Bevölkerung und Wohnungsmarkt in der Gemeinde und im Amt Büchen - Hannover, März 2016
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Bevölkerung und Wohnungsmarkt in der Gemeinde und im Amt Büchen - bisherige Entwicklung und Szenarien zur künftigen Entwicklung - Hannover, März 2016
Auftraggeber: Gemeinde Büchen Amtsplatz 1 21514 Büchen Telefon (04155) 8009 210, Telefax: (04155)8009 999 www.amt-buechen.eu Erstellt vom: ISP Eduard Pestel Institut für Systemforschung e. V. Dipl-Sozwirt. Jonas Abraham Dipl.-Oek. Matthias Günther Gretchenstr. 7, 30161 Hannover Telefon (0511) 99 0 94-0, Telefax (0511) 99 0 94-30 E-Mail: info@pestel-institut.de Internet: www.pestel-institut.de II
INHALT Tabellenverzeichnis IV Abbildungsverzeichnis V 1 Einführung in das Thema, Aufbau der Untersuchung 1 1.1 Einführung in das Thema und Aufbau der Untersuchung 1 1.2 Der Zensus 2011 2 2 Wohnungsversorgung in Deutschland 5 2.1 Eigentümer des Wohnungsbestandes 5 2.2 Struktur des Wohnungsbestandes 6 2.3 Einflussfaktoren auf die Wohnungsversorgung 8 2.4 Bevölkerungsentwicklung 9 2.5 Wohnungsbau und Wohnungsbestand 12 3 Die Entwicklung in der Gemeinde und dem Amt Büchen bis zum Jahr 2015 17 3.1 Beschäftigung 17 3.2 Bevölkerung 20 3.3 Bautätigkeit und Wohnungsbestand 23 3.4 Private Haushalte und Wohnungsmarktsituation 24 3.5 Expertenbefragung 26 3.6 Haushalte mit niedrigen Einkommen 28 3.7 Spezielle Bedarfe 30 3.7.1 Wohnsituation der Altersgruppe 65plus 30 3.7.2 Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention 32 3.8 Fazit der bisherigen Entwicklung in Büchen 32 4 Projektion der Entwicklung bis 2035 34 4.1 Zukunftsbetrachtungen 34 4.2 Wohnungsbedarf und Wohnungsnachfrage 35 4.3 Ausgangslage in Büchen 37 4.4 Drei Szenarien der Bevölkerungsentwicklung in der Gemeinde und im Amt Büchen 38 4.5 Haushalts- und Wohnungsbedarfsentwicklung im Amt und der Gemeinde Büchen 51 4.6 Welche Art von Wohnungen werden in der Amt Büchen benötigt 55 4.6.1 Nachfragemöglichkeiten der Senioren 57 4.6.2 Nachfrage nach Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern 58 5 Fazit der Untersuchung 63 III
Tabellenverzeichnis Seite Tabelle 1 Veränderung der Einwohnerzahl in Deutschland von 2005 bis 2014 12 Tabelle 2a Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Amt Büchen 1995 bis 2015 18 Tabelle 2b Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Gemeinde Büchen 1995 bis 2015 19 Tabelle 3 Gesamtbevölkerung, Geburten, Sterbefälle und Wanderungssaldo von 1995 bis 2015 im Amt Büchen 22 Tabelle 4 Entwicklung der Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhaus- wohnungen im Amt Büchen von 1995 bis 2015 59 Tabelle 5 Entwicklung der Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhaus- wohnungen im Amt Büchen in den drei Szenarien 60 Tabelle 6 Entwicklung der Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhaus- wohnungen im Amt Büchen von 1995 bis 2015 61 Tabelle 7 Entwicklung der Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhaus- wohnungen im Amt Büchen in den drei Szenarien 62 Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Wohnungen nach Eigentümern 5 Abb. 2 Wohnungen nach der Zahl der Zimmer und dem jeweiligen Anteil am Wohnungsbestand in Deutschland 2010 6 Abb. 3 Veränderung der Anzahl an Wohnungen nach der Zahl der Zimmer in Deutschland von 2000 bis 2010 7 Abb. 4 Wohnungsbestand nach Baualtersklassen in Deutschland im Jahr 2010 8 Abb. 5 Entwicklung der Einwohnerzahlen in den Kreisen und kreisfreien Städten Deutschlands von 1995 bis 2014 10 Abb. 6 Entwicklung der Anzahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter (am Arbeitsort) in den Kreisen und kreisfreien Städten Deutschlands von 1995 bis 2015 11 Abb. 7 Entwicklung der Einwohnerzahlen in den Kreisen und kreisfreien Städten Deutschlands von 2005 bis 2014 13 Abb. 8 Entwicklung des Wohnungsbaus in Deutschland von 1995 bis 2014 14 Abb. 9 Wohnungsbestandentwicklung in Deutschland von 1995 bis 2014 15 Abb. 10 Wohnungsmarktsituation in Deutschland Ende 2015 16 Abb. 11 Bevölkerungsentwicklung im Amt Büchen von 1987 bis 2015 20 Abb. 12 Bevölkerungsentwicklung in der Gemeinde Büchen von 1987 bis 2015 22 Abb. 13 Altersstruktur der Bevölkerung in der Gemeinde und dem Amt Büchen im Jahr 2015 22 Abb. 14 Bautätigkeit von 1987 bis 2015 im Amt Büchen 23 IV
Seite Abb. 15 Wohnungsbestand nach Baualtersklassen im Land Schleswig-Holstein, dem Kreis Herzogtum Lauenburg sowie der Gemeinde und dem Amt Büchen 2011 in v. H. 24 Abb. 16 Entwicklung der Anzahl privater Haushalte sowie der Zahl der Einwohner je Haushalt in der Gemeinde und im Amt Büchen 25 Abb. 17 Empfänger von Mindestsicherungsleistungen im Amt Büchen von 2007 bis 2015 30 Abb. 18 Seniorenhaushalte nach Einkommensklassen im Jahr 2010 31 Abb. 19 Wohnungsnachfrage, Wohnungsangebot und politische Eingriffe 36 Abb. 20 Durchschnittliche Wanderungssalden der vergangenen vier Siebenjahreszeiträume sowie die Ansätze in den drei Szenarien für die Gemeinde und das Amt Büchen 38 Abb. 21 Entwicklung der Einwohnerzahl in der Gemeinde und dem Amt Büchen in den drei Szenarien 39 Abb. 22 Entwicklung der Altersgruppe „bis unter 3 Jahre“ im Amt Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 40 Abb. 23 Entwicklung der Altersgruppe „3 bis unter 6 Jahre“ im Amt Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 40 Abb. 24 Entwicklung der Altersgruppe „6 bis unter 10 Jahre“ im Amt Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 41 Abb. 25 Entwicklung der Altersgruppe „10 bis unter 16 Jahre“ im Amt Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 41 Abb. 26 Entwicklung der Altersgruppe „16 bis unter 18 Jahre“ im Amt Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 42 Abb. 27 Entwicklung der Altersgruppe „18 bis unter 25 Jahre“ im Amt Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 42 Abb. 28 Entwicklung der Altersgruppe „25 bis unter 30 Jahre“ im Amt Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 43 Abb. 29 Entwicklung der Altersgruppe „30 bis unter 50 Jahre“ im Amt Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 43 Abb. 30 Entwicklung der Altersgruppe „50 bis unter 65 Jahre“ im Amt Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 44 Abb. 31 Entwicklung der Altersgruppe „65 Jahre und älter“ im Amt Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 44 Abb. 32 Entwicklung der Altersgruppe „80 Jahre und älter“ im Amt Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 45 Abb. 33 Entwicklung der Altersgruppe „3 bis unter 6 Jahre“ in der Gemeinde Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 45 Abb. 34 Entwicklung der Altersgruppe „6 bis unter 10 Jahre“ in der Gemeinde Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 46 Abb. 35 Entwicklung der Altersgruppe „10 bis unter 16 Jahre“ in der Gemeinde Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 46 Abb. 36 Entwicklung der Altersgruppe „16 bis unter 18 Jahre“ in der Gemeinde Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 47 V
