Bestandesbetreuung und tierärztliche Leistungen bei Rindern und Schweinen in der Schweiz
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Bestandesbetreuung und tierärztliche
Leistungen bei Rindern und Schweinen
in der Schweiz
N. Hool1, G. Schüpbach-Regula1, B. Thomann1
1 Veterinary Public Health Institut, Vetsuisse-Fakultät, Universität Bern
Zusammenfassung Livestock management and veterinary https://doi.org/
10.17236/sat00258
services for cattle and pigs in
Die Rolle des Nutztierarztes hat sich in den letzten Jahr- Switzerland Eingereicht: 25.10.2019
zehnten verändert und die beratende Funktion der Tier- Angenommen: 28.01.2020
ärzte wird zusehends wichtiger. Über die aktuelle Ver- The role of livestock veterinarian has changed in recent
breitung und Inhalte der Bestandesbetreuung in der decades and the advisory role of veterinarians is becom-
Schweiz konnten bisher jedoch nur vage Aussagen ge- ing increasingly important. Only vague statements have
macht werden. Ziel dieser Studie war es, Informationen been made about the current distribution and content
und Daten zum Angebot und der Nutzung von tierärzt- of the livestock management in Switzerland. The aim
licher Bestandesbetreuung bei Rindern und Schweinen of this study was to collect information and data on
zu erheben und die aktuelle Situation in der Schweiz zu veterinary services and the use of livestock management
beschreiben. Dafür wurde eine Umfrage bei Tierärzten for cattle and pigs and to describe the current situation
und Landwirten durchgeführt. in Switzerland. Therefore, a survey was carried out
Die Resultate zeigen, dass rund die Hälfte (46%) der among veterinarians and farmers.
befragten Tierärzte eine Bestandesbetreuung anbietet. The results show that around half (46%) of the surveyed
Allerdings nutzt die Mehrheit (61%) der Landwirte das veterinarians offer livestock management. However, the
Angebot der Bestandesbetreuung nicht. Rund ein Drit- majority (61%) of farmers do not make use of the live-
tel der Betriebe (31%) wird von den Tiergesundheits- stock management. Around one third of the farms (31%)
diensten betreut und knapp jeder zehnte Betrieb (8%) are serviced by the animal health services and almost
macht Gebrauch vom Angebot einer Integrierten Tier- every tenth farm (8%) using the integrated veterinary
ärztlichen Bestandesbetreuung (ITB). Betreut werden livestock management (ITB). The service is mainly used
vor allem grössere Rinder- und Schweinebetriebe. Die by larger cattle and pig farms. The number of cattle in
Anzahl Rinder von betreuten und nicht-betreuten managed and non-managed farms differ significantly
Betrieben unterscheidet sich statistisch signifikant (p = 0.01). In general, pig farms are managed more fre-
(p= 0.01). Allgemein tendieren Schweinebetriebe eher quently than cattle farms - mostly in the form of an
zu einer Bestandesbetreuung als Rinderbetriebe – dies agreement with the Pig Health Service (SGD). 76% of
meistens in Form einer Vereinbarung des Schweinege- pig farms, 21% of cattle farms and 44% of mixed farms
sundheitsdienstes (SGD). Aufgeteilt nach Betriebsart are using the livestock management. The majority (79%)
zeigt sich, dass 76% der Schweinebetriebe, 21% der of the surveyed veterinarians classify the market for
R inderbetriebe und 44% der gemischten Betriebe eine livestock management small and its future importance
Bestandesbetreuung haben. Die Mehrheit (79%) der is largely assessed stable or decreasing by veterinarians
befragten Tierärzte stuft die Nachfrage an Bestandesbe- and farmers. Half of the veterinarians and a tenth of
treuung als gering ein und die zukünftige Bedeutung farmers without livestock management mention exces-
der Bestandesbetreuung wird sowohl von den Tierärzten sively high costs as a reason for the limited market. In
als auch von den Landwirten überwiegend als gleich- addition, more than half of the farmers with livestock
bleibend oder abnehmend eingeschätzt. Zu hohe Kosten management name costs as the limiting factor. Veteri-
werden von über der Hälfte der Tierärzte und von rund narians see the greatest advantage of livestock manage-
einem Zehntel der Landwirte ohne Bestandesbetreuung ment in cattle fertility, udder health and milk quality,
als Grund für eine geringe Nachfrage genannt. Zudem while pig farms profit in reduced use of veterinary drugs,
bezeichnen über die Hälfte der Landwirte mit Bestan- improved herd health and disease prophylaxis.
desbetreuung die Kosten als grösste Problematik in der
Keywords: Preventive medicine, herd health management,
Durchführung. Die grössten Fortschritte werden laut integrated veterinary livestock management, farmers,
Tierärzten bei Rindern in den Bereichen Fruchtbarkeit, veterinarians
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Bestandesbetreuung und Eutergesundheit und Milchqualität, respektive bei
tierärztliche Leistungen Schweinen in den Bereichen reduzierter Einsatz von
bei Rindern und
Schweinen in der Schweiz Tierarzneimitteln, verbesserter Herdengesundheit und
Krankheitsprophylaxe erzielt.
N. Hool et al.
Schlüsselwörter: Präventive Bestandesmedizin, Herd
Health Management, Integrierte Tierärztliche Bestandes
betreuung, Landwirte, Tierärzte
Einleitung Kristensen et al.11 beobachteten ausserdem, dass Team-
work und Tierschutz von Landwirten in Dänemark als
Die Landwirtschaft steht vor der Herausforderung, mit wichtiger eingeschätzt werden als Produktion und Ge-
vorhandenen Betriebsressourcen erhöhte Anforderun- winn. Trotzdem glauben viele Tierärzte, sich ausschliess-
gen einer tiergerechten und qualitativ hochwertigen lich auf die wirtschaftlich relevanten Aspekte einer
Lebensmittelproduktion zu erfüllen. Dabei gewinnt das Bestandesbetreuung fokussieren zu müssen.
