Bewertung alternativer Arbeitsmittel für Wärmepumpen im Gebäudesektor
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Forsch Ingenieurwes https://doi.org/10.1007/s10010-022-00584-0 ORIGINALARBEITEN/ORIGINALS Bewertung alternativer Arbeitsmittel für Wärmepumpen im Gebäudesektor Christoph Höges1 · Valerius Venzik1 · Christian Vering1 · Dirk Müller1 Eingegangen: 11. Oktober 2021 / Angenommen: 28. April 2022 © Der/die Autor(en) 2022 Zusammenfassung Das Arbeitsmittel in Wärmepumpen unterliegt einer Vielzahl von Anforderungen, welche für einen effizienten und sicheren Betrieb eingehalten werden müssen. Weiterhin steigt die Anzahl markterhältlicher Arbeitsmittel durch die Entwicklung neuer Gemische kontinuierlich an, wodurch deren Auswahl erschwert wird. Aus diesem Grund wird im Rahmen dieses Beitrags eine Marktanalyse alternativer Arbeitsmittel durchgeführt und die selektierten Arbeitsmittel hinsichtlich ihres Potentials für Wärmepumpen bewertet. Die Marktanalyse beinhaltet eine Einordnung der Arbeitsmittel durch politische Vorgaben (kein Ozonabbaupotential, geringes Treibhauspotential), sicherheitstechnischer Aspekte (Toxizität, Brennbar- keit) sowie technischer Anforderungen (unterkritischer Betrieb, maximale Prozesstemperaturen). Hierbei werden 32 Fluide identifiziert, welche die gestellten Anforderungen einhalten. Diese sind alle brennbar und größtenteils entweder Kohlen- wasserstoffe (KW) oder Hydrofluorolefine (HFO). Anschließend wird die Effizienz im einfachen Kältekreislauf nach DIN EN 14825 bestimmt. Um die Fluidabhhängigkeit detailliert und realitätsnah abschätzen zu können, wird ein semi-physika- lisches Verdichtermodell eingesetzt, welches fluid- und betriebspunktabhängige Verdichterwirkungsgrade liefert. Innerhalb der Kreislaufberechnung zeigen die Fluide RC270 und R161 die höchsten Effizienzen und führen zu einer Verbesserung der saisonalen Arbeitszahl im Vergleich zu R410A von bis zu 15 %. Diese führen aber zu hohen Temperaturen am Verdich- teraustritt und sind daher ungeeignet. Weiterhin zeigen KW höhere Effizienzen als HFO. Bei der Wahl des Arbeitsmittels müssen allerdings weitere Aspekte, wie der Umwelteinfluss sowie Füllmengenbeschränkungen aufgrund der Brennbarkeit des Fluids betrachtet werden. Insgesamt weisen die Arbeitsmittel Propan und Propen das höchste Anwendungspotential auf. Für Anwendungen, in denen füllmengenbeschränkte Wärmepumpen erforderlich sind, bieten die HFO R454C, R457A und R516A effiziente Alternativen, deren Potenzial durch die Integration eines internen Wärmeübertragers in den Kältekreislauf gesteigert werden kann. 1 E.ON Energieforschungszentrum, Lehrstuhl für Gebäude- Christoph Höges und Raumklimatechnik, RWTH Aachen University, christoph.hoeges@eonerc.rwth-aachen.de Mathieustraße 10, 52074 Aachen, Deutschland K
Forsch Ingenieurwes Evaluation of alternative working fluids for heat pumps in the building sector Abstract The working fluid in heat pumps is subject to a variety of requirements that must be met for efficient and safe operation. Furthermore, the number of market-available working fluids is continuously increasing due to the development of new mixtures. Therefore, this paper screens the market for alternative working fluids. Additionally, the performance of the selected working fluids in heat pump cycles is evaluated. The market analysis includes a classification of the fluids by political requirements (no ozone depletion potential, low global warming potential), safety aspects (toxicity, flammability) as well as technical requirements (subcritical operation, maximum process temperatures). We identify 32 fluids that meet the requirements. These are flammable and are mostly either hydrocarbons (HC) or hydrofluoroolefins (HFO). Subsequently, the efficiency in a simple refrigeration cycle is determined according to DIN EN 14825. The cycle model includes a semi-physical compressor model in order to take into account the influence of fluids on the compressor and thus to represent a realistic operation. Within the cycle calculation, the fluids RC270 and R161 show the highest efficiencies and lead to an improvement in the seasonal coefficient of performance of up to 15% compared to R410A. However, these lead to high compressor output temperatures also and thus, are unsuitable. Furthermore, the HC show significantly higher efficiencies than the HFO. When selecting the working fluid, however, other aspects must be taken into account. HFO form trifluoroacetic acid in the atmosphere, which contaminates groundwater. HC, on the other hand, are highly flammable and are therefore subject to further filling quantity restrictions. Overall, the working fluids propane, propene and their mixtures show the best performance. For applications where indoor heat pumps are required, the HFO R454C, R457A and R516A offer efficient alternatives whose efficiency can be increased by integrating an internal heat exchanger into the refrigeration cycle. 