As Long as I'm Walking - Francis Alÿs
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Francis As Long as Alÿs I’m Walking 15.10.2021 – 16.1.2022 Ausstel lungsführer MUSÉE CANTONAL DES BEAUX-ARTS LAUSANNE
Einführung Francis Alÿs (*1959 in Antwerpen) wendet indem er bestimmte Gegenstände zieht, sich nach seinem Architekturstudium der schiebt oder trägt, die als Hinweis dienen, bildenden Kunst zu, als er sich in Mexiko- um die durch den Körper in Bewegung Stadt aufhält, wo er sich 1986 niederlässt. erzählte Geschichte zu verstehen. Auf seinen zahlreichen Spaziergängen durch die Metropole beobachtet und doku Während Alÿs in den meisten seiner frühen mentiert er das tägliche Leben in der Videos als Protagonist auftritt, steht er und um die Hauptstadt mittels performa in einer 1999 begonnenen Werkserie, den tiver Aktionen. Die Stadt wird zu seinem Children’s Games («Kinderspiele»), hinter Material, und der Körper in Bewegung so der Kamera. In diesen in verschiedenen wie die Spielregeln, die er sich selbst Ländern gedrehten Videos treffen die ima auferlegt, werden zu seinen Instrumenten, ginären Räume der Kindheit auf die fikti während der Film die Spur seiner Aktio ven Räume des Künstlers und bieten ihm nen festhält. Im Lauf der Jahre dehnt Alÿs einen Einstiegsort, um sich unbekannten seine Streifzüge auf andere urbane Situationen oder Kontexten zuzuwenden. Räume – von Havanna über Venedig und So beobachtet Alÿs während seiner ers Jerusalem bis nach London – aus, indem ten Reise nach Kabul im Jahr 2010 spielen er jeden dieser Orte durch seine Routen de Kinder und filmt eines ihrer Lieblings für sich neu erfindet. In seinem gesam spiele, das ihn zu Reel-Unreel (2011) ten Werk hinterfragt er die Verknüpfung inspiriert, einem der zentralen Werke, die zwischen künstlerischem Schaffen und aus seinen Recherchen in Afghanistan politischer Intervention, arbeitet jedoch hervorgehen und die in Lausanne zusam stets mit Anspielungen sowie mit be men mit Gemälden und Arbeiten auf Papier merkenswerter Präzision und Effektivität, gezeigt werden. In diesem Projekt wie indem er die poetische Vieldeutigkeit dem in seinen urbanen Streifzügen enthüllt der frontalen politischen Kommentar vorzieht. Künstler das zutiefst subversive Potenzial des Spiels und der Fiktion und ermöglicht Die Ausstellung As Long as I’m Walking uns, die Realität wenn nicht neu zu ge bietet einen Überblick über die Videoarbei stalten, so doch anders zu denken. ten der letzten dreissig Jahre. Dabei steht ein zentrales Thema des Künstlers, das Gehen, im Mittelpunkt. Durch seine schein bar harmlosen Streifzüge erdenkt sich Alÿs nicht nur die Stadt, sondern er erzählt auch Geschichten, verbreitet Gerüchte und kartografiert das soziale Gefüge durch mehr oder weniger lange Aktionen,
1. Etage Children’s Games Raum 1 Seit 1999 filmt Alÿs Kinderspiele, die er auf einander, als der Junge sein Spiel unter seinen Reisen in Städten, Dörfern oder bricht, da er das Geräusch eines Militär in Kriegsgebieten beobachtet. Diese Video hubschraubers hört: An die Stelle der reihe, die er bis heute fortführt, hat er Silhouette seines Drachens tritt jene des unter dem Titel Children’s Games zusam Kriegsgeräts. In Children’s Game #11 mengefasst. Auch wenn die Spiele, die (Wolf and Lamb) versucht eine Gruppe er filmt, gewisse Sitten, Bräuche und Ritu von Jungen, einen ersten Spieler, das ale einer bestimmten Region spiegeln, «Lamm», vor einem zweiten Spieler, dem überrascht die ganze Serie durch die Uni «Wolf», zu schützen, indem sie diesen versalität