Resultat Nr. 3 / November 2008 - Die Würde der Kreatur - Animalfree Research

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Resultat Nr. 3 / November 2008 - Die Würde der Kreatur - Animalfree Research
Wir ersetzen Tierversuche

  resultat                                                                   Nr. 3 / November 2008
        8032 Zürich
P. P.

                      Die Würde der Kreatur
                      «Was du nicht willst, das man dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu».
                      Diesen ethischen Grundsatz fordert der Tierethiker Prof. Dr. Gotthard M.
                      Teutsch auch im Umgang mit Tieren. | » Seite 3
Resultat Nr. 3 / November 2008 - Die Würde der Kreatur - Animalfree Research
Buchtipp                                                                                    Onlinetipp

                                                                                            Die ZEBET und ihre
                                                                                            Datenbank
                                                                                            Die Zentralstelle zur Erfassung und Be-
                                                                                            wertung von Ersatz- und Ergänzungs-
                                                                                            methoden zum Tierversuch (ZEBET) in
                                                                                            Berlin wurde als Teil des Bundesinsti-
                                                                                            tuts für Risikobewertung im Jahre 1989
                                                                                            gegründet. Seither erfüllt sie mannigfal-
                                                                                            tige Aufgaben:
                                                                                                 Die ZEBET fördert gezielt wissen-
                                                                                            schaftliche Projekte , die zum Ersatz von
                                                                                            Tierversuchen beitragen, und forscht in
                                                                                            einem eigenen Labor sehr erfolgreich
                                                                                            an Alternativmethoden; gleichzeitig
                                                                                            koordiniert sie gemeinsamen mit inter-
                                                                                            nationalen Zentren wie dem European
                                                                                            Centre for the Validation of Alternative
                                                                                            Methods (ECVAM) Validierungsstu-
                                                                                            dien. Die Validierung ist eine notwen-
                                                                                            dige Voraussetzung, um eine Alter-

Wie wir jeden Tag mühelos                                                                   nativmethode gesetzlich vorschreiben
                                                                                            zu können. Als Informationsstelle für

Tiere schützen können.                                                                      Behörden, Wissenschaft, Industrie und
                                                                                            Öffentlichkeit betreibt die ZEBET eine
                                                                                            frei zugängliche Datenbank, in der Al-
Menschen sagen, dass sie wie Tiere be-          einfach, ist das Motto des Buches. Es ist   ternativmethoden beschrieben und be-
handelt wurden, wenn sie gedemütigt             ermutigend zu lesen, wie jeder einzel-      wertet werden.
und misshandelt worden sind. Eine für           ne mit Änderungen in seinen täglichen       Link: www.bfr.bund.de/cd/1433
Manfred Karremann erschreckende                 Gewohnheiten das Los der uns anver-
Aussage. Denn man muss sich fragen,             trauten Tiere verbessern und Tierleid,
wie Tiere von uns behandelt werden,             das durch schlichte Gedankenlosigkeit
wenn dieser Vergleich so selbstver-             verursacht wird, verhindern kann. Da-
ständlich gezogen wird. Es handelt              bei ist ein Verzicht nicht notwendig:
sich ja «nur» um Tiere: Versuchstiere,          entscheidend ist, in alltäglichen Situa-
Schlachttiere, Nutztiere – unsere Spra-         tionen an das Tier hinter dem Produkt
che allein reduziert ein Lebewesen auf          zu denken.
seinen Zweck für den Menschen.                  Manfred Karremann: Sie haben uns
    Entscheidend ist oft nicht, was wir         behandelt wie Tiere. Wie wir jeden Tag
tun, sondern was wir bleiben lassen.            mühelos Tiere schützen können.              Ihre Meinung interessiert uns.
    Der bekannte Fernsehjournalist              Hamburg, Höcker-Verlag 2006.
und langjährige «Tierschutz-Reporter»           ISBN 3-9804617-4-2,                         Wir freuen uns über Zuschriften
Manfred Karremann stellt Beispiele im           ISBN 978-3-9804617-4-0                      unserer Leser. Bitte senden Sie Ihren
Umgang des Menschen mit dem Tier                                                            Leserbrief an: Animalfree Research,
vor und zeigt konkret und ohne beleh-                                                       Postfach 1766, 8032 Zürich.
renden Zeigefinger, was jeder von uns                                                       Aus Platzgründen behält sich die Re-
jeden Tag beitragen kann. Tierschutz ist                                                    daktion vor, Zuschriften zu kürzen.

