BIM-Qualifizierungsleitfaden für die kommunalen Bauverwaltungen und die kommunale Gebäudewirtschaft in Nordrhein-Westfalen - Kommunal Agentur NRW
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BIM-Qualifizierungsleitfaden für die kommunalen Bauverwaltungen und die kommunale Gebäudewirtschaft in Nordrhein-Westfalen www.mhkbg.nrw
Auftraggeber: Stadt Heiligenhaus Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Stadtverwaltung Wülfrath – Dr. Stefan Holl Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen Stadt Kaarst – Tiefbau, Baubetriebshof, Bauverwaltung Stadt Kleve – Gebäudemanagement der Stadt Kleve Auftragnehmer und Ersteller: Stadt Münster – Amt für Mobilität und Tiefbau, Kommunal Agentur NRW: Jan Echterhoff & Dr. Ralf Togler Timo Krolop DICONOMY: Jakob Przybylo MAXIA.Services: Dr. Christian K. Karl Weitere Mitwirkende: Städte- und Gemeindebund NRW – Bauen und Vergabe Wissenschaftliche Begleitung: Dezernat II Universität Duisburg-Essen (UDE) – Fachdidaktik NUCE Consulting GmbH, Milos Mikasinovic Bautechnik GvW Graf von Westphalen Rechtsanwälte Steuerberater Hochschule Ruhr West (HRW) – Bauökonomie Partnerschaft mbB, Christian Esch LL.M Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin, Beteiligte Partner: Prof. Dr. habil. Michael May Kreis Viersen – Gebäudemanagement Gemeinnützige re!source Stiftung e. V., Annette von Hagel Kreis Viersen – Amt für Personal und Organisation TUTTAHS & MEYER Ingenieurgesellschaft für Wasser-, Abwasser- und Abfallwirtschaft Kommunale Mitwirkende: DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Landeshauptstadt Düsseldorf – Arbeitsgruppe BIM Abwasser und Abfall e. V., Landesverband Nordrhein- Stadt Duisburg – Immobilien-Management Duisburg Westfalen Stadt Duisburg – Stabsstelle Digitalisierung Landschaftsverband Rheinland – Gebäude- und Stadt Dülmen – Der Bürgermeister, Dezernat III, Liegenschaftsmanagement, Umwelt, Energie, Bauen Stadtbaurat Markus Mönter für Menschen GmbH Stadt Erftstadt – Amt für Stadtentwicklung und Bauordnung
BIM-Qualifizierungsleitfaden für die kommunalen Bauverwaltungen und die kommunale Gebäudewirtschaft in Nordrhein-Westfalen www.mhkbg.nrw
4 Inhalt Vorwort 5 Das BIM-Competence-Center (BIM-CC) sorgt für Vernetzung und Wissenstransfer 6 Executive Summary 7 1.0 Thematische Einführung und BIM-Entwicklungsplan bei Kommunen 8 1.1 Ziel des Leitfadens 9 1.2 Methodik des Leitfadens 11 1.3 Was ist BIM und wieso ist es für Kommunen so wichtig? 12 1.4 BIM-Einführung im kommunalen Umfeld 14 1.5 Entwicklungsplan für BIM bei Kommunen 18 2.0 Weiterbildungsinhalte aus kommunaler Sicht 22 2.1 Standardisiertes Weiterbildungsangebot 23 2.2 BIM-Lernfelder 25 2.3 Individuelle BIM-Qualifizierung für Kommunen 26 3.0 Anwendung der Inhalte und weitere Informationen 30 3.1 Anwendung der Lernfelder (zu Anhang V) 32 3.2 Anwendung der digitalen Vorlage für ein BIM-Self-Assessment (zu Anhang VI) 34 3.3 Anwendung der Musterblätter der Musterweiterbildungsmaßnahmen (zu Anhang VII) 35 3.4 Anbieterinnen beziehungsweise Anbieter und Schulungen finden 35 4.0 Anhang 36 4.1 Anhang I – Glossar 37 4.2 Anhang II – Verwaltungsgliederung einer Kommune 40 4.3 Anhang III – Umfrageergebnisse 42 4.4 Anhang IV – Übersicht der Lernfelder 44 4.5 Anhang V – Lernfelder, Themen und beispielhafte Inhaltsbausteine nach Gruppen 47 4.6 Anhang VI – Digitales BIM-Self-Assessment 77 4.7 Anhang VII – Musterblätter der Musterweiterbildungsmaßnahmen mit Themen 78 4.8 Anhang VIII – Literaturverzeichnis 79 Impressum 83
5 Vorwort Die kommunalen Bauverwaltungen und die kommunale Gebäudewirtschaft können der Implementierung von BIM einen großen Schub verleihen Die Zukunft des Planens, Bauens und Bewirtschaftens rung. Es wird Sie gerne weiter unterstützen, Ihre Fragen von Gebäuden liegt in der Digitalisierung. Mit ihrer Hilfe beantworten und Ihre Anregungen aufnehmen. Ihre Rück- lassen sich die einzelnen Prozesse im Lebenszyklus eines meldungen dienen der erfolgreichen Implementierung Gebäudes optimieren, sie können transparenter und nach- von BIM. haltiger gestaltet werden. Diese Potenziale können wir mit der Implementierung von Building Information Modeling Ich bedanke mich bei den nordrhein-westfälischen (BIM) auch für den kommunalen Hochbau nutzen. Kommunen, dem Konsortium der Kommunal Agentur NRW und allen Mitwirkenden, deren Expertise in den Nordrhein-Westfalen ist bundesweit BIM-Vorreiter. Wir BIM-Qualifizierungsleitfaden eingeflossen ist. Viel prak- wollen BIM als Methode etablieren, die es unseren Kom- tische Erfahrung und eine hohe Fachkompetenz sind munen – unter Einhaltung von Nachhaltigkeits- und Qua- hier zusammengekommen. Diese enge Zusammenarbeit litätsansprüchen – ermöglicht, ihre bau- und wohnungs- steht beispielhaft für die Methode BIM. politischen Ziele zügig umzusetzen. Die flächendeckende Anwendung von BIM wird Arbeitsprozesse vereinheitlichen Für die Umsetzung wünsche ich Ihnen viel Erfolg. und beschleunigen. So kann mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen und der Bestand fachgerecht saniert werden. Ich werbe dafür, die Methode BIM schrittweise im öffent- lichen, kommunalen Hochbau in Nordrhein-Westfalen einzusetzen. Der Informations- und Qualifizierungsbedarf zu BIM ist groß. Mit unserem Qualifizierungsleitfaden er- Ina Scharrenbach halten Sie ein erstes Handwerkszeug bei der schrittweisen Einführung. Unser BIM-Competence-Center (BIM-CC) Ministerin für Heimat, Kommunales, unterstützt die kommunalen Bauverwaltungen und die Bau und Gleichstellung kommunale Gebäudewirtschaft bei der BIM-Implementie- des Landes Nordrhein-Westfalen
