft Kernindikatoren Wirtschaft Kernindikatoren Lärm / Wohnqualität • Durch Industrie- und Verkehrs- Einkommen • Volkseinkommen lärm belastete Bevölkerung Lebenskosten • Durchschnittliche Mietpreise Mobilität • Durchschnittliche Luftdistanz • Zürcher Städteindex der vom Wohnort zur nächsten Konsumentenpreise Haltestelle des öffentlichen Arbeitsmarkt • Arbeitslosenquote Verkehrs • Arbeitsplätze Gesundheit • Verlorene potenzielle Lebens- Investitionen • Öffentliche und private jahre Bauinvestitionen Sicherheit • Unfälle mit Personenschäden Ressourceneffizienz • Gesamtenergieverbrauch pro und Getötete im Strassenverkehr Volkseinkommen • Verurteilungen für Gewaltdelikte Innovationen • Beschäftigte in innovativen Einkommens- / • Steuerpflichtige mit niedrigem Branchen Vermögensverteilung Einkommen • Ungleichverteilung der Wirtschaftsstruktur • Beschäftigte in wertschöpfungs- Einkommen (Gini-Index) starken Branchen Partizipation • Stimm- und Wahlbeteiligung Know-how • Abgeschlossene Ausbildung auf tertiärer Stufe Kultur und Freizeit • Staatsausgaben für Kultur und • Weiterbildungskurse der Freizeit erwerbstätigen Bevölkerung Bildung • Fachkompetenzen am Ende der Öffentlicher Haushalt • Mittelfristiger Ausgleich der obligatorischen Schulzeit Laufenden Rechnung • Abgeschlossene Ausbildungen auf der Sekundarstufe II Steuern • Gesamtindex der Steuer- belastung Soziale Unterstützung • Sozialhilfequote • Sozialhilfefälle Integration • Einbürgerungen von Umwelt Kernindikatoren Ausländer/innen Biodiversität • Brutvogel-Index Gleichstellung von • Frauen in Unternehmens- • Bestandessicherung bedrohter Frau und Mann leitungen Arten • Lohngleichstellung Natur und Landschaft • Fläche wertvoller Naturräume Überregionale • Ausgaben für den Finanz- • Durch Schutzmassnahmen Solidarität ausgleich gesicherte Lebensräume • Hilfsaktionen am Total der laufenden Ausgaben Energiequalität • Erneuerbare Energien und Abwärme Energieverbrauch • Gesamtenergieverbrauch Falls möglich wurden für den vorliegenden ersten Klima • CO2-Emissionen Nachhaltigkeitsbericht die Indikatorenwerte für die Rohstoffverbrauch • Siedlungsabfallmenge Zeitreihe von 1990 bis 2005 erhoben. Vereinzelte • Separatsammelquote Indikatoren müssen in Zukunft verbessert bzw. er- Wasserhaushalt • Wasserabflussmenge aus setzt werden, um den Zielbereich besser abbilden zu Abwasserreinigungsanlagen können. Insbesondere bei den Indikatoren der gesell- • Mittlerer Tagesverbrauch schaftlichen Dimension ist es zum Teil schwierig, den an Trinkwasser Zielbereich zufrieden stellend durch einen oder zwei Wasserqualität • Nitratbelastung des Grundwassers Indikatoren abzudecken. Gesellschaftliche Realitäten Bodenverbrauch • Bauzonenentwicklung und sind grundsätzlich vielseitig und schwer durch quan- -verbrauch titative Grössen zu erfassen. Für die Beurteilung eines Bodenqualität • Versauerte Waldstandorte Zielbereichs ist neben der graphischen Darstellung (Bodensäuregrad) der Kernindikatoren auch die textlich vorgenom- Luftqualität • Langzeit-Belastungs-Index mene Bewertung/Würdigung des Zielbereiches zu • Stickstoffdioxid beachten. Dabei sind auch Hinweise zu weiterfüh- renden Informationen aufgeführt. Zusammenarbeit aller Direktionen Der erste Nachhaltigkeitsbericht des Kantons ist ein Kursiv gedruckte Indikatoren wurden zusätzlich in das Bericht aller Direktionen. Er wurde nur durch die bestehende Kernindikatorenset aufgenommen bzw. Zusammenarbeit über alle Politikbereiche hinweg wurden neu definiert. möglich. 9
WIRTSCHAFT 10
ATTRAKTIVER WIRTSCHAFTSRAUM Nachhaltigkeitsbericht Kanton Zürich Struktur und Entwicklung Aufgrund seiner Bedeutung als Finanzplatz, Bildungs- der Kanton Zürich auf eine sehr gute Infrastruktur be- und Forschungsstandort sowie als Verkehrsknoten ist rufen. Gerade im Bereich Verkehr gewährleistet der der Kanton Zürich ein wichtiger Motor der schweize- Flughafen die Anbindung an andere Wirtschaftsräu- rischen Volkswirtschaft. Ein Sechstel der Bevölkerung me und die öffentlichen Verkehrssysteme weisen eine der Schweiz lebt im Kanton Zürich und erwirtschaftet hohe Zuverlässigkeit und Effizienz auf. Der Anschluss dabei fast einen Viertel des nationalen Volkseinkom- an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz der mens. Gut drei Viertel der Beschäftigten im Kanton Bahnen ist jedoch bisher nur mangelhaft erfolgt und Zürich arbeiten in Unternehmen des Dienstleistungs- die Entwicklung des Flughafens ist zumindest gefähr- sektors. Im Zeitraum von 1985 bis 2000 – bis zur det. Als absolut zentraler Standortfaktor gelten auch Börsenkrise – wuchs insbesondere das Kredit- und das Vorhandensein und die Verfügbarkeit von hoch Versicherungsgewerbe. Im gleichen Zeitraum fand qualifizierten Arbeitskräften. im Kanton Zürich ein starker Rückgang der Beschäf- tigten im industriellen Sektor statt. Lebensqualität zieht hoch Qualifizierte an Die «alte» Industrie wurde