2   Resultat Nr. 3 / 08 • Animalfree Research
Resultat Nr. 3 / November 2008 - Die Würde der Kreatur - Animalfree Research
Editorial

                                              Dr. Peter Krepper
                                              Co-Präsident
                                              Animalfree Research

                                              Liebe Leserin, lieber Leser
                                              Jährlich werden in der Schweiz weit über eine halbe Million
                                              Tiere zu Versuchszwecken verwendet. Täglich werden in ganz
                                              Europa über eine Million Tiere geschlachtet. Alle diese Tiere
                                              werden in der Regel nicht artgerecht gehalten und durch über­
                                              mässige Instrumentalisierung in ihrer Würde verletzt. Im Falle
                                              der Schlachttiere gibt es allerdings eine Option: kein Fleisch
                                              oder nur Fleisch von artgerecht gehaltenen und schonend ge­
Impressum                                     töteten Tieren zu essen.
Resultat Nr. 3, November 2008
                                                  Eine solche Wahlfreiheit der KonsumentInnen gibt es bei
Herausgeber:
Animalfree Research                           biomedizinischen Produkten wie Medikamenten und Impf­
Hegarstrasse 9
Postfach 1766                                 stoffen nicht. Immerhin dürfen Versuche mit Wirbeltieren hier­
CH-8032 Zürich
                                              zulande von Gesetzes wegen nicht durchgeführt werden, wenn
Telefon (+41) 044 422 70 70
Fax (+41) 044 422 80 10                       ihr Ziel auch in versuchstierfreien Verfahren erreicht werden
info@animalfree-research.org
www.animalfree-research.org                   kann. Dies sollen keine toten Buchstaben bleiben.
Spendenkonto: 80-22276-6
                                                  Animalfree Research fördert nach den anerkannten 3R-
Redaktion: Sabine Umbricht,
Stefanie Schindler                            Prinzipien die Entwicklung und Anwendung von Forschungs­
Mitarbeit: Peter Krepper, Susi Goll,
Irène Hagmann
                                              methoden ohne Tierversuche. Damit können sich Forscher
Konzept und Gestaltung: Oliver Gemperle       zunehmend seltener darauf berufen, nur mit Tierversuchen
Druck: Ropress, Zürich
Papier: Cyclus Print, 100 % Recyclingpapier   sinnvoll Forschung betreiben zu können. Eine Vision darüber
Auflage: 17‘500, erscheint 2 x jährlich
Abdruck mit Einholung einer Genehmigung
                                              hinaus ist, etwa mit Alternativmethoden entwickelte Medi­
unter Quellenangabe und Zusendung             kamente mit einem Label «tierversuchsfrei» zu etikettieren.
eines Belegexemplares an die Redaktion
erwünscht.                                    Ein unterstützungswertes Unterfangen?

                                                                             Resultat Nr. 3 /08 • Animalfree Research   3
Resultat Nr. 3 / November 2008 - Die Würde der Kreatur - Animalfree Research
Persönlich: Prof. Dr. Gotthard M. Teutsch

                                                Porträt

                                                Dr. phil. Gotthard M. Teutsch (1918) bis   Seit 1977 Herausgeber des jährlichen
                                                1984 Professor für Soziologie an der       Literaturberichts «Mensch und Mitge-
                                                Hochschule Karlsruhe.                      schöpf unter ethischem Aspekt»; von
                                                Mitbegründer des Archivs für Ethik im      1995 bis 2005 wurden diese Berichte
                                                Tier-, Natur- und Umweltschutz der Ba-     jeweils in Nr. 4 der Zeitschrift ALTEX
                                                dischen Landesbibliothek Karlsruhe.        veröffentlicht.
                                                Heute befindet sich dieses Archiv in der   G.M. Teutsch ist als Autor von zahlrei-
                                                Stiftung «Das Tier im Recht» in Zürich     chen Publikationen im Bereich Tier- und
                                                und ist Interessenten zugänglich.          Umweltschutz bekannt geworden.

