Brandschutz in der Elbphilharmonie - von Dipl.-Ing. Jens-Christian Voss - Sonderveröffentlichung mit freundlicher Empfehlung von
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Sonderveröffentlichung mit freundlicher Empfehlung von Brandschutzbeauftragter.de Brandschutz in der Elbphilharmonie von Dipl.-Ing. Jens-Christian Voss
Dipl.-Ing. Jens-Christian Voss, Jahrgang 1965, ist als Trainer und Berater für Arbeits- und Ge- sundheitsschutz europaweit tätig. Seit 1996 betreibt er ein Ingenieurbüro für Arbeitssicherheit in Friedberg bei Augsburg. Schwerpunkte seiner Arbeit: Entwicklung und Einführung von Arbeits- schutz-Managementsystemen, betriebliche Analysen des Sicherheitsstandards, Erstellung un- ternehmenseigener Sicherheitshandbücher und Brandschutz. Seit 1997 ist Jens-Christian Voss außerdem Referent im Haus der Technik (HDT) für Themen der Arbeitssicherheit, des Brand- und Explosionsschutzes. Seit Dezember 1998 leitet er für das HDT unter anderem die „Ausbildung zum Brandschutzbeauftragten“ und die „Weiterbildung von Brandschutzbeauftragten“. Daneben moderiert Voss seit vielen Jahren auch die jährlich stattfindenden „Essener Brand- schutztage“ des HDT, die längst zu den Pflichtterminen der Branche zählen – stets begleitet durch diverse Fachausstellungen und Präsentationen aktueller Dienstleistungen und Produkte. Aktuelle Veranstaltungstermine finden Sie jeweils unter www.brandschutzbeauftragter.de bzw. unter www.hdt.de.
Brandschutz in der Elbphilharmonie ausgearbeitet von: Dipl.-Ing. Jens-Christian Voss Friedberg (Bayern) / Icod de Los Vinos (Teneriffa) www.voss-arbeitsschutz.de 2
Ausarbeitung Dipl.-Ing. Jens-Christian VOSS geboren am 21. Juli 1965 in Aachen, verheiratet Beruflicher Werdegang 1988 Dipl.-Ing. Elektrotechnik (UniBw HH) 1992 Fachkraft für Arbeitssicherheit 1993 Brandschutzbeauftragter 1996 selbständig (Gutachten, Beratungen, Schulungen, Autorentätigkeit) Kontakt Ingenieurbüro VOSS – Partner für Arbeitssicherheit, Brand-, Strahlen- und Umweltschutz Magnolienstraße 13 Calle Los Costales 14 D-86316 Friedberg (Bayern) E-38438 Icod de los Vinos (Teneriffa) www.voss-arbeitsschutz.de 3
Ausarbeitung Referenzen (Auszug) ABB, ADAC, AGR, Airbus, Akademie Fresenius, AkzoNobel, Alsco, Alunorf, ANZAG, Audi, Aurubis, Autostadt Wolfsburg, Bachl, BASF, Bayer, Beiersdorf, Berufsgenossenschaften (div.), Bilstein, Biotest, BMW, Boehringer, Bombardier, Bosch, BP, British American Tobacco, Bundeswehr, Burgmann, bvbf, Carl Zeiss, Chem-Trend, CHT, Corning, Daimler, DEKRA, Denios, Deutsche Bahn, DGB, Dräger, DVGW, ecomed, EIPOS, EnBW, Endo-Klinik, E.ON, Europäisches Patentamt, eso, EverGlow, Evonik, EZB, Federal Mogul, Flughafen Hamburg/KölnBonn/ München, FORD, FORUM Herkert, Freudenberg, General Electric, GEZE, GQA, GreCon, Grünenthal, Haus der Technik, HEAG, Henkel, HYDRO, IHK (div.), INEOS, IZB, Jockel, K+S, Klöckner, Klüber, KONE, Kraftanlagen München, Krankenhäuser (div.), Krones, KUKA, Linde, MAN, Management Circle, MediaSec, Mercedes-AMG, Merck, MOCO, Müller Milch, NATO, NEAC, NXP Semiconductors, PCI, Philip Morris, Philips, Planetopia, Porsche, ResMed, Roche, RWE, Saint-Gobain, Schaeffler, Schering, SGL Carbon, Shell, Siemens, SMS Siemag, Spie, STRABAG, Süddeutscher Verlag, TAE Esslingen, TAW Wuppertal, Tenneco, ThyssenKrupp, TOTAL, TÜV (div.), UB Media, Umweltinstitut Offenbach, Umweltministerium Saarland, Universitäten (div.), Vattenfall, VDBUM, VDI, VDSI, Verkehrsbetriebe Zürich, Volkswagen, WEKA Media, WIG, WISAG, YARA, YORK Kältetechnik, ZDF, ZF Boge 4
