CIS - SOLARMODULE PILOTFERTIGUNG bei WÜRTH SOLAR - STAND UND PERSPEKTIVEN

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CIS - SOLARMODULE
                PILOTFERTIGUNG bei WÜRTH SOLAR
                                 - STAND UND PERSPEKTIVEN -

Bernhard Dimmler und Karl-Heinz Groß
Würth Solar GmbH & Co.KG
Ludwigsburger Straße 100, 71672 Marbach am Neckar
Tel. 07144-9414-0, Fax 07144-9414-19, e-mail: bernhard.dimmler@we-online.de

ÜBERBLICK: Die Schwelle zur Serienfertigung von CIS-Solarmodulen bei Würth Solar ist
erreicht. Die industrielle Fertigung von Dünnschichtsolarmodulen auf der Basis des Absorber-
materials Cu(In,Ga)Se2 (CIS) ist mit einer langjährigen erfolgreichen Forschung am Institut für
Physikalische Elektronik (IPE) der Universität Stuttgart und der Entwicklung der Technologie
am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) vor-
bereitet worden (Ref. 1,2,3). Die Verfahren zur Herstellung monolithisch integrierter Module
sind am ZSW im Technikumsmaßstab entwickelt worden. Prototypen und Kleinserien auf Flä-
chen bis 30 cm x 30 cm mit Modulleistungen bis nahezu 10 Wp wurden bereits hergestellt. Die
Ergebnisse und Erfahrungen sowohl des IPE als auch des ZSW bilden die Voraussetzungen für
den Aufbau einer Pilotfertigung mit einer derzeit geplanten Jahreskapazität von ca. 1 MWp bei
Modulgrößen bis zu 60 cm x 120 cm. Diese Pilotlinie wird die fertigungstechnischen Randbe-
dingungen klären, unter denen die Massenfertigung mit einer jährlichen Kapazität im Multi-
Mega-Watt-Maßstab gestartet werden wird.
Das Unternehmen Würth Solar GmbH & Co. KG wurde im Frühjahr 1999 gegründet. Bis An-
fang des Jahres 2000 wurde eine Fertigungslinie in einem ehemaligen Kraftwerk in Marbach
am Neckar installiert, in der nach Aufbau und Inbetriebnahme eine kommerzielle Fertigung
betrieben wird. Die CIS Dünnschichttechnik zeichnet sich durch eine Reihe von Vorteilen aus,
sodaß bei Produktionskapazitäten von mindestens 10 MWp/a Herstellkosten erwartet werden
können, die deutlich unter den heutigen Kosten für die konventionelle kristalline Siliziummodu-
le liegen.
Die Markteinführung der bei Würth Solar gefertigten CIS-Module wird im Laufe des Jahres
2000 erfolgen. Der Vertriebspartner Würth Elektronik GmbH & Co. KG wird ebenfalls von
Marbach a. N. aus weiterhin PV-Systeme für vielfältige photovoltaische Anwendungen mit
konventionellen Modulen vertreiben. CIS-Module aus der eigenen Fertigung werden Schritt
für Schritt hinzukommen.

