Chancengleichheit in Anstellungsverfahren - ein Leitfaden
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A BTEIL U NG FÜR DIE GLE ICHS T E L L UNG V ON F RAUEN UND M ÄNN E RN Chancengleichheit in Anstellungsverfahren – ein Leitfaden
Inhalt Einleitung Chancengleichheit und Qualitätssicherung 3 Akteurinnen und Akteure Die Wahlkommission, die Abteilung für die Gleichstellung (AfG) und die Gleichstellungsdelegierten der Fakultäten 5 Das Anstellungsverfahren nach Phasen Rechtliche Grundlagen und Empfehlungen 6 Strukturkommission 6 Ausschreibung 7 Zusammensetzung der Wahlkommission 8 Auswahlverfahren 9 Beratung und Listenbildung 13 Rechtliche Grundlagen 14 Anhang Beispiel Synopse 16 Beispiel Kriterien für die Beurteilung von Bewerbungen 18 Beispiel Beurteilungskriterien für Probevorträge 19 Beispiel Ablauf Kommissionsgespräche 20
3 Einleitung Chancengleichheit und Qualitätssicherung Die Universität Bern betrachtet die Umsetzung der tatsäch- Der Aktionsplan Gleichstellung lichen Gleichstellung von Frauen und Männern als eines der Universität Bern 2013 – 2016 umfasst neben Massnahmen ihrer zentralen Anliegen. In der Strategie 2021 setzt sie sich im Bereich der Anstellungen wei- unter anderem das Ziel eines angemessenen Anteils beider tere 6 Handlungsfelder: Geschlechter auf allen Stufen. Weiter soll «die tatsächliche www.gleichstellung.unibe.ch Gleichstellung […] von allen aktiv umgesetzt» werden (Stra- tegie 2021, Kap. 5.8). Im Aktionsplan Gleichstellung der Universität Bern 2013-16 setzt sich die Universität das Ziel, bis 2016 bei den Professuren einen Frauenanteil von 25% zu Weiterführende Literatur erreichen (Aktionsplan Gleichstellung, S. 6). zu Chancengleichheit in Beru- fungsverfahren: Insbesondere auf der Stufe der Professuren ist ein «angemes- Färber, Christine. Ulrike Span- sener Anteil beider Geschlechter» deutlich noch nicht erreicht. genberg (2008): Wie werden Professuren In den letzten Jahren konnte der Frauenanteil hier zwar erhöht besetzt? Chancengleichheit in werden, mit aktuell knapp 18% bei den ausserordentlichen Berufungsverfahren. Frankfurt/ und ordentlichen Professuren ist er jedoch immer noch tief New York: Campus. und liegt deutlich unter der Zielvorgabe von 25%. Ein wich- tiger Ansatzpunkt für Chancengleichheit und die Erhöhung Färber, Christine. Ute Riedler des Frauenanteils bei den Professuren sind gute und faire (2011): Black Box Berufung. Strategien Anstellungsverfahren. auf dem Weg zur Professur. Im Anstellungsreglement werden dazu folgende Grundsätze Frankfurt/New York: Campus. festgehalten: In den Anstellungsverfahren ist die tatsächliche Gleichstel- Handreichung Genderation lung von Frauen und Männern gewährleistet. Den Anliegen BeSt (2013). Untersuchung von geschlechterneutralen und der Frauenförderung ist spezifisch Rechnung zu tragen. gendersensiblen Berufungsstra- (Anstellungsreglement, Art. 4) tegien. Insb. Handlungsem- pfehlungen ab S. 55. Die Anstellungsverfahren sind transparent auszugestalten Online Download unter: www.genderation-best.de und zu handhaben. Die Auswahl von Kandidatinnen und Kandidaten erfolgt sorgfältig und begründbar. (Anstel- lungsreglement, Art. 20, Abs. 1-2) Der vorliegende Leitfaden gibt einerseits einen Überblick über rechtliche Grundlagen rund um die Anstellungsverfahren an der Universität Bern, insbesondere anhand des Anstellungs- reglements sowie des Gleichstellungsreglements. Andererseits enthält er Empfehlungen/Hinweise für die verschiedenen
4 Chancengleichheit in Anstellungsverfahren Phasen eines Anstellungsverfahrens, die die Chancengleich- heit erhöhen sollen. Transparenz und Qualität von Anstel- lungsverfahren, d. h. die faire und differenzierte Beurteilung aller eingehenden Bewerbungen, erhöht auch die Chancen- gleichheit und führt schliesslich zum Ziel, «die Beste» respek- tive «den Besten» für eine Professur zu finden. Im Anhang des Leitfadens finden sich Beispiele zu verschiedenen Arbeitsin- strumenten, wie z. B. zur Synopse, zu Kriterienlisten und zum Ablauf der Kommissionsgespräche, die nach fachspezifischem Kontext angepasst werden können. Der Leitfaden richtet sich an alle, die in Anstellungsverfahren mitarbeiten – ganz im Sinne der Strategie 2021, wonach Gleichstellung von allen aktiv umgesetzt werden soll.