teilweise durch Branchen Die Zürcher Volkswirtschaft wird immer stärker durch der neuen Technologien in den Bereichen Informati- die wissensbasierten und wertschöpfungsstarken ons- und Kommunikationstechnologie, Life Science Industrie- und Dienstleistungsbranchen geprägt, wo- und Hightech ersetzt. Dabei kommt diesen Unter- rin auch ihr Potential zu sehen ist. Dabei kommt dem nehmen die Kleinräumigkeit des Wirtschaftsraumes Humankapital eine Schlüsselrolle zu, und die Ver- Zürich entgegen, welche die Netzwerkbildung för- fügbarkeit von hoch qualifizierten Arbeitskräften ist dert. Netzwerke sind wiederum wichtig, um so ge- zu einem entscheidenden Standortfaktor geworden. nannte kreative Milieus zu schaffen. Auch die Nähe Dem Standort Zürich wird in verschiedenen Studien zu den Hochschulen und die enge Zusammenarbeit regelmässig eine sehr hohe, in der jährlich erschei- von Forschung und Wirtschaft sind zu erwähnen. All nenden Mercer-Studie sogar weltweit die höchste dies fördert die Innovationskraft dieser Unterneh- Lebensqualität attestiert. Eine hohe Lebensqualität men. zieht hoch qualifizierte Arbeitskräfte an. Über die Nach einer konjunkturellen Flaute Ende der 90er Jah- Hälfte der zwischen 2003 und 2005 in die Schweiz re hat sich wiederum ein solides Wirtschaftswachs- eingewanderten Personen verfügen über eine univer- tum eingestellt – weltweit und in der Schweiz. Die sitäre oder gleichwertige Ausbildung. Dies sind meist Abkühlungstendenzen Ende 2004 wurden rascher jüngere, in wertschöpfungsintensiven Branchen tä- als erwartet überwunden. Die konjunkturelle Ver- tige Personen aus Nord- und Westeuropa sowie aus besserung ist auch auf dem Arbeitsmarkt langsam Nordamerika. spürbar. Standortattraktivität stetig verbessern Zürich im Wettbewerb mit der Welt Die vielen Vorteile des Wirtschaftsstandorts Zürich Im Zuge der Globalisierung hat sich die Standort- und das regelmässige Belegen von Spitzenplätzen wahl der Unternehmen zunehmend auf die inter- in internationalen Rankings dürfen jedoch keine nationale Ebene ausgeweitet. Internationale Unter- falsche Sicherheit aufkommen lassen. Weltweit nehmen werden immer mobiler und überprüfen ihre werden grosse Anstrengungen unternommen, die Standorte regelmässig auf Stärken und Schwächen. Standortvorteile zu verbessern, was zu einem immer Der Kanton Zürich steht deshalb in erster Linie als härter werdenden Wettbewerb auf internationaler Metropolregion der Schweiz mit den ausländischen Ebene führt. Beispielsweise werden zur Stärkung des Standorten im Wettbewerb und erst in zweiter Linie Humankapitals in zahlreichen Ländern grosse Inves- mit den umliegenden Kantonen. titionen getätigt, um über gut qualifizierte Arbeits- Das Bestehen im globalen Standortwettbewerb erfor- kräfte – als Voraussetzung für wertschöpfungsstarke dert eine Vernetzung weit über die Kantonsgrenzen Branchen – zu verfügen. Für den Kanton Zürich ist es hinaus. Der Wirtschaftsstandort Zürich wird auf inter- daher unerlässlich, seine Standortattraktivität ständig nationaler Ebene als äusserst attraktiv wahrgenom- zu verbessern. men. Die Vorteile des Wirtschaftsraumes sind vielfäl- tig. Die zentrale Lage in Europa, die hohe Sicherheit und die grosse politische Stabilität in der Schweiz spielen eine Rolle. Zudem sind die relativ niedrigen Steuersätze ein wichtiges Kriterium für die Standort- wahl von globalen Unternehmen. Weiter kann sich 11 11
WIRTSCHAFT EINKOMMEN Das Volkseinkommen pro Kopf und Jahr beträgt knapp 70 000 Franken. Attraktive wirtschaftliche Rahmenbedingungen, ein gut funktionierender Arbeitsmarkt und eine Spitzenstellung punkto Lebens- und Umwelt- qualität sind unverzichtbar, damit das Volkseinkommen auch in Zukunft weiter steigen kann. Volkseinkommen Zielrichtung 80 000 70 000 60 000 in Franken pro Kopf und Jahr 50 000 40 000 30 000 20 000 10 000 0 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Schweiz Kanton Zürich Definition des Indikators Das Volkseinkommen setzt sich aus den Primäreinkommen der privaten Haushalte, des Staates und der Kapitalgesellschaften zusammen. Ein Primäreinkommen wird durch Erwerbs- und Besitzeinkommen (ohne Renten, Arbeitslosengeld usw.) erzielt. Die Einkommen werden dem Wohnsitzkanton ihres Eigentümers oder demjenigen Kanton zugeteilt, in welchem sich der Hauptsitz des betreffenden Unternehmens befindet. Dabei werden die Einkommenskompo- nenten hauptsächlich indirekt (top-down) ermittelt, d.h. durch Aufteilung der gesamtschwei- zerischen Aggregate auf die Kantone mittels verschiedener Verteilschlüssel. Aufgrund einer Anpassung an das Europäische System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (2003) wurden die Daten ab 1998 überarbeitet. Der Vergleich mit früheren Jahren ist damit nur beschränkt möglich. Datenquelle Bundesamt für Statistik (BFS), Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung 12