Hamburg – das Tor zur Welt für die Musik Hamburgs weltoffener Bürgersinn für Kunst, Musik und Kultur lockt(e) immer wieder Komponisten, Dirigenten und Musiker in die Hansestadt, darunter Georg Friedrich Händel, Georg Philipp Telemann und Carl Philipp Emanuel Bach. Die hier geborenen Komponisten Johannes Brahms, Felix Mendelssohn Bartholdy und Paul Dessau ge- langen von Hamburg aus zu Weltruhm. Viele große Komponisten wie Gustav Mahler, Richard Strauss, Paul Hindemith und György Ligeti schreiben in Hamburg Musikgeschichte. Die Hamburgische Staatsoper setzt diese Tradition fort, mit Intendanten wie Rolf Liebermann und August Everding oder dem Ballettdirektor John Neumeier, der hier das heute weltberühmte Hamburg Ballett gründet. 5
Daten und Fakten ausgearbeitet von: Dipl.-Ing. Jens-Christian Voss Friedberg (Bayern) / Icod de Los Vinos (Teneriffa) www.voss-arbeitsschutz.de 6
Zeitplan Projektidee 2001 erste Kugelschreiberskizze 2002 Baubeginn 2007 Fertigstellung November 2016 (erstmalig geplant 2010) offizielle Eröffnung 11. Januar 2017 (Konzert „Zum Raum wird hier die Zeit“) 7
Allgemeines Bruttogeschossfläche Gesamtgebäude ca. 120.000 m² Diese Fläche entspricht ca. 17 Fußballfeldern oder ⅔ der Binnenalster. Gesamt-Bruttorauminhalt ca. 485.000 m³ Gesamtgewicht des Hauses ca. 200.000 t Das entspricht ca. 416.666 Konzertflügeln, 722 Airbussen A 380 oder 2 ½ Queen Mary 2. 8
Allgemeines Bruttogeschossfläche Plaza 4.400 m² Das ist größer als der Hamburger Rathausmarkt mit 4.000 m². Höhe Plaza 37 m Auf der Plaza zwischen Kaispeicher und Glasaufbau bietet sich Besuchern ein atemberaubendes 360°-Panorama über Hamburg. Verbauter Stahl ca. 18.000 t Verarbeiteter Beton ca. 63.000 m³ Anzahl der Wohnungen 45 Anzahl der Hotelzimmer 250 9
Kosten Gesamtkosten in der ursprünglichen Planung 77 Mio. Euro Gesamtkosten zu Vertragsabschluss 2006 348 Mio. Euro (Anteil Stadt: 272 Mio. Euro) Gesamtkosten zum sogenannten 4. Nachtrag 2009 572 Mio. Euro (Anteil Stadt: 495 Mio Euro) Gesamtkosten nach Neuordnung des Projekts 2013 865 Mio. Euro (Anteil Stadt: 789 Mio. Euro) – 11,24fache der ursprünglichen Planung 10
Dach Höchster Punkt im Westen 110 m Höchster Punkt im Osten 88 m Niedrigster Punkt in der Dachlandschaft 74 m Gewicht des Daches ca. 700 t Anzahl der Stahlträger 1.100 Jeder Träger ist ein Unika 11
Großer Saal Sitzplätze 2.100 Fläche 3.300 m² Volumen 23.000 m³ Gewicht 12.500 t Anzahl der Federelemente 362 Stahlfederpakete, die zwischen zwei Stahlbetonschalen angebracht sind und den Saal (aus Schallschutzgründen) vom restlichen Gebäude entkoppeln. Fläche Weiße Haut 6.500 m² Material Weiße Haut 3-D-gefräste Gipsfaserplatten, die den Klang in jeden Winkel des Konzertsaals reflektieren 12
Großer Saal 13
Wer macht(e) was Bauherrin Elbphilharmonie HH Bau GmbH & Co. KG vertreten durch die ReGe Hamburg Projekt-Realisierungs- gesellschaft mbH. Die ReGe ist eine 100%ige Tochter der Freien und Hansestadt Hamburg. Generalplaner Planer ARGE bestehend aus • Herzog & de Meuron, • Höhler + Partner Architekten Ingenieure • Hochtief Solutions AG Die Architekten Herzog & de Meuron sind durch folgende Bauten weltbekannt: Olympiastadion in Peking, die Tate Modern in London oder die Münchener Allianz Arena. 14