5 Akteurinnen und Akteure Die Wahlkommission, die Abteilung für die Gleichstellung (AfG) und die Gleich- stellungsdelegierten der Fakultäten Alle Kommissionsmitglieder haben die Aufgabe, die Transpa- Die Mitwirkung von Gleich- renz von Anstellungsverfahren und damit auch die Chancen- stellungsbeauftragten in Anstel- lungsverfahren wirkt sich gleichheit zu fördern und zu sichern. Eine wichtige Rolle positiv auf die Anstellung von kommt insbesondere der oder dem Vorsitzende/n der Wahl- Professorinnen aus. Vgl. kommission zu. Die den Vorsitz führende Person leitet den Prozess und prägt in dieser Funktion die Rahmenbedingungen Drack, Sibylle (2006): und die «Kultur» eines Verfahrens massgeblich. Die Mitwirkung von Gleich- stellungsbeauftragten in Ernen- nungsverfahren – eine An der Universität Bern wirkt jeweils eine Vertretung der Qualitätssicherungsmassnahme Abteilung für die Gleichstellung als BeobachterIn ohne Stimm- auf dem Prüfstand. In: recht in Anstellungsverfahren mit (ausser in der Medizinischen Wer sind die Besten? Chancen- gleichheit in Berufungsver- Fakultät). Die AfG ist daher entsprechend vor Beginn eines fahren. Bern: Schweizerische Verfahrens mit den nötigen Informationen zur Mitarbeit zu Eidgenossenschaft, S. 60ff. versehen (vgl. Anstellungsreglement, Art. 20, Abs. 4). Nach dem Verfahren verfasst die mit dieser Aufgabe betraute Person einen Mitbericht, der zusammen mit dem Kommissi- onsbericht und dem Anstellungsantrag an die Fakultät und die Universitätsleitung geht. Gemäss Anstellungsreglement (in Kraft seit Januar 2013) arbeitet neben der Vertreterin oder dem Vertreter der AfG zusätzlich jeweils «eine mit Gleichstellungs- und Gender- aspekten betraute Person der Fakultät» mit (Art. 21, Abs. 3e; Art. 25, Abs. 3e). Diese neue Praxis soll sicherstellen, dass Gleichstellungsanliegen auch von einer Person mit entspre- chendem Fachwissen vertreten werden. Idealerweise handelt es sich bei dieser Person um ein statushohes Kommissions- mitglied (Professor oder Professorin). Diese fakultären Gleich- stellungsbeauftragten arbeiten schon in der Strukturphase, welche der Stellenausschreibung vorangeht, mit. In der Medizinischen Fakultät wird die Aufgabe der oder des Gleichstellungsdelegierten schon länger von Fakultätsangehö- rigen wahrgenommen, die bereits in der Strukturphase mitar- beiten und ein Stimmrecht haben. Die AfG wirkt hier nicht mit.