der Gesten und Regeln, die daran hindern, in den Kreis einzudringen, sich von einem Land zum anderen wieder den sie bilden, indem sie sich an den holen: Reise nach Jerusalem, Drachen Händen halten, um der Beute Schutz zu steigen lassen, Murmeln, Sandburgen, bieten. Zwischen Provokationen und Schnick–Schnack–Schnuck… In dieser Drohungen, Gruppendynamik und List in Serie zeigt Alÿs das Spiel als ungemein szeniert dieses Spiel die in der Gesell poetische und unproduktive Tätigkeit, schaft allgemein vorherrschenden Codes die sich am Rand entfaltet und es den Prot der Ein- und Ausgrenzung, wobei sich agonisten erlaubt, Geschichten zu erfin das Kinderspiel als kleine Allegorie der Er den, Verbindungen zu knüpfen und mit dem wachsenenwelt zu erkennen gibt. Raum zu experimentieren. Die beiden in diesem Raum präsentierten Kinderspiel-Videos wurden 2011 in Afghanistan gedreht, als der Künstler auf Einladung der dOCUMENTA (13) – einer alle fünf Jahre in Kassel stattfindenden Ausstellung zeitgenössischer Kunst –, Reisen in dieses Land unternahm. In Children’s Game #10 (Papalote) hält ein Junge die fast unsichtbare Schnur eines Drachens in den Händen, den er mit lebhaften, präzisen Gesten bewegt. Das Spiel besitzt aufgrund des Kontexts, in dem es ausgeübt wird, einen subversiven Wert, weil die Taliban das Steigenlassen → 1. Children’s Game #10 (Papalote), 2011 von Drachen verboten haben. Die Welt der → 2. Children’s Game #11 (Wolf and Kindheit und jene der Gewalt treffen auf Lamb), 2011
1. Etage Afghanistan Projekt, Raum 2 2010 – 2014 Zwischen 2010 und 2014 hält sich Francis Kriegsbilder zu gönnen. Auch wenn all Alÿs mehrmals in Afghanistan auf, so diese Gemälde täuschend echt an geome auch 2013 als eingebetteter «Kriegskünst trische Abstraktionen erinnern, sind sie ler» in der Task Force der britischen doch auch eine Art, über eine Realität zu Armee in der Provinz Helmand. In diesem berichten, die sich der Darstellung entzieht. Zusammenhang ist das Zeichnen für ihn nicht nur eine Möglichkeit, zu den Soldaten, In der Mitte des Raums zeigt Sometimes mit denen er zusammen ist und die sich Doing Is Undoing and Sometimes für seine Tätigkeit interessieren, in Bezie Undoing Is Doing (2013) auf zwei Rücken hung zu treten, sondern auch seine an Rücken hängenden Monitoren Auf Erfahrungen des Orts und des Krieges nahmen von zwei einzeln gefilmten Män zu verarbeiten. Die Zeichnungen, die nern, die ihre Waffe auseinandernehmen er anfertigt, sind Kommunikationsmittel, und wieder zusammensetzen. Diese Notizen, Beobachtungen, eine katharti Tätigkeit wird zum einen von einem nach sche Strategie und Vorskizzen für künftige Afghanistan entsandten britischen Sol Gemälde zugleich. Er stellt Collagen und daten und zum anderen von einem Taliban- abstrakte Formen zusammen, als wären Kämpfer ausgeübt. Obwohl beide die es aufeinanderfolgende Schichten, um gleichen Gesten vollziehen, sind ihre Mo Eindrücke zu schildern, die sich in einem tivationen und der Kontext, in dem sie Kriegskontext der Darstellung entziehen. gefilmt wurden, gegensätzlich. Das Werk verdeutlicht, wie sehr dieses Paradox In dieser Zeit entstehen auch nach der Teil der konträren Bewegungen ist, die Rückkehr in sein Atelier Gemälde mit farbi Kriegen zugrunde liegen, wie die Aktionen gen Quadraten und Rauten, die an die des Zusammensetzens und Auseinan Erkennungsabzeichen der Soldaten erin dernehmens, von Aufbau und Abbau, Be nern. Bereits 2011–2012 hatte er in einer drohen und Davonlaufen, Zerstörung Serie mit dem Titel Color Bars abstrakte