BILDER DER GEGENWART - Internationaler Karl-Leisner-Kreis
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BILDER DER GEGENWART MAI 2018 Foto: Stadtmuseum Münster Die Mächtigen rangen um Frieden im westfälischen Münster 1648. Das Gemälde von Fritz Grotemeyer zeigt stilisiert die Verhandlungen im Rathaussaal. Von Martin Schirmers Immer wieder Krieg, Wenn etwas in der Antike zur Normalität gehörte, dann der Krieg. Im 5. und 4. Jahr- D er Dichter Heinrich Heine er- hundert vor Christus führten die Athener alle zählt in den „Geständnissen“ zwei bis drei Jahre einen Krieg. Keine Frie- von einem Gespräch mit dem Philosophen Georg Friedrich Wilhelm Hegel. Dabei geriet er ins Schwär- immer wieder Frieden densphase hielt länger als zehn Jahre. Und auch bei den Römern stand es nicht viel bes- ser. Hier zogen die Männer noch viel häuiger men über die Sterne, die ihm als „Aufenthalt in den Krieg. Die Schließung des Janus-Tem- der Seligen“ erschienen. Doch Hegel brum- Ein großer Ausstellungsparcours in Münster, der Stadt pels als Symbol für eine Friedenszeit geschah melte ungerührt vor sich hin und sprach unter dem mythischen König Numa Pompi- vom „leuchtenden Aussatz am Himmel“. des Westfälischen Friedens, erinnert 400 Jahre nach lius im 7. Jahrhundert vor Christus, danach Heine war erschrocken, ob denn der Him- Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges und anlässlich erst wieder im Jahr 241 nach dem Ende des mel „kein glückliches Lokal“ sei, „um dort ersten Punischen Kriegs. Die Endphase des die Tugend nach dem Tode zu belohnen“. des Katholikentags an die blutige Gewaltgeschichte der Römischen Reichs wandelte sich fast zu einer Der Philosoph konterte: „Sie wollen also Menschheit, an Wege zum Frieden und an Versöhnung. Epoche beständiger Verteidigungskriege an noch ein Trinkgeld dafür haben, dass Sie seinen Grenzen. Ihre kranke Mutter und Ihren Herrn Bruder Der rasante Wechsel von Krieg und Frie- nicht vergitet haben?“ muss dieser Leichenversammlung gegenüber schluss von Versailles (1918) greit eine breit den mit der stets präsenten Zerstörungswut Gott hütet die Gesetze der Welt und des so verschlossen sein wie eine echte Champa- angelegte Ausstellung in Münster diesen Fa- war ein unerschöplicher Quell für die Dich- Menschen nicht mehr. Wer die Welt human gner-Pulle, sonst nimmt man den Geruch auf den auf. Fünf thematische Zugrife an fünf tung. In Homers Epos „Ilias“ ist der Krieg haben will, so ließe sich schlussfolgern, muss und die unausweichliche Fäulnis und beginnt Ausstellungsorten entrollen die Suche nach allgegenwärtig, an blutigen Einzelheiten sie selber, aus eigener Krat einrichten – we- selbst abzusterben.“ Heinrich Böll wusste, dem Frieden von der Antike bis in die Ge- wird nicht gespart. Vom Frieden ist dage- der aus Belohnungsinteresse noch aus Furcht dass er dazu Hilfe und Krat brauchte, die genwart: „Wege zum Frieden“. Wie sahen, gen wenig die Rede – davon sprechen die vor Höllenstrafen. Eine entgöttlichte Welt nicht aus ihm selber kam. „Man muss beten, wie sehen die Verfahren und Strategien Dichter der Tragödie angesichts des Leids hat aber auch ihre Schattenseiten. „Aufge- beten, beten, und es muss welche geben, die aus, um Konlikte gütlich zu beenden und der Kriege nicht. klärte“ Gottferne geht schnell mit einer ab- für einen beten. Ohne das geht man unwei- Frieden zu begründen? Welche – Krieg aus- Das ändert sich mit den Komödien von soluten Schrankenlosigkeit des Menschen gerlich zugrunde.