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Cloud Mall Baden-Württemberg TRANSFERDOKUMENTATION FÜR DEN PRAXISPILOTEN „KI-EINZELHANDELSASSISTENT“ Vernetzung des Lebensmitteleinzelhandels mit Kunden zur Unterstützung der Beratung und Prognoseplanung Öffentliche Version vom 11.01.2021 Beteiligte Partner Aliru UG OPAL - Operational Analytics GmbH Institut für Enterprise Systems (InES) Autoren Julian Kissel (Aliru UG) Fabian Kissel (Aliru UG) André Halckenhäußer (Institut für Enterprise Systems) Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 2
Inhalt 1 Management Summary ................................................................................................................... 4 2 Einführung ....................................................................................................................................... 6 2.1 Ausgangssituation und Motivation ......................................................................................... 6 2.2 Ziele und Nutzen der Zielgruppen ........................................................................................... 8 3 Projektrahmen............................................................................................................................... 11 3.1 Konsortium und Rolle ............................................................................................................ 11 3.2 Notwendige Ressourcen sowie Kompetenzen KI .................................................................. 11 4 Inhaltliches .................................................................................................................................... 13 4.1 Arbeitspakete und Aufwand.................................................................................................. 13 4.2 Cloud-Architektur .................................................................................................................. 13 4.3 Geschäftsmodelle .................................................................................................................. 16 4.4 Herausforderungen bei der Umsetzung ................................................................................ 16 4.5 Prototypen und (Teil-)Lösungen ............................................................................................ 16 5 Integration und Kooperation zwischen den beteiligten Unternehmen ........................................ 18 5.1 Technisches ........................................................................................................................... 18 5.2 Organisatorisches .................................................................................................................. 21 5.3 Rechtliches ............................................................................................................................ 21 6 Resümee ........................................................................................................................................ 22 6.1 Rolle der Cloud ...................................................................................................................... 22 6.2 Lessons Learned .................................................................................................................... 22 6.3 Ausblick.................................................................................................................................. 23 7 CMBW-Projektdarstellung............................................................................................................. 24 8 Kontakt .......................................................................................................................................... 25 Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 3
1 Management Summary Praxispiloten innerhalb des Förderprojekts Cloud Mall Baden-Württemberg (Cloud Mall BW) sind kleine Projekte zwischen mehreren Unternehmen und Cloud Mall BW Projektpartnern, die zusammen Cloud-Services entwickeln und somit ein gemeinsames Ziel verfolgen. Der KI-Einzelhandelsassistent ist ein gemeinschaftliches Projekt der Aliru UG (Sally Sales Assistant, https://sally-assistant.com) und der OPAL - Operational Analytics GmbH. Während die Aliru UG digi- tale Assistenten entwickelt, die per Sprach- oder Texteingabe Fragen an Wissensdatenbanken, Enter- prise-Resource-Planning (ERP)- und Customer-Relationship-Management (CRM)-Systeme stellen und diese mit Metadaten anreichern können, arbeitet die OPAL - Operational Analytics GmbH an der In- tegration von Prognosen in operative Prozesse, in denen Mitarbeiter durch konkrete Handlungsemp- fehlungen unterstützt werden. Für den KI-Einzelhandelsassistenten ergänzen sich die beiden Unternehmen ideal mit ihren Services. Ziel des Praxispiloten ist die Erstellung eines prototypischen digitalen Assistenten, der Kunden eine ortsunabhängige Produktberatung und Vorbestellung von Einkäufen ermöglicht. Gleichzeitig wird dem Markt ein Tool an die Hand gegeben, welches die Kommunikation mit Kunden vertieft, deren Zufrie- denheit steigert und genaue Prognosen hinsichtlich der Nachfrage zu gewählten Zeitpunkten ermög- licht. Mit Hilfe des KI-Einzelhandelsassistenten werden Lebensmitteleinzelhändler ihre Kunden individueller und effizienter erreichen und so Marketingkosten optimieren. Zu Beginn des Praxispiloten wurden mögliche Zielbranchen, die von einem digitalen Assistenten be- sonders profitieren können, untersucht. Hierbei fiel die Entscheidung auf den Lebensmitteleinzelhan- del, der einen jährlichen Umsatz von 158,3 Milliarden Euro 1 in Deutschland, aufweist. Mit Hilfe einer Anforderungsanalyse wurde identifiziert, welche Herausforderungen an einen digitalen Assistenten im Einzelhandel von Lebensmitteleinzelhändlern und deren Kunden gestellt werden. Die Situationsana- lyse von Lebensmitteleinzelhändlern ließ die Praxispilotpartner zu dem Schluss kommen, dass diese trotz Voranschreiten des Zeitalters der Digitalisierung über keine zufriedenstellende Lösung für die di- gitale Kommunikation mit ihren Kunden verfügen. Die Kundenzufriedenheit, aber auch die Bindung an den lokalen Einzelhandel können daher durch den hier beschriebenen Praxispiloten signifikant gestei- gert werden. Aliru stellt die Technologie hinter dem digitalen Assistenten bereit; dabei wird eine Kombination aus Machine Learning und modifizierter Regex (Regular Expression)-Verarbeitung zur Informations- extraktion eingesetzt. Das Echtzeitprognosesystem von OPAL ergänzt den digitalen Assistenten, um dem Lebensmitteleinzelhandel Prognosen zur erwarteten Nachfrage zu liefern und so dessen Planungssicherheit zu erhöhen. Das Service-Hosting benötigt eine Cloud-Infrastruktur, um die Anforderungen hinsichtlich Verfügbarkeit, Aktualität der Daten und Multimandatenfähigkeit (die Möglichkeit, beliebig viele Kunden gleichzeitig bedienen zu können) zu erfüllen. 