SAM - der Schlimmste Anzunehmende Malamute

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SAM – der Schlimmste Anzunehmende Malamute von Eva Felizitas Nietiedt
Erschienen im Journal für Nordische Hunde, Ausgaben 12, 13,14 und 15 in den Jahren 1999 – 2000

SAM – der S chlimmste A nzunehmende M alamute

Von Eva Felizitas Nietiedt

Ein Fall für Spezialisten ……..

... ist ein Alaskan-Malamute. Kein mir bekanntes Buch über diese Rasse enthält eine
vollständige Beschreibung der rassetypischen Eigenschaften - oder wollen wir lieber gleich
Eigenarten sagen? Glaubt man der einschlägigen Literatur, sind sie wahre Traumhunde:
majestätisch und würdevoll, prächtig anzuschauen, widerstandsfähige, unerschütterliche
Naturburschen und vor allem liebenswerte Kumpel, die ihrem Herrn treu ergeben sind. Sicher,
ein typischer Malamute mag all diese wunderbaren Eigenschaften haben. Doch das ist nicht die
ganze Wahrheit. Da sind noch besagte Eigenarten, die auch einmal erwähnt werden sollten.

Ein erwachsener Malamute ist ein Athlet. Ein ungestümes, unzivilisiertes Raubein, das überhaupt
nicht weiß, wohin mit all seiner Kraft und Energie. Und davon hat er reichlich. Hinzu kommt sein
Dominanzverhalten, das sich mindestens im Umgang mit gleichgeschlechtlichen Artgenossen
zeigt, aber häufig auch gegenüber seinen Menschen. Ein solcher Hund ist zwar auch ein typischer
Malamute, leider aber auch ein Problem. Zum Glück ein lösbares. Um aus diesem Problem den
eingangs beschriebenen Traumhund zu machen, braucht man neben Liebe, Geduld, Optimismus
und unerschütterlichem Selbstvertrauen vor allem viel Zeit. Hundeerfahrung und ein paar Tipps
zum speziellen Umgang mit Alaskan-Malamutes schaden sicher auch nicht. Ersteres sollte man
haben, letzteres kommt hier.

Vom Richtigen Umgang mit Ratschlägen zur Hundeerziehung

Lernen Sie die richtigen Ratschläge zu erkennen und ignorieren Sie den Rest. Jeder Hund und
erst recht jeder Malamute ist eine eigene Persönlichkeit. Deshalb sind alle allgemeinen
Ratschläge sicher für irgendeinen Hund geeignet, aber nicht zwangsläufig auch für Ihren.
Niemand kennt Ihren Hund so gut wie Sie, deshalb lächeln Sie einfach freundlich, wenn Ihnen
ein wohlmeinender Schäferhund- oder Dobermannhalter rät, Sie müssten Ihn nur von der Leine
lassen, dann würde sich Ihr tobender, zähnefletschender Malamute schon ordentlich benehmen.
Lächeln Sie und lassen Sie es... Auch bei den unzähligen Ratgebern zur Hundeerziehung ist
immer Vorsicht geboten. Häufig erhalten Sie eine schöne Verhaltensmaßregel, aber niemand
verrät Ihnen die Konsequenzen. Drei Beispiele: Oft werden Sie den Rat finden, den Hund zu
füttern, bevor Sie essen, damit er nicht während Ihrer Mahlzeit bettelt. Gut und schön für einen
verfressenen Dackel. Einem dominanten Malamute sagen Sie damit kurz und bündig, dass er der
Chef ist - denn der frisst immer zuerst. Ein weiterer Klassiker unter den Ratschlägen für den
Hund, der nicht gern allein bleibt ist, dass Sie ihm ein getragenes Kleidungsstück zum Kuscheln
geben sollen. Der vertraute Geruch beruhigt ihn schließlich. An sich prima, aber bedenken Sie
bitte, dass Ihr Hund Ihren alten Jogging-Anzug nicht von Ihrem neuen Chanel-Kostüm
unterscheiden kann. Es ist nicht sein Fehler, wenn Sie irgendwann Ihr bestes Designer-Stück im
Hundekörbchen finden - voll mit Haaren, ein bisschen angesabbert und zerfleddert. Immer

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Tel. 074 41-95 19 95 Fax 074 41-95 19 96 mail: nothilfe@polarhunde.de
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Erschienen im Journal für Nordische Hunde, Ausgaben 12, 13,14 und 15 in den Jahren 1999 – 2000

wieder hört man auch den Rat, ein unerwünschtes Verhalten des Hundes zu unterbrechen, indem
man ihn erschreckt. Erst in dieser Woche war in einer großen Hundezeitschrift zu lesen, man
solle einem Hund, der sich gegenüber Passanten an seinem Gartenzaun aggressiv gebärdet, eine
Klapperbüchse ins Kreuz werfen, sobald er losstürmt. Das kann funktionieren, kann aber auch
völlig daneben gehen.

Davon stand kein Wort in der Zeitschrift. Ein Hund, der nur ein bisschen Kombinationsgabe
besitzt, aber nicht fähig ist, sein Verhalten und das Erscheinen des Passanten voneinander zu
differenzieren, wird die Klapperbüchse in seinem Kreuz eher mit dem Erscheinen des Passanten
verbinden. Daraus folgt: Wenn ein Passant kommt, bekommt der Hund die Klapperbüchse ins
Kreuz. Na Bravo, dann wird der Hund eventuell künftig noch wütender versuchen, Passanten zu
verbellen, um sie von seinem Gartenzaun und damit das Klapperding von sich fernzuhalten. Das
hängt außerdem noch .davon ab, wie sehr sich der Hund die Klapperbüchse zu Herzen nimmt.
Das können wiederum nur seine Menschen wissen. Sinnvoller wäre, den Hund mit etwas, das er
gern hat (Spielzeug, Schmusen, Leckerehen oder was immer ihm gefällt) abzulenken, dann dafür
zu sorgen, dass er nicht zähnefletschend am Zaun hängt, und ihn anschließend mit dem
Ablenkmittel zu belohnen. Ist natürlich ein bisschen anstrengender - man muss jedes Mal zum
Gartenzaun laufen, anstatt aus bequemer Entfernung nach ihm zu werfen. Die zweite Methode
erscheint aus drei Gründen besser: Erstens haben Sie nichts verdorben, wenn es nicht
funktioniert, zweitens könnte die Rasselbüchse auch jemand anderen treffen und drittens lernt der
Hund, etwas Positives mit dem Erscheinen von Passanten zu verbinden. Etwas Positives, das von
Ihnen ausgeht. Wenn er sich das gut genug eingeprägt hat, wird er möglicherweise irgendwann
automatisch nach Ihnen und seiner Belohnung Ausschau halten, sobald jemand auf der Straße vor
seinem Garten erscheint. Dafür ist die zweite Methode aufwendiger und hier müssen Sie die
richtige Belohnung auswählen. Wenn Sie an einer lebhaften Straße wohnen, ist ein Wiener
Würstchen pro Passant vielleicht übertrieben, wenn einmal pro Woche jemand vorbeikommt,
mag es praktikabel sein. Weil Ihr Malamute höchstwahrscheinlich überhaupt kein Theater macht,
wenn Menschen vorbeigehen, müssen Sie den Ratschlag ohnehin nur auf vorbeigehende Hunde
übertragen. Vielleicht ist Ihnen das auch alles zuviel und Sie ziehen einfach einen zweiten Zaun
ein paar Meter hinter dem ersten, damit Ruhe ist. Sie sehen: Hunde-Erziehungstipps sind wie
Medikamente, einige sind überflüssig, manche teuer und alle haben Nebenwirkungen (die ggf.
durchaus akzeptabel sein können), es fehlt nur leider zu oft der Beipackzettel. Es gibt kein
Allheilmittel und jeder benötigt etwas anderes. Überlegen Sie also sorgfältig, was Sie Ihrem
Hund beibringen und was er besser nicht lernen sollte. Probieren und beobachten Sie, was bei
Ihrem Hund funktioniert und was nicht. Folgen Sie nicht sklavisch irgendeinem Hundeknigge.
Wenn Ihr Hund nicht kommt, wenn Sie rufen, versuchen Sie es eben mit In-die-Hände-klatschen
oder Pfeifen. Seien Sie kreativ und denken Sie sich Lernmethoden aus, die Ihnen und Ihrem
Hund gefallen. Ihr Hund soll sich so entwickeln, dass Sie in Ihrem Alltagsleben zurechtkommen
und Freude an ihm haben.