                                                Der Tierethiker Prof. Dr. Gott-
                                                hard M. Teutsch feiert seinen
                                                neunzigsten Geburtstag.

Im Zweifelsfalle für das Tier
Im Zweifelsfalle für das Tier: Diese            Schutz der Schwachen vor der Willkür       ten und zu behandeln, aber Ungleiches
Aussage ist sehr charakteristisch für           der Mächtigen seit dem Altertum aktu-      gemäss seiner Verschiedenheit auch an­
den Philosophen und Tierethiker Gott-           ell.» Davon kann bei unserem üblichen      ders zu bewerten und zu behandeln ist.
hard M. Teutsch, der nie in einem Wol-          Umgang mit Tieren keine Rede sein,             Es sind also zwei Forderungen, die
kenkuckucksheim von philosophischen             wenigstens nicht mit jenen Tieren, die     da gestellt werden, nämlich Gleichbe-
Theorien gelebt hat, sondern immer              wir nach ihrem Nützlichkeitswert be-       handlung, wenn gleiche Interessen und
Thesen entwickelte, die anwendbar               nennen: «Versuchstiere», «Nutztiere»       Bedürfnisse vorliegen, Andersbehand-
sind. Teutsch stellt uns immer vor kon-         usw. Wollten wir also wirklich gerecht     lung wenn dies nicht der Fall ist. Das ist
krete Situationen: das Versuchstier in          sein, so müssten wir unseren Umgang        leicht zu verstehen, denn es wäre ja un-
den Händen des Experimentators oder             mit Tieren gründlich ändern. Wir müss-     gerecht, wenn Kinder und Erwachsene,
das Nutztier im Massenstall, auf dem            ten, wie das im humanen Recht bereits      Kranke und Gesunde, Arme und Reiche
Transport in den Schlachthof oder beim          geschieht, nach dem «Gleichheitsgrund-     oder eben Menschen und Tiere in jeder
Schlachten selbst – das Tier, das leidet,       satz» handeln.                             Beziehung gleich behandelt würden.
und er konfrontiert uns dann mit der                 Der Gleichheitsgrundsatz ist Gott-
Frage: Ist das rechtens, ist das gerecht?       hard M. Teutschs wichtigstes Anliegen,     Nicht jedem das Gleiche,
«Nein» ist seine entschiedene Antwort,          mit ihm hat er sich immer wieder be-       aber jedem das Seine!
denn Gerechtigkeit verlangt von uns             fasst. Eigentlich bedeutet er etwas sehr   Konsequent angewendet führt dieser
etwas ganz anderes. «Gerechtigkeit»,            Einfaches und für jeden Menschen Ein-      Grundsatz dazu, dass allen Wesen Ge-
so Teutsch, «ist eine Ursehnsucht des           leuchtendes, nämlich: dass Gleiches ge­    rechtigkeit widerfährt. Gleichbehand-
Menschen und ist als Frage nach dem             mäss seiner Gleichheit gleich zu bewer­    lung oder Andersbehandlung je nach

