Beziehungen im Wandel - 2 19 LUFT NACH OBEN - Israelnetz
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2 19 Berichte und Hintergründe aus Israel und dem Nahen Osten Magazin Beziehungen im Wandel Wie sich arabische Länder für Israel öffnen HASS VON OBEN LUFT NACH OBEN Das iranische Regime hat es auf Israel abgesehen Die Friedensverträge mit Ägypten und Jordanien
9 6 4 LANDKARTE FRIEDE MIT ÄGYPTEN ISRAEL UND DER IRAN So steht der Nahe Osten UND JORDANIEN Staatlich organisierter Israelhass zu Israel Ebenso kalt wie nützlich Iranische Musiker schicken hassen niemanden. Wir wären sehr glücklich, wenn unsere Ge- Liebesbotschaft nach Israel schichte in den israelischen Medien veröffentlicht wird“, schrie- ben die Iraner laut der Tageszeitung „Yediot Aharonot“. D ie iranischen Musiker Mohammad und Ali Nasiri lieben Israel. Das zeigen die beiden Brüder auch öffentlich. Auf Instagram haben sie ein Video veröffentlicht, in dem sie auf Hebräisch das Der israelische Sänger Banai zeigte sich von der Aktion der Amateurmusiker gerührt. „Das ist großartig und bewegend“, schrieb er an seine iranischen Fans. Fotos: picture alliance | Library of Congress | shutterstock, danielo | Instagram, Screenshot Israelnetz Lied „Jotzeh LaOr“ des israelischen Künstlers Ehud Banai singen. Während das Regime in Teheran immer wieder gegen Israel hetzt und offen zur Vernichtung des jüdischen Staates aufruft, sind aus dem Volk auch andere Stimmen zu hören. Scharona Abginsas, Verantwortliche für die persischsprachigen Nutzer in den Sozialen Medien beim israelischen Außenministerium, sagte dazu: „Wir erhalten täglich Hunderte Nachrichten von Iranern, die uns wissen lassen, dass sie eine andere Haltung zu Israel ha- ben als ihre Regierung.“ Diese Iraner sähen Israel als künftigen Verbündeten, wenn das Regime falle. | Dana Nowak VAE-Außenminister: Beziehungen zu Israel sind notwendig Scheuen nicht davor zurück, ihre Liebe zu Israel öffentlich zu zeigen: die Amateurmusiker Mohammad und Ali Nasiri V or vielen Jahren entschieden die Araber, keine Beziehungen zu Israel zu pflegen. Im Rückblick war das eine sehr, sehr fal- sche Entscheidung.“ Dies sagte der Außenminister der Vereinigten Mohammad Resa Nasiri schrieb zu dem Video: „Mein Bruder und Arabischen Emirate (VAE) Anwar Gargasch im Gespräch mit der ich lieben das jüdische Volk und Israel sehr, und das Bündnis zwi- Tageszeitung „The National“ (Abu Dhabi). Die arabischen Staaten schen den beiden Völkern wird niemals getrennt werden. Wenn sollten offener für Israel sein. Ihr Boykott habe es erschwert, eine wir, Gott bewahre, deswegen verhaftet werden sollten, dann tei- Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt zu finden, len Sie einfach unsere Stimme mit der Welt.“ sagte Gargasch weiter. Diplomatische Beziehungen hat Israel bis- Die beiden Brüder wandten sich mit ihrem Video zudem an das her nur mit Ägypten und Jordanien. Ein großer Erfolg für Israel war israelische Außenministerium und baten um Veröffentlichung in die Einladung der Kulturministerin Miri Regev in die Scheich-Said- Israel. „Wir tun nichts Politisches, wir sind alle Menschen und wir Bin-Sultan-Moschee in Abu Dhabi 2018. | Timo König 2
Magazin 2|19 Liebe Leserin, lieber Leser, das Jahr 2019 gibt Anlass zum Rückblick, nicht zuletzt „runden“ sich die Friedensverträ- ge Israels mit zwei wichtigen Nachbarstaaten. 10 ERFÜLLUNG 1979 wurde der Kriegszustand zwischen Ägypten und Israel beendet und der Friede DER PROPHETIE besiegelt. Noch wenige Jahre zuvor, im Oktober 1973, standen sich die Armeen beider Straße der Hoffnung Staaten auf Schlachtfeldern im Sinai und am Suezkanal feindlich gegenüber. 1994 lag der letzte Krieg zwischen Jordanien und Israel schon länger zurück. Das waren Kämpfe im 12 ISRAEL UND Jordantal und in Jerusalem während des Sechs-Tage-Krieges im Juni 1967. Jahrzehnte des ARABISCHE LÄNDER gedeihlichen Miteinanders folgten, die in einen offiziellen Friedensvertrag mündeten. Verstohlene Annäherung Diese Ausgabe beleuchtet diesen Frieden in der Geschichte und der Gegenwart. 14 ZEITZEUGEN Ganz anders hat sich die einst gute Beziehung Israels zum Iran entwickelt. 1979 wurde ERINNERN SICH der Nahe Osten durch die „Islamische Revolution“ in Teheran erschüttert und dauer- „Als Sadat kam, waren die haft verändert. Experten sprachen seinerzeit von der „Chomeinisierung“ im Orient, der Straßen voll“ Rückkehr des religiösen Islam in die Politik. Vor allem Israel ist Zielscheibe von Hassti- raden und mehr. Die Hisbollah im Libanon wird vom Iran gesteuert und aufgerüstet. Mit den Kämpfen in Syrien sind iranische Truppen fast in Sichtweite nahegerückt. Israel hat wiederholt mit Worten und zuletzt auch mit ausgedehnten Luftangriffen auf iranische Stellungen in Syrien deutlich gemacht, dass es nicht zulassen wird, dass der Iran es in seiner Existenz bedroht. Im vergangenen Jahr hat der israelische Geheimdienst einen Coup gelandet, als er unbemerkt eine halbe Tonne geheime Akten über das iranische Atomprogramm aus ihrem Versteck im Iran holte und der Weltöffentlichkeit präsentier- te. Mehr dazu ab Seite 4. Ganz anders blickt der Prophet Jesaja auf den Orient und beschreibt Friedensstraßen der IMPRESSUM Zukunft. Diese Zukunft hat schon begonnen, im Kleinen und doch sichtbar. Lesen Sie von der Initiative „Straße der Hoffnung“ ab Seite 10. Mitarbeiter bekennen: „Unsere Kontakte Herausgeber führten uns nach Ägypten, in die Türkei und den Nordirak, um mit den aufkommenden Christlicher Medienverbund KEP e.V. Gemeinschaften der Muslime zu arbeiten, die Jeschua-gläubig geworden waren.“ Charlotte-Bamberg-Straße 2 D-35578 Wetzlar Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet Arye Sharuz Shalicar die Lage im Nahen Os- Telefon +49 (64 41) 5 66 77 00 ten. Er ist ein deutsch-iranisch-israelischer Publizist. Der in Berlin aufgewachsene ehe- Telefax +49 (64 41) 5 66 77 33 malige Sprecher der Israelischen Streitkräfte erklärt anhand von direkten Begegnungen israelnetz.com in den Golfstaaten die Annäherung zwischen Israel und Teilen der arabischen Welt. Le- info@israelnetz.com sen Sie selbst ab Seite 12. Vorsitzender Michael Voß Geschäftsführer Christoph Irion Frieden im Nahen Osten, Frieden in und um Israel. Diese spezielle Ausgabe will Antwor- Büro Wetzlar Dana Nowak ten geben und Hintergründe beleuchten, damit Sie zu einer eigenen Beurteilung der Lage (Redaktionsleitung), Martina Blatt, kommen können. Daniel Frick, Elisabeth Hausen, Timo König, Michael Müller, Egmond Prill Ich wünsche namens der Israelnetz-Redaktion eine spannende Lektüre. Büro Jerusalem mh Schalom Spenden Israelnetz Magazin lebt von Ihrer Spende. Ihr Volksbank Mittelhessen eG IBAN DE73 5139 0000 0040 9832 01 BIC VBMHDE5F Verwendungszweck: Israelnetz Egmond Prill www.israelnetz.com/spenden Titelfoto Omans Sultan Qabus Ibn Said (l.) PS: Gerne senden wir kostenfrei weitere Exemplare empfängt Israels Premier Benjamin dieser Ausgabe zum Weitergeben an Bekannte und in Netanjahu den Gemeinden. Quelle: picture alliance/AP Photo Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 27. März 2019 3
