Schweizer BIM Kongress 2016 Rückblick - Bauen digital ...

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Schweizer BIM Kongress 2016 Rückblick - Bauen digital ...
Schweizer
BIM Kongress
2016 Rückblick
Schweizer BIM Kongress 2016 Rückblick - Bauen digital ...
Formen wir
                                      Lebenszyklen
                                            Ein nachhaltiges
                                       Gesamtangebot sicherstellen

Als führendes Schweizer Unter-
nehmen für nachhaltiges Bauen und
Quartiererneuerungen berücksichti-
gen wir den gesamten Lebenszyklus
von Gebäuden. Von der Landan-
bindung über die Projektierung und
Realisierung bis hin zum Betrieb
und Unterhalt. Mit diesem Gesamt-
angebot schaffen wir energie- und
kosteneffiziente Bauten für das Wohl
von Mensch und Umwelt.

www.losinger-marazzi.ch
Schweizer BIM Kongress 2016 Rückblick - Bauen digital ...
Liebe Leserin, lieber Leser

Was für ein Hammer! Mehr als 650 Gäste             Genau hier setzt der Schweizer BIM Kongress
nahmen an der Premiere des Schweizer BIM           als jährliche Veranstaltung an. Der Kongress ist
Kongresses am 28. Oktober 2016 in der Maag         die ideale Plattform, um sich über die Bran-
Halle in Zürich teil. Die 22 Referenten und        chen- und Landesgrenzen hinaus auszutau-
Podiumsgäste aus Schottland, Deutschland,          schen, Wissen zu bündeln und die Konkur-
den USA und aus der Schweiz machten die            renzfähigkeit der Schweizer Baubranche im
Veranstaltung zu einem vollen Erfolg: Wie          internationalen Kontext gemeinsam zu stärken.
bisher keiner anderen Schweizer Veranstaltung
ist es dem Schweizer BIM Kongress gelungen,        Es ist mir eine Freude, in diesem Heft, das in
die Digitalisierung von allen Seiten zu beleuch-   Zusammenarbeit mit Docu Media Schweiz
ten und die Chancen und Risiken für die            entstanden ist, auf die Highlights des Kongres-
Bauwirtschaft umfassend zu diskutieren. Die        ses zurückzublicken. Zu allen Referaten und
Inhalte waren mit den vier Themenblöcken           Podiumsdiskussionen finden Sie einen
Politik, Technologie, Innovation und Wirtschaft    kompakten Beitrag mit den entsprechenden
übersichtlich gegliedert.                          Höhepunkten. Ich lege Ihnen die Lektüre
                                                   dieser Publikation daher wärmstens ans
Der Kongress zeigte klar: Die Schweizer            Herzen: Tauchen Sie ein in die inspirierende
Bauwirtschaft steht in Sachen BIM noch am          Atmosphäre des Kongresses.
Anfang. Es liegt nun an uns, mit Agilität
vorwärts zu gehen. Wir müssen dafür offen          Der nächste Schweizer BIM Kongress findet
sein, dass etablierte Prozesse auf den Kopf        im Herbst 2017 statt. Ich würde mich freuen,
gestellt und neue Geschäftsmodelle Einzug          Sie dann begrüssen zu dürfen.
halten werden. Wir sind in einer anspruchsvol-
len Findungsphase, in der wir BIM testen und
laufend Knowhow sammeln. Mich persönlich
beeindruckte am Schweizer BIM Kongress
besonders der Konsens, der über allen Diskus-
sionen stand: «BIM erfordert ein Umdenken.
Wir schaffen das, wenn wir uns öffnen und
über alle Disziplinen und Kulturen hinweg
zusammenarbeiten.»

                                                   Markus Weber
                                                   Präsident «Bauen digital Schweiz»

                                                                                                      3
Schweizer BIM Kongress 2016 Rückblick - Bauen digital ...
Impressum                                             Inhalt

    Herausgeber                                           06 Bauen digital Schweiz: nächster Meilenstein
    Bauen digital Schweiz
                                                          08 «Bauen vor dem Bauen» – Neubau Spital Limmattal
    Geschäftsstelle
    Andreasstrasse 11                                         Sponsorenbeitrag Losinger Marazzi AG
    8050 Zürich
    Tel. 044 515 04 50
                                                              Politik
    bauen-digital.ch
                                                          12 BIM ist kein trojanisches Pferd     Referat David Philp
    Leiter der Geschäftsstelle
                                                          14 Digitalisierung heisst Veränderung     Referat Marcel Dobler
    Peter Scherer
                                                          16 Politik muss Rahmenbedingungen setzen         Podiumsdiskussion
    Verleger
                                                          18 Digitalisierung auf dem Vormarsch      Sponsorenbeitrag Amberg Group
    Docu Media Schweiz GmbH
    Bahnhofstrasse 24
    8803 Rüschlikon                                           Technologie
    Tel. 044 724 77 77
                                                          22 Zurück in die Zukunft      Referat Martin Fischer
    docu.ch
                                                          24 Intelligente Geräte vernetzen     Referat Martin Vesper
    Geschäftsleitung
                                                          26 BIM ändert komplett alles       Podiumsdiskussion
    Axel Riester, CEO
    Dominik Mahn, COO                                     28 Gründung Verband Schweizer BIM-Software Lieferanten
    Dominik Schuler, CFO
                                                              Sponsorenbeitrag openBIM
    Redaktion
    Katharina Weber                                           Innovation

                                                          32 Wie geht Innovation      Referat Elmar Mock
    Autoren
    Stefan Breitenmoser                                   34 Operation BIM       Referat Maria Åström
    Ben Kron
                                                          36 Wie bestellt man BIM?       Podiumsdiskussion
    Lea-María Louzada
                                                          38 Innovation, Offenheit, Bildung
    Foto Cover
                                                              Sponsorenbeitrag Mensch und Maschine
    Silvan Bachmann
                                                          38 Wandel des Berufsbildes – vom Plan zum Modell
    Fotos Kapitelseiten
                                                              Sponsorenbeitrag FHNW
    Shutterstock

    Fotos Kongress                                            Wirtschaft
    Aissa Tripodi
                                                          44 Gestalten mit BIM       Referat Steffen Lemmerzahl
    Layout                                                46 BIM und die Zulieferer     Referat Siegfried Gerlach
    Corinta Bürgi
                                                          48 BIM und die Bauunternehmer         Referat Antoine Rérolle
    Druckvorstufe                                         50 Wo steht die Bauwirtschaft in Sachen BIM?       Podiumsdiskussion
    Stämpfli AG, Zürich
                                                          52 SwissBIMLibrary – die Plattform für die Schweizer Bauwirtschaft
    Druck                                                     Sponsorenbeitrag buildup
    Stämpfli AG, Bern

    Copyright
    Nachdruck, auch mit Quellenangabe, nur mit
    ausdrücklicher Bewilligung des Verlages ­gestattet.

4   BIM Kongress            Inhalt
Schweizer BIM Kongress 2016 Rückblick - Bauen digital ...
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Schweizer BIM Kongress 2016 Rückblick - Bauen digital ...
Bauen digital Schweiz:
    nächster Meilenstein
    Die Interessengemeinschaft «Bauen digital Schweiz» hat sich zum Ziel
    gesetzt, die Transformation der Schweizer Bauwirtschaft ins digitale
    Zeitalter nachhaltig zu unterstützen. Mit dem Schweizer BIM Kongress hat
    sie einen jährlichen Treffpunkt der digitalen Bauwirtschaft geschaffen. Am
    Kongress bezog «Bauen digital Schweiz» Stellung zu den zentralen Fragen
    und hat die nächsten Schritte der Interessengemeinschaft präsentiert.