Herdenmanagement im Nutztierbereich an Bedeutung,
denn eine frühzeitige Erkennung von Veränderungen Dass die ITB bis heute nicht überall etabliert ist, veran-
des Gesundheitsstatus auf Bestandesebene vermag fi- schaulicht eine bayerische Studie in Milchviehbetrie-
nanzielle und qualitative Einbussen einzudämmen.13, 19 ben, in der lediglich sechs Prozent der Betriebe das
Angebot einer ITB in Anspruch nehmen.3 Als Hinder-
Die Etablierung von Programmen zur Herdenbetreuung nis für die Einführung der ITB wird vielfach der er
erfolgte Mitte der 80er Jahre durch Radostits und forderliche Dokumentationsaufwand verantwortlich
Blood.16 Diese sammelten und analysierten Daten, um gemacht. Eine lückenlose Dokumentation der Gesund-
Probleme in der Gesundheit des Tierbestands aufzeigen heits- und Leistungsdaten der Herde gilt in der Rinder-
zu können. Anfang der 90er Jahre wurde die Integrierte praxis als Grundvoraussetzung für die Durchführung
Tierärztliche Bestandesbetreuung (ITB) offiziell defi- der ITB.10 Für Milchviehbetriebe konnte gezeigt werden,
niert als „regelmässige systematische Tätigkeit des Tier- dass sich der zusätzliche Aufwand für eine umfassende
arztes mit dem Ziel, die Gesundheit und Leistung der Dokumentation von Mastitis und Antibiotikabehand-
Tiere, die Qualität der tierischen Produkte, die wirt- lungen für den Betrieb lohnt.1 Des Weiteren verlangt
schaftliche Situation des Betriebs und letztendlich die eine erfolgreich durchgeführte ITB eine hohe Einsatz-
Berufszufriedenheit des Betriebspersonals zu stei- bereitschaft des Betriebsleiters und kann unter anderem
gern“.3, 13 Dabei soll der Tierarzt in das Management auch durch die Herdengrösse beeinflusst werden.13 Eine
aller für seine Tätigkeit relevanten Betriebszweige mit- Studie aus Schweden 21 weist zudem auf qualitative Män-
einbezogen werden. Im Vergleich zur klassischen tier- gel in der tierärztlichen Bestandesbetreuung hin: aus
ärztlichen Bestandesbetreuung, welche sich nach de Sicht der Betriebsleiter gibt es noch zu wenig gut ausge-
Kruif et al.13 im Wesentlichen mit prophylaktischen bildete Tierärzte im Bereich der Bestandesbetreuung,
und therapeutischen Massnahmen sowie Tiergesund- insbesondere fehle es den Tierärzten an praktischem
heits-Monitoring befasst, stehen bei der ITB die Bera- Wissen.
tung im Herdenmanagement und die Betriebsziele im
Vordergrund. Die ITB hat zum Ziel, die Herdengesund- In der Schweiz ist der Beitrag des Landwirtschaftssektors
heit und die Qualität von tierischen Lebensmitteln dau- an die Gesamtwirtschaft im internationalen Vergleich
erhaft zu verbessern und durch gezielten Einsatz von eher gering. Zudem gibt es in der Schweiz relativ kleine
Tierarzneimitteln deren Verbrauch dauerhaft zu mini- und wenig spezialisierte, dafür diversifiziertere Betrie-
mieren.13 be.19 Ein durchschnittlicher Schweizer Betrieb besitzt
26 Stück Milchvieh und 230 Schweine.18 Nach de Kruif
Heute zählen Fruchtbarkeitsprobleme in Rinder- und et al.13 sollte für die Durchführung einer ITB in
Schweinebetrieben zu den häufigsten Abgangsursachen Milchviehbetrieben eine Mindestbestandesgrösse von
und verursachen erhebliche wirtschaftliche Ein- 40 Milchkühen gegeben sein. Die Bestandesbetreuung
bussen. 2, 9, 15 Müller14 konnte zeigen, dass ein intensives wird in der Schweiz vorwiegend über private Tierärzte
Gesundheitsmanagement in Verbindung mit einem sys- angeboten. Der Rindergesundheitsdienst (RGD) ist an
tematischen Fertilitätsmanagement die Fruchtbarkeit die Vetsuisse-Fakultäten Bern und Zürich angegliedert.
bei Kühen verbessert. Eine von der Vetsuisse-Fakultät Er unterstützt die Bestandestierärzte bei der Abklärung
Zürich durchgeführte Studie6 kam zudem zum Ergeb- von Bestandesproblemen und bietet Bestandesabklärun-
nis, dass es keinen signifikanten Unterschied der Tier- gen an, führt jedoch selber keine Bestandesbetreuungen
arztkosten zwischen Betrieben mit und ohne ITB gab. durch. Die Bestandesdiagnostik umfasst die Bereiche
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Euter- und Klauengesundheit, Fruchtbarkeitsstörungen, Für die Befragung der Landwirte wurden 2000 Nutztier- Bestandesbetreuung und
Infektions- und Stoffwechselerkrankungen.17 Der betriebe per E-Mail angeschrieben. Dazu wurden zufäl- tierärztliche Leistungen
bei Rindern und
Schweinegesundheitsdienst (SGD) ist als Geschäftsbe- lig 1000 rinderhaltende Betriebe (Rinderbetriebe: Be- Schweinen in der Schweiz
reich in die SUISAG (Dienstleistungs- und Kompetenz- triebe, die nur Rinder, aber keine Schweine halten und
zentrum der Schweizer Schweinebranche) eingegliedert. gemischte Betriebe: Betriebe mit Rinder- und Schwei- N. Hool et al.
Der SGD bietet verschiedene Betreuungsprogramme an nehaltung) mit einer Mindest-Bestandesgrösse von
und arbeitet mit den kantonalen Veterinärdiensten und 10 Rindern sowie 1000 schweinehaltende Betriebe
Forschungsinstitutionen zusammen. SGD-Betriebe wer- (Schweinebetriebe: Betriebe, die nur Schweine, aber
den regelmässig durch einen SGD- oder Bestandestier- keine Rinder halten und gemischte Betriebe) mit einer
arzt im Auftrag des SGD besucht. Sie erhalten einen Mindest-Bestandesgrösse von 10 Zucht- und/oder
SGD-Status und werden unter anderem zu folgenden 50 Mastschweinen aus der AGIS-Datenbank (Agrarpo-
Themen beraten: Verbesserung der Tiergesundheit, Tier- litisches Informationssystem) selektioniert. Im Gegen-
haltung, Leistung und Wirtschaftlichkeit, Krankheits- satz zur Befragung der Tierärzte wurden bei den Land-
prophylaxe und -bekämpfung, Sanierungskonzepte bei wirten Betriebe, welche bereits an der Umfrage zur
spezifischen Krankheiten. 20 Versorgungslage7 teilgenommen hatten, ausgeschlossen.
