Berufsbild der Lehrerinnen und Lehrer
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Berufsbild der Lehrerinnen und Lehrer Arbeitskreis Südtiroler Mittel-, Ober- und Berufsschullehrer/innen ASM Broschüre.indd 1 23.01.2007 15:25:41 Uhr
© 2007 Herausgeber Arbeitskreis Südtiroler Mittel-, Ober- und Berufsschullehrer/ innen (ASM), Katholischer Südtiroler Lehrerbund (KSL) Redaktion Martina Adami, Gerda Corazza, Peter Fulterer, Paul Peter Niederwolfsgruber, Helga Pircher, Andreas Stoll Foto Titelseite Hanna Battisti, Kaltern Grafische Gestaltung Hermann Battisti, Bozen ASM Broschüre.indd 2 23.01.2007 15:25:47 Uhr
Das Berufsbild der Lehrerinnen und Lehrer: die Entstehungsgeschichte Die Idee und der Wunsch, unseren Beruf darzustellen Der dritte Schritt war dann die Bildung einer Redakti- und einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren, onsgruppe, welche die Ergebnisse der Lehrerbefragung, sind schon einige Jahre alt. die Ergebnisse der Bezirksversammlungen 2004 zum Aber erst 2004 ist es gelungen eine ASM-Arbeitsgrup- Berufsbild sowie die Ergebnisse der Fortbildungsver- pe zu bilden, in welcher der Wunsch allmählich kon- anstaltungen zum Berufsbild 2005/2006 verschrift- kretere Gestalt annahm. Die Arbeitsgruppe hat einen lichte. Fragebogen ausgearbeitet, welcher die Sicht der Lehr- Der Text wurde in Teilen mehrmals über die Mittei- personen auf ihren Beruf und die Anforderungen des lungsblätter der beiden Verbände veröffentlicht und Berufes eruieren sollte. Drei Viertel der Fragebögen die Lehrerverbände haben zahlreiche ganz wichtige sind von den Lehrerinnen und Lehrern beantwortet kritisch-konstruktive Rückmeldungen bekommen, worden, ein einmaliges Ergebnis! über persönliche Gespräche, über Mails, aber auch bei Die Fragebögen wurden in den ASM-Bezirken ausge- den Bezirksversammlungen, die im November 2006 wertet und stellten eine erste Grundlage für das Be- abgehalten wurden, um das Berufsbild zu verabschie- rufsbild dar. den. Ein zweiter wichtiger Schritt war der, dass der Katho- Wir danken den vielen Lehrerinnen und Lehrern, die lische Südtiroler Lehrerbund (KSL, für die Grund- zur Gestaltung dieses Berufsbildes beigetragen haben, schullehrer/innen) und die Berufschullehrer/innen in wir danken den Mitgliedern der Arbeitsgruppe „Be- die Arbeit am Berufsbild der Lehrerinnen und Lehrer rufsbild“ und der Redaktionsgruppe „Berufsbild“ und mit einbezogen wurden. wir danken ganz besonders Herrn Dr. Andreas Stoll, welcher uns mit großem Engagement die zwei Jahre über wissenschaftlich begleitet hat. Für den ASM Für den KSL Dr. Martina Adami Paul Peter Niederwolfsgruber 3 ASM Broschüre.indd 3 23.01.2007 15:25:48 Uhr
bindliche Hinweise, wie die Schule und der Arbeits- Berufsbild platz der Lehrerinnen und Lehrer gestaltet werden oder Berufsleitbild ? sollen. • Ein Berufsleitbild gibt Richtlinien für die Aus- Über den Beruf der Lehrerinnen und Lehrer gibt es in übung des Lehrerberufs. Es stellt Ansprüche an die der Fachliteratur, in der öffentlichen Meinung und Lehrerschaft und formuliert Wünsche, Empfeh- auch unter dem Lehrpersonal selbst eine Vielfalt von lungen und Forderungen, nach denen Lehrerinnen Vorstellungen, die teilweise in Richtung Leitbild und und Lehrer ihren Beruf ausüben sollen. teilweise in Richtung Berufsbild, meist aber ohne klare • Ein Berufsleitbild ist zukunftsorientiert; es vermit- Unterscheidung formuliert werden. Die Ausdrücke telt Vorstellungen, wie der Lehrerberuf weiterent- Berufsbild und Berufsleitbild meinen begrifflich nicht wickelt werden soll. dasselbe und sollten daher im Zusammenhang mit dem Lehrerberuf in ihrer unterschiedlichen Bedeutung Berufsbild als Grundlage verwendet werden. Der wichtigste Unterschied zwi- für ein Berufsleitbild schen beiden ist: Ein Berufsbild ist deskriptiv und ein • Ein sachliches Bild von der gegenwärtigen Berufs- Berufsleitbild ist normativ. situation und vom aktuellen Berufsverständnis der Lehrerinnen und Lehrer bildet die Grundlage, auf Berufsbild der künftig ein konsensfähiges und verbindliches • Das Berufsbild der Lehrerinnen und Lehrer ist Leitbild für den Lehrerberuf entwickelt werden eine sachliche Beschreibung all dessen, was den kann. Lehrerberuf kennzeichnet und was für die Aus- • Die Entwicklung eines konsensfähigen Berufsleit- übung dieses Berufes wesentlich und wichtig ist. bildes ist ein Vorhaben, das die Zusammenarbeit • Es vermittelt ein möglichst objektives Bild, wie zwischen den zuständigen politischen und adminis- die gegenwärtige Berufssituation von Lehrerinnen trativen Instanzen einerseits und den Lehrervereini- und Lehrern gesehen und verstanden wird. Ein Be- gungen und Gewerkschaften anderseits erforderlich rufsbild ist vor allem das Bild, das Lehrerinnen und macht. Lehrer von ihrem eigenen Beruf haben, wie sie sich • Mit der Formulierung eines realistischen Berufs- in ihrer Berufsarbeit selbst verstehen und wie sie bildes leisten die Lehrerverbände eine unverzicht- von anderen verstanden werden wollen. bare Vorarbeit für die Entwicklung eines konsens- • Das Berufsbild gibt eine differenzierte Informa- fähigen Berufsleitbildes. tion über die verschiedenen Aspekte des Berufs: Auftrag, Tätigkeiten und Aufgaben, fachliche und Die beiden Lehrerverbände - ASM und KSL - halten menschliche Anforderungen, Rahmenbedingungen es für sinnvoll, sich zunächst um ein klares Berufsbild und Erwartungen. zu bemühen, sind aber bereit, darauf aufbauend ge- meinsam mit anderen Instanzen sich auch für die Er- Berufsleitbild arbeitung eines Leitbildes einzusetzen. Mit der Erar- • Ein Leitbild des Lehrerberufs enthält Normen beitung eines sachlich orientierten Berufsbildes wollen und Vorgaben, an denen sich das pädagogische, sie zunächst zur Klärung des aktuellen Berufsverständ- bildungspolitische und gewerkschaftliche Handeln nisses beitragen. für den Schulbereich orientieren soll. Es gibt ver- 4 ASM Broschüre.indd 4 23.01.2007 15:25:50 Uhr