Wer macht(e) was Bau • Hochtief Solutions AG • Objektgesellschaft ADAMANTA Grundstücks- Vermietungsgesellschaft mbH & Co. • Objekt Elbphilharmonie KG, eine Gesellschaft der Commerz Real AG Betreiber HamburgMusik gGmbH Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft 15
Einführung ausgearbeitet von: Dipl.-Ing. Jens-Christian Voss Friedberg (Bayern) / Icod de Los Vinos (Teneriffa) www.voss-arbeitsschutz.de 16
Bauwerk Der Entwurf des Architektenbüros Herzog & de Meuron sah auf dem damals noch bestehenden Baukörper des backsteinernen Kaispeichers A von 1963 einen gläsern verkleideten Aufbau mit markant geschwungener Dachform vor, die auch „gläserne Welle“ genannt wurde. Ziel war ein charakteristisches Merkmal des Baukörpers, um in Hamburg eine unverwechselbare Silhouette zu formen. Entgegen den allerersten Planungen wurde der ehemalige Speicher für den Bau vollständig entkernt. Nur die denkmalgeschützte Fassade und Teile der Fundamente blieben erhalten. Die lastverteilende Bodenplatte des Gebäudes ist auf 1732 Pfählen gegründet, die tief in den Elbboden gerammt wurden. 17
Bauwerk Der 12.500 t schwere, eigenständige Baukörper des Großen Konzertsaales ist mit insgesamt 342 Stahlfederpaketen unten und 34 im Dachbereich schalltechnisch vom Gesamtgebäude vollständig entkoppelt. Der passgenaue Aufbau erhielt eine Glasfassade aus insgesamt 1100 einzelnen Glaselementen, die jeweils aus vier Glasscheiben bestehen. Alle Scheiben erhielten einen eingearbeiteten Licht- und Wärmeschutz durch aufgedruckte gerasterte Folien. 595 Glaselemente sind individuell gekrümmt. Ein einziges dieser Glasfenster kostete etwa 72.000 Euro. Nach Aussage der Architekten erwecken die gebogenen Fassadenteile den Eindruck eines riesigen Kristalls, der den Himmel, das Wasser und die Stadt immer wieder anders reflektiert. (aus „Wikipedia“) 18
Außergewöhnliche technische Lösungen • Akustik der Konzertsäle • schalltechnische Entkopplung der Säle vom Gesamtgebäude • Bauweise und Raumaufteilung sehr komplex • Gewicht / Statik des Gebäudes • geschwungene Fenster der Außenfassade • Bogenrolltreppen, die fluchtwegtauglich ausgeführt sind • nahezu unsichtbares Verbauen der Brandschutzeinrichtungen 19
Komplexe Raumaufteilung 20
Kennzeichnungen „dezent“ 21
Kennzeichnungen „dezent“ 22
Multifunktionsgebäude Die Elbphilharmonie ist ein komplexes Multifunktionsgebäude – mit Konzerthaus, Plaza, 250-Zimmer-Luxushotel, Konferenz- und Wellnessbereichen, Gastronomie und Wohnungen. Dieses ist auf den zum Parkhaus umgebauten Kaispeicher A gesetzt, der sich über die unteren sieben der 26 Geschosse des Baus erstreckt (Der Kaispeicher A wurde zwischen 1963 und 1966 errichtet und bis in die 1990er Jahre als Lager für Tee, Tabak und Kakao genutzt). Der gläserne Neubau beginnt im achten Geschoss mit der Plaza, dem Besuchergeschoss in 37 m Höhe. Der Bereich ist mit annähernd 4000 m2 Fläche etwa so groß wie der Hamburger Rathausmarkt. 23
