Bürgerbeteiligung der Stadt Memmingen zum Bahnhofsareal (künftig: "Rosenviertel"): Verdeutlichende und berichtigende Darstellung der Ergebnisse

Die Seite wird erstellt Hortensia-Antoniya Voß
 
WEITER LESEN
Bürgerbeteiligung der Stadt Memmingen zum Bahnhofsareal (künftig: "Rosenviertel"): Verdeutlichende und berichtigende Darstellung der Ergebnisse
Bürgerbeteiligung der Stadt Memmingen zum
    Bahnhofsareal (künftig: „Rosenviertel“):

    Verdeutlichende und berichtigende
    Darstellung der Ergebnisse
    von Jochen Diefenthaler | August 2020

1. Vorbemerkungen

Beim Bürgerentscheid am 26. Mai 2019          verwendeten das Planungsbüro Haines-
sprach sich eine Mehrheit der Memmin-         Leger und die Stadt Memmingen in den
gerinnen und Memminger dafür aus, die         Dokumenten Diagramme aus mehreren
Pläne des privaten Investors Ten Brinke zur   nebeneinander stehenden farbigen Balken.
Bebauung des Bahnhofsareals nicht weiter
zu verfolgen, sondern ein neues Verfahren     In der gewählten Darstellungsform ist es
mit Beteiligungsprozess für die Bürgerinnen   nicht einfach, die Ergebnisse der verschie-
und Bürger und unter Begleitung eines un-     denen Antworten anhand des optischen
abhängigen Fachgremiums durchzuführen.        Eindrucks miteinander zu vergleichen,
                                              weil sich zustimmende und ablehnende
Im Rahmen des daraufhin von der Stadt         Stimmen jeweils auf zwei Kategorien
Memmingen eingeleiteten Beteiligungs-         verteilen (zum Beispiel die Zustimmung
verfahrens fanden unter Anderem im            auf „Sehr wichtig“ und „Wichtig“ und die
Herbst 2019 eine erste Onlinebefragung, am    Ablehnung auf „Unwichtig“ und „Überhaupt
8. Februar 2020 eine erste Themenwerk-        nicht wichtig“).
statt und im Mai/Juni 2020 eine zweite
Onlineumfrage, genannt „virtuelle zweite      Die Stadt Memmingen und das Planungs-
Themenwerkstatt“, statt.                      büro stellten die einzelnen Diagramme
                                              einer Rubrik regelmäßig in voneinander
Die Ergebnisse der ersten Onlinebefragung     abweichenden Maßstäben dar. Sehen Sie
und der ersten Themenwerkstatt wurden         hier die ersten drei Diagramme zu der
von der Stadt Memmingen (wie auch die         Frage, wie die Teilnehmenden verschie-
Ergebnisse der Auftaktveranstaltung vom       dene Aspekte des Investorenentwurfs von
6. November 2019) jeweils in einem            Ten Brinke bewerten (von Seite 11 des
eigenen Dokument im Internet ver-             Dokuments „Ergebnisse der Online-
öffentlicht. Zur Darstellung der Ergebnisse   Beteiligung“):
                                                                                            1
Bürgerbeteiligung der Stadt Memmingen zum Bahnhofsareal (künftig: "Rosenviertel"): Verdeutlichende und berichtigende Darstellung der Ergebnisse
Vergleichen Sie die auf gleicher Höhe liegenden obersten horizontalen Linien der Diagramme:

    Im ersten Diagramm entspricht diese Linie einem Zahlenwert von ungefähr 160 Stimmen, im zweiten
    Diagramm ca. 140 Stimmen und im dritten Diagramm etwa 180 Stimmen. Besonders schwerwiegend ist die
    Auswirkung des abweichenden Maßstabs in der Darstellung der Nutzungen, die sich die Befragten für das
    Bahnhofsareal wünschen.

    Vergleichen Sie die vorstehenden Diagramme (von Seite 16 des Dokuments „Ergebnisse der Online-
    Beteiligung“): 267 Stimmen für Wohnen sind kleiner dargestellt als 196 Stimmen für Einzelhandel!

