NS-GESCHICHTE, INSTITUTIONEN, MENSCHENRECHTE
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NS-GESCHICHTE, INSTITUTIONEN, MENSCHENRECHTE Berufsgruppenorientierte Seminarangebote Polizei, Verwaltung, Justiz, Militär, Reichsbahn, Pflege, Medizin und Gewerkschaften im Nationalsozialismus
EINFÜHRUNG Die berufsgruppenorientierten Angebote des Studien- zentrums der KZ-Gedenkstätte Neuengamme spannen thematisch einen Bogen vom Handeln der staatlichen Organisationen in der NS-Zeit und ihrer Beteiligung an Ver- brechen über Kontinuitäten und Brüche in den Institutionen vor 1933 und nach 1945 bis hin zu Menschenrechtsfragen in der Gegenwart. Angesprochen sind Jugend- und Erwachsenengruppen, insbesondere Auszubildende und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Polizei, Justiz/Straf- vollzug, öffentlicher Verwaltung, Bundeswehr, Eisenbahn, Gewerkschaften sowie Ärzte und Menschen aus Pflege berufen, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, Lehrkräfte und (Berufs-)Schulklassen. Aber auch Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus Bildungseinrichtungen und Gedenk- stätten, die mit den genannten Gruppen arbeiten, können sich in Fortbildungen schulen lassen. Die Angebote sind modular aufgebaut. Es ist möglich, einen auf die historischen Aspekte orientierten Studientag zu buchen. Sollen aktuelle Fragen einbezogen werden, kann dieser Studientag zu einem zweitägigen Seminar erweitert werden. Themenschwerpunkte können individuell abgespro- chen und an die Interessen der Gruppe angepasst werden. Die Seminare und Fortbildungen zur Polizei, Justiz und Ver- waltung wurden in dem von der Stiftung Erinnerung, Verant- wortung und Zukunft geförderten Projekt „NS-Geschichte, Institutionen, Menschenrechte“ entwickelt. Den am Projekt beteiligten Kooperationspartnerinnen und Kooperationspart- nern möchten wir für die gute Zusammenarbeit danken. 3
SEMINARANGEBOTE UND FORTBILDUNGEN SEMINAR Die Rolle der Polizei im Nationalsozialismus 8 SEMINAR Verwaltungshandeln im Prozess der nationalsozia- listischen Ausgrenzungs- und Vernichtungspolitik 10 SEMINAR Justiz und Strafvollzug im Nationalsozialismus 12 SEMINAR Militär und Rüstungsindustrie im System der Konzentrationslager und der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik14 SEMINAR Eisenbahner und Reichsbahn im Nationalsozialismus 16 SEMINAR Medizin und Medizinverbrechen im Nationalsozialismus 17 SEMINAR Gewerkschaften und Gewerkschafter im Nationalsozialismus18 FORTBILDUNGEN Bildungsbausteine zu Justiz, Militär, Polizei und Verwaltung im Nationalsozialismus 20 Publikationen und Website 22 4
Dauer der Seminare und Fortbildungen Ein bis zwei Tage, je nach thematischer Ausrichtung, 6 bis 7 Stunden pro Tag Kosten SEMINARE: Erwachsenengruppen Eintägig: 80 bis 90 € / zweitägig: 160 bis 180 € (Berufs-)Schulklassen und Auszubildende Eintägig: 45 bis 50 € / zweitägig: 90 bis 100 € FORTBILDUNGEN: Eintägig: 100 € / zweitägig: 200 € Anmeldung und Informationen KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Studienzentrum Ulrike Jensen Tel.: 040-428131-519 E-Mail: ulrike.jensen@kb.hamburg.de Es ist möglich, dass Einführungsveranstaltungen in den Aus- und Fortbildungseinrichtungen der teilnehmenden Gruppen stattfinden. Vertiefende Informationen finden Sie auf den Websites www.ns-geschichte-institutionen-menschenrechte.de sowie www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de. 5