Multifunktionsgebäude Die Plaza liegt zwischen Speicher und Neubau und ist nicht zuletzt wegen des großartigen Ausblicks seit Eröffnung der „Elphi“ im November 2016 ein Besuchermagnet. Doch die Plaza dient nicht nur als touristische Attraktion, sondern ist auch als zentrales Zugangs- und Verteilergeschoss konzipiert. Dabei begrenzten die Planer die Zahl der Personen, die sich dort zeitgleich aufhalten können und daher gegebenenfalls evakuiert werden müssen, auf maximal 2500. 24
Multifunktionsgebäude Die Begrenzung auf maximal 2500 Plaza-Nutzer wird durch Zutrittskontrollen gewährleistet. Konzertgäste können in der Pause nur mit ihrer Konzertkarte auf die Plaza, Hotelgäste benötigen ihre Hotelkarte und Besucher eine Restaurantreservierung. Der Zustrom der Besucher von außerhalb wird durch Ausgabe von Tickets gelenkt, die Zeitfenster für den Aufenthalt vorgeben, aber auch durch eine Personenzählanlage und Personal überwacht. 25
Brandschutzkonzept ausgearbeitet von: Dipl.-Ing. Jens-Christian Voss Friedberg (Bayern) / Icod de Los Vinos (Teneriffa) www.voss-arbeitsschutz.de 26
Danksagung Die Informationen zum Brandschutzkonzept stammen von „P3 ProjektPartner“ und dürfen nur zu Lernzwecken verwendet werden. 27
Regelgerechte Einordnung nach Bauordnung Hochhaus über 60 m Versammlungsstätte mit über 2.000 Personen Hotel, Gastronomie, Wohngebäude und Parkhaus 28
Ausnahmen • 52 Ergänzungsbescheide • 54 Abweichungen gemäß BS-Konzept • 8 Änderungsbescheide • über 120 Zustimmungen im Einzelfall 29
Erforderliche zusätzliche Konzepte Entrauchungssimulation • Auslegung der Entrauchungsanlage • Nachweis der rauchfreien Schicht Räumungskonzept mit Simulationsberechnung • Sequenzielle Alarmierung • Personenbegrenzung auf der Plaza (max. 2.800 Personen) • Stiller Alarm • Nutzung der Fahrtreppen zur Entfluchtung Personenstromanalyse • Zeitlich versetzte Alarmierung • Fahrtreppe: Fahrtrichtungsumkehr bei Veranstaltungen 30
Randbedingungen an das Brandschutzkonzept Anforderungen • Brandkontrolle • punktgenaue Detektion • minimaler Löschschäden Alternativen zur Erfüllung • Sprinkler (Raumhöhe, Wasserschäden) • Gaslöschanlage (Evakuierungszeit) • Hochdruck-Nebel-Löschanlage (HDNL) 31
Nebel-Löschwassertechnik im Sonderbau Verträglichkeit mit empfindlichen Architektur Entwurf der Systemplanung muss Konzept des Gebäudebrandschutzes beachten spezielle Einzelzulassung und Abnahme durch Sachverständige erforderlich 32
Brandmeldesystem Testversuch • Aufbau mit 6m*6m-Testfeld (6 Reihen mit jeweils 8 Sitzen) • Stufen zwischen 14...60 cm • Realistische Lüftungsszenario (6 Luftauslässe mit je 60m³/h) ---------------------------------------------------- Entscheidung für die lineare Wärmemeldung • kurze Brandmeldezeit • genaue Lokalisierung Festlegung eines Sicherheitsfaktors 3 Minuten für Brandentwicklung bis zur Auslösung der Löschanlage 33
Hochdruck-Nebel-Löschanlage (HDNL) Lage der Löschdüsen: im Fußboden Auslösung: über lineare Wärmemelder Verzicht auf Löschdüsen mit Glasfass Einteilung der Düsen in Sektionen zur Reduzierung der Wasserbeaufschlagung Auslegung der Pumpenleistung für mehrere Sektionen gleichzeitig möglich kleine Rohrquerschnitte durch geringe Wassermengen (somit kaum Auswirkungen auf die Innenarchitektur) 34