“ Beten, um das Blutvergie- lösende oder besäntigende – Krat spielte Aristophanes aus der Zeit des Peloponnesi- einher. Sie macht die Welt nicht unbedingt ßen zu stoppen, beten um Frieden. und spielt dabei die christliche Religion? schen Kriegs (431–404 v. Chr.). Nun rücken himmlischer, die Hölle wohl aber irdisch. Und wie reagieren Künstler auf barbarische die Sehnsucht nach Frieden und die Entlar- Lysistrates gewaltfreier Protest Wozu gnadenlos enthemmte oder reli- Zeitläute? All das ist versammelt in der vung von Kriegstreibern ins Zentrum der giös verblendete Menschen fähig sind, zei- Wie ein roter Faden zieht sich das Ringen westfälischen Metropole, die selbst keine Satire. Hinter Spott und provokativem Ge- gen Nachrichtenfotos und Videos aus den um Frieden, der mehr ist als die Abwesen- ungebrochene Akzeptanzgeschichte mit lächter leuchtet eine Sehnsucht nach einer aktuellen Kriegsgebieten wie Syrien. Blicke heit von Krieg, durch die Menschheits- dem Westfälischen Frieden hat. Spannende Zeit ohne Blutvergießen auf. Bis heute viel in von Menschen inszenierte Abgründe, die geschichte. 400 Jahre nach Ausbruch des Fragen nach Verhaltensweisen ziehen sich gespielt und in unendlichen, teils drastisch- schon Heinrich Böll als Soldat an der Ost- Dreißigjährigen Krieges (1618), 370 Jahre durch die Ausstellungen, in denen es viel derben Variationen auf die Bühne gebracht, front erlebt und drastisch geschildert hat. Am nach Abschluss des Westfälischen Friedens um Misstrauensabbau und Vertrauensauf- schmiedet in „Lysistrate“ (411 v. Chr.) die 24. Juli 1943 schrieb er seiner Mutter: „Man (1648) und 100 Jahre nach dem Friedens- bau geht. Heldin einen Plan: Nachdem sie alle
190 Ausstellung Nr. 18 / 2018 BILDER CHRIST IN DER GEGENWART Foto: Schirmers Der Kniefall Willy Brandts in Warschau 1970: Frieden braucht Gesten, die Vertrauen schaffen. jungen Frauen nach Athen gerufen hat, Kniefall von Bundeskanzler Willy Brandt bekannt. Wo kein Vertrauen wächst, ge- knien, und die Söldner sind geknebelt: Die schwören diese, sich so lange ihren Männern am 7. Dezember 1970 vor dem Ehrenmal deiht Misstrauen. Bedrohung ist gebannt, Gerechtigkeit und sexuell zu verweigern, bis endlich Frieden des Warschauer Gettos. Die Pressebilder In Münster sind einige Gemälde zu se- Eintracht sichern den Frieden. geschlossen wird. Noch dazu versperrt eine gingen um die Welt und machten die Szene hen, die auf ihre Weise das hema Frieden Der „Rat der Neun“, der vom Friedens- Gruppe älterer Frauen auf der Akropolis den zu einer „Ikone der Entspannungspolitik“. aufgreifen. Etwa mit dem Hinweis darauf, saal aus die Geschicke der Stadt im repub- Zugang zur Kriegskasse. Schuldanerkennung und Ehrbezeugung vor dass „Good Governance“, eine gute Regie- likanischen Geist zu lenken verstand, hatte In einem spitz zulaufenden Dialog er- den Opfern deutscher Verbrechen, die sich rung, immer noch der beste Weg ist, es gar mit der Wandmalerei das Programm einer läutert Lysistrate (wörtlich: Heeresaulö- als Blutspur durch Polen bis in die KZs und nicht erst zum Krieg kommen zu lassen. Mit guten Staatsführung vor Augen. Die „Folgen serin) einem Ratsherrn, was Politiker von nach Auschwitz zogen. Ambrogio Lorenzetti greit dazu ein Vorläu- einer guten Regierung“ konnte er an einer Wollarbeiterinnen lernen können: „Wie Vertrauensbildend kann auch ein ge- fer der Renaissance-Malerei auf das allego- zweiten Wandmalerei