SEMINARINHALTE UND ZIELE Die jeweiligen Berufsgruppen und Institutionen, ihre Rolle im Nationalsozialismus und ihre Beteiligung an national sozialistischem Unrecht bilden den Ausgangspunkt, vor dem die Geschichte des KZ Neuengamme betrachtet wird. In Ausstellungsrundgängen und Arbeitsgruppen wird anhand von Biografien und Erlebnisberichten, aber auch Bildern, Filmen und Hörbeispielen in die Themen eingeführt und es werden die personellen wie strukturellen Kontinuitäten und Brüche in den jeweiligen Institutionen nach Kriegsende beleuchtet. Insbesondere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter staatlicher und öffentlicher Einrichtungen handeln eingebunden in ein institutionelles Gefüge. In der Arbeit mit diesen Gruppen werden Bezüge zum jeweiligen Berufsalltag hergestellt, eigene und institutionelle Erwartungen und Prägungen der Teilneh- merinnen und Teilnehmer, aber auch berufsgruppenbezogene ethische Fragen angesprochen. Fragen nach Handlungsspielräumen und persönlicher Ver antwortung werden ebenso erörtert wie berufsfeldspezifische Merkmale des Gewalthandelns im Nationalsozialismus. Faktoren konformen/nonkonformen Verhaltens, die Diffusion von Verantwortung durch Prozesse der Arbeitsteilung, Fragen der sozialen Zugehörigkeit und der Gruppenidentität sowie Auswirkungen staatlicher und institutioneller Machtbefugnisse stellen weitere Schwerpunkte dar. 6
In Seminaren mit Gruppen von Polizei, Verwaltung, Justiz und Bundeswehr bilden die Entnazifizierung im öffentlichen Dienst sowie die Konsequenzen, die die internationale Staatengemeinschaft mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Völkermordkonvention von 1948 aus den NS-Verbrechen gezogen hat, weitere Bausteine. Aktuelle Menschenrechtsfragen werden anhand von Fallbeispielen aus diesen Berufsbereichen diskutiert und zu internationalen Ver einbarungen zum Menschenrechtsschutz in Beziehung gesetzt. Ziel ist es, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Be wusstsein für die Machtbefugnisse von Institutionen zu vermitteln. Über das Handeln von und in Institutionen und die Notwendigkeit, das individuelle Handeln an grund- und menschenrechtlichen Maßstäben auszurichten, wird disku- tiert. Die Seminare regen zur Auseinandersetzung mit der Geschichtevon Berufsgruppen und Institutionen im National- sozialismus an. In Fortbildungen werden Fachkräfte aus dem Bildungsbereich darin geschult, selbst mit Gruppen aus Justiz, Militär, Polizei und Verwaltung zu arbeiten. Die Fortbildungen können dazu dienen, Gedenkstättenbesuche vorzubereiten oder aber dazu, in der eigenen Einrichtung mit Gruppen zu arbeiten. 7
SEMINAR Die Rolle der Polizei im Nationalsozialismus In diesem Seminar werden Funktion und Selbstverständnis der Polizei im Nationalsozialismus erarbeitet. Die Polizei stellte als Teil der SS eine wichtige Machtstütze des politi- schen Systems dar. Die Verfolgtengruppen sowie die Me- chanismen der Verfolgung werden vorgestellt und in diesem Zusammenhang auch die Beteiligung der Polizei bei der Deportation und Tötung von Menschen in den Blick genom- men. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen den Ort des ehemaligen Konzentrationslagers Neuengamme kennen und beschäftigen sich mit der Rolle der Polizei im national sozialistischen Lagersystem. Anhand von Fallbeispielen wird das Verhalten von Polizisten als Wachmannschaften und als Häftlinge im Konzentrationslager thematisiert oder die Funktion der kriminalpolizeilichen Prävention im Nationalsozialismus analysiert. Eigenständige Quellenarbeit ermöglicht Diskussionen über Handlungsspielräume und Verantwortung. Stehen zwei Tage zur Verfügung, werden darüber hinaus polizeiliches Handeln im Nationalsozialismus und in der Gegenwart zueinander in Beziehung gesetzt und die jeweili- gen Rahmenbedingungen beleuchtet. Problematisiert wird, inwieweit Unrechtspraxen durch arbeitsteiliges Handeln bzw. die arbeitsteilige Struktur von Institutionen gefördert werden. Es werden Unterschiede und Ähnlichkeiten •• Ordnungspolizist und zwei Hilfspolizisten vor der Süderelbebrücke, Hamburg, 1933 •• Polizeisenator Richter vereidigt die Hilfspolizei. Beide Abb. aus: Hamburg unterm Hakenkreuz. Chronik der nationalen Erhebung in der Nordmark 1919–1933, hrsg. von Wilhelm Recken und Julius W. Krafft, Hamburg 1933, S. 85. 8