6 Das BIM-Competence-Center (BIM-CC) sorgt für Vernetzung und Wissenstransfer Bei der Einführung des Building Information Modeling schaftlich gestützte Diskurs über die Gestaltung der digi- (BIM) und anderer digitaler Innovationen im Baubereich talen Transformation im Baubereich wird vorangetrieben. nimmt Nordrhein-Westfalen eine Vorreiterrolle ein. Als erstes Bundesland hat es die Implementierung der BIM- Eine zentrale Aufgabe des BIM-CC ist es, die nordrhein- Methode bereits im Jahr 2017 zum Ziel erklärt, um die westfälischen Kommunen bei der Implementierung von Chancen der Digitalisierung auch in der Baupolitik zu BIM zu unterstützen. Die Bereitstellung von Handreichun- nutzen. gen (im Einzelnen sind das die BIM-Handlungsempfehlung, der BIM-Qualifizierungsleitfaden und zwei Broschüren zur Damit dies schnellst- und bestmöglich umgesetzt werden Digitalisierung des Planens und Bauens in der Forschung kann, hat das Ministerium für Heimat, Kommunales, und Lehre in Nordrhein-Westfalen) sowie die Durchführung Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen von Informationsveranstaltungen und Konferenzen stehen (MHKBG) ein BIM-Competence-Center (BIM-CC) einge- dabei im Mittelpunkt. richtet, um den Dialog dazu landesweit zu fördern. Das Ministerium versteht sich in diesem Prozess als derjenige, Das BIM-CC stellt damit die relevanten Informationen zur der Impulse gibt und den Austausch koordiniert. Einführung und Umsetzung der Methode BIM sowie den BIM-Qualifizierungsbedarf für den öffentlichen, insbeson- Das BIM-CC führt das Wissen aller beteiligen Akteurinnen dere kommunalen Hochbau in Nordrhein-Westfalen zu- und Akteure zusammen und bündelt die neuesten wissen- sammenfassend dar. schaftlichen Erkenntnisse. In Dialogveranstaltungen mit Expertinnen und Experten aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft werden die im Land vorhandenen Kompe- tenzen bestmöglich miteinander vernetzt, und der wissen-
7 Executive Summary Der vorliegende Leitfaden widmet sich dem Einführungs- Der Entwicklungsprozess und damit auch die prozess der Methode Building Information Modeling (BIM) BIM-Qualifizierungsmaßnahmen lassen sich in der kommunalen Bauverwaltung und der Gebäudewirt- grundsätzlich in vier Stufen gliedern: schaft in Nordrhein-Westfalen. Der Fokus des Leitfadens liegt hierbei auf den notwendigen Qualifizierungsmaßnah- 1. Orientierung: Erste Sondierung und Verständ- men für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die dargelegten nisaufbau für die Funktionsweise der BIM-Methode. Empfehlungen orientieren sich am stufenweisen Vorgehen entlang der BIM-Einführung. 2. Einführung: Festlegung zum Vorgehen bei der BIM-Einführung in der jeweiligen Verwaltung. Der Ziel der kooperativen Arbeitsmethode BIM ist die Erstel- Prozess wird mit Weiterbildungen und Coachings lung und Nutzung eines digitalen Bauwerksmodells über unterstützt. den gesamten Baulebenszyklus. Dabei werden Synergien geschaffen und Risiken reduziert. Vor allem die digitale 3. Pilotierung: Anwendung der BIM-Methode bei Baudokumentation dient dazu, dass Bauprozesse effizien- ersten Bauvorhaben. ter gestaltet werden können und Ziele, wie beispielsweise Hier geht es vor allem darum, einzelne Aspekte bei die Nachhaltigkeit im Gebäudebetrieb, besser abgebildet Bauvorhaben, wie zum Beispiel die Qualitätssiche- werden können. rung im Neubau, anhand digitaler Bauwerksmodelle durchführungsorientiert zu schulen und Modelle Die Arbeitsmethode BIM wird zunehmend sowohl bei zu erstellen. öffentlichen als auch privaten Bauvorhaben eingesetzt. Die Nutzung von BIM ist dabei ein verfolgtes Ziel der nord- 4. Korrektur: Lerneffekte und Verbesserungsmaß- rhein-westfälischen Landesregierung. Sie wirkt unterstüt- nahmen. zend. Es ist davon auszugehen, dass sich die Methode BIM innerhalb der nächsten Jahre als Standard etablieren wird. Dabei nehmen Kommunen als Bauverantwortliche, öffent- Die nordrhein-westfälischen Kommunen befinden sich auf liche Auftraggeberinnen und Betreiberinnen eine zentrale unterschiedlichen Stufen der BIM-Einführung und sind und elementar wichtige Rolle für die gesamte Branche ein heterogen aufgestellt, wobei die große Mehrheit am Anfang und besitzen damit eine Vorbildfunktion. steht. Es besteht kein Zweifel, dass BIM und die Digitali- sierung die Baubranche verändern werden. Dabei wird der Gleichwohl bedeutet die Einführung für die jeweilige Einsatz von BIM zunehmend von allen Seiten gefordert. Organisation einen amts- und aufgabenübergreifenden, Für Bauherrinnen und Bauherren sind die Herausforderun- langfristigen Veränderungsprozess. Ein klarer Plan, ziel- gen besonders auffällig, die vor der eigentlichen Projekt- gerichtete Strukturen mit BIM-Zuständigkeiten und ein durchführung bestehen. Deshalb begleitet der BIM-Quali- konsequentes Vorgehen sind dabei erforderlich. Die indivi- fizierungsleitfaden den BIM-Entwicklungsprozess ab duelle Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbei- dem ersten Schritt und bietet folgende praxisnahe An- tern bildet hier einen zentralen Erfolgsfaktor. wendungsmöglichkeiten: • Grundlegendes Verständnis für den Entwicklungsprozess und Begleitung über die oben genannten vier Schritte. • Möglichkeit, den eigenen Qualifizierungsbedarf ein- zuschätzen, Schulungsbedarf zu identifizieren und Schulungsmaßnahmen aufzugreifen. • Einblick in bestehende Schulungsprogramme und Individualisierungsmöglichkeiten für Kommunen. • Hilfe bei der Kommunikation und Bedarfsabstimmung mit Externen wie zum Beispiel Ausbildungsanbieterin- nen und -anbietern. Spezifische BIM-Lernfelder nehmen den oben genannten Anspruch auf. Sie reflektieren und stützen zudem den Arbeits- und Geschäftsprozess.
9 1.1 Ziel des Leitfadens Die Verwaltungen von Städten und Gemeinden, sei es die Qualifizierungsmöglichkeiten entlang der Schritte Orien- Bauverwaltungen, die Gebäudewirtschaft oder die interne tierung, Einführung, Pilotierung und Korrektur erläutert. Informationstechnik (IT), sollen hinsichtlich ihrer BIM-Ein- Neben dem BIM-Qualifizierungsleitfaden bietet es sich führung gestärkt werden. Vor dem Hintergrund ist eine an, die BIM-Handlungsempfehlung als weitere Publikation effiziente Qualifizierung eine notwendige Voraussetzung. des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Diese bildet den Zugang zu einer verbesserten Planung, Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen zu nutzen 2. Kommunikation und Qualität von Bauvorhaben mit einer Abbildung 1.1 visualisiert das Zusammenspiel der Leit- verbesserten Termin- und Kostenkontrolle 1. fäden: Der BIM-Qualifizierungsleitfaden setzt mit den ersten Schritten zum Zeitpunkt der Orientierung einer Im Qualifizierungsleitfaden werden individuelle Qualifizie- Kommune im BIM-Umfeld an. Die BIM-Handlungsemp- rungsmöglichkeiten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fehlung findet Anwendung, sobald konkrete Bauvorhaben der Kommunalverwaltung dargelegt. Dabei werden die definiert und umgesetzt werden sollen. 4. Entwicklungsstufe Korrektur Abbildung 1.1: Zusammenspiel des BIM-Qualifizierungsleitfadens und der BIM-Handlungsempfehlung 1 Vgl. Borrmann et al. (2015). 2 Vgl. MHKBG (2021).
10 Abbildung 1.2: Übersicht der Kapitel und Inhalte des Leitfadens Der BIM-Qualifizierungsleitfaden versteht sich als eine praktische Hilfe im BIM-Alltag, untergliedert in drei Kapitel: Einführung, Weiterbildung und Anwendung, welche in Abbildung 1.2 dargestellt sind.