4   Resultat Nr. 3 / 08 • Animalfree Research
Resultat Nr. 3 / November 2008 - Die Würde der Kreatur - Animalfree Research
den Bedürfnissen eines Wesens, somit        meinen Bestimmungen sind zwar hehre         tierethischen Fragen zugenommen hat.
nicht: Jedem das Gleiche, sondern je-       Absichten formuliert, aber in den Aus-      Das zeigen beispielsweise auch die Er-
dem das Seine. Auf die Tiere bezogen        führungsartikeln werden sie vielfach bis    fahrungen mit Produkten aus tierge-
bedeutet es, dass die zwischen Mensch       zur Unkenntlichkeit verwässert.             rechter Haltung; trotz aller Prophezei-
und Tier bestehende Gemeinsamkeit in            Es gilt leider immer noch, was          ungen von Produzentenseite ist dieser
der Schmerz- und Leidensfähigkeit die       Teutsch schon 1986 bei den Beratun-         Markt in den letzten Jahren gewachsen.
Tierquälerei in gleicher Weise verbietet    gen zum deutschen Tierschutzgesetz          Aber positive Entwicklungen brauchen
wie die Misshandlung unterlegener Mit-      festgestellt hat: Man hat zwar die ethi-    sehr viel Zeit, bis sie sich in Gesetzen
menschen. Andersbehandlung ist dann         schen Normen akzeptiert, das Tier vor       niederschlagen. Das Gesetz widerspie-
vonnöten, wenn ein Lebewesen ganz           Schmerzen, Leiden oder Schäden zu be-       gelt einfach den kleinsten gemeinsamen
andere Lebensbedingungen braucht als        wahren, weil es in ähnlicher Weise dar-     Nenner zwischen den verschiedenen In-
ein anderes.                                unter leidet wie der Mensch. Aber man       teressengruppen. Es ist gewissermassen
     So klar, einfach und einleuchtend      hat sich bei den einzelnen Paragraphen      das Schlusslicht eines gesellschaftlichen
diese Thesen sind, so wenig werden          nach wie vor am Nützlichkeitsprinzip        Meinungsbildungsprozesses.
sie – erstaunlicherweise – auf die Tiere    orientiert. «Mit anderen Worten», so             Der Gleichheitsgrundsatz bildet die
bezogen angewendet. Zwar hat die Ver-       Teutsch, «der Gesetzgeber hat über den      Basis für unsere Arbeit
haltensforschung in den letzten Jahren      Umfang des von ihm beabsichtigten                Doch das ist kein Naturgesetz, son-
vielen Tieren wesentliche Verbesserun-      Tierschutzes willkürlich entschieden.       dern ein Problem, das wir beeinflussen
gen gebracht. Ihre Erfordernisse stossen    Anlass für die Beratungen war nicht,        können, indem wir davon reden und im-
aber immer da an enge Grenzen, wo das       die bestehende Ungerechtigkeit gegen-       mer wieder Fragen stellen, die diskutiert
Nützlichkeitsprinzip überwiegt, wo es       über dem Tier zu korrigieren, sondern       werden müssen, damit sie Echo finden
den meist kommerziellen Tierhaltern         Anlass war nur der Druck der öffent-        und schliesslich zu Veränderungen füh-
darauf ankommt, wirtschaftlichen Nut-       lichen Meinung in Richtung auf mehr         ren. Der Gleichheitsgrundsatz und seine
zen aus den Tieren zu ziehen. Wo das        Tierschutz.»                                reale Umsetzung durch die Entwicklung
Nützlichkeitsdenken dominiert, wird             Wie damals so heute!                    von Alternativmethoden ist ein solches
die «Goldene Regel» der Nächsten-               «Die öffentliche Meinung» – was         Thema.
liebe «Was du nicht willst, dass man dir    will sie? Meinungsumfragen zeigen,               In diesem Sinne können wir Herrn
tu, das füg auch keinem andern zu» im       dass Tierschutz für eine Mehrheit einen     Teutsch zu seinem 90sten Geburtstag
Umgang mit Tieren oft missachtet. Da-       hohen Stellenwert besitzt. Die meisten      dafür danken, dass er uns mit seinem
von betroffen sind vor allem auch die       Menschen akzeptieren zwar Tierversu-        Denken die philosophisch-ethische Ba-
Versuchstiere. Da bleibt der Gleichheits-   che als «notwendiges Übel», aber sie be-    sis für unsere Arbeit geschaffen hat.
grundsatz auf der Strecke, und neue Er-     fürworten entschieden strenge Regelun-
kenntnisse aus der Verhaltensforschung      gen für einen schonenden Umgang mit
werden häufig ignoriert. Im Gegenteil,      den betroffenen Tieren. Das Gesetz, vor
es dominieren veraltete Denktraditio-       allem aber die gängige Praxis, missach-     Hintergrund
nen, die besagen, dass uns «die Tiere       tet dies über weite Strecken. Noch im-
untertan sind», dafür bestimmt, un-         mer gilt die überkommene Einstellung,       Animalfree Research – damals FFVFF –
seren Interessen zu dienen, auch wenn       die Ausbeutung von Tieren sei rechtens,     hat erstmals mit Gotthard M. Teutsch
dies für sie mit Schmerzen und Leiden       obwohl sie sich durch die Industriali-      nach Inkrafttreten des schweiz. Tier-
verbunden ist.                              sierung gegenüber früher erheblich ver-     schutzgesetzes anfangs der 80er Jahre
                                            schlimmert hat.                             zusammengearbeitet. Für uns erarbeitete
Der Gesetzgeber hat                             Müssen wir nun resignieren? Nein!       er zusammen mit drei weiteren Autoren
über Tierschutz willkürlich                     Einer solchen Forderung würde           die erste Studie zum umstrittenen Ge-
entschieden …                               Gotthard M. Teutsch entschieden ent-        setzesartikel «Das unerlässliche Mass».
Im diesem Sinne ist auch unser Tier-        gegentreten, denn ebenso wahr ist ja        Seither sind wir mit ihm in konstantem
schutzgesetz abgefasst. In den allge-       auch dass die Sensibilität gegenüber        Gedankenaustausch geblieben.