    Die Digitalisierung der Bauwirtschaft führt zu fundamen-      Schweizer BIM Kongress ist der neue Treffpunkt der
    talen Veränderungen der Prozesse entlang der ganzen           digitalen Bauwirtschaft
    Wertschöpfungskette, der Zusammenarbeitskultur und            Mit der Lancierung des ersten Schweizer BIM Kongresses
    der Rolle im Bauwesen. Neue Geschäftsmodelle und              am 28. Oktober 2016 stiess «Bauen digital Schweiz» auf
    revolutionäre Arbeitshilfsmittel bringen neue Chancen.        grosses Interesse: Die 650 Plätze des Kongresses waren
    Insbesondere erwartet man eine Steigerung der Effizienz,      in kurzer Zeit ausverkauft. «Wir ziehen ein sehr positives
    mehr Qualität über den gesamten Lebenszyklus und              Fazit aus der Premiere des Schweizer BIM Kongresses.
    schliesslich eine Erhöhung der Produktivität. Building        Die hohe Beteiligung und die ausnahmslos positive
    Information Modelling, kurz BIM, ist zwar Thema der           Resonanz zeigen das Bewusstsein der Baubranche, dass
    Stunde, jedoch im Alltag der Schweizer Bauwirtschaft          man sich der digitalen Transformation nicht entziehen
    noch nicht angekommen. «Bauen digital Schweiz» hat            kann», so Peter Scherer, Leiter der Geschäftsstelle von
    das Thema aufgenommen und die Diskussion in der               «Bauen digital Schweiz».
    breiten Öffentlichkeit lanciert.                                  Die spannenden Beiträge der Referenten aus dem
                                                                  In- und Ausland und die kontroversen Podiumsdiskus-
    «Bauen digital Schweiz» bündelt die Kräfte                    sionen bestätigten, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist,
    «Bauen digital Schweiz» vereint die bestehenden Institu-      die entscheidenden Fragen zu diskutieren und Antworten
    tionen, Verbände und Unternehmungen rund um das               zu finden.
    Bauen und vertritt damit ein gemeinsames Interesse.
    An der Swissbau 2016 – der Leitmesse der Schweizer            Der Kongress bot einen Überblick zum aktuellen Stand
    Bauwirtschaft – wurde sie offiziell gegründet und der         auf einem Top-Level. Meinungsführer und Entscheidungs-
    breiten Öffentlichkeit vorgestellt. «Bauen digital Schweiz»   träger aus dem In- und Ausland diskutierten die aktuellen
    wuchs daraufhin schnell und zählt heute über 190              Fragestellungen im internationalen Kontext in vier
    Firmen und rund 50 Institutionen zu ihren Partnern.           Themenbereichen:
    Von buildingSMART hat sie das Chapter Switzerland
    erhalten und pflegt damit auch den internationalen              Politik: Wie kann die Politik die Bauwirtschaft in der
    Knowhow-Austausch.                                              digitalen Transformation unterstützen und die
        Auf Initiative des SIA, des KBOB/IPB, des CRB und           Konkurrenzfähigkeit international stärken?
    von «Bauen digital Schweiz» wurde die Plattform
    netzwerk_digital ins Leben gerufen. Dort werden die             Technologie: Was leisten zukünftige Technologien und
    Aktivitäten rund um die digitale Transformation der             wie verändert sich die Wertschöpfungskette konkret?
    Bauwirtschaft der genannten Institutionen koordiniert.
    Ziel ist es, Synergien zu schaffen, Ineffizienzen bei der       Innovation: Wie entwickeln sich die heutigen
    Erarbeitung von Aufgaben- und Themenbereichen zu                Geschäftsmodelle und wie schaffen wir Raum für neue
    vermeiden und gebündelte Informationen an die                   Ideen?
    Bauwirtschaft abzusetzen.
                                                                    Wirtschaft: Wo steht die Bauwirtschaft in der
                                                                    Digitalisierung heute und wohin geht die Reise?

6   BIM Kongress      Bauen digital Schweiz
Schweizer BIM Kongress 2016 Rückblick - Bauen digital ...
Die Schweiz steht in Sachen BIM noch vor einem langen        Nächste Schritte in der Phase «Handeln»
Weg und niemand weiss genau, wie die Zukunft effektiv        Die Interessengemeinschaft «Bauen digital Schweiz»
aussehen wird. Der Schweizer BIM Kongress setzt hier         wurde am 12. Juni 2015 mit der Fachtagung «BIM –
an und bietet jährlich die optimale Plattform, um sich auf   Einführung in der Schweiz» an der ETH Zürich lanciert
hohem Niveau auszutauschen, Erfahrungen zu teilen,           und eröffnete damit die erste Phase «Definieren». Mit
voneinander zu lernen und gemeinsam vorwärts zu              der offiziellen Gründung im «Swissbau Focus» startete
kommen.                                                      die zweite Phase «Handeln», deren Fokus aktuell in der
                                                             Umsetzung ausgewählter Projekte liegt. Hohe Priorität
Die Anwendung von BIM in der Schweiz                         geniesst der Stufenplan. Die darin enthaltenen drei
und ihre Herausforderung                                     Zeitstufen sind thematisch gegliedert und bilden eine
Grundsätzlich befindet sich die Schweiz in einer guten       logische, chronologische Abfolge. Dabei wird dem
Ausgangslage und BIM wird in einzelnen Projekten             Zusammenspiel zwischen Angebot, Nachfrage und
bereits erfolgreich eingesetzt. Die neuen Technologien       technischen Möglichkeiten im Rahmen der Normen
und der Einsatz von BIM fordern insbesondere die vielen      und Standards besondere Beachtung beigemessen.
kleinen und mittleren Betriebe der Bauwirtschaft heraus.     Die Projekte werden gemeinsam mit den Mitgliedern
Zusätzlich zum Tagesgeschäft neue Technologien               in einem kollaborativen Arbeitsmodell vertieft. Die
einzuführen ohne vorhandene Standards, Normen oder           Ergebnisse werden den Mitgliedern von «Bauen digital
zumindest «Best Practice», ist für sie eine grosse           Schweiz» laufend auf der Plattform www.bauen-digital.ch
Herausforderung. Hier sieht «Bauen digital Schweiz»          zugänglich gemacht. Die Interessengemeinschaft
ihre Rolle und setzt sich dafür ein, die «Practice» nun      informiert weiterhin regelmässig auf dem Blog ihrer
konsequent in «Best Practice» zu überführen.                 Website, auf Twitter (@bauendigitalCH), in den Gruppen
                                                             auf LinkedIn und Xing und mit dem Infoletter.

Priorisierte Projekte von «Bauen digital Schweiz»
für die Phase «Handeln»
1. Prozess, Wertschöpfung:
      BIM Stufenplan, BIM Nutzungsplan, BIM Leitfaden

2. Informationen, Bauteile:
      BIM LOD Definition

3. Leistungen, Vergütung:
      BIM Leistungskatalog

4. Qualitätssicherung:
      BIM Zertifizierung

5. Information, Kommunikation:
      BIM Pilotprojekte Schweiz, BIM Wiki,
      BIM Kongress, BIM Camp

                                                                                                                       7
Schweizer BIM Kongress 2016 Rückblick - Bauen digital ...
«Bauen vor dem Bauen» – Neubau
    Spital Limmattal
    Die Automobil-, Raumfahrt- oder
    auch Schiffbauindustrie haben die
    Planungs- und Realisierungspro-
    zesse für ihre Produkte seit
    geraumer Zeit erfolgreich auf neue
    digitale Tools umgestellt und
    erreichen so höchst verlässliche
    Ergebnisse und optimale Kosten.
    Wie sieht es im Bausektor aus?

                                                                                                                     © Julien Vonier
    Die Planung eines Gebäudes erfolgt in
    mehreren Arbeitsschritten. Beim
    herkömmlichen Ablauf gehen zwischen          te und parametrische 3D-Modelle, welche         BIM beim Neubau Spital Limmattal
    jedem Schritt zahlreiche relevante           von jedem Partner erstellt werden. Auf          Ein Spitalprojekt wird in der Regel auf die
    Informationen verloren, da die Akteure im    Basis der Modelle entstehen Visualisie-         nächsten 40-50 Jahre ausgelegt. Dessen
    Allgemeinen nicht die gleichen Tools und     rungs- und Simulationsmöglichkeiten, die        Planung, Realisierung und Betrieb sind
    demnach nicht die gleichen Datenformate      kollaborative Arbeitsmethoden unter den         sehr komplex. Beim Neubau Spital
    benutzen. Noch höhere Kosten schlagen        Beteiligten implizieren. Die Vorteile sind:     Limmattal war das digitale Modell Teil des
    zu Buche, weil diese Informationen von       Mit dem Einsatz von BIM stellen                 Ausschreibungsverfahrens und wurde
    den verschiedenen Gewerken im                Architekten, Bauingenieure, Fachplaner für      grundsätzlich ins Pflichtenheft integriert.
    Allgemeinen mehrmals erfasst werden.         Gebäudetechnik und die ausführenden             Das Totalunternehmen Losinger Marazzi
    Man geht davon aus, dass die Gebäude-        Unternehmen von einer sequenziellen auf         AG hat im Anschluss an den Zuschlag des
    daten im Durchschnitt sieben Mal erfasst     eine simultane Arbeitsweise um. Als             Gesamtleistungswettbewerbs entschie-
    werden! Diese mehrfachen Eingabevor-         nützlich erweist sich hier die ständig          den, BIM bereits bei der Planung und Rea-
    gänge führen zu inkonsistenten Daten,        aktualisierte Synthese der Gebäudetech-         lisierung zu integrieren und sich nicht nur
    Verzögerungen, Fehlern und Mehrkosten        nik-Ansichten. Alle arbeiten zusammen,          darauf zu beschränken, dem Kunden am
    für das fertige Gebäude.                     und der Kunde profitiert davon durch            Ende der Realisierung ein 3D-Modell zu
                                                 kürzere Fristen, eine insgesamt deutlich        übergeben. So ist BIM seit der Planung
                                                 verbesserte Gebäudequalität und                 aber auch in der aktuellen Ausführungs-
                                                 Visualisierungsmöglichkeiten seines             phase in vollem Einsatz.
                                                 Gebäudes, bevor dieses überhaupt                     Zur Vorbereitung der Ausführung ist
                                                 gebaut ist. Mit BIM erlebt die Baubranche       die dreidimensionale Koordination der
                                                 einen Paradigmenwechsel, der uns vor            Einrichtung und Ausrüstung pro Raum
                                                 neue Herausforderungen stellt. BIM ist          erste Priorität. So werden zum Beispiel
                                                 aber auch eine grossartige Chance, die          Position und Abstände von Strompunkten
                                                 Vorteile der Digitalisierung für die Welt des   und Kundenmobiliar abgestimmt.
                                                 Bauens zu erschliessen.                              Um die Informationen aus dem
                                                     Als Totalunternehmen ist die Losinger       Architekturmodell optimal zu nutzen,
                                                 Marazzi AG gewohnt, Projekte kollaborativ       arbeiten die Architekten und das
                                                 abzuwickeln. Das BIM-Management                 Totalunternehmen gemeinsam am
                                                 beruht auf genau den gleichen Arbeitsre-        gleichen 3D-Modell. Eine mit dem Modell
                                                 flexen. Das Unternehmen stellt die              verknüpfte Datenbank ermöglicht zudem
    Für die Losinger Marazzi AG ist Building     Interoperabilität der von den verschiede-       die effiziente und webbasierte Verwaltung
    Information Modeling (BIM) – oder zu         nen Projektakteuren genutzten Softwares         der Räume und Rauminformationen. Auf
    Deutsch Gebäudedatenmodellierung –           und hat sich für eine systemunabhängige         diese Datenbank haben alle Projektbetei-
    eine Methode, welche alle Partner            openBIM Arbeitsweise entschieden. Seit          ligten wie Bauherr, Architekten, Fachplaner
    miteinbezieht, um ein Projekt vor und        2012 setzt die Losinger Marazzi AG BIM          und Nutzer zeitgleich Zugriff. Ebenso
    während dessen Realisierung virtuell zu      bei zahlreichen Projekten und in verschie-      können sie ihre Informationen abspei-
    bauen, zu testen und zu validieren. Die      denen Geschäftsfeldern ein, vom                 chern. Es besteht somit eine Charta der
    Grundlage dieser Arbeit sind objektbasier-   nachhaltigen Quartier bis zum Spital.           Zusammenarbeit.