• Zeichnung über Misshandlungen politischer Häftlinge durch die Hamburger Polizei, unter anderem durch das „Kommando zur besonderen Verwendung“. Aus: Arbeiter-Illustrierte-Zeitung (1934), Nr. 32 betrachtet, personelle und strukturelle Kontinuitäten bzw. Diskontinuitäten aufgezeigt, die heutige Bedeutung von kriminalpräventiven Maßnahmen diskutiert und aktuelle Menschenrechtsfragen in den Blick genommen. Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen dabei auf der gesell- schaftlichen Aufarbeitung und der juristischen Ahndung der NS-Verbrechen, insbesondere der Polizeiverbrechen im Nationalsozialismus. Die Entnazifizierung der Polizei bildet einen weiteren Gegenstand. Vorgestellt wird die Menschen- rechtserklärung von 1948 sowie spätere rechtsverbindliche Konventionen in ihrer Bedeutung für das polizeiliche Handelnheute. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Folterverbot, das z. B. in die Europäische Antifolterkonven tion Eingang gefunden hat. Historische wie aktuelle präventive Maßnahmen der Polizei zur Verbrechensbekämpfung, das Thema Sicherungsverwahrung, die Trennung von Polizei und Geheimdienst sowie der historische wie aktuelle Umgang mit gesellschaftlichen Minderheiten (z. B. mit Sinti und Roma) bilden weitere Inhalte des zweiten Tages. 9
SEMINAR Verwaltungshandeln im Prozess der nationalsozialistischen Ausgrenzungs- und Vernichtungspolitik Das Seminar richtet sich an Menschen, die in Verwaltungs berufen arbeiten sowie an Gruppen, die Interesse haben, sich über die Entwicklung des Verwaltungshandelns insbesondere in staatlichen Wohlfahrtseinrichtungen im Nationalsozialismus zu informieren und über aktuelle Menschenrechtsfragen im Zusammenhang mit heutigem Verwaltungshandeln zu reflektieren. Ausgehend von der Geschichte des KZ Neuengamme wird am ersten Tag nach einem Rundgang über das Gelände und durch die Ausstellungen thematisiert, wie politische Gegner aus dem Staatsdienst entfernt wurden, in welcher Weise sich Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter an der nationalsozialistischen Ausgrenzungs- und Ver nichtungspolitik beteiligten und wer von dieser Politik betroffen war. Die Beteiligung der Hamburger Wohlfahrt gegenüber sozialenRandgruppen bilden einen Schwer- punkt des Seminars.Anhand ausgewählter Biografien geraten konkrete Verantwortlichkeiten jenseits abstrakter Verwaltungsstrukturenin den Blick. Am zweiten Tag wird die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen in den Blick genommen. Auch werden die Karriereverläufe von Verwaltungsbeamten nach 1945 und die Entnazifizierung im öffentlichen Dienst betrachtet. • Helmuth Hübener, vermutlich 1941 Hübener war Lehrling der Hamburger Verwaltung und wurde 1942 wegen des Verteilens von Flugblättern von der Gestapo verhaftet und vom Volksgerichts- hof Berlin zum Tode verurteilt. Quelle: VVN Hamburg, Sammlung Ulrich Sander 10
• Häftlinge des KZ Neuengamme verrichten Erdarbeiten an der Dove-Elbe. Quelle: Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, 1981-590 Hieran anknüpfend werden Fragen von Verwaltungshandeln anhand aktueller Fallbeispiele beleuchtet. Die Erweiterung des Seminars auf drei bis vier Tage ermöglicht es, zu Ent- schädigungsfragen und der Bedeutung der Menschenrechte als Konsequenz aus dem Nationalsozialismus zu arbeiten. Vertieft werden können zudem die Themen Ausgrenzung von Sinti und Roma, der Umgang mit Flüchtlingen, Formen von Zwangsarbeit oder die Entschädigung von Opfern natio- nalsozialistischer Verbrechen. • Gebäude des ehemaligen Klinkerwerks auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Neuengamme 11