    Ich weiß nicht, weshalb unterschiedliche             Da sich die Gesamtzahl der abgegebenen
    Maßstäbe gewählt wurden.                             Stimmen zwischen den einzelnen Diagram-
                                                         men eines Abschnitts kaum unterscheidet,
    Um den Stadträtinnen und Stadträten                  scheint mir die prozentuale Darstellung eine
    und der interessierten Öffentlichkeit die            geeignete Darstellungsform zu sein.
    Auswertung der Bürgerbeteiligung zu
    erleichtern, stelle ich die Ergebnisse in            Das Diagramm „Sonstiges“ habe ich jeweils
    diesem Dokument in einem Format dar,                 nicht ausgewertet, weil hier jeweils nur ein
    das einen Vergleich anhand der grafischen            Teil der Befragten abstimmte und die Frage
    Darstellung „auf einen Blick“ erlaubt.               von Vielen übersprungen wurde.

    Ich stelle die Ergebnisse jeweils in einem           Die Reihenfolge der Diagramme orientiert
    Farbbalken dar, der die prozentualen                 sich in meiner Darstellung am Anteil der
    Anteile der für verschiedene Antwort-                ablehnenden    (Kritik  am   Ten-Brinke-
    möglichkeiten     abgegebenen     Stimmen            Entwurf) bzw. zustimmenden (sonstige
    wiedergibt.                                          Bereiche) Stimmen.
2
Bürgerbeteiligung der Stadt Memmingen zum Bahnhofsareal (künftig: "Rosenviertel"): Verdeutlichende und berichtigende Darstellung der Ergebnisse
Bei der ersten Themenwerkstatt am             ßenden Online-Abstimmung ging der
8. Februar 2020 wurden Vorschläge für         Begriff „Rosenviertel“ als Favorit hervor.
einen neuen Namen für das Bahnhofs-           Deshalb bezeichnet die Stadt Memmingen
areal gesammelt. Aus der sich anschlie-       das Gebiet seither als „Rosenviertel“.

2. Ergebnisse der ersten Online-Beteiligung
   im Herbst 2019

In der ersten Online-Beteiligung im Herbst 2019 wurden die Teilnehmenden gefragt, wie sie
den Entwurf des Investors Ten Brinke bewerten. Die Befragten stehen der Konzeption von
Ten Brinke mehrheitlich skeptisch gegenüber:

Wie fanden Sie den Entwurf des Inves-         Die meisten Teilnehmer beantworteten
tors Ten Brinke, der im Mai 2019 zur Wahl     die Frage; 16 % übersprangen die Frage:
stand?

  Überhaupt nicht gut       Nicht gut            Frage beantwortet     Frage übersprungen

  Ich kannte den Entwurf nicht im Detail

  Neutral      Gut       Sehr gut

Anschließend wurden die Teilnehmenden         Anteil des Wohnraumangebots
gebeten, einzelne Aspekte des Entwurfs zu
bewerten:
                                              Die Nutzungsmischung
Wie beurteilen Sie den Entwurf von Ten
Brinke bezogen auf...
                                              Das städtebauliche Konzept

  Überhaupt nicht
  überzeugend                                 Anteil der Freiflächen
  Nicht überzeugend

  Neutral
                                              Das Einzelhandelsangebot
  Gut

  Sehr gut
                                              Die Architektur

Es ist erkennbar, dass den Befragten vor Allem der zu geringe Anteil des Wohnraums und die
Nutzungsmischung missfielen.
                                                                                             3
Bürgerbeteiligung der Stadt Memmingen zum Bahnhofsareal (künftig: "Rosenviertel"): Verdeutlichende und berichtigende Darstellung der Ergebnisse
Von den Kommentaren zum Investorenentwurf gebe ich hier beispielhaft einige
    wieder:

    „Stadtentwicklung darf nicht nur gewinnorien-      „Es war viel zu sehr auf die Interessen des
    tiert sein. Verschiedene Interessen- und Alters-   Investors ausgerichtet. Seitens der Stadt
    gruppen müssen berücksichtigt werden“              bestanden nahezu keine konkreten Vorgaben.
                                                       Die unmittelbare Umgebung wurde nicht
    „Keine schlüssige Verkehrsplanung, kein            berücksichtigt. (...)“
    Einbeziehen des Umfeldes, zu großer Super-
    markt, zu wenig Wohnraum“                          „Gestalterisch wirkte der Entwurf (insbeson-
                                                       dere der Hotelbau) wie eine Mauer entlang
    „Hohe Verkehrsbelastung durch Supermarkt,          der Bahnhofsstraße, obwohl diese doch als
    wenig Sozialwohnungen, keine Verbindung            Boulevard mit Bahnhof, MeWo Kunsthalle und
    zwischen Bahnhof und Altstadt“                     Stadteingang / Maximilianstraße einladend
                                                       und offen wirken sollte. Da sich ein erheb-
    „Infrastruktur war nicht durchdacht, wenig         licher Teil des Areals in der Altstadt befindet,
    Berücksichtigung von Grünflächen, zu viel          sollte deren Maßstäblichkeit und zugleich das
    Gewerbe und zu wenig Wohnflächen.“                 gründerzeitliche Ensemble nördliche Bahn-
                                                       hofsstraße beachtet werden“
    „Viel zu großer Supermarkt, es fehlen:
    Innenhöfe, Räume für Begegnungen, soziales
    Konzept, Verkehrsberuhigung“