1 Einleitung ner Wärmepumpe überwiegen derzeit aufgrund der hohen spezifischen Emissionen des Strommixes in Deutschland In Deutschland fallen etwa 30 % der Treibhausgasemissio- die indirekten Emissionen. Folglich müssen Wärmepumpen nen im Gebäudesektor an [1]. Die Hauptursache ist die Be- möglichst effizient betrieben, wobei gleichzeitig Leckagen reitstellung von Wärme für den Heiz- sowie Trinkwarmwas- am Aufstellungsort vermieden werden müssen [4, 5]. serbedarf. Zusätzlich zeigt eine Studie des Bundesverbands Innerhalb einer Wärmepumpe zirkuliert ein Arbeitsmit- der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW), dass das tel, welches maßgeblichen Einfluss auf beide Emissionsar- Durchschnittalter der Wärmeerzeugersysteme in Deutsch- ten hat. Zum einen hängen die direkten Emissionen vom land im Jahre 2018 bei etwa 17 Jahren lag [2]. Konven- Treibhauspotential (GWP) des Arbeitsmittels sowie der tionelle Wärmeerzeuger nutzen größtenteils fossile Ener- Leckage vor Ort ab. Werden umweltfreundliche Arbeits- gieträger (Öl oder Gas) und haben eine niedrige Effizienz, mittel (kein GWP) verwendet, sind im Falle einer Leckage sodass diese bei langen Technologiezyklen wesentlich zu die direkten Emissionen null. Zum anderen beeinflusst das Treibhausgasemissionen beitragen. Eine vielversprechen- Arbeitsmittel mit seinen thermodynamischen Eigenschaften de Technologie, die Treibhausgasemissionen in Folge der maßgeblich die Systemeffizienz und somit die indirekten Wärmebereitstellung zu reduzieren, ist die elektrisch an- Emissionen. Folglich ist die Wahl des Arbeitsmittels von getriebene Wärmepumpe. Diese nimmt Umgebungsenergie entscheidender Bedeutung für Wärmepumpen [6]. auf einem niedrigen Temperaturniveau auf, wertet diese mit Hinsichtlich der Auswahl und Verwendung der Arbeits- Hilfe elektrischer Energie exergetisch auf und gibt anschlie- mittel existieren zunehmend striktere Regularien. Diese ßend Wärme auf einem höheren Temperaturniveau wieder umfassen insbesondere Umwelteinflüsse und Sicherheits- ab. Durch den Bezug von Umgebungsenergie und potenziell aspekte. So werden beispielsweise durch das Montrealer emissionsfreiem Strom, besteht deswegen die Möglichkeit Protokoll ein Ozonabbaupotential (ODP) von null und der emissionsfreien Wärmeversorgung von Gebäuden. durch die europäische F-Gas Verordnung das maximal Aktuell teilen sich die Emissionen einer Wärmepumpe erlaubte GWP von 150 für definierte Anwendungen vorge- noch in indirekte und direkte Emissionen auf. Die indirek- schrieben [7, 8]. Aufgrund dieser Regularien ist der Fokus ten Emissionen entstehen durch den Strombedarf, welcher derzeit auf zwei Arbeitsmittelgruppen gerichtet: Die na- für den Betrieb der Wärmepumpe notwendig ist. Diese hän- türlichen Arbeitsmittel und die Hydrofluorolefine (HFO) gen somit unmittelbar von den spezifischen Emissionen des [9]. Weiterhin werden neben Reinstoffen, welche in der verwendeten Stroms sowie der Effizienz der Wärmepumpe Vergangenheit hauptsächlich eingesetzt wurden, vermehrt ab. Direkte Emissionen entstehen durch Anlagenleckagen Arbeitsmittelgemische betrachtet [10–13]. des Arbeitsmittels vor Ort [3]. Über den Lebenszyklus ei- K
Forsch Ingenieurwes Das Mischen zweier oder mehrerer Reinstoffe führt zu und Expansionsventil berechnet. Bei der Berechnung wird zwei Aspekten, welche das Systemverhalten positiv beein- ein semi-physikalisches Verdichtermodell, welches die Ef- flussen können: Zum einen können die thermodynamischen fizienzen sowohl fluid- als auch betriebspunktabhängig be- Eigenschaften der Reinstoffe so angepasst werden, dass die- rechnet, verwendet. Dadurch wird ein realitätsnahes Ver- se für eine definierte Anwendung optimal ausgelegt sind. halten simuliert, sodass mögliche Vorteile der Wärmeüber- Hierunter fällt beispielweise die kritische Temperatur, wel- tragung durch Verschlechterungen der Kompression aufge- che die Lage des Nassdampfgebietes bestimmt. Zum ande- wogen werden können. Abschließend wird die Eignung der ren haben zeotrope Gemische im Vergleich zu Reinstoffen berechneten Arbeitsmittel bewertet und für die unterschied- die zusätzliche Eigenschaft des Temperaturgleits während lichen Anwendungen von Wärmepumpen diskutiert. der isobaren Verdampfung. Diese Eigenschaft umschreibt die Abhängigkeit der Verdampfungstemperatur von der Zu- sammensetzung des Gemischs. Dadurch nimmt die Tem- 2 Vorauswahl potenzieller Arbeitsmittel peratur bei einer isobaren Verdampfung eines Gemisches zu, wohingegen ein Reinstoff isotherm verdampft. Auf- 2.1 Methodik der Arbeitsmittel-Vorauswahl grund der nicht isothermen Verdampfung kann die treiben- de Temperaturdifferenz während des Phasenwechsels zwi- Das Arbeitsmittel in Wärmepumpen unterliegt einer Viel- schen Kältemittel und Wärmequelle bzw. Wärmesenke ver- zahl an Anforderungen. Diese lassen sich in drei Bereiche: kleinert werden, wodurch die Entropieproduktion und damit Politisch, (sicherheits-)technisch, und ökonomisch-ökolo- die Verluste der Wärmeübertragung reduziert werden. Dies gisch unterteilen. Innerhalb der ersten Kategorie befinden führt zu erhöhten Effizienzen des Systems [14]. sich gesetzliche Vorgaben. Hierunter fallen unter anderem Das Potenzial von Gemischen in Wärmepumpen wird die europäische F-Gas Verordnung [7] sowie das Montrea- von theoretischen Arbeiten innerhalb der Literatur aufge- ler Protokoll [8]. Diese begrenzen das maximale Ozonab- zeigt [15–20]. Hierbei wird ein Verbesserungspotential hin- baupotential (ODP) zu null und das maximal erlaubte Treib- sichtlich der Leistungszahl von bis zu 35 % aufzeigt. Die hauspotential (GWP) zu 150 für zukünftige Arbeitsmittel Steigerung hängt allerdings maßgeblich von den äußeren in Wärmepumpen. Weiterhin sind weitere Beschränkungen Randbedingungen und der Temperaturspreizung der sekun- von Arbeitsmitteln im Rahmen der europäischen REACH dären Fluide ab. Den beschriebenen Arbeiten ist gemein, Regulierung für 2022 geplant [25]. Hierunter fallen vor al- dass der Fokus stets auf den Wärmeübertragern und da- lem die Fluide der HFO-Gruppe wie R1234yf, R1234ze(E) mit einer Verbesserung der Wärmeübertragung durch die und R1243zf. Da die genauen Vorgaben noch nicht be- Anpassung des Temperaturgleits auf die Quelle und Senke schlossen sind, werden im Rahmen dieser Arbeit Fluide, liegt. Der Verdichterwirkungsgrad wird dabei meist kon- welche nach aktuellem Stand von der Regulierung betrof- stant angenommen. Allerdings beeinflusst das Fluid den Be- fen sind, gekennzeichnet. Eine weiterführende Diskussion trieb des Verdichters und somit die resultierende Effizienz wird allerdings nicht vorgenommen. [21, 22]. Roskosch et al. [23] zeigen hier