und Wiederaufbau. Kompositionen mit einer Abfolge verti kaler Farbbalken geschaffen, die an die Testbilder des Fernsehens erinnerten, das heisst an jene Bilder, die auf den Bild schirmen erschienen, um das Programm ende anzuzeigen, bevor die analoge Tech → 3. Afghanistan Projekt, 2010 – 2014 nik von der digitalen abgelöst wurde. (Zeichnungen und Gemälde) Der Nachrichtenfluss des Mediums wurde → 4. Sometimes Doing Is Undoing and in der Nacht unterbrochen, um den Sometimes Undoing Is Doing Zuschauer*innen eine kurze Pause ohne (AK47 – Sa80), 2013
1. Etage Reel-Unreel Raum 3 Auf seiner ersten Afghanistanreise sieht Kindeshöhe, ein indirektes Porträt von Alÿs Kindern beim Spielen zu und beob Kabul und seinen Bewohner*innen. Inspi achtet das beliebteste lokale Spiel, das da riert von der Inbrandsteckung Tausender rin besteht, Veloreifen mit Hilfe eines von Filmrollen aus afghanischen Filmarchi Stocks zum Rollen zu bringen. Das 2010 in ven durch die Taliban im September Bamiyan gedrehte Video Children’s 2001, ist Reel-Unreel somit mehr als die Game #7 (Hoop and Stick) zeigt, wie sich Inszenierung eines Spiels. Der Film be Jungen diesem Spiel widmen und dann leuchtet das zutiefst subversive Potenzial ihre Leistungen vergleichen. Einige Details des Spiels, der Fiktion und in diesem – die Kleidung der Spieler, die Lehm Fall des Kinos, was durch das Wortspiel architektur, einige Hintergrundgeräusche – des Titels – reel/real (Spule/real), unreel/ situieren die Szene, während die Einfach unreal (abspulen/unreal) – unterstrichen heit des Spiels, die offensichtliche Freude wird. Der Titel bezieht sich auch auf das der Kinder, ihre grenzenlose Hingabe Bild, das sich der Westen von Afghanistan an diese ebenso grundlegende wie freie macht, eine Fiktion, die durch den Bilder Tätigkeit mit dem Bild eines Lands im flut der Medien entsteht. Kriegszustand kontrastieren. Dieses Spiel inspiriert eines der zentralen Werke, das aus den Recherchen und der Arbeit des Künstlers in Afghanistan hervorging, den Film Reel-Unreel (2011). Der in Kabul gedrehte Streifen beginnt mit dem gleichen Spiel wie Hoop and Stick und zeigt zwei Jungen, die durch die stau bigen, steilen Strassen der Hauptstadt laufen. Der eine schiebt eine rote Filmrolle vor sich her, deren Film sich im Rhyth mus des Laufs abwickelt, der andere spult den Film auf eine leere Rolle auf, die er mit der Hand schiebt. Manchmal macht sich die Rolle selbstständig und kullert den Hang hinunter, bevor der Junge sie in der Kurve einer Gasse wiederfindet. Der von seinem holprigen Weg zerkratzte → 5. Children’s Game #7 (Hoop and Film trägt den Staub der Stadt, und die Stick), 2010 Kamera, die ihm folgt, zeigt, meist auf → 6. Reel-Unreel, 2011
Verzeichnis der Werke der 1. Etage 1 4 Children’s Game #10 (Papalote), 2011 Sometimes Doing Is Undoing Video, Farbe, mit Ton, 4'13'' and Sometimes Undoing Is Doing Balkh, Afghanistan (AK47 – Sa80), 2013 In Zusammenarbeit mit Julien Devaux 2-Kanal-Video, Farbe, mit Ton, 5'42'' und Félix Blume FOB Shawqat, Provinz Helmand und Provinz Herat, Afghanistan 2 In Zusammenarbeit mit Ajmal Maiwandi Children’s Game #11 (Wolf and Lamb), 2011 und den in Afghanistan stationierten Video, Farbe, mit Ton, 3'01'' britischen Streitkräften Yamgun, Afghanistan In Zusammenarbeit mit Julien Devaux 5 und Félix Blume Children’s Game #7 (Hoop and Stick), 2010 Video, Farbe, mit Ton, 5'22'' 3 Bamiyan, Afghanistan Afghanistan Projekt, 2010 – 2014 In Zusammenarbeit mit Natalia Almada Auswahl von Gemälden und Zeichnungen Mischtechniken, unterschiedliche 6 Abmessungen Reel-Unreel, 2011 Courtesy Ihrer Majestät die Königin Video, Farbe, mit Ton, 19'32'' Kabul, Afghanistan In Zusammenarbeit mit Julien Devaux und Ajmal Maiwandi Falls nicht anders angegeben, sind alle Werke courtesy des Künstlers und der Galerien Peter Kilchmann (Zürich) und David Zwirner (New York, London, Paris, Hongkong)