Hochdruck-Nebel-Löschanlage (HDNL) Genau durchdachte Anordnung der Nebel-Düsen auf über 6.000 m² Grundfläche in Parkett und 24 Rängen ergibt sich eine max. Wassermenge von 720 l/min (mit einem Wassereinsatz von 1,2 l/min/m² und ortsgenauer Detektion und Auslösung) Im Großen Saal sind 300 Düsen in den Boden eingebracht, die sich auf 25 Zonen aufteilen. 6 Pumpen fördern mit 120 bar durch ein ca. 2.000m langes Rohr. 35
Entrauchung (des Großen Saals) Luftleistung der Entrauchungsventilatoren 650.000 m³/h Mechanische Nachströmung 434.000 m³/h Freie Nachströmung über Türen und Fassade 216.000 m³/h 36
Entrauchungskanäle (des Großen Saals) Kanäle aus 8mm Stahlblech Kanalquerschnitte 3,2 m x 3,2 m kein bauaufsichtlicher Verwendbarkeitsnachweis Brandschutztechnische Beurteilung Entrauchungssimulation ergab Temperatur bis 300°C Außenwandtemperatur max. 130°C (zulässig nach DIN EN 1363-1: 180°C) 37
Differenzdruckanlagen Druckbelüftungsanlagen müssen so bemessen und beschaffen sein, dass die Luft auch bei geöffneten Türen zu dem vom Brand betroffenen Geschoss auch unter ungünstigen klimatischen Bedingungen entgegen der Fluchtrichtung strömt. Die Abströmungsgeschwindigkeit der Luft durch die geöffnete Tür des Sicherheitstreppenraums zum Vorraum und von der Tür des Vorraums zum anschließenden Raum muss mindestens 2,0 m/s betragen. Die Abströmungsgeschwindigkeit der Luft durch die geöffnete Tür des Vorraumes eines Feuerwehraufzugs zum anschließenden Raum muss mindestens 0,75 m/s betragen. 38
Technik und Brandschutz ausgearbeitet von: Dipl.-Ing. Jens-Christian Voss Friedberg (Bayern) / Icod de Los Vinos (Teneriffa) www.voss-arbeitsschutz.de 39
Lenkung des Personenstroms bei Evakuierung Der Große Saal des Konzerthauses hat etwa 2100 Plätze, der Kleine Saal zählt bis zu 550 Plätze. Doch da die Konzerte in den Sälen nicht gleichzeitig beginnen, enden oder pausieren, hält sich das Publikum beider Säle nicht gleichzeitig auf der Plaza auf. Der dritte Konzertsaal, das Kaistudio, wird nicht über die Plaza evakuiert. 40
Lenkung des Personenstroms bei Evakuierung Auch ist zu berücksichtigen, dass im Evakuierungsfall die Personenströme umgelenkt werden: Nutzer der Wohnungen, der Hotelzimmer und der Konzertsäle können das Gebäude über insgesamt 20 Fluchttreppenhäuser mit Druckbelüftung verlassen. Von diesen Fluchttreppenhäusern sind die meisten als sogenannte Schachteltreppenhäuser ausgeführt wurden, also zur Leistungssteigerung pro Etage zwei Treppenläufe übereinander kombinieren. Von diesen Anlagen sind allein sechs für die Evakuierung der Plaza vorgesehen. 41
Nutzung der Rolltreppen und Aufzüge Die Architekten haben den vier Rolltreppen eine zentrale Funktion zur Erschließung des Gebäudes zugedacht (Hersteller: KONE). Über die beiden hell verputzten Zugangstunnel – die große und die kleine „Tube“, ausgestattet mit je zwei Anlagen – sollen Gäste, Besucher und Bewohner die Aussichts- und Verteilerebene der Plaza erreichen und wieder verlassen. Die Anlagen können das gesamte Verkehrsaufkommen zwischen Haupteingang und Plaza in beiden Richtungen bewältigen. Das gilt auch dann, wenn ein Teil der Besucher die Aufzüge nutzt, um zur Plaza zu gelangen. 42