8        BIM Kongress     Sponsorenbeitrag
Schweizer BIM Kongress 2016 Rückblick - Bauen digital ...
Ein neues Gewand für den
                                                                                                           Neubau Spital Limmattal
                                                                                                           Das Spital Limmattal ist eines der ersten
                                                                                                           grossen Bauvorhaben in der Schweiz, das
                                                                                                           mit der BIM-Technologie realisiert wird.
                                                                                                           Es handelt sich um ein 215-Millionen-
                                                                                                           Franken-Projekt für 200 Betten, mit einem
                                                                                                           Gebäudevolumen von 205 000 m3 und
                                                                                                           einer Geschossfläche von 48 500 m2. Es
                                                                                                           umfasst zudem 8 OP- und Eingriffsräume
                                                                                                           sowie jeweils 12 IPS/IMC- und Tageskli-
Die koordinierten Modelle und die                        Neubau Spital Limmattal:                          nik-Plätze. Insgesamt entstehen Behand-
Datenbank stehen dem Bauherrn sowohl                     Preisträger beim BIM d’Or 2015                    lungsmöglichkeiten für rund 11 000
für die zukünftige Umzugsplanung vom                     Am 16. September 2015 fand in Paris die           stationäre und 70 000 ambulante Patienten
bestehenden in das neue Spital als auch                  Preisverleihung des Wettbewerbs BIM               pro Jahr. Die Architekten haben das digita-
für den späteren Betrieb zur Verfügung.                  D’OR 2015 für die beste Verwendung von            le Modell zusammen mit Losinger Marazzi
Dies stellt einen echten Vorteil in Prüfung              BIM und des digitalen Modells statt. Der          gemäss den gemeinsamen Modellierungs-
und Planung dar. Es wird so möglich sein,                Wettbewerb wurde von Le Moniteur                  regeln entwickelt, um die Übereinstim-
anhand des visualisierten Modells                        organisiert, einer renommierten französi-         mung zwischen Projekt und Raumpro-
Nutzergespräche zu führen und das neue                   schen Fachzeitschrift. Er umfasste zehn           gramm sicherzustellen und die
Arbeitsumfeld zu zeigen.                                 Kategorien, für die nicht weniger als 108         Raumanforderungen und Lokalisierungs-
    Das Fazit: «Für die Losinger Marazzi AG              Bewerbungen eingereicht wurden. In der            pläne zu verwalten.
besteht die grosse Chance von BIM darin,                 Kategorie internationale Projekte wurde
die Einhaltung der Kosten und Termine bei                das von Losinger Marazzi mitentwickelte           Worin bestehen
Planung, Bau und Betrieb der Gebäude mit                 und realisierte Neubauprojekt Spital
Hilfe digitaler Tools zu optimieren. Eine                Limmattal zum Sieger gekürt. Besonders            die Vorteile von BIM?
verbesserte Zugänglichkeit der Daten                     positiv bewertete die Jury das zentrale
ermöglicht zudem die reibungslose                        Datenmanagement und den permanenten               Besser planen
Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten»,                Informationsfluss zwischen allen                  Das Gebäude besser verstehen, die
betont Martin Peiner, der zuständige                     Projektbeteiligten.                               richtigen Entscheidungen treffen, die
BIM-Manager bei der Losinger Marazzi AG.                                                                   Finanzierung und Vermarktung erleichtern,
                                                                                                           die Kosten optimieren, die Konsistenz der
                                                                                                           Daten gewährleisten.

                                                                                                           Besser bauen
                                                                                                           Die Baustelle besser organisieren,
                                                                                                           Fehlerquellen antizipieren, Fristen
   Die Losinger Marazzi AG ist eine in der Schweiz führende Unternehmung in den Bereichen Immobilien-
                                                                                                           absichern, für eine ergonomische und
   und Quartierentwicklung, General- und Totalunternehmung. Sie zeichnet sich durch innovative und
                                                                                                           sichere Baustelle sorgen.
   ganzheitliche Lösungen in der Finanzierung, Projektierung und Realisierung von Projekten aus. Als
   Tochterunternehmen von Bouygues Construction vereint die Losinger Marazzi AG die Stärke eines           Besser betreiben
   internationalen Grosskonzerns mit der Flexibilität eines lokal verankerten Unternehmens. Dieses zählt   Den Unterhalt optimieren, die Entwicklung
   800 Mitarbeitende und erzielt einen Jahresumsatz von nahezu 800 Mio. Franken.                           des Gebäudes voraussehen und
   Als Pionier im Bereich des nachhaltigen Bauens sind mehr als 95 Prozent ihrer Projektentwicklungen      simulieren, Immobilien verwalten.
   zertifiziert. Die Losinger Marazzi AG entwickelt und realisiert zudem die ersten vom Trägerverein
   Energiestadt zertifizierten «2000-Watt-Areale» der Schweiz. Es handelt sich um die nachhaltigen         losinger-marazzi.ch
   Quartiere Greencity in Zürich und Im Lenz in Lenzburg sowie um Erlenmatt West in Basel, welches
   bereits Ende 2015 erfolgreich übergeben wurde. Das nachhaltige Bauen ermöglicht es, ökologisch und
   ökonomisch leistungsfähige Lösungen für den gesamten Lebenszyklus eines Areals bzw. eines
   Gebäudes zu finden. Indem die Losinger Marazzi AG gemeinsam mit ihren Kunden lebenswerte und
   zukunftsfähige Projekte gestaltet, trägt die Unternehmung zum Wohlbefinden aller bei.

                                                                                                                                                         9
Schweizer BIM Kongress 2016 Rückblick - Bauen digital ...
Politik

10
Was sind die Aufgaben der Politik
in Bezug auf BIM? Wie kann die
Politik BIM zum Durchbruch
verhelfen? Was passiert mit den
Daten? Wie sind sie geschützt?
Welche Bildungsangebote
müssen geschaffen werden?
Gehört Informatik in die
Grundausbildung? Soll man die
Wirtschaft gewähren lassen?
Regelt sich alles von selbst?
Braucht es eine Vereinheitlichung
bei den Baureglementen? Was für
Standards braucht es? Braucht
es Anstossfinanzierungen? Wie
sieht der Arbeitsplatz der Zukunft
aus? Gibt es bald ein digitales
Grundbuchamt?

                                     11
BIM ist kein
     trojanisches Pferd
     In seinem Referat zum Thema «Scottish BIM Delivery Group – a global
     perspective» zeigte der BIM-Experte David Philp auf, wie die schottische
     Regierung die Baubranche auf ihrem Weg Richtung Digitalisierung
     unterstützt und wo die Stolpersteine liegen.