1Vgl. https://einzelhandel.de/images/HDE-Publikationen/HDE_IFH_Handelsreport_Lebensmittel_2018.pdf zuletzt eingesehen am 11.01.2021 Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 4
Für die Umsetzung des digitalen Assistenten war es zunächst notwendig, die technischen Möglichkei- ten einer Integration der Services von OPAL und Aliru zu klären. Beide Unternehmen arbeiten mit stan- dardisierten Schnittstellen, auch APIs (Application Programming Interfaces) genannt, die Kommunikation und Datenübertragung zwischen den Systemen ermöglichen. Gleichzeitig wurde in der Konzeptionsphase darüber diskutiert, wie der Assistent den Nutzern zur Verfügung gestellt wird. Die standardisierten Schnittstellen ermöglichen eine Bereitstellung des Einzelhandelsassistenten auf den unterschiedlichsten Kanälen. Per Facebook, Whatsapp, in MS Teams, auf der Website oder auch per selbstentwickelter App, die auf die Bedürfnisse der Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen angepasst werden kann, kann der Nutzer mit dem Assistenten kommunizieren. Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 5
2 Einführung Der vorliegende Praxispilot „KI-Einzelhandelsassistent“ wurde im Rahmen des Förderprojekts Cloud Mall Baden-Württemberg (Cloud Mall BW) durchgeführt. Das Projekt umfasst die Konzeption eines digitalen Assistenten für den Lebensmitteleinzelhandel, der zuverlässige Echtzeitprognosen der Nach- frage ermöglicht und gleichzeitig Kunden eine ortsunabhängige Produktberatung und Vorbestellung ermöglicht. 2.1 Ausgangssituation und Motivation Vorstellung der beteiligten Unternehmen Die Aliru UG entwickelt Sally Sales Assistant, einen digitalen Assistenten, der die Möglichkeit bietet, per Sprach- oder Texteingabe, Fragen an Wissensdatenbanken, ERP- und CRM-Systeme zu stellen und diese mit Metadaten anzureichern. Da die Technologie des digitalen Assistenten von einem Backend- System unabhängig ist, kann diese in den unterschiedlichsten Kontexten genutzt und integriert wer- den. Die Informationsextraktion erfolgt über eine Kombination aus Machine Learning bzw. Deep Lear- ning sowie regelbasierter Verarbeitung. Durch die eigens entwickelte Enterprise Plattform sind Kunden in der Lage die Sprachverarbeitung sowie den Gesprächsverlauf mit Sally an die eigenen Be- dürfnisse anzupassen und damit Sally immer weiter zu trainieren. Die Sprach- bzw. Intentmodelle kön- nen individuell erweitert und trainiert werden, um eine möglichst hohe Güte für spezifische Anwendungsfälle und Organisationskontexte zu erreichen. Aliru erreicht bei seinen Kunden bereits mit den ersten Projekten eine Effizienzsteigerung von 8 – 12 %. Je nach Fortschritt der Integration von Sally in die Prozesse des Unternehmens wurden auch schon mehr als 26 % Effizienzgewinne im Vertriebsbereich nachgewiesen. Die OPAL - Operational Analytics GmbH arbeitet an der Integration von Prognosen in operative Pro- zesse, in denen Mitarbeiter durch konkrete Handlungsempfehlungen unterstützt werden. Das entwi- ckelte Echtzeitprognosesystem (Demand Forecasting Engine) kann aktuelle Ereignisse in das Modell integrieren. Einflussfaktoren sind u. a. Wetter, Feier- und Urlaubstage oder auch lokale Events. Die historischen Verkaufsdaten der Kunden werden zusätzlich zum Lernen genutzt. Je mehr beschreibende Daten vorhanden sind, umso präziser wird die Prognose und somit auch die hieraus resultierenden Handlungsempfehlungen. Das Projekt ermöglicht OPAL anonymisierte Nutzerdaten in das Modell als weiteren exogenen Einflussfaktor zu integrieren, um dieses weiterzuentwickeln und seinen Kunden noch wertvollere und aussagekräftigere Informationen bereitzustellen. Neben den Echtzeitprognosen bietet OPAL ebenfalls ein Reporting-Tool für die gesammelten Daten an, welches dabei hilft, Hand- lungsempfehlungen aus den Daten des operativen Tagesgeschäftes zu entwickeln. Was ist die Motivation hinter dem Szenario? Während der stationäre Einzelhandel auf persönlichen Kundenkontakt setzt, ist der Kundenservice im Online-Handel von digitalen Kommunikationskanälen dominiert. Einzelhandelsmärkte schöpfen heute noch nicht das volle Potenzial digitaler Interaktionsmöglichkeiten mit ihren Kunden aus. Weiterhin Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 6
stellt die Digitalisierung mit ihren Chancen und Risiken eine der größten Herausforderungen für den stationären Einzelhandel dar. Gerade im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) eröffnen enorme Fortschritte ungeahnte Potenziale, um Tätigkeiten, die bisher nur von Menschen ausgeführt werden konnten, in vielen Anwendungsdo- mänen zu unterstützen oder sogar vollständig zu automatisieren. Eine weitere große Herausforderung des stationären Einzelhandels in einer zukünftigen digitalen Gesellschaft ist die „intelligente“ Verknüp- fung von digitalen und persönlichen Beratungsleistungen über vernetzte Multi-Channel-Systeme. Dia- logbasierte KI-Systeme bieten genau hier Ansatzmöglichkeiten und haben das Potenzial, die Funktionsweise des stationären Handels zu verwandeln. Sie können und sollen den Menschen aber nicht ersetzen, sondern den Umfang der Beratung und Serviceleistungen rund um den Kunden inter- aktiv erweitern. Ein Beispiel ist der schwierig zu planende und aufwendige Prozess, für Kunden individuell und