    Die Zusammenfassung der Kommentare berichtet:
    „Häufig wurde der geplante Supermarkt      der Bahnhofsstraße gekommen. Darüber
    im Erdgeschoss kritisiert, da in unmittel- hinaus missfiel auch, dass eine zu starke
    barer Nähe bereits ein Rewe-Center erbaut  Gewichtung auf die gewerbliche Nutzung
    wurde. Des weiteren wurde auch das         gelegt wurde. Die Befragten hätten sich eine
    einhergehende Verkehrskonzept bemän-       stärkere Fokussierung auf den Wohnraum
    gelt, denn durch den geplanten Super-      gewünscht.“
    markt wäre es zu einer weiteren Belastung

    Weitere Fragen der ersten Onlinebeteiligung waren:

    Welche Nutzungsarten im neugestalteten Bahnhofsareal halten Sie für besonders
    wichtig?
      Sehr wichtig     Wichtig      Neutral
      Unwichtig        Überhaupt nicht wichtig         Freizeit

    Wohnen                                             Medizinische & soziale Einrichtung

    Einzelhandel                                       Kunst & Kultur

    Gastronomie & Hotellerie                           Büro & Dienstleistung

4
Bürgerbeteiligung der Stadt Memmingen zum Bahnhofsareal (künftig: "Rosenviertel"): Verdeutlichende und berichtigende Darstellung der Ergebnisse
Auch zu dieser Frage eine Auswahl der Kommentare:

„Wohnen in der Altstadt, damit irgendwann         „Vor allem auch Angebote, die es fast nur im
die vielen leer stehenden Einzelhandelsflächen    Gewerbegebiet Nord oder Süd gibt:
wieder zum Leben erwachen.“                       Elektroartikel, Gartengestaltung, Supermarkt
                                                  wie Feneberg/Kaufmarkt oder V-Markt.“
„Bezahlbarer Wohnraum für mehrere Genera-
tionen, guter Mix von Einzelhandel.“              „Von allen Angeboten ist bereits genügend
                                                  vorhanden. Zusätzlicher Wohnraum in Ver-
„Hotellerie nicht. Einzelhandel, z. B. Spielwa-   bindung mit Grünflächen und z. B. teilweise
rengeschäft, Café mit Innenraum, aber kein        restaurierter Stadtmauer würden ein phan-
Supermarkt und keine großen Fachmärkte.           tastisches Erscheinungsbild ergeben. Die vom
Zukunftsorientiertes, altersgerechtes Wohnen      Einzelhandel „bejammerte“ Situation hat ein-
wäre wichtig.“                                    zig und allein mit der Reduzierung der Woh-
                                                  nungen im Altstadtbereich zu tun. Praxen,
„Treffpunkte für Menschen aller Generatio-        Büros und dergleichen bringen der Kaufkraft,
nen, für gutes und schlechtes Wetter (...)!“      die in einer Altstadt besteht, überhaupt nichts.
                                                  Der Bürger, der in der Altstadt lebt, geht auch
„Zukunftsweisendes Bauen: Begrünte Freiflä-       dort einkaufen. Umgekehrt bedienen sich in
chen; Innovatives Bauen: begrünte Fassaden        der Peripherie lebende Menschen nicht der
als Aushängeschild einer modernen Stadt           Geschäfte für den Bedarf des täglichen Lebens
gleich gegenüber vom Bahnhof.“                    in der Altstadt. Hier ist ein Umdenken erfor-
                                                  derlich (...).“
„Ich wünsche mir ein „Bürgerhaus“ für Veran-
staltungen, Kultur, etc. in Eigenverwaltung der   „Innovativ zeigen; nachhaltige Stadtbau-
Bürger. Nicht eine Kneipe mit Festsaal.“          konzepte mit Grünflächen, Wohnen, ökologi-
                                                  schem Bauen, Fahrradstadt usw.“
„Dass auch nicht kommerzielle Nutzungsmög-
lichkeiten entstehen. Freiräume für kulturelle    „Freundliche Gestaltung, die sich (...) den
und kreative Zusammenkünfte.“                     Kubaturen der Altstadt anpasst und wichtige
                                                  Denkmäler erhält. Einbeziehen des Umfelds
„Lebendige Mischung: Wohnen, kleiner (!)          mit Kunsthalle und Bahnhof.“
Supermarkt; ggf. Bäcker oder Café bzw.
Gastronomie, Spiel- und Sitzplätze; Blumen-
geschäft, Mehrzweckräume für Begegnungen,
also Ausstellungen, Vorträge, Programmkino,
Kleinkunst.“