ISRAEL UND DER IRAN Staatlich organisierter Israelhass Israel sieht im Iran die größte Bedrohung seiner Sicherheit. Angesichts des iranischen Atomprogramms und der Vernichtungsdrohungen gegen Israel könnte ein furchtbarer Krieg ausbrechen – aber es könnte auch ganz anders kommen. Carmen Shamsianpur D ie Aufkündigung aller Verträge mit Israel auf politischer oder Karikaturenwettbewerbe zur Holocaustleugnung oder Ver- und wirtschaftlicher Ebene gehörte zu den ersten Amts- nichtung Israels machen den Hass zur Unterhaltung für das Volk. handlungen von Ruhollah Musawi Chomeini, als er 1979 nach der Revolution den Schah als neues Staatsoberhaupt des Jahrtausendealte jüdische Geschichte Iran ablöste. Im selben Jahr installierte er den „Al-Quds-Tag“, der im Iran gesetzlicher Feiertag ist. Am letzten Freitag des Fastenmo- Dabei hat der Iran eine jahrtausendealte Geschichte fruchtbarer nats Ramadan gehen inzwischen in vielen Städten weltweit mus- Beziehungen zu Juden. Viele Bücher der Bibel wie Daniel, Ester und limische, linke, rechte und sonstige Antisemiten gemeinsam auf Esra stehen mit dem Gebiet in direktem Zusammenhang. Sogar der die Straße, um ihrem Hass auf Israel freien Lauf zu lassen. Dem nach der Bibel wichtigste Text des Judentums, der Babylonische ersten Demonstrationsaufruf in Teheran im Revolutionsjahr sol- Talmud, ist dort entstanden. Einst lebten Zehntausende Juden im len über drei Millionen Menschen gefolgt sein. Iran. Viele von ihnen sind heute in Israel. Fast alle Souvenirge- Unter den ersten Zivilisten, die noch im selben Jahr hingerich- schäfte in der Ben-Jehuda-Straße und fast alle Schuhgeschäfte in tet wurden, war auch der Vorsitzende der Jüdischen Gesellschaft der Jaffa-Straße in Jerusalem gehören Juden aus Isfahan, Teheran Teherans, Habib Elghanian. Die Juden verließen den Iran zu oder Schiras. Während viele aus der älteren Generation noch ger- Zehntausenden. Zwar wurde ungefähr ein Jahrzehnt lang – sogar ne an die guten Zeiten vor der Revolution im Iran zurückdenken, auf militärischem Gebiet – eine gewisse Zusammenarbeit auf- spricht aus der jüngeren Generation kaum noch jemand Persisch rechterhalten, aber nach und nach brachen auch die inoffiziellen – obwohl der Mossad dringend persische Muttersprachler ge- Foto: shutterstock/danielo Kontakte ab. Aus einer geschichtsträchtigen Freundschaft wurde brauchen könnte. Denn der Iran erhält einen Großteil der Auf- erbitterte Feindschaft. merksamkeit des israelischen Auslandsgeheimdienstes. 2015 sagte Ajatollah Ali Chamenei die Zerstörung Israels inner- Kein Regime auf der Welt leugnet den Holocaust wie das ira- halb der nächsten 25 Jahre voraus. Daraufhin wurden in Teheran nische, keines droht so offen mit Vernichtung wie das iranische, und andernorts große Digitaluhren aufgestellt, die öffentlich den und keines investiert mehr in Terror gegen Israel als das iranische. Countdown bis zum Jahr 2040 zählen. „Kulturevents“ wie Kunst- Auf der internationalen Bühne wird dieser Bedrohung – dank des 4
Magazin 2|19 Unaufhaltbarer Zusammenbruch Die letzten 40 Jahre sind im Verhältnis zur jahrtausendealten jüdi- schen Geschichte im Iran nur eine kurze Zeit. Es sind schon größe- re und mächtigere Regime als das iranische über Nacht zusammen- gebrochen. Es könnte sehr schnell gehen. Aber auch wenn es noch eine Weile dauert, ist der Zusammenbruch, der schon begonnen hat, nicht mehr aufzuhalten. Im Zuge der Unruhen der letzten Jah- re haben viele Mullahs bereits Vorsorge getroffen: Sie haben ihre Kinder und mit ihnen große Teile ihres Vermögens ins Ausland, vorzugsweise die USA, geschickt und sind bereit, ihre Koffer zu pa- cken. So zumindest berichten es nicht-staatliche persische Medien. Juni 2018: Demonstranten verbrennen in Teheran eine Puppe, die US-Präsident Donald Trump darstellen soll iranischen Ölreichtums – nur wenig Beachtung geschenkt. Dabei ergießt sich das Regime ununterbrochen in genozidaler Kriegs rhetorik und lässt seinen Worten Taten folgen. Radikal-islamische Gruppen wie Hisbollah, Hamas und Islamischer Dschihad wer- den maßgeblich vom Iran finanziert. Die Bürgerkriege in Syrien und dem Irak wurden geschickt genutzt, um die dortige Machtba- sis weiter auszubauen und Israel auch geographisch immer wei- ter auf die Pelle zu rücken. Israel hat wiederholt mit Worten und zuletzt auch mit ausge- dehnten Luftangriffen auf iranische Stellungen in Syrien deutlich gemacht, dass es die Bedrohung durch den Iran nicht akzeptiert. Im letzten Jahr hat der israelische Geheimdienst einen Coup ge- Juni 1950: Israels Premier David Ben-Gurion (l.) plaudert auf landet, als er unbemerkt eine halbe Tonne geheime Akten über einer Party mit dem iranischen Gesandten für Israel, Reza das iranische Atomprogramm aus ihrem Versteck im Iran holte Saffinia (3.v.l.) und der Weltöffentlichkeit präsentierte. Gleichzeitig ist sich die israelische Regierung bewusst, dass die Der älteste Sohn des einst gestürzten Schahs mit dem bezeich- iranische Bevölkerung Israel längst nicht so feindlich gegenüber- nenden Namen „Kyros“ Reza Pahlavi steht bereit, um auf jede steht wie ihre Führung. Laut einer Studie der Anti-Defamation- erdenkliche Weise den Wiederaufbau seines Landes zu unter- League verzeichnet der Iran von allen islamischen Ländern die stützen. Der persische König Kyros ermöglichte es den Juden im geringsten Zustimmungswerte zu antisemitischen Aussagen. Die 5. Jahrhundert vor Christus, zurück in ihr eigenes Land zu ziehen. meisten Iraner dürften ihrer eigenen Regierung kritischer gegen- Der aktuelle Kyros vernetzt die nicht-islamistischen Oppositions- überstehen als der israelischen. Immer wieder hat sich Israels gruppen im In- und Ausland und sagt, dass er bei der Befreiung Premier Benjamin Netanjahu in den vergangenen Jahren in Vi- des Iran alle verfügbare Hilfe annehmen wird – sei es von den deobotschaften mit persischen Untertiteln an das iranische Volk USA, Saudi-Arabien oder Israel. Laut neueren Umfragen im Iran, gerichtet und ihm Freundschaft und Respekt versichert. Eines wen sich die Menschen am besten als neues Staatsoberhaupt vor- Tages werde das Mullahregime, unter dem vor allem die Iraner stellen können, vereint Kyros Reza Pahlavi mit fast 38 Prozent mit zu leiden hätten, fallen, und dann würden die guten Beziehungen Abstand die meisten Stimmen auf sich. Nur sehr wenige glauben, zwischen den beiden Ländern wiederbelebt werden. dass das bestehende System reformierbar sei. Der Iran, der sich zu einer Großmacht entwickelt hat und Mit dem Vernichtungskurs gegen Israel schaufelt sich die Isla- dessen außenpolitische Einflusssphäre bis nach Lateinamerika mische Republik ihr eigenes Grab. Das ist nicht nur biblisch be- Fotos: picture alliance | Teddy Brauner, GPO | privat reicht, steht innenpolitisch geschwächt dar. Die Sprechchöre auf trachtet so zu deuten, sondern auch an