Nachhaltigkeitsbericht Kanton Zürich WIRTSCHAFT Nachhaltige Entwicklung und Einkommen Das Einkommen ist ein primäres Merkmal des Wohl- stammt nur knapp die Hälfte des Volkseinkommens stands. Ein Einkommen zu erzielen ist in modernen aus den privaten Haushalten. Im Kanton Zürich sind Gesellschaften eine notwendige Voraussetzung, es 79%. Damit hängt die Entwicklung des Volks- Grundbedürfnisse wie Nahrung, Wohnraum, Beklei- einkommens im Kanton Zürich in erster Linie von dung, usw. zu decken. Die Nachhaltige Entwicklung der Entwicklung der Primäreinkommen der privaten strebt an, dass alle Menschen ihre Grundbedürfnisse Haushalte ab. Massnahmen zur Erhöhung des Pri- befriedigen können. Darüber hinaus soll auch weite- märeinkommens von Kapitalgesellschaften wie die ren Bedürfnissen wie Erholung, Kultur oder Weiterbil- Ansiedlung neuer Firmen oder Steuererleichterungen dung nachgegangen werden können. Ein steigendes wirken sich deshalb weniger stark auf das kantonale Volkseinkommen widerspiegelt zu einem grossen Teil Volkseinkommen aus als in anderen Kantonen. auch Produktivitätsgewinne. Somit ist ein möglichst Was die Beeinflussung der Einkommenshöhe be- hohes Volkseinkommen pro Kopf der Bevölkerung trifft, verfügt der Kanton grundsätzlich über geringe anzustreben. Handlungsmöglichkeiten. Vielmehr bestimmen die wirtschaftliche Entwicklung und die entsprechende Ausgangslage und Interpretation der Entwicklung Situation auf dem Arbeitsmarkt die Höhe des Volks- Mehr als ein Fünftel des schweizerischen Volksein- einkommens. kommens wird im Kanton Zürich generiert. Der Anteil Indirekt ergeben sich trotzdem diverse Handlungs- des Kantons Zürich am schweizerischen Volkseinkom- felder, welche das Einkommen der privaten und der men (22%) liegt über dem Bevölkerungsanteil (17%). juristischen Personen beeinflussen. Zürich erhält in Die nächstgrösseren Kantone, Bern und Waadt, errei- internationalen Vergleichen hinsichtlich Lebensqua- chen mit 11% bzw. 9% jeweils weniger als die Hälfte lität regelmässig Höchstnoten. Eine weitsichtige des Anteils des Kantons Zürich. Standortpolitik und die Erhaltung und Förderung Beim Volkseinkommen pro Kopf der Bevölkerung der hohen Lebens- und Umweltqualität beeinflus- belegt der Kanton Zürich hinter Basel-Stadt und Zug sen sowohl Firmen als auch Privatpersonen, sich im den dritten Platz. Im Jahr 2004 lag der Wert für den Kanton Zürich niederzulassen bzw. hier zu bleiben. Kanton Zürich um 28% über dem schweizerischen Ein Standort mit hoher Lebensqualität und attrak- Mittel. Über dem schweizerischen Mittel liegen ins- tiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zieht gesamt nur neun Kantone, 17 Kantone weisen ein wertschöpfungsstarke Unternehmen und in der unter dem Mittel liegendes Volkseinkommen pro Folge auch gut qualifizierte Arbeitnehmer/innen an. Kopf der Bevölkerung aus. Eine hervorragende Lebensqualität für Arbeitnehmer/ Im Zeitraum mit vergleichbaren Daten zwischen 1998 innen und die im Kanton Zürich wohnende Bevölke- und 2004 stieg das Volkseinkommen pro Kopf der rung kann somit einen entscheidenden Beitrag zu Bevölkerung im Kanton Zürich um knapp 10%. Die- einem langfristig hohen Volkseinkommen leisten. ser Anstieg entspricht dem schweizerischen Mittel. Das Volkseinkommen könnte auch durch eine Erhö- Damit konnte der Kanton Zürich seinen Anteil am hung der Erwerbsquote und des Beschäftigungsum- schweizerischen Volkseinkommen wahren, aber im fanges von Frauen gesteigert werden. Dafür wäre Gegensatz zum Kanton Basel-Stadt nicht ausbau- unter anderem eine bessere Vereinbarkeit von Familie en. Aufgrund seiner Wirtschaftsstruktur wurde der und Beruf wichtig. Kanton Zürich durch den Einbruch des Finanzsektors im Jahr 2001 besonders hart getroffen. Erst 2003 Weiterführende Informationen erreichte der Pro-Kopf-Wert wieder den Stand von • Statistisches Amt des Kantons Zürich, www.statistik.zh.ch 2000. Für die Zukunft kann beim Volkseinkommen • Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung: Eine Einführung ein weiteres Wachstum erwartet werden. in Theorie und Praxis, Bundesamt für Statistik (2003) • Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Resultate 1999 – 2004, Bundesamt für Statistik (2006) Handlungsfelder Das Volkseinkommen pro Kopf soll mittel- bis lang- fristig weiter steigen. Das Ziel des Kantons Zürich kann sich nicht auf das Halten der heutigen Positi- on beschränken. Im Gegensatz zum Kanton Zürich konnte der Kanton Basel-Stadt seine Position markant verbessern. Diese beiden Kantone unterscheiden sich bei der Bedeutung der einzelnen Komponenten des Volkseinkommens deutlich. Im Kanton Basel-Stadt 13