     Text: Stefan Breitenmoser
     «Überall auf der Welt sind Regierungen ein        deshalb: Was ist BIM? Dabei verstehe man
     Schlüsselklient für die Baubranche», meinte       BIM als Verb. Schliesslich gehe es um das
     David Philp, der 2011 vom britischen              Erstellen von Modellen und das Managen
     Kabinett zum «Head of BIM Implementati-           von Information. In Schottland habe man
     on» bestimmt wurde, zu Beginn seines              ausserdem das klare Ziel, bis April 2017
     Referats. Regierungen seien ein intelligen-       BIM Level 2 zu erreichen, was einem
     ter Klient, der überdies die Rahmenbedin-         kollaborativen BIM-Ansatz entspricht.
     gungen für digitale Reformen vorgebe.
     Deshalb sei die Frage, wie BIM der                Der schottische Ansatz
     Regierung helfen kann, Reformen und neue          Doch wie gelangt man dahin? In Schottland
     Technologien voranzutreiben und die               habe man zuerst ein Online-Tool gebaut,
     Vernetzung zu fördern. «BIM ist kein              um herauszufinden, in welches BIM-Level
     trojanisches Pferd, sondern Innovation. Es        die einzelnen Gebäude gehören. Dabei
     hat der Lieferkette geholfen, neue                habe man auch auf das jetzige Invest-
     Arbeitsweisen zu entwickeln. Durch das            ment-Tool der Regierung zurückgegriffen.
     digitale und kollaborative Arbeiten waren         «Es bringt ja nichts, BIM einzusetzen, wenn
     durch BIM in Grossbritannien Einsparungen         es in Bezug auf die Ziele keine Vorteile
     in der Höhe von 12 bis 20 Prozent                 bringt», so Philp. Das Motto dabei sei stets
     möglich», so Philp. «BIM bedeutet                 gewesen, alles so einfach wie möglich zu
     kontinuierliches Weiterentwickeln.»               halten. «Man muss ja nicht immer das Rad
                                                       neu erfinden.»

     «Macht  kleine Schritte,
      aber habt klare Ziele
                                                           Darüber hinaus wurden in Schottland
                                                       unterschiedlich Bauprojekte als sogenannte
                                                       «pathfinder projects» deklariert. «Wir lernen

      und einen Plan.»                                 immer wieder von diesen Projekten, die
                                                       sowohl neue als auch historische Bauten
                                                       umfassen», so Philp. Ausserdem wurde ein
     In der Folge ging Philp vor allem auf das         weiteres Tool für die Lieferkette gebaut,
     schottische BIM-Programm ein, für das er          damit diese auf die Regierungsziele
     verantwortlich ist. «Es gibt viele Ähnlichkei-    reagieren kann. «So werden wir nicht von
     ten zwischen Schottland und der Schweiz.          einer einzigen Seite beeinflusst. Wir
     Beide verfügen über eine ähnlich grosse           arbeiten mit Unis, Industrieunternehmen
     Bevölkerung, und an beiden Orten ist BIM          und verschiedenen Regierungsabteilungen
     neu. Einzig die Fussball-Nationalmann-            zusammen.» Dadurch werde das schotti-
     schaft ist hier wohl ein bisschen besser.»        sche BIM-Programm während des Wegs
     Die Einführung eines BIM-Programms                immer wieder neu geformt. Ausserdem
     starte immer mit der Reflexion darüber, was       bietet man in Schottland gratis Trainings
     man erreichen will. Die erste Frage, welche       und Beratungen an. «Wir haben sogar
     man sich in Schottland gestellt habe, sei         einen physischen Raum geschaffen, damit

12   BIM Kongress      Politik   Referat David Philp
In Grossbritannien
                                                                                                         wurden durch die
                                                                                                         Anwendung von BIM
                                                                                                         Einsparungen in der
                                                                                                         Höhe von 12 bis 20
                                                                                                         Prozent ermöglicht.

                                                                                 Visualisierung: AECOM
sich die Leute begegnen können.» Denn es       allem die neuen Skills definieren, neue
gehe vor allem darum, die Menschen zu          Bildungswege entwickeln und diese
befähigen.                                     attraktiv gestalten müsse. «In Grossbritan-
                                               nien müssen wir mit unserem Digitalisie-
BIM verändert die Kultur                       rungsprogramm versuchen sicherzustellen,
Wichtig sei aber auch die globale Sicht,       dass wir neue, diversifizierte, attraktive und
weshalb man in Schottland Anfang des           spannende Möglichkeiten im Bausektor
Jahres eine Veranstaltung zum Wis-             bieten.»
sensaustausch über BIM durchgeführt
habe. Im Rahmen dieses Events wurden
verschiedene Länder wie Deutschland,
Australien oder die USA besucht, um zu
                                               «Das BIM-Programm
                                                ändert die Baukultur
sehen, wie BIM dort eingesetzt wird. Dabei
sei man auf verschiedene Namen für BIM
                                                grundlegend.»                                                                  David Philp
                                                                                                                               AECOM Global BIM/IM
wie «VDC» oder «Digital Engineering»                                                                                           Consultancy Director,
gestossen. «Doch egal welcher Name –           Grosse Chance                                                                   Chair SFT BIM Working Group
grundsätzlich reden alle vom Gleichen.         «Die Industrie ist gut für Innovation», so
Denn es geht um die Digitalisierung der        Philp. Deshalb solle man ihr die Komplexi-                                      2011 bestimmte das Britische
Baubranche.» In England stünde momen-          tät überlassen. Wichtig sei aber auch, dass                                     Kabinett David Philp zum «Head
tan vor allem das Entwickeln von Standards     der Kunde den Nutzen sehe und von den                                           of BIM Implementation», und er
für die Lieferkette im Vordergrund, während    Leistungen tatsächlich Gebrauch mache.                                          wurde zur Schlüsselfigur für BIM
man in den USA eher auf intelligente           «Macht kleine Schritte, aber habt klare Ziele                                   im öffentlichen Sektor. David
Kunden statt auf staatliche Führung setze.     und einen Plan.» Aus staatlicher Sicht sei                                      Philp gilt heute als einer der
«Nächstes Jahr wird wohl ein erster            vor allem eine richtige Infrastruktur                                           Wegbereiter von BIM im
internationaler Standard veröffentlicht, der   essentiell, welche im Falle der Digitalisie-                                    internationalen Kontext.
hoffentlich für eine gewisse Harmonisierung    rung der Baubranche auch Standards und
aller auf dem Weg zu BIM sorgen wird.»         eine gemeinsame und strukturierte
    Doch was hat man in Schottland seit        Datenumgebung umfasse. «Denn die
Beginn des BIM-Programms gelernt?              Chancen, die in der Digitalisierung liegen,
«Zuerst haben wir gedacht, es handle sich      sind gross. Das gilt nicht nur für den
um ein Technologie-Programm. Aber es           Kunden, sondern auch für die Industrie.»
geht um den Prozess des Informations-Ma-
nagements und der Informations-Delivery.
Es ist aber auch ein Programm, welches
die Kultur grundlegend verändert.» Deshalb
meinte Philp mit Blick auf die Schweiz,
dass man auch über Menschen, ihr
Verhalten und Kollaboration nachdenken
müsse, während die akademische Welt vor

                                                                                                                                                                13
Digitalisierung heisst
     In seinem Referat zum Thema «Schweiz als Hotspot der Digitalisierung – die
     Aufgaben der Politik» zeigte Marcel Dobler auf, wieso sein Unternehmen
     Digitec so erfolgreich ist, wo die Chancen und Gefahren der Digitalisierung
     liegen und was die Politik künftig tun muss.

     Text: Stefan Breitenmoser
     «Wer hier im Saal kaufte schon mal etwas       immer Risiko und Chance zugleich. «Nichts
     online», fragte Marcel Dobler, FDP-Natio-      ist so schnell weg wie der Vorsprung.
     nalrat und Gründungsmitglied von Digitec,      Man braucht nur stehen zu bleiben.»
     gleich zu Beginn seines Referats die
     Zuhörer in der Maag Halle. Natürlich
     streckten sofort alle die Hand hoch. «Das
     war vor 2000 noch nicht so», meinte
                                                    «Wichtig ist, den
                                                     Markteintritt nicht zu
     Dobler, «denn die Internetnutzung hat seit
     1997 extrem zugenommen.» Diese
                                                     verschlafen.»
     Zunahme sei aber noch lange nicht fertig,
     da immer mehr Menschen das Internet            Einen Vorsprung hatte Dobler mit der von
     nutzten. «Durch die Digitalisierung werden     ihm mitbegründeten Firma Digitec von
     die Karten neu gemischt.» Das führe dazu,      Anfang an. Deshalb nannte er auch das
     dass sich die Technologie, der Preis, das      Timing als entscheidenden Erfolgsfaktor
     Konsumverhalten und das Kundenbedürf-          der Firma. «Wir waren nicht nur erfolgreich,
     nis ändere. Parallel dazu reagieren Anbieter   weil wir besonders gut waren, sondern
     darauf mit neuen Vertriebskanälen und          auch, weil die Konkurrenz fast inexistent
     neuen Produktions- und Entwicklungsmög-        war», so Dobler. 2001 startete das
     lichkeiten. Deshalb sind Marktänderungen       Unternehmen mit einem eigenen Webshop,
                                                                      Foto: Luca Bruno / AP

                                                                                                Beide Bilder zeigen
                                                                                                Besucher der Papstwahl
                                                                                                auf dem Petersplatz. Das
                                                                                                obere Bild stammt aus
                                                                                                dem Jahr 2005, das
                                                                      Foto: Michael Sohn / AP

                                                                                                untere aus 2013.
                                                                                                Innerhalb von nur acht
                                                                                                Jahren hat die
                                                                                                Digitalisierung die Welt
                                                                                                stark verändert.

