Briten-Twin mit Leistungsplus - Die überarbeitete Triumph Street Twin leistet nun 65 statt wie bisher 55 PS. Da fragt man sich, warum nicht gleich ...
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Briten-Twin mit Leistungsplus Die überarbeitete Triumph Street Twin leistet nun 65 statt wie bisher 55 PS. Da fragt man sich, warum nicht gleich so? Aber besser spät als nie. 42 Motorradfahrer 1/2019
FAHRBERICHT TRIUMPH STREET TWIN/STREET SCRAMBLER Z ierlich steht sie da, auf ihren neuen filigranen Gussfelgen mit den teil- weise überfrästen Speichen. Sie sieht überhaupt nicht nach 900 Kubik aus, eher nach 600, maximal 750. Man muss aus edlem Magnesium und die leichtere Kupplung zurückzuführen. Letztere (mit Slipper-Funktion!) präsen- tiert sich als echtes Glanzstück. Für ihre Betätigung von Kraftaufwand zu sprechen ÄNDERUNGEN Motor • schärfere Nockenwelle, längere Ventilöffnungszeiten* • zehn PS Mehrleistung sie einfach gleich ins Herz schließen. Kein wäre eine schamlose Übertreibung, gleiches bei höherer Drehzahl* Wunder, dass der Anteil weiblicher Käufer gilt für das Getriebe. In dem steppt der linke • maximales Drehmoment der Triumph Street Twin doppelt so hoch Fuß fluffig durch die Gänge, wobei der Tri- bei 3800 statt 3200/min* • geändertes Mapping* liegt wie bei allen anderen Triumph-Mo- umph-Treiber auf der Landstraße zumeist • leichtere Nockenwellendeckel, dellen. Überhaupt ist sie das bestverkaufte im dritten und vierten Gang unterwegs ist. Kurbelwelle, Ausgleichswelle, Exemplar der von Triumph so genannten Nummer fünf kommt wegen der langen Kupplungsdeckel und Kupplung* Modern Classics, rund 17.500 mal hat sie Übersetzung für die Höchstgeschwindigkeit • zwei Fahrmodi** sich weltweit seit ihrer Markteinführung vor von knapp 170 km/h praktisch nur auf der • drei Fahrmodi*** gut drei Jahren verkauft. Allerdings setzte Autobahn zum Einsatz. Das Ganze unter- Fahrwerk es in der Zeit auch immer wieder Kritik, vor malt der Twin mit einem voluminös-bassigen • Vierkolben-Festsattelzange vorn von Brembo* allem an der überschaubaren Leistung von Blubbern, das einen schönen Klang nicht mit • Cartridge-Gabel* 55 PS, der schlecht gedämpften Gabel und Lautstärke verwechselt. • Gabelholme mit breiterem Abstand*** der mauen Vorderradbremse. Diese Kritik Ergonomie/Ausstattung haben sich die Jungs in Hinckley zu Herzen Die Landstraße – • Scheinwerferhalter* genommen und zum Modelljahrgang 2019 • Seitendeckel * mit Stumpf und Stiel ausgerottet. das natürliche Revier • Sitzbankbezug* Fangen wir mit dem Leistungsmanko an. der Street Twin • Gussfelgen mit neuen Speichen** • dichterer Schaumstoff in der Sitzbank** Dem rückten die Mannen um Chefentwick- • zehn Millimeter mehr Sitzhöhe** ler Stuart Wood mit neuer Nockenwelle zu Den kann der Fahrer beim entspannten Leibe, die die Ventile weiter und länger Kurvenswing auf der Landstraße, dem natür- * beide Modelle, ** nur Street Twin, *** nur Street Scrambler öffnen. Dazu erhöhten sie das Verdichtungs- lichen Revier der Street Twin, voll auskosten. verhältnis von 10,55 auf 11,0:1, passten das Nicht superhandlich, aber auch beileibe nicht Mapping an und siehe da, der 270°-Reihen- unwillig lässt sie sich in Schräglage bringen, twin zaubert auf einmal 65 PS bei 7500/min folgt souverän der angepeilten Linie. Umso statt 55 PS bei 5900/min aus dem Hut. Das ärgerlicher, dass die serienmäßig montierten Drehmoment bleibt bei deftigen 80 Nm, liegt Pirelli Phantom Sportscomp den Kurvenspaß aber jetzt bei 3800 statt 3200 Touren an. Er- verhageln. Schon im Trockenen gebnis: Der Motor bietet immer noch dieses vermitteln sie kein richtiges satte Drehmoment im unteren Drehzahlbe- reich und gleichzeitig reichlich Leistung bei mittleren und hohen Drehzahlen, wo dem Triebwerk bisher die Puste ausging. Dane- ben erweist sich der Zweizylinder immer noch als Kavalier der alten Schule mit feinen