                                                                                       Resultat Nr. 3 / 08 • Animalfree Research   5
Resultat Nr. 3 / November 2008 - Die Würde der Kreatur - Animalfree Research
Brennpunkt: Affentheater an der ETH

Eine unendliche Geschichte?
Die Universität Zürich kämpft dafür, dass sie die im letzten Jahr gestopp-
ten Affenversuche aufnehmen können. Der Fall ist vor dem Bundesgericht.
Egal wie der Entscheid ausfallen wird – er ist von grosser Bedeutung.

Im Januar 2006 stellten Forscher beim           Tiere stünde. Die Gesundheitsdirektion
kantonalen Veterinäramt zwei Gesuche            folgte dieser Argumentation und hob
um Bewilligung von Tierversuchen im             die Tierversuchsbewilligungen auf, wo-
Rahmen des Nationalen Forschungs-               mit ein vorläufiges Verbot erreicht war.
schwerpunkts «Plastizität und Repa-             Der Kanton Zürich ist der einzige Ort,
ratur des Nervensystems». An Rhesus-            an dem bereits erteilte Genehmigungen
affen sollte erforscht werden, welche           für Tierversuche durch die Tierver-
Prozesse nach einer Schädigung im Ge-           suchskommission angefochten werden
hirn ablaufen, mit dem Ziel, die The-           können.
                                                                                           Und wie geht es weiter?
rapie z.B. nach Schlaganfällen zu ver-               Im März 2007 legten die Forschen-
bessern. Das Veterinäramt beauftragte           den von ETH und Universität Zürich
drei Gutachter, die von der kantonalen          beim Verwaltungsgericht Beschwer­de        Würde des Tieres begründet. Ob dies
Tierversuchskommission vorgeschlagen            ein.                                       einen Durchbruch bei der Bewilligung
wurden; dies ist gängige Praxis. Zwei                Nachdem der Entscheid der Gesund-     von Tierversuchen bedeutet, bleibt abzu-
der drei Gutachten waren positiv, da­-          heitsdirektion auch vom Verwaltungs-       warten – der Erfolg nährt aber natürlich
mit bewilligte das Veterinäramt die             gericht vollumfänglich bestätigt worden    die Hoffnung darauf, dass die tierliche
Versuche.                                       war, zogen die betroffenen Forscher vor    Würde in der Bewilligungspraxis fort-
                                                das Bundesgericht, das vermutlich 2009     an stärkere Beachtung finden wird und
Einspruch der Tierversuchs-                     das mit grosser Spannung erwartete         Gesuche nur noch mit grösster Zurück-
kommission                                      endgültige Urteil fällen wird.             haltung genehmigt werden. Dabei soll
Dagegen erhob die Tierversuchskom-                                                         es nicht darum gehen, den Forschungs-
mission bei der Gesundheitsdirektion            Sorgfältige Güterabwägung                  standort Schweiz zu gefährden, sondern
Einspruch. Dieser wurde begründet mit           für die Würde der Tiere                    bei der Erteilung von Genehmigungen
der übermässigen Verletzung der Tier-           Erstmals überhaupt wurden damit            speziell im Falle von Primatenversuchen
würde und der Tatsache, dass der in drei        Tierversuche in der Schweiz durch          eine sorgfältige Güterabwägung zu er-
Jahren zu erwartende Erkenntnisgewinn           eine Tierversuchskommission auf dem        reichen, bei der die Tierwürde ausrei-
in keinem Verhältnis zur Belastung der          Rechtsmittelweg verhindert und mit der     chend berücksichtigt wird.