Zum Umgang mit den nachfolgenden Ratschlägen folgendes:
Sämtliche Tipps sind konzipiert für den Schlimmsten Anzunehmenden Malamute - SAM. SAM
ist ein nicht kastrierter Rüde, soeben in die Flegeljahre gekommen, wiegt ungefähr 40 kg, verfügt
über einen enormen Dickkopf, kann Ihre Stimme nur dann hören, wenn Sie ihn zum Füttern
rufen, ist ein begeisterter Jäger und Raufer, kurz ein triebgesteuerter Irrer. Natürlich bleibt er
keine Minute allein zu Hause ohne ein fürchterliches Geheul anzustimmen und/oder alles zu

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zertrümmern, was auf seinem Weg liegt. SAM ist keineswegs sensibel oder schreckhaft, mutig
knurrt er Sie auch schon mal an, wenn Sie ihm beim Fressen zu nahe kommen. SAM hat
außerdem vor nichts und niemandem Respekt. Sie haben Ihren SAM vielleicht gerade von
jemandem übernommen, der nicht genug Zeit für Ihn hatte. Deswegen ist SAM auch ein bisschen
überaktiv und kommt einfach nie zur Ruhe.

Wie viel von SAM in Ihrem Prachtexemplar steckt, können nur Sie entscheiden. Deswegen
können auch nur Sie aus dem Folgenden die passenden Ratschläge bzw. die passende Dosis
auswählen.

Letzte Warnung: SAM ist ein normal nervtötender, aber im Grunde harmloser Hund.
Diese Tipps sind nicht geeignet für den Umgang mit Hunden. die an ernsthaften
Verhaltensstörungen leiden. Kranke und/oder gefährliche Tiere gehören auf jeden Fall in
die Hände des Tierarztes bzw. erfahrener Trainer oder Therapeuten.

Grundsätzliches

Geben Sie nie einen Befehl, den Sie nicht unmittelbar durchsetzen können, falls Ihr Hund ihn
nicht befolgt. Geben Sie jeden Befehl nur einmal. Wenn Sie Ihren Hund fünfmal rufen, lernt er
nur, dass er beim ersten Mal noch nicht kommen muss. Geben Sie keinen Befehl, wenn Sie
wissen, dass Ihr Hund ihn nicht befolgen wird, es sei denn, Sie können ihn durchsetzen.

Beobachten Sie, ob Ihr Hund Sie versteht. Mein Wundertier z.B. hört wirklich nicht gut. Er
konnte "Platz" und "Sitz" akustisch einfach nicht unterscheiden, also heißt "Platz" jetzt eben "Leg
Dich". Manche Hunde können auch optische Signale besser verstehen, es ist daher ratsam,
akustische Befehle mit einer passenden Geste zu kombinieren. Gebe ich meinem Hund ein
Hörkommando und vollführe dazu ein falsches Sichtzeichen, sage ich also beispielsweise "Sitz"
und zeige ihm das Handzeichen für "Laut", bellt er, obwohl ich "Sitz" gesagt habe. Dummer
Hund? Keineswegs. Er kann nur besser sehen als hören. Es liegt auf der Hand, dass es für einen
Menschen leichter sein muss, sich auf die Sprache des Hundes einzustellen, als umgekehrt. Also
lernen Sie seine Sprache - Sie verfügen schließlich über die höhere Intelligenz.

Körperliche Züchtigung? Vergessen Sie das. Geben Sie Ihrem Malamute mal einen Kalbsfuß
zum Knabbern. Schauen Sie ihm zu und überlegen Sie sich, ob Sie sich wirklich eine körperliche
Auseinandersetzung mit ihm erlauben können. Sie sollten sich deshalb auf physische
Behandlungen beschränken, die er versteht. Die Hand über den Fang legen kann er verstehen.
Wenn Sie mögen, können Sie ihm auch kurz in die Ohrläppchen beißen. Wenn er im Weg steht
und Sie ihn zur Seite schieben, wird er Sie verstehen, ebenso wenn er vorwärts will und Sie ihn
an der Leine zurückhalten. Alles andere kann er nicht verstehen. Versuchen Sie besser erst gar
nicht, ihn zu schlagen.

Zum Einsatz von Erziehungshilfen folgendes: Hier gilt der Vergleich mit den Medikamenten in
allerhöchstem Maße. Der Nutzen muss in angemessenem Verhältnis zur Beeinträchtigung stehen
und sie dürfen nicht zur Gewohnheit werden. Wenn ein Hund kaum vor die Tür kommt, weil ihn
keiner halten kann, mag es angemessen sein, vorübergehend mit einem Kettenhalsband zu üben.

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Es ist Ehrensache, keine Gerätschaften zu verwenden, die man nicht vorher an sich selbst
ausprobiert hat. Teletaktgeräte und ähnliches gehören überhaupt nicht hierher.

SAM hält sich für den Boss - Wie überzeugt man ihn vom Gegenteil?

Falls Sie große Dominanzprobleme mit Ihrem SAM haben, können Sie den Effekt der folgenden
Übungen verstärken, indem Sie mit SAM zum Üben ein paar Tage verreisen. Eine ungewohnte
Umgebung verunsichert jeden Hund und ist auch gut geeignet, eingefahrene Verhaltensmuster
aufzubrechen. Sollten Sie zu den wenigen Glücklichen gehören, die keine Dominanzprobleme
mit ihrem SAM haben, lesen Sie diesen Abschnitt ruhig trotzdem. Gerade im alltäglichen Leben
macht man häufig unbewusste Fehler, die SAM erst auf die Idee bringen, er könnte Rudelführer
werden. SAM ist natürlich ein ALPHA-Tier. Sie müssen für SAM eine stabile Rudelordnung
schaffen. Das hat nichts mit Unterdrückung zu tun. Sie tun SAM keinen Gefallen, wenn er nicht
weiß, welcher Rang ihm innerhalb des Rudels zukommt. Bestenfalls verwirren Sie ihn,
schlimmstenfalls ernennt er sich selbst zum Chef. Herrschen Sie königlich über Ihr Rudel. Ein
wahrer König schreit nicht hektisch herum, sondern bewegt sich aufrecht (Bauch rein, Brust raus
- nicht lachen!) und kommandiert souverän. Seien Sie ein imposanter Herrscher, den SAM
bewundern kann. Zeigen Sie SAM, dass Sie - und nur Sie - gewisse Privilegien genießen.

DESHALB NIEMALS...

... darf SAM sich vordrängeln. Wenn nicht genug Platz ist, dürfen Sie SAM nicht vorgehen
lassen (durch die Tür, durch eine enge Stelle im Haus, auf der Treppe usw.) auch wenn es Ihnen
unpraktisch erscheint. Sie sind der Chef und schreiten königlich voran. Ihr Gefolge hat hinter
Ihnen zu bleiben - oder haben Sie die Queen schon mal hinter Ihrem Prinzgemahl gehen sehen?