Aufwertung des Lehrerberufes Wozu dient in der Öffentlichkeit ein Berufsbild? Ein Berufsbild soll und kann vor allem auch dazu beitragen, das Ansehen und die Attraktivität des Im Einzelnen sind für ein Lehrerberufsbild folgende Lehrerberufs in der Öffentlichkeit zu stärken. Es soll Zielsetzungen besonders wichtig: und kann der Öffentlichkeit die Wichtigkeit und Komplexität des Lehrerberufs klarer bewusst machen, Klärung der beruflichen Identität indem es ihr differenziertere Vorstellungen davon ver- Ein Berufsbild soll Lehrerinnen und Lehrer dazu mittelt, welche Vielfalt von Aufgaben, Tätigkeiten und anregen, sich kontinuierlich um ihr eigenes Berufsver- Verantwortungen Lehrerinnen und Lehrer in ihrem ständnis zu kümmern, sich durch entsprechende Re- Beruf wahrzunehmen haben. Durch solche Aussagen flexion der eigenen Berufspraxis ein klares berufliches kann das Berufsbild einen wichtigen Beitrag zur Ent- Selbstbild zu erarbeiten, die eigene berufliche Identität wicklung einer möglichst gerechten und realistischen zu vertiefen und das Gefühl der Zugehörigkeit zum öffentlichen Meinung zum Lehrerberuf leisten. Durch Beruf zu stärken. die Aufwertung des Lehrerberufs in der Öffentlichkeit werden die berufliche Motivation der Lehrerinnen und Stärkung der Professionalität Lehrer und damit die Qualität ihrer beruflichen Arbeit Ein klares Berufsbild soll Lehrerinnen und Lehrern gestärkt, und dadurch wird letztlich auch die Qualität stärker bewusst machen, dass ihre anspruchsvolle Ar- der Schule und des Bildungssystems überhaupt nach- beit für heranwachsende Menschen und über sie für haltig gesichert und gefördert. die Gesellschaft sehr wichtig ist. Dieses Wichtigkeits- erlebnis stärkt ihr Selbstwertgefühl, stärkt ihr Vertrau- Orientierung für die Lehrerausbildung und en in die eigene Arbeit und bestärkt sie in ihrem Be- Lehrerfortbildung mühen um die eigene Professionalität. Ein klar und differenziert formuliertes Berufsbild hilft auch, sich darüber zu verständigen, welche Anfor- Orientierung für die Evaluation derungen an die Lehrerausbildung gestellt werden der eigenen Arbeit müssen, damit die angehenden Lehrerinnen und Leh- Die Aussagen eines Berufsbildes sollen den Lehre- rer auf die tatsächlichen Erfordernisse einer effizienten rinnen und Lehrern auch Aspekte aufzeigen, unter de- Bildungsarbeit und auf die dafür erforderliche beruf- nen sie ihre Berufstätigkeit selbstbewusst und selbst- liche Tätigkeit vorbereitet und ausgebildet werden. kritisch evaluieren, nach Verbesserungen suchen und Auch für die Lehrerfortbildung soll das Berufsbild als dadurch ihr berufliches Selbstkonzept weiter entwi- wichtige Orientierung dienen, damit die einzelnen ckeln können. Das Berufsbild dient somit der Selbst- Angebote möglichst effizient auf die konkreten Erfor- evaluation, es kann aber auch Bezugspunkt für die dernisse des Lehrerberufs abgestimmt und gestaltet schulinterne und schulexterne Evaluation sein. werden. Eine solche Orientierung soll vor allem auch die Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Haltung bestär- ken, das kontinuierliche Weiterlernen im Beruf als selbstverständlichen Bestandteil ihrer beruflichen Tä- tigkeit zu erleben. 5 ASM Broschüre.indd 5 23.01.2007 15:25:51 Uhr
Orientierung für die Schul- und Bildungspolitik Das Berufsbild der Klare Aussagen über den Beruf der Lehrerinnen Lehrerinnen und Lehrer und Lehrer bilden auch eine wichtige Orientierungs- grundlage bei der Suche nach geeigneten politischen Maßnahmen. Die verstärkte Beachtung der Realität des Lehrerberufs wird Politiker und Schulverwalter veranlassen, ihre Maßnahmen und Entscheidungen eindeutig auf die zentralen pädagogischen Aufgaben des Lehrerberufs abzustimmen und Rahmenbedin- gungen zu schaffen, welche primär die Wirksamkeit der Arbeit mit Schülerinnen und Schülern sichern und unterstützen. Lehrerinnen und Lehrer erwarten, dass die Politik es zu ihrem Anliegen macht, die Professio- nalität der Lehrerinnen und Lehrer gesellschaftlich aufzuwerten und deren Wirksamkeit zu optimieren, im Bewusstsein, dass die Qualität der beruflichen Ar- beit der Lehrerinnen und Lehrer eine wesentliche Grundlage für die Zukunft unserer Gesellschaft ist. Schutz vor unangemessenen Anforderungen Differenzierte Informationen über den Lehrerberuf sollen Eltern, Verwalter und Politiker auch dazu ver- anlassen, sich zu überlegen, was Lehrerinnen und Leh- rern unter den gegebenen Rahmenbedingungen zu- gemutet werden kann und was nicht, welche Anforderungen angemessen sind und welche nicht. Ein klares Berufsbild soll dazu beitragen, dass Lehre- rinnen und Lehrer vor unangemessenen Anforde- rungen geschützt werden, d. h. dass an sie keine For- derungen gestellt werden, für die sie nicht ausgebildet sind bzw. denen sie weder kraft- noch zeitmäßig ge- recht werden können. 6 ASM Broschüre.indd 6 23.01.2007 15:25:52 Uhr
A Einklang mit den demokratischen Grundwerten un- Gesellschaftlicher serer Gesellschaft finden können. Bildungsauftrag Vor diesem Hintergrund verstehen Lehrerinnen und Lehrer ihre Arbeit als gesellschaftlichen Auftrag, mit Lehrerinnen und Lehrer begleiten und folgenden grundsätzlichen Zielen: unterstützen Schülerinnen und Schüler in Kinder und Jugendliche zu befähigen, ihrer Entwicklung, damit sie befähigt • sich in einem sozialen Gefüge zurecht zu finden werden, sich in Gemeinschaft und Gesell- und daran aktiv mitzuwirken, schaft zurecht zu finden, Wissen und • das eigene Leben selbstständig und verantwor- Können weiter zu entwickeln und zu tungsbewusst zu gestalten, nutzen, das eigene Leben selbstständig • Wissen und Können weiter zu entwickeln und zu und verantwortungsbewusst zu gestalten nutzen. sowie am gesellschaftlichen Leben aktiv mitzuwirken. Lehrerinnen und Lehrer sehen diese Aufgabe als gesellschaftlichen