Über die Bestandesbetreuung in der Schweiz fehlen bis Umfrage
heute grundlegende Informationen. Es ist zum Beispiel Die Befragung wurde mit dem Online-Umfragetool
nicht bekannt, wie viele Tierärzte # Bestandesmedizin LimeSurvey (LimeSurvey GmbH, Hamburg, Deutsch-
anbieten, welche Leistungen enthalten sind oder wie land), unter Verwendung von vorwiegend geschlossenen
gross der Bedarf von Seiten der Tierhalter ist. und halboffenen Fragetypen, durchgeführt. Die Umfra-
ge der Tierärzte enthielt 31 Fragen mit einem allgemei-
Ziel dieser Studie war es, Informationen und Einschät- nen Teil zu demografischen Informationen, sowie De-
zungen von Tierärzten und Landwirten zu erfassen, tailfragen zur tierärztlichen Bestandesbetreuung und
einen Überblick über die Bestandesbetreuung von zum Leistungsangebot. Um Unterschiede bei der Um-
Rindern und Schweinen zu erhalten und die aktuelle setzung in der Praxis zu erfassen, wurde die ITB und
Situation in der Schweiz zu beschreiben. Die Studie deren Leistungsumfang nicht vordefiniert. Unter ande-
sollte unter anderem zeigen, wie viele Tierärzte eine rem wurden dazu folgende Informationen erhoben: Seit
Bestandesbetreuung anbieten und von wie vielen wann die Bestandesbetreuung angeboten wird, die
Landwirten dieses Angebot in Anspruch genommen durchschnittliche Anzahl an durchgeführten Betriebs-
wird. Ebenfalls wurde evaluiert, wie die Bestandesbe- besuchen, Leistungsumfang, Verrechnungsart, Hilfsmit-
treuung wahrgenommen und umgesetzt wird, was für tel zur Analyse und Beratung, Zusammenarbeit mit
Anforderungen und Ansprüche an die Bestandesbe- Fachspezialisten sowie wirtschaftliche Bedeutung für
treuung gestellt werden, welche Gründe Landwirte die Praxis. Zudem wurde gefragt, in welchen Bereichen
davon abhalten, Bestandesbetreuung zu nutzen, und die Bestandesbetreuung am erfolgreichsten sei und wie
wie die Bestandesbetreuung in die tierärztliche Versor- sich die Nachfrage aus Sicht der Tierärzte entwickeln
gung von Rindern und Schweinen in der Schweiz in- wird.
tegriert werden kann.
Der Fragebogen für die Landwirte bestand aus 27 Fra-
gen. Unter anderem wurden Informationen bezüglich
Material und Methoden der jährlichen Tierarztkosten, Erfassung von Fruchtbar-
keits- und Leistungsdaten sowie Nutzungsform und
Studienpopulation Interpretation der Bestandesbetreuung erhoben. Des
Die Daten wurden mittels einer elektronischen Umfra- Weiteren wurden die Landwirte gebeten, 14 aufgelistete
ge bei Tierärzten und Landwirten erhoben. Die Befra- tierärztliche Leistungen bezüglich Qualität und deren
gung der Tierärzte war in der Umfrage der Studie zur Bedeutsamkeit für den Betrieb zu bewerten. Betriebe,
Versorgungslage in der Schweizer Nutztiermedizin7 welche das Angebot der Bestandesbetreuung nutzen,
integriert. Dabei wurden 526 Tierärzte aus den GST- wurden zusätzlich nach den Schwerpunkten und Ziel-
(Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte) setzungen, dem verwendeten Tarifsystem sowie deren
Fachsektionen „Schweizerische Vereinigung für Wieder- Einschätzung zur Nachfrageentwicklung der Bestandes-
# ImFolgenden wird aus
käuergesundheit“ (SVW) und „Schweizerische Vereini- betreuung gefragt. Landwirte, welche zurzeit keine Be-
Gründen der einfacheren
gung für Schweinemedizin“ (SVSM) angeschrieben. standesbetreuung nutzen, wurden nach den Beweggrün- Lesbarkeit die männliche
Zusätzlich wurde die Umfrage an die Besucher der Nutz- den gefragt, die gegen eine Bestandesbetreuung auf Form verwendet. Es sind
tierabende der Vetsuisse-Fakultät und an die Alumni der ihrem Betrieb sprechen und ob sie von ihrem Tierarzt stets Personen männ-
lichen und weiblichen
Vetsuisse-Fakultät per E-Mail versendet. dennoch Ratschläge zur Verbesserung in den Bereichen Geschlechts gleicher-
Tiergesundheit, Leistung und Fruchtbarkeit erhalten. massen gemeint.
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Bestandesbetreuung und Im folgenden Text wird die Bestandesbetreuung, wenn mittels Pearson chi2 oder Fisher’s exact Test analysiert.
tierärztliche Leistungen nicht anders vermerkt, als offener Begriff für jegliche Ein potentieller Effekt der Bestandesgrösse auf die Nut-
bei Rindern und
Schweinen in der Schweiz Form einer integrierten oder klassischen tierärztlichen zung der Bestandesbetreuung wurde mittels Varianzana-
Bestandesbetreuung verwendet. Davon gesondert be- lyse und Kruskal-Wallis Test überprüft. Innerhalb einer
N. Hool et al. trachtet werden Betriebe mit einer Betreuung durch die Antwortverteilung lassen sich die aufgeführten Prozent-
Tiergesundheitsdienste. Diese Betriebe bilden eine ei- werte aufgrund von Stimmenthaltungen nicht immer
genständige Kategorie („RGD-/SGD-Betreuung“) und auf 100% aufsummieren, auf einen expliziten Hinweis
verweisen auf eine Zusammenarbeit des Bestandestier- im Text wurde verzichtet. Die Resultate beruhen im All-
arztes mit dem RGD respektive auf die Bestandesbetreu- gemeinen auf den subjektiven Einschätzungen der in der
ung durch den SGD. Stichprobe befragten Tierärzte und Landwirte.
Statistische Analysen
Die statistischen Analysen wurden in NCSS (NCSS, Resultate
Version 10, Kaysville, UT, USA) und STATA (StataCorp,
Release 14, College Station, TX, USA) durchgeführt. Die Ergebnisse sind für Tierärzte und Landwirte ge-
Kontinuierliche Variablen wurden als Mediane, 5% und trennt aufgeführt. Bei den Tierärzten lag die Antwor-
95% Perzentile beschrieben, kategorische Variablen als trate bei 31% (n=162), bezogen auf die Mitgliederzahl
Prozentwerte. Proportionen wurden je nach Fallzahl der schweizerischen Vereinigung für Wiederkäuerge-
Abbildung 1: Leistungsangebot von Nutztierpraxen im Bereich der Rinderbetreuung (n=162).