den wirtschaftlichen und den Straßen, die seit den letzten größeren Ausschreitungen 2018 innenpolitischen Entwicklungen zu beobachten. | bis heute nicht ganz verstummt sind, prangern soziale Missstän- de an. Die Menschen im Iran wollen nicht länger hinnehmen, dass ihre Regierung jährlich mehrere Milliarden Dollar für Terror Carmen Shamsianpur, ehem. Matus- gegen Israel ausgibt, während die eigene Bevölkerung vom Reich- sek, arbeitet als freie Journalistin, tum ihres Landes nichts abbekommt. Dabei stellen viele sich Publizistin und Übersetzerin für Per- nicht nur gegen die iranische Führung, sondern auch zu Israel. sisch-Deutsch in Tübingen. Sie hat Auf die israelische Social-Media-Initiative „Israel-Loves-Iran“ gab Islamwissenschaft und Geschichte es unter dem Titel „Iran-Loves-Israel“ ein überwältigendes Echo studiert und forscht schwerpunkt- von Iranern, die sich auf der ganzen Welt aus dem Exil, aber auch mäßig zu Antisemitismus. Seit 2017 aus dem Iran selbst als Freunde Israels zu erkennen geben. ist sie mit einem Iraner verheiratet. 5
FRIEDE MIT ÄGYPTEN UND JORDANIEN Ebenso kalt wie nützlich Israel hat bislang mit zwei arabischen Staaten Frieden geschlossen. Von Herzlichkeit ist er in beiden Fällen nicht geprägt. Es liegt schlicht im Interesse der Länder, das Gewonnene nicht aufzugeben. Egmond Prill E s war ein Paukenschlag, wie ihn die Ägypten: Land für Frieden war eine Neugründung kurz nach dem Geschichte nicht oft hören lässt. Im israelischen Sieg 1967, eine Stadt mit gut Kalender steht der 6. Oktober 1981: Das Friedensabkommen brachte Ägyp- 3.000 Einwohnern, Juden mit dem Willen Während einer Militärparade in Kairo ten bis 1982 die Sinai-Halbinsel zurück zu bleiben und Plänen für eine Großstadt wird der ägyptische Präsident Anwar und bescherte Israel Frieden und die An- von zig Tausend Menschen. Und dann as-Sadat erschossen. Das Attentat vor lau- erkennung seiner Existenz. So gesehen kam über Nacht das Ende. War anfangs fenden Kameras sprengt eine Lücke in die ein Hauptgewinn für jede Seite. In Israel noch eine Übergabe an Ägypten und Regierung und wirft eine Frage auf: Wird freilich weckte das nicht nur Freude. Vor ein finanzieller Ausgleich für Israel im der Friede überleben? Es war eine Rede, die nicht weniger aufhorchen ließ, als im November 1977 As-Sadat nach Jerusalem reiste und im israelischen Parlament über Frieden sprach. Ägypten brach nach Jahrzehn- ten voller Kampf und Krieg gegen Israel aus der arabischen Front und reichte die Hand zum Frieden. Kurz darauf began- nen die Verhandlungen, die, begleitet vom US-Präsidenten Jimmy Carter, 1979 in den Camp-David-Frieden mündeten. Für Ägypten bedeutete das eine Front weniger, die gegen Israel. Und viele neue Fronten und Gegner in der arabisch- islamischen Staatengemeinschaft. Alge- rien, Libyen, Syrien und der Irak brachen sofort die diplomatischen Beziehungen zu Kairo ab. Die Palästinensische Be- freiungsorganisation (PLO) kippte alle Kontakte und verurteilte scharf den „Separatfrieden“. Auch im eigenen Land In neuer Verbundenheit: Der ägyptische Präsident Sadat (l.) und Israels Premier schlug As-Sadat Feindschaft entgegen. Begin am 18. September 1978 im amerikanischen Kongress In den Reihen der Muslimbrüder wuchs der Hass, obwohl As-Sadat sein Land aus dem sozialistischen Lager gelöst hatte allem in der Fraktion des damaligen Pre- Gespräch, ließ Begin letztlich die Stadt und in Ägypten mit der neuen Verfas- mierministers Menachem Begin blieben schleifen. Die letzten rund 1.000 Ein- sung von 1971 die Gesetze der Scharia zur Widerstände. Allen voran war es der da- wohner wurden vom Militär evakuiert. Quelle der Rechtsprechung festgeschrie- malige Knessetsprecher und spätere Pre- Viele Leute aus Jamit fanden im nahen ben hatte. Doch der vielen verhasste mier Jitzchak Schamir, der den Vertrag Gazastreifen ein neues Zuhause – doch Friede mit Israel und eine Verhaftungs- ablehnte. Es wurde an der Ehrlichkeit nicht dauerhaft, denn im Sommer 2005 Foto: Library of Congress, Wikipedia welle unter den Muslimbrüdern rechtfer- der Ägypter gezweifelt. Der Preis für ein verfügte Premierminister Ariel Scharon tigte in deren Reihen das Mordkomplott. Stück Papier war die komplette Aufgabe den kompletten israelischen Rückzug aus As-Sadat und sieben hochrangige Ver- des Landpuffers als Sicherheitszone für diesem Gebiet und die zum Teil zwangs- treter der Administration starben, der Israel und noch mehr: Militäreinrichtun- weise Räumung. Vizepräsident Hosni Mubarak überleb- gen, Erdölförderanlagen und Siedlungen Im Rückblick auf vier Jahrzehnte Frie- te verletzt und am Ende überlebte der wurden übergeben beziehungsweise ge- den ist die Erkenntnis gewachsen: Der Friede. Mubarak setzte das Vermächtnis räumt. Am bekanntesten ist das Schicksal Preis war nicht zu hoch. Der Friede auf As-Sadats fort. der Stadt Jamit im nördlichen Sinai. Das Ebene der Staaten hielt auch in den Stür- 6
Magazin 2|19 men der Zeit mit globalen Zerwürfnis- 1982 und die Präsidentschaft des isla- Zeitleiste sen und regionalen Umbrüchen wie dem mistischen Politikers Mohammed Mursi Ereignisse in den Beziehungen „Arabischen Frühling“, dem Ende des von 2012–2013. Gelegentlich rief Ägyp- zu Ägypten und Jordanien Machthabers Muammar al-Gaddafi in ten seinen Botschafter zurück, um da- Libyen und dem Krieg in Syrien. mit gegen die israelischen Maßnahmen 24.02.1949 Waffenstillstand mit Ägypten. Doch mit Blick auf die Völker ist es ein im Libanon, dem Gazastreifen oder dem Der erste mit einem arabischen Land nach kalter Friede geblieben. Vergleichbares Westjordanland zu protestieren. Die Bot- dem Unabhängigkeitskrieg. wie die deutsch-französische Freund- schafter kehrten jedoch letzten Endes 03.04.1949 Waffenstillstand mit Jordanien. schaft nach 1945 oder die deutsch- immer wieder zurück und die diplomati- Regelt auch den Abzug irakischer Truppen. 24.04.1950 Jordanien annektiert das Westjordanland. International wird das (außer bei den Briten, Irak und Pakistan) nicht anerkannt. 16.07.1951 Attentat auf Riad as-Solh in Amman. Der frühere libanesische Premier wurde durch drei Syrer erschossen. Es kursierten Gerüchte, dass Libanon und Jordanien gemeinsame Friedensgespräche mit Israel hielten. 20.07.1951 Attentat auf Abdullah I. von Jordanien. Ein Palästinenser des Husseini- Klans erschießt ihn vor der Al-Aqsa- Moschee. Er wollte sich wenig später mit dem ersten Leiter des Mossad, Reuven Schiloach, treffen. Eine Medaille auf der Uniform seines Enkels Hussein lenkte eine Kugel ab, so dass dieser überlebte. 23.07.1952 Staatsstreich in Ägypten. Die Freien Offiziere stürzen König Faruk I. Ga- 15 Jahre nach Ägypten schloss auch Jordanien Frieden mit Israel. König Hussein mel Abdel Nasser kommt an die Macht. (l.) und Premier Rabin genehmigten sich aus diesem Anlass eine Zigarette. 11.08.1952 Hussein wird zum König von Jordanien ausgerufen. Er ist erst 16 Jahre alt. Sein Vater litt an Geistesschwäche und polnische Aussöhnung mit der Begegnung schen Beziehungen wurden nie vollstän- musste abdanken. der Menschen und vor allem der Jugend dig abgebrochen.