Carolin Widmann Violine Lorelei Dowling Kontraforte Sylvain Cambreling Leitung - Fr 10.9.2021 - 19.30 Uhr Stadtcasino Basel

 
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Carolin Widmann Violine Lorelei Dowling Kontraforte Sylvain Cambreling Leitung - Fr 10.9.2021 - 19.30 Uhr Stadtcasino Basel
Carolin Widmann Violine
Lorelei Dowling Kontraforte
Sylvain Cambreling Leitung
Fr 10.9.2021 – 19.30 Uhr
Stadtcasino Basel

ABOs ab CHF 70.–   |       www.kammerorchesterbasel.ch   |
Carolin Widmann Violine Lorelei Dowling Kontraforte Sylvain Cambreling Leitung - Fr 10.9.2021 - 19.30 Uhr Stadtcasino Basel
In Kürze
    Leicht und sanglich kommen sie daher, die beiden Violinromanzen von Ludwig van
    Beethoven. So gar nichts Kämpferisches hat diese Musik, einfach schön und
    unkompliziert ist sie. Das ändert sich ein wenig dann bei der Pastorale, Beetho-
    vens 6. Sinfonie. Als Subtext kann man sich gut vorstellen, dass Beethoven
    ungemein froh war, die staubige, dreckige und keimbelastete Grossstadt Wien in
    Richtung Land zu verlassen. Aber sind die Inspirationen, die er für seine Sinfonie
    aus dem Landleben saugt, ebenfalls reine Idylle? O nein, da passiert einiges. Aber
    erst das Stück von Georg Friedrich Haas zeigt, wie es in Beethovens Kopf
    zugegangen sein muss, auch wenn er die allerschönsten Klänge komponiert hat.
    Sausen und Brausen, Tinnitus, Taubheit…

    Hör-Impuls
    Der 4. Satz der «Pastorale»: Gewitter. Wolkenfetzen ziehen unheilvoll vorbei, Wind
    kommt auf, und auf einmal bricht das Unwetter los, aber so richtig, mit Hagel,
    Blitz und Donner. Doch Beethoven wäre nicht Beethoven, wenn er selbst das
    übelste Wetter nicht in vollendeter musikalischer Gestaltung präsentieren würde.
    Nach drei Minuten ist der Spuk vorbei, das Grollen verzieht sich in der Ferne.

    Alle Beethoven-Sinfonien in einer Box –
    mit dem Kammerorchester Basel und
    Giovanni Antonini
                                                 Erhältlich bei Bider & Tanner oder online.

                                                «Aufmerksam und mitreissend
                                                    im Spiel von Spannung und
                                             Entspannung, von Beschleunigung
                                              und Verlangsamung – im Grossen
                                                  wie im Kleinen.» (Reinmar Wagner, bz)

2   Programm 10.9.2021 | Beethoven erzählt
Carolin Widmann Violine Lorelei Dowling Kontraforte Sylvain Cambreling Leitung - Fr 10.9.2021 - 19.30 Uhr Stadtcasino Basel
Programm

Fr 10.9.2021 – 19.30 Uhr, Stadtcasino Basel
«Hingehört» um 19 Uhr im grossen Saal des Stadtcasino Basel
Mit Carolin Widmann und MusikerInnen des Kammerorchester Basel

Ludwig van Beethoven (1770 – 1827)
Romanze für Violine und Orchester Nr. 1 G-Dur op. 40                             8'
Romanze für Violine und Orchester Nr. 2 F-Dur op. 50                            10'

Georg Friedrich Haas (*1953)
«Was mir Beethoven erzählt», Konzertante symphonische Dichtung für Violine,
Kontraforte und Orchester (UA)                                              30'

Pause

Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 6 in F-Dur, op. 68 «Pastorale»                                     40'
  I. Allegro ma non troppo
  II. Szene am Bach: Andante molto moto
  II. Lustiges Zusammensein: Allegro
  IV. Donner, Sturm: Allegro
  V. Hirtengesang: Allegretto

Weiteres Konzert:
Beethovenfest Bonn, 9.9.2021 | Bonn, World Conference Center

Wir danken!