Auftrag. Eine demokratische Gesellschaft funktioniert, wenn sie von einem Bewusstsein der Legalität und Toleranz geleitet wird und wenn innerhalb des bestehenden Pluralismus Grundwerte anerkannt werden. Das verlangt von den Bürgerinnen und Bürgern, • dass sie im Stande sind, ihre individuelle Kraft, ihre Kreativität, ihre Initiative lebensbejahend für sich und für andere einzubringen, • dass sie Kritikfähigkeit einsetzen können und fä- hig sind, für sich zu entscheiden und auszuwählen, • dass sie über Schlüsselqualifikationen verfügen und fähig sind, diese für ihre persönlichen, sozialen und erwerbsmäßigen Belange zu nutzen. Lehrerinnen und Lehrer helfen mit, die dafür erfor- derlichen Lernprozesse anzuregen, und begleiten diese. Sie unterstützen ihre Schülerinnen und Schüler beim Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertig- keiten. Nur so können Heranwachsende befähigt wer- den, die Lebensmöglichkeiten, welche die Gesellschaft bietet, zu nutzen, aber auch bei der Sicherung bzw. Verbesserung der gesellschaftlichen Wirklichkeit pro- duktiv mitzuwirken. Lehrerinnen und Lehrer tragen auch dazu bei, dass Jugendliche ihren Lebensweg in 7 ASM Broschüre.indd 7 23.01.2007 15:25:53 Uhr
B Lehrer einen doppelten Auftrag wahr: Einerseits erfül- Tätigkeiten len sie die in den Bildungszielen festgelegten Ansprü- und Aufgaben che der Gesellschaft und andererseits unterstützen sie Schülerinnen und Schüler darin, ihre individuellen Die Tätigkeiten und Aufgaben von Lehre- Fähigkeiten zu erkennen, zu entwickeln und zu nut- rinnen und Lehrern in der Schule sind zen. komplex und in ihrer Vielfalt für Außen- Zu einem effizienten Unterricht gehört das Anregen stehende nicht immer durchschaubar. Die und Fördern von eigenverantwortlichem Lernen, das Unterrichtsarbeit baut auf einer umfas- auch eine entsprechende Beratung notwendig macht, senden Planung, Vor- und Nachbereitung sowie die Unterstützung von fachübergreifendem, ver- des Unterrichts, auf regelmäßiger Über- netztem und kritischem Denken. Gleichzeitig ermög- prüfung (Hausarbeiten, Tests, Schular- lichen Lehrerinnen und Lehrer neben kognitiven auch beiten, Prüfungsgespräche, ...), Bewertung soziale und wertbezogene Erfahrungen. und Dokumentation auf. Dadurch bekom- Zudem leisten Lehrerinnen und Lehrer über den cur- men Lehrerinnen und Lehrer wichtige ricularen Unterricht und die Fördermaßnahmen hin- Rückmeldungen über den Erfolg ihrer aus bei Aufsichten und unterrichtsbegleitenden Tätig- Arbeit. Daneben werden Erziehungsaufga- keiten (Lehrausgängen, Lehrfahrten, ...) wichtige päda- ben in der Schule immer bedeutender. gogisch-didaktische Arbeit. Eingebettet ist die Unterrichts- und Erzie- Lehren und Erziehen sind untrennbare Aspekte der hungsarbeit in die aktive Mitgestaltung pädagogischen Arbeit. Lehrerinnen und Lehrer neh- der eigenen Schule als Ort des Lernens. men als wichtige Bezugspersonen erheblichen Einfluss All diese Tätigkeiten sind durch Fort- und auf die Persönlichkeitsentwicklung der Heranwachsen- Weiterbildung begleitet. den. Sie sind sich bewusst, dass sie durch ihre Persön- lichkeit und durch ihr Verhalten Schülerinnen und Das Arbeitsfeld von Lehrerinnen und Lehrern ist viel- Schüler beeinflussen können. Sie wissen aber, dass fältig und komplex; es umfasst u. a. auch verschiedene Heranwachsende auch durch andere Einflüsse inner- Bereiche, die für die Öffentlichkeit nicht unmittelbar halb und außerhalb der Schule geprägt werden. sichtbar werden. Schulische Erziehung erfolgt im Sinn und in Erfüllung des Lehrplans und der gesetzlich verankerten Rahmen- Unterricht und Erziehung richtlinien. Die Erziehungsaufgaben von Lehrpersonen Das Aufgabenspektrum von Lehrerinnen und Leh- finden ihre Grenzen zum einen im Erziehungsrecht rern wird wesentlich durch das Unterrichten und die und in der Erziehungspflicht der Eltern, zum anderen Arbeit mit Schülerinnen und Schülern, durch die ge- in den Situationen, welche die Hilfe entsprechend ge- zielte Planung, Organisation, Gestaltung und Reflexi- schulter Fachkräfte notwendig machen. Lehrerinnen on von Lehr- und Lernprozessen geprägt. Nur so kön- und Lehrer nehmen Probleme und Erfordernisse wahr, nen nachhaltige Lernprozesse auf professionelle Weise vermitteln Kontakte zu zuständigen Dienststellen und angebahnt, begleitet und evaluiert werden. Fachleuten und arbeiten gegebenenfalls mit ihnen zu- Lehrerinnen und Lehrer kennen und respektieren die sammen. geltenden Bildungsstandards und richten ihren Unter- richt danach aus. Dabei nehmen Lehrerinnen und 8 ASM Broschüre.indd 8 23.01.2007 15:25:55 Uhr
Planung, Vorbereitung Überprüfungen und Bewertungen und Nachbereitung des Unterrichts Lehrerinnen und Lehrer überprüfen, ob die Schüle- Planung, Vorbereitung und Nachbereitung des Un- rinnen und Schüler die einzelnen Unterrichtsschritte terrichts umfassen den fachlichen, den didaktischen verstehen und ob sie parallel dazu die entsprechenden sowie den methodischen Bereich und beinhalten die Lernschritte vollziehen. Solche Beobachtungen und Auseinandersetzung mit Fachliteratur, Lehrplänen und Überprüfungen werden kontinuierlich im Unterricht Lernhilfen. Dazu kommen die Beschaffung, Erstellung mit vollzogen. Durch sie erhalten Lehrerinnen und und Auswertung von Arbeitsmaterialien der unter- Lehrer laufend wertvolle Rückmeldungen zur Wirk- schiedlichsten Art und verschiedene Organisationstä- samkeit ihrer Arbeit. Es handelt sich hier um die wich- tigkeiten. tigste Evaluation, die in der Schule stattfindet. Da- Bei der Planung und Vor- bzw. Nachbereitung des durch helfen Lehrerinnen und Lehrer den Schülerinnen Unterrichts berücksichtigen Lehrerinnen und Lehrer und Schülern auch, die eigene Leistungsfähigkeit und neben den Vorgaben des Lehrplans auch die soziale Leistungsbereitschaft realistisch einzuschätzen und für und kulturelle Herkunft sowie