für ein Wärme- Neben den politischen Beschränkungen müssen techni- pumpensystem mit Hubkolben-Verdichter, dass durch die sche Rahmenbedingungen erfüllt sein. Hierunter fallen mi- Vernachlässigung der Verdichtereinflusses die Systemeffi- nimale und maximale Betriebstemperaturen und –drücke. zienz trotz optimaler Wärmeübertragung reduziert wird, da Die minimale Temperatur des Kältemittels hängt bei ei- die negativen Auswirkungen im Verdichter die Vorteile der ner Wärmepumpe vor allem von der Wärmequelle und da- Wärmeübertragung überwiegen. mit der Quellentemperatur ab. So müssen bei Luft-Was- Durch die Betrachtung von Gemischen steigt insgesamt ser Wärmepumpen in Deutschland niedrigere Temperatu- die Anzahl markterhältlicher Fluide drastisch an. Gleichzei- ren berücksichtigt werden als bei bspw. Sole-Wasser Wär- tig nehmen die politischen Regularien zu, wodurch die Aus- mepumpen. Gleichzeitig muss ein Betrieb im Überdruck wahl eines geeigneten Arbeitsmittels zunehmend erschwert (oberhalb des Umgebungsdruck von 1 atm) sichergestellt wird. In dieser Arbeit wird daher zunächst eine Selekti- werden, da ansonsten Luft in den Kältekreis eindringen on markterhältlicher Arbeitsmittel durchgeführt. Diese wer- und dadurch den Betrieb stören kann. Zusätzlich dürfen den sowohl nach politischen (GWP, ODP), als auch den Maximalwerte nicht überschritten werden. Hierbei limitie- technischen Anforderungen (Betriebsgrenzen, Temperatu- ren die Materialeigenschaften der eingebauten Komponen- ren) reduziert. Hierdurch entsteht eine Auflistung potenziell ten den maximalen Druck. Weiterhin darf die Temperatur geeigneter Arbeitsmittel für Wärmepumpen. Anschließend am Verdichteraustritt, welche die höchste Temperatur im wird das Systemverhalten der Fluide in Form der saisona- Prozess darstellt, definierte Grenzwerte nicht überschrei- len Arbeitszahl (SCOP) nach DIN EN 14825 [24] bewertet. ten. Das Öl, mit welchem das Arbeitsmittel innerhalb des Dabei werden die Fluide innerhalb des einfachen Kreis- Verdichters zur Verschleißreduktion im Kontakt steht, kann laufes bestehend aus Verdichter, Verdampfer, Kondensator außerhalb der Betriebsgrenzen seine Schmierfähigkeit ver- K
Forsch Ingenieurwes Tab. 1 Randbedingungen für die Arbeitsmittel-Vorauswahl 3 2 GW Pmax 150 ODPmax 0 Sicherheitsklassen A1, A2L, A2, A3 Minimale Verdampfungstemperatur –15 °C; –30 °C Minimaler Betriebsdruck 1,1 bar Maximale Kondensationstemperatur 70 °C Maximaler Kondensationsdruck 50 bar 4 1 Abb. 1 Schema des einfachen Wärmepumpenkreislaufs Betriebsart Unterkritisch lieren und seine Molekülstruktur beginnt bei hohen Tem- noch 14 Fluide im Überdruck betrieben. Abgesehen von peraturen aufzubrechen. Zusätzlich zu den technischen Be- R152a und R161 gehören die Fluide entweder der Gruppe dingungen, müssen sicherheitstechnische Vorgaben erfüllt der Kohlenwasserstoffe (KW) oder der Hydrofluorolefine werden. Diese korrelieren unmittelbar mit der Brennbarkeit (HFO) an. Weiterhin sind alle der selektieren Fluide min- und der eingesetzten Füllmenge des ausgewählten Arbeits- destens A2L klassifiziert und somit brennbar. mittels. Als dritte Kategorie sind die ökologisch-ökonomischen Voraussetzungen zu nennen. Beide Aspekte werden durch 3 Bewertung der Arbeitsmittel die resultierende Kreislaufeffizienz beeinflusst. Diese ist maßgeblich für die Betriebskosten (ökonomisch) und 3.1 Modellierung des Kreisprozesses gleichzeitig für die indirekten Emissionen (ökologisch) einer Wärmepumpe verantwortlich. Die indirekten Emis- Im Anschluss an die Vorauswahl der potenziellen Arbeits- sionen, welche bei der Erzeugung des benötigten Stroms mittel wird eine Kreislaufberechnung durchführt, um das entstehen, sind aufgrund der relativ hohen spezifischen Potenzial des Arbeitsmittels innerhalb der Wärmepumpe zu Emissionen des deutschen Strommixes der Großteil der mit bestimmen. Dafür wird ein einfacher Kältekreislauf beste- Wärmepumpen einhergehenden Emissionen [26, 27]. hend aus den vier Komponenten Verdichter, Kondensator, Tab. 1 fasst die genannten Anforderungen zusammen. Expansionsventil und Verdampfer betrachtet. Abb. 1 illus- Für die Sicherheitsklasse werden alle nicht-toxischen Flui- triert das Kreislaufschema und die Verschaltung der Kom- de zugelassen. Somit sind auch entflammbare (A2L, A2, ponenten. Weiterhin werden für die Berechnung Annahmen A3) Arbeitsmittel erlaubt. Weiterhin werden zwei mini- benötigt. Diese sind: male Verdampfungstemperaturen zugelassen. Diese stellen Vernachlässigung der Druck- sowie Wärmeverluste Grenzwerte für den Betrieb einer Luft-Wasser bzw. Sole- Konstante Überhitzung am Eintritt des Verdichters von Wasser Wärmepumpe dar. ΔTÜH = 5 K Am Kondensator muss mindestens eine Unterkühlung 2.2 Ergebnisse der Vorauswahl TUK;min = 0,2 K vorliegen Minimale Temperaturdifferenz in den Wärmeübertragern Die in Abschn. 2.1 vorgestellte Selektionsmethodik für Ar- von TPinch = 2 K beitsmittel in Wärmepumpe wird nachfolgend angewandt. Wärmeübertrager in Gegenstromauslegung Die Basis der Fluide bildet die REFPROP Stoffdatenbank des amerikanischen NIST [28]. Diese umfasst in der aktuel- Abb. 2 zeigt für ein Fluid exemplarisch das Tempera- len Version 268 Fluide, darunter sowohl Reinstoffe als auch tur-Enthalpie Diagramm. Dort sind die Zustandsänderungen Gemische. Weiterhin werden neuere Gemische, für welche des Arbeitsmittels in schwarz dargestellt. Weiterhin sind in noch kein Stoffmodell in REFPROP vorhanden sind, hän- Rot das sekundäre Fluid im Kondensator (Wasser) und in disch hinzugefügt. Das Ergebnis der Vorselektion liefert Tab. 2. Die Vorauswahl liefert 32 Fluide, welche bei –15 °C noch im Überdrück betrieben werden können. Von die- sen ist nur R516A nicht in REFPROP vorhanden und wir über Mischungsregeln in REFPROP angenähert. Weiter- Abb. 2 Exemplarisches Tem- hin sind die drei konventionell eingesetzten Arbeitsmittel peratur-Enthalpie Diagramm R410A, R134a und R32 als Referenz aufgelistet. Bei einer für den einfachen Kreislauf mit Verdampfungstemperatur von –30 °C hingegen werden nur sekundären Fluiden K