Presenting Sponsor

Die Auftragskomposition an Georg Friedrich Haas wird unterstützt von der

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Carolin Widmann Violine Lorelei Dowling Kontraforte Sylvain Cambreling Leitung - Fr 10.9.2021 - 19.30 Uhr Stadtcasino Basel
Besetzung

Carolin Widmann Violine
Lorelei Dowling Kontraforte
Sylvain Cambreling Leitung

Kammerorchester Basel

Flöte                               Posaune                Violoncello
Isabelle Schnöller                  Adrian Weber           Martin Zeller
Frederic Sánchez                    Marc Sanchez Martí     Georg Dettweiler
Miriam Terragni                                            Elisa Siber
                                    Violine 1              Deborah Tolksdorf
Oboe                                Irmgard Zavelberg
Matthias Arter                      Matthias Müller        Kontrabass
Francesco Capraro                   Valentina Giusti       Benedict Ziervogel
                                    Kazumi Suzuki Krapf    Niklas Sprenger
Klarinette                          Regula Schwaar         Fran Petrac
Rossana Rossignoli                  Charlotte Mercier
Guido Stier                         Rintaro Yano           Pauken
Azra Ramic                                                 Alexander Wäber
                                    Violine 2
Fagott                              Anna Faber             Schlagzeug
Matthias Bühlmann                   Tamás Vásárhelyi       Adrian Romaniuc
Matteo Claudio Severi               Mirjam Steymans        Claire Litzler
                                    Fanny Tschanz
Horn                                Séverine Cozette       Akkordeon
Konstantin Timokhine                Anna Morozkina         Teodoro Anzellotti
Mark Gebhart
                                    Viola
Trompete                            Katya Polin
Christian Bruder                    Bodo Friedrich
Jan Wollmann                        Renée Straub
                                    Carlos Vallés García
                                    Charlotte Lefebvre

4           Programm 10.9.2021 | Beethoven erzählt
Carolin Widmann Violine Lorelei Dowling Kontraforte Sylvain Cambreling Leitung - Fr 10.9.2021 - 19.30 Uhr Stadtcasino Basel
Principal Guest Conductor – Giovanni Antonini | www.kammerorchesterbasel.ch |

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Carolin Widmann Violine Lorelei Dowling Kontraforte Sylvain Cambreling Leitung - Fr 10.9.2021 - 19.30 Uhr Stadtcasino Basel
Wohllaut und Schönklang, unkompliziert
     Es gab mal eine Zeit, lang ist’s her, da liess man sich von fahrenden Spiel-
leuten Geschichten erzählen, Sagen und Legenden zum Träumen, zur kleinen
Flucht aus dem beschwerlichen Alltag. Geschichten zum Mitfiebern waren das, je
absonderlicher, umso besser. Mündlich überlieferte Epen, schauerliche, helden-
hafte und amouröse Geschichten, inbrünstig vorgetragen und auf Laute oder
Harfe begleitet. Über die Adelshöfe fanden sie zum einfachen Volk und irgend-
wann koppelte sich die Musik von der inhaltlichen Erzählung ab: die ursprüngli-
che Vokalform übertrug man auf Instrumentalsätze, die mutierten zu eigenstän-
digen, kantablen Stücken in einfacher Liedform und wurden dann gern mal zu
langsamen Mittelsätzen in zyklischen Werken.
     Und Beethoven? Er ist der erste, der um das Jahr 1800 herum solche
‘Romanzen’, also empfindsame, sangliche Instrumentalwerke als selbständiges
Konzertstück schreibt. Und zwar zwei mal. Alles Heroische und Pathetische lässt
er in seinen beiden Romanzen op. 40 und op. 50 für einmal beiseite. Einfach und
durchsichtig instrumentiert sind sie, lyrisch und mit regelmässigen, vorhersehba-
ren Perioden. In den Autographen nennt er sie ‘Romance’, bietet sie dem Verlag
als ‘Solo’ an – und landet einen vollen Erfolg: Seit dem Erscheinen der Erstausga-
ben 1803 und 1805 sind die beiden Romanzen dauerhaft populär und geben sich
darüber hinaus als Vorstufen (nicht Vorstudien) des langsamen Mittelsatzes des
später folgenden Violinkonzerts zu erkennen. Zurückgelehntes Komponieren ist
das, einfach und unkompliziert. Und entspanntes Zuhören.