11 1.2 Methodik des Leitfadens Um bestmöglich auf die besonderen Rahmenbedingungen nehmen diskutiert. Alle Interessensvertretungen bewer- und Bedürfnisse von Kommunen eingehen zu können, ten die existierenden deutschen Normen und Richtlinien wurde ein offenes Verfahren gewählt. Das heißt, dass zahl- für die Qualifikation zum Thema BIM als gute Basis. reiche nordrhein-westfälische Kommunen durch unter- schiedliche Formate involviert, der Stand der BIM-Methode Ein weiterer wichtiger methodischer Baustein ist die Zu- erfasst und entsprechende Qualifizierungsempfehlungen ordnung von BIM-Aufgaben nach den heute vorhandenen abgeleitet und formuliert werden konnten. hierarchischen Ebenen in der Kommune. Individuelle In- halte wurden Gruppen der allgemeinen Verwaltungsstruk- Die Abstimmungen erfolgten durch direkte Interviews tur zugeordnet und münden in Schulungsvorschlägen. zu Beginn, mithilfe eines Onlinefragebogens in der späte- ren Phase und begleitende Expertinnen- und Expertenge- Um den aktuellen Angebotsstand der standardisierten spräche. Es wurden sowohl kleine und große Kommunen BIM-Weiterbildungsmaßnahmen zu erfassen und diesen als auch Kommunen mit und ohne BIM-Erfahrung befragt. zu bewerten, wurden Gespräche mit Weiterbildungsan- bieterinnen und -anbietern geführt, Normen und Richt- Bei der Befragung zeigte sich, dass circa ein Viertel der linien evaluiert und Datenbanken wie BIM-Events.de befragten Kommunen ein BIM-Bauvorhaben anvisiert und betrachtet. ein Viertel bereits ein BIM-Bauvorhaben umsetzt. Die Hälfte und damit der größte Teil der befragten Kommunen Die Anregungen der Kommunen, Interessensvertretungen plant bislang keine konkreten Maßnahmen. Die Befragung und Expertinnen und Experten wurden bei der Erstellung zeigte zudem, dass knappe Zeit- und Personalressourcen dieses Leitfadens berücksichtigt. die Einführung der Methode BIM erschweren. Des Weiteren erachten über die Hälfte der Befragten eine grundsätzliche Aussprache des Verwaltungsvorstands für die Einführung von BIM als äußerst wichtige und unterstützende strate- gische Entscheidung. Weitere Umfrageergebnisse finden Sie im Anhang III. Für eine Evaluation des Qualifizierungsleitfadens wurden die wesentlichen Ergebnisse mit weiteren Institutionen wie Hochschulen, Ingenieurbüros, Verbänden und Unter- Abbildung 1.3: Ergebnisse der BIM-Befragung Kommunen Nordrhein-Westfalen
12 1.3 Was ist BIM und wieso ist es für Kommunen so wichtig? Bedingt durch die zunehmende Digitalisierung befindet Dabei ist BIM weit mehr als nur ein Bauwerksinformations- sich das Bauwesen im Wandel. Aktuelle Schlagworte sind modell. BIM umfasst sowohl Richtlinien und Prozesse als unter anderem Industrie 4.0 und BIM. Bei BIM handelt auch Aus- und Weiterbildungsinhalte, welche die Zusam- es sich um eine kooperative Arbeitsmethode. Diese reicht menarbeit und Kooperation regeln. BIM ist demnach keine über alle Lebenszyklusphasen eines Bauwerkes und Softwarelösung oder Erweiterung von CAD-Programmen. basiert auf einer höheren Vernetzung zwischen allen am BIM ist eine Methode, welche insbesondere von einer ver- Bau Beteiligten. Ziele von BIM sind die Erschließung von änderten, kooperativen Denkweise bei der Projektreali- Synergien und die Hebung von Potenzialen wie zum Bei- sierung getragen wird. Das digitale Bauwerksinformations- spiel eine höhere Kosten- und Planungssicherheit oder modell stellt das für die Methode BIM resultierende Transparenz bei wichtigen, planerischen Entscheidungen Produkt dar.6 im Bestand oder Neubau.3 Viele Aspekte sprechen für die Anwendung von BIM. So Das technische Werkzeug der kooperativen Methode BIM bildet beispielsweise die digitale Dokumentation der Bau- bildet ein digitales Bauwerksinformationsmodell, bei dem werke im Betrieb eine wertvolle Grundlage für die Reduzie- Vorgänge und Prozesse rund um die funktionalen Eigen- rung von Haftungsrisiken. Insbesondere der spätere Rück- schaften des Objekts im Lebenszyklus miteinander in Ver- bau und das Recycling von verwendeten Bauprodukten bindung stehen.4 Daten wie Kosten, Materiallisten, Grund- ist ohne eine präzise Gebäudedokumentation nur schwer risse, Schnitte und vieles mehr lassen sich extrahieren oder denkbar. Dies fördert die nachhaltige Nutzung natürlicher mit anderen Systemen wie Kostentabellen oder Computer- Ressourcen. Gebäudewerte können so ermittelt werden. Aided Facility Management Systemen (CAFM-Systemen) Die BIM-gestützte Digitalisierung schafft zudem Vorteile verknüpfen. Um Daten aus einem BIM- in ein CAFM-System durch die Optimierung des Betriebs während des Gebäu- zu übertragen, bieten einige CAFM-Herstellerinnen und delebenszyklus.7 -Hersteller spezielle herstellerspezifische oder -neutrale Schnittstellen wie beispielsweise CAFM-Connect an.5 In diesem Kontext können Entscheidungen zum Beispiel hinsichtlich der Bauproduktauswahl getroffen oder Ent- wurfsvarianten während der Planungsphase auch bei der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern besser beurteilt werden. Im Betrieb enthält das Modell entsprechende Informationen (zum Beispiel Produktspezifikationen für Sanierungsarbeiten). Damit einhergehend werden regel- mäßige teilautomatische, technisch unterstützte Prüfun- gen zur Sicherung der Arbeitsqualität ermöglicht (zum Beispiel Fluchttreppenbreite, Fluchtwege). In der Summe kann dies den nachhaltigen Neubau und Betrieb eines Bauwerks gewährleisten. Die Arten der Nutzung von Bauwerksinformationsmodel- len werden BIM-Anwendungsfälle genannt. 3 Vgl. Karl et al. (2018), Borrmann et al. (2015). 4 Vgl. Egger et al. (2013). 6 Vgl. Przybylo (2015). 5 Vgl. Semmler (2018). 7 Vgl. Siemens (2018).
13 Beitrag des Landrats des Kreises Viersen – Im Kontext von BIM als digital unterstützte kooperative Vision einer zirkulären Wertschöpfung/ Arbeitsmethode können sechs wesentliche Aspekte iden- Nachhaltigkeit tifiziert werden, welche die Arbeit und damit insbeson- dere die Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitar- Als Kreis tragen wir sowohl Verantwortung gegen- beitern innerhalb eines langfristig ausgerichteten über unseren Steuerzahlerinnen und -zahlern als Prozesses beeinflussen 8: auch gegenüber nachfolgenden Generationen. Mit der konsequenten Wiederverwendung von Rohstof- 1. Vernetztes Arbeiten: fen werden wir dieser Herausforderung gerecht: Veränderung der Zusammenarbeit durch die elektronische Denn wir sparen einerseits Kosten für Baumateria- Datenverarbeitung (EDV) gestütztes, vernetztes Arbeiten lien ein und verzichten andererseits darauf, weitere in Richtung Kollaboration. Ressourcen in Anspruch zu nehmen – von denen wir wissen, dass sie uns nur in begrenztem Umfang 2. Unterstützung durch Technologie: zur Verfügung stehen. Mithilfe des „Building Infor- Unterstützung vieler Arbeitsschritte durch (teil-)automa- mation Modeling“ (BIM) können wir jedem Bauteil tisierte Prozesse. umfassende Informationen zuordnen. Das unter- stützt uns dabei, Materialien in unseren Objekten 3. Veränderte Arbeitsprozesse: virtuell zu identifizieren und nach ihrer Nutzung Veränderungen in Prozessen und Büroabläufen sowohl in einer neuen Verwendung zuzuführen. der Planung als auch in der Ausführung auf der Baustelle durch die Einführung von EDV und Automatisierung Wenn wir künftig unsere Gebäude so konzipieren, dass Rohstoffe erhalten bleiben, profitieren kom- 5. Virtuelles Arbeiten: mende Generationen – und wir sparen schon heute Zunehmende Visualisierung von virtuellen Objekten in der Geld ein. realen Welt und Interaktion mit diesen. Landrat Dr. Andreas Coenen 6. Daten: (Vision einer zirkulären Wertschöpfung/Nachhal- Steigende Datengrundlage, welche auch in manuellen tigkeit) Arbeitsprozessen verarbeitet werden müssen. 8 Vgl. in Anlehnung an Karl & Spengler (2019).