Nutzung der Rolltreppen und Aufzüge Wer etwa sein Auto im Speicher der Elbphilharmonie abstellt, fährt von dort mit den Aufzügen zunächst ins EG, um dann via Rolltreppe oder Aufzug die Plaza zu erreichen. Insgesamt fahren 21 der 29 Aufzüge des Gebäudekomplexes diesen Bereich an. Darunter sind fünf öffentliche Aufzüge zur Verbindung von Plaza und Eingangsbereich. Die Rolltreppen der „Tube” (über 80m lange bogenförmige Anlagen) können auch zur Evakuierung genutzt werden. 43
Rolltreppen 44
Totalevakuierung über Rolltreppen Auch für eine Totalevakuierung bieten beide Rolltreppenpaare genügend Leistung. Fahren alle vier Anlagen in eine Richtung, können sie innerhalb von acht Minuten das Maximum von 2500 Plaza-Nutzern abtransportieren. Dabei kann die Sicherheitszentrale das Fahrttempo erhöhen: von 0,3 m/s im Nachtbetrieb bzw. 0,5 m/s im Tagbetrieb auf die Maximalgeschwindigkeit von 0,63 m/s – so schnell wie nach Konzertende, wenn Besucher das Gebäude zügig verlassen möchten. Die Stauräume an den Enden der Anlagen sind daher großzügig dimensioniert. 45
Totalevakuierung über Rolltreppen Die Sockelbeleuchtung in den Antrittsbereichen dient der Orientierung. Die LED können zwischen Weiß, Rot und Grün wechseln (Ampelfunktion); ihre Leucht- leistung berücksichtigt die mögliche Fluchtwegfunktion. Das gilt auch für die Antriebe, die für jede der beiden Bogenrolltreppen eine Gesamtleistung von 60 kW erbringen können. Das entspricht dem 7,5-fachen einer typischen „Kaufhausrolltreppe“ mit etwa 8 kW Leistung. Um die bei Betrieb auftretenden Lasten gleichmäßiger auf die mehr als 160 m lange Kette zu verteilen – sie bewegt die rund 400 Stufen einer Bogenrolltreppe –, verwendeten die Konstrukteure nicht wie üblich einen einzigen Antrieb. Vielmehr verteilten sie vier Motoren über das rund 80 m lange Rolltreppengerüst. 46
Totalevakuierung über Rolltreppen So kann jede der beiden Bogenrolltreppen die hohen Lasten bewältigen, die bereits im Normalbetrieb auftreten: Steht auf jeder der knapp 200 sichtbaren Stufen ein Erwachsener (75 kg), sind gut 15 t Last zu bewegen. Tatsächlich ausgelegt wurden die Anlagen – ebenso wie das zweite, kleinere Rolltreppenpaar – für 120 kg pro Stufe und damit für 23 t Gesamtlast. Das bietet genügend Reserven für den Evakuierungsfall. Auch die Stufenkette wurde überdimensioniert ausgelegt: Fällt einer der vier Antriebe aus, kann die Anlage weiter sicher betrieben werden, ohne eine Überlastung befürchten zu müssen. 47
Totalevakuierung über Rolltreppen Bleiben die Stufenhöhen, die bei normalen Rolltreppen eher hoch ausfallen, hier jedoch durchweg unter dem typischen Wert von 230 mm bei 30 Grad Anlagen- Neigung liegen. Bei den Bogenrolltreppen variieren die Setzstufen- Höhen in Abhängigkeit vom Neigungswinkel der Anlage zwischen 56 mm (bei 8 Grad Neigung oben) bis 179 mm (bei 26,5 Grad Neigung unten). Auch die Stufen der folgenden Anlagen sind mit 170 mm bei 17,25 Grad Neigungswinkel fluchtwegtauglich. 48
2014: das Evakuierungskonzept wird geändert Bleiben 2014 entschied man sich, anders als bis dahin vorgesehen, beide Rolltreppenpaare nicht mehr zur Evakuierung zu nutzen. Zunächst hatte man im Konzept bis zu 2.500 Besucher auf der Plaza einkalkuliert, eingerechnet die Konzertbesucher. Bei schlechtem Wetter jedoch hätten sich die Personen – die Planer rechneten mit 1200 auf dem Außenumgang und 1300 im Innenbereich – nicht gleichmäßig im Innen- und Außenbereich des Platzes verteilt. Im Ergebnis hätten sich bis zu 2500 Personen im Innenbereich der Plaza aufgehalten, was einer Personendichte von mehr als zwei Personen pro Quadratmeter entsprochen hätte. 49