1. Etage Raum 1 Raum 2 3 Afghanistan Projekt 3 2 Children’s Game #11 (Wolf and Lamb) → Eingang 4 4 Sometimes Doing Is Children’s Game #10 Undoing and Sometimes (Papalote) Undoing Is Doing 1 (AK47 – Sa80) Afghanistan Projekt 3
Raum 3 5 Children’s Game #7 (Hoop and Stick) Reel-Unreel 6
2. Etage → 4 11 Eingang Perro Durmiendo Re-enactments 5 6 1 Paradox of The As Long as Praxis 1 Collector I’m Walking Looking Up 7 8 Duett Children’s Game #1 (Caracoles) 9 2 Patriotic Tales Ambulantes Magnetic Shoes 3 10
15 Albert’s Way Railings 12 18 Prohibited Steps 13 Retoque/Painting Paradox of Praxis 5 16 The Green Line Semáforos 14 17
2. Etage As Long as I’m Walking Auf dieser Etage wird die Ausstellung und Ertrag: Mehr als neun Stunden lang durch ein Wandtext eröffnet, das aus Sät schob Alÿs einen grossen rechteckigen zen besteht, die Francis Alÿs im Laufe Eisblock vor sich her, bis fast nichts mehr der Jahre geschrieben hat und das der von ihm übrigblieb. Lausanner Schau ihren Titel gibt: As Long as I’m Walking (1992). In der Tat ist Alÿs In anderen Werken hinterfragt Alÿs explizi seit mehr als dreissig Jahren zu Fuss unter ter die Beziehung zwischen künstleri wegs. Seine Begehungen begannen schem Akt und politischer Intervention. in Mexiko-Stadt, seiner Wahlheimat seit In The Green Line (2004) zum Beispiel 1986. In dieser Stadt filmte er die meisten geht der Künstler mit einem Topf grüner seiner Streifzüge, bevor er sie auf andere Farbe in der Hand der Grenze entlang, städtische Räume ausdehnte. die im Waffenstillstand von 1949 zwischen Israel und den arabischen Staaten fest In einer seiner ersten Arbeiten, The gelegt wurde, eine «grüne Linie», die sich Collector (1990–1992), läuft Alÿs durch seit dem Sechstagekrieg von 1967 und Mexiko-Stadt und zieht an einer Leine der Besetzung der palästinensischen Ge einen Magneten auf Rädern, der nach und biete weiter nach Osten verschob. So nach alle Metallrückstände auf seinem reaktiviert Alÿs die ursprüngliche Grenze, Weg anzieht. Hier arbeitet der Künstler wie auf die er mit seinem Gang hinweist, ein Archäologe oder ein Detektiv, der und hinterlässt dabei einen unregelmässi Indizien sammelt. An anderer Stelle ist zu gen Fluss grüner Farbe auf dem Boden, sehen, wie die einfache Tatsache, sich eine schwache, doch für die Dauer der ohne offensichtliches Ziel im urbanen Raum Aktion sehr reale Spur. zu bewegen, die sich dort abspielende soziale Dynamik unmerklich verändert. Wenn Alÿs auf einem Platz steht und in die Höhe blickt, als ob er etwas beobachtet, und dadurch eine wachsende Menschen menge anzieht, die mit ihm die Leere absucht, bevor sich der Künstler aus dem Staub macht (Looking Up, 2001), schafft er ein Ereignis aus fast nichts. Das Gegen teil unternahm er in einer seiner emble matischsten Aktionen, Paradox of Praxis 1 (1997), die ebenfalls im Zentrum von Mexiko-Stadt stattfand, einer Allegorie des Missverhältnisses zwischen Aufwand
