Jüdische Allgemeine Ein anderer Blick auf die Welt - Anzeigenpreisliste Nr. 39 gültig ab 1. Januar 2019 - Jüdische Allgemeine
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Jüdische Allgemeine Ein anderer Blick auf die Welt Jüdische Allgemeine www.juedische-allgemeine.de wochenzeitung für politik, kultur, religion und jüdisches leben 4 10 21 DEAL STREIT MINJAN Die griechisch-orthodoxe Warum die Zehn Männer sollen Kirche verkauft in Israel Schweriner Gemeinde es sein: Das Quorum für massenhaft Land an ihren Friedhof den Gottesdienst hat ausländische Firmen nicht nutzen kann biblischen Ursprung BERLIN, DEN 26. OKTOBER 2017 6. CHESCHWAN 5778 CH 4,00 SFR | A 2,50 EURO | BENELUX 2,50 EURO | F 2,50 EURO | D 2,20 EURO 72. JAHRGANG NR. 43 A 1107 EINSPRUCH INTERVIEW Josef Schuster über Jan Fingerland den Einzug der AfD rät nach den Wahlen in den Bundestag und Unsere in Tschechien zur die daraus folgenden Gelassenheit politischen Konsequenzen Dummheit im Lande Kafkas geistige »Beunruhigendes Gefühl« Heimat Normalerweise rufen Wahlen in Tsche- Herr Schuster, nun bildet sich das Wahler- chien kein internationales Echo hervor. gebnis im Bundestag ab. Die AfD sitzt im Nicht einmal in den Nachbarländern. Aber Parlament. Was löst das in Ihnen aus? diesmal ist alles anders, denn es ist ja die Mir ist mulmig zumute, das sage ich ganz ANO-Bewegung von Andrej Babiš, die die offen. Es ist ein bedrückendes und beunruhi- Wahlen gewonnen hat. Von einem neuen gendes Gefühl, zu wissen, dass jetzt Men- Sieg des Trumpismus wird geschrieben, DEBATTE schen im Bundestag sitzen, die nach meinem sogar von einer fremdenfeindlichen Welle. Eindruck gerne die NS-Vergangenheit ver- Diese Erklärungen sind klug, aber falsch. Bei der Auseinandersetzung über schweigen würden und gezielt Stimmung ge- Es gibt in Tschechien keinen Anstieg der gen Muslime und Asylbewerber machen. Ge- Fremdenfeindlichkeit, sondern eine irratio- Begrifflichkeiten geht es auch um rade an diesem historischen Ort weckt das nale Revolte gegen die politische Klasse – ungute Gefühle. mit der sich letztlich die Tschechen selbst Liebe, Stolz und Politik schaden könnten. Aber: ANO ist keine Sie sagten bereits an anderer Stelle, dass rechtsnationale Bewegung à la Orbán oder Ihnen das Sorgen bereitet. Welche sind das Kaczynski in Ungarn oder Polen. Es handelt konkret? sich vielmehr um das Unternehmen eines Es ist die Sorge, dass es der AfD mit gezielten klugen und manipulativen Geschäftsman- Provokationen gelingen könnte, Themen zu nes, dessen einzige Ideologie darin besteht, setzen und öffentliche Debatten auszulösen. Illustration: Marco Limberg seine eigene Firma nach vorne zu bringen. Sie rühren dabei besonders gern an Dingen, In seinen Ausbrüchen von Selbstmitleid die eigentlich stets zum Grundkonsens der ähnelt er Trump, und wie der inszeniert Bundesrepublik gehörten, wie zum Beispiel sich auch Babiš als Kämpfer gegen Korrup- die Religionsfreiheit. Ich frage mich, ob die tion und Ineffizienz in der Politik. Erstaun- anderen Parteien immer so standhaft sein licherweise haben die Tschechen beschlos- werden, auch dann dagegenzuhalten, wenn sen, so einem zu glauben, obwohl die die AfD-Forderungen populär sind. Wirtschaft wächst, das Land recht sicher ist und solch wichtige Bereiche wie die Ge- v o n S e r g e y L a g o d i n s ky Begriff selbst war und ist also auch im – egal welcher Generation – eine politische Welche Aufgabe haben jetzt die anderen D sundheitsversorgung gut funktionieren. Nachkriegsdeutschland nie ausschließlich Nachfrage nach einem neuen Verhältnis zu Parteien im Parlament? Aber sind Babiš und seine Wähler frem- eutsche Heimatliebe heißt Be- umgangssprachlich, sondern seit eh und je diesem Land gibt. Kann die Politik dies ig- Nach diesem Wahlergebnis müssen sich die denfeindlich? Tatsächlich stimmten die griffsliebe. Der kollektive Be- auch politisch gemeint. norieren? Das wird auf Dauer wohl kaum anderen Parteien sicherlich fragen, ob sie auf wirklich überzeugten Xenophoben für eine griffsfetischismus der Deut- Manche machen den neuralgischen möglich sein. Soll die Politik sich ange- die Probleme im Land die richtigen Antwor- andere Partei, die 10,5 Prozent erhielt. Ba- schen ist atemberaubend. Wir Punkt an der Frage fest, ob Heimat ein aus- sichts dieser Nachfrage bei den Nachfragen- ten hatten, und in manchen Bereichen neue biš ist nur deswegen gegen Einwanderer, erinnern uns: Mitten in der schwierigsten grenzendes oder ein inklusives Konzept den anbiedern? Auch das wäre ein Fehler. Wege einschlagen. Die Konkurrenz durch die weil die meisten Tschechen es auch sind – und entscheidenden Phase der Aufnahme ist. Ganz so, als wären wir Sklaven unserer Vielleicht verläuft die Grenze zwischen AfD darf aber nicht dazu führen, dass popu- ohne dass es hier viele Ausländer gäbe. von Flüchtenden in Deutschland im Jahre Begriffe, nicht deren Gestalter. Heimat ist, der gesunden und irrläufigen Heimatbezie- listisch gehandelt wird. Stimmungen in der Wir sollten nicht vergessen, dass Tsche- 2015 diskutierte das Land, ob wir es was man aus Heimat macht. Auch in unse- hung an der Unterscheidung zwischen Lie- Bevölkerung gegen Flüchtlinge, Minderheiten chien, das Land, in dem Kafka geboren wur- »schaffen« (Angela Merkel) oder »nicht ren Köpfen. Wenn wir den Begriff Heimat be und Stolz. Eine Familie kann jemand oder gegen Europa dürfen die anderen Par- de, immer schon eine Bühne für absurdes schaffen« (Boris Palmer). Die selbst er- positiv, bunt, offen und nachhaltig beset- auch dann lieben, wenn er oder sie auf die teien