Würth Solar GmbH & Co.KG, Marbach am Neckar   Januar 2000                        CIS-Modultechnik 1
ENTWICKLUNG: Bereits seit den siebziger Jahren ist am IPE begonnen worden, Materia-
lien hinsichtlich ihrer Eignung für Dünnschicht-Solarzellen zu erforschen und Verfahren zu
ihrer Herstellung zu erarbeiten. Seit den frühen achtziger Jahren wird das Materialsystem
CuInSe2 intensiv untersucht. Nach erfolgreicher Entwicklung der Technologie im Labor wurde
diese Technik auf Module mit Größen bis 30 cm x 30 cm in den neunziger Jahren an das ZSW
transferiert und für eine kommerzielle Fertigung weiterentwickelt. Im Jahre 1998 konnte erst-
malig ein Modulwirkungsgrad von über 10% realisiert werden, der dann auf über 12% gestei-
gert werden konnte. Schwerpunkte der Arbeiten am ZSW waren die Entwicklung einer groß-
flächigen Beschichtungstechnik, die Optimierung fertigungsrelevanter Randbedingungen wie
Reproduzierbarkeit bzw. Prozeßausbeute und Zykluszeit sowie die Entwicklung der Modul-
techniken von der elektrischen Verschaltung durch entsprechende Strukturierungsschritte bis
zur Verkapselung. Im Jahre 1998 entschied die Unternehmensgruppe WÜRTH, die Technik
des ZSW aufzugreifen und zunächst mit einer Pilotlinie weiterzuentwickeln. In der ersten Pha-
se wird die ZSW-Technik auf Modulgrößen bis 60 cm x 120 cm erweitert. In der zweiten Pha-
se werden die Prozesse soweit optimiert, daß schrittweise zu einem Fertigungsbetrieb überge-
gangen werden kann. Die kommerzielle Herstellung und der Vertrieb von CIS-Modulen mit
der angestrebten hohen Qualität und Zuverlässigkeit ist für die zweite Jahreshälfte 2000 ge-
plant. Wenn alle technischen Randbedingungen in der Pilotlinie geklärt sind, wird der Aufbau
einer Massenfertigung rasch stattfinden. Es ist davon auszugehen, daß ab dem Jahr 2000 CIS-
Module aus der Region Stuttgart vertrieben werden.

CIS-TECHNIK: Die Vorteile der CIS-Dünnschichttechnik liegen unter anderem im Materi-
alverbrauch und in der Herstelltechnologie. Als Träger- und Versiegelungsmaterial für die dün-
nen Schichten eignet sich normales Fensterglas, das in Dicken von 2 mm bis 4 mm eingesetzt
wird. Für die Herstellung einer CIS-Solarzelle werden insgesamt fünf verschiedene Schichten
nacheinander aufgebracht. Alle Beschichtungen werden in einem Durchlauf ausgeführt. Dies
Schichten werden mehrfach strukturiert (gezielt materialabtragend bearbeitet), um die entste-
henden einzelnen Zellen elektrisch miteinander zu verschalten. Damit entsteht ein photovol-
taischer Generator, dessen Ausgangsspannung in weiten Grenzen vorwählbar ist. An den bei-
den außen liegenden Zellen werden Kontakte und Kabel angebracht und schließlich das
Rohmodul zum Schutz vor Umwelteinflüssen mit einem Deckglas versiegelt. Das Modul ent-
steht somit vom Rohglas bis zum fertigen Modul in einer Linie in einem geschlossenen Ferti-
gungsablauf. Bereits in der Pilotlinie werden die einzelnen Prozeßschritte automatisiert und
teilweise direkt miteinander verknüpft. In Abb. 1 sind der Aufbau der CIS-Zelle mit den einzel-
nen Kontakt- und Halbleiterschichten sowie beispielhaft die Verschaltung zweier Einzelzellen
schematisch dargestellt. Die Gesamtdicke der eigentlichen CIS-Zelle beträgt weniger als 4 Mi-
krometer (1 Mikrometer = 1/1000 mm).

Würth Solar GmbH & Co.KG, Marbach am Neckar   Januar 2000                        CIS-Modultechnik 2
ZnO:Al
     i-ZnO                                                             (1 µm)
     (0,05 µm)
   CdS                                                                 CIGS
   (0,05 µm)                                                           (2 µm)
                                                                   Mo
                                                                   (0,5 µm)
                                                                    Substrat
                                                                    (2 - 4 mm)

Abbildung 1: Schematischer Aufbau zweier verschalteter CIS-Zellen

Die Vorteile der CIS-Dünnschichttechnik gegenüber der kristallinen Siliziumtechnik, die der-
zeit mehr als drei Viertel des PV-Marktes bedient, wurden unter anderem in einer vergleichen-
den EU-Studie (Ref. 4) herausgearbeitet. Für den Technologie- und Materialvergleich aller
wichtigen PV-Materialien wurden realistische Abschätzungen zugrunde gelegt, die jedoch teil-
weise noch mit einer praktischen Fertigung verifiziert werden müssen. Unter der Annahme
vergleichbarer Fertigungskapazitäten im Multi-Megawattp/Jahr-Bereich(> 10 MWp/a) werden
für die CIS-Technik im Vergleich zum kristallinen Silizium folgende Vorteile gesehen:

• geringer Materialaufwand
• geringer Energiebedarf für die Herstellung
• einfache, großflächige Beschichtungstechniken im Durchlaufverfahren
• hohe Flexibilität in Geometrie und Design (Flächen von wenigen Quadratzentimeter bis
  Quadratmeter, jegliche geometrische Formen, bisher zweidimensional)
• weitere Materialkombinationen und vielfältige Moduldesigns in der Entwicklung (flexible,
  leichte und dreidimensionale Formen, Teiltransparenz, farbliche Gestaltung)
• geringe Herstellkosten.

Die spezifischen Vorteile gegenüber anderen Dünnschichtmaterialien sind:
• hohe Qualität (Wirkungsgrad)
• hohe Stabilität (beschleunigte Lebensdauertests von ZSW-Modulen verliefen erfolgreich,
   sodaß keine Degradation in 20 bis 30 Jahren zu erwarten ist)
• toxikologisch unbedenklich (Verwendung von unkritischen Materialien und Mengen, mit
   denen eine kreislaufgeführte Technik mit Recycling angestrebt wird, vgl. Ref. 5)
Das Potential des Wirkungsgrades der CIS-Technik zeigen die bisher im Labor erreichten Spit-
zenwerte auf kleinen Flächen, die in verschiedenen einschlägigen Entwicklungsinstituten bereits
realisiert wurden. Einen repräsentativen Vergleich der besten Ergebnisse anderer Dünn-
schichtmaterialien bei kleinen Flächen (< 1 cm2) zeigt in einem internationalem Rahmen Tabel-
le 1 .

Würth Solar GmbH & Co.KG, Marbach am Neckar   Januar 2000                        CIS-Modultechnik 3
Materialkombination             Zellfläche Wikungs-            Institut             Her-
                                       2
                                  [cm ]     grad [%]                              stelljahr
CIGS-ZnO                                0,5     18,8                  NREL / USA 1999
CIGS-ZnO                                0,5     17,6 Univ. Uppsala / IPE Stuttgart 1996
CIGS-ZnO                                1,0    18,51) Matsushita Electric / Japan 1999
CIGS-ZnO                                0,4     16,1        ZSW Technikumslinie 1998
CdTe-CdS                                1,0     16,0   Univ. South Florida / USA 1997
a-Si triple                           0,25      13,0 United Solar Systems / USA 1997
1) aktive Zellfläche ohne Kontakte, sonst Gesamtfläche inkl. Kontakte
Tabelle 1: Zusammenstellung der besten Laborergebnisse für CIS im Vergleich mit a-Si und
CdTe

Die weltweit höchsten Laborwirkungsgrade sind erreicht worden, wenn der CIS-Absorber mit
der Verdampfungstechnik hergestellt wurde. Derzeit wird sie auf größere Flächen mit einer
fertigungsrelevanten Technik umgesetzt. Standardmäßig wird dabei für die besten Werte Indi-
um bis zu 30% durch Gallium (CIGS) ersetzt. Der aktuelle, weltweite Stand der CIS-
Modultechnik ist in Tabelle 2 anhand der Wirkungsgrade für verschiedene Modulgrößen ein-
schließlich der Spitzenergebnisse für Minimodule im Labormaßstab zusammengefaßt.

  Aperturfläche       Wikungs- Zahl der Leistung             Institut / Firma    Herstell-
           2
       [cm ]           grad [%]      Zellen       [W]                              jahr
            14.200            8,8        900       125,0   ZSW (mit integrier-    1998
 (15 x 30x30cm2)                                              tem a.c.-Inverter)
         ca. 3.600          12,1                         Siemens Solar / USA      1999
               864          11,6                         Showa Shell / Japan      1999
               731          12,7           53        9,4         ZSW Stuttgart    1999
             ca. 20         14,7                         Siemens Solar / BRD      1999
             ca. 20         14,7                                 Univ. Uppsala    1999
Tabelle 2: Aktueller, weltweiter Stand der besten CIS-Module