Verzeichnis und Beschreibungen der Werke der 2. Etage 1 3 As Long as I’m Walking, 1992 Ambulantes, 1992–2010 Wandtext Projektion von 35-mm-Dias Mexiko-Stadt, Mexiko Diese Liste, die Francis Alÿs über mehrere Jahre hinweg zusammenstellte, enthält Ambulantes ist eine Sammlung von Foto alles, was der Künstler nicht tut, wenn er grafien, deren Zahl im Laufe der Jahre geht: weinen, fliegen, rauchen oder zunahm und welche die informelle Nutzung malen. Sie macht das Gehen zu einer poe des öffentlichen Raums als alternativen tischen Disziplin und einem Akt des Wi Geschäftsort dokumentiert. So sieht man derstands, denn jeder urbane Streifzug ist Kaufleute oder Boten, die ihre Waren eine Zeitklammer, die den sozialen und durch die Stadt tragen, schieben und trans wirtschaftlichen Zwängen der Produktivi portieren, deren Strassen sich so den tät entzogen ist. üblichen räumlichen oder wirtschaftlichen Regelungen entziehen. 2 Patriotic Tales (Cuentos Patrióticos), 1997 4 Video, Farbe, mit Ton, 25'36'' Perro Durmiendo, 1999–2006 Dokumentation einer Aktion, Video, Farbe, mit Ton, 7'15'' Mexiko-Stadt, Mexiko Mexiko-Stadt, Mexiko In Zusammenarbeit mit Rafael Ortega Francis Alÿs fängt auf Bodenhöhe das Im Zusammenhang mit den Studenten Bild streunender Hunde ein, die im öffent protesten von 1968 in Mexiko-Stadt, bei lichen Raum schlafen. Nach Ansicht denen Tausende von Beamten in einer des Künstlers handelt es sich dabei um spontanen Protestaktion zu blöken began Figuren des Widerstands gegen die nen, stellt sich Francis Alÿs eine Action- urbane Entwicklung, da die Zähmung von Fiction vor, in der er Schafe um den sym Tieren oder der Ausschluss von Wild bolträchtigen Mast auf dem Zócalo drehen tieren aus den Stadtzentren historische lässt. In diesem perfekt choreografierten Marker der Moderne sind. Reigen wird der Anführer schliesslich zum Mitläufer.
5 7 Paradox of Praxis 1 (Sometimes Making Looking Up, 2001 Something Leads to Nothing), 1997 Video, Farbe, mit Ton, 3'33'' Video, Farbe, mit Ton, 9'54'' Dokumentation einer Aktion, Dokumentation einer Aktion, Mexiko-Stadt, Mexiko Mexiko-Stadt, Mexiko In Zusammenarbeit mit Rafael Ortega Mehr als neun Stunden lang schiebt Francis Alÿs steht regungslos auf einem Francis Alÿs einen Eisblock durch die Platz in Mexiko-Stadt und blickt in die Strassen von Mexiko-Stadt, bis von ihm Höhe, wobei er sich auf die Kraft der Sug nur noch eine Wasserlache übrigbleibt. gestion und den Nachahmungstrieb der Diese Aktion hinterfragt das Missverhältnis Passant*innen verlässt, von denen einige zwischen Aufwand und Ertrag, das den ihn schliesslich nachahmen. Dann macht lateinamerikanischen Alltag kennzeichnet: sich der Künstler diskret aus dem Staub Auch wenn der Aufwand gross ist, und hinterlässt eine Ansammlung von erweist sich der Ertrag als lächerlich. Menschen, die in den Himmel starren, ein Event, der aus fast nichts entstanden ist. 6 The Collector (Colector), 1990–1992 8 Video, Farbe, mit Ton, 8'56'' Duett, 1999 Dokumentation einer Aktion, Video, Farbe, mit Ton, 10'55'' Mexiko-Stadt, Mexiko Dokumentation einer Aktion, Venedig, In Zusammenarbeit mit Julien Devaux Italien und Octavio Iturbe In Zusammenarbeit mit Honoré d’O Francis Alÿs geht durch die Strassen Francis Alÿs und der belgische Künstler von Mexiko-Stadt und zieht dabei ein ma Honoré d’O kommen einzeln in Venedig an gnetisches Spielzeug auf Rädern hinter und gehen ziellos durch das Strassen sich her. Dieser «Magnethund» sammelt labyrinth der Stadt, wobei jeder die Hälfte die Metallrückstände ein, welche die einer Helikontuba trägt. Nach dreitägi Strasse verschmutzen, und schmückt sich gem Herumlaufen treffen sie sich schliess so mit Abfällen, die von Geschichten lich am Ende eines vom Zufall bestimm und Fragmenten des städtischen Lebens ten Parcours. zeugen.