nicht einfach nachgeben. Drama bot. Babiš selbst ist ein slowakischer nannte progressive Hälfte der Gesellschaft zen, dann ist das die Heimat, die wir ha- Geschichte der Familie nicht stolz sein »Einwanderer«, der ein sehr lustiges Tsche- glaubte damals wohl, durch das beharrli- ben. Wenn Heimat für uns kein Privileg kann. Liebe ist eine emotionale, keine mo- Mit der AfD ist nun eine rechtspopulisti- chisch spricht; der Chef der fremdenfeind- che Wiederholen des Satzes »Wir schaffen der wenigen, sondern ein Angebot an viele ralische Wertung, Stolz ist hingegen ein sche Partei im Bundestag vertreten. Wird lichen Partei hat sichtbar koreanisch-japani- das« alle Herausforderungen der neuen ist, dann ist eben auch der Begriff Heimat aufwertendes Urteil. Vielleicht steht es mit sich der Charakter des Parlaments verän- sche Wurzeln; und einer der neuen Polit- Migration in Chancen umzuwandeln. Die keine Prärogative der Nationalisten. Deutschlandliebe wie mit einem Wehr- dern? stars ist ein dunkelhäutiger Mann äthiopi- Skeptiker hingegen durften sich schon machtsopa: Man kann einen Großvater lie- Ich will den Einzug der AfD in den Bundestag scher Abstammung. Und, last but not least, durch eine kurze Widerrede als andersden- ben, auch wenn dieser in einem Besat- wahrlich nicht verharmlosen, aber wir dürfen wenn Sie zufällig jüdisch sind, freuen Sie kende Revoluzzer fühlen. Die beiden wich- Infrage steht nicht, zungszug im Osten gekämpft hat. Es ist diese neue Fraktion auch nicht überbewerten. sich. Es ist den meisten Tschechen egal. tigsten Protagonisten agierten ja zumin- aber schwerlich möglich, auf einen Wehr- Ich traue es den übrigen Parteien zu und er- dest im politischen Alltag. Sie trafen Ent- dass Deutschland machtssoldaten an der Ostfront stolz zu warte es auch von ihnen, dass sie das Parla- Anzeigenpreisliste Nr. 39 gültig ab 1. Januar 2019 Der Autor ist Kommentator des tschechi- schen Rundfunks. scheidungen und handelten, um diesen Alltag zu gestalten. Der mediale und öf- unser Land ist. sein, auch wenn es dein geliebter Großvater ist. Dies sei auch zur moralischen Orientie- ment als Herzstück der Demokratie gegen die Rechtspopulisten verteidigen. Etwas lebhafte- fentliche Rest überbot sich hingegen mit rung an manch eine neu gebackene Bun- re Debatten als in der vergangenen Wahlpe- INHALT Analysen und Brandmarkungen und hat die Diskussion fetischisiert. Ein Bekennt- Wenn wir ehrlich mit uns sind, geht es in der heutigen Diskussion nicht um das destagsfraktion und ihre Heimatliebe gesagt. riode darf es nach meinem Geschmack ruhig geben. nis zu der einen oder der anderen Formel Wort an sich und nicht einmal um das Nein, es wird nicht einfach sein, für uns zeitgeschehen . . . . . . . 2 wurde nicht nur zu einem (profanen) Test Konzept. Es geht um eine Beziehung! In- alle kollektiv eine neue »Heimat« zu fin- Wie geht jetzt der Zentralrat mit der AfD Jenseits von Afrika auf ideologische Zuverlässigkeit in der frage steht nicht, dass Deutschland unser den. Doch Heimat muss nicht völkisch und ihren demokratisch gewählten Parla- Wie Israel seine Position auf zwei Flüchtlingsdebatte, sondern auch zu einer Land ist, sondern das Verhältnis der »Deut- strahlen und nicht auf Blut und Boden ge- mentariern um? Kontinenten verbessert Umlenkungskommunikation. Für die schen« zu ihm. Es geht nicht um die Ent- baut sein. Auch und erst recht in Deutsch- Wir sehen keine Möglichkeit der Zusammen- meisten waren diese Worte eben beides: tabuisierung eines Wortes, sondern um die land nicht! Wenn wir Heimat sagen, sollen arbeit. Es ist für uns undenkbar, uns mit Poli- unsere woche . . . . . . . 11 Formeln als moralisierende Marker und Enttabuisierung eines Gefühls. Welches wir es eher wie Ernst Bloch meinen, für tikern zusammenzusetzen, die ein Ende des Gesellschaftlich engagiert Formeln als Handlungsersatz. Gefühl soll hier in die politische Diskus- den Heimat nicht eine Frage der histori- »Schuldkults« fordern oder die Leistungen Sozialrichter von Renesse und »Heimat- Nun ist eine ähnliche Voodoo-Diskus- sion inauguriert werden? Dürfen wir auf schen Verwurzelung, sondern der Zu- der deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg sucher« erhielten Neuberger-Medaille sion entbrannt, diesmal um den Begriff die Heimat stolz sein? Dürfen wir Deutsch- kunftshoffnung war. Es geht um Erfüllung gewürdigt sehen wollen. Die AfD ist kein Part- »Heimat«. Wer Tabubrüche wittert, der land lieben? Trotz des Holocaust? unserer besten Hoffnungen, unserer ehr- ner für uns. schabbat . . . . . . . . . . . 20 irrt: Der Begriff »Heimat« ist in Deutsch- Im Endeffekt geht es um unsere kollekti- lichsten Selbstreflexionen, unserer scho- Zieh weg aus deinem Land! land mitnichten tabuisiert, auch nicht links ve emotionale Intelligenz. Sind wir in die- nungslosesten Analysen, all das mit dem Halten Sie es für möglich, dass sich die AfD Awraham muss Vertrautes loslassen, um der CDU. Das Hamburger Programm der sem Land reif genug, um Gefühle zur Hei- Ziel, etwas aufzubauen, wovon jeder von im politischen Tagesgeschäft mäßigt, so- Stammvater eines neuen Volkes zu werden SPD wollte schon 2007 Menschen »Zuge- mat zu empfinden, dabei aber Impulse zu uns, egal, wo seine Wurzeln sind, träumen dass man irgendwann doch mit ihr in Dia-