14 1.4 BIM-Einführung im kommunalen Umfeld Beitrag des Immobilien-Managements der Stadt Duisburg Wir als Immobilien-Management der Stadt Duisburg Hier spielten vor allem die Berufsgruppen „Bauzeich- nutzen die Einführung der BIM-Methode als Chance für nerin und Bauzeichner“ und „Technikerin und Techniker“ einen zukunftssicheren und effizienten Einsatz unserer eine zentrale Rolle, da die BIM-Modellierung und die Personalressourcen. Da die neuen Aufgaben, Rollen Modellprüfungen eine große Chance zur Stärkung der und Verantwortlichkeiten im Zuge der Einführung von Durchlässigkeit zwischen Berufs- und Hochschulbil- BIM bisher nicht im Tarifvertrag für den öffentlichen dung im öffentlichen Dienst bieten. Dienst (TVöD) oder in der Organisationsstruktur des Immobilien-Managements der Stadt Duisburg berück- Die Kolleginnen und Kollegen wurden und werden ent- sichtigt waren, legten wir bei der Einführung von Be- sprechend ihren Interessen und Stärken geschult, um ginn an besonders viel Wert auf einen offenen und das größtmögliche Potenzial ausschöpfen zu können. transparenten Austausch zwischen allen am Einfüh- Eine Mischung von jungen Menschen, die viel Eigenini- rungsprozess Beteiligten. tiative und Interesse zeigen, sowie erfahrenen Bau- und Projektleiterinnen und Projektleitern hat sich hierbei Mithilfe der Stabsstellen „Digitalisierung und Change- als besonders wertvoll herausgestellt. Bei der Umset- Management“ wurde das Thema BIM im Rahmen einer zung der ersten kleinen Pilotprojekte in den unter- beauftragten Zukunftswerkstatt dezernatsübergreifend schiedlichen Anwendungsfeldern wurde sowohl der dem Verwaltungsvorstand vorgestellt, und in weiteren Personalrat einbezogen als auch natürlich der Daten- Terminen wurden die weiteren Einführungsstufen trans- schutz berücksichtigt. Um die neuen Rollen- und Ver- parent dargestellt und offen kommuniziert. Durch die antwortlichkeiten aus organisatorischer Sicht und im vom Oberbürgermeister und Verwaltungsvorstand ge- Hinblick auf die Übertragung der Aufgaben vorzube- meinsam getroffene strategische Entscheidung, die reiten, wird derzeit ein BIM-Personalkonzept erstellt. BIM-Methode bei der Stadt Duisburg einzuführen, wur- Im Anschluss wird es über die Dezernate an die erfor- de somit die wichtigste Basis für alle weiteren Schritte derlichen Schnittstellen (Personal- und Hauptamt) zur geschaffen. gemeinsamen Umsetzung weitergeleitet. Somit nutzen wir die vorgeschlagene Vorgehensweise zur Implemen- Teil der BIM-Einführungsstrategie ist es, die Anwen- tierung nicht nur für die BIM-Einführung in den Baupro- dungen in verschiedenen Pilotprojekten zu erproben. jekten, sondern stärken hierdurch auch das Miteinander Ebenso folgten schließlich die aus den Erfahrungen innerhalb der gesamten städtischen Verwaltung. abzuleitenden Qualifizierungen und Schulungen (BIM- Basiswissen und BIM-Modeler). Geschäftsführung Thomas Krützberg und Winand Schneider, BIM-Mitarbeiterin Eva Wick‘l (Immobilien-Management Duisburg) BIM entfaltet seine Potenziale durch eine modellbasierte Die strategische Ebene der Kommune hat als Initiator und Kooperation über Verwaltungs-, Abteilungs- und Hierar- Beschlussgeber für die Einführung eine besondere Rolle. chiegrenzen hinaus. Über den gesamten Lebenszyklus Der BIM-Qualifizierungsleitfaden ist mit dem darin be- von Bauwerken hinweg ist eine Vielzahl von unterschied- schriebenen BIM-Entwicklungsplan an der aktuellen Orga- lichen Fachämtern eingebunden. BIM stellt die koopera- nisationsstruktur der Kommunalverwaltung ausgerichtet tive Arbeitsmethodik dar, mit der relevante Daten und (siehe Abbildung A.1 im Anhang II). Grundsätzlich stellen Informationen innerhalb der einzelnen Bereiche wider- sich der folgende hierarchisch geordnete Aufbau entlang spruchsfrei erfasst, verwaltet und ausgetauscht werden des Entwicklungsplans dar (siehe Abbildung 1.4). können.
15 Abbildung 1.4: Hierarchisch geordneter Aufbau und Kernaufgaben entlang des Entwicklungsplans
16 Strategische Ebene Aufgaben der Behördenleitung im BIM-Umfeld sind die Exemplarische Aufgaben: Initiierung der BIM-Einführung und die dauerhafte Um- • Beschluss des strategischen Vorgehens für eine lang- setzung und Unterstützung der BIM-Methode im Sinne und kurzfristige BIM-Einführung und Definition von eines strategischen Informationsmanagements. Dies gilt Entwicklungszielen sowohl sachlich als auch ideell. Durch diese Sichtweise • Benennung von BIM-Zuständigen zur BIM-Einführung wird das Vorhaben in der Behörde als wichtige Entwicklung • Bereitstellung der finanziellen Mittel, Ressourcen, angesehen. Bei der Einführung und Weiterentwicklung Zeit und Vertrauen in das Einführungsteam kann die strategische Ebene von zuständigen Personen • Interne/externe Kommunikation des strategischen für BIM beraten werden. Vorgehens an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Externe (zum Beispiel Dienstleisterinnen und Dienstleister) • Akquise von entsprechenden Bau- und Forschungsvor- haben Taktische Ebene Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der taktischen Ebene Exemplarische Aufgaben: initiieren und sichern die Umsetzung der BIM-Entwick- • Beratung der strategischen Ebene bezüglich der BIM- lungsziele aus der strategischen Ebene. Die durchgeführte Ziele. Vorschläge zum Vorgehen und Unterstützung Befragung der beteiligten Kommunen zeigte, dass eine einer Beschlussfassung organisationsspezifische Entwicklung der Methode BIM • Konzeption der BIM-Entwicklung der Kommune idealerweise durch eine Stabsstelle ausgeführt werden (BIM-Strategie) inklusive aller hier genannten Aufgaben sollte. Diese besteht aus einer Person oder bei größeren • Organisationsübergreifende Ansprechperson für BIM Verwaltungen aus einem Team von mehreren Mitarbeiterin- • Entwicklung eines Weiterbildungskonzeptes und Fest- nen und Mitarbeitern. Die durchgeführte Befragung der legung von Weiterbildungsinhalten je nach Zielgruppe beteiligten Kommunen ergab zudem, dass es vor allem • Förderung der Ausrichtung der Kommune auf BIM und bei kleineren Kommunen aufgrund knapper Personalres- Optimierung der bestehenden Geschäftsprozesse: sourcen keine klare Abgrenzung von rein organisations- • Entwicklung und Verantwortung der BIM-Strategie übergreifenden und projektbezogenen Aufgaben geben unter Berücksichtigung aller relevanten kommunalen kann. Nach Einschätzung der Befragten sollte bei kleine- Fachbereiche ren Verwaltungen etwa eine Viertelstelle für allgemein • Unterstützungs- und Optimierungsmöglichkeiten für organisatorische BIM-Aufgaben eingeplant werden. Dieser bestehende Prozesse durch BIM Wert ist lediglich eine Schätzung und hängt stark von der • Bereitstellung von Musterdokumenten für BIM wie Struktur der Kommune ab. zum Beispiel Pflichthefte für Bauvorhaben und Muster Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA)9 A) Amts- und Abteilungsleitung • Einführung und Unterstützung der dauerhaften opera- Die taktische Ebene initiiert und sichert die Umsetzung tiven Umsetzung der Methode BIM im Sinne eines ope- der Entwicklungsziele der strategischen Ebene. Diese Ziele rativen Informationsmanagements betreffen auch konkrete Bauvorhaben, welche vorzugs- • Begleitung und Unterstützung der funktionalen Bereiche weise durch die operativen Ebenen umgesetzt werden. Die wie beispielsweise der Öffentlichkeitsabteilung taktische Ebene gibt der strategischen Ebene das notwen- • Entwicklung von Leistungen wie beispielsweise dem BIM- dige Feedback über den Einführungs- und Entwicklungs- Management oder der modellbasierten Projektsteuerung stand. Die Verwendung von Bauwerksinformationsmodellen zur B) BIM-Zuständige effizienten und qualitativ hochwertigen Ausführung von Zuständigkeiten können auf Mitarbeiterinnen und Mitar- bestimmten Aufgaben erfolgt auf der operativen Arbeits- beiter aus unterschiedlichen kommunalen Bereichen und ebene. Die BIM-Zuständigen wirken begleitend. Ebenen verteilt werden. Wichtig ist eine klare personelle, inhaltliche Zuständigkeit. Die BIM-Zuständigen nehmen 9 AIA: Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) (Deutsch). ihre Aufgaben auch als Leistung für andere Bereiche wahr. EIR: Employers Information Requirements (EIR) (Englisch). In der DIN EN ISO 19650 wird nicht mehr von Auftraggeber-Informati- onsanforderungen, sondern von Austausch-Informationsanforderungen gesprochen (Spengler & Peter, 2020; Krieger, 2021).