“ 28.02.1955 Operation „Schwarzer Pfeil“. gibt es höchstens in Ansätzen. Die Völker Noch mehr, der heute als politischer Das israelische Militär greift ägyptische blieben sich fremd. Die israelische Jugend Kommentator beim israelischen TV-Sen- Truppen im Gazastreifen an. Seit 1954 hat- eroberte für einige Jahre touristisch den der „Kanal 1“ tätige Journalist unterstreicht te Ägypten angefangen, palästinensische Sinai, nicht zuletzt wegen der günstigen die Bedeutung des Vertragswerkes: „Kurz Flüchtlinge mit Waffen zu unterstützen. Preise dort, aber der zunehmende isla- gesagt, das Camp-David-Abkommen war Kriegsgrund war der Mord ein einem Israe- mistische Terror brachte den Tourismus ein Meisterstück von diplomatischer Aus- li in Rechovot durch arabische Infiltranten zum Erliegen. Auch auf wirtschaftlichen gewogenheit, von Weitsicht und Verzicht. am 25.02.1955. Gebieten blieben die Beziehungen in den Was noch besser war, das Abkommen 29.10.1956 Beginn von Kampfhandlungen Kinderschuhen. Aus der Euphorie des An- funktionierte tatsächlich und tut es im- wegen Suezkrise. Ende Juli hatte Nasser fangs, finanziell gefördert von den USA, mer noch, bis zum heutigen Tag.“ die Suezkanal-Gesellschaft verstaatlicht. sind nur zaghafte Pflänzchen gewachsen. Israels Staatspräsident Reuven Rivlin 05.–10.06.1967 Sechs-Tage-Krieg. Israel Die Wüste war und ist stärker. Und den- erklärte im März bei einer Tagung an- erobert den Sinai, das Westjordanland und Foto: Government Press Office (CC BY-SA 3.0) noch: Es gibt regelmäßig Gespräche der lässlich des seit 40 Jahren bestehenden den Golan. Geheimdienste und Militärs. Das Projekt Friedens: „Der Frieden zwischen Israel 07.08.1970 Waffenstillstand mit Ägypten. „Sicherheit“ hat beiden Seiten den Frie- und Ägypten hat sich bewährt – auch, Seit Juni 1968 hatte es einen Abnutzungs- den erhalten und genau das war das Ziel wenn es noch keine offenen Grenzen oder krieg gegeben, den Ägypten initiierte, um des Abkommens von 1979. Gemeinschaft der Völker gibt.“ Und wei- den Sinai zurückzuerobern. Auf 3 Monate Kürzlich notierte Amotz Asa-El, ehe- ter sagte das Staatsoberhaupt: „Aber wir angelegt. maliger Chefredakteur der Tageszeitung sollten nicht auch nur für einen Moment 28.09.1970 Gamel Abdel Nasser stirbt. „Jerusalem Post“: „Der ägyptisch-isra- getäuscht werden: ,Die Schwierigkeiten Anwar as-Sadat wird sein Nachfolger. elische Frieden hat großen Herausfor- des Friedens‘, wie Premierminister Me- 04.02.1971 Sadat erklärt, er sei bereit für derungen standgehalten, darunter der nachem Begin schrieb, ,sind den Qualen einen Friedensvertrag für Ägypten. Er israelische Einmarsch in den Libanon des Krieges vorzuziehen‘.“ zeigte sich aber nicht zu Kompromissen 7
bereit, daher scheiterten diplomatisch Jordanien: das Königshaus und auch gegen den Initiativen der Amerikaner und der Israelis. Wasser für Frieden jordanisch-israelischen Ausgleich. Auch 06.–25.10.1973 Jom-Kippur-Krieg. Ägypten Landfragen sind erneut auf den Verhand- startet einen Überraschungsangriff, um Der Friede zwischen Israel und Jordani- lungstisch gekommen. Im Vertragswerk verlorene Gebiete zurückzuerobern. Israel en darf in gleicher Weise gewürdigt wer- von 1994 war eine Pacht über 25 Jahre für kann sich wehren. Beide Seiten unter- den. Als im Herbst 1994, vermittelt durch zwei jordanische Gebiete festgeschrie- zeichnen am 18.07.1974 ein Abzugsabkom- die US-Regierung unter Bill Clinton, der ben worden, die Israel landwirtschaftlich men (Sinai I). jordanische König Hussein I. und der nutzt. Fixiert war die automatische Ver- 04.09.1975 Sinai-Interims-Abkommen (Sinai II). Vereinbarung, Konflikte nicht mit Krieg, sondern diplomatisch zu lösen. Brachte Ägypten Ansehen im Westen, aber Misstrauen bei Syrien und den Palästinen- sern. 20.11.1977 Sadat spricht in der Knesset. Er erklärte, dass er bis ans Ende der Welt ge- hen würde, selbst nach Israel in die Knes- set, wenn er so den Tod eines einzigen ägyptischen Soldaten vermeiden könne. 17.09.1978 Camp-David-Abkommen. Zwei Rahmenvereinbarungen zum „Frieden in Nahost“ und „Friedensvertrag mit Ägyp- ten“. In ersterem ging es um Palästinenser, wurde von den UN verurteilt. 26.03.1979 Friedensvertrag mit Ägypten. Premier Rabin (l.) und König Hussein 1994 am See Genezareth: Israelische Ägypten und Israel erhalten dafür umfang- Wasserlieferungen an Jordanien sind ein Kernelement des Friedensvertrages reiche Militärhilfen von den USA. 06.10.1981 Attentat auf Sadat, durch die Terrorgruppe Al-Dschihad, die spätere israelische Premier Jitzchak Rabin den längerung der Vereinbarung, falls kei- Al-Qaida. Friedensvertrag unterschrieben, war die ne Seite kündigt. Doch im Oktober 2018 26.04.1982 Israel zieht die letzten Truppen Verständigung beider Staaten schon weit kündigte König Abdullah an, er werde das aus dem Sinai ab. Die Soldaten weinen fortgeschritten. War das Abkommen mit Abkommen 2019 beenden. Jordanien wol- und singen ein letztes Mal die HaTikva. Ägypten ein Ausgangspunkt für Frieden, le wieder die gesamte Souveränität über 31.07.1988 Jordanien zieht Souveränitäts- so war der Vertrag zwischen Jordanien Al-Bakura und Al-Ghamr, im Hebräischen anspruch über Westjordanland zurück. und Israel eher ein Schlusspunkt. Ein Naharajim und Zofar. Konkrete Gründe für 30.10.–01.11.1991 Madrider Konferenz. Die Schlusspunkt in dem Sinne, dass in den die Entscheidung gab der König nicht an. Verhandlungen mündeten unter anderem in Jahren zuvor beide Seiten bereits militäri- Das Verhältnis zwischen Israel und Jor- den Friedensvertrag mit Jordanien von 1994. sche und wirtschaftliche Absprachen hat- danien ist angespannt. Im Juli 2017 hatte 25.07.1994 Washingtoner Erklärung. Been- ten, vor allem in Bezug auf Wasser- und ein Wachmann der israelischen Botschaft det Krieg zwischen Israel und Jordanien. Landwirtschaft. in Amman einen Jordanier erschossen, der 26.10.1994 Friedensvertrag mit Jordani- Die Zusammenarbeit israelischer Kib- versucht hatte, ihn mit einem Schrauben- en. Zentraler Bestandteil sind israelische butzim mit benachbarten Dörfern auf zieher zu erstechen. Ein weiterer Mann Wasserlieferungen an das Nachbarland. jordanischer Seite hatte schon lange vor war ins Kreuzfeuer geraten und ebenfalls Für Hussein war dabei wichtig, dass dem offiziellen Frieden begonnen und vor ums Leben gekommen. Der Vorfall hatte Palästinenserführer Jassir Arafat schon allem Jordanien viel Fachwissen in Berei- zu einer diplomatischen Krise zwischen 1993 das erste Oslo-Abkommen mit Israel chen moderner Landwirtschaft gebracht. den beiden Ländern geführt. Foto: Government Press Office (CC BY-NC-SA 2.0) geschlossen hat. Doch spektakuläre Projekte, wie ein ge- Als 1997 südlich vom See Genezareth 13.03.1997 Friedensinsel-Massaker. Ein meinsamer Flughafen in der Arava-Wüste ein jordanischer Soldat sieben israeli- jordanischer