Ein anderer Blick auf die Welt PORTRÄT Wochenzeitung für Politik, Kultur, Religion und jüdisches Leben DAMALS grundinformationen sowie kritische Kommentare eine wirtschaftlich etablierte, gebildete und viel Publizistisch steht die Jüdische Allgemeine in der zu jüdischem Leben weltweit. Erfahrene Journa seitig interessierte Zielgruppe. Nicht zuletzt durch Tradition der »Allgemeinen Zeitung des Juden listen schreiben Nachrichten und Berichte sowie ihren Qualitäts-Journalismus hat die Jüdische All thums«, die 1837 in Leipzig gegründet und zuletzt vielschichtige Reportagen. Prominente Autoren gemeine eine sehr treue Leserschaft. im Berliner Verlag Rudolf Mosse herausgegeben äußern sich in meinungsstarken Leitartikeln oder wurde. Das Blatt wurde 1946 wieder neu aufgelegt. Kommentaren zu aktuellen politischen Themen, MEDIADATEN die die jüdische Welt bewegen. • Erscheinungsweise: wöchentlich jeden HEUTE Donnerstag Die Jüdische Allgemeine heute ist eine multime STÄRKEN • Druckauflage: 10.069 Exemplare diale Marke und gehört zu den bedeutendsten jü Für politische Entscheider, Multiplikatoren und (IVW, II. Quartal 2018) dischen Medien im deutschsprachigen Raum. Mitglieder der Meinungselite ist die Jüdische All • Einzelverkaufspreis: 2,40€ Sie bietet als Print, online und mobil klar struktu gemeine deutschlandweit und international eine • Umfang: 22 Seiten rierte Inhalte, gründliche Recherchen und Hinter regelmäßige Informationsquelle. Der Titel erreicht Jüdische Allgemeine ZEITGESCHEHEN · ISRAEL · JÜDISCHE WELT · UNSERE WOCHE · KULTUR & WISSEN · RELIGION
Print Jüdische Allgemeine 3 Anzeigenformate und Preise Print Jüdische Allgemeine Jüdische www.juedische-allgemeine.de wochenzeitung fürfür wochenzeitung politik politik, kultur, religion und jüdisches leben 3 13 18 BEILAGE MODE MUSIK MENTSCH Nicht mit 14 Extraseiten nur bei Beiträgen Alex Jacobowitz ist Jerry Lewis ist tot: orthodoxen Frauen liegt Marimbaphon-Spieler Eine persönliche von Reuven Rivlin, Joachim Gauck, »Modest Fashion« voll und hat den Klezmer Erinnerung an die Michael Brenner, Sarah Stricker und anderen im Trend für sich entdeckt Comedy-Legende BERLIN, BERLIN,DEN DEN7.24. MAI 2015 2017 AUGUST 18. IJAR 2.5775 ELUL 5777 CH 4,00 SFR | A 2,50 EURO | BENELUX 2,50 EURO | F 2,50 EURO | D 2,20 EURO 72. JAHRGANG NR. 34 A 1107 EINSPRUCH Josef Schuster fragt sich, was wir aus den Ausschreitungen 1992 Eine Erfolgsgeschichte INTERVIEW Victor Sorenssen über den Terroranschlag in Barcelona und in Rostock-Lichtenhagen JUBILÄUM Vor 120 Jahren tagte der erste Zionistenkongress den Schutz der gelernt haben jüdischen Gemeinde in Basel. Was ist aus der Idee von Theodor Herzl geworden? Nicht zusehen »Sehr schwierige und schweigen Momente« Grölende Neo-Nazis, Hitlergruß und ein in Herr Sorenssen, befinden sich Mitglieder Flammen stehendes Haus, in dem sich 150 der jüdischen Gemeinde unter den Opfern Menschen aufhielten, darunter zahlreiche des Attentats von Barcelona? Kinder. Unter dem Applaus von 3000 Zu- Glücklicherweise ist niemand aus der Ge- schauern wütete ein menschenverachtender meinde von dem Anschlag direkt betroffen. Mob und nahm hilfesuchende Menschen Im Ferienmonat August sind die wenigsten ins Visier. Ein Bild wie aus einem Albtraum. der rund 15.000 Mitglieder unserer vier Syn- Ein Bild wie aus einer anderen, einer dunk- agogen überhaupt in der Stadt. Wir erleben PANORAMA 2/1 SEITE 1/1 SEITE 1/2 SEITE len Zeit. Die Staatsgewalt war hilflos. trotzdem sehr schwierige Momente. Die jüdi- Rostock-Lichtenhagen steht auch 25 Jahre sche Gemeinde steht in der Not geeint zu- danach als Sinnbild für die Eskalation sammen. Dieser feige Anschlag stärkt uns. rechtsextremer Gewalt. Es waren Zeiten, in Wir trauern und beten für die Opfer. Es ist denen sich Anschläge auf Asylbewerberhei- Zeit für Solidarität und soziales Engage- me und Fremdenfeindlichkeit häuften. Der ment. Zentralrat der Juden in Deutschland konnte 671 x 475 mm, 2C-4C 13.239 € 321 x 475 mm, 2C-4C 6.619 € 321 x 237 mm, 2C-4C 3.309 € und wollte das nicht hinnehmen. Zu be- Wurden jüdische Einrichtungen in der Ver- kannt waren uns die Geschichten unserer gangenheit bedroht? Eltern, die von Hass gegen Minderheiten Es gab immer wieder Drohungen und auch sprachen, zu präsent das Gefühl der Hilflo- Anschlagspläne. Aber der staatliche Schutz sigkeit angesichts des Unterlassens vieler für unsere Einrichtungen hat sich bisher im- Zuschauer. Und so zeigte der damalige Zen- mer als sehr wirksam erwiesen. tralratspräsident Ignatz Bubis sel. A. durch seinen Besuch am Ort des Geschehens, dass Fühlen sich die in Spanien lebenden Juden die jüdische Gemeinschaft nicht zusehen nach dem Anschlag verunsichert? und schweigen würde. Denn es gehört zur Nein. Auch wenn wir spezielle Sicherheits- moralischen Leitlinie des Zentralrats, sich maßnahmen für unsere Gemeindeeinrichtun- für Menschen und Minderheiten einzuset- gen benötigen, fühlen wir uns nicht unsicher. Foto: dpa zen, wenn diese diskriminiert oder angegrif- Theodor Herzl: »In Basel habe ich den Judenstaat gegründet.