die Lernvorausset- die eigene Lernentwicklung zunehmend auch selbst zungen und Lernerfordernisse der Schülerinnen und Verantwortung zu übernehmen. Schüler (Altersstufe, Klassengröße und dergleichen). Neben der laufenden Beobachtung und Überprüfung Die Koordinierung und Leitung von Lernprozessen der Arbeits- und Lernprozesse während des Unter- macht langfristige und kurzfristige Planung sowie die richts müssen Lehrerinnen und Lehrer auch rechtlich Auswertung von mündlichen, schriftlichen und prak- wirksame Bewertungen von Lernleistungen vorneh- tischen Schülerarbeiten notwendig. men. Dies hat auch einen pädagogischen Zweck: Jun- Absprachen und gemeinsame Planung im Team bzw. ge Menschen erfahren hier, dass ihre Lernleistungen im Klassenrat und im Kollegium sind ebenso erforder- auch eine gesellschaftliche Verpflichtung darstellen; lich wie der Einbezug von Informationen und Anre- und indem sie diese Verpflichtung erfüllen, lernen sie, gungen von Seiten der Eltern. Lehrerinnen und Lehrer auch in anderen Zusammenhängen Aufgaben verant- pflegen auch, im Einklang mit dem Schulprogramm, wortungsbewusst auf sich zu nehmen. Zum Zweck der Kontakte zum kulturellen, sozialen und wirtschaft- vorgeschriebenen Bewertungen führen Lehrerinnen lichen Umfeld der Schülerinnen und Schüler. und Lehrer verschiedene Formen von Beobachtungen Lehrerinnen und Lehrer ermöglichen den Schüle- und Prüfungen durch. Ihre Vorbereitung, Gestaltung rinnen und Schülern, sich im vereinbarten Rahmen in und Durchführung sowie die Auswertung und Bewer- die Planung und Auswertung des Unterrichts kon- tung der festgestellten Leistungen verlangen von den struktiv einzubringen. Lehrerinnen und Lehrern große Sorgfalt und stellen Lehrerinnen und Lehrer pflegen einen verantwor- im Lehrerberuf eine besondere Belastung dar. Dies gilt tungsbewussten und kritischen Umgang mit den neu- in besonderer Weise auch für die Vorbereitung und en Medien. Offenheit, Interesse am aktuellen Weltge- Korrektur der verbindlich vorgeschriebenen Schular- schehen und die lebendige Auseinandersetzung mit beiten. den Vorgängen in ihrem Umfeld sind für Lehrerinnen und Lehrer vorbereitender und nachbereitender Teil ihrer Unterrichtstätigkeit. 9 ASM Broschüre.indd 9 23.01.2007 15:26:02 Uhr
Mitwirkung am Schulleben selbst und für zur Einsicht Berechtigte nachvollziehbar Lehrerinnen und Lehrer gestalten als Teil der Schu- festhalten. Bei Beanstandungen können diese auch ge- le in gemeinsamer Verantwortung die Schule als Ort richtlich überprüft werden. des Lernens. Als Fachleute für die schulische Bildung Zur Dokumentation gehören Unterrichtspläne, Pro- leisten sie einen wesentlichen Beitrag zur Schulent- jektbeschreibungen, Absenzen- und Notenregister, wicklung, und zwar in der Unterrichtsarbeit und in Zeugnisse, Protokolle, Ansuchen, Begründungen, Be- der aktiven Mitgestaltung des Schullebens. richte, Meldungen, Kostenvoranschläge, u. a.. Diese In diesem Sinn arbeiten sie in verschiedenen Schulgre- Tätigkeiten erfordern einen beträchtlichen Aufwand mien und Arbeitsgruppen mit. Diese Mitarbeit schließt an Zeit und Mühe. Durch eine sorgfältige Wahrneh- neben der kollegialen Planungsarbeit auch die Vor- mung der beruflich relevanten Verwaltungs- und Do- und Nachbereitung von Sitzungen mit ein. Lehre- kumentationsaufgaben sichern Lehrerinnen und Leh- rinnen und Lehrer pflegen Kontakt mit der Schullei- rer einen geordneten und transparenten Verlauf ihrer tung und arbeiten mit allen an der Schule Beschäftigten eigenen Tätigkeit und tragen zum guten Funktionie- zusammen. ren des ganzen Schulbetriebes bei. Lehrerinnen und Lehrer können nach Vereinbarung und gegen entsprechende Honorierung im Rahmen Fortbildung persönlicher Kompetenzen und Interessen auch Son- Lehrerinnen und Lehrer haben das Recht und die deraufgaben übernehmen. Pflicht sich fortzubilden. Sie bilden sich weiter, um ihre fachlichen, methodisch-didaktischen und persön- Zusammenarbeit mit Eltern und lichen Kompetenzen weiter zu entwickeln. Lehre- Erziehungsberechtigten rinnen und Lehrer nutzen die entsprechenden Ange- Lehrerinnen und Lehrer anerkennen das primäre bote der Fortbildungsträger und pflegen kontinuierliche Erziehungsrecht sowie die primäre Erziehungspflicht persönliche Weiterbildung. der Eltern und pflegen Kontakte mit dem Elternhaus im institutionellen Rahmen der Schule. Sie führen die Gespräche mit den Eltern auf der Grundlage der be- ruflichen Kompetenz und Einstellung, geben objektiv Auskunft über schulische Belange, sprechen mit den Eltern über die Persönlichkeitsentwicklung und die Lernfortschritte ihres Kindes und bieten auch entspre- chende Beratung und Zusammenarbeit an. Verwaltung und Dokumentation Lehrerinnen und Lehrer sind verpflichtet, ihre be- ruflichen Tätigkeiten gegenüber allen Schulpartnern sichtbar und überprüfbar zu machen. Zu diesem Zweck führen sie verschiedene Amtsschriften, in de- nen sie alle wichtigen Aspekte ihres Unterrichts, ihrer Bewertungen und Erziehungsmaßnahmen für sich 10 ASM Broschüre.indd 10 23.01.2007 15:26:03 Uhr