WIRTSCHAFT LEBENSKOSTEN Die Zürcher Haushalte geben rund einen Viertel für das Wohnen aus. Zürich ist weltweit die viertteuerste Stadt. Dank dem hohen Lohn- niveau verfügen die Zürcherinnen und Zürcher global betrachtet über die höchste Kaufkraft. Durchschnittliche Mietpreise Zielrichtung 110% 105% 100% indexiert, 2000 = 100% 95% 90% 85% 80% 75% 70% 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Schweiz Kanton Zürich Definition des Indikators Der Indikator erfasst den Durchschnitt der Mietpreise (Mittelwert der Quartalsmediane), wobei die Entwicklung indexiert dargestellt ist. Als 100% gilt der Durchschnitt der Mietpreise im Mai 2000. Datenquelle Statistisches Amt des Kantons Zürich, Mietpreiserhebung; Bundesamt für Statistik (BFS) Zürcher Städteindex der Konsumentenpreise Zielrichtung 110% 105% 100% indexiert, 2000 = 100% 95% 90% 85% 80% 75% 70% 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Kanton Zürich Definition des Indikators Der Zürcher Städteindex der Konsumentenpreise misst die Entwicklung des Preises eines durchschnittlichen Waren- und Dienstleistungskorbes der privaten Haushalte der Städte im Kanton Zürich. Die Entwicklung ist indexiert dargestellt (Dezember 2000 entspricht 100%). Datenquelle Statistisches Amt des Kantons Zürich 14
Nachhaltigkeitsbericht Kanton Zürich WIRTSCHAFT Nachhaltige Entwicklung und Lebenskosten Die Nachhaltige Entwicklung hat zum Ziel, dass die rem Lohn am meisten leisten. Werden für die Stadt Menschen ihre Bedürfnisse decken können. Die Be- Zürich Preis- und Lohnniveau miteinander verglichen, völkerung soll über einen möglichst hohen Wohlstand so zeigt sich, dass die Zürcher/innen weltweit über verfügen, welcher neben dem erzielten Einkommen die höchste Kaufkraft verfügen. Die Zeit, die jemand massgeblich durch die Höhe der Lebenshaltungskos- durchschnittlich arbeiten muss, um sich ein Kilo Brot ten bestimmt wird. Für die privaten Haushalte fallen kaufen zu können, verdeutlicht die globalen Unter- dabei vor allem die Kosten für den Wohnraum ins schiede. In Zürich sind es 10 Minuten, in Mexiko 53 Gewicht. Insbesondere Personen mit tiefem Einkom- Minuten. Auch im Vergleich mit der übrigen Schweiz men sollen nicht durch die anfallenden Fixkosten von ist das Leben in Zürich teuer. Den Zürcherinnen und Armut betroffen werden. Aus wirtschaftlicher und Zürchern stehen jedoch auch schweizweit die höchs- gesellschaftlicher Sicht sind die Lebenshaltungskos- ten Lohnsummen zur Finanzierung des Lebensunter- ten möglichst tief zu halten. halts zur Verfügung. Ausgangslage und Interpretation der Entwicklung Handlungsfelder Die wichtigste Grundlage für die Messung der Le- Stabile Lebenshaltungskosten und tiefe Kosten für benskosten ist für die Schweiz der Landesindex der das Wohnen sind wichtige Standortfaktoren für Konsumentenpreise und für den Kanton Zürich der einen attraktiven Lebens- und Wirtschaftsstandort. Zürcher Städteindex der Konsumentenpreise. Die Der Kanton Zürich als Teil der schweizerischen Volks- Veränderungen dieser Preisindizes zeigen die Verän- wirtschaft kann auf die Lebenshaltungskosten nur derungen der Lebenskosten auf. Betrachtet man die in geringem Masse Einfluss nehmen. Die Rahmen- Preise für Güter aus dem so genannten «Warenkorb» bedingungen werden vor allem durch den Markt (repräsentative Menge von Gütern zur Erfassung der bestimmt. Einen gewissen Entscheidungsspielraum Preisentwicklung), so gibt es zwischen Zürich und haben die Nationalbank, das eidgenössische Parla- der Schweiz insgesamt nur geringe Unterschiede. Die ment und der Bundesrat. Diese sind aber durch die wesentliche Differenz liegt bei der Gewichtung des internationalen Rahmenbedingungen eingeschränkt. Wohnens und der Entwicklung der Mietpreise. Eingriffe des Staates in die wirtschaftlichen Abläufe Die Haushalte in den Städten im Kanton Zürich ge- sind umstritten und oft unerwünscht. Dem Kanton ben für das Wohnen durchschnittlich knapp 24% bleiben höchstens punktuelle Massnahmen wie bei- aus. Im schweizerischen Mittel liegt der entspre- spielsweise solche, die Einfluss auf die Wohnkosten chende Anteil bei gut 22%. Die Gegenüberstellung haben können. Dazu zählt das Schaffen günstiger der Mietpreisindexreihen für die Städte im Kanton Bedingungen für die Wohnbautätigkeit, die Förde- Zürich und die Schweiz zeigt, dass die Zürcher Reihe rung des gemeinnützigen Wohnungsbaus und die markantere Ausschläge aufweist als die schweize- Subventionierung von Wohnungen. rische. Die Mietpreise der Zürcher Städte reagieren auf Veränderungen der Hypothekarzinsen rascher Weiterführende Informationen und stärker. Dies gilt sowohl bei Anstiegen als auch • Statistisches Amt des Kantons Zürich, www.statistik.zh.ch bei Rückgängen und ist auf den überdurchschnittlich • Preisstatistik 2005, Inventar der preisrelevanten hohen Anteil von Wohnungen der öffentlichen Hand politischen Massnahmen, Bundesamt für Statistik (2005) und von gemeinnützigen Bauträgern in den Zürcher • Entwicklung des Mietpreisindexes seit 1993, Pelli C., Statistische Berichte des Kantons Zürich, Heft 1 (2000) Städten zurückzuführen. • Zürcher Städteindex der Konsumentenpreise im Jahr 2005, Die