                                                                                                     5
Bürgerbeteiligung der Stadt Memmingen zum Bahnhofsareal (künftig: "Rosenviertel"): Verdeutlichende und berichtigende Darstellung der Ergebnisse
Welche Aspekte sind Ihnen bei der Neuplanung besonders wichtig?

    Bei der Beantwortung dieser Frage kam deutlich zum Ausdruck, dass die Befragten eine stu-
    fenweise Entwicklung durch mehrere Investoren oder Eigentümer für den geeigneten Weg
    halten:
                                                              Stufenweise Entwicklung durch mehrere Investoren/
    Entwicklung durch einen Investor/Eigentümer               Eigentümer

       Sehr wichtig      Wichtig       Neutral    Unwichtig   Überhaupt nicht wichtig

    Die Bedeutung sonstiger Aspekte stuften die Befragten wie folgt ein:
       Sehr wichtig      Wichtig       Neutral                 Sozialverträgliche Wohnformen
       Unwichtig      Überhaupt nicht wichtig

                                                               Wahrung/ggf. Aufarbeitung der historischen Spuren/
    Harmonische Einfügung in das vorhandene Stadtbild          Strukturen

    Betrachtung des Umfelds                                    Angebot innovativer Wohnformen

    Umweltbewusste Bauweise                                    Erhalt historischer Bausubstanz

    Schaffung frei nutzbarer öffentlicher Räume                Verbesserung der Nahversorgung

    Durchquerbarkeit des Areals / Neue Verbindungen            Neue Formen des Einkaufens

    Auch zu dieser Frage eine Auswahl der Kommentare:

    „Verwirklichung durch die MEWO bei                         Breite, Dachformen unterschiedlich. Z. B. die
    Änderung der Genossenschaftsphilosophie                    drei renovierten Häuser am Marktplatz gegen-
    und Fungierung als Bauträger mit Verkauf an                über dem Steuerhaus. Drei Farben, Formen...
    Einzelinvestoren.“                                         Schaut doch toll aus!“

    „Nicht nach der Rendite schielen, sondern                  „Gut beleuchtetes Areal. Kein Gebäude für Fir-
    dem Quartier Zeit geben, sich zu entwickeln -              men, Büros, etc. Wirklich den Wohnraum und
    stufenweise Entwicklung! Das ist mir meine                 die Ladenflächen für kleinere Geschäfte im
    Stadt wert, keine Schnellschüsse.“                         Auge behalten. Design? Tobt euch ruhig mal
                                                               aus. Mut zur Veränderung!“
    „Erhalt einzelner alter Fassaden und Häuser-
    formen z. B. die zwei Häuser in der Maximi-                „Architektur, die sich dem Stadtbild anpasst,
    lianstraße. Häuserformen individuell. Keine                aber auch mit Einbeziehung moderner Ele-
    lange Reihe einheitlicher Fronten. Höhe,                   mente. Mehrgenerationshaus.“

6
Offene Fragen

Eine Auswahl von Fragen, die Teilnehmer/innen in der ersten Online-Beteiligung
einbrachten:

„Besteht die Möglichkeit, dass MeWo und Sie-     „Was spricht gegen ein kleinparzelliertes, aber
bendächer das Projekt gemeinsam stemmen,         in sich abgestimmtes Konzept durch mehrere
sodass alles in Memminger Hand bleibt?“          Bauträger/Eigentümer/Erbbauberechtigte?“