CIS-Pilotlinie: Das Unternehmen Würth Solar GmbH & Co. KG als Tochterunternehmen
der Adolf Würth GmbH & Co. KG mit Beteiligung der EnBW AG, des größten baden-
württembergischen Energieversorgungsunternehmens und des ZSW wurde im Frühjahr 1999
mit dem Zweck gegründet, die CIS Technik in die Massenfertigung zu überführen, CIS-
Module herzustellen und zu vertreiben. In Abb. 2 ist die Unternehmensstruktur der Würth
Solar GmbH & Co. KG dargestellt. Die Prozentangaben beziehen sich auf die jeweiligen
Anteile am Unternehmen.
Nach einer Planungs- und Bauphase im Jahre 1999 ist die Pilotlinie Anfang 2000 in den Ver-
suchsbetrieb gegangen und wird ab der 2. Jahreshälfte erste CIS-Module bis zu Größen von 60
cm x 120 cm herstellen. Diese Produktionslinie wurde in ein stillgelegtes Kraftwerk der EnBW
in Marbach am Neckar bei Stuttgart integriert. In Abb. 3 ist ein Blick auf diese

Würth Solar GmbH & Co.KG, Marbach am Neckar       Januar 2000                  CIS-Modultechnik 4
Adolf Würth                            EnBW              ZSW Transfer-
         GmbH & Co. KG                             AG             & Service-GmbH
           Künzelsau                            Karlsruhe            Stuttgart

              79,5 %                            20,0 %                  0,5 %

                                               Würth Solar
                                              GmbH & Co. KG
                                               Marbach a.N.

Abb. 2 Unternehmensstruktur der Würth Solar GmbH & Co. KG

Fertigungsstätte im ehemaligen Turbinen/Generatoren Haus des Kraftwerkes schematisch dar-
gestellt. Die eigentliche Rohmodulfertigung ist in einem Reinraum mittlerer Klasse im linkssei-
tigen Teil des Bildausschnitts untergebracht. Infrastruktur und Lagerbereiche befinden sich in
den Ebenen darunter bzw. darüber.

Würth Solar GmbH & Co.KG, Marbach am Neckar       Januar 2000                    CIS-Modultechnik 5
DANKSAGUNG: Die Autoren danken den "CIS-Teams" von IPE und ZSW für ihre her-
vorragend geleistete Arbeit. Dank gebührt auch dem BMBF, dem BMWi und der Stiftung
Energieforschung sowie der Europäischen Kommission für finanzielle Förderungen, mit der die
CIS-Technologie in Stuttgart in jahrelanger kontinuierlicher Arbeit zur derzeitigen internatio-
nalen Spitzenstellung geführt werden konnte.

REFERENZEN:
(1) B. Dimmler, E. Gross, F. Kessler, E. Lotter, M. Powalla, J. Springer, U. Stein, G. Voor-
   winden, M. Gaeng, S. Schleicher, Proc. 2nd World Conf. and Exh. on PV Solar Energy
   Conversion, Wien, 1998, S. 419-423
(2) B. Dimmler, E. Gross, F. Kessler, R. Menner, M. Powalla, J. Springer, U. Stein, P. Lech-
   ner, W. Psyk, W. Frammelsberger, H. Maurus, Proc. 14th European Photovoltaic Solar
   Energy Conf., Barcelona, Stephens & Associates, Bedford, UK, 1997, S. 2683-2687
(3) M. Powalla and B. Dimmler, Proc. PVSEC 11, Sapporo, 1999, im Druck in Solar Cell
   Materials
(4) J. Woodcock, H. Schade, H. Maurus, B. Dimmler, J. Springer, A. Ricaud, Proc. of the
   14th European Photovoltaic Solar Energy Conf., Barcelona, Stephens & Associates, Bed-
   ford, UK, 1997, S. 857-860
(5) BMBF Forschungsvorhaben 0329205 A, „Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen der
   Herstellung und Anwendung von Dünnschichtsolarzellen und Modulen“, H. Steinberger, W.
   Thumm, 1997

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