     Was man von der ‘Akademie’ nicht gerade sagen kann, die Beethoven kurz
vor Weihnachten 1808 im Theater in Wien veranstaltet. 2 Gulden kostet das
Billett. Das ist mehr als der Wochenlohn eines einfachen Arbeiters, was dem
zahlungskräftigen bürgerlichen und aristokratischen Publikum aber herzlich egal
ist. Wegen ihm, dem Publikum, muss das Konzert im Winter stattfinden. Denn im
Sommer ist Wien leergefegt, die Reichen und Schönen vergnügen sich in den
Villen auf dem Land. Herbst? Geht ebenfalls nicht, da ist Opernsaison und das
Theater ausgebucht. Nur jetzt im Advent, wo Opernaufführungen verboten sind,
kann Beethoven das Theater mieten. Und er hat Grosses vor. Nicht nur weil der
Zuschauerraum nicht geheizt ist, sondern weil das Konzert über vier Stunden
dauert. Es kommt ja auch Einiges zur Aufführung: eine grosse Konzert-Arie,
Gloria und Sanctus einer Messe, das 4. Klavierkonzert, diverse Improvisationen,
die Chorfantasie (die Beethoven schnell noch komponiert hat, allerdings so
schnell, dass nicht genügend Probenzeit war und man unterbrechen muss, um
nochmal von vorn anzufangen). Und die 5. Sinfonie. Und die 6. Sinfonie.

6           Programm 10.9.2021 | Beethoven erzählt
Sinfonisches Gesamtprojekt
    Beethovens 5. und 6. Sinfonie sind ein Paar. Beide im Sommer 1807 begonnen
und ein Jahr später beendet, uraufgeführt im selben Konzert, gewidmet zwei
wichtigen Mäzenen, dem Fürsten Lobkowitz und dem Grafen Rasumowsky – und
zwar beide Sinfonien beiden Mäzenen gleichzeitig.
    Beide Werke haben ein ähnliches Strickmuster am Anfang: die 5. wie auch die
6. Sinfonie beginnen jeweils mit einem Motto und kommen erst mit diesem Motto
(und nach einer Fermate) so richtig in Gang. Ein energisches Viertonmotiv
eröffnet die grimmig-dramatische Fünfte, eine weiche elegische Welle ihre heitere
Schwester, die Sechste. Und beide Sinfonien halten an ihrem jeweiligen Motto
fest, fächern es auf, variieren es, entwickeln langsam eine jeweils andere Welt.
Während in der Fünften sich die Motive und Themen peu a peu aus der Urzelle
des tatatataa herauskristallisieren, verzichtet die Sechste auf motivisch-themati-
sche Entwicklung und konzentriert sich ganz auf die allmähliche klangliche
Ausbreitung oder sogar Abwicklung des einheitlichen musikalischen Materials.
Vielleicht könnte man sagen, in der Sechsten geht es um die Ausbreitung eines
Zustands, in der Fünften um die dramatische Zuspitzung eines Ablaufs.
    Das ist recht untypisch für Beethoven. Vorher hatte er sich noch nie um eine
solche Klangfarbenästhetik bemüht (die ja eigentlich schon fast auf Wagner
hinweist). In der ‘Durchführung’ – das ist sonst der Ort, wo in einer Sinfonie das
erste und das zweite Thema aufeinander losgelassen werden, sich vermischen,
miteinander kämpfen etc. – da herrscht in der Sechsten Frieden und Freude.
Motivisch einheitliche Klangflächen werden ein wenig gegeneinander verschoben,
von verschiedenen Seiten beleuchtet.
    Was passiert hier?
    ‘Erinnerung an das Landleben’, sagt Beethoven. Erst erwachen heitere
Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande, dann kommen Hirtenklänge, die Szene
am Bach, schliesslich ein Gewitter. Da die Musik in Beethovens Worten ‘mehr
Ausdruck der Empfindung als Malerei’ sein sollte, bedeutete das auch: «man
überlass es dem Zuhörer, sich selbst die Situationen auszufinden.»
    Aber ist das nun harmlose Programmmusik? Programmmusik ja, harmlose
nicht. Denn schon im Anfang beschwört Beethoven die bewegte Ruhe der Natur
herauf, in der Bachszene kommt die tierische Natur dazu. Ein Rückfall in die
musikalische Naturnachahmung, wie es sie Generationen vor Beethoven schon
gab? Naturgeräusche nachgemacht haben die Komponisten ja bereits weit vorher.
Sehr zum Vergnügen des Adels, also ihrer Auftraggeber. Quakende Frösche,
bellende Hunde, klirrende Schwerter.
    Beethoven hat sich gern über die allzu deutlichen Naturschilderungen in den
Werken anderer Komponisten lustig gemacht. Und jetzt schlägt er selbst diesen
Weg ein? Jedenfalls ist er bemüht, dass seine Satzüberschriften nicht allzu