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Abbildung 2: Leistungsangebot von Nutztierpraxen im Bereich der Schweinebetreuung (n=162).
sundheit (SVW) und Schweinemedizin (SVSM), und Allgemeines Leistungsangebot
bei den Landwirten bei 16% (n=313). Das Leistungsangebot im Bereich der Rinderbetreuung
umfasste bei nahezu allen Tierarztpraxen, unabhängig
Tierärzte vom Angebot einer Bestandesbetreuung, die gynäkolo-
Demografische Auswertung gischen Untersuchungen, Enthornungen/Kastrationen,
Insgesamt boten 46% (n=74) der Tierärzte eine Bestan- den Verkauf von Tierarzneimitteln (TAM) und die ku-
desbetreuung an. Davon betreuten 68% der Tierärzte rative Praxis. In Zukunft neu anbieten möchten mehr
im Rahmen der Bestandesbetreuung ausschliesslich als zehn Prozent der Praxen die Fütterungsberatung,
Rinderbetriebe, 24% ausschliesslich Schweinebetriebe Bestandesbetreuung, Beratung zur Mastleistung und
und 8% sowohl Rinder- als auch Schweinebetriebe. Die zum Tierwohl (Abb. 1). Im Bereich der Schweinebetreu-
Bestandesbetreuung wird bei Rindern im Mittel seit ung waren die kurative Praxis und der Verkauf von TAM
13 Jahren und bei Schweinen seit 12 Jahren angeboten. die zwei am häufigsten angebotenen Leistungsbereiche.
Ein Tierarzt besitzt im Mittel mit sechs Rinder- bzw. In Zukunft neu anbieten wollten mehr als fünf Prozent
acht Schweinebetrieben eine vertraglich geregelte Be- der Tierarztpraxen die Fütterungsberatung, Beratung
standesbetreuung. Bei Rinderbeständen werden im Mit- zur Mastleistung, Bestandesbetreuung und Komplemen-
tel 25 Besuche pro Jahr gemacht und bei Schweine- tärmedizin (Abb. 2).
beständen jährlich 2 Besuche.
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Abbildung 3: Vergleich des Leistungsangebots bei Rindviehbeständen zwischen Tierarztpraxen mit und Praxen ohne
Bestandesbetreuung (n=162; *= p
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Abbildung 4: Vergleich zwischen dem Leistungsangebot bei Schweinebeständen von Tierarztpraxen mit und ohne Bestan-
desbetreuung (n=162; **= p
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Bestandesbetreuung und die Praxis wurde von über der Hälfte der Tierärzte (55%) ten 12 Monaten eine Fort- oder Weiterbildung zum
tierärztliche Leistungen als gleichbleibend eingeschätzt, 23% erwarteten eine Thema Bestandesbetreuung zu besuchen. Darunter
bei Rindern und
Schweinen in der Schweiz sinkende und 15% eine steigende Bedeutung. Trotzdem befanden sich zur Hälfte Tierärzte, welche in ihrer Pra-
gaben 17% der Tierärzte an, dass sie in Zukunft die ITB xis zurzeit bereits eine Bestandesbetreuung anbieten.
N. Hool et al. in ihr Leistungsangebot aufnehmen möchten. Leis-
tungsbereiche, um welche die Rinderpraktiker die Landwirte
Bestandesbetreuung gerne erweitern würden, waren Demografische Auswertung
Kälbermast und -aufzucht, Fruchtbarkeit, Fütterungs- Von den teilnehmenden Landwirten führten 45%
beratung, Eutergesundheit, Tierwohl, Stallbau und (n=140) einen Rinderbetrieb, 14% (n= 43) einen Schwei-
Datenanalyse. Die Schweinepraktiker nannten diesbe- nebetrieb und 41% (n=130) einen gemischten Betrieb.
züglich die Bereiche Fruchtbarkeit, Ultraschalluntersu- Die Studienteilnehmer mit Rinderhaltung hielten zu
chungen, Klauengesundheit und Fütterung. Das von 71% Milchvieh, zu 26% Mastkälber, zu 21% Mutterkü-
den Tierärzten am meisten verwendete Tarifsystem zur he und 18% betrieben Grossviehmast. Die Studienteil-
Verrechnung der Bestandesbetreuung war eine Pauscha- nehmer mit Schweinehaltung hielten zu 77% Mast- und
le pro Tier (62%). Die meisten anderen verrechneten die zu 43% Zuchtschweine. Dabei lag die mittlere Bestan-
Leistungen nach Zeitaufwand (35%). desgrösse von rinderhaltenden Betrieben bei 36 Rindern
und von schweinehaltenden Betrieben bei 150 Mast-
Aus- und Weiterbildung respektive 56 Zuchtschweinen.
Die Tierärzte wurden gebeten, den Lehrumfang an Be-
standesbetreuung während des Veterinärmedizin Studi- Allgemeines Leistungsangebot
ums zu beurteilen. Dabei haben 34 Tierärzte keine Tierärztliche Leistungen, welche mehr als die Hälfte der
Bewertung abgegeben und der Grossteil davon hat be- befragten Landwirte als „wichtig“ bis „sehr wichtig“ be-
merkt, dass zu ihrer Studienzeit die Bestandesbetreuung werteten, waren: Abgabe von TAM, Untersuchung und
noch von geringer Bedeutung gewesen sei und während Behandlung kranker Tiere, chirurgische Eingriffe, Ge-
des Studiums nicht behandelt worden war. Schliesst burtshilfe, telefonische Beratung, gynäkologische Un-
man diese Enthaltungen aus und betrachtet gleichzeitig tersuchungen, Beratung zur Verbesserung der Frucht-
nur die Tierärzte, welche in der Schweiz studiert haben, barkeit und Enthornungen/Kastrationen. Als „nicht
wählten 76% „zu gering“, 23% „ausreichend“ und 1% wichtig“ bis „überhaupt nicht wichtig“ bewerteten über
„zu umfangreich“. Dabei war kein signifikanter Unter- die Hälfte der befragten Landwirte die Beratung zur
schied zwischen Absolventen der Universität Bern und Melktechnik, künstliche Besamungen und Fütterungs-
Universität Zürich erkennbar. Ebenfalls gab es keinen beratung (Abb. 6). Die Landwirte schrieben zu: „Was
signifikanten Unterschied zwischen Absolventen einer für weitere Dienstleistungen sollten die Tierärzte über-
Schweizer Universität und Tierärzten, welche im Aus- nehmen?“, dass sie sich mehr Zeit für Beratungsgesprä-
land Veterinärmedizin studiert haben (n=9). Insgesamt che (n=5), ein grösseres Angebot an Homöopathie und
beabsichtigten 39% (n= 62) der Tierärzte, in den nächs- Alternativmedizin (n= 4), einen 24-Stunden-Notfall-
dienst abgedeckt durch den Betriebstierarzt bzw. durch
dessen Praxis (n=2) und künstliche Besamungen (n=2)
wünschten.