„Hat die Stadtverwaltung vor, diese Grundstü-    „Bekommt die Bürgerschaft im Gegenzug für
cke zu verkaufen und damit für immer dem Ei-     das Abtreten ihres Eigentums im Gegenzug ein
gentum der Bürger zu entziehen oder diese zur    Bürgerhaus o. ä., in dem bei Selbstverwaltung
Vermeidung überzogener Spekulationen aus-        Kultur und soziales Zusammenkommen mög-
schließlich in Erbpacht zu vergeben, wie viele   lich sind, ohne dafür bezahlen zu müssen (wie
andere deutsche Städte auch?“                    andere Städte es haben, so z. B. Biberach)? -
                                                 Wenn nicht: Was bekommt die Bürgerschaft
„Steht die Verwaltung und Politik hinter einem   denn dann überhaupt dafür, ein
Architektenwettbewerb oder soll weiterhin das    Filetstück abzugeben?“
Areal an einen Großinvestor vergeben werden,
der dann die Gestaltung und Nutzung vorgibt?“

3. Ergebnisse der ersten Themenwerkstatt am
   8. Februar 2020

Auf Seite 10 der Dokumentation der Stadt Memmingen über die Ergebnisse der ersten
Themenwerkstatt am 8. Februar 2020 ist Folgendes zu lesen:

                                                                                                   7
Quelle: Stadt Memmingen | Neues Bahnhofsareal Dokumentation 1. Themenwerkstatt 08.02.2020
                 (Die farbliche Hervorhebung im Text erfolgte nachträglich in diesem Dokument.)

    Ich wunderte mich über die Aussage, „Wohnen“ belege bei den gewünschten Nutzungen nur
    den vierten Platz.

    Deshalb wertete ich die in der Dokumentation der Stadt wiedergegebenen Plakate
    selbst aus (die Plakate der Gruppe 8 wertete ich nicht aus, da sie fast völlig leer waren).
    Meine Ergebnisse in Tabellen- und Diagrammform:

8
Welche Nutzungen brauchen wir in der                     Welche der genannten Nutzungen
Memminger Altstadt?                                      passen zum Neuen Bahnhofsareal?

Wohnen                                                   Wohnen

Freiraum/Sitzmöglichkeit/Möglichkeit zum Verweilen       Grünfläche/Begrünung/Pocketpark

Grünfläche/Begrünung/Pocketpark                          Hotel

Hotel                                                    Gastronomie

Gastronomie                                              Freiraum/Sitzmöglichkeit/Möglichkeit zum Verweilen

Einzelhandel                                             (Lebensmittel-)Nahversorgung

Kino                                                     Veranstaltungsräume

Veranstaltungsräume                                      Einzelhandel

(Lebensmittel-)Nahversorgung                             Arztpraxen

Arztpraxen                                               Café

Markthalle                                               Kultur/Kleinkunstbühne

Kunst/Handwerk/Atelier                                   Kino

                                                         Stadtinformation
0       1           3      4      5     6      7     8
                                                         Markthalle

                                                         Kunst/Handwerk/Atelier

                                                         0       1           3      4      5     6      7     8

Ich komme also zu wesentlich anderen Ergebnissen als die Stadt Memmingen bzw. das Büro
Haines-Leger. Mit ein Grund könnte sein, dass mehrere Gruppen durch Pfeile andeuteten,
dass Einträge aus anderen Feldern in das Feld der auf dem Bahnhofsareal gewünschten
Nutzungen übernommen werden sollten sowie, dass ich jeweils das gesamte Plakat
auswertete und deshalb auch Einträge in den Feldern „Detaillierung“ und „Die drei
wichtigsten Aspekte“ berücksichtigte.

                                                                                                                  9
Die wichtigsten Anregungen und Wünsche der Arbeitsgruppen zu den verschiedenen
     Nutzungen:

     Wohnen                                      Einzelhandel
     unterschiedliche bezahlbare Wohnungen       min. 1 Frequenzladen ca. 500 m²; daran
     50 bis 100/120 Wohnungen                    angelagert kleinere Ladeneinheiten - oder
     50 % der Nutzfläche (Gruppe 1)              Zusammenschluss mehrerer Einheiten in
                                                 Gemeinschaftsfläche / Memminger „Mall“
     modernes Wohnen für Jung und Alt            (Gruppe 1)
     hohe Qualität, aber kein Luxus (Gruppe 2)
                                                 kein großflächiger Einzelhandel
     Wohnen abseits der Bahnhofstraße            kleiner „Feneberg“ (Tagesbedarf) und/oder
     eher kleinere Wohnungen (1-3 Zimmer)        Markthalle (Gruppe 2)
     (Gruppe 3)
                                                 Alles, um sich fußläufig versorgen zu
     klarer Vorrang für und Schwerpunkt auf      können
     bezahlbarem Wohnen                          Fischgeschäft, Blumenladen (Gruppe 3)
     barrierefrei/seniorengerecht
     genossenschaftlich                          kein großflächiger Supermarkt oder
     unterschiedliche soziale Gruppen und        Ähnliches
     Altersgruppen (Gruppe 4)                    lieber Fachgeschäfte
                                                 Lebensmittelnahversorgung: Feneberg-
     bezahlbarer Wohnraum                        standort zu klein > Umzug ins Bahnhofs-
     (kleine Wohnungen) (Gruppe U1)              areal?