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wörtlich verstanden werden sollen. Während der Kompositionsarbeit sagt er:
«Jede Mahlery, nachdem sie in der Instrumentalmusik zu weit getrieben, verliert.»
Und für die Drucklegung kommen dann diese Worte mit auf die Partitur: «Mehr
Ausdruck der Empfindung als Mahlerey.»
    So mancher Komponistenkollege machte sich später darüber lustig, Claude
Debussy zum Beispiel: «Sehen Sie sich die Szene am Bach an. Es ist ein Bach, aus
dem allem Anschein nach Kühe trinken. Jedenfalls veranlassen mich die Fagott-
stimmen, das zu glauben. All das ist sinnlose Nachahmerei oder rein willkürliche
Auslegung.»
    Als ob er solche Kritik vorausgeahnt hatte, formulierte es Beethoven einmal
selbst in Worten, die für heutige Hörer noch gelten können: «Man überlässt es
dem Zuhörer, die Situationen auszufinden. Wer auch nur je eine Idee vom
Landleben erhalten will, kann sich ohne viele Überschriften selbst denken, was
der Autor will.».
    Das alles ist aber nur die eine Seite der Medaille. Spannend wird es, wenn
man einmal in die Struktur der Musik hineinschaut. Schon der erste Satz etwa
folgt sehr genau dem Strukturmodell der Sonatenform und nicht dem Muster
einer einfachen Liedform, wie sie für ein blosses Naturbild viel angemessener
scheint. Eher hat es den Anschein, als habe Beethoven im neuartigen Auffächern
der Klangfarben die Möglichkeiten der Sonatenform bis an die Grenzen austesten
wollen. Falls es Sie interessiert: das grossartige neue Buch des Musikwissen-
schaftlers und Ex-Ordinarius der Zürcher Uni Hans-Joachim Hinrichsen («Beetho-
ven. Musik für eine neue Zeit») zeigt erhellend, wie akribisch Beethoven hier
vorgegangen ist, indem er bis ins Detail eine neue Klangästhetik ins alte Modell
zwingt, etwa den drei Vögeln im Bach-Satz ganz genaue Rollen zuschreibt: der
Kuckuck im Grundton, die Wachtel in der Terz, die Nachtigall in der Quinte.
«Dieses simultane Interagieren der drei gefiederten Sänger, die sonst zu ganz
unterschiedlichen Tageszeiten aktiv sind, ist nichts als die reine Imagination eines
ästhetischen Subjekts, das als empirisches zu diesem Zeitpunkt weder die
Hirtenflöte noch den fernen Vogelgesang mehr richtig wahrzunehmen in der
Lage war.» Ästhetische Stilisierung durch Einbettung in den Sonatensatz.
    Zwischen einer barocken Vogel-Nachahmung und dem Sich-Versenken in den
Klangzustand des gurgelnden Rheins à la Wagner erklimmt das, was Beethoven
hier macht, einsame Höhen und bringt Welten zusammen.
    Übrigens war Beethoven bereits mit Ende 20 schwerhörig und in das
‘Heiligenstädter Testament’ schreibt er: «So bald ich tot bin, so bittet ihn (den
Arzt) in meinem Namen, dass er meine Krankheit beschreibe, damit wenigstens
soviel als möglich die Welt nach meinem Tode mit mir versöhnt werde.» Kurz
bevor er diese Sätze niederschreibt, schildert er (im Alter von 31 Jahren), seine
Symptome: Schwerhörigkeit mit Hochtonverlust und Sprachverständlichkeitsver-
lust, quälende Ohrgeräusche, also Tinnitus, Verzerrungen und Überempfindlich-