Seite Abb. 37 Entwicklung der Altersgruppe „18 bis unter 25 Jahre“ in der Gemeinde Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 47 Abb. 38 Entwicklung der Altersgruppe „25 bis unter 30 Jahre“ in der Gemeinde Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 48 Abb. 39 Entwicklung der Altersgruppe „30 bis unter 50 Jahre“ in der Gemeinde Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 48 Abb. 40 Entwicklung der Altersgruppe „50 bis unter 65 Jahre“ in der Gemeinde Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 49 Abb. 41 Entwicklung der Altersgruppe „65 Jahre und älter“ in der Gemeinde Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 49 Abb. 42 Entwicklung der Altersgruppe „80 Jahre und älter“ in der Gemeinde Büchen bis 2015 und in den drei Szenarien 50 Abb. 43 Entwicklung der Anzahl privater Haushalte im Amt Büchen in den drei Szenarien 52 Abb. 44 Entwicklung der Anzahl privater Haushalte in der Gemeinde Büchen in den drei Szenarien 53 Abb. 45 Wohnungsbedarf im Amt Büchen von 2016 bis 2035 in den drei Szenarien 54 Abb. 46 Wohnungsbedarf in der Gemeinde Büchen von 2016 bis 2035 in den drei Szenarien 54 Abb. 47 Wohnungsbedarf nach dem Alter (Altersstrukturen des Amtes Büchen in den Jahren 2015 und im Szenario A 2035) 56 Abb. 48 Erwerbsfähige, Erwerbspersonen und tendenziell „Grundsicherungsgefährdete“ 57 VI
Bevölkerung und Wohnungsmarkt in der Gemeinde und dem Amt Büchen - bisherige Entwicklung und Szenarien zur künftigen Entwicklung - 1 Einführung in das Thema, Aufbau der Untersuchung 1.1 Einführung in das Thema und Aufbau der Untersuchung Die „neue Wohnungsnot“ insbesondere in deutschen Groß- und Universitätsstädten hat sich verfestigt. Von Seiten der Politik gibt es zwar sowohl von den aktuellen Re- gierungsparteien als auch von der Opposition stetige Appelle zu mehr Investitionen in den Wohnungsbau, die seit einigen Jahren faktisch bestehenden, schlechtesten Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau in der Nachkriegsgeschichte wurden allerdings nicht verbessert. Die Verdoppelung der vom Bund an die Länder gezahlten Kompensationsmittel von 518 Mio. € pro Jahr auf 1,036 Mrd. € für den sozialen Wohnungsbau ist ebenso unzureichend wie die bisher nur als Gesetzentwurf vorlie- gende degressive Abschreibung. Zum einen soll die als Förderung bezeichnete Ab- schreibung nur in Gebieten mit den Mietenstufen IV bis VI gelten und zum anderen entspricht die Wirkung in der vorgesehenen Ausgestaltung einer linearen Abschrei- bung in Höhe von 3 %. Eine lineare Abschreibung in Höhe von 3 % wird aber bereits seit Jahren als sachgerechte Abschreibung auch im Wohnungsbau gefordert, da sich das Verhältnis von Rohbau- und Ausbaukosten grundlegend verschoben hat1. Nicht zuletzt die erhöhten Anforderungen an Energieeffizienz und Barrierearmut von neuen Wohngebäuden haben laufend den Aufwand für den Einbau von Haustechnik erhöht. Die technischen Einrichtungen weisen eine erheblich geringere Lebensdauer auf als der Rohbau, so dass heute von einer gemittelten Lebensdauer von etwa 36 Jahren ausgegangen wird. Eine tatsächlich wirksame Förderung des Wohnungsbaus ist ge- genwärtig nicht erkennbar. Seit dem Frühjahr 2012 sind mit „Mietwohnungsbau in Deutschland“, „Sozialer Woh- nungsbau“ und „Wohnen 65plus“, „Mietwohnungsbau 2.0“ und der im September 2015 veröffentlichten „Einschätzung des aktuellen und mittelfristigen Wohnungsbe- darfs“ im Auftrage eines wechselnden Bündnisses von Verbänden (immer beteiligt waren die DGFM, der BDB, der DMB und die IG BAU) fünf Untersuchungen des Pestel Instituts veröffentlicht, die eine erhebliche Resonanz bei Medien und Politik fanden. Dazu beigetragen hat sicher auch die Regionalisierung auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte Deutschlands. Diese Untersuchung für die Gemeinde und das Amt Büchen zeigt zunächst die bun- desweite Entwicklung in einer Art Zusammenfassung der genannten Studien. Dies trägt dazu bei, dass der Leser die darauf folgenden Ausführungen zur Amt Büchen im bundesrepublikanischen Kontext besser einordnen kann. 1 vgl. Walberg, D. u.a.: Optimierter Wohnungsbau - Untersuchung und Umsetzungsbetrachtung zum bautech- nisch und kostenoptimierten Mietwohnungsbau in Deutschland; Hrsg.: Herausgeber: Dietmar Walberg, Arbeits- gemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V.; Kiel 2014 1
1.2 Der Zensus 2011 Der Zensus 2011 war als EU-weite Volks- und Wohnungszählung angelegt. Rechtlich wurde mit dem im Juli 2009 in Kraft getretenen Zensusgesetz die EG-Verordnung 763/2008 in nationales Recht umgesetzt. Die letzte Vollerhebung von Bevölkerung und Wohnungen fand In Westdeutschland 1987 statt. Regelmäßige Zählungen von Bevölkerung und Wohnungen sind vor allem aus zwei Gründen sinnvoll und notwendig: 1. Die regelmäßig durchgeführten Stichprobenerhebungen (Mikrozensus) benö- tigen für die Hochrechnungen auf die Länder- und Bundeszahlen eine verläss- liche Basis. 2. Die Ermittlung kleinräumiger Daten ist nur über Zählungen möglich, da die Stichprobenerhebungen selbst bei verlässlicher Basis keine kleinräumigen Aussagen zulassen. Ausgehend von der jeweils letzten Zählung werden die Zahlen anschließend regel- mäßig (monatlich, jährlich) mit Zahlen laufender Datenerfassungen fortgeschrieben. Bei der Bevölkerung sind dies die Geburten und Sterbefälle sowie die Umzüge (Wanderungen) der Einwohner. Im Bereich der Wohnungen sind es teils genehmi- gungs- und abnahmepflichtige Baumaßnahmen, teils meldepflichtige Bauten und Baumaßnahmen. Trotz aller Melde- und Anzeigepflichten schleichen sich im Zeitablauf wachsende Un- sicherheiten in die Fortschreibungen ein. Bei der Bevölkerungsfortschreibung dürfte eine erhebliche Fehlerquelle daraus resultieren, dass Menschen, die ihren Wohnsitz dauerhaft ins Ausland verlagern wollen, nicht unbedingt an die Abmeldung am letz- ten Hauptwohnsitz in Deutschland denken. Eine weitere typische Fehlerquelle liegt in der, über die Jahre auch wechselnde, meldetechnische Behandlung von Asylbewer- bern. Mit der Zuweisung in ein Asylbewerberheim wurden diese Personen überwie- gen als Bevölkerung am Hauptwohnsitz des Standortes des Asylbewerberheims ge- zählt. Da bei diesem Personenkreis ein „Abtauchen“ in die Illegalität nicht außerge- wöhnlich ist, fehlt der offizielle Fortzug und die Menschen bleiben der jeweiligen Ge- meinde statistisch erhalten. Ein Beispiel ist etwa die Gemeinde Schöppingen im Kreis Borken (NRW). Anfang der 1990er Jahre wurde dort in einer geräumten Kaserne ein Asylbewerberheim eingerichtet. Die Einwohnerfortschreibung auf der Basis der Volkszählung 1987 wies zum 31.12.2011 eine Einwohnerzahl von 8.634 Personen aus, die Fortschreibung auf der Basis des Zensus stellt für den 31.12.2011 eine Ein- wohnerzahl von 7.169 Personen fest. Die „alte“ Fortschreibung hat die Einwohner- zahl um gut 20 % überschätzt. Weitere Fehlerquellen gerade in Universitätsstädten können durch Auslandssemester einheimischer Studenten, aber auch durch auslän- dische Studenten, die sich nur kurzzeitig (aber mit erstem Wohnsitz gemeldet) in der jeweiligen Stadt aufhalten und diese anschließend (ohne Abmeldung) wieder verlas- sen, entstehen. Beispiele hierfür sind etwa Flensburg, Göttingen, Aachen, Tübingen und viele andere Universitätsstädte. Weitere Fehler können natürlich auch schlicht durch „menschliches Versagen“ entstehen. So hat z. B. der zuständige Mitarbeiter in 2