Manieren. Dank erleichter- ter Kurbel- und Ausgleichswelle dreht er anstands- und mühelos hoch, verwöhnt mit feinfühli- ger Gasannahme, verwertbarer Leistung ab etwas unter 2000 Touren, richtig Dampf ab 3000 und dank Ausgleichswelle mit nur wenigen Vibrationen, die sich erst oberhalb von 5000 Tou- ren als leichtes Kribbeln in Lenker und Rasten einstellen. Neu sind au- ßerdem die beiden Fahrmodi Road und Rain, die sich in der Art der Gasannahme unterscheiden, leistungs- mäßig jedoch identisch sind. Die vier Pfund Gewichtsersparnis gegenüber der bisherigen Street Twin sind auf besagte Ungeachtet satter 900 Kubik Hubraum Kurbel- und Ausgleichswelle, Ventildeckel präsentiert sich die Street Twin als zierliche Erscheinung. 1/2019 Motorradfahrer 43
FAHRBERICHT TRIUMPH STREET TWIN/STREET SCRAMBLER Feedback in Kurven, bei Nässe entpuppen sie denwellen dringen nicht zum Fahrer durch. Kommen wir noch einmal zurück zur Be- sich sogar oftmals ohne Vorankündigung als Lediglich bei beherzter Fahrt durchs kurvige liebtheit der Street Twin bei Frauen. Zu der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Um Geläuf mit womöglich nur durchschnittlicher trägt neben ihrer charmanten Erscheinung ga- das Kurvenvergnügen mit der Street Twin Asphaltqualität würde man sich etwas mehr rantiert die niedrige Sitzhöhe bei. Daran wird wirklich voll auskosten zu können, empfiehlt Zugstufendämpfung an der Hinterhand auch die geringfügige Zunahme um zehn auf sich daher ein baldiger Reifenwechsel. Beim wünschen. 760 mm nichts ändern. 1,70-Meter-Personen Intensivtest der großen Schwester Bonneville bringen beide Füße vollflächig zu Boden. Ins- T120 mit nahezu identischen Fahrwerksab- Nichts mehr zu meckern gesamt hat der Sitzkomfort durch den straf- messungen hat der Avon Storm 3D X-M feren Polsterschaum deutlich gewonnen. Man/ einen ausgezeichneten Eindruck hinterlassen gibt es an den Frau sitzt recht versammelt, auch der Beifahrer (siehe MF 7/17, Seite 40). Verzögerungsorganen erfreut sich der zierlichen Gestalt des Motorrads Doch zurück zur aufgehübschten kleinen zum Trotz über ein großzügiges Platzangebot. Schwester und ihrer zweiten elementaren Nichts zu meckern gibt es hingegen an den So bleibt am Ende der Blick auf ein ein- Verbesserung, der Vorderradaufhängung. Verzögerungsorganen. Hier macht sich vor al- steigerfreundliches, einfach zu fahrendes Hier ersetzt eine Cartridge-Gabel von KYB lem der Wechsel von einem Nissin- auf einen Motorrad, das in nahezu allen Belangen das bisher verwendete Exemplar, das vor Brembo-Vierkolbenfestsattel bemerkbar. Wo dazugewonnen hat. Für 9300 Euro (Schwarz, allem durch schlechtes Ansprechverhalten bisher Zahnlosigkeit gepaart mit hoher Hand- die anderen Farben kosten 175 Euro extra) von sich reden machte. Diesen Missstand legt kraft regierte, haben nun fester Zubiss, klarer erhält der Käufer eine feine Maschine mit die neue Gabel ad acta, sie federt und dämpft Druckpunkt und saubere Dosierbarkeit das blitzsauberer Verarbeitung, liebevoll gestal- zumindest bei artgerechter Fahrt tadellos. Sagen. Um das von Continental gelieferte ABS teten Details und A2-Tauglichkeit, bei der Vor allem bietet sie einen vorzüglichen zum Einsatz zu bewegen, benötigt es allerdings ein klassischer Auftritt und moderne Technik Fahrkomfort, filtert ebenso wie das hintere schon eines sehr kräftigen Zugs am Hebel. eine zeitlose Liaison eingehen. Federbeinpärchen praktisch alle Unbilden Die gut dosierbare Heckbremse bildet die un- Text: Jürgen Schons des Straßenbaus heraus, selbst übelste Bo- auffällige, aber gut funktionierende Ergänzung. Fotos: Triumph TECHNISCHE DATEN* Motor: Leistung 48 kW (65 PS) bei 7500/min, max. Drehmoment 80 Nm bei 3800/min, flüssigkeitsgekühlter Reihenzweizylinder mit 270° Hubzapfen- versatz, 899 cm3, Bohrung x Hub 84,6 x 80,0 mm, Verdichtung 11,0:1, eine Ausgleichswelle, eine oben liegende Nockenwelle, über