frisch zubereitete Produkte vorzubereiten und anzubieten. Wird zu wenig vorbereitet, gehen Kunden leer aus und suchen nach Alternativen und im „Worst case“ nach alternativen Märkten und Marktplätzen. Wird hingegen zu viel vorbereitet, sind wichtige Ziele der Nachhaltigkeit in Gefahr, gleichzeitig wird das Kosten-Nutzen-Verhältnis unwirtschaftlich. Im bisherigen Verlauf der Digitalisierung haben Einzel- handelsmärkte jedoch noch keine wegweisenden Lösungen gefunden, um digitale Interaktionsmög- lichkeiten mit Kunden zu nutzen und so die Kundenbindung und Servicevielfalt zu erhöhen. Es ist daher ein außerordentlich innovativer Ansatz, jedem Kunden einen digitalen Kundenberater und -assistenten zur Verfügung zu stellen. Lösungen für einen derartigen Ansatz existieren bisher allerdings nicht auf dem Markt. Die angestrebte Lösung bietet Endkunden ortsunabhängige Echtzeit-Produktberatung, während Lebensmittelmärkten ein Tool an die Hand gegeben wird, das effizientere Planung der Be- darfe und Produktion und erhöhte Planungssicherheit ermöglicht. Durch gezielte Vorbestellungen kön- nen Wartezeiten vermieden und Nachfragespitzen eines überfüllten Marktes abgefedert werden. Die beiden beteiligten Unternehmen kombinieren in diesem Cloud-basierten Projekt zwei Technolo- gie-Trends für den Einzelhandel. Predictive Analytics und digitale Assistenten werden in Zukunft auch im Lebensmitteleinzelhandel eine immer größere Rolle spielen. Je stärker die Verzahnung der Techno- logien, desto größer der Mehrwert für Unternehmen und Endkunden. Wie sieht die Wettbewerbssituation aus? Im Bereich der Chat-Bot-basierten Kundenkommunikation sind verschiedene Anbieter zu nennen. Die Firma Onlim (onlim.com) bietet Chat-Bots für verschiedene Anwendungsfälle an (z. B. E-Commerce, Tourismus, Bildung). Das Tool verspricht eine automatisierte Bearbeitung repetitiver Kundenanfragen. Ein anderer Anbieter mit ähnlichem Leistungsspektrum ist e-bot7 (e-bot7.com). Die Anwendung er- möglicht eine Chat-basierte Assistenz bei der Navigation durch Webseiten, die Vorqualifizierung von Kontakten sowie das Vereinbaren von Terminen. Ein weiterer Marktbegleiter im Bereich der Chat-Bot- basierten Kundenkommunikation ist das Unternehmen Spectrm (spectrm.io), welches eine personali- sierte Kundenerfahrung in der Leadgenerierung verspricht. Spectrm unterstützt seine Kunden mit KI- basierten Chat-Bot-Lösungen im E-Commerce, in der Leadgenerierung und dem Kundenengagement. Basierend auf integrierten Datenquellen und Produktinformationen sollen personalisierte Antworten in Echtzeit generiert werden. Weiterhin ist Unymira (unymira.com) als Anbieter von Chat-Bot-Lösun- gen in der Kundenkommunikation zu erwähnen. Unymira bietet Chat-Bots für mehr Automatisierung Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 7
in den Bereichen Marketing/E-Commerce, Customer Service, IT-Service und Human Resources an. Das Unternehmen arbeitet mit regelbasierten Ansätzen und setzt punktuell auf KI-Komponenten. Haupt- augenmerk dieser Anbieter liegt auf der Unterstützung von standardisierten und vordefinierten Pro- zessen. Ein Einzelhandelsassistent für jeden Kunden, um diese in einer einzigartigen Art und Weise zu beraten und unterstützen, ist auf dem Markt noch nicht vorhanden. Weiterhin ist die Kombination aus Chat-Bot und Echtzeitprognosesystem ein Alleinstellungsmerkmal des Praxispiloten. Eine Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit ist zum Zeitpunkt des Praxispiloten noch nicht möglich. 2.2 Ziele und Nutzen der Zielgruppen Was wird angestrebt? Wie sieht der Lösungsansatz aus? Ziel des Projekts ist die Konzeption eines Cloud-Ökosystems für Filialen des Lebensmitteleinzelhandels und deren Endkunden. Der Cloud-basierte, digitale Assistent wird die Interaktion und Kommunikation zwischen Kunden und dem lokalen Markt von zuhause aus ermöglichen. Augmented-Intelligence-An- sätze sollen hier so eingesetzt und weiterentwickelt werden, dass ein Online-Netzwerk aus Kunden und Marktpersonal entsteht, welches eine KI-unterstützte Echtzeit-Produktberatung für Kunden be- reitstellt. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen hinsichtlich der Corona-Pandemie könnten Kunden sowie Märkte von einem digitalen Assistenten profitieren, der die Kommunikation mit dem lokalen Lebensmitteleinzelhändler aufrechterhält und eine Vielzahl an Funktionen und Infor- mationen bereithält. Zusätzlich wird das integrierte Prognoseverfahren genaue Vorhersagen zu einer erwarteten Echtzeit- nachfrage bereitstellen und hierdurch Lebensmittelmärkten eine höhere Planungssicherheit und -effi- zienz ermöglichen. Insbesondere saisonale und mediale Effekte werden in diesem Prozess berücksichtigt und ausgewertet. Beispielsweise erhöht ein Fernseh- oder Radiokoch mit seinen Rezep- ten die Nachfrage nach bestimmten Rezeptzutaten unter Umständen erheblich. Mit Hilfe des Assisten- ten lernen die Märkte die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Kunden besser kennen und können diese Informationen nutzen, um gezielte Werbeaktionen und Kampagnen kundengruppenspezifisch durch- zuführen. Hierdurch können Verbundeffekte im Verkauf genutzt aber auch deren Erfolgsquote nach- verfolgt werden. Der Cloud-basierte Ansatz soll die Machbarkeit und die sich daraus ergebenden Vorteile für den Le- bensmitteleinzelhandel, den Endkunden und die beteiligten Serviceprovider aufzeigen. Abbildung 1 zeigt den skizzierten Lösungsansatz, der im Praxispilot verfolgt wird. Abbildung 1: Skizze des Lösungsansatzes im Praxispiloten Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 8