                               Versuche an Primaten                                        Primatenversuche in der
        250
                                                                                           Statistik
        200                                                                                In der Schweiz wurden im Jahr 2006
                                                                                           immerhin noch 441 Tiere verwendet, da-
        150                                                              n   2006
                                                                                           von 119 in Versuchen der hohen Schwere­-
        100                                                              n   2007          grade 2 und 3. Im Jahr 2007 ist ein
                                                                                           Rückgang zu verzeichnen. Es wurden
         50
                                                                                           noch 335 Primaten verwendet, davon
          0                                                                                42 im Schweregrad 2 und 4 im Schwere-
                  SG 0           SG 1          SG 2         SG 3
                                    Schweregrade                                           grad 3 (Quelle: Tierversuchsstatistik des
        2007 ist ein Rückgang der Versuche an Primaten zu verzeichnen.                     Bundesamtes für Veterinärwesen).

6   Resultat Nr. 3 / 08 • Animalfree Research
Resultat Nr. 3 / November 2008 - Die Würde der Kreatur - Animalfree Research
Projekt: Schmerzbehandlung beim Versuchskaninchen

Erkennen und Lindern von                                                               sammengefasst, sowie Tierärzte, Wis-
                                                                                       senschaftler und Tierpfleger befragt,

Schmerzen beim Kaninchen                                                               welche Versorgung von Versuchskanin-
                                                                                       chen während und nach einem Eingriff
                                                                                       üblich ist. Die Studie soll dazu beitragen,
Kaninchen, die während und nach ei-         weisen und Körperhaltungen analysiert      die Schmerzbekämpfung bei Kaninchen
nem Versuch Schmerzen leiden, zei-          wurden. Die in der Literatur beschrie-     zu verbessern und das Personal zu sen-
gen dies nach aussen hin kaum. Um           benen wirksamen schmerzlindernden          sibilisieren. Zusätzlich sollen praktische
Schmerzen beim Kaninchen überhaupt          Massnahmen wurden bewertet und zu-         Schulungen angeboten werden.
erkennen und Abhilfe schaffen zu kön-
nen, benötigt das Personal, das die Tiere
betreut, das entsprechende Fachwissen
über die Anzeichen von Schmerzen beim
Kaninchen und die Möglichkeiten der
wirksamen Schmerzbekämpfung. Diese
wurden aber bisher nicht systematisch
erfasst. Eine Arbeitsgruppe der Univer-
sität Newcastle hat sich dieses Problems
angenommen.
     Professor Paul Flecknell und seine
Mitarbeiter erstellten eine vom Ver-
band Tierschutzorganisationen Schweiz
(VETO) finanzierte Studie, in der an-
hand von Videoaufnahmen typische            Das Forscherteam mit Dr. Matthew Leach, Claire Richardson
Anzeichen wie bestimmte Verhaltens-         und Prof. Paul Flecknell (von links nach rechts)

    Kongress: Alternativen zu Tierversuchen

Kongress Linz 2008
Wie in resultat 02/08 angekündigt,          der Nanotechnologie und die mögli-         Für Animalfree Research waren Sabine
fand auch dieses Jahr wieder der wis-       cherweise dafür erforderlichen Tierver-    Umbricht und Stefanie Schindler dort
senschaftliche Kongress in Linz statt.      suche; Alternativen zum Tierversuch        anwesend und präsentierten ein Poster,
Schon lange ist auf dem Gebiet der          in der Ausbildung von Biologen und         in dem die Stiftung ihre Aktivitäten und
Alternativen zum Tierversuch die For-       Ärzten, genetisch veränderte Versuchs-     ihr neues Team vorstellte.
schungstätigkeit so umfangreich, dass       tiere, die Entwicklung von Haut- und            In einem vielbeachteten Vortrag
der Kongress auf bestimmte Themen-          Augenhornhautmodellen zur tierfreien       stellte Frau Dr. Ursula Sauer ihre Lite­
bereiche beschränkt werden muss.            Testung von Kosmetika, und Compu-          raturstudie zu Tierversuchen in den
Dieses Jahr standen unter anderem auf       tersimulationen, die Tierversuche über-    Nanowissenschaften vor (siehe resultat
dem Programm: Die neue Wissenschaft         flüssig machen.                            Nr. 02/08).