SEMINAR Justiz und Strafvollzug im Nationalsozialismus Das Seminar richtet sich an Gruppen, die sich über die Justiz und den Strafvollzug im Nationalsozialismus informieren sowie über Menschenrechtsfragen im Zusammenhang mit der heutigen Strafpraxis reflektieren möchten. Zunächst werden die Verfolgungsorgane im Nationalsozia- lismus und die arbeitsteilige Kooperation von Justiz, Straf- vollzug und Polizei beim Vorgehen gegen politische Gegner, sogenannte Gemeinschaftsfremde und vermeintliche Krimi- nelle, vorgestellt. Thematisiert werden einzelne Haftorte in Hamburg, die Funktion der heutigen Strafanstalt Fuhlsbüttel im Nationalsozialismus als Strafvollzugsanstalt, Polizeigefäng- nis und Konzentrationslager sowie die jeweiligen Grundlagen für die Inhaftierung. Auch das Thema Militärjustiz wird auf Wunsch behandelt. In Arbeitsgruppen setzen sich die Teilnehmerinnen und Teil- nehmer anhand von Biografien, Erinnerungsberichten und Gefangenenpersonalakten mit der Überstellungspraxis von Häftlingen aus den Gefängnissen in die Konzentrationslager und mit dem Verhalten von Justizangestellten auseinander. Abläufe im Strafvollzug während des Nationalsozialismus werden mit der Situation im heutigen Strafvollzug vergli- chen, Handlungsspielräume von Justizmitarbeiterinnen • Verhandlung vor dem Volks gerichtshof Berlin, 1944. Foto: o. A. Quelle: BArch, Bild 151-39-21 12
und -mitarbeitern damals und heute diskutiert und dabei das Verhältnis von Recht und Gesetz ausgelotet. Alternativ ist es möglich, die rechtlichen Instrumente und Instanzen der juristischen Verfolgung im Nationalsozialismus ver- tiefend zu betrachten und die Karrierewege von Richtern nachzuvollziehen. Am zweiten Tag beschäftigen sich die Gruppen mit der juristischen und gesellschaftlichen Aufarbeitung der Ver- brechen sowie Kontinuitäten und Brüchen in der Justiz nach Kriegsende, mit der Allgemeinen Erklärung der Menschen- rechte und Instrumenten zum Schutz vor einer Willkürjustiz. Anhand von Auszügen aus Berichten des „Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe“ werden Fragen der Gefangenenbehandlung an konkreten Beispielen aus Deutschland vertieft. Aktuelle Debatten wie z. B. um das Thema Sicherungsverwahrung werden aufgegriffen. Ergänzend können die Weiternutzung des ehemaligen KZ-Geländes für den Strafvollzug von 1948 bis 2006 und die gesellschaftlichen Auseinandersetzung um ein würdiges Gedenken an die Opfer des KZ Neuengamme thematisiert werden. • Im Curio-Haus in der Rothenbaum chaussee in Hamburg fanden von 1945 bis 1949 britische Militärgerichtsverfahren wegen Kriegsverbrechen statt. Foto: A. Klein/S. Pressner, 1946. Aus: H. Nesna: Zoo leeft Duitsland, Amsterdam 1946, o. S. 13
SEMINAR Militär und Rüstungsindustrie im System der Konzentrationslager und der national sozialistischen Vernichtungspolitik Das Militär war ebenso wie andere staatliche Organisationen eine wesentliche Stütze des NS-Regimes und als solche an Verbrechen beteiligt. Das Seminar bietet die Möglichkeit, den Ort des ehemaligen Konzentrationslagers Neuengamme kennenzulernen und die Rolle des Militärs während des Nationalsozialismus näher zu beleuchten. Im Seminar wird wahlweise die Beteiligung der Wehrmacht an Deportationen und Massenerschießungen, der Einsatz von KZ-Häftlingen als Arbeitskräfte für die Wehrmacht oder die völkerrechtswidrige Behandlung sowjetischer Kriegs- gefangener vertieft. Ziel ist es, Einblicke in Handlungsspiel räume und Verantwortlichkeiten zu vermitteln und die Bedeutung der Wehrmacht als Partnerin der SS innerhalb des Systems nationalsozialistische Zwangsarbeit sowie die damit verbundene millionenfache Versklavung von „Fremd- arbeitern“ und KZ-Gefangenen aus ganz Europa näher zu beleuchten. Am zweiten Tag werden das Handeln von Wehrmachtsange- hörigen als KZ-Wachmannschaften sowie die Hintergründe der Inhaftierung von Wehrmachtssoldaten in Konzentrati- onslagern vertieft. Die Nachkriegsgeschichte wird anhand der Internierung und Strafverfolgung der Täter sowie des • Biografien und Lebens geschichten von KZ-Häftlingen in einer der Ausstellungen der KZ-Gedenkstätte Neuengamme 14