14   BIM Kongress     Politik    Referat Marcel Dobler
Veränderung

 welcher 2005 nochmals komplett überar-           Das sei aber nicht nur schlecht, da
 beitet wurde. «Die Idee bei der Neulancie-       Innovation Freiraum und keine übermässige
 rung des Webshops war, dass wir                  Regulierung benötige. Dobler sieht die
 Eigenschaften und Produktkategorien              Aufgabe der Politik deshalb vornehmlich in
 erfassen.» Ab 2005 konnte man also die           der Schaffung von neuen Bildungsangebo-
 verschiedenen Angebote im Online-Shop            ten. «Unser Rohstoff ist die Bildung»,
 nach gewissen Kriterien wie beispielsweise       meinte er. Deshalb gehöre Informatik
 Gewicht oder Preis sortieren. «Das ist heute     zwingend in die Grundausbildung und auch
 im Internet Standard, aber wir waren die         eine Informatik-Matura wäre angebracht.
 Ersten, die das gemacht haben. So                Auch BIM müsse in die Ausbildung
 gesehen ist dies das eigentliche Alleinstel-     integriert werden und berufsbegleitende
 lungsmerkmal von Digitec.» Geholfen habe         BIM-Weiterbildungsmöglichkeiten
 dabei natürlich auch, dass die Firmengrün-       geschaffen werden.                                Marcel Dobler
 der eher von der Informatik-Seite her                                                              Nationalrat FDP,
 gekommen seien und man sich die Ziele            Digitalisierung kennt keine Grenzen               Gründungsmitglied Digitec
 nie zu tief gesteckt habe. «Deshalb bin ich      Da die Professionalisierung zunimmt, seien
 auch direkt Nationalrat geworden», so            nun starkes Knowhow und Bildungsres-              Marcel Dobler erkannte schon
 Dobler schmunzelnd, der vor seiner Wahl in       sourcen gefordert. Ausserdem nehme die            früh, dass man mit Einsatz und
 den Nationalrat 2015 noch kein politisches       Konsolidierung zu, weil nicht alle Firmen         Hingabe den Weg zum Erfolg
 Amt innehatte.                                   das Knowhow bieten könnten und wohl               ebnen kann. Noch während
                                                  über früh oder lang von grösseren Firmen          seines Informatikstudiums
 Kommt das iHouse?                                geschluckt würden. Wichtig seien deshalb          an der Hochschule Rapperswil
 «Für Innovation braucht es immer Mut und         Weiterbildung, Innovation und Positionie-         gründete er mit zwei Kollegen
 eine gesunde Fehlerkultur.» Denn Innovati-       rung. «Die Digitalisierung kennt keine            die Firma Digitec und war
 on sei Firmenkultur. Für BIM bedeute dies,       Grenzen», so Dobler. So stelle sich bei BIM       während 13 Jahren deren CEO.
 dass der Nutzen im Vordergrund stehen            die Frage, inwiefern zukünftig auch Firmen        Das Unternehmen beschäftigt
 müsse. Deshalb sei es nun an der Zeit, die       aus dem Ausland bei Aufträgen mitbieten           heute über 450 Mitarbeiter und
 richtigen Fragen zu stellen, wie etwa:           würden. Transparenz sei deshalb wichtig.          erzielt einen Umsatz von rund
 «Kommt BIM mit oder ohne uns?», «Kommt           Und dass man den Markteintritt nicht              500 Millionen Franken. Seit 2015
 das ‹iHouse›, das ‹WindowHouse› oder das         verschlafe, wie das etwa Nokia, Kodak und         sitzt Marcel Dobler für die FDP
 ‹GoogleHouse›?» Und: «Bieten sie das             Media Markt getan hätten. «Denn derjenige,        St. Gallen im Nationalrat.
 Gleiche an?» Oder: «Was, wenn nur                der sich als Erster auf dem Markt etabliert,
 ausländische Firmen gewisse automatisier-        hat eine Monopolstellung. Diese später an-
 te Arbeiten anbieten?» «Wir müssen also          zugreifen, ist schwierig.» Das sei bei Zalando,
 aufpassen, dass nicht internationale Player      Facebook und Autoscout der Fall – und
 die Standards vorgeben», meinte Dobler.          natürlich bei Digitec.
        Für die Politik bedeute dies, dass sie
 Ziele definieren müsse, die man auch
 einhalten könne. Deshalb gehöre die
 Digitalisierung der Baubranche dringend
 auf die politische Agenda und IT-Themen in
 die Legislaturplanung. «Die Politik hinkt
 allerdings der Digitalisierung hinterher, weil
 die Gesetzgebung sehr viel Zeit braucht.»

                                                                                                                                 15
Politik muss Rahmen-
     bedingungen setzen
     Auf dem Podium zum Thema «Politik» diskutierten Norbert Barthle, Daniel
     Büchel, Jürg Grossen, Felix Amberg, Hans Rupli und Marcel Dobler, welche
     Rolle die Politik beim Thema BIM übernehmen soll. Soll sie stark eingreifen
     oder besser die Wirtschaft machen lassen?

     Text: Stefan Breitenmoser
     «In Deutschland stehen wir erst am Anfang        Angst vor der Datenflut
     der Lernkurve. Mit BIM werden sich neue          «Der Bund muss nicht Antreiber von BIM
     Potentiale erschliessen», meinte Norbert         sein. Denn der Bund ist zu träge für Innovati-
     Barthle, parlamentarischer Staatssekretär        on», sagte Jürg Grossen, GLP-Nationalrat
     beim Bundesministerium für Verkehr und           und Vorstandsmitglied von «Bauen digital
     digitale Infrastruktur in Deutschland. Zurzeit   Schweiz». «Wir tun gut daran, wenn sich die
     gebe es eine Expertenkommission und vier         Branche selber organisiert. Der Bund soll die
     BIM-Pilotprojekte, die man allerdings auf        Rahmenbedingungen setzen», so Grossen.
     24 ausbauen wolle. «Wir überprüfen zurzeit,      Dem widersprach Felix Amberg, VR-Präsi-
     inwiefern wir regulatorisch eingreifen           dent und Inhaber Amberg Group AG, nicht,
     müssen. Ausserdem arbeiten wir an einem          gab aber zu bedenken, dass die Politik noch
     Stufenplan zur schrittweisen Einführung          andere Funktionen habe: «Wenn man sich
     von BIM. Ab 2020 wollen wir für alle             vorstellt, dass alle Gebäudedaten digital
     Projekte BIM implementieren», so Barthle.        sind: Was passiert dann mit diesen Daten?
                                                      Wie öffentlich sind die? Und gibt es

     «Die Politik darf nicht
      hinterherhinken.»
                                                      beispielsweise ein digitales Grund-
                                                      buchamt?», fragte Amberg in den Saal.
                                                      «Diesbezüglich hat die Politik eine
                                                      Schrittmacherfunktion.»
     «Beim Bund fehlt eine klare Zuständigkeit            «In Deutschland existiert eine grosse
     für Gebäude», sagte Daniel Büchel,               Angst vor der Datenflut. Deshalb ist es
     Vizedirektor des Bundesamtes für Energie         Aufgabe der Politik, den Menschen die
     (BFE) und Programmleiter EnergieSchweiz.         Angst vor der Digitalisierung zu nehmen»,
     «Wir vom BFE sind der Hoffnung, dass wir         antwortete Barthle. Es stelle sich zudem die
     in Sachen BIM etwas bewegen können. Ich          Frage, wie man aus Big-Data Smart-Data
     weiss beispielsweise nicht, ob die Armee         mache. «Wir stellen viele Daten öffentlich zur
     schon auf dem BIM-Pfad ist.» Oft sei             Verfügung und hoffen auf Start-Ups, die
     deshalb nicht einfach festzustellen, wer         etwas mit diesen Daten machen», so
     beim Bund zuständig ist. «Die Potentiale         Barthle. «Man muss die Schnittstellen
     sind da. Jetzt müssen sie nur noch               kennen, um Daten nutzen zu können»,
     koordiniert werden. Denn eigentlich              erwiderte Büchel. Die Politik könne die
     verfügen wir in der Schweiz über eine gute       Akzeptanz für die Digitalisierung nur fördern,
     Vernetzung zwischen Staat und Industrie»,        wenn sie die Sorge um die Datensicherheit
     so Büchel, der sich insbesondere wünscht,        ernst nehme. «Wir müssen Regeln schaffen,
     dass durch BIM der Energieverbrauch der          von denen alle sagen: ‹Ja, mit diesen Regeln
     Gebäude reduziert werden kann.                   gehen wir in die Zukunft›», so Büchel.