Soldat erschießt an der nördlich von Akaba und der Bau eines Ka- sche Schülerinnen erschoss, war das ein Grenze sieben israelische Schulkinder. nals vom Roten Meer zum Toten Meer, um Schock für beide Seiten, der aber den König Hussein besuchte anschließend die dessen Austrocknung zu bremsen, sind Frieden nicht beschädigte. Unvergessen Familien, die Geste weckte Sympathien. versandet. Dabei ging es nicht nur um Fi- die Versöhnungsgeste des Königs Hussein, 07.02.1999 König Hussein stirbt. Sein nanzfragen, sondern auch um Grundzüge der die Familien in Israel besuchte und um Sohn Abdullah II. folgt ihm nach. des Vertrauens. Vergebung bat. Dem heutigen König ist 21.10.2018 Abdullah II. teilt Israel mit, Teile In den vergangenen Jahren geriet der Weitsicht zu wünschen. Denn der Auftrag des Friedensvertrages nicht zu erneuern. jordanische König Abdullah II. innen- nach 40 Jahren Frieden mit Ägypten und Es geht um die Pacht zweier landwirt- politisch unter Druck. Wiederholt gab 25 Jahren Frieden mit Jordanien heißt: schaftlicher Einheiten im Grenzgebiet. es Demonstrationen und Terror gegen Frieden halten. | 8
Magazin 2|19 LANDKARTE So steht der Nahe Osten zu Israel Türkei Israel als Staat anerkannt, Tunesien Syrien diplomatische Beziehungen Diplomatische Beziehungen Kriegszustand, keine Anerkennung Israels. 1992 bis zum Ausbruch der soge- Friedensgespräche unter der Schirmherrschaft nannten zweiten palästinen- sischen Intifada 2000, keine Libanon der USA, diese und weitere Verhandlungen schei- Kriegszustand, terten am Status der Golanhöhen. Anerkennung Israels keine Anerken- nung Israels Irak Marokko Kriegszustand, keine Diplomatische Beziehungen bis zum Anerkennung Israels Ausbruch der sogenannten zweiten Ägypten palästinensischen Intifada 2000, Frieden seit 15.000 keine Anerkennung Israels 1979 1948: 120.000 1.000 Kuwait 1948: 100.000 Jordanien 1947: Iran* Keine diplomati- 15.000 8.500 2.000 Frieden seit 1947: schen Beziehun- 1948: 265.000 1948: 140.000 1994 136.000 gen, keine Aner- kennung Israels 1948: 75.000 Bahrain Keine diplomatischen Beziehungen, keine Anerkennung Israels, seit einigen Jahren Katar Saudi-Arabien Annäherung Keine diplomatischen Beziehungen. Ab 1996 Keine diplomatischen Beziehungen, 1948: 85.000 beherbergte Katar ein israelisches Handelsbüro. keine Anerkennung Israels, seit 2009 wurde es wegen der israelischen Offensive einigen Jahren Annäherung Vereinigte Ara- gegen die Hamas im Gazastreifen geschlossen. bische Emirate Keine diplomatischen Iran* Jemen Oman Beziehungen, keine Keine diplomatischen Beziehun- Keine diplomatischen Beziehun- Anerkennung Israels, Der Iran war 1950 nach der Türkei der zweite mus- gen, keine Anerkennung Israels gen, Israel als Staat anerkannt. seit einigen Jahren limische Staat, der Israel anerkannte. Bis zum Sturz Zwischen 1996 und bis zur Annäherung des Schahs Mohammad Reza Pahlavi 1979 pflegten sogenannten zweiten palästi- der Iran und Israel enge Beziehungen. Nach der nensischen Intifada 2000 gab es Islamischen Revolution brach der Iran unter Ajatollah Handelsvertretungen im jeweils Chomeini sämtliche Kontakte zu Israel ab und hob anderen Land. die Anerkennung auf. Die Zahlen geben die aktuelle Größe der jüdischen Gemeinschaft in den jeweiligen Ländern an, soweit vorhanden. Zum Vergleich die Zahlen aus dem Jahre der Staatsgründung Israels. Juden in arabischen Ländern I srael muss seit der Staatsgründung mit einem feindlichen Um- wieder ist in den Medien die Rede von einer Handvoll alter Men- feld zurechtkommen. Die Anfeindungen wirkten sich auch auf schen, die in diesen Ländern verblieben sind. Der ägyptische Prä- die jüdischen Gemeinschaften aus: Etwa 800.000 Juden aus sident Abdel Fattah al-Sisi sagte Ende Februar 2019, er würde Sy- arabischen Ländern flohen nach Israel. Heute leben in den ara- nagogen und andere benötigte Einrichtungen wieder aufbauen, Grafik: Israelnetz bischen und muslimischen Ländern noch etwa 27.000 Juden. Das sollten Juden daran interessiert sein, wieder eine Gemeinschaft schätzt der Demograph Sergio Della Pergola von der Hebräischen in Ägypten zu bilden. Bereits im Dezember hatte Al-Sisi angekün- Universität Jerusalem. Für den Jemen, Syrien, Ägypten und den digt, umgerechnet mehr als 62 Millionen Euro für die Renovie- Irak gibt es keine genauen Angaben zur aktuellen Lage. Immer rung von Synagogen bereitzustellen. | Israelnetz 9
ERFÜLLUNG DER PROPHETIE? Straße der Hoffnung – ein messianischer Jude berichtet Politische Umbrüche bedeuten auch geistliche Veränderungen: Es bieten sich Chancen, den Glauben der Bibel in die muslimische Welt zu tragen. Eine Kapitel beim Propheten Jesaja gibt dabei Orientierung. Michael Kerem, aus dem Englischen übersetzt von mh A uf die Vision der Straße, die in Jesaja 19 beschrieben wird, schützen. Die Arbeit mit internationalen Hilfsorganisationen war sowie auf das Gericht über Ägypten wurde ich erstmals für uns eine Gelegenheit, nicht nur den Kurden zu helfen, sondern von einem Freund hingewiesen. Dieser bereitete sich auch offen unseren Glauben an den Messias zu bekunden. Viele darauf vor, Gott in Ägypten zu dienen. Er wusste, dass ich ein hatten noch nie von Jeschua und der Guten Nachricht gehört. Jeschua-gläubiger Jude bin und meine Frau türkische Armenier- Nach dem Fall der Berliner Mauer begannen Juden aus der in ist. Nachdem wir in der Bibel Jesaja 19 gelesen hatten, sah er ehemaligen Sowjetunion in großen Zahlen nach Israel einzu- mich an und sagte: „Du bist aus Israel, deine Frau ist aus dem al- wandern. Damals wussten wir nicht, dass auch Jeschua-gläubige ten Assyrien und ich gehe nach Ägypten – lass uns eine Straße Juden aus vielen westlichen Nationen nach Israel einwanderten. bauen.“ Aufgrund unseres Rufes in die muslimische Welt hatten wir Is- Damals wusste ich noch nicht, dass diese Begegnung einen gro- rael bisher nicht als Option für uns gesehen. Doch mit den gra- ßen Teil unserer künftigen Arbeit in der Region prägen würde. vierenden geistlichen Veränderungen, die in Europa und dem Ich hatte einen Ruf zu türkisch- und kurdisch-sprechenden Mus- Nahen Osten vor sich gingen, verstanden wir, dass Gott uns tat- limen erhalten. Obwohl ich Jude bin, wusste ich nicht, wie Israel sächlich nach Israel führen würde, als Ausgangspunkt für un- in unsere Vision und Arbeit passen würde. In der antiken Stadt seren Dienst und als Antwort auf die Verheißungen aus Jesaja Izmir spürten wir, dass Gott unsere Herzen in den östlichen Teil 19. Als 1992 die Türkei und Israel diplomatische Beziehungen der Türkei führte, also genau in jene Gegend, die einmal das Zen- aufnahmen, zogen wir vom türkischen Izmir nach Israel. 