2014: das Evakuierungskonzept wird geändert Da das zu voll geworden wäre, fiel der gemeinsame Entschluss von Generalbauunternehmer mit der Kulturbehörde, aus Gründen des Nutzerkomforts die Zahl der Plaza-Nutzer auf 1200 Personen zu begrenzen.“ In diesem Falle werden nur die Treppenhäuser genutzt. Im Falle eines Brandes oder einer anderen Gefahrensituation im Bereich der Plaza werden die Rolltreppen auf Notstrom geschaltet, während die Sicherheitszentrale die Anlagen – je nach Art und Ort der Gefahrenquelle – durchlaufen lässt oder anhält, so das Konzept von Hochtief, Kulturbehörde und Brandschutzsachverständigem. 50
2014: das Evakuierungskonzept wird geändert Wird die Plaza geräumt, laufen die abwärtsfahrenden, also vom Gefahrenherd wegführenden Rolltreppen durch; die hinführenden Anlagen werden abgeschaltet. Sollte die Gefahrenlage eine Sperrung des Eingangsbereichs notwendig machen, können die Anlagen genau andersherum geschaltet werden: Dann werden die abwärtslaufenden Anlagen abgeschaltet, die aufwärtslaufenden laufen weiter. Denkbar ist auch, dass man das Konzept später noch einmal variiert und – wie nach Konzertende – alle vier Anlagen mit 0,5 m/s in eine Richtung laufen lässt, um die Kapazität zu steigern. 51
2014: das Evakuierungskonzept wird geändert Genau diese Schaltung ist bereits jetzt für mögliche Evakuierungen bei besonders hohem Besucheraufkommen vorgesehen. Denn bei Sonderveranstaltungen kann die Zahl der Plaza-Nutzer auf die gemäß Brandschutzkonzept zulässige Zahl von maximal 2500 Personen erhöht werden. Im diesem (hoffentlich nicht eintretenden) Fall der Evakuierung würden die Rolltreppen zusätzlich zu den Treppenhäusern zur Räumung genutzt. 52
Technik in der Elbphilharmonie „Das Gebäude ist gut und sicher konstruiert, aber es ist auch sehr komplex und verschachtelt“, sagt Dennis Just, der seit 2013 mit seinem 22-köpfigen Team für die Technik der Elbphilharmonie zuständig ist. Mit seinen 26 Stockwerken gleicht das Gebäude einem Hochhaus, die Laufwege sind dementsprechend lang. Die Vorgaben an den Brandschutz seien somit schon immens gewesen, sagt Just. So gibt es zum einen bauliche Brandschutzmaßnahmen, wie beispielsweise Brandschutztüren, die es erlauben, dass nicht die gesamte Elbphilharmonie evakuiert werden muss, wenn ein Brand detektiert wird. Denn bei vollem Haus wären das 4.500 Personen – mehrere Hundert Mitarbeiter und Musiker nicht mitgerechnet. 53
Rauchdetektion Ansaugrauchmelder schützen rund 40 Räume der Elbphilharmonie mittels aktiver Branddetektion. Darunter befindet sich das Prunkstück der Elbphilharmonie: der Große Saal. Mit seiner akustisch ausgetüftelten Innenverschalung, die aus Gipsfaserplatten besteht („Weiße Haut“), und seiner im Gebäude freihängenden Struktur ist der Konzertsaal einzigartig. „Wenn die Queen Mary draußen auf der Elbe ihr Horn tutet, hört man das nicht im Saal“, so Just. Des Weiteren wurden Ansaugrauchmelder im Kleinen Saal sowie in den Foyer- und Technikbereichen installiert. (Typ: Titanus, Firma Wagner) 54