• Kommandanturstab und Wachsturmbann des KZ Neuengamme in Parade aufstellung am 9. November 1943 zur Feier anlässlich des 20. Jahrestags des fehlgeschlagenen Hitler-Ludendorff-Putsches in München. Foto: o. A. Quelle: Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, 1981-353 gesellschaftlichen Umgangs mit den Verbrechen in den Blick genommen. Personelle und strukturelle Kontinuitäten und Brüche im militärischen Bereich nach 1945 können bearbeitet werden. Weitere Schwerpunkte bilden ethische Fragen militärischen Handelns (z. B. in Bezug auf Befehl und Gehorsam). • Max Pauly, Kommandant des Kon- zentrationslagers Neuengamme (Mitte) und der Wehrmachtskommandant von Hamburg, General Carl Wahle (links), vor der Baracke des Kommandanturstabes des KZ Neuengamme, vermutlich Sommer 1942. Quelle: Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, 1981-700 15
SEMINAR Eisenbahner und Reichsbahn im Nationalsozialismus Auf der Grundlage von Verfolgungsmechanismen und Ver- haftungsgründen im Nationalsozialismus sowie Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Konzentrationslagern werden in diesem Seminar die Rolle der Reichsbahn beim Transport der Häftlinge in die Konzentrations- und Vernichtungslager sowie die Transportbedingungen und -folgen mit Blick auf mögliche Handlungsspielräume der beteiligten Akteure vorgestellt. Auch wird hinterfragt, inwieweit Angestellte der Reichsbahn im Nationalsozialismus zu Tätern und Mittätern wurden und in welcher Weise KZ-Häftlinge für die Reichs- bahn Zwangsarbeit leisten mussten, z. B. bei der Reparatur von Gleisanlagen. Am Beispiel holländischer Lokführer und deutscher Eisenbahngewerkschafter werden Eisenbahner als Widerstandskämpfer und Verfolgte thematisiert. Einen weiteren Aspekt bildet die Deportation von Jüdinnen und Juden sowie Sinti und Roma aus Hamburg. Die Frage, ob und wie sich die Deutsche Bahn, aber auch die deutsche Gesellschaft, mit der Rolle der Reichsbahn im Nationalsozialismus auseinandersetzt, wird anhand der Debatten um den „Zug der Erinnerung“ sowie um einen Erin- nerungsort auf dem Gelände des ehemaligen Hannoverschen Bahnhofes, von dem aus die Deportationszüge von Hamburg abfuhren, diskutiert. Das in der Regel eintägige Seminar kann auf zwei Tage ausgeweitet werden. • Lagerkommandant Max Pauly (Mitte) mit einem Eisenbahner und einem unbekannten Zivilisten auf dem „Lagerbahnhof“ des KZ Neuengamme anlässlich der Ankunft des ersten Zuges nach Fertigstellung des Gleis- anschlusses an die Bergedorf-Geesthachter Eisenbahn, 1944. Foto: Josef Schmitt. Quelle: Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuen- gamme, 1981-246 16
SEMINAR Medizin und Medizinverbrechen im Nationalsozialismus Dieses Seminarangebot richtet sich an Menschen, die für Pflege- und Medizinberufe ausgebildet werden oder in diesen Bereichen arbeiten sowie an Erwachsenengruppen, die sich mit der Medizin und Pflege im Nationalsozialismus ausein- andersetzen möchten. Ausgehend von der Geschichte des KZ Neuengamme wird thematisiert, wie soziale Randgruppen während des „Dritten Reiches“ ausgegrenzt und verfolgt wurden. Aufbauend auf dem Kennenlernen des ehemaligen KZ-Geländes und dem Besuch der Ausstellungen wird der Blick auf das „Euthanasie-Programm“ der Nationalsozialisten gerichtet, von der Radikalisierung des Umgangs mit Menschen mit Behinderung und deren Zwangssterilisierung bis hin zu ihrer Ermordung. Wahlweise können Fragen der Medizin im Nationalsozialismus und in den Konzentrationslagern vertieft werden, darunter Ernährung und Hunger, Umgang mit den Kranken und Geschwächten sowie medizinische Versuche an Menschen. Im Anschluss wird anhand ausgewählter Biografien von Ver- folgten sowie Täterinnen und Tätern ein lebensgeschichtlicher Zugang vermittelt und je nach Arbeitsort der Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Geschichte der eigenen Einrichtung be- handelt. Das Seminar ist zweitägig angelegt, es besteht jedoch die Möglichkeit, eine Auswahl der Themen als eintägigen Studientag zu buchen. • Krankenabteilung im Außenlager Alt Garge. Zeichnung des dänischen Künstlers und KZ-Über lebenden Victor Glysing- Jensen (1907–2001). Quelle: Privatarchiv 17