1992 trum des Assyrischen Reiches gewesen war. Wir mussten noch markierte auch den 500. Jahrestag der Vertreibung der Juden lernen, wie Israel, Gottes Ruf an das jüdische Volk und die Vision aus Spanien. Damals wurden sie vom türkischen Sultan aufge- der Straße zu unserer Zukunft passen würden. nommen. Die Juden waren im Osmanischen Reich viel besser Der Golfkrieg 1991 stellt eine entscheidende Wende in der jün- aufgehoben als in Europa. Diesen Teil der Geschichte lernte ich geren Geschichte des Nahen Ostens dar. In der gesamten Region vor allem, als ich mit den Juden in Istanbul lebte. Doch ich hatte stellten sich Nationen neu auf, alte Bündnisse wurden aufgelöst keine Ahnung, wie dieser Umstand unsere Zukunft beeinflus- und neue geformt. Im Nordirak waren Menschen erstmals nach sen würde. 40 Jahren offen für das Evangelium. Dort war das Zentrum der Bemühungen um einen kurdischen Nationalstaat und 2.700 Jahre Juden bringen Muslimen das Evangelium Heimat für die Juden aus Kurdistan, die aus Nordisrael in das As- syrische Reich vertrieben wurden (2. Könige 17,1–6). Als wir nach Israel zogen, war sich der größte Teil der messianisch- Im gesamten Nordirak befanden sich an der türkischen Gren- jüdischen Gemeinschaft nicht der Versprechen aus Jesaja 19 be- ze Flüchtlingslager für Kurden, um diese vor Saddam Hussein zu wusst. Viele wussten nicht, dass Gottes Berufung des jüdischen 10
Magazin 2|19 „Zu der Zeit wird eine Straße In Jesaja 19,23–25 bezieht Gott andere Nationen in seinen Plan für Israel und das jüdische Volk mit ein. Die Straße aus Jesaja 19 folgte sein von Ägypten nach Assyrien, im Wesentlichen dem alten Pfad Abrahams. Er brach in Mesopota- dass die Assyrer nach Ägypten mien auf, reiste in das Land Kanaan, ging während der Hungersnot und die Ägypter nach Assyrien weiter nach Ägypten, bis sein Leben in Hebron endete. Abgesehen davon, dass Abraham der Vater unseres Glaubens ist, wird er in der kommen, und die Ägypter samt Schrift mit dem Ehrentitel „Freund Gottes“ bedacht. Das Bundes- den Assyrern werden dem Herrn versprechen, das Gott an Abraham gibt, wird fast mit den gleichen dienen. Zu der Zeit wird Israel Worten in Jesaja 19,24 wiederholt. Ist es vielleicht Gottes Wunsch, seinen Bund zu bestätigen, indem er Abraham und den von ihm zu- der Dritte sein mit Ägypten und rückgelegten Glaubenspfad ehrt? Versöhnte er vielleicht die Söhne Assyrien, ein Segen mitten auf Hagars und Keturas mit den Nachkommen Isaaks und Jakobs, um Erden; denn der Herr Zebaoth seinen Versöhnungsplan auf der Erde zu vollenden? Die Umwälzungen, die der „Arabische Frühling“, der syrische wird sie segnen und sprechen: Bürgerkrieg, der Aufstieg und Fall des Islamischen Staates und Gesegnet bist du, Ägypten, mein der sich daraus ergebende Flüchtlingsstrom nach Europa mit sich Volk, und du, Assur, meiner gebracht haben, formen den Nahen Osten in vielerlei Hinsicht neu. Die anschließende Verlagerung von Verbündeten in der Re- Hände Werk, und du, Israel, gion, erst mit dem Iran, der Türkei und Russland, nun mit Israel mein Erbe!“ und den sunnitisch-arabischen Staaten bewegen viele von uns zu der Frage, ob wir Zeuge einer weiteren gravierenden geistlichen Jesaja 19,23–25 Veränderung in der Region sind. In all diesem Hin und Her sind Muslime heute viel offener für den Glauben der Bibel und lesen die Schriften des Neuen Testaments. Unzählige erklären ihren Glauben an Jeschua, wie es der Nahe Osten seit der Eroberung des Islam nicht erlebt hat. Die Kirche im Nahen Osten verändert sich Volkes, ein Licht für die Nationen zu sein, vielleicht bedeuten Es bleibt das Ergebnis: Die Kirche im Nahen Osten verändert sich könnte, die Botschaft in die muslimische Welt zu tragen. rasant. Neue Gemeinschaften von Gläubigen bilden sich vom In den folgenden Jahren trafen wir weitere Menschen, die von Iran bis Ägypten, geführt von Pastoren, deren Namen Ahmad und Gott die Vision Jesajas erhielten, eine Straße aus Versöhnung, Muhammad sind. Klingt das neu und seltsam? Das sollte es, denn Lobpreis und Segen zu bauen. Unsere Kontakte führten uns nach genau das ist es, doch dies ist erst der Anfang. Diese neuen Nach- Ägypten, in die Türkei und den Nordirak, um mit den aufkom- folger Jeschuas wollen ihren Glauben zusammen mit jüdischen menden Gemeinschaften der Muslime zu arbeiten, die Jeschua- Jeschua-Gläubigen leben und Israel besuchen, wo nicht nur Je- gläubig geworden waren. schua gelebt hat, sondern auch ihre Glaubensväter, die Propheten Wir begannen zu verstehen, dass der moderne Nahe Osten und die frühen Nachfolger des Messias. Tatsächlich könnten sie ein Ergebnis des Ersten Weltkriegs ist und eine der vom Evange- ein Teil von Gottes Plan sein, sein altehrwürdiges Volk, die Juden, lium am wenigsten erreichten Gegenden der Welt. Gleichzeitig zur Eifersucht zu reizen. In Römer 11,13–15 lesen wir: „Euch Hei- war es die Heimat vieler biblischer Prophetien zu Gottes Ab- den aber sage ich: Weil ich Apostel der Heiden bin, preise ich mei- sicht, nicht nur das jüdische Volk wieder in seine alte Heimat nen Dienst, ob ich vielleicht meine Stammverwandten eifersüch- zu führen, sondern auch den Bund Abrahams zu erfüllen und tig machen und einige von ihnen retten könnte. Denn wenn ihr alle Nationen der Erde zu segnen. Als wir uns näher mit Jesaja Verlust Versöhnung der Welt ist, was wird ihre Annahme anderes 19 und seinem historischen und geopolitischen Kontext in der sein als Leben aus den Toten!“ Diese alte Straße ist nicht nur eine Welt in dieser Zeit beschäftigten, entdeckten wir interessante Prophetie, die darauf wartet, erfüllt zu werden, sondern bietet Parallelen zur jüngeren Geschichte des Nahen Ostens. Abgese- auch einen Rahmen für Evangeliumsdienst im Nahen Osten. | Fotos: Epipheo for Highway 19 Ministries | privat hen davon, dass Bündnisse um gemeinsame Feinde geschlossen wurden („Der Feind meines Feindes ist mein Freund“), wurden Michael Kerem ist Teil des Leitungs- nationale Identitäten ziemlich stark mit religiösen Identitäten teams von „An der Kreuzung“, eine verbunden. Politische Kräfte schufen Gesetze rund um diese Allianz von Verkündigungsdiensten starren Identitäten, die Staatslenker zu statischen Personen zu Jesaja 19. Er leitet das israeli- machten. Im Nahen Osten werden Politik und Gesetze um den sche Werk „Abrahams Weg“, das „Status quo“ herum gesponnen. Das bedeutet: Wie du geboren israelische, palästinensische und bist, wirst du bis zu deinem Tod bleiben. Das hält Menschen an arabische Gläubige auf „die Straße“ ihrem Ort, hält Nationen gespalten und erlaubt Regierungen senden und sie für diesen Dienst zu- ihre Kontrolle auszuüben, während man die Angst vor den an- rüsten möchte. Mehr lesen Sie auf: deren aufrecht erhält. www.atcmiddleeast.org 11