Welche strategischen Ziele sollen realisiert werden? Strategisch verfolgt die in Kollaboration entwickelte Lösung mehrere Ziele. Zum einen verfügt der Le- bensmitteleinzelhändler mit Hilfe des in die operativen Prozesse integrierten Tools Zugriff über zuver- lässige Vorhersagen zu der erwarteten Nachfrage und hat so eine erhöhte Planungssicherheit. Zum anderen wird dem Kunden ein digitaler Assistent an die Hand gegeben, der die Kommunikation mit dem lokalen Lebensmitteleinzelhändler ermöglicht, um so kompetente Produktberatung zu erhalten und Waren von zuhause oder unterwegs aus vorzubestellen. Die digitale Interaktion zwischen Kunde und Lebensmitteleinzelhandel wird die Kundenzufriedenheit verbessern und stärkt langfristig die Bin- dung des Kunden an den lokalen Händler. Der digitale KI-Einzelhandelsassistent wird Lebensmittelein- zelhändlern die Möglichkeit geben, sich strategisch im Markt neu zu positionieren und eine stärkere Marktpräsenz im digitalen Kundenkontakt gewährleisten. Marketingstrategien können mit dem Wis- sen über die Kunden und der Prognosefähigkeit des KI-Einzelhandelsassistenten neu und deutlich in- dividualisierter ausgerichtet werden. Die Kosten von Marketing können durch gezieltere Marketing- aktivitäten und direkten Kundenbefragungen reduziert werden. Abbildung 2 fasst die wichtigsten stra- tegischen Ziele des Praxispiloten zusammen. Abbildung 2: Strategische Ziele des Praxispiloten Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 9
Wie groß sind direkter und indirekter zukünftiger Nutzen? Der künftige direkte und indirekte Nutzen und die Mehrwerte der Endanwender sind differenziert zu betrachten. Es wird zwischen Lebensmitteleinzelhandel und Endkunde unterschieden und der Nutzen kurzfristig, mittelfristig sowie langfristig analysiert. Dem Lebensmitteleinzelhandel wird kurzfristig mit dem digitalen Assistenten ein Tool an die Hand ge- geben, um gezielte Promotionen und Kampagnen bei ihren Kunden zu platzieren, deren Erfolg zu mes- sen und das Nutzererlebnis ihrer Kunden zu steigern. Endkunden erhalten parallel eine Echtzeit- Produktberatung und ein Tool, welches es ermöglicht den bevorstehenden Einkauf von zuhause oder unterwegs aus vorzubereiten. Mittelfristig können Lebensmitteleinzelhändler mit Hilfe der Prognoseverfahren effizientere Prozesse erreichen und Bedarfe wirtschaftlicher planen. Indem Kunden und deren Wünsche individuell ange- steuert werden, können weiterhin Verbundeffekte von Werbeaktionen und Kampagnen genutzt wer- den. Der Kunde wird den digitalen Assistenten durch gezielte Vorbestellungen nutzen, um wertvolle Zeit zu sparen und gerade in der aktuellen Situation Rushhour-Marktbesuche vermeiden können. In der langfristigen Betrachtung des Nutzens bekommt der Lebensmitteleinzelhandel einen umfassen- den Einblick in das Verhalten und die Bedürfnisse seiner Kunden und kann gezielte Maßnahmen um- setzen, um Kundenbindung und -zufriedenheit zu steigern. Mit Hilfe des Prognoseverfahrens kann die Echtzeit-Nachfrage prognostiziert und so Effizienz und Kundenansprache optimiert werden. Weiterhin sollen die Kunden einen umfassenden Überblick über ihr Ess- und Konsumverhalten erhalten. Die Be- ratungs- und Prognosekompetenz des digitalen Assistenten steigt mit jedem neuen Nutzer und jeder zusätzlichen Konversation, sodass den Kunden in Zukunft ein schnelllernender digitaler Assistent zur Verfügung gestellt werden kann. Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 10
3 Projektrahmen 3.1 Konsortium und Rolle Am Projekt des digitalen Einzelhandelsassistenten sind zwei Unternehmen aus Mannheim, Aliru UG und OPAL – Operation Analytics GmbH sowie das Institut für Enterprise Systems (InES) als Cloud-Mall Baden-Württemberg Projektpartner beteiligt. Die OPAL Analytics GmbH arbeitet an der Integration von Prognosen in operative Prozesse, in denen Mitarbeiter durch konkrete Handlungsempfehlungen unterstützt werden. Das entwickelte Echtzeit- prognosesystem kann aktuelle Ereignisse in das Modell integrieren. Einflussfaktoren sind u. a. Wetter, Feier- und Urlaubstage oder auch lokale Events. Die historischen Verkaufsdaten der Kunden werden zusätzlich zum Lernen genutzt. Je mehr beschreibende Daten vorhanden sind, umso präziser wird die Prognose und somit auch die hieraus resultierenden Handlungsempfehlungen. Das Projekt ermöglicht OPAL anonymisierte Nutzerdaten in das Modell als weiteren exogenen Einflussfaktor zu integrieren, um dieses weiterzuentwickeln und seinen Kunden noch wertvollere und aussagekräftigere Informati- onen bereitzustellen. Die Aliru UG entwickelt einen digitalen Assistenten, der die Möglichkeit bietet, per Sprach- oder Text- eingabe, Fragen an Wissensdatenbanken, ERP- und CRM-Systeme zu stellen und diese mit Metadaten anzureichern. Da die Technologie des digitalen Assistenten von einem Backend-System unabhängig ist, kann diese in den unterschiedlichsten Kontexten genutzt und integriert werden. Die Informationsext- raktion erfolgt über eine Kombination aus Machine Learning und modifizierter Regex (Regular Expres- sion)-Verarbeitung. Während des Projektes kann Aliru die bereits bestehende Technologie verfeinern und im Verbund mit den Kooperationspartnern nützliche Services für Nutzer und Dienstleister bereit- stellen. Weiterhin werden die Kompetenzen von Aliru bezüglich selbstlernender Wissensdatenbanken im Bereich Generierung, Verarbeitung und Veredlung von Daten ausgebaut, sodass diese als treiben- der Wirtschaftsfaktor in einem Service oder digitalem Assistenten Anwendung finden. So gibt Aliru seinen Kunden einen wertvollen Service an die Hand und ermöglicht einen außergewöhnlichen Wett- bewerbsvorteil. Das Institut für Enterprise Systems als Cloud Mall BW Projektpartner unterstützte die beiden Koope- rationspartner bei der Anforderungs- und Situationsanalyse sowie bei der Abstimmung von Interessen. Darüber hinaus unterstützte InES bei der Organisation von Workshops, dem Projektmanagement so- wie der Evaluation des Projektfortschritts. Schließlich unterstützte InES bei technischen Fragestellun- gen sowie bei der Dokumentation der Projektergebnisse. 3.2 Notwendige Ressourcen sowie Kompetenzen KI Zur Umsetzung des Projektes wurden verschiedene Komponenten benötigt, die zu integrieren waren. Zum einen wurde das Prognosesystem benötigt, dessen Funktion in der Entwicklung und Integration sowie der Prognose von Produktberatung und Produktvorbereitung liegt. Das System basiert auf Ver- fahren der Künstlichen Intelligenz. Zusätzlich wurde die Chat-Bot-Technologie benötigt. Die Enterprise Plattform von Aliru ermöglicht die Entwicklung und Integration eines Chat-Bot-Systems für den Dialog Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 11