17 Operative Ebene Die Beschäftigten der Sachgebiete sind diejenigen, die BIM Exemplarische Aufgaben: in der täglichen Arbeit anwenden. Das erfolgt zum einen • Festlegung der BIM-Anforderungen für ein Bauvorhaben durch die Festlegung der BIM-Methode, die Sicherstellung (Ziele, Anwendungsfälle etc.) und ihre Formulierung im der Qualität, aber auch der Nutzung von Bauwerksinforma- AIA tionsmodellen und Modelldaten zum Beispiel im Betrieb • Projektsteuerung mithilfe von Bauwerksinformations- als digitale Dokumentation. Für die Rolle eines BIM-Bau- modellen sowie die Prüfung der BIM-Koordination und herrenvertreters in einem Bauvorhaben wird vor allem der Datenqualität Begriff „BIM-Manager beziehungsweise BIM-Managerin“ • Übernahme von Modelldaten verwendet.10 Detailliertere Spezifikationen und auch die Aufgabenver- teilung intern/extern können je nach Kommune variieren. Ebene der Nutzerinnen und Nutzer/Betreiberinnen und Betreiber Im Betrieb nutzen Beschäftigte die in den Betrieb über- Exemplarische Aufgaben: führten Bauwerksinformationsmodelle unter Beachtung • Übernahme, Nutzung und Pflege der Bauwerksinforma- der zu unterstützenden Facility-Management-Prozesse tionsmodelle (FM-Prozesse) der Verwaltung (zum Beispiel Betreiberver- • Definition der BIM-Anforderungen an die Bauwerksin- antwortung). Im Idealfall erfolgt dies im Zusammenspiel formationsmodelle für den Betrieb mit einem vorhandenen CAFM-System. • Datenfreigabe an externe Dienstleisterinnen und Dienstleister, Handwerker und Handwerkerinnen und Dabei können Bauwerksinformationsdaten aus Scanning- damit Initiierung zur Durchführung von Renovierungen, Daten oder Daten von Geographischen Informationssyste- Instandsetzungen und Umnutzungen men (GIS-Daten) im Bestand detailliert erstellt werden. • Fortschreiben des As-Built Modells Ausgangspunkt kann beispielsweise eine Wirtschaftlich- • Austausch von Informationen und Synergiefindung zwi- keitsuntersuchung sein. schen den Liegenschaften der Kommune Als Gebäudeverwalterin stellt die Kommune zudem die Für eine erfolgreiche BIM-Einführung ist die Zuweisung, Datenanforderungen aus der Liegenschaftsverwaltung Abgrenzung und Zusammenarbeit dieser Tätigkeiten in- oder dem Gebäudemanagement an die zu erstellenden nerhalb der Kommunalverwaltung von hoher Bedeutung. Bauwerksinformationsmodelle (AIA) im Neubau. Hierbei gilt es, die neue und existierende Qualifikation (unter anderem berufliche Fachkenntnisse) in Abhängig- keit vom BIM-Entwicklungsstand der Kommune zu be- rücksichtigen und stufenweise zu entwickeln. Dies sollte bei der Festlegung von individuellen Qualifikationszielen Berücksichtigung finden. 10 Vgl. VDI 2552 Blatt 2, Seite 4.
18 1.5 Entwicklungsplan für BIM bei Kommunen Der Veränderungsprozess hin zu einer BIM-fähigen Kom- anderem von der individuellen Situation der Kommune munalverwaltung kann generell durch einen Entwicklungs- sowie deren Kompetenzen, Projektlage, Zeit- und Per- plan mit mehreren Stufen beschrieben werden. Je nach sonalressourcen ab, die zu Beginn einer BIM-Einführung Entwicklungsstand sind unterschiedliche Qualifizierungs- stets abzuwägen sind. maßnamen zu empfehlen. In einer BIM-Strategie wird zum einen die langfristige BIM-Entwicklung der Kommune Unabhängig davon lässt sich der Entwicklungsplan von fixiert, und zum anderen werden die ersten Schritte der BIM in die kommunale Bauverwaltung vergleichbar mit Umsetzung konkretisiert. einem Managementprozess grundsätzlich in vier Stufen gliedern (siehe Abbildung 1.5)11. Er ist generisch und Die durchgeführte Befragung der beteiligten Kommunen auch davon unabhängig, ob beispielsweise mit der Erfas- mit BIM-Erfahrung zeigte, dass für die Einführung der sung von Bestandsgebäuden oder mit dem Neubau be- Methode BIM unterschiedliche Wege existieren und ge- gonnen wird. Bei dieser Beschreibung handelt es sich um nutzt werden. Welcher Weg der passende für eine erfolg- einen idealtypischen Prozess. reiche Einführung der Methode BIM ist, hängt unter Abbildung 1.5: Schematischer Ablauf des stufenweisen Entwicklungsplans 11 Vgl. DT BAU – Przybylo (2020).