9 11 Children’s Game #1 (Caracoles), 1999 Re-enactments, 2000 Video, Farbe, mit Ton, 4'34'' 2-Kanal-Video, Farbe, mit Ton, 5'23'' Mexiko-Stadt, Mexiko Dokumentation einer Aktion, Mexiko- In Zusammenarbeit mit Frédéric de Stadt, Mexiko Smedt, Constantin Felker und Julien In Zusammenarbeit mit Rafael Ortega Devaux Nach dem Erwerb einer Pistole in einem Gedreht in Mexiko-Stadt, ist Caracoles Geschäft in Mexiko-Stadt läuft Francis Alÿs das erste Video der sich ständig weiterent am helllichten Tag mit der Waffe durch wickelnden Serie Children’s Games. die Strassen und wird erst nach geraumer Darin filmt der Künstler einen einsamen Zeit von der Polizei verhaftet, deren Jungen in einer steilen Gasse von Mexiko- Trägheit dieses Video aufdeckt. Auf den Stadt, der mit dem Fuss auf eine halb beiden Monitoren sind zwei Fassungen leere Plastikflasche tritt. derselben Szene zu sehen: zum einen die Dokumentation der Aktion, zum anderen 10 deren Rekonstruktion. Magnetic Shoes (Zapatos Magnéticos), 1994 12 Video, Farbe, mit Ton, 4'24'' Railings, 2004 Dokumentation einer Aktion, Havanna, Video, Farbe, mit Ton (Park Crescent, Kuba 2'25'', Sample 1, 1'35'', Onslow Gardens, 1'21''), Ed. 3/4 Francis Alÿs wandert jeden Tag durch die Dokumentation einer Aktion, London, Strassen von Havanna und trägt dabei Grossbritannien magnetische Schuhe, auf denen die Metall In Zusammenarbeit mit Rafael Ortega rückstände, mit denen der Asphalt über und Artangel sät ist, hängen bleiben. Auf seinen täglichen Musée cantonal des Beaux-Arts Lausanne. Streifzügen sammelt er den Müll der Erwerbung, 2014 Stadt, der von den besuchten Orten zeugt, und bringt ihn in Umlauf. Francis Alÿs geht durch London und zieht einen Schlagzeugstock über die Gitter, um einen ortsspezifischen urbanen Klang zu erzeugen. Diese Partitur legt sich über die Geräusche der Umgebung – Hund gebell, heulende Sirene, Autolärm –, um daraus Musik zu machen.