ablesen: Szenerien die Rohwolle vom Kot und vom Schmutz sellschatliches Rahmenprogramm in poli- rische und symbolische Arsenal der Antike von fast idyllischem Land- und Stadtleben, in der Wäsche man säubert, / so müsst ihr tischen Beratungen wirken. Lange ist aller- zurück, um den Ratsherren in Siena eine in denen die Menschen unbeschwert ihren den Staat von Schurken säubern und tüchtig dings dem Wiener Kongress (1814/15) von „Gute Regierung“ (Buongoverno, 1338/39) Geschäten nachgehen. Über allem schwebt ihn klopfen, / dass hinausfällt der Dreck.“ Historikern vorgeworfen worden, er habe bildlich einzuschärfen. Dieses europäische die „Sicherheit“ – eine Frau mit Galgen, an Als der Ratsherr empört entgegnet, Frauen zu großen Wert auf gesellige Ereignisse, Schlüsselwerk, in Münster als Reproduktion dem ein Bösewicht baumelt. Nur unter dem hätten doch mit dem Krieg am wenigsten zu Tanz und sonstige Vergnügungen gelegt. zu sehen, hielt den Ratsherren der Stadt in Schutz von Gesetzen, die für alle gelten, so tun, erwidert Lysistrate schneidend: „Ach, Doch die Kritik an informeller Kommuni- der Sala della Pace des Palazzo Pubblico ei- die Botschat, ist dieses friedliche Leben du Verluchter! / Trit er nicht doppelt und kation in solchem Rahmen übersieht, dass nen politischen Verhaltensspiegel vor: Lo- möglich. Frieden ohne Gerechtigkeit galt dreifach uns Frauen? Wir haben die Knaben daran die Kriegsgegner von gestern teil- cker und entspannt auf einem Sofa in der als ungerechter Frieden, lediglich als vo- geboren / und als Hopliten (schwer bewaf- nahmen. In Metternichs Wiener Privatvilla Mitte des Wandbildes ausgestreckt, liegt die rübergehender Frieden bis zum nächsten netes Fußvolk; d. Red.) ins Feld geschickt.“ waren am Abend der Parade der Sieger weiß gemalte Personiikation des Friedens Wafengang. Nackter Überlebenswille gegen Fortsetzung zum Gedenken an die Völkerschlacht bei mit einem Olivenzweig in der Hand. Die Kriegselend im Ratssaal der Politik mit anderen Mitteln – das macht Leipzig ebenfalls die unterlegenen Fran- Genien, also Schutzgeister, Glaube, Liebe Lysistrate so zeitlos modern. zosen geladen. 1870/71, 1918 und 1945 ist und Hofnung umschweben den Frieden. Die Früchte des Westfälischen Friedens dagegen von einem derartigen politischen Zu ihren Füßen ruhen die politischen Tu- seien nicht überzeugend zu vermitteln, wenn Speisen und Tanzen für Frieden Verhalten der siegreichen Nationen zur genden Tapferkeit, Klugheit, Großmut, nicht zuvor das „Elend des Kriegs“ sichtbar In frühmittelalterlichen, vormodernen Zei- langfristigen „Klimaverbesserung“ nichts Mäßigkeit und Gerechtigkeit. Feudalherren werde, hat der Berliner Philosoph Volker ten fallen Anbahnung und Ausgestaltung Gerhardt einmal gesagt. Peter Paul Rubens, eines Wafenstillstands und des Friedens der in verschiedene Friedensverhandlungen dagegen etwas „sakraler“ aus. Stilbildend eingeschaltet war, sah das wohl ähnlich. Fast wurden Gesten, Riten und Handlungen aus zwanzig Jahre hat er den Krieg mit seinen der liturgischen Bußpraxis. Der Münste- künstlerischen Mittel analysiert wie auf dem raner Historiker Gerd Althof zeigt das im Gemälde „Die Folgen des Krieges“ (1638), Ausstellungskatalog am Bußgang von König aus dem jeglicher Friedens-Optimismus Heinrich IV. nach Canossa auf. Nur durch gewichen ist. Er malte einen aufziehenden diese bis in die Kleiderordnung hinein ge- Weltuntergang: Rubens stürzt sein antikes