Exposé zum Dissertationsvorhaben - SSC Rechtswissenschaften
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Exposé zum Dissertationsvorhaben mit dem vorläufigen Arbeitstitel „Die Schlechterfüllung des Auftrags“ Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Christian Rabl Institut für Zivilrecht vorgelegt von: Mag.a Angelika Kurz Studienkennzahl lt. Studienblatt: A 783 101 Dissertationsgebiet lt. Studienblatt: Rechtswissenschaften Wien, im Juni 2017
I. Problemeinführung Die Leistungsstörungen des Auftrags sind wenig untersucht. Eine Unterscheidung in Nicht- und Schlechterfüllung wird bis dato nicht vorgenommen. Dies wird regelmäßig damit begründet, dass das Auftragsrecht abschließende, besondere Regeln für Leistungsstörungen vorsehe. Auf der anderen Seite erfasse der Anwendungsbereich der §§ 922 ff die Schlechterfüllung beim Auftrag nicht. Zu entgegnen ist, dass bestimmte Fallgruppen, die der Schlechterfüllung in einem untechnischen Sinne zugeordnet werden können, bislang nicht zufriedenstellend gelöst werden können. Die Feststellung, der Auftragnehmer schulde reines Bemühen und hafte daher nicht für einen Erfolg, weswegen ein Fehlschlag des Geschäfts vom Auftragnehmer zu verantworten sei, reicht für ihre Lösung nicht aus. Bei den genannten ungelösten Sachverhalten handelt es sich um solche, in denen bereits ein Erfüllungsversuch durch den Auftragnehmer vorgenommen wurde. Eine Leistung wurde erbracht. Diese entspricht jedoch nicht dem Vertrag und das aus Gründen, die beim Schuldner zu verorten sind. Diese Verortung ergibt sich aus dem gesetzlichen bzw vertraglichen Inhalt der Tätigkeit und der Risikoverteilung, die der Beurteilung der Schlechterfüllung vorausgehen müssen. Hat ein solcher fehlgeschlagener Leistungsversuch stattgefunden, soll dem Empfänger der Leistung weiter ein Anspruch auf Erfüllung zustehen – er hat noch nicht das erhalten, was ihm nach dem Vertrag zusteht. Fraglich ist hier jedoch, ob er auf diese Leistung tatsächlich dreißig Jahre lang Anspruch haben soll. Hierin könnte ein Wertungswiderspruch zur Schlechterfüllung bei Werkverträgen liegen. Auf diese Widersprüchlichkeit ist besonders dort Bedacht zu nehmen, wo Auftrag und Werkvertrag nahe beieinander liegen. Weiters ist der Fall zu bedenken, in dem die Erfüllung – durch den nur einmal möglichen Erfüllungsversuch oder aufgrund sonstiger Umstände, die zeitlich nach diesem liegen – unmöglich geworden ist. Zu überlegen sind weiters die Auswirkungen auf den Entgeltsanspruch des Auftragnehmers und als Konsequenz eine mögliche Rückforderung des Entgelts. Sowohl ein gänzlicher Entgeltsentfall als auch ein Anspruch auf das volle Entgelt erscheinen unbillig und widersprechen den Wertungen synallagmatischer Schuldverhältnisse. Dennoch entspricht dies augenscheinlich der Rechtsprechung des OGH. Zu prüfen ist, ob diese Fälle dem Recht des Verzugs oder der teilweisen nachträglichen Unmöglichkeit unterstellt werden können, oder ob sie eine eigene Fallgruppe bilden, die nach den Grundsätzen des Schlechterfüllungsrechts – mit der möglichen Rechtsfolge der Preisminderung – zu behandeln ist. Die Bewältigung dieser Probleme soll einerseits durch die Untersuchung des Auftragsrechts, insbesondere des § 1020 versucht werden. Ob diese Begriffsabgrenzungen aber bei der Problemlösung überhaupt dienlich oder sogar ihre notwendige Voraussetzung sind, wird zu klären sein. Andererseits sollen für die Beurteilung der Schlechterfüllung des Auftrags Bestimmungen oder 2