13 15 Retoque/Painting, 2008 Albert’s Way, 2014 Video, Farbe, mit Ton, 8'31'' Video, Farbe, mit Ton, 3'48'' Dokumentation einer Aktion, Paraíso, Dokumentation einer Aktion, Panamá Mexiko-Stadt, Mexiko In Zusammenarbeit mit Raúl Ortega und In Zusammenarbeit mit Félix Blume Magali Arriola und Julien Devaux Francis Alÿs erneuert die Farbe der Mittel Sieben Tage lang legt Francis Alÿs von streifen der Strasse am Panamakanal, 9 Uhr morgens bis 19 Uhr abends in der seit 1914 den Pazifik mit dem Atlantik seinem Atelier eine Strecke von 118 km verbindet. Die Aktion des Künstlers unter zurück, die jener der Pilger auf dem engli streicht die Schwierigkeit, die Komple schen Jakobsweg nach Santiago de xität der historischen Probleme eines Compostela entspricht. Diese Aktion be bestimmten Orts durch Kunst darzustellen zieht sich auf eine Anekdote, laut der Albert und zu vermitteln. Speer, der Architekt des Dritten Reiches, während seiner Gefängniszeit eine Welt 14 umrundung in seiner Zelle unternommen The Green Line (Sometimes Doing haben soll. Something Poetic Can Become Political, and Sometimes Doing Something 16 Political Can Become Poetic), 2004 Paradox of Praxis 5 (Sometimes We Video, Farbe, mit Ton, 17'41'' Dream as We Live and Sometimes We Dokumentation einer Aktion, Live as We Dream), 2013 Jerusalem, Israel Video, Farbe, mit Ton, 7'49'' In Zusammenarbeit mit Philippe Bellaiche, Dokumentation einer Aktion, Ciudad Rachel Leah Jones und Julien Devaux Juárez, Mexiko In Zusammenarbeit mit Rafael Ortega, Mit einem mit grüner Farbe gefüllten Julien Devaux, Alejandro Morales durchlöcherten Topf in der Hand geht und Félix Blume Francis Alÿs in Jerusalem den Teil der «grünen Linie» entlang, der die Stadt teilt. Nachts in Ciudad Juárez – einer Grenzstadt Auf dem Boden zeichnet er symbolisch zwischen Mexiko und den Vereinigten die Grenze nach, die im Waffenstillstand Staaten, die für ihre endemische Gewalt von 1949 zwischen Israel und den arabi berüchtigt ist – läuft Francis Alÿs durch schen Staaten festgelegt wurde und sich die verwüsteten Strassen und kickt einen 1967 nach dem Sechstagekrieg ver brennenden Ball vor sich her. Das Feuer schob, was zur Besetzung der palästinen erhellt kurz die Umgebung und entwirft all sischen Gebiete östlich der Demarkations mählich die Kartografie einer Geisterstadt. linie führte.
17 2. Etage, Sammlung: Semáforos, 1995 – heute Video, Farbe, mit Ton, 9'57'' Choques, 2005 Aus aller Welt 9-Kanal-Video-Installation, Farbe, mit Ton (Camera Lateral, 1'50''; Frontal Semi Close, Semáforos ist eine Sammlung von Bildern, 1'44''; Diagonal Piso, 2'53''; Frontal, 1'47''; die Francis Alÿs auf seinen Reisen auf Diagonal Ventana, 1'35''; CCTV, 3'39''; nahm, und entwirft eine globale urbane Frontal Piso, 0'27''; Lateral+Back, 3'08''; Geografie, deren gemeinsamer Nenner die POV Perro, 3'01''), Ed. von 4 Ex., E. A. 1/2 Silhouette des Fussgängers der Verkehrs Mexiko-Stadt, Mexiko ampeln ist, des Symbols des Stadt Collection du Fonds d’art contemporain wanderers. de la Ville de Genève 18 Mit Choques, einem Video, das neun in den Prohibited Steps, 2020 Räumen verteilte Monitore bespielt, Video, Farbe, mit Ton, 3'22'' hält die Werkschau Einzug in die Dauer Dokumentation einer Aktion, Insel ausstellung des Musée cantonal des Lamma, Hongkong Beaux-Arts. Die neun Kanäle zeigen alle dieselbe Szene aus leicht unterschiedli Mit verbundenen Augen und zögernden chen Blickwinkeln. Der Künstler stolpert an Schritten bewegt sich Francis Alÿs einer Strassenecke in Mexiko-Stadt über auf dem Flachdach eines Bungalows. Das einen streunenden Hund. Die neun erhöht Video wurde im Oktober 2020 am elften angebrachten Monitore sind so verteilt, Tag der dem Künstler in Hongkong aufer dass die Besucher*innen beim Rundgang legten Quarantäne gedreht und doku jeweils nur eine Szene sehen können. mentiert die räumliche Enge und die damit Choques spielt folglich mit dem Gefühl verbundene Einsamkeit in Zeiten der des «Déjà-vu», der Wiederholung ein und Pandemie. In erweitertem Sinn bezieht sie desselben Ereignisses in aufeinander sich auf das Problem der Freiheitsräume. folgenden Räumen und erinnert sowohl durch seine Konstruktion als auch durch die Art seiner Präsentation an die Art und Weise, wie Überwachungs kameras jede unserer Bewegungen im öffentlichen Raum aufzeichnen.