19 Stufe 1: Orientierung Die strategische Ebene beschließt die Sondierung von petenzprofil empfohlen: hohe Motivation, technische Affi- BIM und den daraus abgeleiteten Handlungsfeldern. nität insbesondere für digitale Methoden, organisatorisches Denken, ausgeprägte soziale und methodische Kompeten- zen, wenn möglich mehrjährige Projekterfahrung 12. Das Wesentliche Fragen/Fragestellungen Personal ist entsprechend zu schulen. Die BIM-zuständigen können sein: Personen sollen über ein fundiertes Grundlagenwissen zu Was ist BIM? Wieso ist BIM wichtig? BIM verfügen, welches aus der eigenen Praxis und/oder Welche Wege zur Einführung gibt es, und welcher dem Besuch eines BIM-Grundlagenkurses erlangt wurde. Weg passt am besten zu meinen Gegebenheiten? Nach Aufbau des BIM-Grundwissens erfolgt der Beschluss Wo kann mir wie geholfen werden? durch die strategische Ebene zur Erstellung der internen BIM-Strategie. Mit der Erstellung der BIM-Strategie werden wiederum die BIM-zuständigen Mitarbeiterinnen und Mit- Als Folge werden eine oder mehrere Personen bestimmt, arbeitern beauftragt. Sie sind zukünftige Ansprechpartne- die sich mit BIM thematisch befassen und eine Grund- rinnen und Ansprechpartner für BIM-Aktivitäten. schulung aufnehmen. Zur Auswahl von BIM-zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird das folgende Kom- 12 Details zur BIM-Kompetenz siehe Karl (2021). Stufe 2: Einführung Ziel der zweiten Stufe ist es, den Prozess zur BIM-Einfüh- Beispielinhalte einer BIM-Strategie 13 rung konzeptionell zu entwickeln und zu beschreiben. • Vision Diese BIM-Strategie ermöglicht der strategischen Ebene • Eigene BIM-Definition und Kernbotschaften nachfolgend den Beschluss zur Ausführung der konkreten • Präsentation zur BIM-Erklärung BIM-Einführung. • Festlegungen zur Einführung • Beschreibung der beabsichtigten Mehrwerte • BIM-Handlungsfelder (intern/extern) Wesentliche Fragen/Fragestellungen • Ziele und Anwendungsfälle (lang-/kurzfristig) können sein: • BIM-Einführung mit Stufen und Meilensteinen Was sind die Festlegungen und Ziele für den (lang-/kurzfristig) Umgang mit BIM? • Organisationsstruktur, Verantwortlichkeiten und Was kostet die BIM-Einführung? Aufgaben Welche Aufgaben werden von wem übernommen? • Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Welche Qualifikationen müssen die Beteiligten • Finanzierungsplan aufweisen? • Akzeptanz, Kommunikation und Verbreitung Welches Bauvorhaben kommt für die Einführung (interne/externe) von BIM infrage, und was soll hier • Einbindung unterstützender Funktionen wie IT, gefordert und erreicht werden? Public Relations (PR), Qualitätsmanagement (QM) Welche Standarddokumentenvorlagen werden • Pilotierung und Sondierungsprojekte benötigt? • Handlungsfeld Bauvorhaben • Interne BIM-Anwendung • Erstellung von Muster AIA, BIM-Abwicklungsplan (BAP) Die BIM-Strategie kann auf Basis der im Anhang zur Ver- fügung gestellten Hilfen durch die BIM-zuständigen Mit- Mit dem Beschluss der BIM-Strategie durch die strate- arbeiterinnen und Mitarbeiter erstellt werden. Es empfiehlt gische Ebene geht es an die Umsetzung. Der Beschluss sich zudem, weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ermöglicht die Freigabe von nötigen Zeit-, Personal- und die Erstellung der BIM-Strategie von Beginn an gezielt ein- Finanzressourcen. Erste Pilotbauvorhaben und weiter- zubinden. Diese sollten, um ein gleiches Themenverständ- gehende Weiterbildungsmaßnahmen können initiiert nis zu ermöglichen, idealerweise einen vergleichbaren werden. Die BIM-Strategie wird über alle Bauvorhaben Stand der Qualifikation aufweisen. Ein zentraler Bestand- hinweg erweitert und in interne Standardprozesse und teil der BIM-Strategie ist die Ableitung und Festlegung des Organisationsstrukturen überführt. BIM-Schulungsbedarfes aller beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 13 Vgl. DT BAU – Przybylo (2020).
20 Stufe 3: Pilotierung Ziel der dritten Stufe ist die Pilotierung, also der Beginn Gespräche mit Kommunen ergaben, dass bei den ersten der Anwendung von BIM im Bauvorhaben oder im Betrieb BIM-basierten Bauvorhaben das BIM-Management häufig von Bauwerken. Dabei werden unter anderem die Projekt- von externen Beraterinnen und Beratern übernommen musterdokumente (AIA, BAP) aus der BIM-Strategie wurde. Sie verfügten über die notwendigen spezifischen (Stufe 2) an ein zu beginnendes Bauvorhaben angepasst. Fachkenntnisse, methodischen Erfahrungen und Qualifika- Da die operative BIM-Anwendung im Bauvorhaben kom- tionen, die die Beteiligten in den Kommunen (noch) nicht plexe Anforderungen an interne Prozesse stellen kann, sind hatten 15. diese im Vorfeld zu beachten. Dies können zum Beispiel veränderte IT-Systeme, Abläufe oder Strukturen sein. Dies Eine weitere wichtige Aufgabe im Bauvorhaben bildet die ist vor allem auch in den Schulungen zu berücksichtigen. Projektleitung. Diese ist Anlaufpunkt der Bauverantwort- lichen für inhaltliche Fragestellungen. Die Vorbereitungs- zeit für BIM vor Beginn des Bauvorhabens im Neubau ist Wesentliche Fragen/Fragestellungen nicht zu unterschätzen. BIM-Anwendungsfälle und die können sein: notwendige Software müssen bekannt sein und gegebe- Welche Ziele werden durch BIM im nenfalls geschult werden. Auch das Projektteam ist auf Bauvorhaben verfolgt? die Projektanforderungen vorzubereiten. Hier ist ein Wie wird BIM angewendet? Onboarding-Prozess zum Beispiel anhand gezielter Work- Welche Informationen sind notwendig, und wie shops empfehlenswert. kann die Qualität der Daten gesichert werden? Welche Aufgaben und Rollen sind intern/extern Der dargestellte Entwicklungsplan (Abbildung 1.5) ist zu besetzen? idealtypisch. Die Umfrage zeigte, dass dieser in der Praxis, Wie sind welche Anforderungen zu definieren? vor allem aufgrund fehlenden Wissens und/oder Zeit- und Welche Detailschulungen werden von den Personalknappheit, häufig nicht in dieser Form umgesetzt Beteiligten durchgeführt? wird oder werden kann. Viele Kommunen versuchen direkt mit der Pilotierung zu starten. Das kann dazu führen, dass die Art der BIM-Anwendung nicht konkret festgelegt wird Um mögliche Überforderungen zu vermeiden, empfiehlt es und diese von den Auftragnehmerinnen und Auftragneh- sich, neben der Modellierung lediglich ein bis drei Anwen- mern nicht entsprechend erfragt und umgesetzt werden dungsfälle zu definieren, die dann erfolgreich umgesetzt kann. Die BIM-Strategie und ihre Umsetzung sollten vor- werden können. Neben systematischen BIM-Anwendungs- ab festgelegt werden. fällen spielen bei Kommunen vor allem Aspekte der Pro- jektsicherung, modellbasierte Qualitätsprüfungen und die Die Gespräche mit den Kommunen und den Interessens- Kosten- und Terminkontrolle eine besondere Rolle. Das vertretungen ergaben, dass bei Kommunen ohne BIM- langfristige Ziel ist die Nutzung von Bauwerksinformati- Strategie vor allem bei Neubauprojekten eine Vorlaufzeit onsmodellen im Betrieb und die Anbindung dieser an ein von mindestens fünf Monaten vor Ausschreibung der CAFM-System 14. Zum Zeitpunkt der Pilotierung werden Planungsleistungen notwendig ist. Hier wird die BIM-Stra- den am Bauvorhaben beteiligten Personen klare Aufgaben tegie mit entwickelt. Ein weiterer genannter Aspekt war, zugeteilt. Die zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlichen dass verkürzte Abläufe in der Praxis nur in einem sehr Weiterbildungsmaßnahmen sind vor Beginn der Bauvor- erfahrenen Umfeld möglich sind. Dieses sollte BIM-Exper- haben vorzusehen. tise im kommunalen Umfeld gesammelt haben und über entsprechende Mustervorlagen verfügen. 14 Vgl. Van der Fels (2020), Schneider (2016). 15 Vgl. Karl et al. (2016).