Hypothekarzinsentwicklung ist nicht der einzige, Annaheim M., Statistik Stadt Zürich (2006) aber ein wichtiger Faktor für die Entwicklung der • Preise und Löhne, Ein Kaufkraftvergleich rund um die Welt, Mietzinse. Weiter zu beachten ist, dass der Bedarf an UBS (2006), www.ubs.com/research Wohnfläche pro Person in den letzten Jahren stetig zugenommen hat. Dies hat einerseits mit demogra- fischen Veränderungen zu tun (Überalterung) sowie mit veränderten Lebensformen (mehr Singles und kinderlose Paare). Andererseits sind die Ansprüche an das Wohnen gestiegen und damit auch die Bereit- schaft, höhere Wohnkosten in Kauf zu nehmen. Gemäss einer Studie der UBS ist Zürich weltweit die viertteuerste Stadt, nach Kopenhagen, London und Oslo. Trotzdem können sich die Stadtzürcher/ innen – aufgrund des hohen Lohnniveaus – von ih- 15
WIRTSCHAFT ARBEITSMARKT Der Zürcher Arbeitsmarkt bietet nicht nur viele, sondern auch vielfältige Arbeitsplätze. Er reagiert aber sensibler auf konjunkturelle Veränderun- gen als der schweizerische Durchschnitt. Von den Erwerbspersonen wird berufliche Flexibilität erwartet. Arbeitslosenquote Zielrichtung 6% 5% Anteil in % aller Erwerbspersonen 4% 3% Arbeitslosenquote Zielrichtung 6% 2% 5% Anteil in % aller Erwerbspersonen 1% 4% 0% 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 3% Schweiz Kanton Zürich 2% Definition des Indikators Die Arbeitslosenquote zeigt das Verhältnis der Arbeitslosen zu den Erwerbspersonen 1% (Erwerbstätige plus Stellensuchende) auf. Als arbeitslos gelten Personen, die beim Arbeitsamt 0% (RAV) gemeldet und sofort vermittlungsfähig sind. Nicht registrierte Personen und Personen Arbeitsplätze in Kursen 1990 1991 oder 1992Beschäftigungsprogrammen 1993 1994 1995 1996 1997werden1998 nicht 1999 oder 2000 nur 2001teilweise Zielrichtung erfasst. 2002 2003 2004 2005 104% Datenquelle Schweiz Kanton Zürich 102% Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA), Kanton Zürich 100% indexiert, 1990 = 100% 98% 96% Arbeitsplätze Zielrichtung 104% 94% 102% 92% 100% 90% indexiert, 1990 = 100% 98% 88% 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 96% Schweiz Kanton Zürich 94% 92% 90% 88% 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Schweiz Kanton Zürich Definition des Indikators Die Anzahl Arbeitsplätze zeigt auf, wie viele Beschäftigte im Arbeitsmarkt integriert sind. Als Beschäftigte werden diejenigen Personen erfasst, die pro Woche mehr als sechs Stunden einer vertraglich vereinbarten Arbeit nachgehen. Datenquelle Bundesamt für Statistik (BFS), Beschäftigungsstatistik und Betriebszählung 16
Nachhaltigkeitsbericht Kanton Zürich WIRTSCHAFT Nachhaltige Entwicklung und Arbeitsmarkt Aus Sicht der Wirtschaft und der Gesellschaft ist gezeigt, dass der Zürcher Arbeitsmarkt stärker als ein gut funktionierender Arbeitsmarkt ein zentra- andere Regionen auf konjunkturelle Bewegungen ler Zielbereich der Nachhaltigen Entwicklung. Arbeit reagiert. Dies kann durch die überproportionale Ver- ist ein wichtiges menschliches Bedürfnis. Neben der tretung des Dienstleistungssektors im Kanton Zürich Einkommenssicherung sind auch soziales Ansehen erklärt werden. Vier von fünf Arbeitsplätzen sind im und das Ausüben einer sinnstiftenden Beschäftigung «Dritten Sektor» angesiedelt. Dieser Sektor reagiert wichtig. Die Nachhaltige Entwicklung strebt Arbeits- schneller auf einen Wandel der Nachfrage und passt stellen in genügender Zahl und Vielfalt an. Dies, um seinen Personalbestand entsprechend an. als Arbeits- und Wirtschaftsstandort attraktiv zu sein. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist ein wichtiger Gleichzeitig soll die Anzahl Personen, die von Arbeits- Indikator für die Kapazität des Arbeitsmarktes, Stel- losigkeit betroffen sind, möglichst gering gehalten lensuchende in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Als werden. Langzeitarbeitslose werden diejenigen Arbeitslosen bezeichnet, die länger als ein Jahr bei einem Regi- Ausgangslage und Interpretation der Entwicklung onalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) gemeldet Jeder fünfte Arbeitsplatz der Schweiz befindet sich sind. 2005 waren dies im Jahresdurchschnitt 18% im Kanton Zürich. 720 000 Arbeitnehmende sind hier aller Arbeitslosen. Diese Quote ist seit 2004 im Sin- tätig. 