Forsch Ingenieurwes Tab. 2 Selektierte Fluide, welche die Rahmenbedingungen aus Tab. 1 einhalten. Zusätzlich sind die Arbeitsmittel R410A, R134a und R32 als Referenz aufgelistet [7, 29]. Weiterhin ist angegeben, ob die Fluide bei –30 °C Verdampfung ebenfalls einen Druck größer 1,1 bar besitzen und ob diese von der aktuellen REACH Regulierung betroffen sein werden Fluid Komponenten Verhältnis in GWP ASHRAE Verdampfung Voraussichtlich non T2In °C bei mass-% bei –30 °C im REACH betroffen? A-7/W65 Überdruck R152a Reinstoff – 124 A2 nein ja 138 R161 Reinstoff – 12 A3 ja nein 126 RE170 Reinstoff – 1 A3 nein nein 138 (DME) RC270 Reinstoff – 1 A3 nein nein 135 R290 Reinstoff – 3 A3 ja nein 99 R429A DME/R152a/R600a 60/10/30 14 A3 nein ja 121 R430A R152a/R600a 76/24 95 A3 nein ja 117 R431A R290/R152a 71/29 38 A3 ja ja 100 R432A R1270, DME 80/20 2 A3 ja nein 112 R433A R1270, R290 30/70 3 A3 ja nein 101 R433B R1270, R290 5/95 3 A3 ja nein 100 R433C R1270, R290 25/75 3 A3 ja nein 101 R435A DME, R152a 80/20 26 A3 nein ja 135 R436A R290, R600a 56/44 2 A3 nein nein 111 R436B R290, R600a 52/48 2 A3 nein nein 112 R440A R290, R134a, 0,6/1,6/ 144 A2 nein nein 137 R152a 97,8 R441A R170, R290, 3,1/54,8/ 4 A3 nein nein 151 R600, R600a 6/36,1 R443A R1270, R290, 55/40/5 2 A3 ja nein 105 R600a R444A R32, R152a, 12/5/83 93 A2L nein ja 123 R1234ze(E) R445A R290, R134a, 6/9/85 134 A2L nein ja 147 R1234ze(E) R451A R1234yf, R134a 89,8/10,2 149 A2L nein ja 90 R454C R32, R1234yf 21,5/78,5 148 A2L ja ja 106 R455A R744, R32, 3/21,5/75,5 148 A2L ja ja 111 R1234yf R457A R32, R152a, 18/12/70 139 A2L ja ja 108 R1234yf R459B R32, R1234yf, 21/69/10 145 A2L ja ja 107 R1234ze(E) R510A DME, R600a 88/12 1 A3 nein nein 131 R511A R290, DME 95/5 9 A3 ja nein 100 R516A R134a, R152a, 8,5/14/ 142 A2L nein ja 105 R1234yf 77,5 R1234yf Reinstoff – 4 A2L nein ja 89 R1234ze(E) Reinstoff – 7 A2L nein ja 110 R1243zf Reinstoff – 0 A2L nein ja 102 R1270 Reinstoff – 2 A3 ja nein 107 R32 Reinstoff – 675 A2L ja ja 160 R134a Reinstoff – 1430 A1 nein ja 111 R410A R32/R125 50/50 2088 A1 ja ja 122 K
Forsch Ingenieurwes Blau das sekundäre Fluid im Verdampfer (Luft/Sole) ein- Basierend auf der Kreislaufberechnung werden Kenn- getragen. zahlen zur Einordnung der Arbeitsmittel bestimmt. Eine Das obere und untere Druckniveau stellen sich dabei in wesentliche thermodynamische Kennzahl ist die Effizienz Abhängigkeit der Sekundärfluide ein. Dazu wird ein Pinch- (COP). Der COP beschreibt das Verhältnis aus thermi- Modell für beide Wärmeübertrager verwendet. Als minima- schem Nutzen zu energetischem Aufwand. Innerhalb einer le Temperaturdifferenz ΔTPinch wird in der Berechnung 2 K Wärmepumpe ist dies der im Kondensator abgeführte Wär- gewählt. Dabei werden die Druckniveaus so optimiert, dass mestrom bezogen auf die im Verdichter zugeführte elek- zum einen ein physikalisches Verhalten gegeben ist und trische Leistung. Dieses Verhältnis zeigt Gl. 3. Für einen zum anderen die Kreislaufeffizienz (COP) für jedes Fluid konstanten Massenstrom gilt spezifisch: maximiert wird. Selbiges geschieht für die Unterkühlung am Kondensatoraustritt. Die Bestimmung einer fluidabhän- h2 − h3 COP = (3) gigen Unterkühlung ist bei der Betrachtung von Gemischen h1 − h2 entscheidend, da diese einen unmittelbaren Einfluss auf das Auf Basis des COP, welcher die Effizienz in einem defi- obere Druckniveau hat. Das obere Druckniveau beeinflusst nierten Betriebspunkt darstellt, wird die saisonale Arbeits- wiederum die zugeführte Arbeit im Verdichter und somit zahl SCOP ausgewertet, da Wärmepumpen im Allgemeinen die Effizienz. nicht statisch betrieben werden. Die Berechnung erfolgt im Die Berechnung der Zustandsänderung im Verdichter er- Rahmen dieser Arbeit auf Basis der DIN EN 14825 [24] folgt mit Hilfe des isentropen Wirkungsgrades ηis. Dieser für eine Luft-Wasser Wärmepumpe in einem mittleren Kli- stellt das Verhältnis aus der minimalen und der real benö- ma (ähnlich zu Straßburg) für niedrige Senkentemperaturen tigten Arbeit dar. Dieses Verhältnis zeigen Gln. 1 und 2. (35 °C). Eine weitere Kennzahl zur Einordnung der notwendigen h2s = h.s1 I p2 / (1) Anlagengröße ist die volumetrische Heizenergie VHC. Die- h2s − h1 se stellt den abgeführten Wärmestrom im Kondensator in is = (2) das Verhältnis zum Volumenstrom am Eintritt des Verdich- h2 − h1 ters und ist in Gl. 4 dargestellt. Dabei ist h die spezifische Enthalpie, s die spezifische Entropie und p der Druck des jeweiligen Zustandes. Der QP Kond VH C = = .h2 − h3 / 1 (4) Zustand 2 s entsteht in Folge einer isentropen Kompression. VP1 Innerhalb der Kreislaufberechnung wird der isentrope Wirkungsgrad mit Hilfe eines semi-physikalischen Verdich- Die volumetrische Heizenergie ist ein Maß für die benö- termodells für einen Hubkolbenverdichter berechnet [30]. tigte Anlagengröße. Fällt diese vergleichsweise klein aus, Das Modell bestimmt den isentropen Wirkungsgrad in Ab- müssen die Durchmesser der Rohrleitungen und der Ver- hängigkeit des Eintrittsdrucks p1, der Eintrittstemperatur T1 dichter größer gewählt werden, sodass eine ähnliche Wär- und des Austrittsdrucks p2 für jedes Fluid individuell. Da- meleistung zu Arbeitsmitteln mit hoher VHC erzielt wer- durch kann ein realitätsnahes Fluidverhalten im Verdich- den kann. Die Berechnung des Kreislaufes erfolgt inner- ter abgebildet werden. Ein realitätsnahes Verdichterverhal- halb der Programmiersprache Python. Für die Berechnung ten ist bei der Fluidbewertung essentiell, da dort die größ- der Fluideigenschaften wird die Stoffdatenbank REFPROP ten Verluste anfallen und somit maßgeblichen