SEMINAR Gewerkschaften und Gewerkschafter im Nationalsozialismus In diesem zwei- oder dreitägigen Seminar können sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Rolle von Gewerk- schaften und Gewerkschaftern zwischen Widerstand und Verfolgung im Nationalsozialismus vertraut machen. Darüber hinaus lernen sie Aspekte der Wirtschafts- und Sozialge- schichte des Nationalsozialismus kennen. Vorgestellt werden gewerkschaftliche Positionen vor und nach der Machtübernahme, die Anpassungspolitik des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB), das Verbot der freien Gewerkschaften, der gewerkschaftliche Widerstand und die Verfolgung von Gewerkschaftern im Nationalsozialismus. Einzelne Phasen der Verfolgung und des gewerkschaftlichen Widerstands werden am Beispiel Hamburgs und weiterer Regionen sowie ausgewählter Gewerkschafterbiografien (darunter Adolf Kummernuss, Wally Vollmer, Willi Bredel, Viktor Agartz und Rudi Goguel) vorgestellt. Im Konzentrationslager und in den Strafanstalten Fuhlsbüttel wurden seit 1933 verfolgte Antifaschistinnen und Antifaschisten inhaftiert. Seit 1938 bildete das KZ Neu- engamme für eine Reihe von Gewerkschaftern zudem eine Station auf ihrem Leidensweg durch die Konzentrationslager, was ebenfalls mit Gewerkschafterbiografien illustriert wird. Soweit nachweisbar, werden Handlungsspielräume der jeweiligen Akteure dargestellt. Übergreifend werden Aspekte der Wirtschafts- und Sozial geschichte des Nationalsozialismus behandelt. Hierzu gehört der Umgang mit der Massenarbeitslosigkeit in der Phase des Übergangs von der Weimarer Republik zum National- sozialismus. Anhand veränderter Sozialstandards zwischen 1933 und 1945, z. B. den Pflichtarbeitsverhältnissensowie der Lohn- und Arbeitszeitentwicklung, werden Arbeits- und Lebensbedingungen abhängig Beschäftigter im National sozialismus diskutiert. Die Funktion und der Aufbau der 18
• Abb. aus: Die Schiffahrt (1937), Nr. 12. Diese Zeitschrift der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) erschien von 1936 bis 1939. Sie wurde in Antwerpen hergestellt und durch Seeleute verbreitet. Quelle: Peter Altmann/Heinz Brüdigam/ Barbara Mausbach-Bromberger/Max Oppenheimer (Hg.): Der deutsche antifaschistische Widerstand 1933–1945. In Bildern und Dokumenten, Frankfurt/M. 1978, S. 78. Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation (NSBO) und der Deutschen Arbeitsfront (DAF) in den Betrieben sowie die unternehmerische Geschichte der DAF werden erläutert. Mit Bezug zu den Konzentrationslagern wird die SS als Wirtschaftsunternehmen mit eigenen Betrieben und vielfältigen Wirtschaftsbestrebungen sowie als Organisator des Arbeitseinsatzes von KZ-Häftlingen vorgestellt. Daran schließt sich eine Auseinandersetzung mit den Dimensionen der NS-Zwangsarbeit und der Behandlung von Zwangs arbeiterinnen und -arbeitern, insbesondere aus Osteuropa, an, die unter anderem als Bestrafung für vermeintlich un- botmäßiges Verhalten an ihren Arbeitsplätzen sowie wegen verbotener Kontakte zur deutschen Bevölkerung in großer Zahl in Konzentrationslager eingewiesen wurden. In einem weiteren Teil des Seminars wird der Umgang mit den Vorgenannten nach 1945 innerhalb der Gewerkschaften und der deutschen Gesellschaft vorgestellt. Es wird gezeigt, wie sich die Gewerkschafter bemühten, die politische Zer- splitterung durch die Gründung einer Einheitsgewerkschaft zu überwinden. Behandelt werden gegenwartsbezogene Aspekte wie menschenrechtliche, grundgesetzliche und arbeitsrechtliche Regelungen, die aus den historischen Er fahrungen resultieren. Auch die deutsche Praxis der Entschä- digung ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter, von Kriegsende bis heute, wird behandelt. 19