6 Chancengleichheit in Anstellungsverfahren Das Anstellungsverfahren nach Phasen Rechtliche Grundlagen und Empfehlungen In einer Studie der Universität Im Folgenden werden die einzelnen Phasen des Verfahrens, Basel und der Fachhochschule rechtliche Grundlagen sowie Empfehlungen/Leitfragen zur Nordwestschweiz wurden Chan- Gewährleistung der Chancengleichheit dargelegt. cen und Grenzen der Teilzeit- arbeit bei Professuren unter- sucht. Dafür wurden rund 800 Strukturkommission Personen befragt und die Zur Wiederbesetzung oder Neuschaffung einer Professur erar- Teilzeit- thematik aus der beitet die Fakultät einen Strukturbericht zuhanden der Univer- Perspektive von Vollzeit- und Teilzeitprofes-sorInnen, sitätsleitung. Darin werden Profil und Aufgaben der Professur Privatdozierenden und definiert, auch im Kontext einer etwaigen Neustrukturierung TitularprofessorInnen sowie des Instituts (Stichworte: Assistenzprofessuren, Jobsharing, Habilitierenden beleuchtet. Teilzeitprofessuren etc.). Der Forschungsbericht führt in die Thematik ein, stellt die Projektergebnisse vor und ent- In jeder Strukturkommission muss mindestens eine Person hält konkrete Handlungs- jeden Geschlechts vertreten sein. Zudem ist eine mit Gleich- empfehlungen. stellungs- und Genderaspekten betraute Person der Fakul- Mücke, Anja. Ueli Mäder tät einzusetzen (Anstellungsreglement, Art. 21, Abs. 3). et al. (2006): Diese Person sollte im Strukturbericht genannt werden Balance. Teilzeitmodelle und ist auch reguläres Mitglied der später einzusetzenden und Jobsharing für Dozierende. Forschungsbericht. Basel: Wahlkommission. Edition Gesowip. Grundsätzlich ist auch eine Vertretung der AfG einzubezie- Förderung des wissenschaft- hen. Sofern die AfG auf eine Mitwirkung in der Struktur- lichen Nachwuchses: phase verzichtet, ist sie über die Arbeit der Strukturkom- Der 2014 erschienene Bundes- mission zu informieren. (Gleichstellungsreglement, Art. 9) ratsbericht «Massnahmen zur Förderung des wissenschaft- Folgende Leitfragen können hilfreich sein: lichen Nachwuchses in der Schweiz» zeigt auf, dass zu – Werden im Rahmen der Professurenplanung sowie in der wenige langfristige oder Strukturkommission die Ziele der Universität und der Fakultät feste Stellen für den wissen- hinsichtlich Erhöhung des Frauenanteils mitgedacht? schaftlichen Nachwuchs – Ist das Stellenprofil breit, aber dennoch klar ausformuliert? unterhalb der Professur existie- ren und schlägt u. a. einen – Entsprechen auch Wissenschaftlerinnen dem ausformulierten massiven Ausbau auf Ebene Profil? Assistenzprofessuren vor. – Besteht die Möglichkeit, die Professur im Jobsharing oder in einem Teilzeitpensum zu besetzen und wird dies in den Strukturbericht aufgenommen? – Bezieht die Formulierung des Stellenprofils auch die Gender-Forschung des betreffenden Fachbereiches mit ein?