                                                      Zu viele Reglemente
                                                      «Die Politik steuert das BIM-Thema
                                                      indirekt», meinte Hans Rupli, Zentralpräsi-
                                                      dent Holzbau Schweiz. So seien beispiels-

16   BIM Kongress      Politik   Podiumsdiskussion
weise die Klima- und Energiepolitik wichtig    müsse sich die Politik nicht nur fragen, was     Angeregt wurden Pro und
für den Bau. Ausserdem gehe es nicht nur       heute möglich ist, sondern auch was kommt.       Contra von staatlicher
um Innovation, sondern auch um Prozesse.       «Die Wirtschaft wird sich schon Mühe geben,      Regulierung bei der
Diese müssten kooperativer gestaltet           dass ihr niemand reinredet», so Amberg. Dem      Podiumsdiskussion Politik
werden. «Für die Holzbauer stellt sich immer   pflichtete FDP-Nationalrat Marcel Dobler bei:    erörtert.
die Frage: Wo ist die Schnittstelle zum        «Die Innovation muss von der Wirtschaft          Von links nach rechts: Marcel
Planer? In diesem Kontext geniesst BIM         kommen. Ich halte es für problematisch,          Dobler, Jürg Grossen, Norbert
eine grosse Bedeutung.» Auch Rupli war der     wenn sich der Staat zu fest einmischt.»          Barthle, Esther Keller, Daniel
Ansicht, dass die Politik vor allem die        Deshalb muss sich die Politik laut Dobler        Büchel, Felix Amberg, Hans
Rahmenbedingungen schaffen und sich um         vornehmlich um die Bildung kümmern.              Rupli
die Forschung kümmern müsse. «Doch
auch im sozialen Bereich stellen sich einige
Fragen wie beispielsweise: Wo arbeiten wir
künftig? Ausserdem müssen wir darauf
                                               «Wie  öffentlich sind
                                                digitale Gebäude-
achten, dass die Alten nicht abgehängt
werden», so Rupli.
                                                daten?»
    «In der Schweiz gibt es noch ein
anderes Problem. Wir haben nämlich 26          «Die Politik muss Ziele setzen. Den Weg
Energiegesetze und Tausende Bauregle-          dahin findet die Wirtschaft schon allein»,
mente», sagte Grossen. Deshalb müsse           meinte auch Grossen. «Trotzdem darf die
nun entschieden werden, welche Gesetze         Politik nicht zu weit hinterherhinken. Sie hat
man über Bord werfe und was für                auch eine wichtige Funktion bei der
Standards man einführen könne. «Wir            Förderung von neuen Technologien,
müssen aufpassen, dass BIM nicht an der        beispielsweise durch Anstossfinanzierun-
Fülle von Gesetzen zerbricht», so Grossen.     gen», engegnete Barthle. So wäre man laut
Das sah auch Hans Rupli so: «Die               Barthle beispielsweise beim Autobau noch
Baugesetzgebung kann man sicher noch           nicht so weit, hätte die EU nicht Richtwerte
standardisieren. Allerdings müssen wir         in Bezug auf Abgase erlassen. «Ein
darauf achten, dass wir unsere hohe            Problem ist auch das Cassis-de-Dijon-Prin-
Baukultur beibehalten.» Die Digitalisierung    zip bei digitalen Produkten. Softwares
könne ausserdem zu einer höheren               kosten im Ausland manchmal die Hälfte»,
Gestaltungsfreiheit führen.                    wies Dobler auf ein weiteres Problem hin.
                                                   «BIM ist nur ein Tool. Das Thema ist die
Neue Chancen zur Teilnahme                     Digitalisierung. Und in dieser liegen grosse
«Eine Aufgabe, welche die Politik überneh-     partizipative Chancen», brachte es Amberg
men kann, ist Standards zu setzen – bei-       zum Schluss des Podiums auf den Punkt.
spielsweise bei den Messwerten», sagte         Dem pflichtete auch Barthle bei: «BIM wird
Büchel. «Die Politik muss sich aber auch       dazu beitragen, dass es mehr Transparenz
fragen: Was bedeutet die Digitalisierung?      im Bau geben wird. Das führt zu neuen
Was für Auswirkungen hat sie beispielsweise    Teilnahmemöglichkeiten, die man einfach
auf die Logistik», erwiderte Amberg. Deshalb   nutzen muss.»

                                                                                                                                 17
Digitalisierung auf dem Vormarsch –
     die Baubranche im Wandel
     Auch in der Bauwirtschaft ist die                                                              Parametrisches 3D-Modell des
                                                                                                    Bözberg Tunnels: Voreinschnitt
     Digitalisierung nicht mehr wegzu-
                                                                                                    mit der Lockergesteinsstrecke,
     denken. Messdaten werden auf                                                                   Ausbruch von Kalotte und Sohle
                                                                                                    sowie der Rohrschirm. Mit
     Baustellen elektronisch erfasst,
                                                                                                    Clashcontrol zwischen den
     Modelle werden digital entworfen                                                               Ankern der Portalwand und des
                                                                                                    Rohrschirms wurden die
     und/oder aus den Messdaten
                                                                                                    Koordinaten der Rohrschirm-
     abgeleitet, die Zeit- und Kosten-                                                              Ansatzpunkte definiert.

     planung wird damit verknüpft
     und Abnahmeprozesse werden
     digitalisiert, um ein paar Beispiele
     zu nennen. Dieser Trend zwingt
     viele Firmen zum Umdenken:
     Neue Prozesse verändern die
     Zusammenarbeit, intensiver
     Datenaustausch erfordert entspre-
                                            Portalgebäude Faido des Gotthard Basistunnels: Für die Pläne von Schalung und Bewehrung wurde ein Schnitt
     chende Strukturen – und nicht          des parametrischen Gebäudemodells mit Lüftungsberechnung erstellt.

     zuletzt der Mensch muss sich von
                                            Building Information Modeling (BIM)                     Grundsätzlich gilt: die Vorbereitungsar-
     gewohnten Arbeitsweisen ver-
                                            im Infrastrukturbau                                     beiten sind umfangreicher, die Durchfüh-
     abschieden.                            Im Hochbau hat BIM bereits Fuss gefasst.                rung ist reibungsloser. So können
                                            Relevante Gebäudedaten werden digital in                phasengerechte Informationen ins digitale
                                            Modellen aufgearbeitet respektive erfasst,              Gebäudemodell eingetragen und für die
                                            mit massgebenden Attributen versehen,                   folgenden Bauphasen kontinuierlich
                                            miteinander kombiniert und vernetzt mit                 nachgezogen werden. Fehler in Modellen
                                            dem Ziel, möglichst in allen Bauprozessen               kann jedoch auch BIM nicht anzeigen.
                                            mit einheitlichen und transparenten                     Deshalb müssen Konflikte frühzeitig
                                            Datensätzen zu arbeiten. Die gleiche                    aufgedeckt und Lösungen erarbeitet
                                            Vorgehensweise wird nun vermehrt bei                    werden. Wer die wesentlichen Ausfüh-
                                            Bauvorhaben im Infrastrukturbau wie z.B.                rungsfragen in einem frühen Stadium
                                            beim Bau eines Bahntunnels oder der                     beantwortet, hat auf der Baustelle weniger
                                            städtischen Kanalisation erwartet. Dabei                Verzögerungen.
                                            spielt das partnerschaftliche Zusammen-
                                            wirken der verschiedenen Beteiligten wie
                                            Architekten, Planer und Bauherren eine
                                            zentrale Rolle. Das koordinierte Handeln
                                            fängt bereits in der Vorbereitung und der
                                            Modellerstellung mit allen wichtigen
                                            Informationen an und geht über die
                                            Ausschreibung, die Bauablaufplanung,
                                            Kosten- und Terminsteuerung etc. bis
                                            zur Abnahme respektive in den Betrieb.
                                            Von zentraler Bedeutung ist, dass vorab
                                            der Umgang mit Projektanpassungen
                                            und Informationsprozessen definiert wird.
                                            Ausserdem müssen Standards und
                                            Produkte für jeden Prozessschritt
                                            festgelegt werden.

18       BIM Kongress    Sponsorenbeitrag
Laserscanner-Messung im
                                                                                           Ceneri Basistunnel mit Amberg
                                                                                           Navigator Tablet: Mit Amberg
                                                                                           Tunnelscan werden Daten
                                                                                           erhoben und ausgewertet.
                                                                                           Der Amberg Hochleistungs-
                                                                                           bildscanner erfasst die
                                                                                           Geometrie und Tunnelstruktur
                                                                                           in jeder Bauphase und stellt
                                                                                           alle Bereiche mit Unter- und
                                                                                           Überprofil dar.

                                                                                           Messung für Transport Public
                                                                                           du Chablais (TPC), eine
                                                                                           schweizerische Privatbahn:
                                                                                           Messung des kompletten
                                                                                           Streckennetzes (ca. 70 km) mit
                                                                                           dem Amberg MobileMapping
                                                                                           System und Lichtraumanalyse
                                                                                           in Amberg Rail. Auszug aus der
                                                                                           Auswertesoftware mit
                                                                                           Überlagerung der 360°-Bilder
                                                                                           mit den Flächendeckenden
                                                                                           Scandaten (Geometriedaten).