regelte, förmliche Bußhandlung innerhalb Personal in einen Kriegsrausch. Die Furie einer festgesetzten Frist konnte der deutsche Alekto reißt Mars mit sich, und der ist nicht König den Bann des Papstes – und seine mehr zu halten. Venus gelingt es nicht, ihn lebensgefährliche Vogelfreiheit – wieder mit Zärtlichkeiten und Umarmungen zu- auheben und die Exkommunikation sowie rückzuhalten. Und die schwarz gekleidete die Auhebung aller Treueide rückgängig Europa steht wie ein Trauerweib mit hoch- Foto: Vorderasiatisches Museum, Berlin / Olaf M. Teßmer machen. Für Heinrich IV. beraumten Mark- gerissenen Armen vor den geöfneten Türen gräin Mathilde von Tuszien und Abt Hugo des Janus-Tempels und wendet verzweifelt von Cluny das Trefen beim Papst an und ihre Augen zum Himmel. Der Dreißigjäh- richteten es auf neutralem Gebiet aus. Er- rige Krieg war – was die widerstreitenden folgreiche Verhandlungen wurden sodann Interessen der europäischen Teilnehmer an- öfentlich durch Rituale bekundet, die den ging – ein gordischer Knoten. Die auslösen- Gesinnungswandel symbolisch anzeigten. den konfessionellen Konlikte wuchsen sich Neben einem Unterwerfungsritual gehörte zu kontinentalen Stellvertreterkriegen aus- dazu ein friedensstitendes Mahl, das convi- wärtiger Mächte auf deutschem Boden aus. vium, das den Friedensschluss besiegelte. An Das ließ die Aussicht auf Friedensverhand- diese Elemente eines Bußrituals erinnert der Ältester Friedensvertrag? Ägypter und Hethiter schlossen ihn vor 3200 Jahren. lungen von Anfang an als schier unmöglich
CHRIST IN DER GEGENWART BILDER Nr. 18 / 2018 Ausstellung 191 erscheinen. Als sich die deutschen Fürsten mit dem Kaiser längst in Verfassungsfragen auf einen Kompromiss geeinigt hatten, zog sich der Krieg noch weitere dreizehn Jahre hin und eskalierte danach zu der Barbarei, als die er in das kollektive historische Be- wusstsein eingegangen ist. Das lag vor allem an der Art der Kriegs- führung, die – bei allen Unterschieden – an die „Warlords“ im heutigen Afghanistan und an die Zustände in Syrien erinnert. Die Fürs- ten ließen Kommandeure anwerben, die wie- derum Söldner aufstellten. Alle wollten vom Krieg leben, die Beute war ihr Lohn. Des- halb musste sich der Krieg lohnen. Die Heere wälzten sich durch das Land und plünderten es aus. Zurück blieb verbrannte Erde. Propagandahülse „Erbfeinde“ Foto: picture alliance Kompliziert waren auch die Friedensver- handlungen, für die es keine Verfahrens- ordnung gab. Sie musste erst noch erfunden werden. Bekannt ist, dass die protestanti- schen Mächte mit den Kaiserlichen und Eindrückliches „Argument“ gegen Gewalt: Peter Paul Rubens stellte 1638 die „Folgen des Krieges“ dar. ihren Verbündeten in Osnabrück verhan- delten, die katholischen Mächte dagegen in Unterzeichnung der Friedensverträge 1648 Symbol für die Herstellung eines Friedens schen Geschichte und als „Friedensdiktat“, Münster. Alle Informationen wurden durch und das Schweigen der Wafen wie ein unter extremsten Widerständen, eine Art das von den Siegern 1648 und später im Reiterboten übermittelt. Erschwerend kam „Weltwunder“ vor. Die Verträge des West- Vorläufer der europäischen Konferenz für Versailler Vertrag 1919 Deutschland auf- hinzu, dass während der ganzen Verhand- fälischen Friedens beendeten den verhee- Sicherheit und Zusammenarbeit (KSZE). gedrängt worden sei. Die Nazis verschärf- lungszeit von fünf Jahren kein Wafenstill- rendsten Krieg, den es in Deutschland