81,8% der Bevölkerung zwischen 15 und 64 ken begriffen und liegt inzwischen unterhalb des Jahren gehen einem Erwerb nach. Damit schöpft der Schweizer Durchschnitts. Kanton Zürich sein Arbeitskräftepotential von allen Kantonen der Schweiz am stärksten aus. Handlungsfelder In den 80er Jahren ist die Erwerbsquote und das Der Kanton will seine für die gesamte Schweiz wich- Angebot an Stellen stark gestiegen. Nach einem tige Stellung als Wirtschaftsstandort behalten und Höchststand Anfang der 90er Jahre ist die Zahl der ausbauen. Die Rahmenbedingungen für mehr und Arbeitsplätze jedoch deutlich zurückgegangen. Bis zugleich vielfältige, attraktive Arbeitsplätze sollen 1997 ging im Kanton Zürich jeder zehnte Arbeits- weiter gestärkt werden. So betreibt das Amt für Wirt- platz verloren. Viele dieser Arbeitsplätze wurden in schaft und Arbeit einerseits aktive Standortförderung, der darauf folgenden konjunkturellen Entspannung begünstigt die Niederlassung ausländischer Firmen wieder geschaffen. Ein weiteres Wachstum wurde im Kanton, erteilt ausländischen Arbeitskräften Be- aber vorerst gestoppt. willigungen und kontrolliert die Arbeitsbedingungen Kurzfristig wird die Zahl der Arbeitsplätze vor allem in den Unternehmen. Andererseits beraten und ver- durch die konjunkturelle Entwicklung beeinflusst. mitteln die RAV Stellensuchende und organisieren Der Arbeitsmarkt wird darüber hinaus durch meh- Kurse, um deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu rere langfristig wirkende strukturelle Einflüsse ge- erhöhen. Zur Erreichung des Ziels, Arbeitslose mög- prägt. Dazu gehören das Wachstum im Dienstleis- lichst schnell und dauerhaft in den Arbeitsmarkt zu tungssektor, der starke Anstieg der Erwerbsquote integrieren, arbeiten die RAV mit Arbeitgebern, priva- von Frauen, der Anstieg der Teilzeitarbeitsstellen und ten Stellenvermittlungen und verschiedenen Partnern die Zunahme bei den Temporärarbeitsstellen. Diese der öffentlichen Hand zusammen. auch gesamtschweizerisch zu beobachtenden Trends werden sich in den nächsten Jahren weiter fortsetzen. Weiterführende Informationen Der durch den technologischen Fortschritt geprägte • Amt für Wirtschaft und Arbeit, AWA, Kanton Zürich, wirtschaftliche Wandel verändert die Anforderungen www.awa.zh.ch an die Arbeitnehmenden kontinuierlich. Die hohe • Regionale Arbeitsvermittlungszentren, Kanton Zürich, www.rav.zh.ch Dynamik auf dem Zürcher Arbeitsmarkt fordert in • Arbeitsmarktbeobachtung Ostschweiz, Aargau und Zug, zunehmendem Masse berufliche Flexibilität (Tätigkeit, www.amosa.net Arbeitszeit usw.), Mobilität und konstante Weiterbil- • Arbeitsverhältnisse im wirtschaftlichen Strukturwandel, dung der Arbeitnehmenden. Bentz D., statistik.info 03 (2006), www.statistik.zh.ch In den frühen 90er Jahren und erneut nach 2002 ist die Zahl der Arbeitslosen stark gestiegen. Die Börsenschwäche in den Jahren 2001 und 2002, der Nachfrageeinbruch in der Flugverkehrsbranche usw. führte auch dazu, dass viele gut qualifizierte Arbeit- nehmende entlassen wurden. Besorgniserregend ist ausserdem die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Seit 2006 ist eine deutliche Erholung spürbar. Es hat sich 17
WIRTSCHAFT INVESTITIONEN Investitionen bilden die Basis für die Produktion von morgen. Bauinvestitionen helfen das physische Kapital (Hochbauten, Infrastrukturanlagen usw.) zu erhalten oder zu erweitern. Geeignete Investitionen sollen optimale Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schaffen und einen Nutzen für Gesellschaft und Wirtschaft generieren. Öffentliche und private 1) Investitionen in Neubau ohne Abbruch; Zielrichtung Bauinvestitionen 2) Investitionen in Neubau mit Abbruch / Umbau / Abbruch; Zielrichtung 20‰ 18‰ Anteil an GVZ-Versicherungssumme in ‰ 16‰ 14‰ 12‰ 10‰ 8‰ 6‰ 4‰ 2‰ 0‰ 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 1) Investitionen in Neubau ohne Abbruch 2) Investitionen in Neubau mit Abbruch / Umbau / Abbruch Definition des Indikators Die beiden Indikatoren machen Aussagen zur Investitionstätigkeit im Bausektor durch Private und die öffentliche Hand. Die beiden Indikatoren werden wie folgt berechnet: 1) Investitionen in Neubau ohne vorhergegangenem Abbruch / Totalwert der Bausubstanz (gemäss Versicherungssumme der Gebäudeversicherung Kanton Zürich, GVZ). Damit bildet man im Wesentlichen die Aufwendungen für die Vermehrung des physischen Kapitals ab. 2) (Investitionen in Neubau mit vorhergegangenem Abbruch + Investitionen in Umbau + Investitionen für Abbruch) / Totalwert der Bausubstanz (gemäss Versicherungssumme der Gebäudeversicherung Kanton Zürich, GVZ). Damit bildet man im Wesentlichen die Aufwen- dungen für die Aufrechterhaltung und den Ersatz des physischen Kapitals (alle Arten von Hochbauten und Infrastrukturanlagen) ab. Datenquelle Bundesamt für Statistik (BFS); Gebäudeversicherung Kanton Zürich (GVZ) 18