8           Programm 10.9.2021 | Beethoven erzählt
Beethovens Hörrohre, gefertigt von Johann Nepomuk Mälzel, 1813.
Bildnachweis: Beethoven-Haus Bonn

«Der neidische Dämon hat meiner Gesundheit einen
schlimmen Streich gespielt, nämlich mein Gehör ist seit
drei Jahren immer schwächer geworden … nur meine
Ohren, die sausen und brausen Tag und Nacht fort … Ich
bringe mein Leben elend zu. … Hätte ich irgend ein
anderes Fach so gings noch eher, aber in meinem Fach
ist es ein schrecklicher Zustand … Die hohen Töne von
Instrumenten und Singstimmen höre ich nicht, wenn ich
etwas weit weg bin, auch die Bläser im Orchester nicht.
Manchmal auch hör ich den Redner, der leise spricht,
wohl, aber die Worte nicht, und doch, sobald jemand
schreit, ist es mir unausstehlich.»
                              Beethoven am 29. Juni 1801 in einem Brief an seinen Freund
                                                Dr. Franz Gerhard Wegeler (1765 – 1848)

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keit für Schall. Die Schwerhörigkeit führt zu sozialer Isolation, Beethoven zieht
sich aus der Welt der Hörenden zurück. Die Behandlungsmethoden scheinen wie
blinder Aktionismus: Mandelöl-Ohrentropfen, Meerrettich-Baumwolle und
lauwarme Donaubäder.

Beethovensplitter
    Nicht sehen trennt von den Dingen, sagte der Philosoph Immanuel Kant, aber
nicht hören trennt von den Menschen.
    Was passierte in Beethovens Kopf, in seinem Geist? Georg Friedrich Haas geht
dieser Frage in seinem Doppelkonzert für Violine und Kontraforte (einem
weiterentwickelten, klangstärkeren Kontrafagott) künstlerisch nach: Trillerketten
in hohen Frequenzen, Pochen, Klopfen, Dröhnen. Dieser musikalisch umgearbeite-
te Tinnitus versucht die Kunst Beethovens zuzuschütten. Aus der Leere formt sich
ein tiefer Ton, weit oben antworten dissonante Intervalle, quälend langsam
entfalten sich Obertöne, mikrotonale Melodien der beiden so unterschiedlichen
Soloinstrumente türmen sich unheilvoll, unaufhaltsam übereinander. Dann
geschieht etwas Unerwartetes: ist das nicht Beethovens Gewitter aus der
Pastorale? Ein verzerrtes Gewittermotiv? Motivschwaden wehen vorbei, Klang-
schimären, die bekannt und doch ganz fremd daherkommen. Splitter aus
Beethovenwerken, aus der Pastorale, dem 5. Klavierkonzert, dem Fidelio, dem
Violinkonzert. Und am Ende ein weicher, verstörender Clusterklang. Beethoven,
sagt Haas, der erfunden und geschliffen hat, der so viel Schicksal für seine
Klangwelten ausgehalten hat, hatte keinerlei sinnlichen Zugang zu eben diesen
Welten. Utopien, die nie zur Wirklichkeit wurden.
                                                                     Florian Hauser