C Didaktisch-methodische Kompetenzen Grundlegende Lehrerinnen und Lehrer verfügen über ein breites Kompetenzen didaktisches Wissen, beherrschen verschiedene Metho- den, die sie dazu befähigen, Lernprozesse zu organisie- Die Ausübung des Lehrerberufs erfordert ren und Themen möglichst vielfältig aufzubereiten. unterschiedliche Kompetenzen, die erst Sie gestalten den Unterricht so, dass Schülerinnen und in ihrer Kombination für Unterricht und Schüler zu eigenständigem und selbstverantwortlichem Schule wirksam werden. Es sind dies im Lernen herangeführt werden. Einzelnen: Durch flexiblen Einsatz von Methoden versuchen Leh- • Fachkompetenzen, rerinnen und Lehrer unterschiedlichen Lernsituati- • didaktisch-methodische Kompetenzen, onen, Lernvoraussetzungen und Lernerfordernissen • erzieherische Kompetenzen, gerecht zu werden. Damit verbunden ist auch die Fä- • kommunikative und kooperative higkeit, die didaktisch-methodischen Vorgangsweisen Kompetenzen. auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Diese Kompetenzen werden auf der Grundlage einer gediegenen Allgemein- Erzieherische Kompetenzen bildung und einer beruflichen Ausbildung Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich für die Persön- erworben und durch kontinuierliche lichkeitsentwicklung ihrer Schüler und Schülerinnen Weiterentwicklung sowie durch persön- mit verantwortlich und sind sich bewusst, dass sie im liche Reflexion weiter entwickelt. Rahmen ihrer Unterrichtstätigkeit erzieherisch tätig sind. Sie fühlen sich verpflichtet, die Schüler und Die spezifische Professionalität von Lehrerinnen und Schülerinnen an jene Verhaltensweisen heranzuführen, Lehrern ist vorwiegend in folgenden Kompetenzen be- die Unterricht und Schulgemeinschaft gelingen lassen, gründet: und diese auch von ihnen einzufordern. Es kann hin- gegen nicht Aufgabe von Lehrerinnen und Lehrern Fachkompetenzen sein, Erziehungsdefizite, die im außerschulischen Be- Lehrerinnen und Lehrer verfügen über ein Fachwis- reich entstehen, zu beheben. sen, das sie kontinuierlich erweitern und aktualisieren. Lehrerinnen und Lehrer pflegen einen wertschät- Gemeint sind damit Fachkenntnisse, wissenschaftsthe- zenden Umgang mit Schülerinnen und Schülern. Sie oretische Grundlagen und die Fähigkeit, sich mit wis- begegnen allen mit gleicher Sorgfalt, vermeiden Dis- senschaftlichen Inhalten und Methoden kritisch aus- kriminierungen und fördern die soziale Entwicklung einanderzusetzen. Dazu kommt eine vertiefte Kenntnis der Kinder und Jugendlichen. der geltenden Fachlehrpläne. Lehrerinnen und Lehrer können reflektiert urteilen Diese Kompetenzen befähigen Lehrerinnen und Leh- und nehmen sich und andere in ihren Gefühlen und rer, Unterrichtsinhalte bildungswirksam zu gewichten, Reaktionen differenziert wahr. Durch die offene Aus- zu strukturieren, zu vernetzen und für die Vermittlung einandersetzung mit Verhaltensformen und deren Fol- aufzubereiten sowie entsprechende Lernprozesse in- gen helfen sie den Schülerinnen und Schülern ihre haltlich zu lenken, zu begleiten und zu evaluieren. Selbst- und Sozialkompetenz zu entwickeln, zu klären und zu stärken. 11 ASM Broschüre.indd 11 23.01.2007 15:26:04 Uhr
D Kommunikative und kooperative Kompetenzen Persönliche Haltungen Der Lehrerberuf als bildende und erzieherisch wirk- und Einstellungen same Tätigkeit baut auf konstruktiver zwischen- menschlicher Begegnung auf, auf Zusammenarbeit Lehrerinnen und Lehrern ist bewusst, und Gespräch. Lehrerinnen und Lehrer verfügen über dass sie im Umgang mit Schülerinnen kommunikative und kooperative Kompetenzen und und Schülern mit ihrer ganzen Persönlich- sind dadurch im Stande, die Arbeit in der Schule ge- keit in Anspruch genommen werden. meinsam zu verantworten: Lehrerinnen und Lehrer Das ist eine der größten Herausforde- suchen und pflegen Kontakt und aktiven Austausch rungen in diesem Beruf. Freude an der mit Kolleginnen und Kollegen, mit Schülern und Arbeit mit Kindern und Jugendlichen Schülerinnen und deren Eltern sowie mit der Schullei- sowie psychische Belastbarkeit und tung, mit den Mitarbeiter/innen innerhalb der eigenen Ausgewogenheit sind grundlegend für Schule und mit anderen schulrelevanten Partnern. den Lehrerberuf. Dazu kommen die Be- Lehrerinnen und Lehrer stimmen ihre individuelle Tä- reitschaft und die Notwendigkeit, das tigkeit und Verantwortung auf gemeinsam getroffene eigene berufliche Tun vor dem Kontext Entscheidungen ab. Gelungene Zusammenarbeit ge- gesellschaftlicher, fachlicher und metho- schieht im Bewusstsein gemeinsamer Ziel-Verantwor- discher Entwicklungen kontinuierlich zu tung und im Geist gegenseitiger Wertschätzung und überprüfen. All diese Aufgaben sind sehr stärkt die Fähigkeit zur Teamarbeit, zur demokra- anstrengend und erfordern entsprechende tischen Auseinandersetzung und zur angemessenen Ruhe- und Erholungspausen. Konfliktbewältigung. Lehrerinnen und Lehrer verstehen den Umgang mit All diese Kompetenzen sind miteinander verwoben Schülerinnen und Schülern als den Kernbereich ihres und auf die Planung, Gestaltung und Überprüfung Berufes und sind sich bewusst, dass sie in dieser Be- eines guten Unterrichts und eines lebendigen Schulle- gegnung mit ihrer ganzen Persönlichkeit in Anspruch bens hin gerichtet. genommen werden. Für das Gelingen dieser Bezie- hung verfügen Lehrerinnen und Lehrer grundsätzlich über eine bejahende Lebenseinstellung, über ein posi- tives Menschenbild und über entsprechende emotio- nale und motivationale Haltungen und Einstellungen. Diese schwingen in allen Tätigkeiten mit und bestim- men gemeinsam mit den Kompetenzen die Wirksam- keit ihres Tuns entscheidend mit. Freude an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen Lehrerinnen und Lehrern ist bewusst, dass ihr be- rufliches Tun vor allem personenzentriert ist: Glaub- würdigkeit und Professionalität im Umgang mit den 12 ASM Broschüre.indd 12 23.01.2007 15:26:07 Uhr