bis Vielleicht ist er gerade ein Hofnungszei- ten den Ton. Mit ihren Fake News wie der stand herrschte. In der Folge versuchten dahin gegeben hatte. Es entstand ein Re- chen für eine Zeit, in der die gegenwärtigen Propagandahülse „Erbfeindschat“ hatten die Kriegsparteien ihre Verhandlungsposi- gelwerk, nach dem die Landesherren ihre Kriege den Kriegen des 17. Jahrhunderts sie ihr Erklärungsmuster für das deutsch- tionen durch militärische Geländegewinne andersgläubigen Untertanen zu tolerieren immer ähnlicher werden, wie die Histori- französische Verhältnis. Nicht mehr die zu verbessern. Umgekehrt konnten Erfolge hatten. Strenge Paritätsregeln legten fest, kerin Barbara Stollberg-Rilinger schreibt. konfessionellen Streitigkeiten lieferten am Verhandlungstisch jederzeit durch das dass im Reich keine Konfession die andere Umso erstaunlicher ist es, dass der West- den Anlass für den Ausbruch des Dreißig- Kriegsgeschehen überlüssig werden. All beherrschen konnte. Der politische Primat fälische Frieden jahrhundertelang nicht jährigen Krieges, für die Nazis lag er allein das machte den Prozess langwierig und zäh. des Friedens verlangte ein übergeordnetes in seiner historischen Bedeutung wahrge- in der „Erbfeindschat“. Im Sommer 1940 Zeitgenossen wie dem venezianischen Recht zur zwischenstaatlichen Konliktbe- nommen wurde. Schon vor den National- propagierte Adolf Hitler ausdrücklich als ein Gesandten Alvise Contarini kamen die wältigung. Der Westfälische Frieden ist ein sozialisten galt er als „Tiefpunkt“ der deut- Kriegsziel die „Zerstörung des franzö- Gerhard Lohfink erklärt das Christentum Eine Einführung in 50 Briefen Das Buch des Neutestamentlers Gerhard Lohfink führt Nichtchristen in den christlichen Glauben ein und möchte zugleich eine Hilfe für Christen sein, die neu nach ihrem Glauben fragen. Alles Wichtige wird informativ und fesselnd in Gestalt von 50 Briefen entwickelt. 272 Seiten | Gebunden mit Schutzumschlag € 25,00 (D) / € 25,80 (A) / SFr 33.90 ISBN 978-3-451-34795-5 Neu in allen Buchhandlungen oder unter www.herder.de
192 Ausstellung Nr. 18 / 2018 BILDER CHRIST IN DER GEGENWART Foto: Galerie Gebr. Lehmann / Bernd Borchardt Den Schrecken des Krieges ins Bild gesetzt: Tatjana Doll mit „RIP_Im Westen Nichts Neues II“ (2009), einer Auseinandersetzung mit Picassos „Guernica“. sischen Systems von 1648“. In Münster kulturellen Tradition, wurde gestern Nach- die Felder gelüchtet hatten.“ Am 28. April durchbohrte Pferd; die Mutter mit ihrem to- wollte er „an der Stätte des Westfälischen mittag durch einen Lutangrif der Aufstän- erschienen die ersten Fotos in der Presse, ten Kind – sie schreit ihr Elend zum Himmel. Friedens“ die „endgültige Unterwerfung dischen völlig zerstört. Das Bombardement und am 1. Mai begann der Maler Pablo Pi- Picasso erinnert mit dem Titel an das Frankreichs“ vollziehen. Die seit 1937 für dieser ungeschützten Stadt weit hinter der casso tief erschüttert mit den Vorarbeiten historische Ereignis. Gleichzeitig bezieht das Jubiläumsjahr 1948 geplante Ausstellung Kamplinie dauerte genau drei Stunden für sein großes Wandbild im spanischen das Gemälde Stellung gegen jeden Krieg, zum Westfälischen Frieden ist kriegsbedingt und fünfzehn Minuten: Ohne Unterbre- Pavillon der Weltausstellung in Paris. „Guer- ist ein grundsätzlicher Protest auch gegen nie gezeigt worden. In Münster ist nun eine chung lud während dieser Zeit eine starke nica“, sein Monumentalgemälde, ist