7 Ausschreibung Der Ausschreibungstext definiert die inhaltliche Ausrichtung Folgende Stellenportale/ der Professur und die Anforderungen an die Bewerberinnen Datenbanken richten sich explizit an Wissenschaftle- und Bewerber, insbesondere in Bezug auf Lehre, Forschung, rinnen: Nachwuchsförderung und die Akquirierung von Drittmitteln. Femdat, das Stellennetz für Stelleninserate richten sich ausdrücklich an Frauen und Akademikerinnen: www.femdat.ch Männer. Sind Frauen im entsprechenden Fachbereich unterrepräsentiert, werden sie im Ausschreibungstext ausdrücklich zur Bewerbung aufgefordert. (Gleichstel- Femconsult, Rekrutierungsportal lungsreglement, Art. 7, Abs. 1) für Wissenschaftlerinnen: www.gesis.org/cews/femconsult Berufungskommissionen laden Frauen ausdrücklich zur Bewerbung ein, um der Untervertretung von Professo- rinnen zu begegnen. (Gleichstellungsreglement, Art. 10, Literaturhinweis zur Abs. 2) gezielten Suche nach Wissen- schaftlerinnen: Steinweg, Nina. Natalie Pawlatz – Ist die Ausschreibung offen und breit formuliert (und nicht und David Brodesser (2014): Es muss gehandelt werden - bereits auf bestimmte Personen zugeschnitten)? wo liegen die Schlüssel zur Er- – Wird die Ausschreibung breit publiziert? höhung des Frauenanteils an – Ist die Ausschreibung geschlechtergerecht formuliert? Professuren? In: Forschung und – Wird die Möglichkeit, die Stelle in Teilzeit oder Jobsharing Lehre 6/14, S. 466-67. wahrzunehmen, in der Ausschreibung explizit genannt? – Wird das Inserat auch in spezifischen Stellenportalen/Daten- banken für Wissenschaftlerinnen publiziert und werden potentielle Kandidatinnen zur Bewerbung aufgefordert? – Ist klar definiert, wer den Kandidatinnen und Kandidaten welche Informationen gibt? Sind die Zuständigkeiten z. B. im Dekanat klar geregelt, so dass eine Person die Anstel- lungsprozesse über längere Zeit administrativ begleitet und entsprechendes Know-how aufgebaut werden kann? – Erhalten die Bewerberinnen und Bewerber Informationen zum Zeitplan des Verfahrens? Steht eventuell auch ein Infor- mationsblatt für die Bewerbenden zur Verfügung?
8 Chancengleichheit in Anstellungsverfahren Zusammensetzung der Wahlkommission Die Präsenz von Frauen, ins- Nach der Genehmigung des Strukturberichts durch die Univer- besondere von Professorinnen in sitätsleitung setzt die Fakultät eine Wahlkommission ein. Diese Anstellungskommissionen prüft die Bewerbungen im Hinblick auf die zuvor festgelegten und als Vorsitzende, ist für die Bewerberinnen sehr wichtig. Anforderungen. Sie beschreiben oft als bleiben- den Eindruck des Anstellungs- Bei der Zusammensetzung der Wahlkommission wird gesprächs, dass sie nur Männern auf eine ausgewogene Vertretung beider Geschlech- gegenübersassen. Entspre- chende Mindestanforderungen ter geachtet. In der Kommission muss mindestens eine an die Besetzung von Anstel- stimmberechtigte Person jeden Geschlechts vertreten sein. lungskommissionen finden sich (Gleichstellungsreglement, Art. 10. Abs. 1) inzwischen in den meisten Hochschulgesetzen und werden auf Hochschulebene konkreti- In der Regel ist eine Vertretung der AfG in jeder Wahlkom- siert, oft aber unzureichend als mission vertreten, in jedem Fall zusätzlich eine mit Gleichstel- nicht verbindliche Bestimmung. lungs- und Genderaspekten betraute Person der Fakultät. Vgl. (Anstellungsreglement Art. 25, Abs. 3) Färber, Christine (2006): Gleichstellungsorientiertes Qualitätsmanagement in Beru- fungsverfahren – Ergebnisse einer Studie zur Berufungspraxis – Sind die Mitglieder der Kommission unabhängig, d.h. stehen in Deutschland. In: Wer sind z. B. Mittelbau- oder Studierendenvertretungen nicht in die Besten? Chancengleichheit einem Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Kommissionsmit- in Berufungsverfahren. Bern: gliedern? Schweizerische Eidgenos- senschaft, S. 33ff. – Ist der oder die Vorsitzende der Kommission fachextern und somit unabhängiger? – Gibt es weibliche Kommissionsmitglieder, auch auf der Stufe von Professuren? – Wurde die mit Gleichstellungs- und Genderaspekten betraute Person der Fakultät bereits vor der 1. Sitzung der Wahlkom- mission, also während der Strukturphase, bestimmt?