... SAM einfach tun lassen, was er mag. Befehlen Sie. Wenn Sie sehen, dass er sich hinlegen will,
sagen Sie schnell "Platz" (nur wenn Sie sicher sind, dass er es wirklich tut). Will er freiwillig aus
dem Auto springen, geben Sie trotzdem noch ein Kommando. Es macht für SAM einen großen
Unterschied, ob er tun kann, was er will, oder ob Sie es ihm befehlen.

... SAM zuerst füttern. Richten Sie den Tagesablauf so ein, dass SAMs Fütterung im Anschluss
an eine Ihrer Mahlzeiten erfolgt. Lassen Sie ihn schmachtend zusehen, wie Sie Ihre Mahlzeit
verzehren. Bleiben Sie standhaft. Es ist für jeden Hund völlig normal zu warten, bis ranghöhere
Tiere ihre Mahlzeit beendet haben. Wenn Sie satt sind, ist er dran.

... darf SAM sich auf der gleichen räumlichen Ebene wie Sie oder gar einer höheren befinden. Sie
sitzen nie auf dem Fußboden. SAM hat nichts auf dem Sofa oder dem Bett zu suchen. Es sei
denn, Sie sitzen auf dem Schrank.

... dürfen Sie SAM einen Wunsch erfüllen, ohne dass er vorher eine Geste der Unterordnung
zeigt. Er steht vor der Tür - Sie befehlen "Sitz", bevor Sie ihn hinauslassen, er bettelt um ein
Leckerchen - lassen Sie ihn sitzen, die Pfote geben oder was immer Ihnen geeignet erscheint.
Diese Übung hat auch einen praktischen Nutzen. Wenn SAM gelernt hat zu sitzen, wann immer
er etwas möchte, werden Sie im normalen Leben eher Beifall ernten. Stellen Sie sich vor, SAM
und Ihnen begegnet auf der Straße jemand, der etwas Essbares in der Hand hält. Variante 1: SAM

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springt an demjenigen hoch und versucht das Leckerchen aus der Hand zu schnappen. Variante 2:
SAM setzt sich vor denjenigen, setzt sein Babygesicht auf und gibt die Pfote. Was ist Ihnen
lieber?

... darf SAM sein Futter, einen Kauknochen oder ein Spielzeug knurrend vor Ihnen verteidigen.
Als ranghöheres Tier haben Sie jederzeit das Recht, Futter für sich zu beanspruchen. Üben Sie
das Wegnehmen gezielt. Nehmen Sie ihm, während er frisst, die Futterschüssel weg. Lassen Sie
SAM sitzen. Geben Sie ihm die Futterschüssel dann wieder. Klar, dass dann noch ein extra
leckeres Häppchen darin sein sollte. Sollte SAM so dominant sein, dass Sie sich nicht trauen, ihm
Futter wegzunehmen, fangen Sie damit an, dass Sie ihm sein Futter erst geben, wenn er platt auf
dem Boden liegt oder wenigstens sitzt. SAM darf auf keinen Fall schon mit dem Kopf im Napf
hängen, bevor sie ihn auf den Boden gestellt haben. Erst auf Ihr Kommando darf SAM aufstehen
und zum Napf gehen. Nötigenfalls müssen Sie ihn anbinden oder sich von jemandem helfen
lassen, der ihn festhält. Bleiben Sie in SAMs Nähe während er frisst, wenn möglich, streicheln
Sie ihn. Üben Sie das solange, bis Sie mit dem Wegnehmen anfangen können.

... inkonsequent sein. Ihr erstes "Nein" sollte SAM schon treffen, während er sich die nächste
Untat gerade ausdenkt. Und es bleibt bei einem "Nein". Hört er nicht, müssen Sie einschreiten.
Sagen Sie dreimal "Nein" und lassen ihn dann doch gewähren, haben Sie verloren.

... darf SAM ein Augen-Duell gewinnen. Das "Niederstarren" ist ein Unterordnungsritual, das
man auch gut bei Hunden untereinander beobachten kann. Das direkte Anstarren ist
Herausforderung, der Unterlegene senkt zuerst den Blick. Vielleicht ist Ihnen auch schon einmal
aufgefallen, dass die meisten Hunde einen nicht direkt ansehen. Der typische "Hundeblick"
kommt immer so ein bisschen von unten. Ein Hund, der Sie nur von unten herauf oder gar nicht
ansieht, wird keine Dominanzprobleme verursachen, weil er sich von sich aus schon unterordnet.
SAM allerdings blickt jedem unbefangen ins Auge. Das allein ist noch neutral, weder
Unterordnung noch Herausforderung. SAM empfindet Menschen grundsätzlich nicht als
bedrohlich, deshalb hat er es nicht so eilig, beschwichtigende Gesten der Unterordnung zu
zeigen. Weil Sie SAM durch das Anstarren zu einem Rangkampf herausfordern, ist hier Vorsicht
geboten. Fangen Sie kein Augen-Duell an, wenn Sie nicht absolut Herr der Lage und sicher sind,
es zu gewinnen. Wenn SAM damit beginnt, Sie zu fixieren, und Sie die Situation als bedrohlich
empfinden, müssen Sie den Kampf beenden, ohne ihn zu verlieren. Das heißt, Sie dürfen auf
keinen Fall wegblicken, besser ist es, SAM abzulenken. Es reicht, wenn er nur einen Moment den
Kopf bewegt. Machen Sie irgendein Geräusch oder etwas anderes, das seine Aufmerksamkeit
erregt. Achten Sie gut darauf, ob SAM Sie anstarrt, wenn Sie es möglicherweise gar nicht
bemerken. Wenn Sie die Situation im Griff haben, machen Sie sich das Ritual zunutze, um SAM
klarzumachen, dass Sie der Chef sind. Erwidern Sie seinen Blick oder starren Sie ihn an, bis er
aufgibt. Er wird entweder irgendwann deutlich den Blick senken oder verlegen etwas
"Wichtiges" tun, vielleicht muss er sich gerade am Ohr kratzen oder gähnen. Dann geht die
Runde an Sie.

... SAM als Sieger aus einem Spiel gehen lassen. SAM rauft gern und hat viel überschüssige
Kraft. Deshalb gefallen ihm Zerr-Spiele besonders gut, Bälle zu apportieren mag SAM nur
gelegentlich. Solche Spiele sind eine wunderbare Sache. Sie und SAM haben gemeinsam Spaß,
SAM ist beschäftig und liebt Sie dafür, deswegen haben Sie seine volle Aufmerksamkeit und

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ganz nebenbei können Sie SAM seinen Platz in der Rangordnung verdeutlichen. Angenommen,
Sie balgen mit SAM um ein Seil, achten Sie darauf, dass SAM nicht das Seil bekommt und damit
verschwindet. Überlassen Sie es ihm nur, wenn Sie sicher sind, es ihm wieder abnehmen zu
können. Es schadet auch nicht, wenn Sie SAM mal kurz "Sitz" machen lassen, bevor er an dem
Spielzeug zerren darf. Üben Sie "Aus", indem Sie ihm das Spielzeug kurz wegnehmen. Klar, dass
SAM es zur Belohnung gleich wiederbekommt. Machen. Sie sich klar, was solche Spiele für
SAM bedeuten. Sie glauben er spielt ja sooo niedlich - von wegen - Ihr SAM ahmt Kampf-,
Jagd- und Beuterituale nach. Und bei der Jagd im Rudel hört alles auf ein Kommando, das des
Chefs. Also müssen Sie den ganzen Ablauf des Spielgeschehens bestimmen. Ebenso wichtig ist,
dass SAM die Beute am Ende der Jagd bei Ihnen abliefert. Das kann geschehen, indem Sie das
Spiel beenden, wenn SAM Ihnen den Ball gebracht hat oder Sie ihm das Seil weggenommen
haben. Spielen Sie nicht solange, bis SAM keine Lust mehr hat. So bleibt das Spiel für ihn
attraktiv und außerdem nutzt es Ihnen nichts, wenn Sie die Beute zwar haben, SAM sich aber
schon lange nicht mehr dafür interessiert. Sie dürfen sich auf SAMs Spielaufforderung übrigens
ruhig einlassen. Auch im Hunde- bzw. Wolfsrudel werden Spiele häufig von rangniederen Tieren
angeregt. Vorsicht! Sie müssen auch hier die richtige Balance finden. Der Chef hat nicht immer
Zeit für alberne Spielchen. Manchmal hat er keine Lust oder etwas Wichtigeres zu tun. Es darf
nicht dahin ausufern, dass Sie gehorchen, wann immer SAM spielen möchte.