ISRAEL UND ARABISCHE LÄNDER Verstohlene Annäherung E Durch die iranische s war eine der abenteuerlichsten und auf- kreise veranschaulicht wurde. In meinen Au- Bedrohung gewinnen regendsten Erfahrungen, die ich in mei- gen war sie eine Sache, wenn nicht gar nur eine arabische Länder einen nem Leben machen durfte: Im November Wunschvorstellung, die fast vollständig unter vergangenen Jahres konnte ich den israelischen dem Teppich ablief. Sie hätte sich auch genau so neuen Blick auf Israel. Minister für Verkehrswesen, Nachrichtendiens- schnell wieder in Luft auflösen können, wie sie Sie wollen dadurch auch te und seit Februar dieses Jahres amtierenden in unser Bewusstsein gekommen war. von der Erfahrung Isra- Außenminister, Israel Katz, in den Wüstenstaat Doch vier Tage Oman änderten meine Sicht- els in Sicherheitsfragen Oman begleiten. Am Abend vor dem Abflug sag- weise. Plötzlich fühlte ich, dass es keine über- profitieren. te ein guter Freund zu mir: „Arye, ich bin stolz triebenen Darstellungen meiner Kollegen in der Arye Sharuz Shalicar auf dich, du schreibst Geschichte“. Und so fühl- Regierung waren, dass Israel und die arabische te es sich vom ersten Moment an, als ich als Teil Welt tatsächlich in eine neue Phase eingetre- einer achtköpfigen israelischen Delegation in ten sind. Eine Phase, die dazu führen kann, Muskat aus dem Flugzeug stieg. dass sich der Staat Israel und die muslimisch- arabisch dominierte Region des Nahen und Mittleren Ostens so nahe kommen, dass wir über 70 Jahre Konflikt hinter uns lassen können. „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ Ich will nicht zu euphorisch und ganz bestimmt nicht naiv klingen. Mir ist klar, dass es sich hier- bei nicht um eine „Liebesbeziehung“ handelt. Es entwickelt sich vielmehr eine Interessenge- meinschaft zwischen dem jüdischen Staat und den sunnitisch-arabischen Staaten der Golfre- gion. Dabei stehen wir alle einem gemeinsamen Feind gegenüber: dem persisch-schiitischen Ajatollah-Regime in Teheran. Es scheint ganz so, als ob das Sprichwort „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ in diesem Fall den Na- gel auf den Kopf trifft. Denn so wie Israel eine existenzielle Bedrohung in Bezug auf die Ma- chenschaften des Iran wahrnimmt, so tun dies auch die arabischen Staaten: Unter anderen se- hen Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain die radikale Expansionspo- litik der schiitisch-islamischen Republik nicht nur als eine existenzielle Gefahr für ihre eigene Herrschaft, sondern auch für die Vormachtstel- lung der sunnitischen Ausrichtung des Islam über die muslimische Weltgemeinschaft. Es geht um sehr viel mehr, als manchem Be- Arye Sharuz Shalicar (l.) obachter in Europa bewusst ist. In Worten ist und Geheimdienstminister kaum zu beschreiben, wie dramatisch sich die Israel Katz im Oman Bis zu jenem Zeitpunkt war die sogenannte „An- Realität bestimmter Länder der Region auf ei- näherung“ zwischen Israel und der arabischen nen Schlag verändern würde, wenn sie nicht Welt für mich eine eher theoretische, sporadi- jetzt und sofort alle Verteidigungsmaßnahmen sche und nicht ganz stabile Angelegenheit. Eine, ergriffen, um sich vor einem durch den Iran die durch Teile der Medienlandschaft eventuell initiierten zukünftigen Umsturz im eigenen Foto: privat übertrieben und größtenteils vom Hören-Sagen Haus zu wappnen. Ein Blick in die Geschichte durch bestimmte Sicherheits- und Wirtschafts- der Konflikte seit der Entstehung des Islam vor 12
Magazin 2|19 etwa 1.400 Jahren lässt keinen Zweifel daran Agenden der arabischen Staaten stehen sollte, Jüngste Annäherungen - übrig, dass das letzte Wort noch nicht gespro- sondern die iranische Bedrohung. ein Auszug chen ist: Da gibt es zunächst eine nach wie vor Israel ist seit dem ersten Tag der Staatsgrün- November 2017 Eine nicht- heftige und blutige Rivalität zwischen Arabern, dung (und davor) in einer Situation des Dauer- politische Delegation aus Persern, Türken und Kurden einerseits sowie konfliktes, mal gegen mehrere Armeen gleich- Bahrain besucht Israel Sunniten und Schiiten andererseits. Es genügt zeitig, mal gegen eine Terror-Organisation im April 2018 Saudi-Arabiens ein Blick nach Syrien, wo mehr als 500.000 Libanon oder Gaza, mal konfrontiert mit einer Kronprinz Mohammed Bin Muslime durch andere Muslime ermordet wur- Welle von Selbstmordanschlägen. Doch das Salman erkennt Israels Exis- den. Rund zwölf Millionen Menschen wurden Land hat sich im Laufe der Zeit zu einem Zen- tenzrecht an wegen des in erster Linie internen muslimi- trum für Innovation der Sicherheitsindustrie Oktober 2018 Israels Premier schen Machtkampfes um Syrien entwurzelt. entwickelt. Dies ist einfach zu erklären: Wer Netanjahu ist auf Staatsbe- Auch ein Blick in den Jemen, dem kaum be- ständig unter Bedrohung steht und Angst um such im Oman achteten Hinterhof der Arabischen Halbinsel, seine Existenz hat, entwickelt Fähigkeiten und Oktober 2018 In den Verei- veranschaulicht deutlich, dass Krieg herrscht Know-How, insbesondere im Bereich der Vertei- nigten Arabischen Emiraten zwischen Muslimen – zwischen Persern, Ara- digung, aber auch des Angriffes. Die Golfstaaten erklingt anlässlich eines Judo- bern, Türken und Kurden, zwischen Sunniten haben diese Wehrhaftigkeit des kleinen jüdi- wettbewerbs erstmals offiziell und Schiiten. schen Staates zur Kenntnis genommen und so die israelische Nationalhym- Die regionale Entfaltung des schiitischen führt das eine zum anderen. ne. Israels Kulturministerin Iran tritt immer aggressiver zum Vorschein: Miri Regev ist zu Gast. durch seine Islamischen Revolutionsgarden, Kalkulierte Win-win-Situation November 2018 Israels seine Al-Quds-Brigaden, durch schiitische Mi- Verkehrs- und Geheimdienst lizen und Söldner, durch die Hisbollah im Li- Mittlerweile tritt immer öfter ans Licht, dass minister Israel Katz besucht banon und durch die Huthis im Jemen. Zudem sowohl israelische Sport- als auch Politikerdele- den Oman, der omanische unterstützt Teheran auch sunnitische Terror- gationen in den Golfstaaten sowie arabische Außenminister plädiert für Organisationen wie die Taliban, Al-Qaida, die Delegationen in Jerusalem und Tel Aviv zu Be- normale Beziehungen zu Israel Hamas und den palästinensischen Islamischen such sind. Der Sicherheitsaspekt hat auch sehr Februar 2019 Vertreter aus Dschihad im Gazastreifen. Es wurde etwas in viel mit wirtschaftlicher Kooperation zu tun Israel und arabischen Staa- Bewegung gesetzt, das bis vor wenigen Jahren und ist eine ganz klare Win-win-Situation, für ten treffen sich in Warschau unvorstellbar schien. Israel, und auch für die Golfstaaten. Jetzt gilt es, zu einer Nahost-Konferenz, Der Hauptgrund für die Annäherung zwi- geduldig abzuwarten, ob der noch größtenteils Bahrain spricht sich für eine schen den Golfstaaten und Israel ist somit ganz verdeckte Kontakt langsam immer offener statt- Normalisierung der Beziehun- klar der Iran, der sowohl eine nukleare und bal- finden wird. Vielleicht führt er sogar dazu, dass gen zu Israel aus listische Bedrohung als auch eine Terrorbedro- offizielle Gesandte benannt werden. März 2019 Der Außenminister hung von außen und von innen darstellt. Israel Während unseres Aufenthaltes im Oman wur- der Vereinigten Arabischen ist höchstwahrscheinlich der einzige Staat in der den wir rund um die Uhr von omanischen Si- Emirate Anwar Gargasch Region, der in der Lage ist, dem Iran militärisch cherheitsmännern beschützt. Es ist nun einmal plädiert für Beziehungen mit