10          Programm 10.9.2021 | Beethoven erzählt
Carolin Widmann
Carolin Widmann wurde in München geboren. Ihr
Studium absovierte sie bei Igor Ozim in Köln, Michèle
Auclair in Boston und David Takeno an der Guildhall
School of Music and Drama in London. Die künstlerischen
Aktivitäten der vielseitigen Musikerin reichen von
Solorecitals, Kammer- und Orchesterkonzerten bis hin zu
Aufführungen mit Barockgeige und der musikalischen           Carolin Widmann, © Lennard Ruehle
Leitung vom Instrument aus. Beim «Concours International
Yehudi Menuhin» gewann sie 1998 den «Prix du Président». Carolin Widmann,
die 2017 mit dem Bayerischen Staatspreis ausgezeichnet wurde, gastierte als
Konzertsolistin bei international führenden Orchestern wie dem Gewandhaus-
orchester Leipzig, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem
Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, dem Philharmonia Orchestra London
und dem Tonhalle-Orchester Zürich. Hierbei waren Dirigenten wie Riccardo
Chailly, Roger Norrington, Vladimir Jurowski, Marek Janowski und Pablo
Heras-Casado ihre Partner. Als enthusiastische Kammermusikerin tritt Carolin
Widmann regelmässig bei Festspielen wie denen in Berlin, Luzern, Ravinia und
Salzburg auf. Die Künstlerin pflegt besonders intensiv das zeitgenössische
Violinrepertoire und arbeitet oft mit Persönlichkeiten wie György Kurtág, George
Benjamin und Salvatore Sciarrino zusammen. Neue – häufig ihr gewidmete –
Werke von Wolfgang Rihm, Matthias Pintscher, Jean Barraqué, Julian Anderson
und von ihrem Bruder Jörg Widmann hat sie uraufgeführt. 2006 übernahm
Carolin Widmann eine Professur an der Hochschule für Musik und Theater Felix
Mendelssohn Bartholdy in Leipzig. Carolin Widmann spielt auf einer
G. B. Guadagnini-Violine von 1782.

Lorelei Dowling
Die Fagottistin und Kontrafortistin Lorelei Dowling stammt aus Australien und
wurde bereits im Alter von 24 Jahren Mitglied des Sydney Symphony Orchestra.
Sie spielte u.a. in Ensembles wie dem Orchestre de la Suisse Romande, dem
Mozarteumorchester, dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien, dem Australian
Opera and Ballet Orchestra, dem Ensemble Modern, der Musikfabrik, sowie dem
Münchner und dem Lausanner Kammerorchester. Musikalische Höhepunkte
bildeten die australische Erstaufführung von André Jolivets Bassoon Concerto
sowie die Aufführung der Sequenza XII von Luciano Berio. In Spanien, Singapur,
Hong Kong und Russland war Dowling die erste Fagottistin, die dieses Stück je
gespielt hat. Seit 1994 ist Lorelei Dowling Fagottistin des Klangforum Wien.
Dowling ist Mitglied des Fagott-Quartetts «The Lindsay Copper Quartet», das sich
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auf Neue Musik, Improvisationen und eigene Kompositio-
                                        nen spezialisiert sowie der Aufgabe verschrieben hat, die
                                        Welt mit zeitgenössischen Fagott-Stücken vertraut zu
                                        machen. Als gefragte Vortragende ist Lorelei Dowling
                                        ebenfalls weltweit aktiv. Seit 2013 ist Dowling Dozentin
                                        für den Master-Lehrgang in Komposition am Katarina-
                                        Gurska-Institut in Madrid. Ihre erste zeitgenössische
                                        Solo-Fagott CD «I was like WOW» erschien 2017. Seit
Lorelei Dowling                         2018 macht Dowling ihren Dr. artium mit Schwerpunkt
                                        Kontraforte an der Universität für Musik und darstellen-
                de Kunst Graz, Österreich. Im selben Jahr trat sie der Fakultät der Lucerne
                Festival Academy bei.