Einfluss auf des NIST [28] verwendet. die Kreislaufeffizienz hat [12]. Der Hubkolbenverdichter erreicht tendenziell niedrigere Effizienzen als Scroll- und 3.2 Kreislaufverhalten der identifizierten Rollkolbenverdichter, welche in den meisten Wärmepum- Arbeitsmittel pen eingesetzt werden. Allerdings liegt der Fokus dieser Arbeit auf der resultierenden Fluidreihenfolge und nicht auf Das Betriebsverhalten der zuvor reduzierten potenziellen den absoluten Größen. Die relativen Änderungen durch die Arbeitsmittel wird nachfolgend analysiert. Hierfür wird auf Anpassung des Fluids sind bei Verdichtern ähnlich, weshalb die DIN EN 14825 zur Berechnung des SCOP zurückgegrif- ein realitätsnahes Ranking der Fluide mit dem Hubkolben- fen, welche die aktuelle Richtlinie für Wärmepumpenher- verdichtermodell bestimmt werden kann. Zusätzlich ist die steller darstellt. In dieser Richtlinie wird die saisonale Ar- Verwendung eines Verdichtermodells entscheidend, da un- beitszahl auf Basis einzelner Betriebspunkte bestimmt. Für terschiedliche Betriebspunkte in die Berechnung der der die Berechnung wird eine niedrige Temperatur der Senke saisonalen Arbeitszahl eingehen. Hierfür ist die Abhängig- (35 °C) unter mittleren Klimabedingungen (charakteristisch keit der Effizienz vom Betriebspunkt ausschlaggebend, da für die Stadt Straßburg) angesetzt. diese Abhängigkeit für jedes Fluid unterschiedlich ausfällt. Abb. 3 zeigt das Betriebsverhalten nach DIN EN 14825 für die in Abschn. 3.1 vorausgewählten Arbeitsmittel (siehe K
Forsch Ingenieurwes Effizienzen zeigen. Dies kann vor allem auf den jewei- ligen Temperaturgleit zurückgeführt werden, welcher für beide Gemische um 20 K liegt. Durch den hohen Tempera- turgleit innerhalb des Zweiphasengebietes liegt der Pinch- Punkt innerhalb der beiden Wärmeübertrager jeweils am Austritt des Arbeitsmittels. Dadurch stellt sich eine ins- gesamt deutlich höhere mittlere Temperaturdifferenz zwi- schen Arbeitsmittel und sekundärem Fluid ein, wodurch nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zusätz- liche Verluste (Zunahme der Irreversibilität) während der Wärmeübertragung entstehen. Weiterhin muss der Prozess dadurch zu niedrigen, unteren Druckniveaus ausweichen. Die Folge ist, dass das Druckverhältnis und somit auch die notwendige Verdichtungsarbeit zunehmen. Insgesamt hat dies einen negativen Einfluss auf die Kreislaufeffizienz. Abb. 3 Saisonale Arbeitszahl (SCOP) nach DIN EN 14825 und volu- metrische Heizenergie (VHC) normiert auf R410A für die identifizier- Wird weiterhin als dritte Größe zusätzlich die Sicher- ten Low-GWP Arbeitsmittel heitsklasse der Arbeitsmittel berücksichtigt, zeigt sich, dass die A3 Arbeitsmittel (die nicht-toxischen aber hochent- zündlichen Fluide) das höchste Potenzial sowohl hinsicht- Tab. 2). Dabei ist die Effizienz der Wärmepumpe über der lich der Effizienz als auch der volumetrischen Heizener- volumetrischen Heizenergie aufgetragen. Alle Werte sind gie besitzen. Innerhalb dieser Studie handelt es sich dabei auf das Arbeitsmittel R410A normiert. Die Farbskala in- abgesehen von R161 um KW. Dabei beinhaltet die Grup- nerhalb der Abbildung zeigt die Sicherheitsklassen der je- pe sowohl Reinstoffe als auch Gemische, wobei entweder weiligen Fluide. Propan (R290) oder Propen (R1270) den Hauptbestandteil Im detaillierten Arbeitsmittelvergleich sind mehrere der jeweiligen Gemische darstellen. Weiterhin erreichen die Aspekte auffällig. Zum einen weisen alle alternativen Ar- A2 klassifizierten Arbeitsmittel ebenfalls hohe Effizienzen, beitsmittel kleinere volumetrische Heizenergien als die Re- allerdings ist deren volumetrische Heizenergie verhältnis- ferenzfluide R410A und R32 auf, wobei Propen (R1270) mäßig gering (vgl. R152a etwa 40 % von R410A) und lie- mit etwa 70 % von R410A den höchsten Wert aufweist. gen damit in einem ähnlichen Bereich wie das Referenzfluid Hauptursache sind die unterschiedlichen Betriebsdrücke. R134a. Diese Beobachtungen können auch experimentellen Bei R410A und R32 handelt es sich um Hochdruckfluide. Arbeiten entnommen werden [21, 31]. Für den Betriebspunkt A2/W35 (hierbei steht das A für Als dritte Gruppe sind die A2L Arbeitsmittel dargestellt. die Wärmequelle „Air“ und das W für die Wärmesenke Diese weisen die niedrigsten Effizienzen der alternativen „Water“) beispielsweise liegt das untere Druckniveau für Fluide auf. Im Vergleich zu R410A erreicht der Reinstoff R410A bei 6,8 bar und für R32 bei 6,9 bar. Demgegen- R1243zf einen um 6 % höheren SCOP, wobei das Gemisch über stehen exemplarisch Propen (R1270) mit 5 bar und R455A mit ca. 60 % von R410A die höchste volumetri- R1234ze(E) mit nur noch 1,8 bar, welches insgesamt die schen Heizenergie aufweist. Innerhalb der Gruppe der A2L niedrigste volumetrische Heizenergie aufweist. Aufgrund Arbeitsmittel befinden sich ausschließlich HFOs. Die meis- des deutlich höheren Eintrittsdrucks ist die Dichte am Ein- ten Fluide dieser Gruppe sind wiederum Gemische, wel- tritt des Verdichters ebenfalls höher, wodurch nach Gl. 4 che größtenteils auf R1234yf und R32 basieren. Innerhalb die volumetrische Heizenergie zunimmt. Als Konsequenz dieser Studie zeigen die Gemische im Vergleich zum Rein- müssen zukünftige Wärmepumpen höhere Volumenströme stoff R1234yf ein verbessertes Kreislaufverhalten – sowohl fördern, wodurch zum einen das Hubvolumen des Ver- hinsichtlich der Effizienz als auch der volumetrischen Hei- dichters und zum anderen die Rohrdurchmesser vergrößert zenergie, liegen allerdings dennoch unterhalb der KW. Die werden müssen, um die gleiche Heizleistung wie z. B. Gemische R454C, R455A, R457A und R459B besitzen al- R410A zu erreichen. le einen Temperaturgleit von mindestens 6 K. Hierbei kann Im Gegensatz zur volumetrischen Heizenergie zeigen ei- das Potenzial des Temperaturgleits im einfachen Kreislauf nige der selektierten Arbeitsmittel hinsichtlich der Effizienz nicht vollständig genutzt werden. Das Potenzial kann aller- ein deutliches Verbesserungspotential bezogen auf die Refe- dings in einem veränderten Kreislaufschema durch den Ein- renzfluide. Hierbei zeigen die Reinstoffe R161 und RC270 bau eines internen Wärmeübertragers ausgeschöpft werden. die höchsten Effizienzen mit einer Verbesserung von et- Hierbei wird die Überhitzung aus dem Verdampfer in den wa 15 % im Vergleich zu R410A. Demgegenüber stehen internen Wärmeübertrager ausgelagert, wodurch das unte- die Gemische R445A und R441A, welche die niedrigsten re Druckniveau angehoben werden kann. Dieser Effekt ist K