... Unterwerfungsgesten unterdrücken. Wenn SAM zur Begrüßung an Ihnen hoch springt und
versucht, Ihnen durch das Gesicht zu lecken, finden Sie das vielleicht lästig, SAM aber vollführt
ein Ritual der Unterwerfung. Er huldigt seinem Chef und zeigt dies, indem er auf eine infantile
Verhaltensweise zurückgreift: Welpen animieren auf diese Weise die Alttiere, ihnen Futter
vorzuwürgen. Wann immer SAM als Erwachsener sich verhält wie ein Welpe, ist das eine
Demutsgeste. SAM könnte nie verstehen, warum er dafür bestraft wird. Wenn Sie
Dominanzprobleme mit SAM haben, ist es der Entwicklung Ihrer Beziehung auch wenig
zuträglich, SAM ausgerechnet dann zurückzuweisen, wenn er sich einmal submissiv verhält. Da
müssen Sie also durch. Vielleicht gehen Sie vor SAM in die Hocke, damit er Sie beim
Anspringen nicht umwirft oder beschmutzt, weichen Sie seiner Schnauze ein bisschen aus, damit
das Schlecken danebengeht - dann ist das Ritual trotzdem eingehalten. Falls Sie es wirklich
unerträglich finden, können Sie es ihm abgewöhnen, wenn sich die Beziehung zu SAM
stabilisiert hat.

... SAM zuerst begrüßen. Falls außer Ihnen noch weitere Menschen zur Familie gehören, gilt
wann immer jemand heimkommt: zuerst werden die Menschen begrüßt, SAM muss sich hinten
anstellen. Wenn er versucht, sich vorzudrängeln oder als erster am Gartentor ist, ignorieren Sie
ihn. Begrüßen Sie ihn nach den anderen Familienmitgliedern, dann aber ausgiebig. Auch das
Empfangen von Gästen sollten Sie nicht SAM überlassen. Erst umarmen Sie den Besuch, dann
darf SAM begrüßt werden.

... darf SAM den Anführer spielen. Will er rechts herum, gehen Sie nach links. Wollten Sie
ursprünglich nach rechts? Dann gehen Sie nur ein paar Schritte in die andere Richtung und
machen dann kehrt. Wichtig ist nur, dass Sie sagen, wo es langgeht.

Quelle: Journal für Nordische Hunde, Ausgabe 12, Dezember 1999, S. 28 -33

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SAM allein zu Haus - Wie macht man dem Hund das Alleinbleiben schmackhaft?

Dass SAM nicht gern allein bleibt, ist völlig normal, er ist schließlich ein geselliges Rudeltier.
Trotzdem ist es je nach den Lebensumständen in SAMs Familie mehr oder weniger nötig, dass er
lernt, daheim zu bleiben, ohne das Haus zu verwüsten und die Nachbarn zu erzürnen. Die
Nachbarn sind übrigens Ihre wichtigsten Helfer bei dieser Lektion für SAM. Selbstverständlich
müssen Sie dafür sorgen, dass Ihre Nachbarn Ihnen und SAM gewogen sind. Also bitte, bei
Beschwerden nicht gleich die Nerven verlieren. Bleiben Sie freundlich, entschuldigen Sie sich
(Pralinen und Blumen wirken Wunder!) und machen Sie Ihre Nachbarn zu Verbündeten. Häufig
reagieren Nachbarn, die sich zuerst beschweren, sehr nett, wenn man Ihnen erklärt, wieso SAM
heult oder randaliert und sie um ihre Hilfe bittet. Es ist hoffentlich klar, dass Sie SAM nicht
nachts oder den ganzen Sonntag lang allein zuhause lassen und dass Sie sich mit den betroffenen
Nachbarn abstimmen und auf besondere Ruhewünsche Rücksicht nehmen. Ihre Nachbarn sind
diejenigen, die Ihnen berichten können, was SAM tut, wenn Sie nicht da sind. Falls von Ihren
Nachbarn gar keine Hilfe zu erwarten ist, müssen Sie ggf. auf technische Hilfsmittel
zurückgreifen. Auch Tonband- oder Videoaufzeichnungen können dazu beitragen, Informationen
über SAMs Verhalten während Ihrer Abwesenheit zu bekommen. Denn um SAM dazu zu
bringen, ohne Probleme allein zu bleiben, ist es hilfreich, zunächst herauszufinden, warum SAM
Schwierigkeiten mit dem Alleinsein hat. Dazu sind folgende Informationen wichtig:

Wann beginnt SAM zu heulen / zu randalieren - direkt nach Ihrem Weggehen oder eine
bestimmte Zeit später, oder vielleicht, wenn es an der Tür klingelt oder das Telefon läutet oder ist
gar kein Muster zu erkennen?

Wie lange hält SAM das durch? Dauert es eine bestimmte Zeit oder einfach immer solange, bis
Sie wiederkommen, oder gibt es äußere Ereignisse (Telefonklingel etc.), die ihn verstummen
lassen?

Verlaufen seine Aktivitäten nach einem bestimmten Muster? Springt er zum Beispiel erst von
innen gegen die Eingangstür und heult dann eine Stunde lang, um anschließend die Fußmatte
aufzufressen?

Diese Informationen können Ihnen schon weiterhelfen. Wird zum Beispiel SAMs Geheul vom
Läuten des Telefons ausgelöst, schaffen Sie eines an, dessen Klingel sich abschalten lässt. Hört er
dagegen auf, sobald das Telefon läutet, können Sie einen Nachbarn bitten, bei Ihnen anzurufen,
wenn SAM loslegt. Generell ist klar, dass Sie äußere Einflüsse, die SAM stören oder aufregen
könnten, abschalten müssen. Außerdem ist es sinnvoll, profane Gründe auszuschließen, bevor Sie
an die aufwendige Arbeit gehen, SAM zum Allein bleiben zu erziehen. Kratzt er womöglich nur
deshalb an der Tür oder am Teppich, weil er versucht, sich seine zu langen Krallen abzuwetzen?
Natürlich haben Sie ungewöhnliches Glück, wenn die Lösung des Problems so einfach ist.

Ebenfalls eher unwahrscheinlich ist, dass SAM sich verpflichtet fühlt, das ganze große Haus zu
bewachen und notfalls auch zu verteidigen. Diese Variante des Problems tritt eher bei
wachsamen Hunden auf, die sich mit dieser Aufgabe überfordert fühlen und sich dann ängstigen.
Hier kann es helfen, den Bereich, in dem sich der Hund aufhält, zu verkleinern: Man schließt z.B.
die Zimmertüren, damit der Hund sich nur noch für den Flur verantwortlich fühlt. Auch ein

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Körbchen (möglichst mit Deckel = Höhle) kann hier hilfreich sein. SAM ist aber
höchstwahrscheinlich kein Wachhund, so dass diese Methode vermutlich auch nicht zum
gewünschten Erfolg führt. Trotzdem können Sie es probieren, um ganz sicher zu gehen.