Zahnkette ange- trieben, vier Ventile pro Zylinder, per Rollenkipphebel betätigt, Zünd- Einspritzelektronik, ø Drosselklappe 36 mm, Ride-by-Wire, Nasssumpf- schmierung, mechanisch betätigte Mehrscheibenkupplung im Ölbad, Fünfganggetriebe, O-Ring-Kette Fahrwerk: Doppelschleifen-Stahlrohrrah- men, v. Telegabel, ø Standrohr 41 mm, Großer Tacho und LCD-Display mit vielen Infos Bissfester Brembo-Vierkolben-Festsattel, h. Zweiarm-Stahl-Ovalrohrschwinge mit wie Drehzahl, Uhrzeit und Restreichweite. gut ansprechende Cartridge-Gabel von KYB. zwei direkt angelenkten Federbeinen, Basis sechsfach einstellbar, Federweg v./h. 120 mm/120 mm, Alu-Gussräder, v. 2.75 x 18, h. 4.25 x 17, Reifen v. 100/ 90-18, h. 150/70 R17, v. 310-mm-Scheibe mit Vierkolben-Festsattel, h. 255-mm- Scheibe mit Doppelkolben-Schwimmsattel Maße und Gewichte: Radstand 1415 mm (1445 mm), Lenkkopfwinkel 64,9° (64,4°), Nachlauf 102,4 mm (109 mm), Sitzhöhe 760 mm (790 mm), Gewicht fahrfertig Die Sitzbank- 215 kg (220 kg), Tank 12 l füllung aus Assistenzsysteme: zwei (drei) Fahrmodi, einem dichteren ABS, Traktionskontrolle abschaltbar Preis: ab 9300 € (ab 10.900 €) Schaumstoff als Farben: Grau, Rot, Schwarz bisher erhöht den (Weiß, Rot, Khaki/Grau) Sitzkomfort. Angaben für Street Scrambler in Klammern 44 Motorradfahrer 1/2019
Schmutzfänger Tourance-Reifen, da darf auch mal die Fuß- raste ungestraft über den Teer schraddeln. In den Rasten stehend zu fahren gestaltet sich allerdings immer noch recht unbequem, die Der renovierten Street Twin stellt Triumph Auspuffe nehmen dem rechten Unterschen- kel den Platz weg. Neben Road und Rain eine ebenfalls aufgefrischte verfügt die Scrambler über einen Fahrmodus Street Scrambler zur Seite. fürs Gelände, bei dem ABS und Traktions- kontrolle ausgeschaltet sind. Die Scrambler ist der Twin vollkommen ebenbürtig Mit dem Kauf erhält der Kunde einen Soziussitz und einen Alu-Gepäckträger, er kann wahlweise das eine oder andere Teil montieren. Mit 10.900 Euro kostet die Street Scrambler deutlich mehr als ihre Schwester, in Rot oder zweifarbig kommen 175 Euro drauf. Ob das der Grund ist, warum sich in Deutschland bisher deutlich mehr Käufer für die Straßenvariante entschieden haben? Gut möglich, denn grundsätzlich ist die Scrambler der Twin vollkommen ebenbürtig. JS D as Konzept liest sich wie eine Anlei- tung aus dem Handbuch für Baukasten- Fans: Man nehme ein bekannt-bewährtes Mo- torrad, verpasse ihm einen hohen Lenker, eine hoch gelegte Auspuffanlage, Speichenräder mit Stollenreifen und eine Gabel, deren Hol- me für einen optisch stämmigeren Auftritt weiter auseinander liegen – schon hat man ei- nen waschechten Scrambler. Genau so verfährt Triumph bei der neuen Street Scrambler. Sie verfügt über all die Verbesserungen der Street Twin und dazu über diverse, dem anderen Einsatzzweck geschuldeten Detailänderungen. Das beginnt schon bei der Sitzposition, die fällt deutlich aufrechter und entspannter aus als bei der Twin. Der Grund dafür liegt im hö- heren (1180 statt 1115 mm), breiteren (835 statt 785 mm) und weiter zum Fahrer gekröpften Lenker sowie den rund fünf Zentimeter wei- ter vorn liegenden Fußrasten. Dazu kommen 30 mm mehr Sitzhöhe (790 mm), dennoch ist dank der schmal geschnittenen Sitzbank guter Bodenkontakt beim Halt gewährleistet. Großer Vorteil dieses Ensembles: Der Fahrer hat die Gelände-Britin deutlich besser im Griff als ihr Straßenpendant. Das Hand- ling fällt dank des größeren Hebelarms am Lenker eindeutig agiler aus, und das trotz grö- ßerem Vorderrad (19 statt 18 Zoll), längerem Radstand und Nachlauf sowie fünf Kilo- gramm mehr Gewicht. Das bessere, weil Breiter Lenker und Metzeler-Tourance- sicherere Schräglagengefühl verdankt die Bereifung sorgen für ungetrübten Kurvengenuss. Street Scrambler den serienmäßigen Metzeler- 1/2019 Motorradfahrer 45
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