Forsch Ingenieurwes Abb. 4 Isentroper Verdichterwirkungsgrad der Fluide für die Betriebs- Abb. 5 Austrittstemperatur am Verdichter für ausgewählte Fluide für punkte A2/W35 und A7/W35 bestimmt mit Hilfe des semi-physikali- den Betriebspunkt A-7/W65 schen Verdichtermodells besonders stark bei Gemischen mit Temperaturgleit. Eine Dies führt insgesamt zu den niedrigeren saisonalen Arbeits- detaillierte Untersuchung wird im Rahmen dieser Arbeit zahlen. Weiterhin wird ersichtlich, dass die Annahme eines allerdings nicht durchgeführt. Gleichzeitig hat der Tempe- konstanten isentropen Wirkungsgrades, wie dies in der Li- raturgleit von Gemischen nicht nur positive Einflüsse. Auf- teratur üblich ist, eine starke Vereinfachung darstellt und grund der Temperaturänderung sowie der unterschiedlichen die Fluidauswahl beeinflusst. Daher sollten bei Fluidver- Zusammensetzungen der Flüssig- und Gasphase innerhalb gleichen betriebspunkt- und fluidabhängige Wirkungsgrade des Nassdampfgebietes führen Gemische meist zu einem re- im Verdichter berücksichtigt werden. duzierten Wärmeübergangskoeffizienten während des Pha- Neben der Effizienz und der volumetrischen Heizener- senwechsels [32]. Dies führt insgesamt zu einer reduzier- gie ist die resultierende Austrittstemperatur am Verdichter, ten Wärmeübertragung. Dieser Einfluss muss insbesonde- welche die höchste Prozesstemperatur darstellt, eine wich- re bei der Dimensionierung der Wärmeübertrager beachtet tige Kennzahl für die Eignung eines Arbeitsmittels. Inner- werden. Zusätzlich entweicht im Falle einer Leckage ver- halb des Verdichters interagiert das Arbeitsmittel mit dem mehrt die leicht-flüchtige Komponente aus dem Gemisch. Schmieröl. Um eine ausreichende Schmierung des Verdich- Dadurch stellt sich mit der Zeit eine veränderte Gesamt- ters sicherzustellen, sollte die Öltemperatur einen Schwell- gemischzusammensetzung ein, welche den Prozess negativ wert nicht überschreiten. Dieser liegt meist im Bereich von beeinflussen kann. 100 bis 120 °C [33]. Diese Beschränkung ist insbesonde- Eine Begründung dafür, dass die HFO niedrigere Kreis- re für hohe Temperaturhübe limitierend. Folglich sollte die laufeffizienzen aufweisen als die KW, ist der isentrope Wir- Verdichteraustrittstemperatur gerade bei hohen Temperatur- kungsgrad im Verdichter. Dieser wird innerhalb dieser Ar- hüben möglichst niedrig ausfallen. beit fluid- und betriebspunktabhängig bestimmt. Für die Be- Abb. 5 zeigt exemplarisch die Austrittstemperaturen für triebspunkte A2/W35 (blau) und A7/W35 (orange) sind die ausgewählte Arbeitsmittel für den Betriebspunkt A-7/W65. Wirkungsgrade für ausgewählte Fluide in Abb. 4 darge- Weiterhin fasst Tab. 2 die resultierenden Temperaturen al- stellt. Die Wirkungsgrade schwanken stark in Abhängig- ler betrachteten Fluiden zusammen. Von den dargestellten keit sowohl des Fluides als auch des Betriebspunktes. Hier- Arbeitsmitteln liegen nur Propan und R1234yf unterhalb bei zeigen die KW R432A, R1270 und R290 deutlich hö- von 100 °C und halten die Vorgabe hinsichtlich der maxi- here Wirkungsgrade als die HFO-Reinstoffe R1234yf und malen Schmieröltemperatur ein. Dies unterliegt allerdings R1243zf mit Unterschieden von bis zu 8 Prozentpunkten. der Annahme, dass Schmieröl und Arbeitsmittel dieselbe Die Wirkungsgrade der HFO-Gemische liegen vornehmlich Temperatur aufweisen. zwischen den KW und den HFO-Reinstoffen. Durch die Besonders hervorzuheben ist hier R161, welches die niedrigeren Wirkungsgrade steigen die Verluste innerhalb höchste Kreislaufeffizienz in dieser Studie aufzeigt. Wäh- des Verdichters für die HFO an, wodurch die Kreislaufef- rend des Betriebs können mit R161 Temperaturen oberhalb fizienz absinkt. Bei den Gemischen kommt darüber hinaus von 120 °C auftreten, weshalb hinreichende Schmiereigen- der bereits diskutierte Temperaturgleit, dessen Potenzial im schaften gängiger Schmierstoffe und damit eine ausrei- einfachen Kreislauf nicht vollständig genutzt werden kann. chende Schmierung des Verdichters nicht sichergestellt ist. K
Forsch Ingenieurwes Dementsprechend scheidet R161 als potenzielle Alternati- welche A3 Kältemittel verwenden, außen aufgestellt wer- ve für Wärmepumpen mit hohen Temperaturhüben (bspw. den müssen, da andernfalls vergleichsweise geringe Wär- Luft-Wasser Wärmepumpen) im Rahmen dieser Studie meleistungen (aufgrund der Füllmenge von 150 g) realisiert aus. Für Anwendungen, welche im Allgemeinen höhere werden können [35]. Hiermit gehen zum einen zusätzliche Quellentemperaturen und damit niedrigere Temperaturhü- Kosten aber auch sekundäre Effekte wie die zusätzlichen be bedingen (bspw. Sole-Wasser Wärmepumpen) könnte Schallemissionen einher. das Fluid allerdings eine hocheffiziente Alternative darstel- Bei Luft-Wasser Wärmepumpen, welche mit fast 80 % len. Andere Fluide wie bspw. RC270 zeigen ein ähnliches den Großteil der Wärmepumpen in Deutschland ausmachen Verhalten. [36], ist die Außenaufstellung technisch gut realisierbar, Zusammenfassend zeigt sich, dass bei der Auswahl ei- da diese im Allgemeinen aus zwei Einheiten bestehen: Ei- nes geeigneten Arbeitsmittels für Wärmepumpen