mit den Nutzern. Hiermit können die Skills des digitalen Assistenten gestaltet und aufgebaut werden. Insbesondere waren neue Dialoge des Chat-Bots Sally entsprechend der Anwendungsbeispiele des Ein- zelhandelsassistenten sowie die Anbindung an das Echtzeitprognosesystem von OPAL notwendig. Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 12
4 Inhaltliches 4.1 Arbeitspakete und Aufwand Die im vorherigen Kapitel aufgelisteten notwendigen Ressourcen und Systeme bedeuten für die beiden beteiligten Unternehmen sowie für den CMBW-Projektpartner unterschiedlichen Aufwand. Den unge- fähren Aufwand der Unternehmen und den Unterstützungsbedarf durch den CMBW-Projektpartner können der folgenden Tabelle entnommen werden. Aktivität Beitrag der Unterneh- Aufwand durch Unter- Unterstützungsbedarf men nehmen (in Tagen) durch CMBW-Projekt- partner (niedrig/mit- tel/hoch) Human-KI-Interaktion & NLP-Technologieopti- 20 hoch Natural Language Pro- mierung für Chat-Bots gramming (NLP) Nachvollziehbarkeit/In- Algorithmen zur Extrak- 15 mittel teraktive Steuerung tion von logikbasierten Erklärungsmodellen aus Künstlichen Neuronalen Netzen durch Co-Learn- ing-Ansätze Chat-Bot-Technologie Entwicklung und Integra- 30 niedrig tion eines Chat-Bot-Sys- tems für den Dialog mit Usern. Prognosesystem Entwicklung und Integra- 30 niedrig tion KI-Prognose für Be- ratung/Produktvorbereit ung basierend auf beste- henden und aktuellen Daten Dokumentation Dokumentation der Pro- 15 hoch jektergebnisse Tabelle 1: Projektaktivitäten und Aufwand 4.2 Cloud-Architektur Cloud-Services verringern die Kosten. Bei einer traditionellen Bereitstellung von Ressourcen müssen Unternehmen zunächst in den Ausbau einer geeigneten internen IT-Infrastruktur investieren: Dies wird als Investitionsausgaben (CAPEX) bezeichnet. Cloud Computing vermeidet diese Investitionen. Stan- dardisierte Dienste werden als Cloud-Services schneller und kostengünstiger angeboten. Viele Anbie- ter haben ihre Rechenzentren intensiv automatisiert, damit Cloud-Services und Ressourcen optimal genutzt werden können. Heterogene und global verstreute Nutzer nutzen die rund um die Uhr ange- botenen Dienste. Attraktive Preise sorgen für eine optimale Auslastung – auch außerhalb der Spitzen- zeiten sind Cloud-Services beliebt. Unternehmen haben nur dann Kosten (Betriebsausgaben), wenn sie Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 13
Cloud-Services beziehen. Ein weiterer Vorteil: IT-Ressourcen werden von Cloud-Computing-Anbietern schneller bereitgestellt, als Unternehmen dies mit den eigenen Ressourcen umsetzen können. Welche Komponenten wurden integriert? Komponentenart Name Funktionalität/Einsatz Software Human-KI-Interaktion & NLP NLP-Technologieoptimierung für Chat-Bots Software Nachvollziehbare Interaktion Algorithmen zur Extraktion von logikbasierten Erklä- und Steuerung rungsmodellen aus Künstlichen Neuronalen Netzen durch Co-Learning-Ansätze Software Chat-Bot-Technologie Entwicklung und Integration eines Chat-Bot-Systems für den Dialog mit Usern. Software Prognosesystem Entwicklung und Integration der Prognose für Beratung und Produktvorbereitung, basierend auf Verfahren der KI Tabelle 2: Komponenten im Praxispilot Tabelle 2 gibt einen Überblick über die technische sowie organisatorische Infrastruktur der in diesem Praxispiloten eingesetzten Komponenten. Abbildung 3 zeigt das Integrationsschema des Praxispiloten und verdeutlicht einen Kommunikations- ablauf mit einer fiktiven Anwenderin namens „Anna“. Die Kommunikation mit der Anwenderin „Anna“ findet mit Hilfe der von Aliru entwickelten Smartphone-App statt. Dabei können sprachgesteuert An- weisungen an das System übergeben werden. Diese Anweisungen werden mittels Künstlicher Intelli- genz in Text transkribiert und an die Cloud Infrastruktur von Sally (Docker-Container Landschaft) weitergeleitet. Genauere Angaben zur Verarbeitung sowie der Komponenten von Sally finden sich in Abschnitt 5.1 dieser Transferdokumentation. Verwendet wurde neben dem kompletten Softwarestack von Aliru auch Teile des Softwarestacks von OPAL, welche mittels einer Web API angebunden wurden. Mehr Details zu den Softwarestacks können in Abschnitt 5.1 eingesehen werden. Neu entwickelt wur- den dabei insbesondere die Dialoge innerhalb von Sally sowie die Anbindung und Integration der Kom- ponenten von OPAL. Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 14
Abbildung 3: Integrationsschema des Piloten Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 15
4.3 Geschäftsmodelle Der Innovationsgrad des ausgearbeiteten Praxispiloten ist als hoch einzustufen. Bevor ein gewinnbrin- gendes Geschäftsmodell ausgearbeitet werden kann, ist ein „Proof of Concept“ mit einem Pilotkunden notwendig. Vorstellbar ist die Einführung eines Abonnement-Modells, mit zusätzlicher Beratungsleis- tung von OPAL Analytics GmbH und Aliru UG. 4.4 Herausforderungen bei der Umsetzung Cloud Computing ist eine Herausforderung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Die größten Herausforderungen oder Bedenken liegen in der Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit. Cloud Computing ist von einem Trend zu einem Wettbewerbsfaktor geworden, der KMU zunehmend dazu veranlasst, Cloud-Services zu nutzen, um Vorteile wie schnellere Markteinführung, Kostensen- kungen oder globale Datenverfügbarkeit zu erzielen. Viele Unternehmen stehen Cloud-Services noch immer skeptisch und unsicher gegenüber, was auch hauptsächlich eine zurückhaltende Nutzung von Cloud-Services begründet. Wie in Abschnitt 4.1 gezeigt führt die Umsetzung des Konzeptes des Einzelhandelsassistenten zu Anpassungen innerhalb der Lösungen von OPAL und Aliru. Diese Anpassungen sind mit Aufwand verbunden, der bei Aliu und OPAL ebenso wie bei einem geeigneten Kundenunternehmen (einem Lebensmitteleinzelhändler) anfällt. Die Verfügbarkeit von standardisierten Schnittstellen bei den Services von OPAL und Aliru erleichtert die Integration beider Services. Der sehr innovative Ansatz wird die bestehende technische und systemische Infrastruktur auch großer Lebensmitteleinzelhandelsketten vor möglicherweise vor signifikanten Herausforderungen stellen, weshalb eine Investition in ein solches Projekt einen gewissen Vorlauf erfordert. Möglicherweise nut- zen geeignete Einzelhandelsunternehmen ERP-Systeme, bei denen eine standardisierte Verknüpfung per API nur mit erhöhtem Aufwand realisierbar ist. Bevor das Konzept umgesetzt werden kann, ist es zunächst notwendig erste Ziele und Anwendungsfälle näher zu definieren, um den Zeitplan der Um- setzung zu erarbeiten. 