Der wahrscheinlichste, Grund sind mehrere Gründe. SAM fühlt sich seinem Rudel eng
verbunden und mag einfach nicht allein sein. Möglicherweise bedrücken ihn auch noch
Verlassenheitsängste (interessant sind hier evtl. auch Informationen vom/über den Vorbesitzer).
Hinzu kommt, dass er sich allein langweilt und dann einfach irgendeine Beschäftigung sucht.
Häufig treffen all diese Faktoren zusammen und ergeben eine perfekte SAM -allein-zu Haus-
Katastrophe.

Das größte Problem, dass sich eigentlich auch kaum direkt angehen lässt, haben Sie, wenn
irgendein negatives Ereignis, das sich in Ihrer Abwesenheit, möglicherweise sogar in SAMs
Vorgeschichte abgespielt hat, Auslöser für seine Weigerung, allein zu bleiben ist. In diesem Fall
müssten Sie schon übersinnliche Fähigkeiten haben, um den wahren Grund herauszufinden.

Wenn es keinen eindeutigen Auslöser, den sie einfach abstellen können, für SAMs destruktives
Verhalten gibt, müssen Sie ihn langsam an das Alleinsein gewöhnen. Vergessen Sie dabei bitte
nie, dass SAM sich nicht aus Bosheit, sondern aus Hilflosigkeit so gebärdet. Die nachfolgenden
Maßnahmen helfen Ihnen dabei, SAM davon zu überzeugen, dass er ein paar Stunden allein
überleben kann.

Voraussetzungen: Unter bestimmten Umständen hat es keinen Zweck, von SAM zu verlangen,
dass er allein bleibt; z.B. wenn er krank ist, wenn er noch nicht lange genug bei Ihnen ist, um sich
daheim sicher und geborgen zu fühlen und besonders wenn er eventuell aufgrund einer
schwierigen Vorgeschichte ängstlich, überaktiv oder insgesamt unausgeglichen ist. Dann müssen
Sie diese Probleme zuerst bekämpfen.

Kleine Schritte machen. Lassen Sie SAM niemals länger allein, als er es aushalten kann; zu
Beginn der Übung gehen Sie eben nur eine Minute zum Müllkasten oder vor die Tür. Schaffen
Sie es, wieder da zu sein, bevor SAM loslegt, dann Loben, Belohnen, Loben und Belohnen!
Schaffen Sie es nicht, ignorieren Sie sein Geheul. Er wird es wahrscheinlich sowieso
unterbrechen, um Sie erleichtert zu begrüßen. Schimpfen oder Bestrafen sind hier unangebracht.
Zum einen weil SAM sein Treiben meist schon aufgeben wird, wenn er Sie bemerkt (und das
kann lange bevor Sie wieder bei ihm sind sein), zum anderen weil Sie wahrscheinlich nicht
wissen, warum SAM sich so verhält. Wenn Sie ihn bestrafen oder schimpfen, machen Sie es
möglicherweise nur noch schlimmer. Begrüßen Sie ihn normal, aber kurz. Machen Sie kein
großes Aufheben um SAM. Sobald SAM gelernt hat, eine Minute allein zu bleiben, lassen Sie
ihn zwei Minuten allein usw. Je nach SAMs Fortschritten (Nachbarn fragen!) verlängern Sie die
Zeit, bis es ausreicht.
SAM ist ein Gewohnheitstier. Schaffen Sie eine verlässliche Routine, auf die SAM vertrauen
kann. Planen Sie die Übungen zum Alleinbleiben so in den Tagesablauf ein, dass SAM sie
wieder erkennen kann. Er wird sich schneller an die Prozedur gewöhnen, wenn er schon weiß,
was passiert, sobald Sie beispielsweise mit ihm von der Morgenrunde zurückgekehrt sind. Wenn
er kapiert hat, dass Sie ihn immer zu einem bestimmten Zeitpunkt verlassen, ist es auch nicht
mehr so schwer, ihn davon zu überzeugen, dass Sie genauso zuverlässig zurückkommen.

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Vermeiden Sie, ihn zu wechselnden Tageszeiten und mit wechselnder Dauer allein zu lassen,
bevor SAM ohne Probleme allein bleibt. Das haben Sie anderswo genau anders gelernt? Häufig
hört man den Rat, sich heimlich hinaus zu schleichen, ohne dass SAM es bemerkt, damit er sich
nicht in eine herzzerreißende Abschiedspanik hineinsteigert. Kann funktionieren, muss es aber
nicht. Wenn es nicht funktioniert, könnte SAM eine wahre Panik-Attacke bekommen, sobald er
merkt, dass Sie verschwunden sind, und dann könnten Sie in diesem Moment überhaupt nichts
unternehmen, Sie erfahren vielleicht nicht einmal davon. Damit würden Sie sein unerwünschtes
Verhalten nicht nur hervorrufen, sondern verstärken. Eine weitere Folge wäre, dass er Ihnen
künftig überhaupt nicht von der Seite weicht aus lauter Angst, Sie könnten gleich wieder
verschwunden sein. Führen Sie besser ein festes Verabschiedungsritual ein. Darin sollte stets ein
bestimmtes Hörzeichen (z. B. "Tschüss, SAM") und ein Ablenkmittel (Kauknochen, Spielzeug,
etwas zum Kuscheln) enthalten sein. Wenn Sie Glück haben, ist Ihr SAM verfressen und nicht
ganz blöd. Er wird dann eines Tages schon darauf warten, dass Sie endlich verschwinden und ihn
mit seinem Kauknochen allein lassen. Bei unseren Hunden geht das so weit, dass sie, bevor wir
morgens das Haus verlassen, ihren "Hundekuchenerwartungsplatz" schon von allein aufsuchen
und eher genervt und unwillig reagieren, wenn wir von ihnen verlangen, dass sie uns begleiten.

Bleiben Sie locker. Auch wenn es schwer fällt! SAM bemerkt es, wenn Sie sich schon bevor Sie
aus dem Haus gehen unbehaglich fühlen. So unsensibel ist er gar nicht. SAM weiß ja nicht, dass
Sie sich um Ihre Wohnung und die nachbarschaftlichen Beziehungen sorgen. SAM glaubt dann,
Sie fänden das Alleinsein genauso schrecklich wie er. Damit bestärken Sie ihn nur in seiner
Überzeugung. Verabschieden Sie sich fröhlich und ohne großes Getue von ihm. Auf keinen Fall
dürfen Sie ihn mitleidig herzen und küssen oder das arme Hundchen bedauern!

Keine Panik! Sollte SAM sich in einen panikartigen Zustand hineinsteigern, bevor Sie aus dem
Haus gehen (er bellt hysterisch, rennt hin und her, springt aufgeregt an Ihnen hoch), müssen Sie
trotzdem gehen. Er darf keinen Erfolg damit haben und erreichen, dass Sie ihn mitnehmen oder
bleiben. Selbstverständlich gehen Sie in diesem Fall nur ein paar Meter oder vielleicht eine Etage
weit. Gebärdet er sich bei Ihrer sofortigen Rückkehr immer noch so, reagieren Sie verständnislos.
Regen Sie sich bloß nicht auf. SAM ist schon so aufgeregt, dass es für zwei reicht. Schimpfen Sie
kurz und bestimmt (kein hysterisches Geschrei, dafür sorgt er schon). Hilft das nicht, zwingen Sie
ihn, sich hinzulegen, das lenkt ihn ab und hilft ihm, sich zu beruhigen.