Datenmanagement in Terrabyte                  Faktor Mensch – eine Branche
Das Datenmanagement rund um das               im Wandel
Building Information Modeling ist von         Ein bisschen fühlt man sich zurückversetzt
zentraler Bedeutung. Nicht nur die Klärung    in die Zeit der ersten EDV-Arbeitsplätze.
über die Datenhoheit, sondern auch der        Die Einführung der neuen Technologie hat
reibungslose Datenaustausch, die              zu vielen neuen Berufsfeldern geführt. Mit
Verfügbarkeit, Prozess- und Schnittstel-      BIM ist dies ganz ähnlich: Es ist die
lendefinitionen zu weiteren Softwares sind    Chance zur Entwicklung neuer Berufsbil-
wesentlich. Datenbanken ermöglichen den       der wie z.B. dem BIM-Koordinator oder
Zugriff auf den aktuellen Stand der Daten,    dem BIM-Manager. Dies erfordert aber
wann und wo dieser gebraucht wird. Ob         eine neue Denkweise in der Planung und
die Datenerfassung auf der grünen Wiese       eine andere Kultur der Zusammenarbeit.
oder auf einer bereits bebauten Umwelt        Nur wer diesen Spagat schafft, wird BIM
basiert, ist dabei zweitrangig. Denn die      erfolgreich einsetzen und als Gewinner
Projektierung baut auf die aktuell erfasste   eines erneuten Wandels unserer Arbeits-
Situation auf.                                welt hervorgehen.
    Durch die digitale Datenerfassung von
Anfang an, lässt sich auch das Life-          amberg.ch
Cycle-Management von Bauvorhaben
inklusive Bau-Unterhalt und -Betrieb
einbinden. So können z.B. durch «Mobile
Mapping» Bahnstrecken und deren
Umwelt erfasst werden, um mögliche
Unterhaltsarbeiten zu identifizieren und
zu beauftragen.

                                                                                                                            19
Technologie

20
Was ist die Baustelle 4.0?
Kommt der 3D-Druck für den
Bau? Ist BIM im Arbeitsalltag
angekommen? Welche Rolle
übernimmt die Forschung?
Welchen Einfluss haben neue
Technologien? Profitieren wir von
Machine Learning oder Cognitive
Services? Wie vernetzt man
intelligente Geräte? Können wir
Geräten ein Verhalten beibringen?
Was bedeutet VDC? Welche
Einsparungen sind durch BIM
möglich? Wie beeinflussen neue
Technologien die Arbeitsweise?
Gibt es bald nur noch Roboter auf
der Baustelle? Wie sieht die
Baustelle der Zukunft aus?

                                    21
Zurück in die Zukunft
     In seinem Referat zum Thema «Zurück in die Zukunft: der Baumeister 4.0»
     entführte Professor Martin Fischer die Zuhörer in die Zukunft der Baustelle.
     Doch was für manche nach Zukunft tönt, ist bereits Realität.

     Text: Stefan Breitenmoser

     «Die Baustelle 4.0 funktioniert nur, wenn    «Mein Team von erfahrenen Architekten
     jeder auch 4.0 denkt», meinte Professor      schlägt dein Technologie-Team jederzeit.»
     Martin Fischer zu Beginn seines Referats.    Natürlich überzeugte Fischers Team
     «BIM braucht ein ganz neues Wissen und       nachhaltig. «Wir arbeiten zu ineffizient auf
     wird eine ganz neue Wertschöpfungskette      Baustellen. Deshalb bauen wir mit BIM,
     schaffen», so der Schweizer, der aber        egal ob ein Bauherr es will. Denn wir
     schon länger an der Stanford University in   müssen die kleinen Probleme vermeiden,
     Kalifornien als Direktor des «Center for     um uns den grösseren widmen zu können.»
     integrated facility engineering» (CIFE)
     arbeitet, welches weltweit für seine         Schneller und billiger
     Innovationen in 4D-Modellen und              «Würde Ihr Projekt nicht davon profitieren,
     -Methoden bekannt ist. Bereits seit 1988     wenn jeder immer an den richtigen
     beschäftigt man sich am CIFE mit BIM         Aufgaben zur richtigen Zeit arbeiten würde?
     und seit 2000 mit «Virtual Design and        Wir planen und liefern, was der Kunde auch
     Construction» (VDC). Dabei arbeitet man      wirklich will. Wir sind sicher, dass alles
     in Stanford eng mit der Wirtschaft           zusammenpasst. Wir können alles schnell
     zusammen. «Keine Uni oder Firma schafft      und auf Anhieb richtig bauen», führte
     es allein, deshalb haben wir das CIFE        Fischer einige Vorteile von BIM an. Die
     geschaffen», so Fischer.                     Fähigkeiten, die sich im letzten Jahrzehnt
         Als Meilensteine des CIFE nannte er      wirklich verändert haben, seien vor allem
     eine Biogasanlage, die bereits 1997 in 3D    die digitale Modellierung, die Kommunikati-
     geplant und in 4D modelliert wurde. «Die     on und die Grösse der Datenvolumina, die
     Baustelle hat reibungslos funktioniert.»     wir verarbeiten können. Als Beispiel zeigte
     2000 arbeitete er mit Disney zusammen.       Fischer ein Ärztehaus, das man 2008
     «Dabei haben wir gemerkt, dass man           komplett digital modelliert hatte. Das ganze
     Probleme, die man gemeinsam erkannt hat,     Ausmass wurde direkt von 3D-Modellen
     gemeinsam auch schneller löst.» 2005         übernommen. Zudem war eine Person auf
     wurde er dann von einem Geschäftsführer      der Baustelle nur für BIM verantwortlich,
     eines grossen amerikanischen Architektur-    und der Baufortschritt wurde fortlaufend
     büros herausgefordert, als dieser meinte:    mit Laserscannern dokumentiert, um zu

                                                                                                 Neue Technologien wie
                                                                                                 künstliche Intelligenz, Internet
                                                                                                 der Dinge, Robotics oder
                                                                                                 virtuelle Umgebungen werden
                                                                                                 das Bauen verändern. Deshalb
                                                                                                 müsse man BIM schnell in den
                                                                                                 Griff bekommen, denn das
                                                                                                 nächste Thema warte schon,
                                                                                                 meint Martin Fischer von der
                                                                                                 Stanford University.

22   BIM Kongress     Technologie   Referat Martin Fischer
überprüfen, ob man auch gebaut hat, was         Neue Technologien
man geplant hatte. «Dieses Ärztehaus war        Doch damit nicht genug. Dank neuer
das erste Spital, bei welchem der Kunde         Technologien wie künstlicher Intelligenz,
auch alles bekommen hat, was er bestellt        Cloud, Lokalisierung, Internet of Things,
hatte. Ausserdem waren wir noch 30              Robotics, 3D-Drucken, Lean, virtueller
Prozent schneller als geplant.» Nicht zuletzt   Umgebungen oder mobiler Daten werde
deshalb habe sich diese Art zu bauen an         sich das Bauen auch in Zukunft ändern.
der Westküste der USA mittlerweile              «Alle diese Themen kommen, und wir
durchgesetzt. «Problematisch ist allerdings     müssen sie nutzen. Deshalb müssen wir
eine Konzentration auf die Prozesse, wie        BIM schnell in den Griff bekommen, denn
wir es von Lean-Construction kennen. Für        das nächste Thema wartet schon», meinte
mich geht BIM aber nicht ohne Lean und          Fischer. Die Kombination dieser Entwick-
umgekehrt», so Fischer.                         lungen enthalte «signifikante Chance für       Martin Fischer
                                                dramatische Verbesserungen». So kann

«Wir
                                                                                               Professor, Stanford University,
                                                heute schon über die Cloud auf Daten
     müssen die kleinen                         gleichzeitig und von überall her zugegriffen
                                                                                               Kalifornien

 Probleme vermeiden,                            werden. Und auch in der Automatisierung        Martin Fischer ist weltweit
                                                komme noch einiges auf uns zu, was die
   um uns den grösseren                                                                        bekannt für seine Innovationen