der Verwaltung einer kreisfreien Stadt über mehrere Jahre die Zuzüge in die Stadt nur unvollständig an das statistische Landesamt weitergemeldet. Insgesamt lässt sich festhalten, dass mit zunehmender Entfernung von der Zählung mit immer größe- ren Fortschreibungsfehlern zu rechnen ist. Bei den Wohnungen werden die früheren „sonstigen Wohneinheiten“ (Wohnungen mussten bestimmte Kriterien erfüllen) inzwischen als Wohnung gezählt. Weiterhin dürfte im Bereich der Wohnungsfortschreibung ein wesentlicher „Fehler“ in der zwei- ten Hälfte der 1990er Jahre entstanden sein. Seit 1996 gilt für den Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern in vielen Fällen mit der „Bauanzeige“ eine vereinfachte Form des Baugenehmigungsverfahrens. Allerdings war vor allem in den ersten Jahren nach der Einführung dieses Verfahrens die Handhabung der Einforderung des „Sta- tistik-Bogens“ höchst unterschiedlich. Im Ergebnis sank „statistisch“ die Zahl der fer- tig gestellten Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern allein in Schleswig- Holstein von 1995 auf 1996 um 1.300 Wohnungen bzw. 14 %. Insgesamt errechnet sich für die Bundesrepublik allein für 1996 eine Untererfassung in einer Größenord- nung von 75.000 Wohnungen. Aber auch verspätete Meldungen, Nachmeldungen etc. können weitere Erhebungsfehler nach sich gezogen haben. Regelmäßige Zählungen sind somit zur Schaffung von Planungsgrundlagen erforder- lich und der Abstand zwischen den beiden letzten Zählungen war eher zu groß als zu klein. Das bei der Wohnungszählung lediglich das von der EU geforderte „Minimal- programm“ erhoben wurde, ist allerdings unter wohnungspolitischen Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar. Es hätten mit geringem Mehraufwand bei den Befragten grundlegende Erkenntnisse zu Energieeffizienz und Barrierearmut gewonnen werden können, die auch der Förderpolitik von Bund und Ländern eine aktuelle Datenbasis gegeben hätte. Auf die aktuelle Wohnungsmarktsituation haben die Zensusergebnisse selbstver- ständlich keine Auswirkungen! Die Differenzen zwischen Fortschreibung und Realität haben sich über Jahre hinweg aufgebaut. Es standen bundesweit nicht plötzlich 500.000 Wohnungen mehr zur Verfügung. Auch die 1,5 Mio. Menschen, die im Ver- gleich zur Fortschreibung weniger in Deutschland lebten, haben nicht am Anfang des Jahres 2011, also unmittelbar vor der Zählung, fluchtartig das Land verlassen. Die vielen kleinen Fehlerquellen haben die Differenzen langsam anwachsen lassen. Die Tatsache, dass 2011 in Hamburg 80.000 Menschen weniger wohnten als nach der alten Fortschreibung gedacht, ändert an den realen Problemen nichts. Haushalte mit niedrigem Einkommen finden in der Stadt keine Wohnung und werden an den Stadtrand oder über die Stadtgrenze hinaus verdrängt. Selbst in Berlin sind derartige Verdrängungsprozesse real vorhanden, obwohl im Vergleich zur alten Fortschrei- bung 175.000 Menschen weniger in der Stadt wohnen. Eine Zählung ändert nichts an auf tatsächlichen Knappheitsverhältnissen beruhenden Preiserhöhungsspielräu- men. 3
Dies gilt auch für die Gemeinde und das Amt Büchen, wo der Zensus im Vergleich zu den auf der Basis der Zählungen des Jahres 1987 fortgeschriebenen Daten eine um 1,1 % (Gemeinde Büchen) bzw. lediglich 0,6 % geringere Einwohnerzahl ergab. 4
2 Wohnungsversorgung in Deutschland 2.1 Eigentümer des Wohnungsbestandes In der öffentlichen Diskussion ist oftmals von „der Wohnungswirtschaft“ die Rede. Dies vermittelt den Eindruck, als seien überwiegend Unternehmen als Anbieter der gut 41 Mio. Wohnungen in Deutschland aktiv und die privaten Haushalte entspre- chend als Nachfrager. Wie Abbildung 1 zeigt, bestätigen die realen Eigentumsver- hältnisse dieses Bild nicht. Abbildung 1: Wohnungen nach Eigentümern Gemeinschaft v on Wohnungseigentümern Priv atpersonen Wohnungsgenossenschaften Kommune oder kommunale Wohnungsunternehmen Priv atw irtschaftliches Wohnungsunternehmen Anderes priv atw irt- schaftliches Unternehmen Bund oder Land Organisation ohne Erw erbszw eck 0 5 10 15 20 25 in Mio. Wohnungen Quellen: Wohnungs- und Gebäudezählung 2011 Lediglich knapp acht Millionen Wohnungen, also etwa ein Fünftel des Wohnungsbe- standes, entfallen auf Wohnungsunternehmen. Die übrigen vier Fünftel befinden sich im Eigentum von privaten Haushalten. Von diesen insgesamt mehr als 33 Millionen Wohnungen werden gut 17 Millionen Wohnungen von den Eigentümern selbst be- wohnt und die übrigen fast 16 Millionen Wohnungen sind vermietet bzw. ein sehr kleiner Teil steht auch leer. Auch beim Mietwohnungsbestand dominieren somit die privaten Haushalte mit rund zwei Dritteln das Angebot. Der bereits zum Zensuszeitpunkt (Frühjahr 2011) nur noch mit gut 1,8 Millionen Woh- nungen (4,5 % des Bestandes) ausgewiesene Leerstand dürfte sich unter Berück- sichtigung von Wohnungsbestands-, Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung bis Ende 2015 stark verringert haben. Dabei sind die Leerstände im ländlichen Raum teils sogar noch angestiegen, während in vielen Städten Leerstände nahe Null ge- meldet werden. 5