21 Stufe 4: Korrektur Die Stufe der Korrektur dient dazu, dass Erfahrungen aus der BIM-Umsetzung organisationsintern und aus Bauvor- haben validiert und optimiert werden. Wesentliche Fragen/Fragestellungen können sein: Was wurde sich für die Organisation/ das Projekt vorgenommen, und was wurde davon erreicht? Was war erfolgreich? Was war weniger erfolgreich? Warum? War die Qualifikation der Beteiligten angemessen? Was sind die nächsten Schritte, und welche Qualifikation ist hierfür erforderlich? Diese Stufe bildet eine wichtige, sukzessive Analyse und Korrektur der durchgeführten Entwicklungsstufen. Zur Durchführung bieten sich Workshops an. Beiträge des Kreises Viersen – Zu den Gründen der BIM-Einführung Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht zeitge- Außerdem können wir über das BIM tagesaktuelle mäße Zugänglichkeit und umfassende Services einer Auswertungen erstellen und steigern so die Qualität digitalen Verwaltung. Zugleich erwarten auch unsere strategischer Entscheidungen im Facility Manage- Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Kreisverwal- ment. tung eine moderne Arbeitsumgebung. Unsere Auf- gabe ist es, den verschiedenen Ämtern die nötigen Jörg Papenkort Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit sie diesen Abteilung Gebäudemanagement Ansprüchen gerecht werden können. Dabei sind wir (Betreiberverantwortung) auf offene Datenstandards angewiesen, um die digi- tale Verwaltung zu realisieren. Die Open-BIM-Methode ermöglicht den dafür notwendigen durchgängigen In Bauprojekten ist transparente Kommunikation zen- Informationsfluss – und sollte deshalb fester Bestand- tral. Um Reibungsverluste von Beginn an zu vermeiden, teil einer jeden Smart-City-Strategie sein. bietet die BIM-Methode einen entscheidenden Vorteil: Durch den offenen Standard können alle Projektbe- Karl Schippers teiligten zu jeder Zeit alle Informationen abrufen. Amt für Personal und Organisation (Produktive Somit profitieren letztlich alle. Deshalb bin ich sicher, Arbeitsbedingungen und Servicequalität) dass die BIM-Methode künftig großflächig angewen- det werden kann, wenn die Institutionen einen nieder- schwelligen Einstieg mit erreichbarer Zielsetzung Als Betreiber tragen wir Verantwortung für die umfas- finden. sende Dokumentation all unserer Objekte. Die Nutzung der BIM-Methode bietet meinen Kolleginnen und Kol- Jan van der Fels legen digitale Unterstützung bei dieser Aufgabe. Durch BIM-Management (Planung der Einführung) die ständige Verfügbarkeit von Informationen werden zugleich die umfassende Überwachung und Steuerung technischer Anlagen möglich.
22 2.0 Weiterbildungsinhalte aus kommunaler Sicht
23 2.1 Standardisiertes Weiterbildungsangebot Die Einbindung unterschiedlicher kommunaler Mitarbei- Andere Institutionen schulen explizit Fach- und Führungs- terinnen und Mitarbeiter bei der Erstellung dieses Leitfa- kräfte der Bau- und Planungsämter in BIM-Grundlagen- dens und Gespräche mit diversen Gewerken zeigten, dass und BIM-Vertiefungskursen, zum Beispiel der Bundesver- die Arbeitsmethode BIM individuell und abhängig vom band für Wohnen und Stadtentwicklung e. V. und das jeweiligen Tätigkeitshintergrund betrachtet wird. Architek- Studieninstitut Westfalen-Lippe. Hilfen bei der Suche tinnen und Architekten sehen BIM vor allem als Werkzeug nach Schulungsanbietern finden Sie im Kapitel 3.4. für die Erstellung und Auswertung von Modellinformatio- nen. Bauunternehmen betrachten BIM hingegen zunächst Die Kommunen erachteten folgende Weiterbildungs- eher als Grundlage für Angebotskalkulation und Logistik- inhalte als besonders wichtig: fragestellungen. Einheitliche Begriffsdefinitionen und stan- • Einführende Inhalte wie Definitionen, aktuelle Standards dardisierte Ausbildungsinhalte sind von großer Bedeutung, und Stufenpläne damit alle Beteiligten die gleiche Wissensgrundlage zwecks • Relevante Faktoren für die Implementierung der Zusammenarbeit haben. BIM-Methode • Inhalte zum aktuellen Entwicklungsstand von Normen Auf nationaler Ebene entsteht durch den VDI (Verein und Richtlinien Deutscher Ingenieure) die Richtlinienreihe 2552 „Building • BIM-Implementierung in der Organisation Information Modeling“ 16. Dabei handelt es sich um einen • Mehrwerte und Herausforderungen für Organisation umfänglichen Richtliniensatz, welcher in mehrere „Blätter“ und Projekt gegliedert ist. Verschiedene Blätter sind bereits veröffent- • Unterschiede zwischen traditionellen Prozessen und licht, andere befinden sich noch in der Entwicklung. Eine BIM-Prozessen Übersicht über den aktuellen Stand ist auf der Seite des • Grundlagen zur Definition von BIM-Zielen VDI zu finden (www.vdi.de/richtlinien). • Anwendungsformen von BIM und Modelle • Rechtliche Aspekte Im Hinblick auf die Weiterbildung ist vor allem das VDI/ BS-MT 2552 Blatt 8.1 von Bedeutung. 17 Es ist durch den Weitere Inhalte finden Sie ab Anhang V. VDI in Zusammenarbeit mit buildingSMART entstanden. buildingSMART ist ein (inter-)nationales Kompetenznetz- werk für BIM, das unter anderen mit Standardisierungs- organisationen zusammenarbeitet. Das VDI/BS-MT 2552 Blatt 8.1 benennt Inhalte, die für BIM-Grundlagen von Bedeutung sind. Es existieren mehrere Weiterbildungsan- gebote, welche auf dieser Richtlinie basieren. Auch ziel- gruppenspezifische Anpassungen der Weiterbildungsan- gebote lassen sich finden. Dazu zählt zum Beispiel der „BIM-Standard deutscher Architekten- und Ingenieur- kammern“, ein Weiterbildungsangebot der Architekten- und Ingenieurkammer. 16 Vgl. VDI 2552 (2020). 17 Blatt 8.1 (Basiskenntnisse) ist im Weißdruck veröffentlicht, Blatt 8.2 (erweiterte Kenntnisse) mögliches Erscheinungsdatum Juli 2021, weitere Blätter können folgen.
24 Die Inhalte sind disziplinübergreifend. So ist bei der Durch- Die Beteiligung verschiedener Kommunen bei der Erstel- führung der Schulung möglichst auf einen kommunalen lung dieses Leitfadens zeigte, dass Zertifizierungen als Bezug zu achten. Auf internationaler Ebene existieren ver- Kompetenznachweise grundsätzlich als wichtig erachtet schiedene Normen, welche bereits veröffentlicht wurden werden, aber auch zu erklären sind. oder sich in der Entwicklung und Abstimmung befinden. Eine der wichtigsten Normen ist die international ausge- Im Verlauf eines Vergabeverfahrens, unabhängig davon, ob legte ISO DIN EN 19650 18 Normenreihe. Für eine europa- für Planungs-, Bau- oder sonstige Leistungen bei einem weite Harmonisierung der Normen müssen Europäische Projekt, muss eine Bieterin, ein Bieter darstellen, wie sie Normen (EN) von allen Mitgliedsstaaten des Europäischen oder er die Anforderungen der Auftraggeberin beziehungs- Komitees für Normung (CEN) in nationale Normen über- weise des Auftraggebers erfüllen möchte. 19 So dienen nommen werden. Die VDI 2552 deckt viele Aspekte der Zertifizierungen möglichen Auftraggeberinnen und Auf- ISO DIN EN 19650 bereits ab und widerspricht dieser nicht. traggebern oder Beschäftigten dazu, einen vergleich- Ein standardisierter, normierter Qualifizierungsrahmen baren Wissensstand darzustellen. für BIM auf Basis der ISO DIN EN 19650, vergleichbar mit dem inhaltlichen Rahmen der Richtlinie VDI/BS-MT 2552 Neben allgemeinen Zertifikatskursen, welche eine stan- Blatt 8.1, ist zum jetzigen Stand noch nicht publiziert. dardisierte Vergleichbarkeit (zum Beispiel beim Bewer- bungsprozess) zum Ziel haben, können individuelle BIM- In Deutschland entstehen bereits jetzt Weiterbildungs- Kompetenzen durch aufgabenangemessene, begleitende angebote, die sich schwerpunktmäßig auf die ISO 19650 Weiterbildungsmaßnahmen und vor allem durch Erfah- beziehen (zum Beispiel DIN-Akademie). Zudem gibt es rungen aus der praktischen Arbeit in der Projektanwen- kombinierte Angebote. Diese berücksichtigen sowohl den dung gesammelt und demonstriert werden. Projekttypen, inhaltlichen Rahmen der VDI/BS-MT 2552 Blatt 8.1 als Tätigkeiten, ihre Komplexität und weitere Punkte spielen auch den der ISO DIN EN 19650 (zum Beispiel TÜV SÜD dabei eine Rolle. In der Praxis sollten Weiterbildungsmaß- Akademie). Für die kommenden Jahre ist eine weitere nahmen auf die jeweilige nachfolgende Anwendung im Annäherung an europäische und internationale Normen Bauvorhaben ausgerichtet sein. zu erwarten. Abbildung 2.1: Visualisierung einer digitalen Bauwerksplanung in Holzbauweise 18 Organisation und Digitalisierung von Informationen zu Bauwerken und Ingenieurleistungen, einschließlich Bauwerksinformationsmodellie- rung (BIM) – Informationsmanagement mit BIM – Teil 1: Begriffe und 19 Vgl. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (ISO 19650-1:2018); Deutsche Fassung EN ISO 19650-1:2018. (2015).