Die Qualität aller aufgeführten tierärztlichen Leistun-
gen wurde jeweils von mindestens 50% der Landwirte
als „gut“ bis „sehr gut“ bewertet (Abb. 7). Am besten
wurden folgenden Leistungen bewertet: Geburtshilfe
(98% „gut“ bis „sehr gut“), Untersuchung und Behand-
lung kranker Tiere (97%), chirurgische Eingriffe (96%)
und gynäkologische Untersuchungen (95%). Am ver-
gleichsweise schlechtesten abgeschnitten haben die Be-
ratungen zur Melktechnik (11% „schlecht“ bis „ungenü-
gend“), ITB (10%) und Fütterungsberatung (6%).
Die Landwirte hatten die Möglichkeit, am Ende der
Befragung einen offenen Kommentar abzugeben. Da-
von machten 33% der Landwirte Gebrauch. In 47% der
Rückmeldungen wurde die gute Zusammenarbeit mit
Abbildung 5: Tierärztliche Zusammenarbeit mit Fachspezialisten in der Bestandesbetreu- dem Tierarzt hervorgehoben. Eine Reduktion von Me-
ung (n=42). dikamenten- und Tierarztkosten forderten 15% der
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Abbildung 6: Wichtigkeit der tierärztlichen Leistungen für die Landwirte (n=313).
Landwirte und weitere 6% sagten, dass zu wenig in die mit Schweinehaltung war der Unterschied zwischen dem
Weiterbildung der Landwirte investiert werde. Gesundheitsprogramm des SGD und einer ITB bei 43%
der Landwirte bekannt.
Bestandesbetreuung
Drei Viertel der Landwirte (n=221) gaben an, dass ihr Fruchtbarkeits- und Leistungsdaten erhoben 74% der
Betriebstierarzt eine Bestandesbetreuung anbietet. Vom Landwirte. Dies taten rund 65% elektronisch und 35%
Angebot der Bestandesbetreuung Gebrauch machten von Hand. Die restlichen 26% der Landwirte notierten
8% (n=24) der befragten Landwirte, 31% (n=89) hatten weder Fruchtbarkeits- noch Leistungsdaten.
eine Betreuung durch den RGD*/SGD und 61% (n=161)
besassen weder eine Bestandes- noch eine RGD-/ Bereiche welche regelmässig von Beratungen im Rah-
SGD-Betreuung. men der Bestandesbetreuung betroffen waren, waren
Fruchtbarkeitprobleme (42%) sowie die Tiergesundheit
Die Bestandesbetreuung wurde dabei im Mittel seit allgemein (31%). Zudem gaben Betriebe mit Bestandes-
10 Jahren durchgeführt und die RGD-/SGD-Betreuung betreuung an, dass sie vermehrt auf eine gute Tierge-
seit 12 Jahren. Vertraglich geregelt hatten 52% der Land- sundheit (62%) und Fruchtbarkeit (42%) achten wollen.
wirte die Bestandesbetreuung und 68% die RGD-/
SGD-Betreuung. Die Aufschlüsselung nach Produktionstyp zeigte, dass
5% der Rinderbetriebe, 8% der gemischten Betriebe und
Die durchschnittliche Futterverwertung auf ihrem Be- 16% der Schweinebetriebe das Angebot der Bestandes-
trieb kannten 53% der Betriebsleiter. Die Frage, ob die betreuung nutzten. Weitere 16% der Rinderbetriebe,
jährlichen Ausgaben zur Behandlung von Euterentzün- 36% der gemischten Betriebe und 60% der Schweine-
dungen bekannt seien, bejahten 69%. Bereit in weitere betriebe hatten eine RGD-/SGD-Betreuung (Abb. 8).
Diagnostik zu investieren, mit dem Ziel die Anzahl
Euterentzündungen zu reduzieren, waren 45%. Den Dabei hatte die Bestandesgrösse von Rinderbetrieben
Unterschied zwischen klassischer Bestandesbetreuung, einen signifikanten Einfluss auf die Nutzung einer Be-
* Zusammenarbeit des
RGD und ITB glaubten 34% der befragten Landwirte standesbetreuung (p= 0.01; Abb. 9). Die mittlere Bestan- Bestandestierarztes mit
mit Rinderhaltung zu kennen. Unter den Landwirten desgrösse von Betrieben mit Bestandesbetreuung lag bei dem RGD
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Abbildung 7: Beurteilung der tierärztlichen Leistungen durch die Landwirte (n=313).
103 Rindern beziehungsweise bei 51 Rindern für Betrie- Trotzdem erhielten auch diese Landwirte Ratschläge
be mit einer RGD-Betreuung. Betriebe, die weder eine und Anregungen von ihrem Betriebstierarzt für ver-
Bestandes- noch RGD-Betreuung hatten, hielten im schiedene Bereiche: 78% zur Verbesserung der Tierge-
Mittel 35 Rinder. sundheit, 61% im Bereich Fruchtbarkeit und 33% zur
generellen Leistungsverbesserung.
Bei den Schweinebetrieben war die Assoziation zwi-
schen Bestandesgrösse und Nutzung einer Bestandesbe- Abrechnung der Bestandesbetreuung
treuung statistisch nicht signifikant (p= 0.08; Abb. 10). Die Abrechnung der Bestandesbetreuung erfolgte bei
Die mittlere Bestandesgrösse von Schweinbetrieben mit 46% der Betriebe nach Zeitaufwand mittels Stundenan-
Bestandesbetreuung lag bei 260 Schweinen und mit ei- satz. Bei weiteren 33% ist die Bezahlung der Bestandes-
ner SGD-Betreuung bei 300 Schweinen. Betriebe, die betreuung über einen jährlichen Pauschaltarif geregelt
weder eine Bestandes- noch SGD-Betreuung hatten, und bei 21% werden die Kosten der Bestandesbetreuung
hielten im Mittel 180 Schweine. anders verrechnet.