     gesunde Durchmischung (Gruppe 6)            einzelne Fachgeschäfte statt großen Anbie-
                                                 tern im Gewerbegebiet (Gruppe 4)
     mindestens 60 % der Nutzfläche für
     Wohnen                                      Mode, „unverpackt“, Floristik, Reisebedarf,
     Mehrgenerationenhäuser, junge Familien,     Einkaufszentrum, Elektro (Gruppe U1)
     Alleinstehende (Gruppe 7)
                                                 Lebensmittel-Nahversorgung (Gruppe 6)
     Hotel
     Low Budget Hotel (Gruppe 1)                 Einkaufsmöglichkeiten für Lebensmittel
                                                 (kleiner Feneberg)
     Gastronomie                                 verpackungsfrei einkaufen (Gruppe 7)
     gute Gastronomie (Italiener) (Gruppe 1)
                                                 Dienstleistung
     klein und schön; Biergarten (Gruppe 2)      Standortpotential ausschöpfen, z. B. Fach-
                                                 arztpraxen für alle/Umland (Gruppe 1)
     kleine gemütliche Cafés (Gruppe 3)
                                                 medizinische Dienstleistungen
     evtl. Bäckerei mit Stehcafé (Gruppe 4)      Car-Sharing-Angebot/Leihräder (Gruppe 3)

     buntes Angebot, z. B. Wiederbelebung        Büros und Praxen im richtigen Maß (Gr. 4)
     „Goldenes Rad“ (Gruppe 6)
                                                 Carsharing, E-Bike-Verleih (Gruppe U1)
     bezahlbar, ganztägig, lange offen (Gr. 7)
                                                 Med. Vers.-zentrum/Ärztehaus (Gr. 7)

10
Freiflächen/Grünflächen                        Allgemein / Sonstiges
allgemein zugängliche öffentliche Flächen      einladendes, lebendiges Quartier
(Gruppe 1)                                     Vielfalt
                                               grundsätzliches Konzept für die Verkehrs-
(Wohnen) mit Gemeinschafts-/                   führung! (Gruppe 1)
Grünflächen/Spielplatz für Kinder
Baumallee entlang der Bahnhofstraße            hohe Aufenthaltsqualität; zukunftsorien-
Grünstreifen durch Rückführung der             tiert (Klimawandel, Altersstruktur) (Gr.2)
Baulinie auf Stadtmauerlinie (Gruppe 2)
                                               lebendig, freundlich und offen
Kultur und Freizeit                            zukunftsweisend
Bildungsräume (VHS)/Bürgerhaus (Gr.2)          Mobilitätskonzept!
                                               Fahrrad-Parkhaus (Gruppe 3)
Veranstaltungsraum wie Kulturwerkstatt,
zu mieten für alle (Gruppe 4)                  Co-Working-Space (fehlt!) (Gruppe 6)

                                               Schließfächer
                                               ökologische Bauweise
                                               Offenheit, Nachhaltigkeit, Energiekonzept
                                               (Gruppe 7)

Die Dokumentation der Stadt fasst zusammen:
„Wichtig ist den Teilnehmenden besonders das Aufgreifen der städtebaulichen Bezüge und
eine vielfältige Nutzung, wobei der Wunsch nach Wohnen am deutlichsten formuliert wurde.
Darüber hinaus erhoffen sich die Bürgerinnen und Bürger einen behutsamen Umgang mit
Grundstücksverkäufen, bzw. Vergabe in Erbbaupacht. Auch ein neues Verkehrskonzept für
die angrenzende Bahnhofstraße wird im Rahmen der Neuplanungen erwünscht. Bezüglich
des Einzelhandels gibt es unterschiedliche Ansätze, jedoch hat sich keine Gruppe positiv
für einen großflächigen Supermarkt ausgesprochen.“

4. Zielformulierung durch die Stadt Memmingen im
Rahmen der zweiten Onlinebefragung
(genannt „virtuelle Themenwerkstatt“)

Im Mai/Juni 2020 führte die Stadt Memmin-      am Ende ein Formulierungsvorschlag zu
gen eine zweite Onlinebefragung durch, die     dem behandelten Thema für die Auslobung
sie „virtuelle Themenwerkstatt“ nannte.        eines Wettbewerbs vorgegeben wurde.