            Sylvain Cambreling
              Der gebürtige Franzose Sylvain Cambreling ist erster Gastdirigent des Klangfo-
              rum Wien und gilt als Meister der zeitgenössischen Musik. Mit Beginn der
              Spielzeit 2018/19 wurde er Chefdirigent der Symphoniker Hamburg. Von 2012 bis
              2018 war Sylvain Cambreling Generalmusikdirektor an der Staatsoper Stuttgart.
              1993 wechselte er nach einem Jahrzehnt als Musikdirektor an der Monnaie in
              Brüssel an die Frankfurter Oper. Zu seinen bedeutendsten Opernproduktionen
              gehören Pelléas et Mélisande und Les Troyens bei den Salzburger Festspielen
              sowie Wozzeck, Fidelio und der Ring in Frankfurt. Regelmässig dirigierte er auch
              an der Pariser Opéra, darunter Saint François d’Assise, Pelléas et Mélisande, Kát’a
              Kabanová und La clemenza di Tito. Sylvain Cambreling leitete Klangkörper wie die
              Wiener und Berliner Philharmoniker, das Tonhalle Orchester Zürich, die Radiosin-
              fonieorchester in Frankfurt, Hamburg, Berlin, Hannover, Köln, Kopenhagen und
                                      Stockholm, das Philharmonia Orchestra und das BBC
                                      Symphony Orchestra in London.
                                      Sylvain Cambreling stellt in Konzerten gerne kontrastie-
                                      rende, aber dennoch verwandte Werke gegenüber,
                                      darunter Berlioz’ La Damnation de Faust und Schumanns
                                      Szenen aus Goethes Faust. Eines seiner kühnsten
                                      Projekte war die Aufführung der drei grössten Werke
                                      Messiaens an aufeinanderfolgenden Abenden: die
                                      Turangalîla-Symphonie, Éclairs sur l’au-delà… und La
                                      Transfiguration de Notre Seigneur Jésus-Christ. 2009
                                      gewann Sylvain Cambreling den ECHO Klassik als Dirigent
                                      des Jahres und den Preis der Deutschen Schallplattenkritik
Sylvain Cambreling, © Marco Borggreve für die beste Aufnahme von Orchesterwerken. Im

12          Programm 10.9.2021 | Beethoven erzählt
folgenden Jahr erhielt er den MIDEM Classical Award für zeitgenössische Musik
für seine Einspielung von Werken Olivier Messiaens mit dem SWR Sinfonieorches-
ter Freiburg und Baden-Baden. Im Jahr 2012 wurde er mit dem Bundesverdienst-
kreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Kammerorchester Basel
Das Kammerorchester Basel, eines der führenden Kammerorchester des
internationalen Musiklebens, gastiert regelmässig auf den wichtigsten Festivals
und in den bedeutendsten Konzerthäusern. Eine Diskographie mit über 30
preisgekrönten Einspielungen zeugt von der exzellenten Qualität des vielseitigen
Klangkörpers, der 2019 als erstes Orchester mit einem Schweizer Musikpreis
ausgezeichnet wurde. Das Kammerorchester Basel arbeitet mit KünstlerInnen
wie Sol Gabetta, Nuria Rial und Christoph Prégardien zusammen und präsentiert
sein breites Repertoire von Barock in historischer Aufführungspraxis, Klassik in
historisch informierten Interpretationen bis hin zu zeitgenössischer Musik. Unter
der Leitung seines Principal Guest Conductor Giovanni Antonini führt das
Orchester im Wechsel mit dem Ensemble Il Giardino Armonico bis ins Jahr 2032
alle 107 Sinfonien Joseph Haydns auf und spielt sie auf CD ein. Ein Herzstück der
Arbeit bildet zudem die zukunftsweisende Vermittlungsarbeit. Seit 2019 ist die
Clariant Foundation Presenting Sponsor des Kammerorchester Basel.