viele Fak- ner Innen- und einer Außeneinheit. Hierfür existieren zwei toren gleichzeitig berücksichtigt werden müssen, welche Möglichkeiten der Anordnungen für den Kältekreis: Die bisher noch separat (z. B. anhand von einfachen Fluidheu- Anordnung als Monoblock und als Split-Einheit. Bei der risiken oder Erfahrungen) bestimmt werden. Aus diesem Monoblock-Anordnung befindet sich der vollständige Käl- Grund liefert das nachfolgende Abschnitt eine Diskussi- tekreis innerhalb der Außeneinheit. Innerhalb des Konden- on über die Potenziale und Limitationen einzelner Arbeits- sators zirkuliert als sekundären Fluid meist ein Glykol-Was- fluide. Gleichzeitig werden die Arbeitsmittel, welche unter ser-Gemisch, welches über einen zweiten Wärmeübertrager Berücksichtigung diverser Faktoren das höchste Potenzial in der Inneneinheit die Wärme an den Heizkreislauf abgibt. besitzen, vorgeschlagen und zusätzlicher Forschungsbedarf Demgegenüber steht die Split-Ausführung, bei welcher sich aufgezeigt. der Kondensator innerhalb der Inneneinheit befindet – der Kältekreis ist somit aufgeteilt. Der Vorteil an dieser Aus- 3.3 Diskussion führung ist die Einsparung des zusätzlichen Wärmeüber- tragers. Dadurch wird der Zwischenkreislauf des Glykol- Die Untersuchung potenziell geeigneter Arbeitsmittel in Wasser-Gemischs weggelassen und insgesamt die Tempe- Wärmepumpen aus Abschn. 3.2 zeigt, dass unter gegeben raturdifferenz zwischen Heiz- und Kältekreislauf reduziert. politisches Vorgaben brennbare Fluide unausweichlich sind. Die Reduktion der Temperaturdifferenz liegt dabei im Be- Die identifizierten Arbeitsmittel teilen sich (mit Ausnahme reich von 2 bis 5 K. Dadurch kann der Temperaturhub inner- von R152a und R161) in die zwei Hauptgruppen der na- halb des Kältekreises reduziert und insgesamt die Effizienz türlichen Arbeitsmittel und der Hydrofluorolefine (HFO) gesteigert werden. Diese Ausführung ist aufgrund der Vor- auf. Die durchgeführte Analyse zeigt dabei deutliche Dif- gabe zur erlaubten Füllmenge für A3 Kältemittel allerdings ferenzen hinsichtlich der Kreislaufeffizienz zwischen den nicht zulässig, weshalb diese in der ineffizienteren Mono- zwei Kältemittelgruppen. Dabei liefern die natürlichen Ar- block-Ausführung hergestellt werden. Für A2L Kältemittel beitsmittel im Schnitt 5 bis 10 % höhere Effizienzen. Somit kann die Split-Ausführung aufgrund der höheren erlaubten sind die natürlichen Kältemittel bezüglich der thermodyna- Füllmenge hingegen realisiert werden. Durch die veränderte mischen Eigenschaften der Gruppe der HFO zu bevorzu- Ausführung kann der allgemeine Effizienzvorteil, welcher gen. Allerdings ist ein direkter Vergleich oft nicht möglich. mit natürlichen Kältemitteln einhergeht und in Abschn. 3.2 Dies liegt insbesondere an den zusätzlichen Vorgaben hin- aufgezeigt wurde, teilweise aufgewogen werden, da diese sichtlich der maximal erlaubten Füllmenge des jeweiligen aufgrund der höheren Temperaturdifferenz bei leicht hö- Arbeitsmittels. Eine Vorschrift ist hier die EN 378 [34]. heren Kondensatortemperaturen betrieben werden müssen. Innerhalb der Vorschrift wird die erlaubte Füllmenge ei- Die exakten Auswirkungen sind innerhalb der verfügbaren nes Fluides unter anderem in Abhängigkeit der Größe des Literatur allerdings noch nicht quantifiziert worden. Raumes, in welchem die Anlage aufgestellt wird und der Neben der Gesamtanlageneffizienz sollten bei der Ar- unteren Explosionsgrenze des Fluides bestimmt. Die untere beitsmittelwahl auch Umwelteinflüsse berücksichtigt wer- Explosionsgrenzen von natürlichen Kältemitteln und HFOs den. HFOs bilden innerhalb der Atmosphäre während des unterscheiden sich deutlich, was unter anderem auch inner- Abbauprozesses unter anderem Trifluoressigsäure (TFA) halb der höheren Sicherheitsklasse (A3 und A2L) zusam- [37]. TFA hat eine sehr hohe Wasserlöslichkeit und ist mengefasst ist. Im Vergleich zu R1234yf hat bspw. Propan gleichzeitig schwer abbaubar. Über Niederschläge kann eine um den Faktor acht niedrigere untere Explosionsgren- das in der Atmosphäre gebildete TFA ins Grundwasser ge- ze. Insgesamt führt dies dazu, dass für A3 klassifizierte langen, wo dieses über herkömmliche Reinigungsmethoden Arbeitsmittel Füllmengen im Bereich von 150 g und für nicht aus dem Wasser entfernt werden kann. Dadurch wird A2L klassifizierte Arbeitsmittel, wozu die HFOs gehören, das Grundwasser kontaminiert, weshalb das Umweltbundes von ca. 1,8 kg erlaubt sind, welche innen aufgestellt werden im Jahr 2019 die Empfehlung ausgegeben hat, den Einsatz können. Die Konsequenz daraus ist, dass Wärmepumpen, von TFAs zu minimieren [38]. Die mittel- bis langfristi- K
Forsch Ingenieurwes gen Auswirkungen von TFA sind noch nicht vollständig größte Potenzial. Das Potenzial kann hierbei weiter erhöht bekannt, weshalb der endgültige Einfluss durch einen ver- werden, wenn das Kreislaufschema durch einen internen mehrten Einsatz von HFOs aktuell nicht bestimmt werden Wärmeübertrager erweitert und damit der Temperaturgleit kann. Nichtsdestotrotz sind zukünftig politische Vorga- genutzt werden kann. Diese Arbeitsmittel werden allerdings ben bezüglich des Ausstoßes von TFA bildenden Stoffen zukünftig von weiteren Regularien betroffen sein, welche möglich und werden im Rahmen der Anpassung der eu- bei der Auswahl und der langfristigen Entscheidung für ein ropäischen REACH Verordnung (Registration, Evaluation, Arbeitsmittel berücksichtigt werden müssen. Authorisation and Restrication of Chemicals) bereits dis- kutiert [25]. Daher muss bei der Verwendung von HFOs bereits jetzt eingeplant werden, dass zusätzliche Regularien 4 Zusammenfassung den Einsatz limitieren oder verbieten können. Die aktuellen Vorgaben des Gesetzgebers beziehen sich Im Rahmen dieses Beitrags wird eine Marktanalyse poten- insbesondere auf die ökonomischen