2.2 Struktur des Wohnungsbestandes Die Anteile der verschiedenen Wohnungsgrößen am Wohnungsbestand zeigt Abbil- dung 2. Die höchsten Anteile weisen Vierzimmerwohnungen auf. Der höhere Anteil an Einfamilienhäusern in Westdeutschland macht sich durch im Vergleich zu Ost- deutschland deutlich höhere Anteile bei den Wohnungen mit sechs und mehr Zim- mern bemerkbar. Abbildung 2: Wohnungen nach der Zahl der Zimmer1) und dem jeweiligen Anteil am Wohnungsbestand in Deutschland 2010 1 Zimmer Westdeutschland Ostdeutschland 2 Zimmer Deutschland 3 Zimmer 4 Zimmer 5 Zimmer 6 Zimmer 7 u. mehr Zimmer 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 Anteil am W ohnungsbestandes in v .H. Quelle: Statistisches Bundesamt 1) Zu den Wohnräumen zählen alle Zimmer (Wohn- und Schlafräume mit 6 und mehr m² Wohn- fläche) und Küchen. Nicht als Zimmer gelten Nebenräume wie Abstellräume, Speisekammern, Flure, Badezimmer und Toiletten. Die Veränderung der Wohnungsbestände nach der Zimmerzahl von 2000 bis 2010 ist aus Abbildung 3 zu ersehen. Ein Rückgang ist lediglich bei den Ein- bis Vier- Zimmerwohnungen in Ostdeutschland festzustellen, wo die Abrissprogramme zwi- schenzeitlich einen stark erhöhten Wohnungsabgang ausgelöst hatten. Insgesamt ist der Wohnungsbestand im betrachteten Zeitraum aber auch in Ostdeutschland noch um 0,8 % angestiegen. In Westdeutschland lag der Anstieg bei 6,3 % und bundes- weit errechnet sich eine Zunahme um 5 % von 2000 bis 2010. 6
Abbildung 3: Veränderung der Anzahl an Wohnungen nach der Zahl der Zim- mer1) in Deutschland von 2000 bis 2010 1 Zimmer 2 Zimmer Westdeutschland 3 Zimmer Ostdeutschland Deutschland 4 Zimmer 5 Zimmer 6 Zimmer 7 u. mehr Zimmer insgesamt -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 12 14 Veränderung des W ohnungsbestandes in v .H . Quelle: Statistisches Bundesamt 1) Zu den Wohnräumen zählen alle Zimmer (Wohn- und Schlafräume mit 6 und mehr m² Wohn- fläche) und Küchen. Nicht als Zimmer gelten Nebenräume wie Abstellräume, Speisekammern, Flure, Badezimmer und Toiletten. Die stärksten Zuwächse sind bei Wohnungen mit fünf und mehr Zimmern zu sehen. Auf diesen Wohnungstyp entfallen bundesweit nahezu drei Viertel der Wohnungsbe- standszuwächse. Dies steht in engem Zusammenhang mit dem Neubau, von dem im betrachteten Zeitraum 60 % auf Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern entfiel. Nach wie vor ist eine deutliche Tendenz zur Zunahme der durchschnittlichen Woh- nungsgröße zu erkennen. Seit dem Jahr 2000 ist die durchschnittliche Wohnfläche des Bestandes an Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden in Westdeutsch- land von 88,5 m² auf 90,5 m² pro Wohnung angestiegen, in Ostdeutschland von 71,3 m² auf 73,4 m² pro Wohnung. Gerade mit Blick auf die energetische Zielstellung der Politik ist die Verteilung des Wohnungsbestandes auf Baualtersklassen von hoher Bedeutung. Bei den bis 1978 errichteten Wohnungen kann davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt des Baus die energetische Optimierung der Gebäude nicht nur nachrangig war, sondern keine Bedeutung hatte. Wie Abbildung 4 zeigt, entfielen im Jahr 2006 sowohl in West- als auch in Ost- deutschland knapp drei Viertel der Wohnungen auf diese Baualtersklasse. Der Un- terschied zwischen den beiden Landesteilen liegt im erheblich höheren Anteil des bis 7
1948 errichteten Altbaus in Ostdeutschland und einem entsprechend höheren Anteil der Nachkriegsbauphase bis 1978 in Westdeutschland. Die beiden gezeigten älteren Baualtersklassen eint jedoch der im Vergleich zu den heutigen Anforderungen ur- sprünglich marginale energetische Standard. Wenn das Ziel eines „Nahe Null- Energie Wohnungsbestandes“ weiterhin angestrebt wird und die wärmetechnische Sanierung der Wohngebäude einen wesentlichen Beitrag leisten soll, dann ist eine erhebliche Steigerung der Sanierungsquote erforderlich. Dies dürfte ohne eine Aus- weitung der Förderung unrealistisch sein. Abbildung 4: Wohnungsbestand nach Baualtersklassen in Deutschland im Jahr 2011 in v.H. 50 45 40 Westdeutschland 35 Ostdeutschland 30 Deutschland 25 20 15 10 5 0 vor 1949 1949 bis 1978 1979 bis 1990 1991 und später Quelle: Statistisches Bundesamt, Zensus 2011 2.3 Einflussfaktoren auf die Wohnungsversorgung Die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend Wohnraum war ein politisches Ziel höchster Priorität im Nachkriegsdeutschland. Heute wird die Notwendigkeit der staat- lichen Wohnungsversorgung in der Regel ausschließlich auf diejenigen bezogen, die selbst nicht in der Lage sind, ihr Grundbedürfnis „Wohnen“ am Markt zu befriedigen. Dies hat meist finanzielle Gründe, d. h. im Rahmen der Daseinsvorsorge müssen auch heute, trotz teils recht hohem Leerstand, private Haushalte vom Staat mit Wohnraum „versorgt“ werden. Für den überwiegenden Teil der privaten Haushalte wird dagegen von marktwirt- schaftlichen Verhältnissen im Sinne eines Ausgleichs von Nachfrage und Angebot am Wohnungsmarkt über die Preisbildung ausgegangen. Steigt die Nachfrage lokal 8
deutlich über das - kurzfristig meist kaum steigerungsfähige - Angebot, so werden Preiserhöhungen ausgelöst, die dann mittelfristig eine Angebotserhöhung auslösen sollen. Aus diesen Ausführungen wird bereits deutlich, dass es „den deutschen Woh- nungsmarkt“ nicht gibt. Es gibt viele lokale Teilmärkte, die sich wiederum in unter- schiedlichste Segmente aufspalten. So steht z. B. eine exklusive Penthousewohnung in Berlin-Mitte in keinerlei Konkurrenz zur Plattenbauwohnung im Gebäudetyp WBS70 in Berlin Marzahn. Im Bereich der staatlichen Wohnungsversorgung müssen das angestrebte Versor- gungsniveau (Fläche, Ausstattung) und Einkommensgrenzen definiert werden. An- schließend sind die wesentlichen Einflussfaktoren für das quantitative Ausmaß der zu versorgenden Haushalte zu bestimmen. Dabei sind insbesondere die Entwicklungen am Arbeitsmarkt und der Eintritt von Jahrgängen mit gebrochenen Arbeitsbiogra- phien in den Rentenbezug relevant. Für die Entwicklung des übrigen Wohnungsmarktes sind als Einflussfaktoren selbst- verständlich die demografischen Faktoren ebenso zu berücksichtigen wie die Wohn- vorstellungen der privaten Haushalte. Allerdings kommen diese Faktoren nur dann zum Tragen, wenn sie mit kaufkräftiger Nachfrage hinterlegt sind. Insofern ist dieser „Wohnungsmarkt jenseits der mit öffentlichen Mitteln zu versorgenden Haushalte“ in hohem Maße von der Höhe der vor Ort erzielbaren Einkommen und der Arbeits- marktsituation abhängig. Hinzu kommen aber auch Veränderungen im Verhalten der Bevölkerung. So ist die früher von den Städten gefürchtete Stadt-Umland- Wanderung nahezu zum Erliegen gekommen. Angesichts erheblich gestiegener Mo- bilitätskosten und dem Erfordernis einer überregionalen Mobilität im Beruf hat das eigene Einfamilienhaus im Umland der Städte für junge Familien an Attraktivität ver- loren. Durch dieses Verbleiben in den Städten und den weiterhin stetigen Zuzug jun- ger Menschen wachsen gegenwärtig insbesondere die Universitätsstädte, während sich die ländlichen Bereiche weiter ausdünnen. Diese Verhaltensänderungen haben vielerorts bereits wieder eine neue Wohnungsknappheit aufkommen lassen. Die Angebotsausweitung ist häufig mangels Flächen limitiert. Wie in einer Marktwirt- schaft zu erwarten, steigen bei wachsender potenzieller Nachfrage die Preise, um einen Ausgleich mit dem begrenzten Angebot herbeizuführen. Weitere gelegentlich genannte Einflussfaktoren auf die Wohnungsmärkte sind eher für die Attraktivität der Städte und damit gerade auch für die Zuzugsattraktivität ver- antwortlich. Zu nennen sind etwa Bildungs- und Kulturangebote, der Ausbaustand des öffentlichen Nahverkehrs, Einzelhandelsangebote, Freizeitangebote oder auch die Entfernung zum nächsten Flughafen. 2.4 Bevölkerungsentwicklung Die vergangenen 20 Jahre sind geprägt von einer zunehmenden Ausdifferenzierung der Bevölkerungsverteilung. Wie die Abbildungen 5 und 6 zeigen, werden Bevölke- rungszuwächse nur noch in Regionen realisiert, die Beschäftigungsmöglichkeiten bieten. Die Zensusergebnisse sind in Abbildung 5 berücksichtigt. 9