Nachhaltigkeitsbericht Kanton Zürich WIRTSCHAFT Nachhaltige Entwicklung und Investitionen Handlungsfelder Private und öffentliche Investitionen ermöglichen den Der Kanton Zürich kann in diesem Bereich massgeb- Erhalt bzw. den Ausbau eines wichtigen Produktions- lich zu einer Nachhaltigen Entwicklung beitragen. faktors, nämlich des produzierten Kapitals. Investitio- Dies einerseits durch seine Investitionstätigkeit für nen bilden die Basis für die Produktion von morgen Infrastrukturanlagen und Hochbauten. Andererseits und helfen die Grundlage für die wirtschaftliche und kann er Rahmenbedingungen schaffen, welche An- gesellschaftliche Entwicklung für kommende Gene- reize für nachhaltige Investitionen erzeugen. rationen zu erhalten oder gar zu verbessern. Dabei Als Instrumente können die kantonale Richtplanung, sollen getätigte Investitionen langfristig einen Nutzen Bauvorschriften, Förderprogramme usw. dienen, für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zeitigen. damit vermehrt ökologisch und sozial verträgliche Bauinvestitionen – private und öffentliche – helfen Siedlungen und Hochbauten erstellt werden. So kön- die bestehende Struktur auch für kommende Gene- nen häufiger auch private Investoren eingebunden rationen zu erhalten oder zu erweitern. Sie leisten werden. so einen Beitrag zu einer Nachhaltigen Entwicklung, Durch nachhaltiges Bauen kann wesentlicher Einfluss indem das physische Kapital (Hochbauten, Infra- auf das physische Kapital genommen werden. Nach- strukturanlagen usw.) erhalten oder erhöht wird. haltiges Bauen heisst, den Menschen mit einzubezie- Andererseits besteht auch die Gefahr negativer Aus- hen und ökonomisch akzeptable sowie ökologisch wirkungen. Dies trifft dann ein, wenn Investitionen verträgliche Lösungen für Bauvorhaben zu finden. Umweltkapital zerstören oder den Handlungsspiel- Dabei ist speziell eine langfristige Perspektive zu raum kommender Generationen einschränken. Ge- wählen. Die SIA Empfehlungen 112/1 bilden einen rade bei Investitionen in neue Infrastrukturanlagen wichtigen Orientierungsrahmen für «Nachhaltiges ist dies speziell zu berücksichtigen. Allerdings be- Bauen» im Hochbau. Der darin enthaltene Kriteri- schränken sich die beiden Indikatoren auf die Bau- enkatalog beinhaltet qualitative Zielvereinbarungen investitionen und klammern die Ausrüstungs- und für die Bereiche Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Forschungsinvestitionen aus. Im Bereich Gesellschaft soll beispielsweise auf eine gute soziale Durchmischung und auf eine optimale Ausgangslage und Interpretation der Entwicklung Erreichbarkeit durch den öffentlichen Verkehr ge- Der erste Indikator – Investitionen in Neubauten ohne achtet werden. Aus wirtschaftlicher Sicht braucht es Abbruch im Verhältnis zum Totalwert der Bausub- eine Bausubstanz mit hoher Wertbeständigkeit und stanz – ist seit 1994 rückläufig. Vor allem im Jahr niedrige Unterhaltskosten. Im Bereich Umwelt gibt 2005 kam es zu einem starken Rückgang der Inves- es Kriterien zum Schadstoffgehalt der Baustoffe und titionen ohne Abbruch. Diese Entwicklung, das heisst, zum Energiebedarf für Heizung und Warmwasser. die Abnahme der Bauinvestitionen «auf der grünen Wiese» ist unter dem Gesichtspunkt der Nachhal- Weiterführende Informationen tigen Entwicklung erwünscht. Solche Investitionen • Finanzverwaltung Kanton Zürich, www.fv.zh.ch vermindern das Umweltkapital und bewirken ten- • eco-bau, Nachhaltigkeit im öffentlichen Bau, denziell eine Zunahme der Aufwendungen für Bau, www.eco-bau.ch Betrieb und Unterhalt der Infrastrukturanlagen. • Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein, SIA, www.sia.ch Der zweite Indikator – Investitionen in Neubau mit vorhergegangenem Abbruch plus Investitionen in Umbau plus Investitionen in Abbruch im Verhältnis zum Totalwert der Bausubstanz – bewegt sich im Zeitraum von 1994 bis 2004 in einer engen Band- breite. Seit 2003 ist er jedoch stark gestiegen. Im Verhältnis zum Totalwert der Bausubstanz haben die Erhaltungs- und Erneuerungsinvestitionen am physi- schen Kapital also zugenommen. Ob dies im Einklang mit der Nachhaltigen Entwicklung steht, ist schwer zu beurteilen. Dazu müssten qualitative Angaben zu den Investitionen verfügbar sein. 19
WIRTSCHAFT RESSOURCENEFFIZIENZ Es braucht eine dauerhafte Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Energie- bzw. Ressourcenverbrauch. Nur so können der Wohlstand hoch gehalten und die negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt verringert werden. Dazu braucht es Verbesserungen bei der Energie- und Ressourceneffizienz. Gesamtenergieverbrauch pro Volkseinkommen Zielrichtung 0,7 0,6 Volkseinkommen (kWh / SFr.) Gesamtenergieverbrauch / 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Definition des Indikators Der Indikator setzt den Gesamtenergieverbrauch (in kWh; Endenergieverbrauch der Bereiche Wirtschaft, Haushalt, Verkehr) ins Verhältnis zum Volkseinkommen (in SFr.). Der Indikator ver- deutlicht damit, wie viel Energie (in kWh) aufgewendet werden muss, um einen Franken Volks- einkommen zu erwirtschaften. Der Berechnung liegt das inflationsbereinigte Volkseinkommen (bezogen auf 2004) zugrunde. Weitere Informationen zur Erhebung des Volkseinkommens finden sich im Kapitel «Einkommen» (siehe Seite 12). Der zusammengesetzte Wert ist gemäss der Zielerreichung (Entkoppelung von Wohlstand und Energieverbrauch) ein wichtiger Indika- tor. Er ist jedoch nicht eindeutig zu interpretieren, da der Gesamtenergieverbrauch wie auch das Volkseinkommen durch die verschiedensten Faktoren beeinflusst werden. Datenquelle Statistisches Amt des Kantons Zürich; Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) 20