Nicht-Nutzung der Bestandesbetreuung Falls die Landwirte die Abrechnungsart frei wählen
Gründe, welche gegen eine Bestandes- oder RGD-/ könnten, würden 45% aller befragten Landwirte die
SGD-Betreuung sprechen, waren für die befragten Land- Verrechnung per Stundenansatz bevorzugen. Weitere
wirte von nicht betreuten Betrieben (n=176), ein Nicht- 42% würden Pauschaltarife wählen, 8% ein leistungsbe-
bedarf (74%), zu hohe Kosten (14%), dass die Bestandes- zogenes Bezahlungsmodell (z.B. abhängig von der
betreuung vom Betriebstierarzt nicht angeboten wird Milchleistung) und 5% ein anderes Tarifsystem. Dazu
(13%) oder die Betreuung durch einen nicht-tierärztli- sagten vier Landwirte, eine Bestandesbetreuung sei all-
chen Betriebsberater abgedeckt ist (6%) und andere Grün- gemein zu teuer und sollte kostenfrei angeboten werden.
de (9%). Dazu sagten sieben Landwirte, dass die Bestan-
desbetreuung in die Zuständigkeit des Betriebsleiters Bestandesbetreuung in der Zukunft
falle, beziehungsweise die Bestandesbetreuung nur vom Die grössten Schwierigkeiten einer Bestandesbetreuung
Landwirt selbst korrekt durchgeführt werden könne. sahen die Landwirte in zu hohen Kosten (56%), zu hohem
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Zeitaufwand (19%), zu kleiner Herdengrösse (9%), Zeit-
mangel des Tierarztes (7%), zu wenig ausgebildete Tierärz-
te im Bereich der Bestandesbetreuung (6%), Verschleppung
von Krankheiten (2%) und wechselnden Tierärzten (2%).
Die Bedeutung der Bestandesbetreuung wird sich nach
Meinung von 65% der Landwirte auf ihrem Betrieb
nicht verändern. Weitere 15% rechneten mit einem stei-
genden Bedarf und 12% waren der Meinung, dass die
Bestandesbetreuung zukünftig an Bedeutung verlieren
wird. Die befragten Landwirte sahen durch die tierärzt-
liche Bestandesbetreuung einen positiven Einfluss auf
die Tiergesundheit (64%), die Wirtschaftlichkeit (34%)
und die Qualität der produzierten Lebensmittelproduk-
te (31%).
Diskussion Abbildung 8: Nutzung des Angebots einer Bestandesbetreuung durch die Landwirte
(n=280).
Die vorliegende Studie zeigt, dass knapp die Hälfte der
Praxen eine Bestandesbetreuung anbieten, die Mehrheit nehaltung und 34% der Landwirte mit Rinderhaltung
der Schweizer Landwirte jedoch keinen Gebrauch vom an, den Unterschied einer einfachen und integrierten
Angebot der Bestandesbetreuung macht. Knapp ein Bestandesbetreuung zu kennen. Diese Zahlen sind ver-
Drittel der Betriebe werden vom RGD/SGD betreut und gleichbar mit anderen Studien aus anderen Ländern. In
lediglich acht Prozent nutzen das Angebot einer ITB. deutschen Milchviehbetrieben sind es beispielsweise
Zudem zeigt sich, dass vor allem die grösseren Rinder- rund vier von zehn Landwirten welche die Eigenschaf-
und Schweinebetriebe eine Bestandesbetreuung in ten einer ITB kennen.3
A nspruch nehmen. Dabei unterscheiden sich die Be-
standesgrössen von betreuten und nicht-betreuten Rin- Ergebnisse der vorliegenden Studie lassen auch vermuten,
derbetrieben signifikant. Die Nachfrage nach Bestan- dass Tierärzte und Landwirte nicht zwingend dasselbe
desbetreuung wird von den meisten Tierärzten als gering unter einer Bestandesbetreuung verstehen. Schon Van
beschrieben. Auch wird die zukünftige Bedeutung der Ginderen5 stellte fest, dass das Konzept einer Bestandes-
Bestandesbetreuung sowohl von einem Grossteil der betreuung zuweilen von Tierärzten und Landwirten un-
Tierärzte als auch von den Landwirten als gleichblei- terschiedlich aufgefasst wird. So beinhaltet die Bestan-
bend oder abnehmend eingeschätzt. desbetreuung von Rindern in der vorliegenden Studie bei
allen Tierärzten ein Fruchtbarkeitsmanagement und bei
Das Angebot an Bestandesbetreuung wird von Tierärz- dreiviertel der Tierärzte auch eine Sanierung der Tierge-
ten und Landwirten unterschiedlich wahrgenommen.
Während nur rund jeder zweite Nutztierarzt angibt, eine
Bestandesbetreuung anzubieten, sind auf Seite der Land-
wirte drei Viertel der Meinung, dass ihr Betriebstierarzt
eine Bestandesbetreuung anbietet. Nur 13 Prozent der
Landwirte von nicht-betreuten Betrieben begründen
ihren Entscheid damit, dass ihr Bestandestierarzt keine
Bestandesbetreuung anbietet.
Ein relevanter Punkt erscheint dabei der Bekanntheits-
grad und die Aufklärungsarbeit bezüglich Bestandesbe-
treuung. Das Angebot der Bestandesbetreuung wird zu
wenig aktiv von den Tierärzten kommuniziert, die Ini-
tianten sind meist die Landwirte selbst. 21 Eine Vertrau-
ensbasis zwischen Tierarzt und Landwirt mit guter
Kommunikation und genügend Zeit für Beratung stellt
eine wichtige Voraussetzung für das Zustandekommen
einer Bestandesbetreuung dar.12 In der vorliegenden Abbildung 9: Bestandesgrössen der Rinderbetriebe geglie-
Studie gaben 43% der befragten Landwirte mit Schwei- dert nach Art der Bestandesbetreuung (n=125).
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Bestandesbetreuung und einige Analysen aufgrund von fehlenden Angaben oder
tierärztliche Leistungen geringen Fallzahlen nicht getrennt für Mast- und Zucht-
bei Rindern und
Schweinen in der Schweiz betriebe durchgeführt werden.