9 Auswahlverfahren Die Wahlkommission prüft in einem mehrstufigen Verfahren Das Lebensalter in Jahren wird die Bewerbungen im Hinblick auf formale Erfordernisse und in Anstellungskommissionen oft auf allgemeinen Übersichten, wissenschaftliche Qualifikation, didaktische Eignung, Qualifi- die über die Bewerberinnen und kation zur Führung und sonstige Voraussetzungen. Bewerber erstellt werden, auf- geführt und als Auswahlkriterium Bei der Beurteilung von Bewerbungen dürfen familiäre miteinbezogen. Dabei findet nur selten eine geschlechterbe- Betreuungsaufgaben und aus diesem Grund erfolgte zogene Bewertung des Alters Unterbrechungen oder Reduktionen der Forschung Bewer- statt (bzw. Abzug Kindererzie- bende nicht benachteiligen. (Gleichstellungsreglement, hungszeiten). Anstelle des Art. 14) Lebensalters sollte generell das «akademische Alter», bzw. die wissenschaftlich produktive In Bereichen, in denen Frauen untervertreten sind, werden Zeit, berücksichtigt werden. Vgl. möglichst viele qualifizierte Kandidatinnen eingeladen. (Gleichstellungsreglement, Art. 8, Abs. 1) Färber, Christine (2006): Gleichstellungsorientiertes Qualitätsmanagement in Beru- fungsverfahren – Ergebnisse a) Erste Sichtung der Bewerbungen einer Studie zur Berufungspraxis In einem ersten Schritt sichtet die Wahlkommission die Bewer- in Deutschland. In: Wer sind bungen und trifft eine erste Auswahl von Kandidatinnen und die Besten? Chancengleichheit in Berufungsverfahren. Bern: Kandidaten. Je nach Fachkultur werden diese aufgefordert, Schweizerische Eidgenossen- Schriften zur Begutachtung einzureichen. schaft, S. 40. – Sind die Kommissionsmitglieder über den Prozessablauf infor- Beim Thema Mobilität zeigt sich, miert (z. B. durch einen Muster-Prozessablauf)? dass Partnerschaft, insbesondere Dual Career Partnerschaft und – Steht den Kommissionsmitgliedern eine Synopse ohne Familie, Mobilität erschweren vorgängiges Ranking zur Verfügung? (vgl. Anhang: Synopse) oder verhindern können. Siehe: – Sind die Kriterien und Indikatoren für die Beurteilung der Bewerbungen und Schriften klar, und wurde die Gewichtung Dubach, Philipp. Iris Graf nach harten und weichen Kriterien festgelegt (vgl. Anhang: und Heidi Stutz (Büro BASS Bern) (2013): Kriterien für die Beurteilung von Bewerbungen)? Wird reflek- Doppelkarrierepaare an Schwei- tiert, dass manche scheinbar objektive Kriterien geschlechts- zer Universitäten. Evaluation spezifisch wirken können? der 3. Phase des Bundespro- – Werden alle Bewerbungen in einer ersten Runde einzeln gramms Chancengleichheit von Frau und Mann an Schweizer durchgegangen? Universitäten – Werden allfällige persönliche und/oder berufliche Bezie- (2008 – 2011/2012). hungen der Kommissionsmitglieder zu Kandidatinnen und Kandidaten offengelegt (Befangenheit)?