Heranwachsenden und besonders in der Gestaltung Verantwortungsgefühl für die eigene Arbeit von Lernprozessen erwachsen aus der Freude an der und für die Zusammenarbeit mit anderen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Lehrerinnen Lehrerinnen und Lehrer wissen um die Anforde- und Lehrer arbeiten gerne mit Jugendlichen und glau- rungen ihres Berufsethos. Dazu gehören besonders ben an deren Erfolgsmöglichkeiten. Transparenz und Verschwiegenheit. Als Fachleute für Der Umgang der Lehrerinnen und Lehrer mit Schüle- Lernen empfinden Lehrerinnen und Lehrer Verant- rinnen und Schülern beruht grundsätzlich einerseits wortung für die eigene Arbeit und für die Zusammen- auf Gegenseitigkeit, ist aber andererseits auch durch arbeit mit anderen. Das ist in einem Beruf, der weit- die Unterschiedlichkeit der Rollen geprägt. reichende Entscheidungs- und Handlungsfreiheit lässt und ein hohes Maß an Eigenverantwortung verlangt, Achtung und Wertschätzung besonders wichtig. Lehrerinnen und Lehrer sind sich für sich und andere gleichzeitig bewusst, dass direkte Einflussmöglich- Das Berufsfeld Schule ist ein Ort, an dem Schüle- keiten der Lehrenden begrenzt sind und dass somit die rinnen und Schüler lernen, die eigene Person und die Verantwortung für den Lernerfolg der Schülerinnen eigenen Gefühle, aber auch die Mitmenschen und de- und Schüler nur teilweise bei der einzelnen Lehrper- ren Gefühle und Verhalten zu verstehen, zu respektie- son liegt. ren und mit ihnen achtsam umzugehen. Lehrerinnen Zudem begreifen Lehrerinnen und Lehrer ihre Arbeit und Lehrer ermöglichen dieses Lernen, indem sie in sowohl als individuelle wie auch als gemeinschaftliche ihren Äußerungen und in ihrem Verhalten Offenheit, Aufgabe und Leistung eines Kollegiums und der ge- Achtung und Wertschätzung für sich und für andere samten Schulgemeinschaft. Sie wissen sich durch ge- zeigen. meinsame Verantwortung gefordert, aber auch getra- Lehrerinnen und Lehrer stehen Kindern und Jugend- gen und gestützt. lichen und ihrem So-Sein grundsätzlich positiv gegen- über und sind überzeugt, dass die Arbeit mit ihnen Psychische Belastbarkeit und sinnvoll, wertvoll und erfolgreich ist. Gelegentliche Ausgewogenheit Misserfolge animieren sie zu Reflexion und zu Weiter- Lehrerinnen und Lehrer wissen um die vielfältigen entwicklung. Belastungen in ihrem Beruf, aber auch um die Gren- Lehrerinnen und Lehrer sind Weggefährten und Be- zen ihrer Belastbarkeit, versuchen Belastungen pro- gleiter von Lernenden und unterstützen diese auf ih- fessionell anzugehen und haben die Fähigkeit - wo rem Weg in die Unabhängigkeit. Sie begegnen Schüle- notwendig - Distanz zu halten, Kräfte zu sammeln rinnen und Schülern mit Wertschätzung, Vertrauen und sie gezielt einzusetzen. Sie kultivieren ihre Emo- und Einfühlungsvermögen und lassen sich vom tionalität zum eigenen Nutzen und zum Nutzen ihrer Grundsatz leiten, die Gesprächspartner in ihrer Per- Schülerinnen und Schüler. Lehrerinnen und Lehrer sönlichkeit nicht zu verletzen. bemühen sich Konfliktsituationen auszuhalten und ausgewogene Entscheidungen zu treffen. Bereitschaft und Fähigkeit zur Praxisreflexion Lehrerinnen und Lehrer sind reflektierende Prakti- ker. Planung, Ausführung, Evaluation, Reflexion und 13 ASM Broschüre.indd 13 23.01.2007 15:26:10 Uhr
E Selbstreflexion sind untrennbare Aspekte ihres Berufes und sind alle gleichermaßen wichtig. Lehrerinnen und Lehrer überprüfen kontinuierlich ihr Rahmenbedingungen eigenes berufliches Tun und gewinnen daraus wichtige Impulse für ihre weitere berufliche Entwicklung. Sie Lehrerinnen und Lehrer brauchen für setzen sich mit neuen Anforderungen im gesellschaft- ihren Beruf angemessene Rahmenbedin- lichen, fachlichen und methodischen Bereich ausein- gungen. Dazu gehören berufliche Autono- ander und bewahren sich dadurch Offenheit für sinn- mie, Möglichkeiten beruflicher Entwick- volle Veränderungen. lung, Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung und gut ausgestattete Interesse an aktuellen Entwicklungen Arbeitsräume in den Schulen. in Schule und Gesellschaft Es gehört zum beruflichen Selbstverständnis von Damit Lehrerinnen und Lehrer die hohen Anforde- Lehrerinnen und Lehrern, sich über berufliche und rungen an den Beruf erfüllen können, ist es notwen- gesellschaftspolitische Themen informiert zu halten dig, dass die erforderlichen Rahmenbedingungen gesi- und sich professionell an diesbezüglichen Diskussi- chert und kontinuierlich optimiert werden. onen und Entscheidungen zu beteiligen. Lehrerinnen und Lehrer nehmen Vorgaben der zu- Berufliche Autonomie ständigen Schulbehörden grundsätzlich offen auf, prü- Lehrerinnen und Lehrer haben für die Ausübung fen sie im Sinn der Autonomie und der Kompetenzen ihres Berufes didaktisch-methodische Autonomie. Sie der einzelnen Schulen und setzen sie unter Berück- üben diese Autonomie im Rahmen der staatlichen sichtigung der eigenen Lehrfreiheit und Professionali- Verfassung sowie im Rahmen der geltenden gesetz- tät angemessen um. lichen Bestimmungen aus, wobei den Lehrplänen bzw. Des Weiteren nehmen Lehrerinnen und Lehrer Im- den Rahmenrichtlinien besondere Bedeutung zu- pulse und Forderungen aus dem gesellschaftlichen kommt. Innerhalb dieser Vorgaben können Lehre- Umfeld wahr, prüfen sie auf ihre Sinnhaftigkeit in rinnen und Lehrer Methoden, Schwerpunkte und Hinblick auf den Zweck von Schule und beziehen sie Lehrmittel frei wählen und tragen für deren Wirksam- in ihre Entscheidungen und in ihre Arbeit ein. keit Verantwortung. Dabei beachten sie Absprachen und Regelungen, die in den einzelnen Schulen getrof- fen werden. Lehrerinnen und Lehrer beteiligen sich an den Entscheidungen, die den Unterrichtsbetrieb und das Schulleben regeln. Die Autonomie im Lehrerberuf kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass Lehrerinnen und Lehrer einen großen Teil ihrer beruflichen Arbeit zeitlich autonom gestalten und verwalten. 14 ASM Broschüre.indd 14 23.01.2007 15:26:10 Uhr