auf Augenhöhe zu begegnen und der sich zu nicht alltäglich, dass Vertreter des Staates Israel Israel verteidigen weiß. Die Golfstaaten hingegen sind dort unterwegs sind und es war mir somit kein weiterhin schlecht ausgerüstet beziehungswei- Dorn im Auge. Jedoch wünschte ich, dass dies se schlecht vorbereitet auf einen Krieg mit dem nicht nötig wäre und wir uns gegenseitig besu- um einiges mächtigeren Iran. Es ist unter ande- chen könnten, ohne Sorge vor Angriffen von ra- ren den Amerikanern zu verdanken, dass sich dikalisierten Fanatikern haben zu müssen. der Iran den Golfstaaten gegenüber noch relativ Doch an einem Abend, an dem ich mit drei zurückhält und eine direkte Konfrontation mei- Kollegen von einem Sicherheitsmann durch det. Dies heißt jedoch nicht, dass er nicht seine Muskat gefahren wurde, bat ich den Fahrer, bei Stellvertreter unter anderem in Syrien, im Liba- McDonald‘s anzuhalten. Zu meinem Erstaunen non, im Irak, dem Gazastreifen, in Afghanistan tat er das und so saßen wir vier Israelis kurze und im Jemen einsetzt, um diese Länder und Zeit darauf um einen Tisch, mitten im Restau- Gebiete intern zu schwächen und letztendlich rant. Wir aßen und tranken und sprachen laut Arye Sharuz Shalicar ist ein dem schiitischen Machtbereich unterzuordnen. auf Hebräisch. Es gab teils verstörte Blicke, teil- deutsch-iranisch-israeli- Es kommt nicht von ungefähr, dass allein Saudi- weise lächelte man uns an. Wir wussten nicht, scher Publizist. Der in Berlin Arabien zwischen den Jahren 2014 und 2018 ob irgendjemand uns als Israelis einordnen aufgewachsene ehemalige zum Importeur Nummer 1 moderner Waffen konnte, deshalb fällt es mir schwer, die Situation Sprecher der israelischen aus den USA, aus England, der Schweiz, Schwe- konkret einzuschätzen. Jedoch berührte mich Armee ist Abteilungsleiter für den und Kanada aufgestiegen ist. Mittlerweile diese eine Stunde im McDonald‘s am meisten an Auswärtige Angelegenheiten haben alle „Spieler“ verstanden, dass nicht Is- unserem Besuch im Oman, denn er hatte etwas im Nachrichtendienstministe- rael das Problem der Region ist und dass nicht von Freundschaft, von Gleichheit, von Vernunft, rium im Büro des israelischen „die palästinensische Sache“ an erster Stelle der von Freiheit. Ja, und von Frieden. | Premierministers. 13
ZEITZEUGEN ERINNERN SICH „Als Sadat kam, waren die Straßen voll“ Zwischen Kairo, Jerusalem Ägypten hat, ist eine gute Errungenschaft und und Teheran definitiv besser als Krieg. Charles Weiss Plötzlich war der Frieden so nah A ls Reporter der Tageszeitung „Jerusalem Sara Pragier Post“ wurde ich 1964 zur Eröffnung einer D neuen Fluglinie zwischen Israel und Dä- er Jom-Kippur-Krieg 1973 war ein großer nemark eingeladen. Dort traf ich auf Dan, einen Schock für das ganze Land gewesen. Da- jüdischen Dänen, der mir vorschlug, spontan mit mals war ich noch keine Reiseleiterin, ihm nach Ägypten zu fahren. In der Botschaft aber zwischen 1967 und 1973 war ich öfter mit Charles Weiss ist 1948 zum von Kopenhagen besorgte ich mir einen Pass und Freunden auf der Sinai-Halbinsel. Nach dem ersten Mal nach Israel ge- nahm alle Zeichen von mir, die mich als Israeli Sechs-Tage-Krieg war nicht klar, ob die Ägyp- kommen, wo er heiratete und auswiesen – so fuhren wir gemeinsam nach ter nochmal angreifen würden. Später, ich war seine Kinder großzog. Offiziell Ägypten. Das war ein Abenteuer: In einer Woche schon Reiseleiterin, war ein Teil des Sinai immer nach Israel eingewandert ist besuchten wir Luxor, Alexandria und in Kairo am noch in unseren Händen. Es war eine schöne er erst 2018, im Alter von 90 Schabbat einen Synagogengottesdienst. Von den Zeit: Wir schliefen am Strand, gingen morgens Jahren. etwa 20 Besuchern konnte einer sogar Hebräisch, schnorcheln und trafen viele junge Israelis. Nach er ließ Grüße an seinen Bruder in Petach Tikva dem Jom-Kippur-Krieg gab Israel Teile der Halb- ausrichten. Damals war an einen Friedensver- insel zurück: erst das Gebiet mit dem Öl, danach trag mit Israel nicht zu denken. Die Zustände in den Strand, danach die Hotels in Taba. Als Anwar Ägypten waren allgemein schrecklich, ich habe as-Sadat dann 1977 nach Jerusalem kam, waren nirgendwo so viel Armut gesehen. Sadats Besuch die Straßen in Jerusalem voll. Das King-David- in Jerusalem, 13 Jahre später, war überwältigend Hotel war damals DAS Hotel, und natürlich – nur vier Jahre nach diesem schrecklichen Krieg war er dort untergebracht. Ich besuchte meine von 1973 – das schien unmöglich! Freundin, die in der Keren-HaYesod-Straße, also Inzwischen arbeitete ich als Korrespondent direkt nebenan, wohnte. Ob ich das Auto von für die „Voice of America“, den staatlichen Sadat mit der Kolonne mit eigenen Augen gese- Auslandssender der USA, der Nachrichten-, hen habe oder in den Nachrichten im Kino, weiß Informations- und Kultursendungen produ- ich heute nicht mehr. Die Euphorie der Straße ziert. Im September 1978 schickten sie mich habe ich aber ganz sicher erlebt. Wir haben uns nach Teheran. Es war das erste Mal, dass ich alle so gefreut, der Besuch war ein Zeichen des eine echte Revolution erlebte. Man muss sich guten Willens und der Frieden war plötzlich so das mal vorstellen: Das Volk steht gegen den nah. Im Kino sahen wir auch das Abendessen mit Schah, also die Regierung, auf und ist auch Golda Meir und Sadat, es wirkte so natürlich und noch erfolgreich! Die Armee stand zum großen gemütlich, dass es kommentiert wurde: „Ein Ge- Teil loyal hinter dem Schah, sie schlugen die spräch von Oma zu Opa“. Proteste brutal nieder. Chomeini sandte perma- Als es dann 1979 endlich Frieden gab, fuhren nent Kassetten aus Paris, in denen er vom „gro- so viele Israelis nach Ägypten, dass die Ägypter ßen Satan USA“ und dem „kleinen Satan Israel“ nicht glauben wollten, dass Israel nur gute drei- sprach. Und mittendrin war ich, ein amerikani- einhalb Millionen Einwohner hatte. So ist das Sara Pragier ist 1944 in Uru- scher Reporter, und – o weh! – auch noch ein bis heute im Sinai. Ich bin damals nicht nach guay geboren und wuchs in Jude. Wirkliche Anfeindungen habe ich aber in Ägypten gefahren, weil ich dachte, so ein nahes Argentinien auf. 1961 machte der Zeit nicht erlebt, dafür aber sehr viel Neu- Ziel könnte ich noch mein ganzes Leben lang be- sie Alija nach Israel, wo sie Ar- gier. Die Leute wollten wissen, wie das Leben in suchen. Leider begannen dann später die Angrif- chitektur studierte und später Amerika und Israel wirklich ist. Ich berichtete fe auf Touristen aus aller Welt, sodass wir nicht Reiseleiterin wurde. damals über das Verfassungsreferendum, die mehr fahren konnten. Und dann sahen wir 1981 Flucht des Schah. Im April 1979 musste ich dann in den Nachrichten, wie Sadat erschossen wor- aber gehen, da wurde es für mich zu gefährlich. den war. Danach kam Mubarak und keiner wuss- Der Friedensvertrag, den Israel heute mit te, was aus dem Friedensvertrag werden würde. 14
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