10 Chancengleichheit in Anstellungsverfahren Zu Quantität vs. Qualität von – Wird das «akademische Alter» anstelle des biologischen Forschungsarbeiten, dem Alters bei der Beurteilung der Qualifikation herangezogen? Umgang mit Impact Factors und Wird die wissenschaftlich produktive Zeit abzüglich Zeiten Journal Rankings siehe «DORA – Declaration on Re- der Erziehung und Pflege von Kindern und Angehörigen search Assessment»: beurteilt? http://am.ascb.org/dora/ – Werden bei der Beurteilung der Mobilitätsanforderungen Diese empfiehlt einen weit- Gleichstellungsaspekte wie Vereinbarkeit von Partnerschaft/ gehenden Verzicht auf Zitations- Familie und Karriere angemessen berücksichtigt (Stichwort indikatoren als Qualitätskrite- Mobilitätssplitting)? rium bei der Beurteilung einzel- ner Forschungsprojekte und – Wird bei den Schriften nicht v. a. die Quantität, der Impact fordert Forschungsförderer auf, Factor und Journal Rankings, sondern insbesondere die Quali- den wissenschaftlichen Inhalt tät beurteilt? einer Arbeit für bedeutend wich- tiger zu erklären als die biblio- metrischen Indikatoren oder das b) Lesen der Schriften Renommee der Zeitschrift, in In manchen Fachbereichen (z. B. den Geisteswissenschaften der sie abgedruckt wurde. Die oder der Theologie) werden von einer Auswahl von Kandidie- Deklaration wurde u. a. vom renden Schriften zur Begutachtung eingefordert, aufgrund SNF unterzeichnet. derer die Zahl der Kandidierenden noch einmal eingeschränkt wird. Zum Thema Impact Factor siehe – Erhalten die Kandidatinnen und Kandidaten klare Infor- auch: mationen über die Anforderungen an die einzureichenden Osterloh, Margrit. Bruno Frey Schriften? (2013): – Wird ausgeschlossen, dass Kommissionsmitglieder die Schrif- Heißt «gut» publiziert auch ten von Kandidierenden referieren, zu denen persönliche «gute» Publikation? In: Forschung und Lehre 7/13, oder berufliche Beziehungen bestehen? www.forschung-und-lehre.de – Werden die Schriften aufgrund klar festgelegter Kriterien diskutiert?
11 c) Probevortrag und Gespräch Aufgrund der bisherigen Beurteilung durch die Kommission Untersuchungen zeigen, dass wird eine Auswahl von Kandidatinnen und Kandidaten zu Antworten auf Fragen zum Privatleben, zu Partnerschaft einem Probevortrag und anschliessendem Gespräch mit der oder zur Familie von Anstel- Wahlkommission eingeladen. lungskommissionen bei Kandida- tinnen anders gewichtet und – Erhalten die Kandidatinnen und Kandidaten Vorgaben und beurteilt werden als bei Kandi- daten. Vgl. Informationen über Thema, Form, Inhalt, Sprache, Zielgruppe resp. Komplexitätsniveau des Probevortrags sowie zum Färber, Christine. Ulrike Ablauf der Gespräche? Spangenberg (2008): Wie werden Professuren – Wurden die Beurteilungskriterien für die Probevorträge in der besetzt? Chancengleichheit in Kommission abgesprochen? (vgl. Anhang: Beurteilungskrite- Berufungsverfahren. Frankfurt/ rien für Probevorträge) New York: Campus, S. 220. – Ist es Mittelbau und Studierenden möglich, an den Probevor- trägen teilzunehmen? Das Thema Doppelkarrierepaare – Besteht für das Gespräch ein vorher festgelegter Ablauf, (Dual Career Couples) an Schweizer Universitäten ist hoch- der die Vergleichbarkeit der Gespräche gewährleistet? (vgl. aktuell. Wie die Studie Anhang: Ablauf Kommissionsgespräche) «Doppelkarrierepaare an Schwei- – Ist die Atmosphäre in den Gesprächen sachlich, freundlich zer Universitäten» aus dem und offen? Jahr 2013 aufgezeigt hat, leben 57% der Professorinnen und – Werden die Kandidatinnen und Kandidaten nach ihrem 31% der Professoren in Dual Beitrag zu Chancengleichheit an der Universität und zur Career Partnerschaften. Gender-Forschung in ihrem Fachbereich gefragt? Insgesamt 28% aller befragten – Werden persönliche oder familienbezogene Fragen entwe- ProfessorInnen wünschen sich eine stärkere Unterstützung der der allen Kandidatinnen und Kandidaten oder niemandem Universität bei der Arbeits- gestellt? suche für den Partner oder die – Wurde in der Kommission vorgängig diskutiert, wie Fragen Partnerin. seitens der Kandidatinnen und Kandidaten bezüglich Unter- stützung bei Dual Career Situationen beantwortet werden? An der Universität Bern stehen keine finanziellen Mittel für PartnerInnen der neu angestell- ten ProfessorInnen zur Ver- fügung. Das Welcome Center berät Dual Career Paare bei Themen wie Umzug, Wohnungs- suche oder Kinderbetreuung.