Berufliche Entwicklung das Kollegium unterstützen sie dabei. Der Arbeitgeber Die Qualifizierung für den Lehrerberuf erfordert trägt in vollem Umfang die Kosten für die Fortbil- eine lange Ausbildung und eine hohe Professionalität. dung im Rahmen des Landesfortbildungsplanes und Die Lehrbefähigung wird über eine eigene Staatsprü- der schulinternen Fortbildung. fung erreicht, garantiert den Eintritt in ein unbefriste- tes Dienstverhältnis, gewährt Sicherheit und Kontinu- Arbeitsklima ität der Berufstätigkeit und ermöglicht eine langfristige Die Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern wird persönliche Lebensplanung sowie eine kontinuierliche durch ein „förderliches“ Arbeitsklima spürbar er- berufliche Weiterentwicklung. leichtert. Zu diesem Arbeitsklima trägt jeder Einzelne, Im Einvernehmen mit der Schulleitung und mit dem das Lehrerkollegium genauso wie die Schulleitung bei, Lehrerkollegium können Lehrerinnen und Lehrer zu- die in Zusammenarbeit mit dem Lehrerkollegium das sätzliche Funktionen und Aufgaben im Schulbetrieb Schulleben organisiert. Lehrerinnen und Lehrer brau- übernehmen. Außerdem haben sie die Möglichkeit, chen geeignete zeitliche und organisatorische Räume sich für besondere schulische Aufträge auf Bezirks- für Kontakte, Absprachen, für die Konsensbildung und Landesebene zu bewerben. Unter der Vorausset- und das Bearbeiten von Konflikten. Notwendig sind zung der erforderlichen Lehrbefähigung können sich darüber hinaus die Solidarität des Kollegiums, Respekt Lehrerinnen und Lehrer von einer Schulstufe an eine gegenüber der Arbeit der anderen, Diskretion und andere bzw. von einem Unterrichtsfach zu einem an- Hilfsbereitschaft. deren versetzen lassen. Das Wohlbefinden der Lehrerinnen und Lehrer und ihre Berufszufriedenheit hängen wesentlich von einem Fort- und Weiterbildung solchen Arbeitsklima ab und sichern Motivation und Lehrerinnen und Lehrer verstehen sich als Lernende Qualität. und bilden sich während der gesamten Dauer ihrer Berufsausübung im berufsspezifischen, allgemein- und Evaluation persönlichkeitsbildenden Bereich fort. Lehrerinnen und Lehrer sind fähig, ihre Wirkungs- Sie nutzen dazu die institutionellen Angebote auf möglichkeiten und den Einfluss der Rahmenbedin- Landes-, Bezirks- und Schulebene. Außerdem bilden gungen realistisch einzuschätzen. sie sich eigenständig fort, indem sie sich mit Fachlite- Lehrerinnen und Lehrer beteiligen sich im Rahmen ratur befassen, die verschiedensten Medien nutzen, ihrer Kompetenzen an Evaluationsprozessen. Diese den lebendigen Austausch sowohl mit Berufskollegen Prozesse betreffen die Überprüfung der eigenen beruf- als auch mit dem schulischen Umfeld pflegen, Bera- lichen Tätigkeit sowie die Reflexion aller Bereiche tungs- und Begleitungsangebote wahrnehmen und (Rahmenbedingungen, Tätigkeiten, Ergebnisse) der auch ihre eigene Berufspraxis kontinuierlich reflektie- eigenen Schule und des Gesamtsystems Schule. ren. Die Selbstevaluation der Lehrerinnen und Lehrer so- Der Arbeitsvertrag der Lehrerinnen und Lehrer ge- wie der einzelnen Schulen wird durch eine entspre- währleistet das Recht auf Fortbildung und bietet Mög- chende externe Evaluation unterstützt. Lehrerinnen lichkeiten die Angebote zu nutzen. Lehrerinnen und und Lehrer erleben Evaluation dann als hilfreich, wenn Lehrer haben im Rahmen der Jahresarbeitszeit An- sie für alle Beteiligten transparent ist und im Sinn ei- spruch auf die dafür notwendigen Zeitressourcen, auch ner informativen Bestandsaufnahme zur Sicherung der während der Unterrichtszeit; die Schulverwaltung und Qualität der Arbeit in den Schulen erfolgt. 15 ASM Broschüre.indd 15 23.01.2007 15:26:12 Uhr
F Arbeitsräume und deren Ausstattung Die Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern ist so ge- Berechtigte staltet, dass sie teilweise in der Schule und teilweise in Erwartungen den Privaträumen ausgeführt werden muss. Zu Hause werden vor allem die Vor- und Nachbereitung des Damit der Lehrerberuf auch in Zukunft Unterrichts, Korrekturarbeiten und andere unter- wirksam und attraktiv bleiben kann, richtsbezogene Tätigkeiten durchgeführt, für die in brauchen Lehrerinnen und Lehrer eine den Schulen häufig die räumlichen Voraussetzungen breite Unterstützung durch Öffentlichkeit bzw. Arbeitsplätze und die notwendigen Arbeitsgeräte und Politik und wollen vor allem vor und Medien fehlen. pauschalen öffentlichen Vorwürfen und Die Arbeit in der Schule wird durch eine angemessene Vorurteilen geschützt sein. Sie erwarten und schülergerechte mediale Ausstattung unterstützt. sich auch größtmögliche Unterstützung Die schulischen Arbeitsräume (Klassenzimmer, Aus- von Seiten der Schulbehörden. Die Arbeit weichräume, Spezialräume, Erholungsräume) erfüllen von Lehrerinnen und Lehrern wird durch ihren Zweck dann, wenn sie den normativen, vor gegenseitigen kollegialen Respekt und die allem aber auch den zeitgemäßen didaktischen Erfor- verantwortungsbewusste Mitarbeit der dernissen entsprechen. Lehrerinnen und Lehrer sind Eltern und Erziehungsberechtigten we- Experten in der praktischen didaktischen Nutzung sentlich unterstützt. Lehrerinnen und der schulischen Räume. Deshalb ist es zweckmäßig, Lehrer erwarten sich unkomplizierten wenn sie auch in die Raumplanung und in die Frage Zugang zu kompetenten professionellen nach der Ausstattung der Räumlichkeiten einbezogen Hilfsangeboten, welche ihr Arbeitsfeld werden. ergänzen und auf die unterschiedlichsten Bedürfnisse ausgerichtet sind. Damit der Lehrerberuf auch in Zukunft wirksam und attraktiv bleiben kann, halten Lehrerinnen und Lehrer folgende Voraussetzungen für unverzichtbar: Regelung der Arbeitszeiten Die Jahresarbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer verteilt sich hauptsächlich auf folgende Bereiche: • Unterricht, einschließlich Förderunterricht, unter- richtsergänzende Tätigkeiten, Aufsichten, Begleit- dienste und Einzelgespräche mit Schülerinnen und Schülern außerhalb der Unterrichtszeit, • unterrichtsbezogene Tätigkeiten: individuelle und kollegiale Planung, Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Korrekturen, Bewertungen und Doku- mentationen samt den dafür erforderlichen Verwal- tungstätigkeiten, 16 ASM Broschüre.indd 16 23.01.2007 15:26:12 Uhr