Abbildung 5: Entwicklung der Einwohnerzahlen in den Kreisen und kreisfrei- en Städten Deutschlands von 1995 bis 2014 LK Rostock SK Ham burg LK Prignitz SK Brem en LK Em sland SK Berlin Region Hannover SK Münster LK Harz LK Elbe-Elster LK Paderborn LK Schw alm -Eder-Kreis SK Dresden SK Erfurt Bevölkerungsentwicklung von 1995 bis 2014 in v.H. < -10 < -5
Abbildung 6: Entwicklung der Anzahl sozialversicherungspflichtig Beschäf- tigter (am Arbeitsort) in den Kreisen und kreisfreien Städten Deutschlands von 1995 bis 2015 LK Rostock SK Ham burg SK Brem en LK Prignitz LK Em sland SK Berlin Region Hannover SK Münster LK Harz LK Elbe-Elster LK Paderborn LK Schw alm -Eder-Kreis SK Dresden SK Erfurt Beschäftigtenentwicklung von 1995 bis 2015 in v.H. < -10 = 30 LK Ostalbkreis SK Stuttgart LK Ortenaukreis SK München SK Freiburg i.Breisgau LK Ravensburg Dabei hat sich gegenläufige Entwicklung insbesondere zwischen städtischen und ländlichen Region gerade in den vergangenen Jahren zusehends beschleunigt. Ei- nen Eindruck dieser Entwicklung innerhalb Deutschlands gibt Tabelle 1. Die Kreise 11
und kreisfreien Städte wurden entsprechend der Bevölkerungsentwicklung in fünf Gruppen (Quintile) aufgeteilt. In der Gruppe der 80 Kreise und kreisfreien Städte mit den relativ stärksten Einwohnerverlusten (1. Quintil) reicht die Spanne von -13,3 % bis -5,6 % und es sind in dieser Gruppe nur neun kreisfreie Städte enthalten. Tabelle 1: Veränderung der Einwohnerzahl in Deutschland von 2005 bis 2014 Siedlungs- Einwohnerzahl Veränderung dichte 2014 Quintil 2005 2014 absolut in v.H. Einwohner/km² 1. 11.860.477 10.836.528 -1.023.949 -8,6 104,6 2. 14.416.095 13.844.679 -571.416 -4,0 194,8 3. 15.303.708 15.123.996 -179.712 -1,2 219,5 4. 17.168.611 17.411.391 242.780 1,4 248,0 5. 22.552.186 23.975.361 1.423.175 6,3 550,4 Summe 81.301.077 81.191.955 -109.122 -0,1 227,2 Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen In der Gruppe mit der stärksten Entwicklung (5. Quintil) sind 44 kreisfreie Städte ent- halten. Die Zunahme der Einwohnerzahl reicht von 2,8 % bis 14,4 %. Ein Blick auf die Siedlungsdichte bestätigt auch die stärkere Einwohnerentwicklung in den städti- schen bzw. verstädterten Gebieten hoher Einwohnerdichte. Insgesamt bestätigt diese Auswertung die Veränderung des Wanderungsverhaltens. Eine deutlich positive Bevölkerungsbilanz weisen viele kreisfreie Städte auf und na- türlich auch die wirtschaftlich attraktiven, d.h. Arbeitsplätze bietenden, Regionen Süd- deutschlands, das Rhein-Main-Gebiet und der Raum Düsseldorf-Köln-Bonn. Weiter- hin ist eine starke Entwicklungsachse vom Emsland bis Hamburg zu erkennen und auch der Großraum Berlin gehört zu den Räumen positiver Bevölkerungsentwicklung (vgl. Abbildung 7). 2.5 Wohnungsbau und Wohnungsbestand Da insbesondere Westdeutschland nach dem Zuwanderungsschub um 1990 (Grenz- öffnung in Osteuropa, Wiedervereinigung Deutschlands, hohes Zuwanderungsniveau an Asylbewerbern) den Wohnungsbau steigern musste, wurden 1995 erstmals nach dem Bauboom 1972/73 (auch als Flucht ins „Betongold“ bekannt) wieder mehr als 600.000 Wohnungen gebaut. Anschließend ging die Bautätigkeit bis 2009 um fast 75 % zurück. Den Wohnungsbau nach der Gebäudeart zeigt Abbildung 8. Die regi- onalen Differenzen in der Wohnungsbestandsentwicklung sind in Abbildung 9 dar- gestellt. 12
Abbildung 7: Entwicklung der Einwohnerzahlen in den Kreisen und kreis- freien Städten Deutschlands von 2005 bis 2014 LK Schleswig-Flensburg LK Plön LK Steinburg LK Rostock LK Cuxhaven LK Aurich SK Hamburg LK Rotenburg (Wümme) LK Lüneburg LK Emsland LK Celle LK Diepholz LK Gifhorn SK Berlin Region Hannover LK Northeim LK Soest SK Leipzig SK Dresden LK Marburg-Biedenkopf LK Vogtlandkreis Bevölkerungsentwicklung von 2005 bis 2014 in v.H. LK Eifelkreis Bitburg-Prüm < -6 < -3
Abbildung 8: Entwicklung des Wohnungsbaus in Deutschland von 1995 bis 2015 1.000 Wohnungen 600 W ohnungen in Ein- 540 und Z weif am ilienhäusern Geschosswohnungen 480 Sonstige 420 360 300 240 180 120 60 0 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 Quelle: Statistisches Bundesamt Der Rückgang des Wohnungsbaus konzentrierte sich auf den Geschosswohnungs- bau sowie auf die Maßnahmen an bestehenden Gebäuden. D.h., obwohl die höchste Dynamik der Bevölkerungsentwicklung in Städten bzw. dem hoch verdichteten Um- land der großen Städte festzustellen ist, ging gerade der in diesen Gebieten vorherr- schende Geschosswohnungsbau am stärksten zurück. Aber auch der Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern ist gegenüber der zweiten Hälfte der 1990-er Jahre um et- wa die Hälfte abgesenkt. Hier macht sich auch die demografische Entwicklung be- merkbar: durchliefen die geburtenstarken Jahrgänge in den 1990-er Jahren die Pha- se der höchsten Nachfrage nach dieser Gebäudeart (30 bis etwa 45 Jahre), so ist diese Altersgruppe heute rund 25 % schwächer. Zudem werden immer mehr Be- standsgebäude angeboten, da Jahrgänge mit einem sehr hohen Anteil an Wohnei- gentum im Ein- und Zweifamilienhaus die Phase der Haushaltsauflösung erreichen. Dies wird in Abbildung 9 bestätigt. Auch Regionen mit teils bereits deutlich abneh- mender Bevölkerung wiesen noch Zuwächse beim Wohnungsbestand auf. Trotz der insgesamt für die vergangenen 16 Jahre noch feststellbaren Singularisierung - ins- besondere im ländlichen Raum - deuten schon die regionalen Entwicklungen von Bevölkerung und Wohnungsbau auf wachsende Leerstände im ländlichen Raum bei gleichzeitigen Wohnungsverknappungen in städtischen Regionen und dort vor allem in Großstädten an. 14
Abbildung 9: Wohnungsbestandentwicklung in Deutschland von 1995 bis 2014 LK Rostock SK Ham burg SK Brem en LK Prignitz LK Em sland SK Berlin Region Hannover SK Münster LK Harz LK Elbe-Elster LK Paderborn LK Schw alm -Eder-Kreis SK Dresden SK Erfurt Wohnungsbestandsentwicklung von 1995 bis 2014 in v.H.