« Unsere Beziehungen zu den staatlichen Stel- 50 fen werden. Dass man Bubis diesen Besuch len und zur Gesellschaft sind hervorragend. vorwarf und meinte, seine Heimat sei doch von Michael Wolffsohn denböcke. Man schaue auf die UNO. Dort Fakt ist, dass nicht nur der Begründer Wir vertrauen den staatlichen Institutionen. W Israel, bleibt bis heute skandalös. sind die Staaten dieser Welt vertreten. Die des Zionismus, Theodor Herzl, in seinem Sie verhindern, dass Fanatiker und islamisti- 25 Jahre danach fragen wir: Haben wir ir kennen das: »Zionismus Quantität, nicht die menschenrechtliche Roman Altneuland von einem friedlichen sche Radikale Chaos und Schmerz in unsere aus den Ereignissen gelernt? Wenn wir uns gleich Rassismus« oder gar Qualität der abstimmenden Staaten, ent- Miteinander der Juden, Muslime und Städte tragen. Der Staat und die politischen die zahlreichen Übergriffe auf Flüchtlinge Apartheid. Der Zionismus scheidet dort. Bezogen auf, sprich: gegen Christen im Judenstaat träumte. Keine Parteien müssen deshalb weiterhin gemein- in den vergangenen drei Jahren und das ist »an (fast) allem schuld«. Israel beziehungsweise Zionismus besteht Richtung des Zionismus wollte Araber ver- sam mit Intelligenz und Entschlossenheit den Erstarken von Rechtsextremismus und Diese, sagen wir, politische Mode hat seit in der UNO tatsächlich eine »Internationa- treiben. Umgekehrt bleibt die traurige Tat- Kampf gegen Fanatismus und für Freiheit und Rechtspopulismus ansehen, müssen wir Langem Konjunktur. le Gemeinschaft«. Die Akteure und Gründe sache, dass trotz vieler Fehler »der« Zionis- Demokratie führen. Religiöse Freiheit und To- dies fast verneinen. Noch immer grassieren Einst waren »die« Juden an allem haben sich geändert, nicht die Zielgruppe, ten bis zur und nach der Staatsgründung leranz sind die Grundlagen für ein friedliches emeine Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Noch immer ist der gesellschaftliche Zu- sammenhalt nicht für jeden selbstverständ- schuld, heute sind es »die Zionisten«. So gesehen, ist der Zionismus gescheitert. Das ist die erste bittere historische Ironie seiner also Juden als Juden, gleich welcher politi- schen Richtung. Es gab und gibt im Zionismus seit jeher, die Palästinenserführung sowie die meis- ten arabischen Staaten und seit 1979 der Iran Juden oder Israelis gerne vertrieben Zusammenleben. Diese Überzeugung eint alle Institutionen, die in der Föderation der Jüdi- schen Gemeinden Spaniens (FCJE) zusammen- lich. Daran müssen wir gemeinsam arbei- ersten 120 Jahre. Der erhoffte Neu-Exodus vereinfacht zusammengefasst, mindestens hätten und es manche bis heute versuchen. geschlossen sind. ten. Grund zur Hoffnung gibt das Enga- sollte durch physischen Entzug von Juden drei große Richtungen: das von 1920 bis Fiktion ist auch die 1947/48 angeblich ne im gement vieler Bürger und Vereine. Es sollte die Situation der Juden »normalisieren«. 1977 fast allmächtige und heute kaum systematisch, strategisch geplante Vertrei- Der Oberrabbiner der Israelitischen Ge- noch mehr gefördert werden. Bei der Be- Ihre eigene, altneue »Heimstätte« in Zion noch vorhandene linke Lager, das bürgerli- bung der Palästinenser aus dem neuge- meinde, Meir Bar-Hen, hat die Juden in Jahre s-Abonnement für 53 € kämpfung von Hass zu sparen, ist zu- sollte die Isolation, Ächtung, Bekämpfung che sowie das religiöse. Längst sind die gründeten Israel. Das ist der Stand der For- Spanien aufgefordert, das Land zu verlas- bonnement für 99,90 € gleich eine ungewollte Investition in Dema- oder geplante Vernichtung von Juden als schung: Ja, es gab punktuelle, aber eben sen, weil es keine Sicherheit für sie gebe. gogie und Populismus. Juden beenden. Zionismus beziehungs- keine systematischen Vertreibungen. Nicht Teilen Sie diese Einschätzung? weise Israel wird noch heute isoliert und Es gab und gibt im selten hört man: Israel wolle die Palästi- Nein, diese Äußerung von Rabbi Bar-Hen gibt Der Autor ist Präsident des Zentralrats bekämpft. Israelis, diese Juden, sollen als nenser aus dem Westjordanland vertrei- nicht die Meinung der jüdischen Gemein- der Juden in Deutschland. Juden nicht so leben, wie sie es wollen, son- Zionismus mindestens ben. Auch das ist Fiktion. schaft wieder. Die Erklärung ist nicht reprä- dern wie andere es möchten. Manche wol- drei große Richtungen. Seit Langem fragen Meinungsforscher sentativ, weder für die Gemeinde in Barcelona diplomatische INHALT len das »Zionistische Gebilde« auslöschen. weltweit: Sind Sie mit dem Leben in Ihrem noch für irgendeine der jüdischen Institutio- Siehe Iran, Hamas, »Islamischer Staat«. Land glücklich? Fakt ist: Die Juden in Zion nen in Spanien. Der Gemeindevorstand, der Auch das wollte der Zionismus jedwe- Grenzen fließend. Selbst intern waren die- zählen zur globalen Spitze der Glücklichen. von den Mitgliedern gewählt worden ist, hat israel . . . . . . . . . . . . . . . 4 der Richtung: Durch und in ihrer Heim- se Blöcke nie homogen. Von »dem« Zio- Das wird auf absehbare Zeit auch so blei- sich davon distanziert und den Rabbiner auf- Cyber-Oase in der Wüste stätte, später Staat, sollte das Leben, Wohl- nismus zu sprechen, war und ist daher eine ben und noch besser werden, denn die gefordert, seine öffentliche Meinungsäuße- Ein Besuch im »Technology Park« in und Überleben von Juden als Juden nicht analytisch inakzeptable Aussage. Sie ist so Freie Welt braucht mehr denn je Israels rung zu revidieren. Beziehungen Beer Sheva mehr vom Wohlwollen der Nichtjuden der töricht wie das Gerede von »den« Juden, Kenntnisse und Kreativität auf dem Gebiet Institut jeweiligen Nation abhängen. Heute müs- zumal bei extrem orthodoxen Juden Zio- der Informationstechnologie und Terrorbe- An einer Demonstration muslimischer Or- unsere woche . . . . . . . . 9 sen sie nicht mehr in ihrer Nation, doch in nismus/Israel als »Gotteslästerung« gilt. kämpfung. Fakt ist auch: Juden fühlen sich ganisationen in Spanien hat sich am Mon- Unser Israel ihrer Region ums Überleben kämpfen. Bis- Nicht einmal bezogen auf die Notwen- im Jüdischen Staat wohler als palästinensi- tag in Barcelona auch die jüdische Gemein- Viele junge Juden in Deutschland möchten her haben sie es geschafft. Sollten sie es digkeit, einen jüdischen Staat zu gründen, sche Muslime und Christen. Herzls Traum de beteiligt. Warum? eine.de/abonnement auch online abschließen. den jüdischen Staat unterstützen einmal nicht mehr schaffen, dann war die- waren sich »die« Zionisten einig. 