Organisation Ausstellungskuratorin: Nicole Schweizer (Hg.), Nicole Schweizer, Francis Alÿs. As Long as I’m und Konservatorin zeitgenössische Walking, mit Beiträgen von Kunst, in Zusammenarbeit mit Julia Bryan-Wilson, Luis Pérez- Elisabeth Jobin, wissenschaft Oramas und Judith Rodenbeck, Publikation liche Mitarbeiterin Ko-Edition Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne und JRP Editions, Genf 2021 (zwei Ausgaben in F und E), 160 S., 277 Abb. CHF 50.– im Buchhandel / CHF 45.– im Buchshop des MCBA während der Ausstellung → shop.mcba@vd.ch
Rendez- Reservierung erforderlich für alle Rendezvous Familienführung (auf Französisch): vous →mcba.ch/agenda «Jeux de rues d’ici et d’ailleurs» Führung (auf Französisch): Sonntag 14. November, Jeden Donnerstag um 12. Dezember und 9. Januar, 18.30 Uhr, jeden Sonntag um 15–16.30 Uhr 11 Uhr (ausser am 26. Dezember) Die Videoserie Children’s Games anschauen und die Guided tour (in English): beobachteten Spiele in der Jeden ersten Sonntag des Familie nachspielen. Monats um 14 Uhr Workshop für Kinder Führung für die Amis du (auf Französisch): Musée (auf Französisch): «Bouger dans la ville» Donnerstag 11. November um Samstag 13. November, 18 Uhr 11. Dezember und 8. Januar, Mit Nicole Schweizer 14–16 Uhr Nach der Besichtigung der Führung mit der Ausstellung durchstreifen die Ausstellungskuratorin Kinder die Stadt und stellen (auf Französisch): sich Spuren und Anzeichen Donnerstag 2. Dezember um ihrer Bewegungen im urbanen 18.30 Uhr und Sonntag Raum vor. 16. Januar um 15 Uhr 6–12 Jahre CHF 15.– Vortrag: Donnerstag 18. November um Workshop für Erwachsene 18.30 Uhr (auf Französisch): «Francis Alÿs: il n’y a pas de Samstag 20. November, pas perdus» 14–17 Uhr Von Thierry Davila, Philosoph Im Gehen verschiedene und Kunsthistoriker Zeichentechniken erproben. Eintritt frei Mit Stephanie Pfister, Künstlerin CHF 70.– / 50.– Begleitheft (auf Französisch): Ab 7 Jahren Gratis, am Empfang erhältlich Programm für Schulen und private Besuche: → mcba.ch
Ihr Museumsshop: shop.mcba@vd.ch Weitere Herbstausstellungen im MCBA: Besuch Café-Restaurant Le Nabi: Espace Projet Reservierung empfohlen Unique et multiple. Neuere T. +41 21 311 02 90 Werke aus der Kunstsammlung info@lenabi.ch der BCV 24.9.2021 – 9.1.2022 Musée cantonal des Eintritt frei Beaux-Arts PLATEFORME 10 Espace Focus Place de la Gare 16 Aloïse Corbaz. Im Papierwahn 1003 Lausanne 22.10.2021 – 23.1.2022 Schweiz Eintritt frei www.mcba.ch Die Sammlung @ mcbalausanne Eintritt frei @ mcba.lausanne Ausstellungspartner Hauptpartner – Bau MCBA
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