Städte konzentrierende Nettozuwanderung von mehr als voraussichtlich 1,4 Mio. Personen im Jahr 2015 wohnungsseitig zu verarbeiten. Abbildung 10: Wohnungsmarktsituation in Deutschland Ende 2015 LK Rostock SK Hamburg LK Prignitz SK Bremen LK Emsland SK Berlin Region Hannover SK Münster LK Harz LK Elbe-Elster LK Paderborn LK Schwalm-Eder-Kreis SK Dresden SK Erfurt Wohnungsmarktsituation Ende 2015 sehr starkes Defizit starkes Defizit ausgeglichen leichter Überhang starker Überhang LK Cham LK Ostalbkreis SK Stuttgart LK Ortenaukreis SK München SK Freiburg i.Breisgau LK Ravensburg 16
3 Die Entwicklung in der Gemeinde und dem Amt Büchen bis zum Jahr 2015 3.1 Beschäftigung Als Grundlage für die Bevölkerungsmodellrechnungen muss als ökonomischer Pa- rameter die Arbeitsplatzentwicklung einbezogen werden, weil insbesondere für die großräumigen Wanderungsbewegungen die wirtschaftliche Entwicklung einer Region entscheidend ist, wie die Abbildungen 5 und 6 gezeigt hatten. Zur Abbildung der Beschäftigungssituation werden nur die sozialversicherungs- pflichtig Beschäftigten herangezogen. Die im Vergleich zur Betrachtung der Er- werbstätigen durch die Ausblendung insbesondere der Beamten und der Selbst- ständigen entstehende Unschärfe kann hingenommen werden, weil die sozialver- sicherungspflichtig Beschäftigten nach wie vor den weitaus größten Anteil an den Erwerbstätigen stellen, in diesem Bereich immer die aktuellsten Daten verfügbar sind und durch eine Veränderung der Definition der Erwerbstätigen die Vergleichbarkeit der Daten im Zeitablauf nicht mehr gegeben ist. Die Entwicklung der Beschäftigten im Amt Büchen und in der Gemeinde Büchen seit 1995 zeigen die Tabellen 2a und 2b. 17
Tabelle 2a: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Amt Büchen von 1995 bis 2015 Jahr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Erwerbs- am Arbeitsort Einpendler Auspendler Saldo am Wohnort fähige *) 1995 3.102 2.127 3.160 -1.033 4.135 8.074 1996 2.971 2.093 3.236 -1.143 4.114 8.099 1997 2.715 1.933 3.218 -1.285 4.000 8.098 1998 2.653 1.902 3.248 -1.346 3.999 8.179 1999 2.721 1.975 3.258 -1.283 4.004 8.181 2000 2.587 1.868 3.323 -1.455 4.042 8.130 2001 2.522 1.807 3.342 -1.535 4.057 8.053 2002 2.561 1.877 3.363 -1.486 4.047 8.046 2003 2.463 1.802 3.330 -1.528 3.991 8.003 2004 2.381 1.756 3.398 -1.642 4.023 8.008 2005 2.386 1.773 3.447 -1.674 4.060 7.996 2006 2.372 1.747 3.530 -1.783 4.155 7.979 2007 2.415 1.780 3.635 -1.855 4.270 8.045 2008 2.520 1.893 3.782 -1.889 4.409 8.099 2009 2.548 1.906 3.822 -1.916 4.464 8.172 2010 2.554 1.928 3.902 -1.974 4.528 8.249 2011 2.673 1.991 3.977 -1.986 4.659 8.329 2012 2.841 2.117 4.063 -1.946 4.787 8.325 2013 2.808 2.088 4.128 -2.040 4.848 8.314 2014 3.013 2.261 4.257 -1.996 5.009 8.357 2015 3.102 2.351 4.419 -2.068 5.170 8.459 Veränder. 0 224 1.259 -1.035 1.035 385 in v.H. 0,0 10,5 39,8 100,2 25,0 4,8 *) 18 bis unter 65 Jahre Im Amt Büchen hat sich zum 30.6.2015 exakt wieder die Zahl an Arbeitsplätzen für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte eingestellt, die auch für den 30.6.1995 aus- gewiesen war. Die Entwicklung war aber nicht von einer durchgehenden Stagnation gekennzeichnet. Nach 1995 erfolgte zunächst ein starker Arbeitsplatzabbau und bis zum Jahr 2006 war nahezu ein Viertel der Arbeitsplätze verschwunden. Anschlie- ßend setzte eine Wachstumsdynamik ein, die dann bis 2015 den „alten“ Stand an Arbeitsplätzen wieder hervorbrachte. Trotz dieser in der Summe gleichbleibenden Beschäftigung vor Ort stieg die Zahl der im Amt Büchen wohnenden Beschäftigten um 25 % (gut 1.000 Personen) an. Da parallel die Zahl der Erwerbsfähigen lediglich um knapp 400 Personen anstieg, stieg der Anteil der sozialversicherungspflichtig Be- schäftigten an den Erwerbsfähigen von 51 % auf 61 %. Im Jahr 2015 arbeiteten von den 5.170 im Amt Büchen wohnenden Beschäftigten nur knapp 15 % auch in Büchen. Im Jahr 1995 lag dieser Wert noch bei fast 24 %. Hier bestätigt sich die bundesweit erkennbare kontinuierliche Ausweitung des Berufspen- delns, d.h. der immer stärkeren Abweichung des Arbeitsortes vom Wohnort. Insge- samt hat sich der Auspendlerüberschuss seit 1995 auf mehr als 2.000 Personen ver- doppelt. 18
Im Gegensatz zum Amt Büchen zeigt sich bei einer separaten Betrachtung der Ge- meinde Büchen ein leichter Einpendlerüberschuss. Mit 2.303 Beschäftigten am Ar- beitsort stellt die Gemeinde Büchen fast 75 % der Arbeitsplätze im Amt Büchen. Tabelle 2b: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Gemeinde Büchen von 1995 bis 2015 Jahr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Erwerbs- am Arbeitsort Einpendler Auspendler Saldo am Wohnort fähige *) 1995 2.215 1.450 1.166 284 1.931 3.520 1996 2.146 1.469 1.171 298 1.848 3.497 1997 1.890 1.308 1.148 160 1.730 3.494 1998 1.849 1.293 1.202 91 1.758 3.504 1999 1.834 1.285 1.207 78 1.756 3.503 2000 1.747 1.209 1.260 -51 1.798 3.410 2001 1.757 1.233 1.256 -23 1.780 3.358 2002 1.797 1.285 1.256 29 1.768 3.335 2003 1.693 1.203 1.244 -41 1.734 3.288 2004 1.653 1.186 1.275 -89 1.742 3.298 2005 1.668 1.204 1.261 -57 1.725 3.303 2006 1.679 1.217 1.302 -85 1.764 3.283 2007 1.748 1.275 1.342 -67 1.815 3.351 2008 1.835 1.354 1.403 -49 1.884 3.399 2009 1.849 1.365 1.425 -60 1.909 3.417 2010 1.860 1.387 1.456 -69 1.929 3.448 2011 1.881 1.395 1.510 -115 1.996 3.464 2012 2.056 1.537 1.522 15 2.041 3.463 2013 2.107 1.586 1.548 38 2.069 3.461 2014 2.186 1.653 1.612 41 2.145 3.466 2015 2.303 1.730 1.637 93 2.210 3.460 Veränder. 88 280 471 -191 279 -60 in v.H. 4,0 19,3 40,4 -67,3 14,4 -1,7 Die Arbeitsplätze in der Gemeinde Büchen sind zu 75 % von Einpendlern besetzt. Zwar kann für den aktuellen Zeitpunkt davon ausgegangen werden, dass die Ein- pendler ihren gewünschten Wohnort gefunden haben. Mittelfristig ergeben sich aber im Rahmen von Neubesetzungen von Arbeitsplätzen in Büchen angesichts der heute hohen Mobilitätskosten Zuzugspotenziale für die Gemeinde. Die hohe Zahl an Aus- pendlern gerade auch im Amt Büchen insgesamt birgt natürlich grundsätzlich ebenso die Gefahr einer Abwanderung aus Büchen. Allerdings dürften die gute verkehrs- technische Anbindung an Hamburg bei guter Infrastruktur und bezahlbarem Wohn- raum vor Ort die wesentlichen Gründe für die Wahl des Wohnstandortes Gemeinde oder Amt Büchen durch die heutigen Auspendler gewesen sein. Diese Attraktivitäts- merkmale gilt es somit aufrecht zu erhalten, um der Gefahr von Abwanderungen ent- gegen zu treten. 19