4.5 Prototypen und (Teil-)Lösungen Der Prototyp kommuniziert mit Hilfe der von Aliru entwickelten Smartphone-App mit dem Nutzer. Mit gesprochener Sprache können Anweisungen an das System übermittelt werden. Die Kommunikation kann zusätzlich schriftlich auf verschiedenen Kanälen stattfinden. Im Beispiel in Abbildung 4 erstellt der Kunde eine Bestellung und wird vom „KI-Einzelhandelsassistenten“ bezüglich des Angebots bera- ten. Zusätzlich können proaktiv Werbekampagnen auf jede Zielgruppe individualisiert platziert wer- den. Diese Anweisungen werden mittels Künstlicher Intelligenz in Text transkribiert und an die Cloud- Infrastruktur von Sally (Docker-Container Landschaft) weitergeleitet. Durch die Integration des Sys- tems von OPAL innerhalb von Sally ist der Nutzer somit in der Lage Produktbestellungen in Echtzeit aufzugeben. Ein potenzielles Anwenderunternehmen kann bereits die Dialoge testen und sich mit der Sprachverarbeitung vertraut machen. Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 16
Abbildung 4: Der Pilot bei den Kunden Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 17
5 Integration und Kooperation zwischen den beteiligten Unternehmen 5.1 Technisches Aliru entwickelt zurzeit ein KI-Kommunikationssystem, welches mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz vertriebliche Prozesse unterstützt. Deutlich wird dies anhand des Sprachassistenten „Sally“, welcher die Technologie von Aliru nutzt. Sally integriert sich in Unternehmenssysteme wie CRM-Systemen und/oder anderen Systemen wie z. B. SAP-Systemen oder dem Cloud-Service Office 365. Danach erhält der unternehmensinterne Vertrieb von Sally Informationen unter anderem zu Kunden, Kontakten, Kontaktberichten, Reklamationen, Umsatzzahlen und Ansprechpartnern. Die Technologie dafür wurde von Aliru selbst in den letzten drei Jahren entwickelt. Das Kommunikati- onssystem nimmt dabei Nutzeranfragen aus den verschiedensten Kommunikationskanälen wie bei- spielsweise MS Teams, E-Mail, Facebook, Slack oder Whatsapp an, verarbeitet die Informationen mit Hilfe von Machine Learning Algorithmen und beantwortet das Nutzeranliegen in wenigen Sekunden oder sogar Millisekunden. Das System besteht aktuell aus den folgenden Komponenten: 1.) Sally Core: Der sogenannte Sally Core ist als wesentlicher Kommunikationsknotenpunkt das Herz von Sally. Diese Komponente kümmert sich um die Annahme von Nutzernachrichten, lädt den entsprechenden Nutzerkontext und verteilt die Aufgaben an alle weiteren Sally Kompo- nenten. Nach erfolgreicher Abarbeitung wird dem Nutzer eine Nachricht zugestellt. 2.) Sally NLU: Die sogenannte Sally Natural Language Understanding (Sally NLU) Komponente ist zuständige für die Gewinnung von Informationen aus Texten. Dabei hat diese Komponente im Wesentlichen drei Funktionen: a. Feststellen der Nutzerabsicht, z. B. „Ich hätte jetzt gerne ein Croissant“ Absicht: Croissant bestellen. b. Informationen aus Text filtrieren, z. B. „Ich möchte ein Croissant für morgen 8 Uhr vor- bestellen“ Zeitpunkt der Bereitstellung: „morgen 8 Uhr“. c. Kontexterkennung: Feststellen, ob der aktuelle Prozess noch zur Nutzerabsicht passt bzw. ob die Absicht des Nutzers im Laufe der Konversation geändert worden ist. 3.) Sally DataService: Die sogenannte Sally DataService Komponente verbindet alle Drittinforma- tionssysteme mit Sally, sodass innerhalb einer Konversation Antworten auf Fragen gegeben werden kann. Diese Komponente wurde so standardisiert, dass jedes System, welches über eine API mit Swagger bzw. OpenAPI-Definition verfügt, an Sally mit wenigen Konfigurations- schritten angebunden werden kann. Mit Hilfe der nachfolgend beschriebenen Sally Enterprise Plattform können Konversationsdesigner dann via Drag-and-Drop diese Systeme ansprechen und Sally auf das Verständnis der Daten trainieren. 4.) Sally Enterprise Plattform: Mit Hilfe der sogenannten Sally Enterprise Plattform wird Sally auf die Bedürfnisse der Unternehmen zugeschnitten. Dabei können sowohl Datenanbindungen verwaltet als auch Konversationen mit Sally gestaltet werden. Auch wenn jede „Sally“ indivi- Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 18
duell ist, so wird mit Hilfe der Plattform eine vielfach schnellere Adaption von Sally an die Kun- denbedürfnisse durch sogenannte Solutions erreicht. Solutions enthalten auf Business Pro- zesse vorgefertigte Templates, welche von den Administratoren als Basis genutzt werden. 5.) Sally Escalation Service: Sally kann während einer Kommunikation als sogenannter Proxy-Bot eingesetzt werden. Als Proxy-Bot bezeichnet man ein Kommunikationssystem, welches die Kommunikation zwischen zwei Parteien regelt. Dabei nimmt ein Proxy-Bot Nachrichten von beiden Parteien an und leitet diese an die jeweilige andere Partei weiter. In Abgrenzung zu einfachen Messenger Systemen, welche Menschen bzw. Maschinen auf dem gleichen Medium verbindet, kann mit Hilfe eines Proxy-Bots eine Partei ein Medium z. B. Facebook Messenger nutzen und die andere Partei ein anderes Medium wie z. B. MS Teams. Sally kann mit Hilfe des Sally Escalation Services als Proxy-Bot betrieben werden, um z. B. Bot-Nutzer in besonderen Fällen mit einem echten Menschen kommunizieren zu lassen. 6.) Sally App: Die sogenannte Sally App ist eine Smartphone-App. Der Nutzer der App kann sprach- gesteuert Anweisungen an das System geben. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz wird mittels Convolutional Neural Networks (CNNs) und Recurrent Neural Networks (RNNs) die Sprache zu Text verarbeitet und mittels einer API zur Weiterverarbeitung an den Sally Core weitergeleitet. Jede der oben aufgeführten Komponenten mit Ausnahme der Sally App wird mit Hilfe eines bzw. meh- rerer Docker-Container in der Cloud betrieben. Durch die Nutzung von Machine Learning bzw. Algorithmen der Künstlichen Intelligenz wie z. B. Recur- rent Neural Networks (RNNs) und Convolutional Neural Networks (CNNs) innerhalb der oben erwähn- ten Sally NLU Komponente spielen Daten für Aliru eine entscheidende Rolle. Das System analysiert Gesprächsverläufe mit dem Ziel, die Kommunikation mit dem Assistenten zu verbessern. Damit können Use Cases innerhalb des Assistenten kontinuierlich auf die Bedürfnisse der Endnutzer optimiert wer- den und sogar noch nicht integrierte Use Cases entdeckt werden. Die Kommunikationsplattform von Aliru wird als „Software as a Service“ Lösung in der Cloud bereitge- stellt. Dadurch ergeben sich die folgenden Vorteile: 1.) Hohe Verfügbarkeit 2.) Einfache Skalierbarkeit 3.) Für Endanwender sofort nutzbar 4.) Pflege der Software sowie generelle Wartungsarbeiten sind erheblich vereinfacht 5.) Geräte- sowie ortsunabhängiger Zugriff 6.) Kundensupport wird direkt auf der Plattform selbst bereitgestellt 7.) Partnerunternehmen (wie z. B. im Rahmen dieses Cloud Mall BW Projekts) können einfach per API angebunden werden OPAL arbeitet an einer Integration von Prognosen in operativen Prozessen, in denen Mitarbeiter durch konkrete Handlungsempfehlungen unterstützt werden. Das entwickelte Echtzeitprognosesystem kann aktuelle Ereignisse in das Modell integrieren. Je mehr beschreibende Daten vorhanden sind, umso prä- ziser wird die Prognose und somit auch die Handlungsempfehlung. Die Demand Forecasting Engine (DFE) ist eine generische Softwarekomponente, die auf Künstlicher Intelligenz basiert. Dabei lernt die Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 19
DFE automatisch aus historischen Daten und liefert so sehr nahe Vorhersagen zur erwarteten Nach- frage. Muster, die sich aus kalendarischen sowie saisonalen Konstellationen oder auch spontanen Er- eignissen ergeben, werden auf die Zukunft projiziert. Um die komplexen Zusammenhänge dieser Daten zu identifizieren, werden Verfahren des maschinellen Lernens angewandt. Ein generischer Al- gorithmus optimiert die Verknüpfung der Daten beispielsweise mit relevanten, externen Einflussgrö- ßen. Gleichzeitig wird ein passendes Zeitreihenmodell ausgewählt, um die Vorhersage weiter zu optimieren und deren Genauigkeit zu erhöhen. Die Zeitreihenmodelle von OPAL basieren auf soge- nannten künstlichen Neuronalen Netzen (kNN), gradienten Boost Modellen (gBM) oder generalisierten Linearen Modellen (gLM). Weiterhin errechnet das DFE das optimale Sortiment, den optimalen Prä- senzbestand und die optimalen Losgrößen für Lieferung und Produktion am Standort. Direkt angeschlossen an die Demand Forecasting Engine verschafft das Reporting von OPAL einen ge- zielten Echtzeiteinblick in die genannten Daten. Die Daten sind tabellarisch und visuell so aufbereitet, dass der Nutzer einen schnellen Überblick über die Echtzeitprognosen erhält. Der Cloud-Service ist von überall aus abrufbar und ermöglicht zusätzlich das Exportieren von Excel- oder CSV-Dateien. Eine weitere Integration in die Demand Forecasting Engine ist die Bestellapplikation, die es ermöglicht, digital Vorbestellungen in Echtzeit zu tätigen und diese online zu bezahlen. Mit Hilfe der Integration können Verfügbarkeiten prädiktiv berechnet werden. So kann im Voraus vermieden werden, dass Pro- dukte leergekauft werden oder zum Abholungstermin nicht genug vorhanden ist. Die Integration des Systems von OPAL in Sally ermöglicht Nutzern die Bestellung von Produkten be- quem auch von außerhalb des Lebensmittelmarktes. Dabei übernimmt Sally die Kommunikationsarbeit und liefert mit Hilfe einer API-Anbindung die gewünschte Bestellung an das OPAL-System. Abbildung 3 verdeutlicht die Architektur sowie die Kommunikation zwischen den Systemen. Das Hypertext Trans- fer Protocol Secure (kurz HTTPS) ist ein Protokoll, mit dessen Hilfe Webseiten und Daten verschlüsselt und auf sicherem Weg zwischen verschiedenen Webservern oder auch Webbrowsern ausgetauscht werden können. Dabei werden eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und Authentifizierung genutzt, die hohe Sicherheit ermöglichen, da die Identität des anderen überprüft wird. Sowohl die Kommunikation des Kunden mit dem Piloten als auch die Kommunikation der Systeme von Aliru und OPAL findet über Schnittstellen (Applikation Programming Interfaces) statt. OPAL und Aliru haben standardisierte Schnittstellen, die in einem möglichen Kundenprojekt leicht miteinander kommunizieren können. Gleichzeitig ermöglichen die standardisierten Schnittstellen eine unkomplizierte Anbindung und Kom- munikation mit externen Systemen (ERP- oder CRM-Systeme) eines möglichen Kundenunternehmens. Die Kommunikation der unterschiedlichen Systembausteine findet über HTTPS statt. Übermittelt der App-Nutzer eine Bestellung, wird diese sicher über die Schnittstelle in die Systeme der Aliru UG über- tragen, die die Bestellung über eine weitere Web-API an das System von OPAL überträgt. Bei einer Verfügbarkeitsabfrage durch den App-Nutzer kann die Kommunikation ebenfalls umgekehrt von OPAL zu Aliru zum Kunden erfolgen. Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 20
5.2 Organisatorisches Die Organisation bezüglich der Zusammenarbeit der beiden Unternehmen am Praxispilot „KI-Einzel- handelsassistent“ war von Beginn an strukturiert und wurde so auch effizient und effektiv durch das Projekt weitergeführt. In beiden Unternehmen wurden Ansprechpartner festgelegt, die sich um die organisatorischen Belange des Praxispiloten kümmern. Während der gemeinsamen Treffen wurden Aufgaben und Fortschritte definiert, die bis zum nächsten Treffen umzusetzen waren. Fortschritte und Zwischenergebnisse wurden während der gemeinsamen Termine diskutiert. 5.3 Rechtliches Im Rahmen des Praxispiloten haben die kooperierenden Unternehmen keine Notwendigkeit für einen zusätzlichen vertraglichen Rahmen gesehen. Das Ergebnis der Kooperation ist in enger Zusammenar- beit gemeinsam entwickelt worden, weshalb die Rechte bei den beiden Partnerunternehmen Aliru und OPAL liegen. Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 21