                                     »
                                                Arbeitsweisen verändern werde. «Es             in 4D-Modellen und -Methoden,
   widmen zu können.                            braucht nicht nur den Schlamm auf der          welche die Projektplanung
                                                Baustelle, sondern auch den digitalen          verbessern, die Betriebsleis-
In der Folge führte er noch zwei weitere        Schlamm.» Deshalb brauche es neues             tung erhöhen, die Produktivität
Beispiele ins Feld. Jenes der Erweiterung       Personal und neue Partnerschaften. «Heute      von Projektteams steigern und
des Daytona Speedways, bei welcher die          gilt, je besser die Software, um so besser     die Nachhaltigkeit der bebauten
Ausführungspläne direkt mittels Hochdefi-       die Marktposition.» Es gelte also, nach        Umgebung sicherstellen. Seine
nitions-BIM entwickelt wurden. «In Daytona      vorne zu schauen und nicht zu schlafen.        preisgekrönten Forschungsre-
haben wir es geschafft, den kompletten          Denn: «Die Zukunft ist ganz anders, aber       sultate wurden rund um den
Umbau in zehn Monaten durchzuführen.            sie hat bereits begonnen.»                     Globus von den verschiedens-
Dabei haben wir alles – bis zur letzten                                                        ten Industrie- und Regierungs-
Schraube – digital begleitet.» Als weiteres                                                    organisationen in die Praxis
Beispiel nannte er ein kleines, peruanisches                                                   umgesetzt.
Architekturbüro, welches bisher jeweils ein
Haus pro Jahr verwirklichen konnte. Durch
die Anwendung von VDC bei einem
Mehrfamilienhausprojekt konnte das Büro
das Projekt zwei Monate schneller und 15
Prozent billiger ausführen. Deshalb baut
dieses Büro nun immer von Anfang an mit
digitaler Unterstützung, was dazu führte,
dass die Projekte mittlerweile sechs
Monate schneller und 30 Prozent günstiger
verwirklicht werden können. «Nun kann
dieses Büro zwei Hausprojekte pro Jahr
durchführen. Das ist nicht so schlecht.
Wobei ‹nicht so schlecht› in der Schweiz ja
‹wahnsinnig gut› heisst», so Fischer. «Durch
BIM lässt sich eine fundamental bessere
Wertschöpfung erreichen.»

                                                                                                                               23
Intelligente Geräte
     vernetzen
     In seinem Referat mit dem Titel «Digitalisierung: die Chancen der Schweizer
     Bauwirtschaft» zeigte Martin Vesper auf, wie die Digitalisierung zu neuen
     Produkten, mehr Effizienz und neuen Geschäftsmodellen führen kann. Denn
     das Ende der Dummheit der Geräte sei bereits eingetroffen.

     Text: Stefan Breitenmoser
     Zu Beginn seines Referats zeigte Martin      Für die Digitalisierung im Gebäude bedeute
     Vesper, CEO von digitalSTROM, anhand         dies, dass die Geräte digitalisiert – also
     des Beispiels der Drohne auf, wie sich die   durch Programme und Daten gesteuert
     erforderlichen Fähigkeiten mit der           – und vernetzt sind, also untereinander und
     Digitalisierung grundlegend verändern. Im    mit dem Internet verbunden. Ausserdem
     Vergleich zu einem kleinen Hubschrauber      seien «Cognitive Services», die hochleis-
     muss man, um eine Drohne zu steuern,         tungsfähige Kombination von Algorithmik
     nämlich nicht mehr fliegen können. «Die      und globalen Daten, heute extrem günstig
     Fähigkeit ‹Pilot sein› fällt also weg», so   und auch «Machine Learning» und
     Vesper, da jeder eine Drohne steuern         «Artificial Intelligence» kommerziell verfüg-
     könne. Denn eine Drohne sei im Vergleich     und anwendbar. Als Beispiel eines «Cogniti-
     zum Hubschrauber mechanisch absolut          ve Service» führte Martin Vesper das Tool
     primitiv. Gleichzeitig sei die Drohne aber   CloudSight vor, das für wenig Geld Bilder
     elektronisch gesteuert und vernetzt, was     analysiert. Dies kann beispielsweise
     dazu führt, dass sie beispielsweise          genutzt werden, um die Baustellen-Fotos
     Bauprozesse beim Flug über eine Baustelle    der Drohne mit den 4D-Modellen abzuglei-
     überprüfen könne, weil sie diese mit den     chen oder um von Wolken-Fotos Wetterda-
     4D-Modellen abgleichen kann. «Die            ten abzuleiten. «Dieses Wissen ist über
     Digitalisierung hat im Zusammenspiel mit     Systeme verfügbar und somit auch für
     moderner Technik einen enormen Einfluss»,    jedes Gerät.» So seien beispielsweise
     so Vesper.                                   Wetterdaten für die Bedienung von

                                                                              Neue Technologien kämen mit
                                                                              einer rasenden Geschwindigkeit,
                                                                              meinte Martin Vesper. Dies berge
                                                                              die Chance für neue Produkte
                                                                              und Geschäftsmodelle.

24   BIM Kongress     Technologie   Referat Martin Vesper
Jalousien relevant. Ausserdem können die         men muss man offen sein und lernen
Jalousien durch «Machine Learning» ihr           zusammenzuarbeiten, damit man von den
Verhalten über die Zeit anpassen. «Einige        verschiedenen Services profitieren kann»,
Dinge fallen weg, da die Systeme selber          meinte Vesper. So hat seine Firma eigentlich
schon das Wissen haben und sich selber           als Hardware-Firma begonnen und bietet
steuern können.» Die Industrie gebe dabei        heute intelligente Services auf Basis von
nicht unbedingt die Entwicklungsgeschwin-        «Machine Learning», «Cognitiven Services»
digkeit dieser Technologien vor. Sowieso         und mehr an. «Wir legen unser Wissen in
würden viele Technologien nicht unbedingt        Systeme und nutzen das maschinen-verfüg-
für die Baubranche entwickelt, trotzdem          bare Wissen von anderen.» Das heisst, dass
werden sie für diese immer relevanter.           dank dieser Plattform und mittels eines Bots
«Neue Technologien kommen mit einer              das Wissen von Geräten für andere Geräte
rasenden Geschwindigkeit.»                       zugänglich wird.

Klemme für Digitalisierung                       BIM als Grundvoraussetzung
Die Chancen der Digitalisierung sieht            «Heute kann man sein Produkt verbessern,
Vesper vor allem in der Entwicklung von          ohne selber besser werden zu müssen»,
neuen Produkten, einer gesteigerten              erklärte Vesper, der vor der Gründung von
Effizienz und neuen Geschäftsmodellen. So        digitalSTROM bereits die deutsche
hat seine Firma digitalSTROM 2011 eine           Energiemarke «Yello Strom» zum Erfolg
Klemme für den Anschluss elektrischer            geführt hatte. Auch die Kundenerwartung          Martin Vesper
Verbraucher wie Deckenlampen auf den             ändere sich, was impliziere, dass man            CEO, digitalSTROM AG
Markt gebracht. Diese Klemme ist                 gewisse Technologien einplanen müsse. So
intelligent und kann die Daten mittels           sei beispielsweise die Spracherkennung in        Martin Vesper ist Experte für
eingebauter Software auch senden. Mit            den letzten Jahren immer besser gewor-           smarte Produkte, Prozesse,
dieser Klemme kann also auch bei                 den. Das bedeute, dass man bald einen            Energie, optimale Kundenorien-
Gebäuden im Bestand der elektrische              «Echo Dot» in den Wohnungen brauche,             tierung und starke Marken. Er
Verbrauch digitalisiert werden. «Ausserdem       über welchen der Nutzer verschiedene             bekleidete nach seinem Studium
können wir den Geräten ein Verhalten             Geräte mittels Spracherkennung steuern           der Wirtschaftsmathematik
beibringen», so Vesper. «Das Ende der            kann. «Das führt zu einem gesteigerten           verschiedene Führungspositio-
Dummheit der Geräte ist eingetroffen.»           Kundennutzen – auch für die Baubranche.          nen auf technischer als auch auf
                                                 Zwar muss die Baubranche die Spracher-

«Viele
                                                                                                  Vertriebsebene und führte als
                                                 kennung nicht mitentwickeln, aber sie kann
       Technologien                              davon profitieren.»
                                                                                                  Geschäftsführer die deutsche
                                                                                                  Energiemarke Yello Strom zum
 werden zwar nicht                                   Grundsätzlich gehe es in Zukunft darum,      Erfolg. Seit September 2011 ist
                                                 Services zu nutzen, die tagtäglich besser
   für die Baubranche                            werden. Doch um diese Services zu
                                                                                                  Martin Vesper CEO der
                                                                                                  digitalSTROM AG und macht
   entwickelt, aber sie                          integrieren, sei die Grundvoraussetzung,         das innovative Smart-Home-
                                                 dass die Informationen über das Gebäude
   werden für diese                                                                               System Schritt für Schritt dem

                                 »
                                                 digital vorliegen. Nur dann sei nämlich eine     breiten Publikum zugänglich.
   immer relevanter.                             Durchgängigkeit der Daten und eine
                                                 Weiterentwicklung der Geräte und Systeme,
Da die digitale Welt aber davon lebt, dass       welche heute mittels Updates auch auto-
man zusammenarbeitet, bringen einzelne           matisch funktioniere, möglich. «BIM ist somit
Daten nichts, wenn man sie nicht zusam-          die wesentliche Grundlage für die Digitalisie-
menführt. Deshalb hat digitialSTROM im           rung der Gebäude. Und man darf dabei
Jahr 2013 eine Plattform lanciert, welche alle   nicht vergessen, dass BIM nicht aufhört,
diese Daten in seinem Smart-Home-System          wenn die Baustelle abgeschlossen ist.»
zusammenführt und so einem breiten
Publikum zugänglich macht. «Als Unterneh-

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