Sie   können      die    zweite     Online-    Die Teilnehmenden konnten den Grad ihrer
befragung     auf     der     Internetseite    Zustimmung oder Ablehnung des Formulie-
www.rosenviertel-memmingen.de einsehen.        rungsvorschlags mitteilen, indem sie eine
                                               von vier Antworten auswählten:
Inhalt der Onlinebefragung war, dass zu ver-
schiedenen Themen jeweils Ergebnisse der
Bürgerbeteiligung, Meinungen der von der
Stadt beauftragten Planungsbüros sowie
ein Ziel der Stadt dargestellt wurden und

                                                                                            11
Abgesehen von einem einzigen Kommen-          Auslobung des Wettbewerbes zu erarbei-
     tarfeld hatten die Teilnehmer/innen keine     ten.“
     Möglichkeit, inhaltliche Entscheidungen zu
     treffen oder Anregungen einzubringen.         Nach meiner Wahrnehmung war die On-
                                                   linebefragung nicht geeignet, die Eckpunk-
     Das Stadtplanungsamt schrieb in seiner        te für die Auslobung des Wettbewerbes „zu
     Einladung zu der zweiten Onlinebefragung:     erarbeiten“: Die Formulierungsvorschläge
                                                   waren alle bereits vorgegeben und die Teil-
     „Aufbauend auf den Ergebnissen der            nehmenden konnten nur Zustimmung oder
     bisherigen Beteiligungen zum Rosenviertel     Ablehnung ausdrücken, ohne jedoch zu den
     hat die virtuelle 2. Themenwerkstatt nun      einzelnen Themen mitteilen zu können, was
     den Schwerpunkt, die Eckpunkte für die        sie wünschten.

     Für die Nutzungsart „Wohnen“ formulierte die Stadt ihr Ziel und die Ansicht des Planungs-
     büros wie folgt:

12
Als Formulierungsvorschlag wurde vorgestellt:

Einige Formulierungen möchte ich verdeutlichend hervorheben:

„Ein gemischt genutztes Viertel beinhaltet (...) auch die Nutzung Wohnen.“

„Wohnen im Rosenviertel ist (...) in gewissem Umfang sinnvoll.“

„Ziel ist es auch, auf dem Rosenviertel Wohnungen entstehen zu lassen...“

Für die Nutzungsarten „Einzelhandel“ und „Dienstleistung“ wurden das Ziel der Stadt und
die Ansicht der von der Stadt beauftragten CIMA Beratung + Management GmbH folgender-
maßen dargestellt:

                                                                                          13
14
Folgende Formulierungen seien hervorgehoben:

„Zielgruppe für die künftige Handelsnutzung (...) sind die Bewohnerinnen und Bewohner der
Altstadt, aber auch Kundinnen und Kunden darüber hinaus.“

„Welches Einzelhandelspotenzial der Standort (...) bietet, soll im Vorfeld der Auslobung des
Wettbewerbs ein Gutachten zeigen (...).“

„(...) die einmalige Chance, mit einem eher größerflächigen Verkaufsflächenangebot
weitere Einzelhandels- bzw. Versorgungsmagneten (...) zu gewinnen (...)“

Die hier wiedergegebene Ansicht der CIMA Beratung + Management GmbH stellte Frau
André als deren Vertreterin auch in ihrer Präsentation auf der Themenwerkstatt am
8. Februar 2020 in der Stadthalle vor.