N. Hool et al. Die Kosten einer Bestandesbetreuung scheinen einen we-
sentlichen Einfluss auf die Nachfrage zu haben. Zu hohe
Kosten werden von über der Hälfte der Tierärzte und von
rund einem Zehntel der Landwirte ohne Bestandesbetreu-
ung als zweitwichtigster Grund für die geringe Nachfrage
nach einer Bestandesbetreuung genannt. Überdies sehen
über die Hälfte der Landwirte in den Kosten die grösste
Schwierigkeit in der Durchführung einer Bestandesbe-
treuung. Die Bezahlung der Bestandesbetreuung in einem
Stundenansatz wird sowohl von den Tierärzten wie auch
den Landwirten bevorzugt. Dass ein Angebot an Bestan-
desbetreuung vorhanden ist, aber nur von einem kleinen
Abbildung 10: Bestandesgrössen der Schweinebetrieben Teil der Landwirte benutzt wird, konnte auch bei schwe-
gegliedert nach Art der Bestandesbetreuung (n=37). dischen Milchviehbetrieben gezeigt werden. 21 Dort war
der Kostenfaktor ein Hauptargument der Betriebsleiter
sundheit. Eine beratende Funktion wird von Tierärzten gegen die Nutzung einer Bestandesbetreuung. Dabei be-
mit Bestandesbetreuung zwar signifikant häufiger wahr- stehen „zu hohe Kosten“ nicht bloss aus hohen Tierarzt-
genommen als von Tierärzten ohne Bestandesbetreuung, rechnungen, sondern beinhalten ebenfalls ein niedriges
anbieten tun dies in den Bereichen Fütterung, Mastleis- Kosten-Nutzen Verhältnis sowie zusätzliche Ausgaben,
tung, Melktechnik und Tierwohl aber lediglich rund drei welche notwendig sind um die tierärztlichen Ratschläge
bis sieben von zehn Tierärzten. Da der Begriff und der umsetzen zu können. Hässig6 hingegen zeigte, dass die
genaue Leistungsumfang einer Bestandesbetreuung im ITB für einen Betrieb keine Mehrkosten verursachen wür-
Fragebogen der Tierärzte und Landwirte absichtlich nicht de. Eine signifikante Verbesserung der Wirtschaftlichkeit
explizit definiert waren, ist bei der Interpretation von durch die ITB wurde jedoch nicht nachgewiesen. Auch
bestimmten Ergebnissen Vorsicht geboten. Durch die eine Studie aus den Niederlanden wies darauf hin, dass
offene Formulierung konnten jedoch verschiedene Aus- die ITB für einen Betrieb durchaus kosteneffizient sein
prägungen im Leistungsumfang der Bestandesbetreuung kann.8 Eine ITB Teilnahme alleine garantierte jedoch
gezielt erfasst und entsprechende Unterschiede aufgezeigt nicht zwangsläufig auch einen Nettogewinn.
werden. In der vorliegenden Studie kam zum Vorschein,
dass die Bestandesbetreuung bei Schweinen unterschied- Eine kürzlich erschienene Publikation beschreibt die
lich gehandhabt wird. Eine Erklärung dafür könnte sein, Situation bezüglich Bestandesmedizin im Kanton Frei-
dass Schweinebetriebe zwar eher eine Bestandesbetreu- burg aus Sicht der Tierärzteschaft mit der Schlussfolge-
ung in Anspruch nehmen als Rinderbetriebe, dies jedoch rung, dass eine landesweite Befragung sinnvoll wäre.4
vorwiegend in Form einer SGD-Betreuung. Es zeigte sich, Die Resultate der vorliegenden Studie können als reprä-
dass das Angebot einer Bestandesbetreuung nur von rund sentativ für die Schweiz angesehen werden. Allerdings
einem Sechstel der Schweinebetriebe genutzt wird, hin- konnten die Zucht- und Mastbetriebe in der Schweine-
gegen aber nahezu alle schweinehaltenden Betriebe betreuung nicht getrennt evaluiert werden. Limitiert
(96%) vom Tiergesundheitsdienst betreut werden. Dies wird die Studie auch dadurch, dass die Zusammenarbeit
wiederspiegelt sich ebenfalls im Mittelwert von zwei mit den Gesundheitsdiensten bei gemischten Betrieben
durchgeführten Bestandesbesuchen pro Jahr. Leistungen, nicht eindeutig einer Tierart zugeordnet werden konnte.
die Tierärzte mit Bestandesbetreuung von Schweinen Die Herdengrösse kann beeinflussen, ob sich ein Land-
signifikant häufiger anbieten als ihre Kollegen ohne Be- wirt für eine Bestandesbetreuung entscheidet oder nicht,
standesbetreuung sind Kastrationen, Fruchtbarkeitsma- und ob er diese als wirtschaftlich erachtet. Die Bestan-
nagement und Labordiagnostik. desbetreuung fokussiert sich dabei mehrheitlich auf die
Fruchtbarkeit. Dabei wird die Rolle des Tierarztes im-
Die Korrelation von Bestandesbetreuung mit der Be- mer noch von vielen Landwirten beschränkt auf die
standesgrösse ist in Rinderbetrieben statistisch signifi- Behandlung von kranken Tieren. Zwar werden die tier-
kant, nicht aber bei Schweinebetrieben. Dieser Umstand ärztlichen Leistungen von nahezu allen Landwirten als
lässt sich damit erklären, dass Schweinebetriebe generell gut bis sehr gut benotet. Um aber die tierärztliche Be-
differenziert zu betrachten sind, und Betriebsgrössen standesbetreuung fördern zu können, erscheint eine
von Mastbetrieben und Zuchtbetrieben zum Teil sehr aktivere Kommunikation und ein kundenorientierteres
unterschiedlich sind. In dieser Studie konnten jedoch Leistungsangebot im Bereich der tierärztlichen Bestan-
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desbetreuung notwendig. Die Kosten sind ein zentrales Ein besonderer Dank für die Zusammenarbeit gilt fol- Bestandesbetreuung und
Thema, werden aber von den Landwirten weniger stark genden Personen und Institutionen: Peter Glauser und tierärztliche Leistungen
bei Rindern und
gewichtet, als bis anhin von den Tierärzten angenom- Patrizia Andina-Pfister von der GST, Adrian Steiner von Schweinen in der Schweiz
men wird. Ein grosses Problem ist dagegen, dass viele der Wiederkäuerklinik Bern, Judith Peter-Egli und dem
Landwirte den Nutzen bzw. die Notwendigkeit einer Vorstand der Schweizerischen Vereinigung für Schwei- N. Hool et al.