FORTBILDUNGEN Bildungsbausteine zu Justiz, Militär, Polizei und Verwaltung im Nationalsozialismus ZIELGRUPPE: Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus dem Bildungs bereich, Ausbilderinnen und Ausbilder aus Justiz, Militär, Polizei und Verwaltung Das Studienzentrum der KZ-Gedenkstätte Neuengamme bietet ein- bis zweitägige Fortbildungen für Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter aus Gedenkstätten sowie anderen Bildungseinrichtungen an, die Seminare für Berufsgruppen aus Justiz, Militär, Polizei und Verwaltung an ihrer eigenen Einrichtung durchführen oder ausgewählte Inhalte in ihre Arbeit integrieren möchten. Eine weitere Zielgruppe sind Ausbilderinnen und Ausbilder aus Justiz, Militär, Polizei und Verwaltung. Thematische Schwerpunkte können individuell abgesprochen werden. Die Dauer einer Fortbildung hängt von der Themenstellung ab, es sollten jedoch mindestens sechs Stunden eingeplant werden. Z wei Varianten werden angeboten: VARIANTE 1 Fortbildung mit Schwerpunkt auf einer bestimmten Berufsgruppe im Nationalsozialismus Nach einem Überblick über die Inhalte und Zielsetzungen wahlweise der zu Justiz, Militär, Polizei oder Verwaltung an der KZ-Gedenkstätte Neuengamme angebotenen Seminare werden ausgewählte Methoden und Materialien vorgestellt. Thematisiert werden entweder die Module zur Institutionengeschichte von Justiz, Militär, Polizei oder Verwaltung, in denen deren systematische Einbindung in das NS-Unrechtssystem sowie Kontinuitäten und Brüche nach Kriegsende behandelt werden. Im Fokus stehen das Handeln in der jeweils thematisierten Institution sowie Entwicklungen in dieser Institution in historischer wie auch in aktueller 20
Perspektive. Vorgestellt werden zudem ausgewählte Module, die beispielhaft Dimensionen der NS-Zwangsarbeit und der Entschädigungspraxis nach Kriegsende, der Sicherungsver wahrung und der Schutzrechte von Gefangenen, des Um- gangs mit Flüchtlingen oder der Situation von Sinti und Roma mit aktuellen Menschenrechtsfragen in Beziehung setzen. Erfahrungen aus der Arbeit mit Gruppen von wahlweise Justiz, Militär, Polizei und Verwaltung werden thematisiert und es werden Anregungen vermittelt, wie die Materialien und Erkenntnisse für die eigene pädagogische Arbeit genutzt werden können. VARIANTE 2 Einführung in die Arbeit zu verschiedenen Berufsgruppen In Variante 2 werden im Unterschied zu Variante 1 Module zur Geschichte mehrerer Institutionen vorgestellt. Themati- siert werden die systematische Einbindung von Justiz, Militär, Polizei und Verwaltung in das NS-Unrechtssystem sowie Kontinuitäten und Brüche innerhalb der jeweiligen Institu- tionen nach Kriegsende. Im Fokus stehen das Handeln in und von staatlichen Institutionen sowie die Entwicklungen in den Institutionen aus historischer und aktueller Perspektive. Vorgestellt werden zudem Module, die historische und ak- tuelle Perspektiven auf institutionelles Handeln mit aktuellen Menschenrechtsfragen in Beziehung setzen. Dabei werden unter anderem die Dimensionen von NS-Zwangsarbeit und der Entschädigungspraxis nach Kriegsende, die Themen Sicherungsverwahrung und Schutzrechte von Gefangenen, der Umgang mit Flüchtlingen oder die Situation von Sinti und Roma sowie das Thema Antiziganismus vertieft. Es werden Erfahrungen aus der Arbeit mit Gruppen von Justiz, Militär, Polizei und Verwaltung präsentiert und Anregungen ver- mittelt, wie die Materialien und Erkenntnisse für die eigene pädagogische Arbeit genutzt werden können. 21
PUBLIKATIONEN Ulrike Pastoor und Oliver von Wrochem (Hg.), NS-Geschichte, Institutionen, Menschenrechte. Bildungsmaterialien zu Verwaltung, Polizei und Justiz, Neuengam- mer Kolloquien 3, Berlin 2013. 