6 Resümee 6.1 Rolle der Cloud Die Cloud-Architektur stellt die nötigen Werkzeuge bereit, um die Software-orientierte Lösung mit ge- ringem Aufwand zu integrieren und dem Kunden über standardisierte Schnittstellen zur Verfügung zu stellen. Die technische Verbindung zwischen den Services von Aliru und OPAL wird durch Cloud Com- puting stark vereinfacht. Als Cloud-Service zeichnet sich der Praxispilot mit einer hohen Verfügbarkeit, einer einfachen Skalierbarkeit und der Möglichkeit aus, für Endanwender schnell nutzbar zu sein. Die Einbindung von APIs von Partnerunternehmen ist ein weiterer klarer Vorteil und unterstreicht die Re- levanz von Cloud Computing im vorliegenden Projektkontext. 6.2 Lessons Learned Zusammenarbeit - Absprachen und die Zusammenarbeit der Projektpartner wurde und wird durch die regi- onale Nähe der Unternehmensstandorte erleichtert. - Die Unternehmensgröße beider Projektpartner ermöglicht eine agile Arbeitsweise, schnelle Prozessabläufe und somit eine zügige Umsetzung der Anforderungen. - Die Projektpartner haben sich dazu verständigt, den KI-Einzelhandelsassistenten auch nach Ende der Projektzeit weiterzuentwickeln. Integration - Cloud Computing erleichtert die Umsetzung des Projektes erheblich. - Die hohe Standardisierung der Schnittstellen der beteiligten Projektpartner ermöglicht eine zügige Umsetzung der im Projektvorhaben geplanten Integration. - Daneben kann auch durch standardisiert ansprechbare Schnittstellen eines Praxispartners die Geschwindigkeit der Umsetzung erhöht und deren Aufwand reduziert werden. Inhaltliches - Die bestehenden Lösungen von OPAL und Aliru können für den KI-Einzelhandelsassisten- ten nach Anpassungen auf den Anwendungsfall genutzt werden. - Der Projektpartner OPAL konnte seine Expertise im Lebensmitteleinzelhandel, der ein zentraler Anwendungsfall des Praxispiloten darstellt, einbringen. Darüber hinaus konnte OPAL die eigenen Produkte Order-App und die Demand Forecasting Engine, die zuverläs- sige Prognosen über die erwartete Nachfrage bereitstellt, einbringen. - Der Projektpartner Aliru kann insbesondere seine Expertise im Dialog Design von Chatbots bzw. Sprachassistenten einbringen. Ebenso unterstützt Aliru das Projekt mit dem Sprach- assistenten „Sally“, dem technologischen Ökosystem von „Sally“ und der eigenen Smart- phone App. - Im Projektverlauf wurde deutlich, dass ein in der Praxis umgesetzter KI-Einzelhandelsas- sistent ein Alleinstellungsmerkmal für den Praxispartner (den Einzelhändler) darstellen und die Kundenbindung und -zufriedenheit erhöhen kann. Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 22
- Die Nutzung verschiedener Kanälen (App, Facebook, WhatsApp, Webseite) zur Kunden- ansprache ermöglicht zudem ein besseres Kennenlernen der eigenen Kunden. 6.3 Ausblick Die Arbeit am Praxispilot „KI-Einzelhandelsassistent“ hat beiden kooperierenden Unternehmen einen guten Einblick in die Zukunft des Einzelhandels gewährt. Die Möglichkeit, jedem Kunden eines Einzel- handelsunternehmens einen eigenen Assistenten an die Hand zu geben, der diesen Kunden vor, wäh- rend und nach Bestellungen berät, könnte sich als Alleinstellungsmerkmal eines Einzelhandels- unternehmens entwickeln. Gleichzeitig kann der Einzelhandel vom Echtzeitprognosesystem profitie- ren, um das Angebot der Nachfrage entsprechend zu optimieren. Hier sei auch auf die Nachhaltigkeit des Konzeptes hingewiesen. Gerade in Zeiten von Corona kann der Praxispilot den Einzelhandel durch innovative und kontaktlose Beratungs- und Bestellmöglichkeiten ergänzen, was nicht nur das Einkaufs- erlebnis optimieren, sondern auch Kunden schützten kann. Weiterhin kann der Praxispilot auf ver- schiedenen Kanälen mit dem Kunden kommunizieren und ist immer genau dort, wo der Kunde ist. Da der Praxispilot als Cloud-Service konzipiert wurde, kann der Service zu jeder Zeit skaliert werden. Mit Hilfe eines ersten Anwenderunternehmens könnte der Praxispilot weiterentwickelt und die Use Cases im Einzelhandel spezifiziert werden. Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 23
7 CMBW-Projektdarstellung Im Gemeinschaftsprojekt Cloud Mall Baden-Württemberg (Cloud Mall BW) werden Potenziale und Möglichkeiten von Cloud Computing für den Mittelstand in Baden-Württemberg identifiziert und aus- geschöpft. Kleinen und mittleren Cloud-Serviceanbietern und -anwendern wird ein Rahmen geboten, um untereinander Kooperationen zu schließen, das eigene Netzwerk zu stärken und dadurch aktiv Wettbewerbsvorteile auszubauen. Kooperative Ideen kleiner und mittlerer Cloud-Service oder Cloud- Plattformanbieter werden gezielt in Praxispiloten vorangetrieben und personell und fachlich vom Cloud Mall BW-Projektteam unterstützt. Das Gemeinschaftsprojekt wird vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden- Württemberg gefördert. Beteiligt sind das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), sowie das Institut für Enterprise Systems an der Universität Mannheim (InES) und bwcon research GmbH (bwcon). Unter- auftragnehmer des Projekts sind Trusted Cloud und das Institut für Arbeitswissenschaften und Tech- nologiemanagement (IAT) der Universität Stuttgart. In der Projektzeit ist die Durchführung von bis zu vierzig Praxispiloten geplant. Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 24
8 Kontakt Gerne können die Vertreter der Praxispilotpartner bei Fragen und Anmerkungen zum Praxispilot oder zu Inhalten direkt angesprochen werden: Aliru UG Julian Kissel julian.kissel@aliru.de OPAL – Operational Analytics GmbH Alexander Gossmann alexander.gossmann@opal-analytics.com CMBW - Projektleiter des Praxispiloten André Halckenhäußer halckenhaeusser@uni-mannheim.de Weitere Information zum Thema Praxispiloten finden Sie unter der Projektwebsite: https://cloud-mall-bw.de/ Cloud Mall BW – Transferdokumentation „KI-Einzelhandelsassistent“ 25
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