1948 und Israels Wirklichkeit sind wahrlich Seit Jahren führen wir in Katalonien, angeregt Deutschland – nt entsprechend unseren AGB (www.juedische- ses Mal das letzte Mal. Das wäre nicht wurde er Wirklichkeit, 1967 der Herr- nicht identisch. Aber muslimischen und und initiiert von der Regionalregierung, einen agen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu religion . . . . . . . . . . . . 21 mehr die »Endlösung der Judenfrage«, son- schaftsbereich im Sechstagekrieg drama- erst recht christlichen Palästinensern in intensiven interreligiösen Dialog. Die jüdische , an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, n haben bzw. hat. Um Ihr Widerrufsrecht auszu- Gibt es den »jüdischen Typ«? dern die Endlösung der Zionsfrage. Wie tisch erweitert. Was und wo sind die Gren- Zion geht es sozial und wirtschaftlich bes- und die muslimische Gemeinschaft pflegen 0062 Berlin, Fax: 030-275 833 199, E-Mail: abo@ Was die DNA mit Identität zu tun hat – die erste Endlösung würde diese die Mehr- zen Israels? Auch darüber herrschte und ser als den meisten ihrer arabischen Brüder seit Jahren gute Beziehungen zueinander. Wir B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder und was die Halacha dazu sagt heit der Juden weltweit betreffen. Auch herrscht unter »den« Zionisten seit eh und in islamischen Staaten. Israels Araber leben wollten zusammen unsere Solidarität zeigen ormieren. Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht deshalb ist die Zionsfrage eine, genauer: je keine Einigkeit. Ist das ein Manko? Nein, in einem Rechtsstaat, und sie leben siche- und gegen das Attentat demonstrieren. Auch Israel rechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden. derruf finden Sie auf unserer Website unter www. die Judenfrage. denn so ist das eben unter Demokraten. rer. Der Zionismus ist doch eine Erfolgsge- am Samstag, als Barcelona Nein zum Terror Dem Ortswechsel der Judenmajorität Gegner des Zionismus unterstellen ihm fan- schichte. sagte, waren wir präsent. Wir stehen gemein- nach Israel folgte nur ein Themenwechsel, tasiegeprägt Großreichehrgeiz. Das zählt zu sam gegen Terror – Juden und Muslime. 199 | abo@juedische-allgemeine.de kein Wechsel der potenziellen Opfer. »Die« den vielen Fiktionen über Zionismus und Der Autor ist Historiker und Publizist. Zu- 03 69, D - 10062 Berlin Juden, meist gleichgesetzt mit »den« Zio- Israel. Fakten werden geflissentlich überse- letzt erschienen: »Deutschjüdische Glückskin- Mit dem Sprecher der Comunidad Israeli- nisten, blieben die global bevorzugten Sün- hen oder nicht gekannt. der. Eine Weltgeschichte meiner Familie« ta in Barcelona sprach Hans-Ulrich Dillmann. FLYING PAGE 1/4 SEITE ECKFELD GRIFFECKE 146 x 370 mm, 2C-4C 6.300 € 321 x 118 mm, 2C-4C 1.662 € 191 x 300 mm, 2C-4C 2.514 € 126 x 125 mm, 2C-4C 630 € SPALTENBREITE GRUNDPREISE je mm und je Spalte 1-spaltig 61 mm 2C-4C 2,50 € 2-spaltig 126 mm Traueranzeige 1,90 € Informationen zu Beilegern und weiteren 3-spaltig 191 mm Kleinanzeige 1,90 € Sonderwerbeformen erhalten Sie über 4-spaltig 256 mm Bettina Menke unter der Telefonnummer 5-spaltig 321 mm +49 (0) 30 275833 0 Für Grußanzeigen zu den Feiertagen sind Spaltenbreite und Höhe Alle Preise zzgl. MwSt. der Anzeige frei wählbar.
Print Jüdische Allgemeine 4 Layoutbeispiele Jüdische Allgemeine Nr. 6/17 | 9. Februar 2017 RELIGION | 21 18 | KULTUR Jüdische Allgemeine Nr. 6/17 | 9. Februar 2017 Hauptsache kritisch BERLINALE Die israelischen Beiträge bei den Internationalen Filmfestspielen sind zumeist Werke mit plakativer politischer Botschaft Frühlings Erwachen TU BISCHWAT Das Neujahrsfest der Bäume ist ein Zeichen der Hoffnung und des Glaubens an die Schöpfung Montage: Marco Limberg von Rabbiner Leben in seiner Schöpfung von Georg M. Hafner Jerusalem gesucht, einem Vernehmungs- 2012 wird in Haifa jedes Jahr die schönste In Low Tide (Motza el hayam) von Daniel ihren Frauen beim gemütlichen Essen in Salomon Almekias-Siegl zu glauben. E zentrum des israelischen Inlandsgeheim- unter etwa 300 Frauen ausgewählt, die alle Mann geht es wieder um das israelische Mi- einem Spitzenrestaurant, bis es ungemüt- D Rabbiner Kook sagte, es sei eine Mizwa, s ist ein zwölfminütiger Wettlauf dienstes Schin Bet. Mit den ehemaligen Ge- mindestens 75 Jahre alt sind und die Schoa litär, diesmal während der Gaza-Operation lich wird: Ihre Kinder haben vielleicht eine er 15. Tag des jüdischen Monats die Früchte des Landes mit allen Sinnen zu gegen die Zeit. Der IDF-Rekrut Yo- fängnisinsassen lässt Andoni in einer lee- überlebt haben. Ein Film, der die Zuschauer »Gegossenes Blei« 2009. Es ist die verzwick- schreckliche Tat begangen. Ein Video ist Schwat – der in diesem Jahr auf genießen, denn sie spiegeln den Glanz der nash bekommt völlig unerwartet ren Halle in Ramallah Verhörräume und mit ihrer Vorstellung von Opfern konfron- te Geschichte des 35-jährigen Yoel Kano- aufgetaucht, auf dem Jugendliche einen den 11. Februar fällt – wurde in Heiligung von Eretz Israel wider. Es ist am Wochenende frei. Aber es Zellen maßstabsgetreu nachbauen und die tiert. »Dass ich an dem Wettbewerb teilge- vich, der seine Einberufung verbummelt, Obdachlosen zu Tode prügeln, und die der jüdischen Tradition als Neu- unser Auftrag, der ganzen Welt bekannt zu muss schnell gehen: raus aus den staubi- Verhöre nachspielen. Die inszenierte Neu- nommen habe, das ist auch meine Rache an weil er andere Sorgen hat: die Trennung Teenager auf dem Film