12 Chancengleichheit in Anstellungsverfahren d) Assessments Für die Beurteilung von Sozial- Im internationalen Kontext ist es inzwischen üblich, Assess- oder Schlüsselkompetenzen ments der Kandidierenden durch externe Assessment-Firmen werden zuweilen externe Perso- durchzuführen. An der Universität Bern werden Assessments nalberatungsfirmen beauf- tragt, Gruppen- oder Einzel- an manchen Fakultäten (v. a. Medizin, Veterinärmedizin) Einschätzungsverfahren (Assess- insbesondere bei Professuren mit einem Dienstleistungsauf- ments) mit den Kandidieren- trag durchgeführt. den durchzuführen. Wie die Gender-Forschung zu sol- chen Personalbeurteilungen – Trägt das Assessment Gleichstellungsaspekten wie etwa der zeigt, sind diese häufig Vereinbarkeit von Partnerschaft/Familie und Karriere ange- hochgradig vergeschlechtlicht, messen Rechnung? so sind etwa die Durchset- – Wurde von der Fakultät geprüft, ob die beauftragte externe zungskraft oder die Kommuni- kationsfähigkeit eines Mannes Firma über Genderkompetenz verfügt? und einer Frau sehr unterschied- lich konnotiert. Krell, Gertraude (2011): Chancengleichheit durch Per- sonalpolitik. Wiesbaden: Gabler.
13 Beratung und Listenbildung Nach den Probevorträgen und den Kommissionsgesprächen Die Anforderungen seitens der diskutiert und beschliesst die Wahlkommission über die Listen- Universitätsleitung an den Kommissionsbericht finden sich fähigkeit der Kandidatinnen und Kandidaten. Die Auswahl in den «Richtlinien betreffend der Kandidierenden erfolgt aufgrund einer gesamthaften Anstellungsanträge der Fakul- Beurteilung (wissenschaftlicher Leistungsausweis, Passung täten bei Besetzung einer für die Stelle, Leistungen in der Lehre, Drittmitteleinwerbung, ordentlichen oder ausserordent- lichen Professur» unter Punkt Führungs- und Sozialkompetenzen, etc.). Zu den Kandida- B2. tinnen und Kandidaten, die als listenfähig angesehen werden, werden externe vergleichende Gutachten eingeholt. Nach Er- halt der Gutachten legt die Wahlkommission die Rangfolge fest und verfasst einen Bericht mit Anstellungsantrag an die Fakultät und die Universitätsleitung. Unterbrechungen oder Reduktion der Erwerbsarbeit aufgrund von Mutterschaft und familiären Betreuungs- pflichten dürfen Bewerberinnen und Bewerber nicht benachteiligen. (Anstellungsreglement, Art. 28, Abs. 3) Bei gleicher Qualifikation werden Frauen grundsätzlich bevorzugt. (Anstellungsreglement, Art. 28, Abs. 5) – Werden die Kriterien und deren Gewichtung noch einmal in Erinnerung gerufen? – Sind die Ausschlusskriterien sachlich, nachvollziehbar und transparent? – Werden bei der Vergabe der Aufträge für die externen Gutachten auch Gutachterinnen herangezogen? – Sind die externen Gutachterinnen und Gutachter unbefan- gen? – Werden die Gutachterinnen und Gutachter darüber infor- miert, welche Kriterien zu berücksichtigen sind? – Ist der Kommissionsbericht geschlechtergerecht formuliert?