Es kam deutlich zum Ausdruck, dass die an       an die Straße angrenzende Erdgeschoss-
der Entwicklung des Bahnhofsareals bzw.         flächen darstellen, da in der zentralen Lage
Rosenviertels interessierten Bürgerinnen        an größeren Straßen eine Nutzung des
und Bürger vor Allem zwei Dinge anders          Erdgeschosses für Wohnen ausscheidet.
wünschen als es der private Investor Ten
Brinke in seiner Planung vorgesehen hatte:      Die Zielformulierungen der Stadt und
                                                der von ihr beauftragten Planungsbüros
Sie wünschen einen klaren Vorrang der           sowie die vorgegebenen Formulierungs-
Nutzungsart „Wohnen“ und die Ver-               vorschläge   bringen   das   vorstehend
wendung des größten Teils der Nutzfläche        Genannte nicht zum Ausdruck.
für Wohnungen sowie das Zurücktreten der
gewerblichen Nutzung zugunsten der              Sie widersprechen sogar eindeutig den von
Wohnfläche.                                     den Bürgerinnen und Bürgern geäußerten
                                                Wünschen.
Und sie wollen keinen großen Supermarkt
und keine sonstige groß dimensionierte          Ich befürchte, dass das erwähnte Gutachten
Einzelhandelsfläche, für die ein großer Teil    zum Einzelhandelspotenzial des Standorts,
der zur Verfügung stehenden Grundfläche         welches von der Stadt Memmingen
versiegelt werden muss und den anderen          beauftragt werden soll, die geäußerten
Nutzungsarten verlorengeht.                     Ansichten der Auftraggeberin bestä-
                                                tigen wird. Es könnte anschließend von der
Auch eine Zunahme des motorisierten             Stadt als Argument zur Durchsetzung der
Verkehrs auf der Bahnhofstraße durch die        geäußerten Ansichten verwendet werden.
Kunden eines großen Marktes wird kritisch
gesehen.                                        Nach meiner Einschätzung entspräche
                                                die Planung des Investors Ten Brinke den
Ich möchte ergänzend darauf aufmerk-            Vorgaben, die die Stadt Memmingen als
sam machen, dass die CIMA Beratung +            Formulierungsvorschläge für den Wett-
Management GmbH zwar stark gegen                bewerb in der zweiten Onlineumfrage
kleinere    Ladenflächen    argumentiert,       vorstellte. Doch genau diese Planung
dass diese andererseits aber neben einer        wollten die Bürgerinnen und Bürger
Verwendung für Dienstleistungen die             mehrheitlich nicht.
„natürliche“ Nutzungsart für unmittelbar

                                                                                               15
Bei einer Verwendung der vorgege-              Im kürzlich vom Stadtrat unter Bezugnahme
     benen Formulierungsvorschläge würden           auf die Memminger Bauernartikel von 1525
     die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung           verabschiedeten „Memminger Manifest“
     deshalb nach meiner Wahrnehmung nicht          heißt es:
     angemessen berücksichtigt.
                                                    „Deswegen stellt sich Memmingen als „Stadt
     Ich bitte die Stadträtinnen und Stadträte,     der Freiheitsrechte“ mit ihren Bürgerinnen
     sich diese Zusammenhänge bewusst zu            und Bürgern in besonderer Weise der Auf-
     machen und sich dafür einzusetzen, dass        gabe, die damaligen Anliegen der Bauern in
     die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger         unsere moderne, pluralistische Gesellschaft zu
     beachtet werden.                               übertragen: (…) Wir beteiligen alle Menschen
                                                    an der Stadtpolitik. Die Stadt Memmingen
     Die interessierten Bürgerinnen und Bürger      entwickelt für alle kommunalen Aufgaben
     möchte ich ermutigen, einzufordern, dass       neuartige und direkte Formen der Teilhabe
     die geäußerten Wünsche in das weitere          und steigert Transparenz und Verständlichkeit
     Verfahren angemessen Eingang finden.           in den Entscheidungsprozessen.“

     Insbesondere ist darauf zu achten, dass        Es wäre schön, wenn dies bezogen auf das
     die    Vorgaben     für   den    folgenden     Bahnhofsareal/Rosenviertel nicht nur ein
     Wettbewerb so formuliert werden, dass          Lippenbekenntnis wäre, dem die geleb-
     sie die Vorstellungen der Bürgerinnen und      te Praxis widerspricht, sondern wenn das
     Bürger wiedergeben. Ein Mindestanteil der      Bekenntnis auch seinem Geist nach gelebt
     Wohnfläche und eine Obergrenze für die         würde.
     gewerblich bzw. durch Einzelhandel
     genutzte Fläche sowie eine Maximalgröße
     für einen evtl. Nahversorger/Supermarkt
     sollten festgeschrieben werden.

     Weitere Informationen und Links zu den zitierten Quellen finden Sie auf der Internetseite
     www.rosenviertel-memmingen.de . Dort ist dieses Dokument auch als PDF verfügbar. Die
     gedruckte Fassung des Dokuments kann beim Autor angefordert werden.

     Herausgeber: Jochen Diefenthaler - Augsburger Str. 56 - 87700 Memmingen
     Tel. 08331/88 134 - Fax 03212/145 345 7 - jodi@jodi.de

16
Sie können auch lesen