Ein derartiges Ereignis sollte sich nicht wiederholen, weil es SAM beim Erlernen des Alleinseins
zurückwirft. Fangen Sie in diesem Fall mit ganz kleinen Schritten an, indem Sie SAM zunächst
daran gewöhnen, dass Sie sich zu festen Zeiten nicht mit ihm beschäftigen. Lassen sie ihn
möglichst in einem anderen Zimmer darauf warten, dass Sie wieder Zeit für ihn haben. Bereiten
Sie das Abschiedsritual schon vor. Geben Sie SAM das Ablenkmittel, damit er sich daran
gewöhnt, sich allein damit zu beschäftigen. Das ist eine gute Gelegenheit, um nebenbei "Platz,
bleib" zu üben.

Danach machen Sie den nächsten kleinen Schritt, indem Sie das Abschiedsritual durchspielen,
um nur kurz vor die Tür zu gehen - vielleicht fegen Sie die Terrasse, oder wischen die Haus-/
Wohnungstür mal eben von außen ab. Wenn Sie das einige Male geübt haben, sollte Ihre Zeit vor
der Tür eigentlich schon für ein kurzes Schwätzchen mit den Nachbarn reichen. Sobald das
problemlos funktioniert, können Sie die Dauer Ihrer Abwesenheit in kleinen Abständen

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Erschienen im Journal für Nordische Hunde, Ausgaben 12, 13,14 und 15 in den Jahren 1999 – 2000

verlängern. Achtung! Jeder gelungene Versuch ist ein Erfolg, der SAM zeigt, dass die Welt nicht
untergeht, weil Sie ja wiederkommen, bevor er nervös wird. Schaffen Sie es nicht,
wiederzukommen, bevor SAM sich aufregt, müssen Sie damit rechnen, wieder ganz von vorn
anzufangen. Deshalb müssen Sie auch sorgfältig darauf achten, dass SAM allein nichts Negatives
erlebt. Ein Hund ohne Wasser oder mit Durchfall zuhause allein gelassen, ist ein Fehler, der
Ihnen nicht passieren darf. Diese Übung können Sie mit verschiedenen Maßnahmen unterstützen,
die das Allein bleiben für SAM zu einem freudigen Ereignis machen.

Verbotene Vergnügungen. Da SAM, wenn Sie daheim sind, vermutlich nicht auf dem Sofa oder
Bett liegen darf, wird er es höchstwahrscheinlich mit Genuss tun, sobald Sie fort sind. Lassen Sie
ihm den Spaß. Vielleicht hat SAM auch noch andere Vorlieben, die Sie ihm einfach verbieten,
wenn Sie da sind; damit er. sie umso mehr genießt, wenn Sie fort sind. Auch das Ablenkmittel
sollte ihm nur dann zur Verfügung stehen, wenn er allein ist. Reservieren Sie es ausschließlich
für diesen Zweck und lassen Sie es unauffällig verschwinden, wenn Sie heimkommen.

Das richtige Ablenkmittel müssen Sie selbst finden. Manch ein Hund liebt irgendein Spielzeug
oder Kuscheltier ganz besonders, andere können damit gar nichts, anfangen. Viele Hunde mögen
Kauknochen gar nicht, andere können stundenlang begeistert daran herumknautschen. Ist Ihr
Hund verfressen, haben Sie Glück, denn seine Gier kann ihn schon eine Weile beschäftigen. Sie
können zum Beispiel in einem oder mehreren Zimmern kleine Hundekuchen oder andere
Leckerchen verstecken, die SAM dann sucht, sobald Sie das Haus verlassen haben. Gehen Sie bei
der Auswahl der Verstecke sorgfältig vor! SAM ist imstande, einen Schrank umzuwerfen, weil
ein Leckerchen dahinter gerutscht ist. Vorsicht auch mit leicht verderblichen Leckerchen -
vielleicht übersieht SAM ja mal eines. Natürlich können Sie stattdessen auch Spielzeuge
verstecken. Mit einer Kombination aus beidem setzten Sie dem Ganzen die Krone auf.

Im Fachhandel sind z. ß. Spielzeugwürfel und -bälle aus Hartplastik erhältlich, die mit
Leckerchen / Trockenfutterbrocken gefüllt werden. Der Hund muss dann diesen Würfel so hin-
und herbewegen, dass ein Leckerchen nach dem anderen aus einer kleinen Öffnung fällt. Diese
Würfel sind leider recht teuer. Mit einer ausgedienten Getränkeplastikflasche erzielen Sie
denselben Effekt. Die hat den Vorteil, dass SAM sie auch noch hin- und hertragen kann, weil er
sie im Fang halten kann. Vorsicht! Achten Sie darauf, dass der Kunststoff nicht splittert. Bewährt
haben sich die Pfandflaschen eines koffeinhaltigen Getränks mit rotem Etikett. Sie können den
Schwierigkeitsgrad variieren, je nachdem, welche Größe die Flasche, die Futterbrocken und die
Öffnung haben. Wählen Sie den Schwierigkeitsgrad immer so, dass SAM sich anstrengen muss,
aber nicht die Lust verliert.

Sie können auch Leckerchen oder Spielzeug nach dem Babuschka-Prinzip in einen kleinen
Pappkarton stecken, den in einen größeren, diesen wieder in einen noch größeren... SAM dürfte
eine Weile beschäftigt sein, bis er alle Kartons zerfetzt und das Leckerchen vernascht hat.
Vorsicht! Wenn er daran gewöhnt wurde, zerreißt SAM in Zukunft jeden Pappkarton, den er
findet. Entfernen Sie also die Kartons, die Sie noch brauchen, aus SAMs Aktionsradius.

Wechseln Sie das Ablenkmittel, damit es nicht langweilig wird. Denken Sie sich neue aus. Wenn
Sie handwerklich begabt sind, basteln Sie vielleicht einen Mechanismus, der die Kühlschranktür
öffnet, wenn SAM den richtigen Knopf drückt. Unser SAM z. B. liebt es, gelegentlich

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Toilettenpapierrollen zu zerfleddern. Ja - bitteschön, wir opfern doch lieber eine Rolle
Toilettenpapier als unsere Möbel oder das gute Verhältnis zu unseren Nachbarn. Ihrer Phantasie
und Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt, wichtig ist nur, dass es SAM gefällt und
beschäftigt; außerdem muss ein Ablenkmittel natürlich ungefährlich und lärmfrei sein.

Die vertraute Umgebung. SAM wird mit dem Allein bleiben wesentlich besser zurechtkommen,
wenn er in einer gewohnten und ihm angenehmen Umgebung bleibt. Dazu gehört nicht nur sein
Heim, sondern auch alle übrigen Faktoren wie z. B. Gerüche und Geräusche, die möglichst
unverändert bleiben sollten, wenn SAM allein ist. Ist Ihr Haus üblicherweise eher lebhaft und
laut, dudeln Fernseher und Radio ständig, wenn jemand da ist, dann muss das auch so sein, wenn
SAM allein ist. Wenn Sie das Radio für ihn eingeschaltet lassen, hat das auch den Vorteil, dass
Außengeräusche (Hundegebell, Feuersirene), die ihn aufscheuchen könnten, ausgeblendet
werden. Geht es bei Ihnen aber normalerweise still und beschaulich zu, rauben Sie SAM
möglicherweise den letzten Nerv, wenn er die ganze Zeit vom Radio berieselt wird. Das gleiche
gilt, falls SAM sich von Musik zum "Mitsingen" animieren lässt. Aufregende Gerüche sollten Sie
von SAM fernhalten. Der Duft der läufigen Nachbarshündin trägt nicht dazu bei, ihn zu
beruhigen; ebenso wenig der Mittagsbraten Ihrer Nachbarn. Deshalb und auch aus
Sicherheitsgründen halten Sie die Fenster besser geschlossen.