14 Chancengleichheit in Anstellungsverfahren Rechtliche Grundlagen Gesetz über die Universität (UniG) vom 5. September 1996 (insbes. Art. 12) Verordnung über die Universität (UniV) vom 12. September 2012 (insbes. Art. 60-78) Statut der Universität vom 7. Juni 2011 (insbes. Art. 9 und Art. 34, Abs. 2-3) Reglement für die Gleichstellung von Frauen und Männern vom 14. Dezember 1994 Reglement über die Anstellung an der Universität Bern vom 18. Dezember 2012
Persönliche Qualifikations- Weitere Ver- Forschungs- Studium/ Hochschul- Drittmittel Sprachen, Daten schriften öffentlichungen schwerpunkte Beruf didaktik Sonstiges (Auszeich- nungen etc.) Chancengleichheit in Anstellungsverfahren Muster, Adrian - Diss: ... - Monographie: Studiendiplom Anzahl u. Drittmittelein- (m) - Habil: … … bis aktuelle Breite der Art werbungen *01.01.1970 - Monographie: Position von Lehrver- nach Quelle ∞, keine … anstaltungen und Jahr, ev. Kinder x Herausgeber- und Vorträ- Höhe CH schaften gen, ev. y Aufsätze Gebiete Beispiel Synopse Muster, Regula (w) Anhang *01.01.1970 ∞, 2 Kinder D 16
17 Beispiel Kriterien für die Beurteilung von Bewerbungen 1. Qualifikation formal: Dissertation, Habilitation oder Habili- tationsäquivalenz 2. Forschung (Qualität, methodische Reflexion, Innovation) in den Schwerpunkten x, y, z 3. Zusätzliche Forschungsschwerpunkte 4. Lehrerfahrung und Hochschuldidaktik (Breite der Lehre, Weiterbildungen, didaktischer Ansatz) 5. Weitere Publikationen (Qualität und Produktivität) 6. Rezeption der Forschung 7. Eingeworbene Drittmittel 8. Universitäre Selbstverwaltung 9. Teamarbeit 10. Bezug zum Institut / zur Universität Bern 11. Gender: Geschlecht der Person und Erfahrung in Gender- forschung 12. Akademisches Alter Bewertung einzelner Punkte: 3 = ausgezeichnet 2 = gut erkennbar 1 = teilweise vorhanden 0 = nicht vorhanden
18 Chancengleichheit in Anstellungsverfahren Beispiel Beurteilungskriterien für Probevorträge Präsentation − Sprache, Rhetorik − Rede oder Schreibe − Kontakt mit dem Auditorium − Medien, Hilfsmittel − Berücksichtigung des Zeitrahmens Inhalt − Einleitung / Heranführung − Aufbau, Disposition − These, Fragestellung, Thema − Durchführung − Ergebnis − Plausibilität − Adressierten-Gerechtigkeit Gespräch im Plenum − Aufnahme der Fragen − Form und Inhalt der Antworten − Interaktion zwischen Fragenden sowie Kandidatinnen und Kandidaten − Kontakt mit dem Auditorium Gesamteindruck
19 Beispiel Ablauf Kommissionsgespräche Fragen der Kommission Allgemeines Interesse − Motivation für die Bewerbung in Bern Forschung − aktuelle Prioritäten in der Forschung − mögliche Forschungsprojekte und Drittmittel Lehre − Konzept für die Lehre − Stellenwert der Lehre Fach xy − Verständnis des Fachs im grösseren Kontext − Beitrag zur Profilentwicklung der Fakultät − Interdisziplinarität − Beitrag zur internationalen Vernetzung der Fakultät Nachwuchs − Konzepte/Ideen zur Nachwuchsförderung − Konzepte und Ideen Frauenförderung Selbstverwaltung − Erfahrungen in der universitären Selbstverwaltung − Erfahrungen in der Administration Verschiedenes − anderweitige Bewerbungen − Bezug zur Schweiz − Wohnort, familiäre Situation, Umzug nach Bern Informationen für die Bewerberin / den Bewerber 1) Ausstattung 2) Gehalt 3) Weiteres Procedere Fragen der Bewerberin / des Bewerbers an die Kommission
Universität Bern Abteilung für die Gleichstellung von Frauen und Männern Hochschulstrasse 4 CH-3012 Bern +41 (0)31 631 39 32 info@afg.unibe.ch www.gleichstellung.unibe.ch
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