• kontinuierliche Zusammenarbeit mit Kollegen, Einkommen Schulleitung, Eltern und Erziehungsberechtigten, Der Lehrerberuf erfordert zwar eine weit höhere Schulverwaltung und außerschulischen Einrich- Qualifikation als der Durchschnitt der Angestellten, tungen und Fachleuten (Berater/innen, Schulpsy- das Einkommen aber ist dem nicht entsprechend. chologen, Behindertenbetreuer/innen, ...), Dieses steht auch in keinem angemessenen Verhältnis • Mitwirkung in verschiedenen Gremien und Ar- zur zugemuteten Verantwortung. beitsgruppen der Schule, In die berufliche Jahresarbeitszeit sind alle Tätigkeiten • Fortbildung und persönliches Studium sowie fort- und Aufgaben einzubeziehen, die zum Lehrerberuf ge- laufende Information über schulrelevante Probleme hören. Überstunden sollen die notwendige Ausnahme und gesellschaftliche Aktualitäten. bleiben und nicht zu einem Teil des Systems werden. Auch während der unterrichtsfreien Zeit erledigen Lehrerinnen und Lehrer Arbeiten für den Beruf, wie z. Verantwortungsbewusste Mitarbeit B. Planung, Fortbildung, Korrekturen, Verwaltungsar- der Eltern und Erziehungsberechtigten beiten. Während der Unterrichtswochen haben Lehre- Lehrerinnen und Lehrer rechnen damit, dass Eltern rinnen und Lehrer eine sehr hohe Arbeitsbelastung, und Erziehungsberechtigte die schulische Arbeit mit welche die 38-Stunden-Woche im Durchschnitt weit ihrem Wohlwollen begleiten und unterstützen. Sie er- überschreitet. Diese zeitliche Mehrbelastung muss warten, dass Eltern und Erziehungsberechtigte den ge- durch entsprechende unterrichtsfreie Tage ausgegli- sellschaftlichen Auftrag der Schule sowie die beruf- chen werden. Die Intensität der Unterrichtsarbeit er- lichen Kompetenzen und Aufgaben der Lehrpersonen fordert zudem regelmäßige, in der Länge auch ange- anerkennen. messene Unterrichtspausen. Lehrerinnen und Lehrer anerkennen ihrerseits das pri- Eine zufrieden stellende Regelung der Arbeitszeiten märe Erziehungsrecht der Eltern und sind sich be- für den Lehrerberuf steht zurzeit noch aus, obwohl v. a. wusst, dass das Gelingen der familiären Erziehung die auch mit der Studie zur Arbeitsbelastung der Lehrper- beste Hilfe für die Bildungsbemühungen der Schule sonen eindeutige diesbezügliche Daten vorliegen. darstellt. Hilfen zur Bewältigung Politische Rahmenbedingungen beruflich bedingter Schwierigkeiten Lehrerinnen und Lehrer betrachten die Arbeit mit Der Lehrerberuf stellt hohe Anforderungen, die un- Schülerinnen und Schülern als ihre eigentliche und ter Umständen Lehrerinnen und Lehrer zeitweilig wesentliche Aufgabe. Sie erwarten, dass alle anderen überfordern können. Tätigkeiten innerhalb eines Schulbetriebes so gestaltet Deshalb erwarten Lehrerinnen und Lehrer, dass sie werden, dass sie die Wirksamkeit dieser Arbeit unter- Zugang zu kompetenten Hilfen erhalten. Das Ange- stützen. In diesen Kontext gehören auch spezielle bot von professionellen Hilfen stellt neben einer gelin- Unterstützungssysteme der Schule wie Schulamt, Päda- genden Teamarbeit eine wichtige Bedingung dar, da- gogisches Institut und Universität (für die Lehre- mit beruflich bedingte bzw. verstärkte Belastungen rinnen- und Lehrerausbildung) sowie die Abteilung 20 bewältigt werden können. der Autonomen Provinz Bozen - Südtirol/deutsche und ladinische Berufsbildung (für die Berufsschule). Lehre- rinnen und Lehrer erwarten, dass die Kompetenz- bereiche dieser Institutionen voneinander unterscheid- 17 ASM Broschüre.indd 17 23.01.2007 15:26:16 Uhr
bar sind und auf eine reflektierte Vernetzung von Und zum Schluss Einzelschule und Schul-/Bildungssystem abzielen. An- Dieses Berufsbild ist als eine Beschreibung aller der- dererseits sind diese Institutionen auch Garanten da- zeitigen Tätigkeiten und Aufgaben im Lehrerberuf zu für, dass Lehrerinnen und Lehrer ihrer eigentlichen verstehen. Es ist nicht als Verpflichtung, sondern als Arbeit ohne große Ablenkungen und Belastungen von Orientierung gedacht. Viele der in diesem Berufsbild außen nachgehen können. beschriebenen Tätigkeiten sind kollektivvertraglich Neuerungen und Änderungen im Schulsystem müssen noch nicht geregelt. Trotzdem sehen wir es als not- sorgfältig vorbereitet werden, auf Nachhaltigkeit ab- wendig an, unseren Beruf einer breiteren Öffentlich- zielen und im Einvernehmen mit den Beteiligten (di- keit vorzustellen und gleichzeitig unser berufliches rekt vor Ort) behutsam umgesetzt werden. Lehre- Selbstverständnis zu stärken. rinnen und Lehrer erwarten, dass sie in die Planung von schulischen Prozessen und Entwicklungen mit Auch ist dieses Berufsbild als eine allgemeine Beschrei- einbezogen werden. bung des Lehrerberufes gedacht. Bei kollektivver- traglichen Regelungen sollten unbedingt die unter- Unterstützung durch die Öffentlichkeit schiedlichen Anforderungen in den verschiedenen und Schutz vor pauschalen öffentlichen Schulstufen berücksichtigt und bei entsprechenden Vorwürfen Detailentscheidungen mit einbezogen werden. Lehrerinnen und Lehrer erwarten sich, dass die Komplexität ihres Berufes in der Öffentlichkeit wahr- genommen und anerkannt wird. Die Tatsache, dass jeder in unterschiedlichen Lebens- phasen Schule und Lehrpersonen erlebt hat, kann Bür- gerinnen und Bürger dazu verführen, schulische Pro- bleme aus einer rein subjektiven Sicht zu beurteilen. Lehrerinnen und Lehrer erwarten hingegen mit Nach- druck, dass sachlich und differenziert über Schule und Lehrpersonen diskutiert wird und dass sich alle öffent- lichkeitsbildenden Kräfte bemühen, die konkrete Wirklichkeit des Lehrerberufs sichtbar werden zu lassen. Das gesellschaftliche Ansehen ist die Voraussetzung, dass der Lehrerberuf auch in Zukunft für fähige junge Leute attraktiv bleibt. 18 ASM Broschüre.indd 18 23.01.2007 15:26:16 Uhr
ASM KSL Arbeitskreis Südtiroler Mittel-, Katholischer Südtiroler Lehrerbund Ober- und Berufsschullehrer/innen Dr.-Streiter-Gasse 20, 39100 Bozen Schlernstraße 1, 39100 Bozen Tel. 0471 976370 Tel. 0471 978293 www.asm-ksl.it www.asm-ksl.it asm@asm-ksl.it ksl@asm-ksl.it ASM Broschüre.indd 19 23.01.2007 15:26:17 Uhr
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