                        Kammerorchester Basel, © Lukasz Rajchert

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� �
      4½ Jahreszeiten
     Oper
      Eine
      Sinfonie-
      Überschreibung
      mit
      Zwischentönen
     Ab 18.9.2021

      Konzept, Inszenierung,
      Bühne, Video:
      Thom Luz
      Musikalische Leitung:
      Mathias Weibel
      Kammerorchester Basel theater-basel.ch

14    Programm 10.9.2021 | Beethoven erzählt
Chemistry Is the
   Science of Change
The perfect combination of harmony, tempo, and rhythm
creates music that moves us. Likewise, if we want to
get something moving in terms of climate change, we
need science-based targets. To keep global warming
well below 2°C, we will reduce absolute Scope 1 and
2 greenhouse gas emissions by 40% and Scope 3 from
purchased goods and services by 14% by 2030. Setting
targets that are grounded in climate science is our
contribution to a net-zero economy.

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        Into the New
        on reports.clariant.com

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Nächste Konzerte

Sa 11.9.2021 – 12.30 Uhr, Tituskirche Basel              Di 5.10.2021 – 19.30 Uhr, Don Bosco Basel

Mittagskonzert im Rahmen des «Europäischen               MAJESTÄTEN mit Sinfonien von J. Haydn
Tag des Denkmals» (Eintritt frei) mit Werken             Christian Tetzlaff Violine,
von B. Bartók, R. Kelterborn u.a.                        Giovanni Antonini Leitung
Thomas Herzog Leitung
                                                         Mi 20.10.2021 – 15.00 Uhr, Don Bosco Basel
So 12.9.2021 – 16 Uhr, Stadtcasino Basel
                                                         ZVIERI-KOSTPROBE L. v. Beethoven
«Peter und der Wolf», Familienkonzert in                 Klavierkonzert Nr. 3
Kooperation mit dem Orgelfestival                        Alexandra Dovgan Klavier,
                                                         Umberto Benedetti Michelangeli Leitung
Sa 18.9.2021 – 19.30 Uhr, Theater Basel
                                                         Fr 29.10.2021 – 21.00 Uhr, Don Bosco Basel
Opernpremiere 4½ JAHRESZEITEN, eine
Sinfonie-Überschreibung mit Zwischentönen                Nachtklang EMBRACING HOME
                                                         Ernest Bloch, Streichquartett Nr. 1 h-Moll
Sa 25.9.2021 – 20.00 Uhr, Don Bosco Basel
                                                         Mo 1.11.2021 – 19.30 Uhr, Stadtcasino Basel
DON BOSCOS GARDEN Konzertlaboratorium
mit Werken der Bach-Familie                              KENNEDY mit Werken von L. v. Beethoven,
Jean Rondeau Cembalo und Leitung, Julia                  Nigel Kennedy und Sergei Prokofjew
Schröder Violine, kuratierendes Trio: Chris-             Nigel Kennedy Violine,
toph Dangel Violoncello, Stefan Preyer Bass,             Baptiste Lopez Violine und Leitung
Janiv Oron Medienkünstler                                Weitere Konzerte: Victoria Hall Genf,
                                                         Philharmonie am Gasteig München,
                                                         Philharmonie Berlin

              Wählen Sie Ihre Lieblingskonzerte und buchen Sie Ihr Abo.
              www.kammerorchesterbasel.ch | 061 306 30 44 (Mo bis Do, 10.30 – 12.30 Uhr)
              oder bei Bider und Tanner

Impressum

Herausgeber              Kammerorchester Basel           Texte       Florian Hauser
Geschäftsführung         Marcel Falk                     Design      Stadtluft
Redaktion                Peter Dellbrügger,              Druck       Druckerei Thoma AG
		                       Anna Maier

Inhaber von Urheberrechten, die wir nicht ermitteln konnten,
werden wegen nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.
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