3.2 Bevölkerung Die Entwicklung der Gesamtbevölkerung (Personen mit Hauptwohnsitz) und deren Veränderungsparameter zeigen für das Amt Büchen Abbildung 11 seit 1987 und Tabelle 3 seit 1995. Die Wachstumsphasen rund um das Wiedervereinigungsjahr, kurz nach der Jahrtausendwende und die jüngste Zuwanderungswelle sind klar sichtbar. Abbildung 11: Bevölkerungsentwicklung in der Amt Büchen von 1987 bis 2015 Einwoh ner Geburten, Sterbefälle in 1.000 Personen un d W anderungssaldo 15 520 14 480 13 440 12 400 11 Bevölkerung in sgesamt Geburten 360 10 Sterb efälle W an derun gssald o 320 9 280 8 240 7 200 6 160 5 120 4 80 3 40 2 0 1 -40 0 -80 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 Während bis kurz nach der Jahrtausendwende noch ein recht ausgewogenes Ver- hältnis zwischen Geburten und Sterbefällen zu erkennen ist, dominieren inzwischen die Sterbefälle deutlich. Der Sterbeüberschuss liegt gegenwärtig in einer Größenord- nung zwischen 40 und 60 Personen pro Jahr. Entscheidend für die Erhöhung der Einwohnerzahl waren die Wanderungsgewinne. Allein in den sieben Jahren von 1988 bis 1994 hatte das Amt Büchen in der Summe eine Nettozuwanderung von knapp 1.800 Personen. In den Jahren 2002 und 2003 erreichte die Nettozuwande- rung ebenso knapp 400 Personen wie in den Jahren 2014 und 2015. 20
Tabelle 3: Gesamtbevölkerung, Geburten, Sterbefälle und Wanderungssaldo von 1995 bis 2015 im Amt Büchen*) Jahr Gesamtbe- Gebur- Sterbe- Natürlicher Wanderungs- völkerung ten fälle Saldo saldo 1995 12.515 - - - - 1996 12.637 153 138 15 107 1997 12.733 143 150 -7 103 1998 12.897 146 157 -11 175 1999 13.051 124 153 -29 183 2000 13.111 123 117 6 54 2001 13.108 115 123 -8 5 2002 13.081 127 115 12 -39 2003 13.277 104 150 -46 242 2004 13.395 103 125 -22 140 2005 13.443 107 121 -14 62 2006 13.446 93 146 -53 56 2007 13.483 101 147 -46 83 2008 13.562 86 142 -56 135 2009 13.621 106 131 -25 84 2010 13.599 83 145 -62 40 2011 13.587 91 127 -36 24 2012 13.552 96 152 -56 21 2013 13.545 89 156 -67 60 2014 13.632 96 156 -60 147 2015 13.818 98 147 -49 235 Veränder./ Summe 1.303 -614 1.917 in v.H. 10,4 -4,9 15,3 *) eigene Berechnung; Verteilung der „Zensusdifferenz“ auf den Zeitraum 1987 bis 2011; siehe Vor- bemerkung; Werte für 2015 geschätzt Bei der Betrachtung der Entwicklung in der jüngeren Vergangenheit seit 1995 zeigt sich der überwiegend negative natürliche Saldo zwischen Geburten- und Sterbe- fällen, der in der Summe zu einem Bevölkerungsverlust von gut 600 Personen ge- führt hat. Der positive Wanderungssaldo von mehr als 1.900 Personen hat diesen Sterbeüberschuss mehr als ausgeglichen. In der Summe gewann das Amt Büchen gut 1.000 Personen bzw. 10,4 % der Einwohnerzahl des Jahres 1995 hinzu. In der Gemeinde Büchen (vgl. Abbildung 12) war die Dynamik über den Gesamtzeit- raum ähnlich wie im Amt Büchen insgesamt. Der im Amt zu verzeichnende deutliche Anstieg der Wanderungsgewinne in den Jahren 2014 und 2015 ist allerdings in der Gemeinde nach festzustellen. Seit dem Jahr 1994 bewegt sich die Einwohnerzahl in der Gemeinde Büchen mit einer maximalen Abweichung von +-2,5 % um den Mittel- wert von 5.563 Personen. Der relative Sterbeüberschuss lag mit durchschnittlich 0,36 % pro Jahr in den letzten 6 Jahren geringfügig niedriger als im Amt Büchen insgesamt (0,4 % pro Jahr). Wie Abbildung 13 zeigt, ist der Altersaufbau im Amt und in der Gemeinde Büchen nahe- 21
zu identisch. Deutlich ausgeprägt dominieren die inzwischen in der Spitze etwa 50 Jahre alten geburtenstarken Jahrgänge der 1960-er Jahre das Bild. Abbildung 12: Bevölkerungsentwicklung in der Gemeinde Büchen von 1987 bis 2015 Geburten, Sterbefälle Einwo hner u nd Wand eru ngssaldo 7000 200 6300 160 5600 120 4900 80 4200 40 3500 0 2800 -40 2100 -80 B evölkeru ng insg esamt Geburten 1400 Sterbefälle W anderun gssaldo -120 700 -160 0 -200 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 Abbildung 13: Altersstruktur der Bevölkerung in der Gemeinde und dem Amt Büchen im Jahr 2015 Alter 85 u.ält. 80 - 81 75 - 76 70 - 71 65 - 66 60 - 61 55 - 56 50 - 51 Gemeind e 45 - 46 Büchen 40 - 41 Amt 35 - 36 Büchen 30 - 31 25 - 26 20 - 21 15 - 16 10 - 11 5-6 0-1 12 10 8 6 4 2 0 2 4 6 8 10 12 in Promille Männer Frauen 22
3.3 Bautätigkeit und Wohnungsbestand Wohnungsbau erfolgt auf Grund eines bestehenden demographischen Nachfrage- drucks oder zum Ersatz qualitativ ungenügender Altbestände. Die Entwicklung im Amt Büchen zeigt Abbildung 14 ab 1987. Die Zunahme der Bautätigkeit in der ers- ten Hälfte der 1990-er Jahre war die unmittelbare Reaktion auf die starken Zuwande- rungen dieser Zeit. Seit dem Jahr 2000 sind erhebliche Schwankungen beim Wohnungsbau festzustel- len. Die starken Ausschläge nach oben in den Jahren 2004, 2007 und 2010 deuten auf eine nach wie vor hohe Attraktivität als Wohnstandort hin. Ein praktisch nicht stattfindender Neubau in anderen Jahren ist entweder ein reales Problem mangeln- der Baulandflächen oder es handelt sich im Wesentlichen um ein Problem der statis- tischen Erfassung, d. h. eine relativ kontinuierliche Bautätigkeit wurde diskontinuier- lich dem statistischen Landesamt gemeldet. Abbildung 14: Bautätigkeit von 1987 bis 2015 im Amt Büchen Wohnungen 200 W ohnungen in Ein- 180 und Z weif am ilienhäusern Geschosswohnungen 160 Sonstige 140 120 100 80 60 40 20 0 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 Die Wohnungszählung im Jahr 2011 ermittelte für das Amt Büchen einen Leerstand von 3,1 %. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Vergleich etwa zur Zählung 1987 (damaliger Leerstand in Büchen 2,4 %) heute von einem erheblich höheren geplan- ten Leerstand wegen Modernisierungen auszugehen ist, die ausgewiesene Quote lag somit im Rahmen der für Umzüge der privaten Haushalte und notwendige Mo- dernisierungen erforderlichen Reserve. Zum Zeitpunkt des Zensus dürften in Büchen die im vergangenen Jahrzehnt zeitweise bestehenden Vermarktungsprobleme gera- de überwunden gewesen sein. Der wachsende Zuzugsdruck in Hamburg strahlte bereits 2011 wieder zunehmend auf gut angebundene Städte und Gemeinden aus. 23