könnten ihre Kin- jahr der Bäume festgelegt. Doch die Festle- machen: »Die Blumen sind aufgegangen gen Militärklamotten, rein in eine saubere auflage des Erlebten ist eine sehr persönli- den Nazis«, sagt im Film die erste Miss Ho- von seiner Frau, der plötzliche Tod des Va- der sein. Eine monströse Situation, aus der gung dieses Termins war zwischen den im Lande, der Frühling ist herbeigekom- Uniform. Seven Minutes (Sheva Dakot) ist che Konfrontation für Andoni, denn der locaust, Chava Herschkowitz. ters und der Verlust des Arbeitsplatzes als die Eltern einen Ausweg finden müssen. großen Rabbinern des ersten Jahrhunderts men, und die Turteltaube lässt sich hören der vierte Kurzfilm des jungen Regisseurs Regisseur saß selbst als 18-Jähriger in Im Forum der 67. Berlinale laufen gleich Geschichtslehrer. Bis er einer jungen fran- n.d.Z., Schammai und Hillel, umstritten. in unserem Lande« (Schir Haschirim 2,12). Assaf Machnes, einem der jungen Talente Moskobiya. Der Film läuft im »Panorama« zwei israelische Filme. Mit Menashe stellt zösischen Journalistin begegnet, die sein TEILACHER Als »Berlinale Special« wird Es Schammai war der Meinung: So wie Begründer und Förderer des Tu-Bi- sich zu des Landes, erzählt mit viel Witz und und hofft auf den erstmals zu vergebenen Joshua Z. Weinstein seinen ersten abendfül- Leben von Grund auf verändert. war einmal in Deutschland ... zu sehen sein, Rosch Chodesch und Rosch Haschana im- schwat-Festes waren die Kabbalisten von nehmen. Selbstironie. »In Israel ist einfach alles, Preis im Bereich Dokumentarfilm. lenden Spielfilm vor. Er spielt in Borough ein Spielfilm nach dem Bestseller von Mi- mer am ersten Tag des Monats begangen Safed, Rabbi Luria Aschkenasi und sein was du machst, politisch«, sagt Machnes. Park in Brooklyn, einer der größten jüdisch- TEENAGER Einer vergessenen Ikone der chel Bergmanns Teilacher-Trilogie. Moritz werden, so sollte man es auch mit dem Schüler Rabbi Chaim Vital. Lurianische TIKKUN In Zu- »Selbst ein Film über eine Katze, die Milch TERRORISTEN Agitprop in Reinkultur orthodoxen Gemeinden außerhalb Israels. säkularen jüdischen Arbeiterbewegung Bleibtreu in der Rolle des David Bermann, Neujahr der Bäume halten. Hillel hielt da- Mystiker haben den Tu-Bischwat-Seder sammenhang mit trinkt, ist ein politischer Film.« lässt der Film des in Kuwait geborenen Hier wird Englisch gesprochen und Iwrit, widmet sich Heinz Emigholz in seinem Do- der sich, den Nazis entkommen, ausgerech- gegen, dass zu Beginn des Monats Schwat eingeführt, der – dem Pessachabend ähn- Tu Bischwat liegt es Wer im Programm der 67. Berlinale und in Ramallah arbeitenden Filmema- aber am liebsten Jiddisch. Und genau des- kumentarfilm über den Architekten und net im Nachkriegsdeutschland durch- weder die Regenzeit noch der Säftekreis- lich – mit vier Gläsern Wein gefeiert wird. nahe, an Adam als den nach Produktionen aus Israel sucht, muss chers Mohanad Yaqubi erwarten. Sein Film halb ist der ganze Film auf Jiddisch ge- Bauhaus-Absolventen Samuel Bickels. Eine schlägt. Mit Witz, Tricks und Dreistigkeit lauf der Bäume in Gang gekommen sei. Diese Ordnung sieht auch vor, möglichst ersten Menschen zu sie auch unter »Palästina« suchen und fin- Off Frame aka Revolution until Victory (Off- dreht, eine cineastische Rarität. Annäherung an Bauten des fast vergesse- umgarnen die Teilacher an Haustüren die Deshalb solle man diesen Tag erst am 15. viele Früchte, bis zu 30 Sorten, zu verzeh- denken, der am 1. Tischri det knapp ein Dutzend, oft mit plakativer Rahmen aka Revolution bis zum Sieg) be- nen Architekten aus Lemberg, der sich weibliche Kundschaft und verkaufen Bett- des Monats begehen. Zudem sei am 15. ren. Auch von der aschkenasischen Tradi- eine Frucht vom Baum der politischer Botschaft. Der Junge aus H2 ginnt mit einer aufmunternden Grußbot- nach der Machtergreifung als Einziger sei- wäsche, um damit die Ausreise in die USA Schwat mit Vollmond zu rechnen, wie tion wurde dieser Brauch übernommen. Erkenntnis aß. Angesichts (The Boy From H2) der georgischen Filme- schaft Jassir Arafats (»Wir haben aus Eine cineastische Rarität ner Familie nach Palästina hatte retten oder nach Eretz Israel zu finanzieren. Doch auch Pessach am 15. Nissan und Sukkot dieses ersten Früchteessens macherin Helen Yanovsky ist so ein Bei- Flüchtlingen Kämpfer gemacht«) und mit können. Seine Bauten waren schnörkellos eine amerikanische Offizierin ist ihnen auf am 15. Tischri in seinem Schein gefeiert knüpft Rabbi Akiva bewusst spiel. Die Geschichte des jungen Palästi- tapferen Terroristen im Untergrund. Yaqu- ist die jiddische und nur auf die Bedürfnissen der Kibbuz- den Fersen. Sie bohrt unerbittlich beson- werden. Letztlich entschied Rabbi Hai Ga- Für Tu Bischwat führten eine Verbindung zum Verzehr nensers Muhammed Burqan, der in H2 bi spürt den »Fragmenten einer Revolu- Tragikomödie »Menashe« niks ausgerichtet: Speisesäle, Kinderhäu- ders in Davids Vergangenheit herum. on aus Babylon (933–1038) über die Datie- der Früchte zu Tu Bischwat als rung von Tu Bischwat, indem er der Argu- die Kabbalisten einen Tikkun. lebt, einem unter israelischer Kontrolle ste- henden Stadtteil von Hebron, läuft im tion nach«, wie das Programm der Berlina- le schwärmt. Er nutzt dazu Filme aus der aus Brooklyn. ser, Landwirtschaftsgebäude. Eine wieder- entdeckte Architektur mit Verfallsdatum: Für filmhistorisch Interessierte schließ- lich hält die Reihe »Classics« wieder beson- mentation Hillels folgte. Obwohl wir in der Bibel keinen Hinweis speziellen Seder ein. Nach dem 1. Buch Mose 2,16 handelt