25 2.2 BIM-Lernfelder Hinsichtlich der Qualifizierung für BIM kann zwar inhalt- Basierend auf den Arbeits- und Geschäftsprozessen in- lich auf aktuelle Normen und Richtlinien zurückgegriffen nerhalb einer Kommune, Ergebnissen aus Befragung und werden. Es fehlt noch an tiefergehenden Leistungsstan- Experteninterviews, wie auch einer umfassenden Literatur- dards, auf welche die Qualifizierung für BIM ergebnis-, recherche, wurden für die Zielgruppe relevante Themen adressaten- und prozessorientiert ausgerichtet werden mit mehr als 180 Inhaltsbausteinen identifiziert. Diese kann. wurden sowohl den BIM-Lernfeldern als auch den Zielgrup- pen 1 bis 4 zugeordnet. Bei der Qualifizierung für die BIM-Methode bietet sich ein handlungsorientierter Lernfeldansatz im Sinne einer Als Ergebnis entstanden Muster-Arbeitsblätter, aus ganzheitlichen, systemischen Methode an. Auf dieser welchen sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Basis lassen sich aus arbeitsrelevanten Handlungsfeldern auch Bildungsanbieter zielgruppenspezifische Inhalts- zusammengehörende Aufgabenkomplexe mit beruflichen bausteine ersehen können (Anhang V, siehe auch Kapitel Handlungssituationen entwickeln. 3.1 zur Handhabung). Zusätzlich dazu werden Selbstein- schätzungsbögen bereitgestellt, mit welchen die Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter ihren individuellen Bildungs- Definition BIM-Lernfeld stand und Qualifizierungsbedarf identifizieren können (Anhang VI, siehe auch Kapitel 3.2 zur Handhabung). „Ein BIM-Lernfeld ist eine generalisierte, niveauan- gemessene Beschreibung von Kernkompetenzen, Damit haben Anwenderinnen und Anwender des Leitfadens welche für Handlungen im individuellen Arbeits- über die standardisierten Weiterbildungsangebote hinaus, umfeld durch die Einführung der BIM-Methodik die Möglichkeit, anwendungsfall- und themenspezifische erforderlich sind.“ 20 Weiterbildungsmaßnahmen individuell für sich zu identifi- zieren. Durch die Anwendung von BIM-Lernfeldern werden Kom- petenzziele formuliert. Diese geben ausreichend Spiel- raum für die inhaltlich-methodische Ausgestaltung der entsprechenden Qualifizierungsmaßnahme. Abbildung 2.2: Übersicht der BIM-Lernfelder (Details siehe Anhang IV) 20 Vgl. Karl (2021) S. 15.
26 2.3 Individuelle BIM-Qualifizierung für Kommunen Die Gespräche mit den beteiligten Kommunen haben Anstalten öffentlichen Rechts, welche als Organisations- ergeben, dass viele Gemeinden und Städte bereits Kontakt einheiten oftmals die Aufgaben der kommunalen Daseins- zu bewährten Ausbildungsanbieterinnen und Anbietern vorsorge übernehmen. Gleichzeitig variiert der Weiterbil- haben. Dieses Kapitel beschreibt erweiterte Weiterbil- dungsbedarf je nach Fortschritt bei der BIM-Einführung. dungsmaßnahmen, die an die bestehende Schulungswelt Für eine bessere Einordnung standardisierter Weiterbil- und an die besonderen Bedürfnisse der Kommunen ange- dungsmaßnahmen entlang des beschriebenen Entwick- passt sind. Diese Inhalte können von Kommunen genutzt lungsplans erfolgt die Beschreibung von Musterweiter- werden, um individuelle Weiterbildungsmaßnahmen an- bildungsmaßnahmen. zufragen. Des Weiteren bieten diese Inhalte den Anbietern die Möglichkeit, gezielter auf die Bedürfnisse der Kom- Die beschriebenen Musterweiterbildungsmaßnamen munen einzugehen. werden in Musterblättern dargestellt (siehe Anhang VII). Diese Musterblätter ermöglichen den Anwenderinnen Die Kommunalverwaltungen in Nordrhein-Westfalen weisen und Anwendern dieses Leitfadens eine direkte Übersicht eine große Bandbreite von Mitarbeiterinnen und Mitar- der exemplarisch enthaltenden Inhalte. Es folgt die Be- beitern je Organisationseinheit auf. Sie reicht von einigen schreibung der Musterweiterbildungsmaßnahmen ent- wenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in kleinen lang der vier Entwicklungsstufen. Es werden dabei jeweils ländlichen Kommunen bis zu Tausenden in den Großstäd- die in Kapitel 1.4 (siehe Abbildung 1.4) beschriebenen ten. Zudem existieren zahlreiche Eigenbetriebe oder Gruppendefinitionen in Bezug genommen. BIM-Qualifizierung nach Entwicklungsstufen 21 Stufe 1: Orientierung Weiterbildungsmaßnahme – Erstinformation Weiterbildungsmaßnahme – Einblick in die BIM-Methode BIM-Grundlagen in Anlehnung an VDI/BS-MT 2552 Blatt 8.1 und ISO 19650 Empfohlene Gruppe: insbesondere 1, für alle Theorie und Beispiele anderen Gruppen als Information für die weiteren Weiterbildungsmaßnahmen Empfohlene Gruppen: 2 bis 4 Empfohlener Umfang: 30 bis 60 Minuten siehe Musterblatt 2 (Anhang VII) siehe Musterblatt 1 (Anhang VII) Ziel der Musterweiterbildungsmaßnahme Erstinforma- Die Musterweiterbildungsmaßnahme BIM-Grundlagen tion ist es, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der stra- richtet sich an Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der tegischen Ebene die Grundidee und die Bedeutung von Gruppen 2 bis 4. Die Phase der Orientierung richtet sich BIM zu vermitteln sowie erste Initiativen, wie zum Beispiel primär an die ersten Multiplikatoren für BIM in einer den Bedarf nach Grundlagenschulungen, nahezubringen. Kommune. Die Weiterbildungsmaßnahme dient zum einen Diese Inhalte können über einen Vortrag oder ein Video dazu, ein umfassendes Bild von BIM zu erlangen, und vermittelt werden (30 bis 60 Minuten). zum anderen dazu, konkrete BIM-Beispiele sowie Hilfen für die praktische Einführung und nachfolgende Nutzung der Methode BIM zu erhalten. Je nach Format kann der Umfang der Weiterbildungsmaßnahme variieren. 21 In den Weiterbildungsmaßnahmen wird bei den Grundlagen das aktuell öffentlich verfügbare Blatt 8.1 der VDI/BS-MT 2552 Richtlinie berücksichtigt. Empfohlen wird, dass bei weiterführenden Weiterbildungsmaßnahmen auch das in Bearbeitung befindliche Blatt 8.2 wie auch etwaige Folgeblätter be- rücksichtigt werden.
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