Nachhaltigkeitsbericht Kanton Zürich WIRTSCHAFT Nachhaltige Entwicklung und Ressourceneffizienz Ein verantwortungsbewusster Umgang mit natürli- ceneffizienz steht dementsprechend auch im Interes- chen Ressourcen stellt eine zentrale Grundlage für se der Unternehmen. Steigen die Preise für Rohstoffe die Nachhaltige Entwicklung dar. Die Nachhaltige weiter an, wird die Ressourceneffizienz vermehrt zu Entwicklung verfolgt das Ziel, den Ressourcenver- einer unternehmerischen Notwendigkeit. brauch zu senken und gleichzeitig den Wohlstand zu steigern. Dabei wird eine dauerhafte Entkopplung Handlungsfelder von Wirtschaftswachstum und Umweltbelastung an- Die Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und gestrebt. In dieser Hinsicht fällt der Wirtschaft eine Ressourcenverbrauch muss weiter vorangetrieben zentrale Rolle zu, da ressourcenextensivere Produk- werden, so dass nicht nur die Effizienz von Ener- te und Prozesse nur über Innovationen entstehen. gie- und Materialeinsatz zunimmt, sondern auch Damit kann langfristig eine Steigerung der Ressour- der Gesamtverbrauch sinkt. Des Weiteren soll der cen- und Energieeffizienz erreicht werden. Ersatz von nicht erneuerbaren Ressourcen durch er- neuerbare gefördert werden. Dies würde nicht nur Ausgangslage und Interpretation der Entwicklung die Abhängigkeit von erschöpfbaren Ressourcen Global betrachtet hat in den letzten 25 Jahren eine reduzieren, sondern auch die Umweltbelastung ins- zunehmende Entkoppelung von Wirtschaftswachs- gesamt verringern. Eine Dienstleistungsgesellschaft, tum und Ressourcenverbrauch stattgefunden. Im welche verarbeitungsintensive Produkte – zusammen Vergleich zum Ressourcenabbau vergrösserte sich das mit viel «grauer Energie» – importiert, soll darüber Weltbruttoinlandprodukt gut um das Doppelte. Die hinaus eine global ausgerichtete Strategie verfolgen. Weltwirtschaft nutzt die Ressourcen zwar effizienter, Die so genannte «integrierte Produktepolitik» (IPP) gleichzeitig produziert sie aber auch immer mehr verfolgt das Ziel, dass Produkte und Dienstleistun- Güter. Der Energie- und Materialinput der Weltwirt- gen während des gesamten Lebenszyklus (Planungs-, schaft stieg somit – absolut betrachtet – weiter an, Herstellungs-, Nutzungs- und Entsorgungsphase) und die globalen Ökosysteme konnten nicht entlastet hohen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen werden. Anforderungen genügen. Die öffentliche Hand kann Die Abbildung zeigt, dass auch im Kanton Zürich eine IPP im Sinne ihrer Vorbildfunktion verfolgen. eine Tendenz zur Entkoppelung zu beobachten ist. Die Unternehmen sollen die Forderung nach verbes- Bei ungefähr gleich bleibendem Energieverbrauch serter Ressourceneffizienz als Herausforderung wahr- (siehe Zielbereich «Energieverbrauch», S. 40) konnte nehmen. Die Entwicklung neuer Produktionsprozesse mehr Volkseinkommen generiert werden. Diese Ent- ist innovationsfördernd und kann zur Steigerung der koppelung ist zum einen auf eine verbesserte Energie- Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Eine verbesserte und Materialeffizienz zurückzuführen, resultiert aber Ressourceneffizienz und ein insgesamt geringerer auch aus einem wirtschaftlichen Strukturwandel in Verbrauch von Material und Energie kommen sowohl Richtung Dienstleistungsgesellschaft. Produkte, bei den Unternehmen als auch der Umwelt zugute. denen eine geringe Wertschöpfung erzielt wird und Die Handlungsmöglichkeiten des Kantons Zürich sind die einen hohen Material- und Energieinput erfor- relativ beschränkt, da hauptsächlich die Rohstoffprei- dern, werden immer häufiger importiert. Der Bedarf se die Nutzungsintensität bestimmen. Es könnten an Energie für Herstellung, Transport und Lagerung jedoch vermehrt Anreize geschaffen werden, bei- (so genannte «graue Energie») verlagert sich dem- spielsweise durch Lenkungsabgaben, welche zu entsprechend ins Ausland. einem effizienteren – und auch absolut verringerten Der Ölpreis und die Preise für andere Rohstoffe wie – Ressourcenverbrauch führen. Kupfer, Nickel, Platin, Aluminium usw. sind in den letzten Jahren stark angestiegen. Aufgrund der enor- Weiterführende Informationen men Nachfrage nach Rohstoffen, gerade auch durch • Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, AWEL, Schwellenländer wie China, Indien oder Brasilien, ist Kanton Zürich, www.awel.zh.ch langfristig keine Wende bei der Preisentwicklung in • Energieeffiziente Produkte, www.topten.ch Sicht. Die grosse und weiter steigende Nachfrage nach Ressourcen und die verstärkten Investitionen, die in die Förderung und Aufbereitung getätigt wer- den müssen, werden die Preise weiter nach oben treiben. Eine Steigerung der Energie- und Ressour- 21
Sie können auch lesen