In der Gemeinde Büchen war der Leerstand im Jahr 2011 mit 2,3 % etwa auf dem Niveau des Jahren 1987 (2,2, %). Die Baualtersstruktur des Wohnungsbestandes in Büchen ist in Abbildung 15 im Vergleich zum Land Schleswig-Holstein sowie zum Kreis Herzogtum Lauenburg aus- gewiesen. Die Unterschiede zum Land sind sehr gering. Es wird aber deutlich, welch hohen Anteil auch in Büchen Gebäude aus der Wiederaufbauphase und den 1970er Jahren haben; einer Zeit, in der die Energieeffizienz beim Neubau von Wohnungen praktisch keine Rolle spielte. Weniger als 10 % des Wohnungsbestandes wurden ab dem Jahr 2000 gebaut. Auch wenn ein Teil der Wohngebäude energetisch bereits saniert wurde, so dürften sich in Büchen noch erhebliche Einsparpotenziale bieten. Abbildung 15: Wohnungsbestand nach Baualtersklassen im Land Schleswig- Holstein, dem Kreis Herzogtum Lauenburg sowie der Gemein- den und dem Amt Büchen 2011 in v. H. in v.H. 50 Amt Büchen Gemeinde Büchen 40 Kreis Herzogtum Lauenburg Schleswig-Holstein 30 20 10 0 bis 1918 1919-1948 1949-1978 1979-1990 1991-2000 2001 u.später Baualtersklasse Quelle: Zensus 2011 3.4 Private Haushalte und Wohnungsmarktsituation Die Anzahl der privaten Haushalte (vgl. Abbildung 16) wird in den laufenden Fort- schreibungen des Statistischen Landesamtes nicht erfasst. Da mit dem Zensus 2011 relativ aktuelle Haushaltszahlen zur Verfügung stehen und mit der Volkszählung 1987 ein weiterer gesicherter Stützzeitpunkt gegeben ist, lässt sich das eingesetzte Modell zur Entwicklung der privaten Haushalte auf der Ebene der Gemeinden justie- ren. Die Werte zwischen den Zählungen beruhen auf Modellrechnungen, die im We- sentlichen davon ausgehen, dass die festgestellte „Verkleinerung“ der Haushalte 24
(Singularisierung) bei ausreichender Verfügbarkeit von Wohnungen ein kontinuierli- cher Prozess gewesen wäre (was die vierjährlichen Stichprobenerhebungen auf Län- derebene (ehemals Wohnungsstichprobe; heute Mikrozensus-Zusatzerhebung Woh- nen) bestätigen). Bei mangelnder Verfügbarkeit von Wohnungen wird der Zuzug von Haushalten gebremst oder sogar die Haushaltsbildung Einheimischer behindert. Ursächlich für den stetigen Rückgang der durchschnittlichen Anzahl erwachsener Personen je Haushalt (Singularisierung) sind die sinkende Heiratsneigung, das frühe- re Lösen der Kinder aus dem Haushalt der Eltern und die zunehmende Zahl der Wit- wenhaushalte durch die schneller ansteigende Lebenserwartung von Frauen. Seit 1987 hat sich nach diesen Berechnungen die Zahl der Haushalte im Amt Bü- chen um mehr als 50 % auf über 6.200 erhöht (bei einer Zunahme der Einwohner- zahl um 29 %), weil sich die durchschnittliche Haushaltsgröße gegenüber 1987 er- heblich verringert hat. Wie bereits um das Jahr 1990 deutet sich auch aktuell wieder eine Verlangsamung der Haushaltsverkleinerung durch einen Wohnungsmangel an. Hier kann auch Wohnungsknappheit in Hamburg die Haushaltsgröße in Büchen be- einflussen, wenn etwa erwachsene Kinder länger im Haushalt der in Büchen woh- nenden Eltern bleiben. Abbildung 16: Entwicklung der Anzahl privater Haushalte sowie der Zahl der Einwohner je Haushalt in der Gemeinde und im Amt Büchen Haushalte Personen je Haushalt 6600 2,7 6000 2,6 5400 2,5 4800 2,4 4200 2,3 3600 2,2 3000 2,1 2400 2 1800 1,9 private Haushalte private Haushalte 1200 Amt Büchen Gemeinde Büchen 1,8 Einwohner je Haushalt Einwohner je Haushalt 600 Amt Büchen Gemeinde Büchen 1,7 0 1,6 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 Nachdem wegen der um 1990 sehr starken Zuwanderungen auch für das Amt Bü- chen für den Zeitraum bis in die zweite Hälfte der 1990-er Jahre von einem Woh- nungsdefizit ausgegangen werden konnte, herrschte anschließend eher ein ausge- 25
glichener Markt mit einer leichten Tendenz zu Überhängen vor. Die Vermarktung von Wohnungen dürfte sich vor allem in der Phase von 2000 bis 2010 deutlich schwieri- ger gestalten haben als in der ersten Hälfte der 1990er Jahre. Inzwischen muss aber bei hohen Zuwanderungen und niedriger Bautätigkeit wieder von einer beeinträchtig- ten Haushaltsbildung und dem Aufbau eines deutlichen Wohnungsdefizits ausge- gangen werden. 3.5 Expertenbefragung Im Rahmen der Arbeiten wurden Experteninterviews zur Wohnungsmarktsituation in Büchen durchgeführt. In kurzen, meist fünfzehnminütigen Telefoninterviews wurden 15 Experten (männlich wie weiblich) aus den Bereichen Stadtverwaltung, Stadtpolitik und Immobilienwirtschaft anhand eines vorgegebenen Leitfadens um ihre Einschät- zung des Büchener Wohnungsmarktes gebeten. Die Antwortmöglichkeiten waren teilweise vorgegeben; andere Fragen wurden frei beantwortet. Die Ergebnisse wer- den im Folgenden zusammengefasst. Die Situation in bestimmten Segmenten des Büchener Wohnungsmarktes sollte zu- nächst anhand der Kategorien „angespannt“, „ausgeglichen“ und „entspannt“ bewer- tet werden. Bei Mietwohnungen, und dort vor allem für kleine, preisgünstige Woh- nungen, wurde mit hoher Übereinstimmung ein zu geringes Angebot bei gleichzeitig hoher Nachfrage festgestellt. Dies stellt insbesondere einkommensschwache Haus- halte vor das Problem, preisgünstigen Wohnraum zu finden. Dies betrifft sowohl ge- ring verdienende Berufstätige (Alleinerziehende) als auch Senioren mit niedriger Rente. Als Ursachen für die bestehenden Engpässe auf dem Mietmarkt wurden wie- derholt folgende Gründe angeführt: - Es ist zu beobachten, dass ältere Einwohner das bislang genutzte Eigenheim verkaufen und kleinen, übersichtlichen, dabei gerne barrierefreien und infra- strukturell günstig gelegenen Wohnraum in Büchen suchen. Diese Bedarfe sind derzeit aus dem Bestand nicht zu erfüllen, auch aufgrund baulicher Be- sonderheiten (hoher Anteil an Hochparterre-Häusern). - Sozial geförderter Wohnraum wurde in der Vergangenheit nicht neu geschaf- fen; ehemalige derartige Wohnungen sind bereits aus der Sozialbindung her- ausgefallen. Fördermöglichkeiten wurden nicht genutzt, was auch der wider- sprüchlichen Politik des Landesministeriums angelastet wird. - Der Flüchtlingszuzug wird, so die Einschätzung, in näherer Zukunft die Situati- on verschärfen, wenn Flüchtlinge und Asylbewerber aus den Massenunter- künften allein oder als Familien in Wohnungen untergebracht werden sollen - Angeführt wurde zudem, dass die weitere Bebauung des Büchener Ortskerns lange Zeit nicht möglich war; eine Erweiterung des Ortsgebietes zugleich von der Landeskommunalaufsicht untersagt wurde. Neubau im Mietwohnungsbe- reich war entsprechend kaum möglich. Der Eigentumsmarkt – sowohl hinsichtlich Eigentumswohnungen als auch Einfamili- enhäusern – wurde positiver bewertet, wenn auch Kaufinteressenten mit teils langen 26
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