es sich um eine positive Wettbewerb der »Berlinale Shorts«. Produ- Zeit des palästinensischen Widerstands- Bickels’ Bauten stehen leer und verfallen. dere Entdeckungen bereit, in diesem Jahr ziert hat den Kurzfilm die umstrittene kinos, die seinerzeit mit finanzieller Unter- Emigholz’ Film Bickels (Socialism) lässt sie etwa Avanti Popolo (1987) des Regisseurs auf die Feier dieses Festes finden, hat es im Mizwa: »Und Gott der Herr gebot Menschenrechtsorganisation B’Tselem aus stützung lupenreiner Diktaturen in Ost- Der Titelheld Menashe ist ein Sonder- wieder auferstehen. Rafi Bukaee, eine Tragikomödie aus dem Laufe der Jahrhunderte den Rang eines sol- Die Früchte sind in zehn Sorten katego- dem Menschen und sprach: Du Israel, auf deren Gehaltsliste auch die Re- Berlin, Moskau, Bagdad und Kuba produ- ling unter Sonderlingen. Die Gemeinde will Im Hauptwettbewerb läuft The Dinner Sechstagekrieg. Der Film war 1987 als bes- chen mit entsprechender Atmosphäre ein- risiert, die man ganz isst, wie Trauben, Fei- darfst essen von allen Bäumen im gisseurin Yanovsky steht. ziert wurden. Für Filmhistoriker sicher ein ihn wieder verheiraten. Er aber kann sich des israelischen Filmemachers Oren Mo- ter fremdsprachiger Film für einen Oscar genommen, an dem Früchte des Landes gen oder Birnen; in zehn Sorten, deren Garten.« Im 1. Buch Mose 2,15 steht Auch Istiyad Ashbah (Ghost Hunting) des Geschenk, für Historiker aufschlussreich, eine Zukunft mit einer anderen Frau als sei- verman, der 2009 mit seinem Regiedebüt nominiert, ging aber leer aus. Was Tradi- Israel verzehrt werden. Selbst die Mischna Kern nicht mitgegessen wird, wie Datteln, geschrieben: »Und Gott der Herr nahm palästinensischen Filmemachers Raed An- Aufklärung wider Willen. ner gerade verstorbenen Lea nicht vorstel- The Messenger den Silbernen Bären für das tion hat: Israel ist das am häufigsten no- erwähnt Tu Bischwat nur einmal. Sie Oliven oder Pflaumen, und in weitere zehn den Menschen und setzte ihn in den doni hat eine klare Botschaft. Per Zeitungs- Womöglich auch eine Zumutung, aber len und lehnt deshalb alle ihm Zugeführten beste Drehbuch bekommen hat. In The minierte Land ohne Trophäe. nennt es in Verbindung mit den Beiträgen Früchte, die man ohne Schale verzehrt, wie Garten Eden, dass er ihn bebaute und anzeige hat Andoni ehemalige palästinensi- nur auf den ersten Blick: Darf man eine ab. Eine Tragikomödie, für die Woody Al- Dinner mit Richard Gere und Steve Coogan (terumot), mit der Abgabe des Zehnten. Bananen, Nüsse und Granatapfel. bewahrte.« sche Insassen der Haftanstalt Moskobiya in »Miss Holocaust Survivor« küren? Seit len Pate gestanden haben könnte. in den Hauptrollen sitzen zwei Brüder mit www.berlinale.de Von einem Fest oder einem ausdrücklichen Mit dem »leovda« – »betätigen, bebau- Gebot zum Verzehr der Baumfrüchte ist WEINBECHER Das Trinken der vier Gläser en« – verbinden wir die positive Mizwa, aber nirgends die Rede. Wein vollzieht sich nach einem bestimm- dass der Mensch Früchte essen soll. Mit In der Diaspora kann man sich im Mo- ten Ritus. Zuerst trinkt man einen Becher dem »uweschomra« – »bewahren« – ver- WULIGERS WOCHE nat Schwat, der mitten in den Winter fällt, Weißwein. Er gilt als der »Winterminis- binden wir die negative Mizwa. nur schwerlich ein Wiedererwachen der Natur und das Grün der Bäume vorstellen. Diese stehen vielmehr kahl unter einem grauen Himmel, der Erdboden ist aufge- ter«. Seine fahlgelbe Farbe symbolisiert die »schlafende Natur« des vergangenen Win- ters. Dieses erste Weißweinglas trinken wir zum Wohle des Baumes und des Men- Wir sollen verstehen, dass dem Men- schen befohlen ist, Früchte zu essen und kein Fleisch. Denn durch Früchte ist es viel leichter, Heiligung zu erlangen, als durch Da helfen keine Pillen weicht. Wer glaubt in dieser Jahreszeit schen, in dessen Adern sein Blut fließt, das den Genuss von Fleisch, das eine besondere Das »Zwanghafte Nahost-Friedensstifter- tisch für das »Zwanghafte Nahost-Frie- Das entspricht der Symptomatik: Die Tat- für das »Zwanghafte Nahost-Friedensstif- schon an den Frühling? vom roten Wein symbolisiert wird, dem Behandlung erfahren muss, bis es das Sta- Syndrom« (ZNFS) zählt zu den in der Psy- densstifter-Syndrom« ist, dass die Betroffe- sache, dass seit der Peel-Kommission von ter-Syndrom« sind bislang noch nicht ent- »Frühlingsminister«. dium erreicht, in dem es dem Menschen chiatrie bislang wenig erforschten Persön- nen ihr Ziel ungeachtet aller bisherigen 1937 sämtliche Versuche missglückt sind, wickelt worden. Im Umgang mit den Be- SÄFTE Unsere Weisen allerdings erklären, Er kommt beim Genuss des zweiten Gla- zur Heiligung dienen kann. Gerade zu Tu lichkeitsstörungen. Es geht nach bisheri- Misserfolge obsessiv verfolgen. Geschei- den Konflikt zwischen Juden und Arabern troffenen empfiehlt sich daher Zurückhal- dass es gerade der Monat Schwat ist, in ses zum Zuge, indem er in geringer Menge Bischwat kann uns die Erfüllung der positi- gen Beobachtungen einher mit der Über- tert sind der Rogers-Plan 1969 unter Ri- in der Region friedlich beizulegen, verste- tung. Versuche, sie von der Unsinnigkeit dem sich die entscheidende Wende im In- dem Weißwein beigemischt wird und für ven Mizwot in Bezug auf das Früchteessen nahme des Präsidentenamts der USA. Die chard Nixon, Jimmy Carters Camp-David- hen ZNFS-Patienten nicht als Grund zur ihrer Obsession zu überzeugen, können so- nern der Bäume vollzieht – dem mensch- den Kampf zwischen Winter und Frühling wieder bedeutsam werden. Betroffenen, in der Regel Männer mittle- Abkommen 