Bestandesbetreuung zu wenig sehen. Denn Landwirte, nemedizin (SVSM), der Schweizerischen Vereinigung
welche das Angebot einer Bestandesbetreuung nutzen, für Wiederkäuergesundheit (SVW), Martin Rufer vom
sehen durchaus positive Effekte, vor allem in den Berei- Schweizer Bauernverband, Josef Schmidt vom Bundes-
chen Tiergesundheit, Wirtschaftlichkeit und Qualität amt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen
der produzierten Lebensmittel. (BLV) und Rolf Hanimann von der Vereinigung Schwei-
zer Kantonstierärztinnen und Tierärzte (VSKT).
Danksagung Diese Studie konnte dank der finanziellen Unterstüt-
zung des BLV durchgeführt werden.
Die Autoren bedanken sich an dieser Stelle herzlich bei
allen Tierärzten und Landwirten, die sich die Zeit ge-
nommen haben, an der Umfrage teilzunehmen.
Médecine de troupeau et prestations Gestione della mandria e prestazioni
vétérinaires pour les bovins et les veterinarie per i bovini e i suini in
porcs en Suisse Svizzera
Le rôle du vétérinaire rural s’est modifié au cours des Il ruolo del veterinario per gli animali da reddito è cam-
dernières décennies et son rôle de conseiller devient de biato negli ultimi decenni e il ruolo di consulente per i
plus en plus important. Jusqu’à présent, cependant, seules veterinari diventa sempre più importante. Tuttavia, si
de vagues déclarations ont été faites sur l’étendue et le sono potute fare solo vaghe affermazioni sull’attuale
contenu actuels de la médecine de troupeau en Suisse. Le distribuzione e sul livello della gestione della mandria
but de cette étude était de collecter des informations et in Svizzera. Lo scopo di questo studio era di raccogliere
des données sur l’offre et l’utilisation de la médecine de informazioni e dati sull’offerta e l’uso veterinario della
troupeau pour les bovins et les porcs et de décrire la si- gestione della mandria nei bovini e nei suini e di descri-
tuation actuelle en Suisse. A cet effet, une enquête a été vere la situazione attuale in Svizzera. A tal fine è stato
réalisée auprès des vétérinaires et des éleveurs. Les résul- condotto un sondaggio tra veterinari e allevatori. I ri-
tats montrent qu’environ la moitié (46%) des vétérinaires sultati mostrano che circa la metà (46%) dei veterinari
interrogés offrent des prestations de médecine de trou- intervistati offre la gestione della mandria. Tuttavia, la
peau. Cependant, la majorité (61%) des agriculteurs ne maggioranza (61%) degli allevatori non utilizza questa
profitent pas ces offres. Environ un tiers des exploitations offerta. Circa un terzo delle aziende agricole (31%) è
(31%) sont prises en charge par les services de santé ani- servito dai servizi veterinari e quasi un’azienda su dieci
male et moins d’une entreprise sur dix (8%) utilise l’offre (8%) si avvale dell’offerta di una gestione veterinaria
de soins vétérinaires intégrés (ITB). Ce sont particulière- integrata della mandria. Soprattutto sono i grandi alle-
ment les grands élevages de bovins et de porcs qui y ont vamenti di bovini e suini che vengono così gestiti. Il
recours. Le nombre de bovins dans les exploitations qui numero di bovini nelle aziende gestite e non gestite
l’utilisent diffère statistiquement de manière significative differisce notevolmente dal numero di aziende non ge-
(p = 0,01). En général, les élevages de porcs ont tendance stite (p= 0,01). In generale, gli allevamenti di suini ten-
à utiliser plus souvent la médecine de troupeau que les dono ad essere più inclini alla gestione che le aziende di
élevages de bovins et ce principalement sous la forme bovini - di solito sotto forma di un accordo con il Ser-
d’une convention du Service sanitaire porcin (SSP). Ven- vizio sanitario per i suini (SGD/SSP). Suddividendo gli
tilés par type d’exploitation, on constate que 76% des allevamenti per tipo si può notare che il 76% degli alle-
élevages porcins, 21% des élevages bovins et 44% des vamenti di suini, il 21% degli allevamenti di bovini e il
exploitations mixtes pratiquent la médecine de troupeau. 44% degli allevamenti misti usufruiscono di una gestio-
La majorité (79%) des vétérinaires interrogés considèrent ne della mandria. La maggioranza (79%) dei veterinari
la demande en matière de médecine de troupeau comme intervistati ritiene che la domanda della gestione della
faible et son importance future est évaluée par les vétéri- mandria sia bassa e che l’importanza futura della gestio-
naires et les éleveurs comme constante voire décroissante. ne della mandria viene valutata, sia dai veterinari che
Des coûts trop élevés sont cités comme raison de la faible dagli allevatori, come invariata o in decrescita. Oltre la
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Bestandesbetreuung und demande par plus de la moitié des vétérinaires et par metà dei veterinari e circa un decimo degli allevatori
tierärztliche Leistungen environ un dixième des agriculteurs qui n’utilisent pas senza gestione della mandria citano i costi elevati come
bei Rindern und
Schweinen in der Schweiz ces prestations. De plus, plus de la moitié des agriculteurs motivo della scarsa domanda. Inoltre, più della metà
ayant recours à la médecine de troupeau considèrent les degli allevatori che usufruiscono della gestione della
N. Hool et al. coûts comme le plus gros problème de mise en œuvre. mandria indicano i costi come il problema maggiore per
Selon les vétérinaires, les progrès les plus importants sont l’implementazione. Secondo i veterinari, si sono conse-
réalisés chez les bovins dans les domaines de la fertilité, guiti i maggiori progressi nei bovini nei settori della
de la santé de la mamelle et de la qualité du lait, et, chez fertilità, della salute della mammella e della qualità del
les porcs, dans les domaines de la réduction de l’utilisa- latte, e nei suini nei settori dell’uso ridotto di farmaci
tion des médicaments vétérinaires, de l›amélioration de veterinari, del miglioramento della salute della mandria
la santé du troupeau et de la prophylaxie des maladies. e della profilassi delle malattie.
Mots clefs: Médecine préventive, Gestion de la santé du Parole chiave: Medicina preventiva della mandria, Herd
troupeau, Soins vétérinaires intégrés, Agriculteurs, Health Management, gestione veterinaria integrata della
Vétérinaires mandria, allevatori, veterinari
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