Wer schläft, sündigt nicht. Sorgen Sie dafür, dass SAM müde ist, wenn er allein bleiben soll.
Das allein ist zwar kein Garant für problemloses Alleinbleiben, aber es dürfte klar sein, dass
überschüssige Energie und Langeweile ausgesprochen kontraproduktiv sind. Deshalb sollte SAM
vor dem Allein bleiben spazieren gehen und spielen, aber nicht unbedingt fressen. Sobald SAMs
Verdauung abgeschlossen ist, platzt er nämlich nicht nur vor Energie, sondern er muss auch
hinaus, um sich zu erleichtern. Natürlich sollte er auch nicht so hungrig sein, dass er versucht, die
Tapeten von den Wänden zu fressen. Das müssen sie - je nach dem wann und wie lange SAM
allein bleiben soll - sorgfältig planen. Beobachten Sie gut, zu welcher Zeit, in welchen
Situationen und an welchen Plätzen SAM sich entspannt und müde wird, bzw. wann er eher
munter umher springt. Nutzen Sie diese Gelegenheiten.

All diese Maßnahmen sollten dazu beitragen, dass SAM-allein-zuhaus nicht mehr länger mit
einer Katastrophe gleichzusetzen ist. Es kann aber lange dauern, bis SAM wenigstens ein paar
Stunden allein bleibt. Machen Sie sich klar, dass SAM kein Hund ist, der dazu geschaffen wurde,
ewig allein Haus und Hof zu bewachen. SAM ist keineswegs dazu geeignet, jeden Tag den
ganzen Tag allein zu bleiben (falls das überhaupt für irgendeinen Hund zutrifft). Sie müssen auch
immer damit rechnen, dass eine veränderte Situation wie z. B. geänderte Arbeitszeiten, Umzug
usw. die alten Probleme wiederaufleben lässt. Vorsicht ist auch im Urlaub geboten. Selbst wenn
SAM zuhause problemlos allein bleibt, heißt das noch lange nicht, dass er es auch im gemieteten
Ferienhaus tut (Achtung: Ausschlussklausel bei der Hundehalterhaftpflichtversicherung!). Und
besonders nach den Ferien empfiehlt es sich, immer ein paar Tage zur Umstellung auf den
Alltagstrott einzukalkulieren. Bedenken Sie bitte außerdem, dass es immer Zeiten und
Gelegenheiten geben wird, zu denen SAM absolut nicht allein gelassen werden darf, z. B. wenn
er krank ist, aber auch in der Silvesternacht, wenn er sich vor Feuerwerk fürchtet usw.
Entscheiden Sie sorgfältig, wie viel Sie ihm zutrauen und zumuten können.
Quelle: Journal für Nordische Hunde, Nr. 13, März 2000, S. 25-30

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SAM sucht einen Job - Wie beschäftigt man das Energiebündel ausreichend?

Mal ganz ehrlich - haben Sie nicht immer schon von einem Job in der Unterhaltungsbranche
geträumt? Herzlichen Glückwunsch, es ist soweit. Sie sind jetzt Entertainer. Na gut, Ihr Publikum
haben Sie sich vielleicht ein bisschen anders vorgestellt, aber auch die größten Stars müssen mal
klein anfangen. Wieso Sie einen Job haben, wenn SAM einen sucht? Das liegt daran, dass SAMs
Qualifikationen (Schlitten ziehen, Wild erlegen, Welpen aufziehen usw.) im mitteleuropäischen
Normal-Leben einfach nicht mehr gefragt sind. Auch die Umschulungsangebote für
Schlittenhunde sind recht dünn... Deswegen ist es nun Ihre Aufgabe, SAM angemessen zu
unterhalten. Wir wollen hier die zahlreichen bekannten Möglichkeiten, einen Hund körperlich zu
ermüden, nicht näher betrachten, denn dass ein Hund, der stundenlang getobt hat, irgendwann
müde ist, wissen Sie sicher schon und wahrscheinlich auch, ob SAM lieber mit Ihnen joggt oder
am Fahrrad läuft.

Darüber hinaus hat SAM aber auch ein Gehirn, das beschäftigt werden möchte. Wäre körperliche
Anstrengung allein ausreichend, um SAM auszulasten, würde das Aufstellen eines Laufbandes
aus dem Fitness-Studio im Wohnzimmer völlig genügen, aber so einfach ist das leider nicht.
Auch wenn die Verhaltensforschung gerade den Malamuten das attestiert, was sie "geringe
Arbeitsintelligenz" nennt, bedeutet das nicht, dass SAM dumm ist und nicht geistig gefordert
werden soll. Er denkt (und handelt!) nur anders als ein "arbeitsintelligenter" Hund.

Geht man davon aus, dass es SAMs normalem Rhythmus entspricht, ungefähr 2/3 des Tages zu
verdösen und zu verschlafen, sind immerhin noch acht Stunden übrig, in denen er irgendeine
Betätigung braucht. Selbst wenn Sie etwa dreimal täglich je eine Stunde mit ihm spazieren gehen,
bleiben noch weitere fünf Stunden, in denen SAM nach Unterhaltung und Beschäftigung lechzt.
Stellen Sie sich SAMs Erlebniswelt einmal ernsthaft im Vergleich zu Ihrer vor: SAM hat keinen
stressigen Job, von dem er sich entspannen muss. Wenn Sie bei der Arbeit sind, langweilt er sich
ohnehin. Unterhaltungen, die Ihnen Vergnügen bereiten, sind für ihn unverständlich. Er kann
nicht lesen, fernsehen, ins Theater oder Kino gehen usw. Die Behauptung, manch ein Hund sei
imstande, Musik wirklich zu genießen, müsste vielleicht noch näher untersucht werden. SAM hat
keine Aufgaben, die ihn ausfüllen (Beruf, Familie, Hobbies etc). Ohne Sie erlebt er einfach
nichts. Sie sind sein Schlüssel zur Welt. Wollen Sie wirklich wissen, wie das ist? Setzen Sie sich
mal eine Viertelstunde ganz allein daheim auf Ihr Sofa und tun Sie einfach nichts, ohne so müde
zu sein, dass Sie ausruhen oder schlafen müssten. Kein Buch, kein Telefonat, kein Fernsehen,
kein Radio, keine Musik, kein Kreuzworträtsel - wie finden Sie das? Nervtötend, langweilig,
beunruhigend, es macht jedenfalls keinen Spaß? Genau das ist es, was SAM vermutlich den
größten Teil seines Lebens erlebt - nichts.

Hier sind Sie nun gefordert. Um einen ausgeglichenen Hund aus SAM zu machen, müssen Sie
ihm auch "geistige Nahrung" anbieten. Dazu gehört zum einen, ihn einfach zu beschäftigen, zum
anderen aber, ihm ständig neues beizubringen. Er muss sowohl lernen und entdecken als auch das
Erlernte verwenden können. Egal, ob Sie ihm ein Kunststückchen beibringen oder mit ihm einen
neuen Wald erkunden, SAM muss auch Denksport betreiben.

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"Pfote", "Laut" und "Toter Hund"

Jetzt höre ich schon die Puristen unter den Tierschützern schreien: Kunststückchen, alberne
Mätzchen, das ist unwürdig, auch ein Tier verdient Respekt und Männchenmachen gehört nicht
zu einer artgerechten Haltung...