das be- aktuelle Kriege. Und damit störend präsent Installation mit erhaltenen Fotos zu sehen, Lutwafeneinheit, bestehend aus drei deut- rühmteste Bild des 20. Jahrhunderts. bis heute: Als zum Beispiel Außenminister die ein äußerst beklemmendes Bild dieser schen Typen, Junkers- und Heinkel-Bomber „Guernica“ – ein Bild des Schreckens. Colin Powell 2003 vor dem Weltsicher- hassgetriebenen Geschichtsverfälschung und Heinkel-Jagdmaschinen, über der Stadt Alles ist in Schwarz-Weiß und in Grautönen heitsrat der Vereinten Nationen in New zeigt. pausenlos Bomben bis zu einem Gewicht gehalten. Scharf konturierte Flächen prägen York sein berühmtes Indizien-Plädoyer ge- „Guernica“, so berichtet am 27. April von 500 Kilogramm ab. Gleichzeitig feuer- sich mit graischer Genauigkeit und Härte gen den Irak hielt, mit dem er die Welt von 1937 die Londoner „Times“, „die älteste ten Jagdlugzeuge im Tielug mit Maschi- ein: eine Frau mit brennendem Kleid, die der Notwendigkeit eines Präventivkriegs Stadt der Basken und das Zentrum ihrer nengewehren auf die Menschen, die sich in aus einem Haus stürzt; das von einer Lanze überzeugen wollte. Ohne Erfolg. Doch in „Viele Menschen auf dieser Welt haben es nicht so gut getroffen wie wir. Ihnen wollen wir helfen.“ Jürgen Frenger Annegret und Dr. Norbert Henke Rosalinde und Georg Opinc Dr. Robin Tuerks
CHRIST IN DER GEGENWART BILDER Nr. 18 / 2018 Ausstellung 193 Foto: Gerhard Schneider, Copyright Otto Pankok Stiftung 2018 Foto: KNA-Bild Religionen als Friedensstifter heute: Sant’Egidio-Treffen 2017 in Osnabrück Künstler für Frieden: Otto Pankoks „Christus zerbricht das Gewehr“ (1950). der Nacht vor der Sitzung des Weltsicher- und Bernardino de Sahagún, Friedrich Spee ber“ beharren in Konliktlösungen auf Ge- und Kultur“ (dort ist auch die Schau des Bistums Münster zu Gast), im Archäologischen Museum heitsrates hatten Diplomaten im vorausei- von Langenfeld und homas Merton stehen rechtigkeit. Denn ohne sie, das lehrt die der Universität, im Kunstmuseum Pablo Picasso lenden Gehorsam den Wandteppich mit ei- dafür. In der Münsteraner Ausstellung wird Geschichte, wird ot nur die Lunte für Nach- sowie im Stadtmuseum, das sich dem Westfälischen ner Reproduktion von Picassos „Guernica“ dieser „Glutkern“ des Christentums, Jesu folgekonlikte gelegt. Frieden widmet. Kooperationspartner ist das Excel- im Sitzungssaal mit einer großen Uno- Bergpredigt, vor allem an Dietrich Bonhoef- lenzcluster „Religion und Politik“ an der Universi- tät Münster. Im Sandstein-Verlag Dresden ist ein Flagge verhängen lassen. Vor „Guernica“ fer und Max Josef Metzger sichtbar. Der Münsteraner Ausstellungsparcours „Frie- ausgezeichneter fünbändiger Katalog erschienen sollte der USA die Präsentation von Kriegs- Der Rückgrif auf die gewaltfreie Wurzel den. Von der Antike bis heute“ ist bis zum 2. Sep- (98 €) – eine wahre Fundgrube zum hema. Infos: gründen erspart werden. Ausgerechnet vor des Christentums führte vor fünfzig Jahren, tember zu sehen: im „LWL-Museum für Kunst www.ausstellung-frieden.de. Picassos Werk – mit dem schon gegen den am 7. Februar 1968, zu der Gründung der Vietnam-Krieg demonstriert wurde und Comunità di Sant’Egidio in Rom. Sie hat von dem der kleinste Bildausschnitt als sich dem „gerechten Frieden“ im Kleinen apokalyptische Warnung erscheint – sollte wie im Großen verschrieben. Wer danach niemandem zugemutet werden, zum Krieg fragt, welche Rolle Religionen in den aktuel- aufzurufen. len