Aspekte des ODP und zieller alternativer Arbeitsmittel durchgeführt. Hierfür wer- GWP des Arbeitsmittels der Wärmepumpe. Hierdurch soll den die Fluide hinsichtlich der ökologischen Vorgaben (kein eine weiterer Abbau der Ozonschicht verhindert sowie das Ozonabbaupotential, Treibhauspotential unter 150) sowie Fortschreiten des Klimawandels verlangsamt werden. In- technischen Anforderungen für Wärmepumpen zur Bereit- nerhalb der Literatur haben allerdings mehrere Autoren auf- stellung von Raumwärme und Trinkwarmwasser selektiert. gezeigt, dass hiermit nur ein kleiner Teil der Gesamtemis- Hierbei werden insgesamt 32 Fluide identifiziert, welche sionen, welche mit der Herstellung, dem Betrieb sowie der potenziell als alternatives Arbeitsmittel in zukünftigen Wär- Entsorgung von Wärmepumpen verbunden sind, berück- mepumpen geeignet sind. Die meisten Fluide sind dabei sichtigt werden [26, 27]. In den meisten Ländern überwie- Kohlenwasserstoffe (KW) oder Hydrofluorolefine (HFO). gen die indirekten Emissionen, welche mit der Stromerzeu- Anschließend wird das Betriebsverhalten mit Hilfe der sai- gung verbunden sind, die durch die Leckage des Arbeits- sonalen Arbeitszahl nach DIN EN 14825 bestimmt. Für die mittels und dessen GWP entstehenden direkten Emissio- Kreislaufberechnung wird der einfache Kreislauf mit einem nen. Der Anteil der indirekten Emissionen wird zwar durch semi-physikalischen Verdichtermodell verwendet, um einen eine erhöhte Einbindung regenerativer Energiequellen in realitätsnahen Betrieb abzubilden. Hierbei zeigen die KW die Strombereitstellung in Zukunft sinken, eine vollständi- ein Verbesserungspotential der Arbeitszahl im Vergleich zu ge Angleichung beider Emissionsarten weltweit wird aller- R410A von bis zu 15 % (RC270). Die HFO zeigen ein ge- dings noch Jahrzehnte dauern. Folglich ist eine umfangrei- ringes Verbesserungspotential von 6 % (R1243zf). Bei der chere, gleichzeitige Betrachtung für eine Regulierung um- Wahl des Arbeitsmittels müssen allerdings weitere Aspekte weltfreundlicher Arbeitsmittel zielführend. Eine vergleichs- betrachtet werden. HFO bilden innerhalb der Atmosphäre weise einfache Methode kann hier eine Abschätzung über die Trifluoressigsäure (TFA), deren langfristige Auswirkun- den Total Equivalent Warming Impact (TEWI) sein, wel- gen noch nicht vollständig bestimmt sind. Demgegenüber che sowohl die indirekten als auch die direkten Emissionen stehen Füllmengenbeschränkung für die hochentzündlichen des Betriebs berücksichtigt. Eine weitere Möglichkeit ist KW. Insgesamt zeigen die Arbeitsmittel Propan, Propen so- die Betrachtung des vollständigen Lebenszyklus der Wär- wie deren Gemische das höchste Potenzial. Für Anwendun- mepumpe (LCA). Hierdurch können weitere Effekte wie gen, in denen innenaufgestellte Wärmepumpen erforderlich die TFA-Bildung innerhalb der ökologischen Bewertung sind, bieten die HFO R454C, R457A und R516A effizien- berücksichtigt werden, um den gesamten Umwelteinfluss te Alternativen, deren Effizienz durch die Integration eines des Wärmepumpensystems zu berücksichtigen. internen Wärmeübertragers in den Kältekreislauf weiter ge- Unter aktuellen Rahmenbedingungen für Wärmepumpen steigert werden kann. werden natürliche Kältemittel und HFOs zukünftig unaus- weichlich sein. Hierbei haben beide Gruppen von Arbeits- mitteln Vor- und Nachteile. Im Rahmen dieser Studie kris- 5 Nomenklatur tallisieren sich die A3 Arbeitsmittel Propan, Propen sowie deren Gemische (R433A, R433B und R433C) als die effi- Die Nomenklatur ist in Tab. 3 dargestellt. zientesten Fluide heraus. Diese sind allerdings durch ihre Füllmenge limitiert und müssen daher als Monoblock ge- baut werden, um die geforderten Leistungen erzielen zu können. Der Einfluss der veränderten Ausführung sollte zukünftig genauer quantifiziert werden. Falls eine innen aufgestellte Wärmepumpe erforderlich ist, zeigen die A2L Arbeitsmittel R454C, R457A und R516A insgesamt das K
Forsch Ingenieurwes Tab. 3 Nomenklatur Formelzeichen Indizes COP Leistungszahl [–] ÜH Überhitzung h Spezifische Enthalpie [J/kg] UK Unterkühlung p Druck [Pa] is Isentrop S COP Saisonelle Arbeitszahl [–] 1–4 Thermodynamische Zustände s Spezifische Entropie [J/(kgK)] 2s Zustand nach isentroper Verdichtung T Temperatur [K] – – QP Wärmestrom [W] – – VH C Volumetrische Heizenergie [J/m3] – – VP Volumenstrom [m3/s] – – T Temperaturdifferenz [K] – – Wirkungsgrad [–] – – Dichte [kg/m3] – – Förderung Die Arbeiten wurden im Rahmen des Vorhabens LOGIN 5. Wang Y, Ye Z, Yin X, Song Y, Cao F (2021) Energy, exergy and (Förderkennzeichen: 03EN4011) durch das Bundesministerium für exergoeconomic evaluation of the air source transcritical CO2 heat Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. pump with internal heat exchanger for space heating. Int J Refrig 130:14–26. https://doi.org/10.1016/j.ijrefrig.2021.06.028 Funding Open Access funding enabled and organized by Projekt 6. 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RECIEL 26(3):220–230. lichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link https://doi.org/10.1111/reel.12225 zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen 9. McLinden MO, Brown JS, Brignoli R, Kazakov AF, Doman- vorgenommen wurden. ski PA (2017) Limited options for low-global-warming-potential refrigerants. Nat Commun 8(1):14476. https://doi.org/10.1038/ Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial ncomms14476 unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern 10. Zühlsdorf B, Jensen JK, Elmegaard B (2019) Heat pump working sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das be- fluid selection—Economic and thermodynamic comparison of cri- treffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz teria and boundary conditions. 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