wenigstens die Wertungen des allgemeinen Gewährleistungsrechts beachtet werden. Das Verhältnis der Rechtsnormen der §§ 1002 ff zu den §§ 922 ff ist dabei zu untersuchen. Häufig liegt der Auftrag nicht in Reinform vor, sondern als gemischter Vertrag. Für die Feststellung der auf einen gemischten Vertrag anwendbaren Rechtsnormen muss zunächst das auf jeden der „anteiligen“ Vertragstypen anwendbare Recht eruiert werden. Eine klare Aufarbeitung des Leistungsstörungsrechts beim Auftrag ist diesem Ziel dienlich. Weiters kann in der klaren Erarbeitung der gesetzlichen Rechtsfolgen ein Werkzeug für die Kautelarjurisprudenz liegen, der Leitlinien für die Vertragsgestaltung zur Hand gegeben werden können. Bedeutsam ist die Klärung des dispositiven Rechts dabei für die Frage, welche Vertragsgestaltungen in Abweichung davon sittenwidrig sein könnten. Besonders § 879 Abs 3 setzt hier enge Grenzen: Nach der Judikatur des OGH können bereits sachlich nicht gerechtfertigte Abweichungen vom dispositiven Recht gröblich benachteiligend sein. II. Forschungsfragen und Aufbau Die Arbeit untersucht zunächst die rechtshistorischen und theoretischen Fundamente sowohl des Leistungsstörungs- bzw Gewährleistungsrechts als auch des Auftragsrechts. In der Folge werde verschiedene herrschende Dogmen auf ihre Tragfähigkeit überprüft und die Grundlagen eines Schlechterfüllungsrechts für den Auftrag konstruiert. Zu beantworten sind dafür folgende Fragen: Ist der entgeltliche Auftrag ein vollkommen zweiseitiges Geschäft? Welche Leistungspflichten des Auftraggebers sind Hauptleistungspflichten und stehen im Synallagma mit dem Entgeltsanspruch? Ist die Geschäftsbesorgungspflicht Sorgfaltsverbindlichkeit? Was bedeutet dies und woher stammt die Lehre? Kann die Dichotomie aus Erfolgs- und Sorgfaltsverbindlichkeiten auch für das Leistungsstörungsrecht fruchtbar gemacht werden oder ist sie ohne Relevanz? Kann die kategorische Nichtanwendbarkeit der §§ 922 ff auf den Auftrag aufrechterhalten werden? Worauf kommt es dafür an? Sehen die §§ 1002 ff abschließende Rechtsfolgen vor? Kann der Schuldinhalt ein Anhaltspunkt sein? Welche Rolle spielen die §§ 922 ff in einem allgemeinen System der Leistungsstörungen? Können beim Auftrag die Tatbestandsvoraussetzungen der § 922 ff verwirklicht sein? Für welche Fallgruppen ist dies der Fall, für welche nicht? Welche Rolle spielen bei der Anwendbarkeit der §§ 922 ff auftragsrechtliche Sonderregeln, etwa über die nachträgliche Unmöglichkeit bzw Gefahrtragung? In einem zweiten Teil der Arbeit werden differenzierte Fallgestaltungen untersucht und Lösungen unter anderem für die oben (I.) geschilderten leistungsstörungsrechtlichen Probleme erarbeitet. 3
III. Vorläufige Gliederung I. Problemstellung II. Rechtsgrundlagen 1. Der Bevollmächtigungsvertrag 2. Der reine (vollmachtslose) Auftrag 3. Weitere anwendbare Bestimmungen III. Einschränkung des Forschungsgegenstands IV. Schuldinhalt und Synallagma als Grundlagen des Leistungsstörungsrechts V. Leistungspflichten und Synallagma des Auftrags 1. Der Auftrag als synallagmatischer Vertrag 2. Die Bedeutung der Hauptleistungspflicht a. Allgemeines Leistungsstörungsrecht b. Auftragsrecht i. Schadenersatz und Kündigungsrecht bei Pflichtverletzungen ii. Leistungsstörungsrecht ieS 3. Das Pflichtensystem des Auftragnehmers a. Die Hauptleistungspflicht des Auftragnehmers b. Die Konkretisierung der Hauptleistungspflicht i. Treuepflicht ii. Sorgfaltsmaßstab iii. Weisungen c. Die Geschäftsbesorgungspflicht als „Sorgfaltsverbindlichkeit“ i. Lehre Reischauers ii. Kritik und Ergänzung durch die Lehre iii. Bewertung der hA und Zusammenfassung d. Exkurs: Der Entgeltsanspruch als Indiz für den Schuldinhalt e. Der Auftrag im System der Arbeitsverträge VI. Konditionelles bzw funktionelles Synallagma: Das Leistungsstörungsrecht 1. Begriff und Bedeutung des konditionellen bzw funktionellen Synallagmas 2. Der Zusammenhang zwischen Schuldinhalt und Leistungsstörungsrecht a. These der eingeschränkten Geltung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts b. Kritik: Bedingte Aussagekraft des Vertragsinhalts für die Beurteilung von Leistungsstörungen c. Leistungsstörungsrecht als kohärentes System aus Gefahrtragung, Nichterfüllung und Schlechterfüllung 4