Krisen der Welt positiv spielen können, schaue sich diese Basisgemeinschat mit Sant’Egidios Formel ihren weltumspannenden Aktivitäten zur „Es ist bekannt“, schrieb der portugiesische Literatur-Nobelpreisträger José Saramago Friedensvermittlung vor allem in Afrika nä- her an. Der ehemalige Uno-Generalsekretär Große Sommerkreuzfahrt EXKLUSIV GECHARTERT nach den Terror-Anschlägen vom 11. Sep- Boutros Boutros-Ghali fasste seine Erfah- 3 0 J ah h ree haa ndd inn h a n d t o ur s tember 2001, „dass ausnahmslos alle Re- rungen so zusammen: „Die Gemeinschat ligionen nie dazu dienten, die Menschen von Sant’Egidio entwickelte Techniken, die einander näherzubringen und den Frieden sich von den Techniken der professionellen 26. August bis 6. September 2018 zu mehren. Religionen waren und sind der Friedensvermittler unterscheiden, diese Grund für unendliches Leid, für Massen- morde und ungeheuerliche physische und aber auch ergänzen.“ Besonders wirkungs- voll sei ihre Fähigkeit, „bei der Suche nach „Rund um Großbritannien“ psychische Gewalt, die zu den dunkels- Lösungen andere mit einzubeziehen“. Tech- England – Irland – Schottland mit MS BERLIN ten Kapiteln der elenden Geschichte der niken, die als „diskret und informell“ zu be- Menschheit gehören.“ Aber ist es wirklich schreiben sind, die zusammen mit der oi- Bremerhaven London Cobh (Cork) Dublin bekannt? ziellen Tätigkeit der Regierungen und der Belfast Rosyth (Edinburgh) Newcastle Kiel In der Tat: Die Geschichte des Chris- internationaler Organisationen aber „ein tentums ist durchzogen von Glaubenskrie- harmonisches Zusammenspiel“ ergeben. Glückskabine außen € 1.999,- p.P. gen, Konfessionskriegen und Gewalttaten Das Verbindende sehen und Trennendes bis in die Gegenwart hinein. Da ist es fol- zunächst beiseite lassen. Als „Italienische gerichtig, dass in Münster den Ideen des Formel“ ist dieses Vorgehen mittlerweile Mit an Bord: Friedens im Christentum der Zwiespalt bekannt. Dr. Günther Beckstein Ministerpräsident a. D. zwischen Ideal und Wirklichkeit zur Seite Die Gemeinschat macht Ernst mit dem und weitere Referenten gestellt wurde – von den Kreuzzügen ins christlichen Universalismus: Für Christen und Musiker Heilige Land bis zu den Koppelschlössern „gibt es nicht mehr Juden und Griechen, („Gott mit uns“) deutscher Soldaten in den nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und beiden Weltkriegen. Eine christliche Spur Frau“ (Gal 3,28). Die Erschafung von Adam der Gewalt, die sich wiederholt auch nach und Eva begründet diese Einheit der innen, gegen Ketzer, Häretiker und Apos- Menschheit. So hat Boutros-Ghali an Außerdem bei hand in hand Auß d tours: taten, richtete. Sant’Egidio beobachtet, dass bei der Ge- Rhei in, Nord Rhein, dkap, Wolga, Donau, Nordkap, Donnauu, Kanada, Parallel dazu zieht sich durch die Chris- meinschat „der Respekt gegenüber den A Al aska, Mittelmeer, Kuba, Is Alaska, IIsrael rael tentumsgeschichte eine Spur des Gewaltver- Konliktparteien und gegenüber denen, die zichts und der Friedfertigkeit, die meistens vor Ort vom Konlikt betrofen sind“, den Heiner Zahn GmbH . Postfach 65 . 72222 Ebhausen . Tel. 0 74 58 99 99-0 eher unbeachtet bleibt. Martin von Tours, Erfolg der Friedensvermittlung ausmache. Fax 0 74 58 / 99 99-18 . info@handinhandtours.de . www.handinhandtours.de Franz von Assisi, Bartolomé de las Casas Und die „Außerparlamentarischen vom Ti-
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