                                                                                      Resultat Nr. 3 / 08 • Animalfree Research   7
Resultat Nr. 3 / November 2008 - Die Würde der Kreatur - Animalfree Research
Porträt: Das neue Team

Frauenpower bei
Animalfree Research
Seit Mitte August 2008 ist das neue             Tierärztin und bei Animalfree Research
Team bei Animalfree Research voll-              als wissenschaftliche Mitarbeiterin tä-
ständig.                                        tig. Sie begutachtet und begleitet die
    Sabine Umbricht, lic. phil. und Be-         Forschungsprojekte und unterstützt die
triebswirtschafterin, ist die neue Ge-          Stiftung in sämtlichen wissenschaftli-
schäftsleiterin und damit verantwort-           chen Belangen. Ihr Lieblingshaustier
lich für die operative Umsetzung der            ist der Kater der Nachbarin, obwohl       Das neue Team: Daniela Imhasly, Sabine
Zielsetzungen und Strategien der Stif-          er schon mal ihren Liegestuhl mit dem     Umbricht, Stefanie Schindler (v. l. n. r.)
tung. Sie engagierte sich in diversen Be-       Katzenklo verwechselt.
reichen der Öffentlichkeitsarbeit. Ihre              Daniela Imhasly ist die linke und    abverdient, wo sie nebenbei auch eine
Freizeit verbringt sie mit ihren Hun-           rechte Hand von Animalfree Research       Ausbildung als Marketingplaner absol-
den, beim Tauchen oder hinter einem             und für sämtliche administrativen und     vierte. Sie ist Mutter von zwei kleinen
spannenden Krimi.                               buchhalterischen Belange zuständig.       lebhaften Kindern, Katzenbesitzerin,
    Stefanie Schindler ist promovierte          Ihre Sporen hat sie in der Bankenwelt     Musikliebhaberin und Taucherin.

    Tier: Der Makake

Wie sich Makaken verständigen
Makaken sind sehr soziale Wesen. Sie leben in Gruppen von 10 bis über
100 Mitgliedern zusammen. Neben der gegenseitigen Fellpflege dient
eine Vielzahl von Lauten der Kommunikation.

Makaken verständigen sich unterein-             mit ihrem Nachwuchs zu kommuni-
ander mit einer Reihe von Lauten, die           zieren.
vereinfacht in fünf Bereiche aufgeteilt             Forscher haben gezeigt, dass es bei
werden können: friedlich-besänftigend,          Affen auch unterschiedliche Dialekte
defensiv, aggressiv, Brunst- und Klein-         gibt. Laut dem japanischen Verhal-
kindlaute. Kleinkindlaute? Rhesus­              tensforscher Nobuo Masataka von der       oder Anlegen der Ohren, dem Heben
affen benutzen wie Menschen eine                Universität Kyoto seien die Unterschie-   der Augenbrauen und dem Öffnen des
Art Babysprache: Sie machen damit               de zwischen dem Schnattern der Affen      Mundes. Auch Körperbewegungen
auf sich aufmerksam und signalisieren           wie Dialekte bei Menschen.                dienen der Verständigung, etwa wenn
den Muttertieren, dass von ihnen keine              Neben Lauten kommunizieren die        die Männchen sich kurz vor der Paa-
Gefahr droht. Zudem haben die weib-             Tiere auch sehr vielfältig mittels Ge-    rungszeit heftig schütteln oder herum-
lichen Rhesusaffen eine spezielle Art,          sichtsausdrücken, etwa dem Spitzen        hüpfen.

8   Resultat Nr. 3 / 08 • Animalfree Research
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