Von mir aus - bitteschön. Aber ein Hund, der fröhlich grinsend und stolz seine Belohnung
erwartet, nachdem er sein möglicherweise tatsächlich albernes Kunststückchen vorgeführt hat,
erscheint mir nicht so erniedrigt wie ein Hund, der vor lauter Langeweile seinen Schwanz frisst
oder seine Pfoten blutig knabbert. Über die so genannte artgerechte Haltung lässt sich außerdem
ohnehin trefflich streiten. Also bringen Sie SAM ruhig jedes Kunststück bei, dass Ihnen beiden
ein- und gefällt. Besser Blödsinn lehren, als gar nichts. SAMs "Arbeitsintelligenz" wird
vermutlich für das Hereinholen der Morgenzeitung nicht ausreichen, aber wenigstens Pfötchen
geben, Toter-Hund, auf Kommando bellen und eine Rolle über den Rücken sollten drin sein.
Wenn Sie SAM ein paar solcher Kunststücke gelehrt haben, müssten Sie eigentlich schon wissen,
wie SAM lernt. Vermutlich fällt es ihm leichter, ganze Folgen von bekannten Befehlen zu
"speichern" und gleich einer Stapelverarbeitungsdatei ablaufen zu lassen, als einzelne neue zu
lernen. Diese Fähigkeit sollten Sie unterstützen und ausbauen. Lassen Sie ihn ruhig eine ganze
"Zirkusvorstellung" einüben, Hauptsache sein Geist wird dabei benutzt.

Wie man SAM überhaupt etwas beibringt? Genauso, wie SAM sich selbst etwas beibringt. Oder
haben Sie SAM gelehrt, wann immer die Klingel ertönt, zur Tür zu stürzen? Das Grundmuster
besteht also aus dem Auslöser(Türklingel) und SAMs Handlung (zur Tür rennen) sowie der
anschließenden Belohnung (Besuch, der neugierig begutachtet wird). Als Auslöser kommt
natürlich auch ein von Ihnen gegebenes Kommando (aber auch jedes andere Zeichen) in betracht,
dann bringen Sie SAM dazu, die gewünschte Handlung auszuführen (bei "Sitz" z. B. drücken Sie
sein Hinterteil auf den Boden) und belohnen ihn anschließend. So einfach ist das.
Üben Sie jeden neuen Befehl nur solange, bis SAM es einmal richtig gemacht hat. Nur so weiß
er, dass er Sie richtig verstanden hat. Wiederholen können Sie dann bei der nächsten
Übungsstunde. Wie oft und wie lange SAM sich ausreichend konzentrieren kann, müssen Sie
selbst herausfinden. Mit ein bisschen Aufmerksamkeit erkennen Sie schnell, ob SAM in der
richtigen Stimmung zum Lernen ist, oder lieber herumalbern möchte.

Rätselraten

Eine weitere schöne Methode, SAMs Geist zu beschäftigen, sind Rätselaufgaben. Ein Rätsel
kann schon darin bestehen, dass Sie unbeobachtet ein Möbelstück in ein anderes Zimmer räumen
(oder etwas ausrangiertes auf den Dachboden) und SAM danach suchen lassen. Er wird wie
gewohnt ins Zimmer trotten und aufmerksam werden, wenn er die Veränderung bemerkt. Jetzt
müssen Sie die Suche starten. Tun Sie, als wären Sie über das verschwundene Möbelstück
genauso erstaunt wie er. Spielen Sie mit großen Gesten Theater. Animieren Sie ihn, hinter Ihnen
herzulaufen und führen Sie ihn langsam in die richtige Richtung. Wenn das Möbelstück gefunden
ist, loben Sie ihn überschwänglich. Vielleicht liegt zufällig ja auch noch ein Futterbröckchen auf
dem alten Sessel? Nach diesem Prinzip können sie SAM eigentlich alles und jeden suchen lassen.
SAM hat zwar nicht all zuviel Talent zum Suchhund, aber vermutlich macht er trotzdem gern
mit.

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Andere Rätselaufgaben können Sie sich natürlich auch ausdenken. Sind Sie Bastler, bauen Sie
ihm vielleicht einen Irrgarten, liegen Sie lieber beim Fernsehen auf dem Sofa, schalten Sie mal
ein Programm ein, in dem Wölfe oder Hunde vorkommen. Wenn SAM aufmerksam horcht, tun
Sie, als würden Sie auch nach den Hunden Ausschau halten. Sie wären nicht der erste Mensch,
der schnüffelnd mit seinem SAM hinter dem Fernseher sitzt. Allerdings kapiert SAM bald, dass
er die Hunde zwar hören, aber nicht sehen oder riechen kann. Macht nichts, jetzt denken Sie sich
eben etwas Neues aus.

Vielleicht besorgen Sie sich auch ein Hundebuch, in dem ein Intelligenztest enthalten ist. Wie
ernst Sie und SAM so einen Test und sein Ergebnis nehmen, bleibt Ihnen überlassen, aber es ist
eine recht unterhaltsame Beschäftigung für Mensch und SAM. Außerdem bekommen Sie dabei
interessante Einblicke in SAMs Art zu denken.

Neues entdecken

SAM ist neugierig. Im wörtlichsten Sinne. Also seien Sie nett, und gehen Sie nicht dreimal am
Tag dieselbe Runde. Das ist ihm einfach zu langweilig. Wann immer es Ihnen möglich ist, sollten
Sie Ihre Spaziergänge in unbekannte oder lange nicht besuchte Gebiete verlegen, am besten
fahren Sie ein Stück mit dem Auto. SAM liebt es, neue Wege zu entdecken und unbekannte
Gerüche zu erschnüffeln.

Wenn etwas Ungewöhnliches am Wegesrand erscheint, machen Sie SAM darauf aufmerksam.
Das kann ein Holzstoß am Waldesrand, ein umgestürzter Baum oder ein neu aufgestelltes
Verkehrsschild sein. Erkunden und beschnüffeln Sie das seltsame Ding gemeinsam. Überprüfen
Sie, ob der Holzstoß stabil und fest ist. Dann können Sie SAM dazu bringen, darauf zu klettern.
Damit haben Sie eine Denk-Aufgabe mit einer Geschicklichkeitsübung verbunden. Es ist für
SAM nämlich gar nicht so einfach, auszubalancieren, wo die Pfoten Halt finden. VORSICHT:
Wenn Sie SAM das Klettern lernen lassen, kann er das auch zuhause am Gartenzaun! Auch die
Kletterübung können Sie wieder mit einer kleinen Belohnung garnieren, ebenso den
umgestürzten Baum: Lassen Sie z. B. unbemerkt ein Leckerchen in das Wurzelloch des
umgestürzten Baumes fallen. Scharren Sie mit dem Fuß ein bisschen Erde darüber. SAM wird
sofort herbeigestürzt kommen, um Sie beim Graben zu unterstützen. Das Ausbuddeln der
Belohnung ist zum einen eine vernünftige Beschäftigung für ihn und darüber hinaus wird er Sie
dafür anbeten, dass Sie diese tolle Stelle "erschnüffelt" haben. Damit vermitteln Sie ihm noch
ganz nebenbei, dass es sich für ihn lohnt, auf Sie zu hören. Vorsicht: Nebenwirkung! Wenn Sie
Ihren SAM grundsätzlich dazu erziehen, draußen gar nichts zu fressen, dann kommt dieser Spaß
natürlich nicht infrage.

Grundsätzlich sollten Sie SAM an alle unbekannten Dinge heranführen, an solche, die ihn
erschrecken, aber sehr vorsichtig. Zwingen sollten Sie ihn nicht. Ein selbstbewusster,
ausgeglichener SAM, der noch keine schlechten Erfahrungen gemacht hat, wird selbst einen
dröhnend rotierenden Betonmischer interessant finden. Achten Sie aber stets darauf, ihn nicht an
Dinge zu gewöhnen, die ihm gefährlich werden könnten. Baugruben z. B. sind, auch wenn Sie
noch so spannend riechen, absolut tabu.

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