VII. Die Gefahrtragung beim Auftrag 1. Normen des Auftragsrecht 2. Lösung der teilweise nachträglichen Unmöglichkeit VIII. Vom Schuldner zu vertretende Unmöglichkeit 1. Anwendbarkeit der §§ 920 f 2. Vertretenmüssen durch den Schuldner IX. Schlechterfüllung 1. Vertragstypisches Sonderrecht 2. Anwendbarkeit der §§ 922 ff a. Sachbegriff b. Übergabe c. Mangelbegriff 3. Zwischenfazit: Bildung von Fallgruppen 4. Exkurs: Behandlung des Auftrags als Dauerschuldverhältnis 5. Lösung der einzelnen Fallgruppen X. Die Behandlung gemischter Verträge XI. Zwingender Charakter des Schlechterfüllungsrechts? XII. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse IV. Auszug aus dem Literaturverzeichnis Amann, Abgrenzung und Anwendungsbereich von Dienstvertrag, Werkvertrag und Auftrag in der Entstehungsgeschichte des Bürgerlichen Gesetzbuches (1987) Apathy, Schadenersatz und Rücktritt bei Annahmeverzug, JBl 1982, 561 ff Bartsch, Reform des österreichischen Privatrechts (1908) Böhler, Grundwertungen zur Mängelrüge (2000) F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts (1996) Dniestrzanski, Das Wesen des Werklieferungsvertrages (1989) 138 ff Eisner, Zur Lehre von der Gewährleistung, GrünhutsZ 39 (1912) 575 ff Faber, Handbuch zum neuen Gewährleistungsrecht (2001) Feil/Langer, Die Gewährleistung in der Lehre und Rechtsprechung (1975) Coing/ Wilhelm, Wissenschaft und Kodifikation im 19. Jahrhundert (1982) Faber, Handbuch zum neuen Gewährleistungsrecht (2001) 5
Floßmann, Österreichische Privatrechtsgeschichte6 (2008) Gierke, Deutsches Privatrecht (1917) Graf, Anwaltshaftung (1991) Grotius, De iure belli ac pacis (1625) ; zitiert nach der Übersetzung Kirchmann (L. Heimann, 1869): Drei Bücher über das Recht des Krieges und Friedens Hasenöhrl, Obligationenrecht II2 (1899) Hirte, Berufshaftung (1996) Honsell, Aktuelle Probleme der Sachmängelhaftung, JBl 1989, 210 ff Jabornegg, Zurückbehaltungsrecht und Einrede des nicht erfüllten Vertrages (1982) Jud, Schadenersatz bei mangelhafter Leistung (2003) Karner/Koziol, Zur Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts bei Werk- und Dienstleistungen (2015) Kaser, Das römische Privatrecht, Bd I: Das altrömische, das vorklassische und das klassische Recht2 (1971) Kaser, Das römische Privatrecht, Bd II: Die nachklassischen Entwicklungen2 (1971) Karollus/Lukas, Zurückbehaltungsrecht des Werkbestellers, JBl 2001, 677 ff Kostner, Tino Die Abgrenzung von Auftrag und Werkvertrag in Lehre und Rechtsprechung (1997) Krasnopolski, Österreichisches Privatrecht, III: Obligationenrecht (1910) Krasnopolski, GrünhutsZ Bd 14 (1887), 66 ff Krejci, Reform des Gewährleistungsrechts (1994) Verbraucherrecht Verbraucherpolitik Band 11 Laband, Die Stellvertretung bei dem Abschluss von Rechtsgeschäften nach dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch (1866) Larenz, Schuldrecht I14 (1987) Mader, Grundprobleme des Verjährungsrechts, in Fischer-Czermak/Hopf/Kathrein/Schauer, Festschrift 200 Jahre ABGB (2011) 1273 ff Mayrhofer, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts, Schuldrecht Allgemeiner Teil (1986) Münzberg, Verhalten und Erfolg als Grundlagen der Rechtswidrigkeit und Haftung (1966) Perner, ABGB-Gefahrtragungsregeln zugunsten von Verbrauchern zwingend, RdW 2005, 590 ff Pfaff/Krainz, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts II/2 (1889) 6
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