Rauchdetektion Ansaugrauchmeldesysteme als ideale Lösung für die Säle. Denn anders als Punktmelder können die Ansaugpunkte nahezu unsichtbar in Decken und Wände eingelassen werden – eine der unbedingt einzuhaltenden Vorgaben der Architekten. So kamen für die Branddetektion im Großen Saal nur Ansaugrauchmelder in Frage, da der Saal an sich eine Höhe von 25 Metern aufweist. Ab einer Höhe von 16 Metern ist eine Branddetektion mit Punktmeldern nicht mehr gewährleistet. 55
Hochdrucknebellöschanlage Zusammen mit Wärmesensorkabeln im Boden der Besucherränge steuert die Rauchdetektion eine Hochdrucknebellöschanlage zur Brandbekämpfung an. Detektiert das System einen Brand, werden die Sprinklerköpfe der Löschanlage vorgeflutet; bis dahin sind sie trocken. Detektieren die Wärmekabel zusätzlich einen Anstieg der Temperatur im Raum, löst erst die Löschanlage tatsächlich aus. Durch die Täuschungsalarmsicherheit der Geräte kommt es nur bei einem echten Brand zu diesem Szenario. 56
Hochdrucknebellöschanlage So hat die Hochdrucknebellöschanlage eine doppelte Sicherheit. Denn Schäden an der für die gute Akustik im Saal verantwortlichen „Weißen Haut“ sowie der fest verbauten Orgel wären nach Berührung mit Wasser immens. 57
Regelmäßiges Üben der Feuerwehr Hamburg Da die Elbphilharmonie nicht nur von der Bauweise, sondern auch von der Raumaufteilung sowie der ineinander greifenden Systeme des Brandschutzkonzepts komplex ist, muss die für das Konzerthaus zuständige Feuerwehr den Ernstfall regelmäßig proben. Übersichtliche Laufkarten und Informationen über die genaue Positionierung der einzelnen Systeme helfen dabei. 58
Alarmierung im Ernstfall • Sequenzielle Alarmierung • Stiller Alarm • Zeitlich versetzte Alarmierung (Personenstromanalyse) 59
Glasfassade Die Glasfassade der Elbphilharmonie besteht aus 1.100 Fensterelementen. Viele davon sind aufwendig gebogen und mit kleinen reflektierenden Punkten bedruckt, damit sich das Gebäude durch Sonneneinstrahlung nicht zu sehr aufheizt. Gleichzeitig entstehen dadurch besondere Spiegelungseffekte. Jedes Glaselement wiegt etwa 1,2 Tonnen und hält im Stresstest selbst Orkanböen aus. Besonders markant sind die Scheiben der Loggien in den Wohnungen und in den Konzertfoyers: Mit ihren großen Ausbuchtungen erinnern sie an riesige Stimmgabeln. Die gesamte Fassade entspricht mit circa 16.000 Quadratmetern der Fläche von zwei Fußballfeldern. 60
Glasfassade Glasscheiben insgesamt ca. 2.200 in 1.100 Fensterelementen • plane Scheiben ca. 1.600 • sphärisch gebogene Scheiben ca. 600 Gesamtfläche 16.000 m 61
Weiterführende Informationen ausgearbeitet von: Dipl.-Ing. Jens-Christian Voss Friedberg (Bayern) / Icod de Los Vinos (Teneriffa) www.voss-arbeitsschutz.de 62
Zusätzliche Informationen https://www.elbphilharmonie.de/de Homepage des Betreibers https://www.elbphilharmonie.de/media/filer_public/54/57/5457 895a-24e5-41dd-9ba2- 852a5df31bad/broschuere_elbphilharmonie_hamburg.pdf Daten und Fakten zur Elbphilharmonie https://de.wikipedia.org/wiki/Elbphilharmonie Wikipedia – die freie Enzyklopädie 63
Rückfragen? Anregungen? Ideen? Rufen Sie uns gerne an: Ingenieurbüro Voss – Partner für Arbeitssicherheit, Brand-, Strahlen- und Umweltschutz Magnolienstraße 13 D – 86316 Friedberg (Bayern) Tel. 08205-963939 Fax 08205-963949 jc.voss@voss-arbeitsschutz.de www.voss-arbeitsschutz.de 64
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