232 Seiten + 1 CD-ROM, 14,90 € In der Publikation werden aktuelle Forschungen zu Menschenrechts- bildung und historischer Bildung mit Berufsgruppen präsentiert und Bildungsmaterialien zu Verwaltung, Polizei und Justiz im Nationalsozialismus zur Verfügung gestellt. Kenntnisse über das historische Geschehen während des Nationalsozialismus werden für die Diskussion aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen und möglicher Menschenrechtsgefähr- dungen nutzbar gemacht. Zentraler Bestandteil des Buches sind die Beschreibungen von Bildungsbausteinen zu Anti- ziganismus, zur Institutionengeschichte von Polizei, Justiz und Verwaltung im Nationalsozialismus und zu historischen und aktuellen Perspektiven auf institutionelles Handeln und Menschenrechtsfragen. Eine CD-ROM mit ausgewählten Materialien ist beigelegt. „Die Publikation bereichert die pädagogische Arbeit mit dieser spezifischen Zielgruppe enorm – sowohl bezüglich des historischen Lernens über den Nationalsozialismus als auch hinsichtlich der Auseinandersetzung mit aktuellen Handlungs- optionen und Menschenrechtsverletzungen in den genannten Institutionen. Das Projekt zeigt zugleich, wie eine Verbindung von historischem Lernen und Menschenrechtsbildung entlang konkreter Fragestellungen und Kontinuitätslinien konzipiert und methodisch differenziert umgesetzt werden kann.“ (Akim Jah, in: Einsicht. Bulletin des Fritz Bauer Instituts [2013], Nr. 10) Direkter Link zum Bestellformular: http://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/?id=3425 22
KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hg.), Bildungsangebote der KZ-Gedenkstätte tläufer, Zuschauer, Opfer in der 04 STUDIENHEFTE Neuengamme. Ein Praxisreader, NEUENGAMMER herchen Hamburg 2013. Bildungsangebote der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Ein Praxisreader Neuengamme, Hamburg 07/2010 ) (46 S., 2,50 Euro; ISSN 2190-3158) rmationen und Hilfestellungen für erhalten ihrer Familienangehörigen im 88 Seiten, 5,00 € setzen. ihre Folgen. Das Beispiel Slowenien Neuengamme, Hamburg 12/2010 (72 S., 2,50 Euro, ISSN 2190-3158) nisse der gleichnamigen Tagung und der bst 2009. fentliche Erinnerung an die Das Studienheft 4 stellt die erfahrungen an die nachfolgenden Neuengamme, Hamburg 05/2011 (88 S., 5,00 Euro, ISSN 2190-3158) wie Enkel diskutierten mit Gedenk- Bildungsarbeit der KZ-Gedenk- künftige Perspektiven der Erinnerungs- . mme. Ein Praxisreader. Neuengamme, Hamburg 12/2013 stätte Neuengamme vor. Anhand (84 S., 5,00 Euro, ISSN 2190-3158) aus der Praxis wird eine Übersicht über geben, die GruppenbesucherInnen in N EUEN GAM MER S TUDI EN HEFTE | 0 4 en an der Gedenkstätte offen stehen. alien. is und Versandkosten bestellt werden bei: ausgewählter Beispiele aus der Bildungsangebote der tte-neuengamme.de/?id=447 Hamburg 12 | 2013 Praxis wird eine Übersicht über KZ-Gedenkstätte Neuengamme Ein Praxisreader die vielfältigen Möglichkeiten 26.11.2013 13:58:19 gegeben, die Gruppen in päda gogisch begleiteten Projekten an der Gedenkstätte offen stehen. Es werden ebenso Führungen, Projekte, Studientage und Mehrtagesangebote für Schulklassen, Berufsschulen und Berufsgruppen vorgestellt wie Fortbildungen, Seminare und Workshops für Lehrkräfte und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Direkter Link zum Bestellformular: http://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/?id=3448 WEBSITE Auf der deutsch- und englischsprachigen Website www.ns- geschichte-institutionen- menschenrechte.de/ finden Sie die Angaben zu Zielgruppen und Inhalten der in diesem Flyer vorgestellten Seminare. Es werden darüber hinaus auch vertiefende Texte zum Thema angeboten und einzelne Bildungsbausteine zu Justiz, Militär, Polizei und Verwaltung vorgestellt. 23
KZ-GEDENKSTÄTTE NEUENGAMME Öffnungszeiten Impressum Öffnungszeiten der Ausstellungen Montag bis Freitag 9.30 bis 16.00 Uhr Samstag, Sonntag, an Feiertagen: April bis September 12.00 bis 19.00 Uhr Oktober bis März 12.00 bis 17.00 Uhr Der Eintritt ist frei. Das Gelände ist auch außerhalb der Öffnungszeiten zugänglich. Impressum KZ-Gedenkstätte Neuengamme Jean-Dolidier-Weg 75 21039 Hamburg Tel.: 040-428131-500 Fax: 040-428131-501 HERAUSGEBERIN KZ-Gedenkstätte Neuengamme November 2014 REDAKTION/TEXT Dr. Oliver von Wrochem LAYOUT Julia Werner, juliawerner.net Gefördert von der Beauftragten der Bundes regierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
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