1978, der Reagan-Plan 1982, Vorsicht, sondern, im Gegenteil, als beson- gar kontraproduktiv wirken. Frustrierte lichen Auge noch entzogen: Ihr Säftehaus- steht. Der dritte Becher ist zu gleichen Tei- Durch den Verzehr der Früchte im Rah- ren bis fortgeschrittenen Alters, zeigen da- der Baker-Plan 1989 während der Amtszeit deren Ansporn. Der österreichisch-ameri- Friedensstifter neigen dazu, das eigene halt kommt wieder in Gang und lässt die len mit beiden Weinen gefüllt und bringt men des Festes bleibt zum Beispiel ein Ap- bei trotz äußerst unterschiedlicher politi- von George Bush dem Älteren, die Clinton- kanische Psychologe Paul Watzlawick hat Scheitern den renitenten Objekten ihrer Bäume dann im Monat Nissan erneut grü- so die Hoffnung zum Ausdruck, dass der fel nicht mehr der botanischen Welt ver- scher Positionierungen und biografischer Parameter 2000 und die Roadmap von diese Art Denken und Handeln als »More Fürsorge anzulasten. Ihr Harmoniebedürf- nen und blühen. Frühling über den Winter siegen wird. haftet. Er steigt auf aus dem Bereich der Entwicklungen ein frappierend ähnliches George W. Bush 2003. Ebenfalls erfolglos of the same«-Fehlschluss beschrieben: nis kann dann rasch in Aggression um- Die hebräische Bezeichnung »saraf« Das vierte Glas ist bis auf ein wenig materiellen Welt und wird in die geistige Störungsbild. waren die Friedensgespräche 2013/2014 Wenn das, was man tut, nicht zum ge- schlagen (»Morbus Carter«). Als sinnvoll (Harz) erinnert auch an die in der Bibel ge- Weißwein ganz mit Rotwein gefüllt. Es Welt integriert. Indem sie im Sinn der To- ZNFS-Patienten glauben, persönlich be- unter der Ägide von Obamas Außenminis- wünschten Ergebnis führt, ändert man hat sich stattdessen die niederschwellige nannten Engel, die unsichtbar, aber doch kündet vom Sieg des Frühlings. Seine rötli- ra zur Heiligung des Menschen gegessen rufen zu sein, den Konflikt zwischen Ju- ter John Kerry. nicht sein Vorgehen oder lässt es bleiben. Intervention nach Netanjahu und Abbas höchst wirksam zugunsten des Lebens am che Farbe repräsentiert die Wärme des wird, nimmt auch die Frucht eine geistige den und Arabern endgültig zu lösen und Trotzdem will auch Donald Trump, der Stattdessen fährt man auf die gleiche Wei- bewährt: Man lässt den ZNFS-Patienten Werk sind – wie der im Baum aufsteigen- Sommers und die Fülle der Farben, die die Größe an. beiden Völkern Frieden zu bringen. Die auf fast allen anderen Feldern den Bruch se fort, nur jetzt mit noch mehr Energie seine Obsessionen verbalisieren, ohne de Saft. So kann uns Tu Bischwat als ein Natur in dieser Jahreszeit annimmt. Annahme liegt nahe, dass es sich um eine mit der Politik seiner Vorgänger zum Pro- und Einsatz. praktisch darauf einzugehen, bis der Be- ausgesprochenes Fest der Hoffnung gel- In der Diaspora bürgerte sich – der Not Der Autor ist Mitglied der Allgemeinen spezifische Manifestation narzisstischer gramm erhoben hat, sich an einer endgül- Wirksame medikamentöse oder psy- troffene früher oder später ermüdet – oder ten. Es lehrt uns, nach dem Ersterben der gehorchend – der Brauch ein, die Früchte Rabbinerkonferenz und war bis 2011 Landes- Allmachtsfantasien handelt. Charakteris- tigen Nahost-Friedenslösung versuchen. chotherapeutische Behandlungsmethoden seine Amtszeit endet. Michael Wuliger Foto: Thinkstock Natur an Gottes verborgenes Wirken zum des Landes Israel als Trockenfrüchte zu rabbiner von Sachsen.
Print Jüdische Allgemeine 5 Sonderveröffentlichungen Die Jüdische Allgemeine bietet zahlreiche Sonderveröffentlichungen zu ausgewählten Themen und jüdischen Feierlichkeiten – mit einem erweiterten Umfang. Diese Spezialausgaben sprechen die Leser gezielt an und liefern den passenden Rahmen für Ihre Werbebotschaft. THEMA AUSGABE ERSCHEINT AM ANZEIGENSCHLUSS BEMERKUNG Tu Bischwat 03/2019 17.01.2019 11.01.2019 Neujahrsfest der Bäume. Analog zur Eurovision: Größte jüdische Veranstaltung in Form eines Song Jewrovision 05/2019 31.01.2019 25.01.2019 Contest der jüdischen Jugendzentren Deutschlands. Woche der Brüderlichkeit 10/2019 07.03.2019 01.03.2019 Die WdB ist das wichtigste Event im christlich-jüdischen Dialog. Jugendkongress in Berlin 11/2019 14.03.2019 08.03.2019 Das Event in Berlin ist der Treffpunkt für Jugendliche. Purim ist das Fest zur Errettung des jüdischen Volkes aus der drohenden Purim 12/2019 21.03.2019 15.03.2019 Vernichtung. Leipziger Buchmesse Unser Literaturspezial liegt in einer Vielzahl von Buchläden aus. Pessach gehört zu den wichtigsten jüdischen Festen. Es erinnert an die Pessach 16-17/2019 18.04.2019 12.04.2019 Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei. Jüdische Illustrierte, die sich an Frauen richtet, die sich für jüdisches Leben Female Issue 19/2019 09.05.2019 03.05.2019 und jüdische Kultur interessieren. Schawuot 23/2019 06.06.2019 31.05.2019 Jüdisches Wochenfest, das an den Empfang der Zehn Gebote erinnert. Rosch Haschana, Rosch Haschana ist das jüdische Neujahrsfest. Jom Kippur, auch als 39-40/2019 26.09.2019 20.09.2019 Jom Kippur Versöhnungstag bezeichnet, ist der höchste jüdische Feiertag. Sukkot ist das Laubhüttenfest. Sukkot, Schemini Azereth Schemini Azereth und Simchat Tora sind das Schlussfest und der Festtag der Simchat Tora 41-42/2019 10.10.2019 04.10.2019 Torafreude. Frankfurter Buchmesse Unser Literaturspezial liegt in einer Vielzahl von Buchläden aus. Lichterfest zum Gedenken an die Wiedereinweihung des Zweiten Tempels Chanukka 51-52/2019 19.12.2019 13.12.2019 in Jerusalem im Jahr 164 v. d. Z.
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