Controller als "Zahlenmenschen" - einige Zwischenfragen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Controller als „Zahlenmenschen” – einige Zwischenfragen Controller als „Zahlenmenschen” – einige Zwischenfragen Interview mit Angelika Leder, Senior Coach DBVC von Alfred Biel Angelika Leder befasst sich schon länger mit Zahlen als für andere Dinge interessieren, die eindruckende Stärken verfügen, mit denen sie den „Zahlenmenschen“. Bereits 2005 verwies sich gern mit Bezug auf Zahlen ausdrücken und wichtige Erfolge erzeugen. Auf der anderen die anerkannte Wirtschaftsjournalistin Dagmar dies mehr und häufiger tun als andere – auch Seite aber entstehen durch eine einseitige Deckstein in der Süddeutschen Zeitung auf da, wo andere das nicht tun würden. Fokussierung auf diese Stärken auch Miss- ihre Arbeit mit „zahlenorientierten Führungs- erfolge, die für sie selbst, ihr Umfeld und die kräften“. 2012 hat Leder bei Hanser ein Buch Biel: Aber alle „Zahlenorientierten“ sind doch Unternehmen folgenschwer sein können. mit dem Titel „Wie Zahlenmenschen ticken. nicht gleich … Stärken – Grenzen – Potenziale” (Rezension Biel: Sind diese von Ihnen beschriebenen Eigen- CM-Literaturforum 02/13) veröffentlicht. In Leder: Richtig, zahlenorientierte Manager oder schaften und Fähigkeiten starr und so gegeben? diesem Interview stellt Alfred Biel hierzu einige auch Controller sind nicht alle gleich. Der einzel- Nachfragen. ne zahlenorientierte Manager ist immer mehr Leder: Nein, ganz besonders wichtig ist mir, und anders als der Typ, durch den er beschrie- dass diese Menschen sich sehr verändern kön- Biel: Frau Leder: „Zahlenmenschen“ ist eine ben wird. Es gibt auch zahlenorientierte Mana- nen, wenn sie für sich beschlossen haben, dass griffige Formulierung, eine schlagwortartige ger, die eine ausgeprägte Beziehungsorientierung sie das tun wollen. Umschreibung von Tätigkeiten und wohl auch haben. Aber für typisch halte ich das nicht. von bestimmten Menschen. Können Sie be- Biel: In Ihrem Buch wählen Sie einen eher brei- schreiben, was Sie konkret unter „Zahlenmen- Biel: Frau Leder, lassen Sie mich bitte nach der ten Ansatz, der auch über die Zahlenorientie- schen“ verstehen? Damit klar ist, worüber wir begrifflichen Klärung zunächst nachfragen, wie rung hinausreicht. hier diskutieren. sind Sie zu diesem Thema gekommen? Was interessiert Sie an Menschen, die sich und an- Leder: Ja. mir geht es in meinem Buch nicht Leder: Ja, gerne. „Zahlenmenschen“ sind aus dere an Zahlen ausrichten, wie beispielsweise generell um zahlenorientierte Menschen, son- meiner Sicht Menschen, die gern mit Zahlen zu Controller? dern vor allem um solche in Spitzenpositionen. tun haben, hervorragend mit Zahlen umge- hen können und wollen, in Formeln und ma- Leder: Mich interessieren Menschen, die sich Biel: Wie lassen sich diese Top-Leute nach 4 thematischen Modellen denken, sich mehr für an Zahlen ausrichten sehr, weil sie oft über be- Ihrer Erfahrung charakterisieren?
CM Mai / Juni 2013 Leder: Bei diesen zahlenorientierten Spitzen- ein hohes Maß an Beziehungsorientierung relativiert werden, dann wird es hochemotional. managern kommt noch etwas hinzu. Was sie hinzukommen. Mit diesen Emotionen müssen Controller antreibt, sind positive Absichten: Die wollen Er- umgehen können wollen, um Veränderungen folg für ihre Unternehmen. Zahlenorientierte Biel: Controllerinnen und Controller gelten als herbeiführen zu können. Spitzenmanager sind schnell im Denken, ausgewiesene Zahlenmenschen, daher führen sehr analytisch begabt, sowie sach-, er- wir auch dieses Interview für das Controller Ma- Biel: Bitte lassen Sie mich noch einmal tiefer gebnis-, ziel- und erfolgs- und leistungs gazin. In der „Controlling-Lehre“ hat die Verhal- fragen: Aber ohne fachliche Substanz geht es orientiert – diese Kombination gibt es nicht so tensfrage schon sehr früh eine große Rolle ein- doch auch nicht, oder? Baut die Verhaltensori- oft – und oft wenig beziehungsorientiert. genommen. Dr. Dr. h.c. Deyhle, den viele für den entierung auf der Sachorientierung auf – und Begründer des deutschsprachigen Controllings nicht umgekehrt? Biel: Sie beraten und begleiten Führungskräfte halten, hat bereits vor etwa drei Jahrzehnten in herausfordernden Situationen. Das Wich- Verhaltensaspekte im Controlling deutlich her- Leder: Ja, ohne fachliche Substanz geht es tigste ist, so habe ich bei Ihnen gelesen, die ausgearbeitet und z. B. von der „Überzeugungs- nicht. Verhaltensorientierung ist eine notwen- Klienten darin zu unterstützten, sich wirklich strecke zwischen verschiedenen Menschen“ ge- dige und wichtige Ergänzung, oft eine Wir- verändern zu wollen. sprochen. Die neueste Controlling-Auffassung – kungsvoraussetzung. wie sie insbesondere von Prof. Dr. Dr. h.c. Jür- Leder: Ja. Hohe fachliche Kompetenz, die Fä- gen Weber und Prof. Dr. Utz Schäffer geprägt Biel: Sie sprechen davon, einseitige Kompe- higkeit mit Zahlen hervorragend umzugehen, und vom Int. Controller Verein vertreten wird – tenzen führten ins Abseits. Wir erleben seit strukturiertes Vorgehen und Analytik sind ist als verhaltensorientiert einzuordnen. Wie geraumer Zeit auch an anderer Stelle Diskus enorm wichtig. stark ist der Einfluss von Verhaltensaspekten in sionen zum „verengten Blick“. Insbesondere der der Unternehmensführung und -steuerung? lebhafte Meinungsaustausch zu „Fluch und Se- Biel: Aber das Verhalten, also in bestimmter gen des Internets“ hat beispielsweise die These, Weise auf etwas oder auf jemanden zu rea Leder: Ich denke, alle, die in der Unterneh- die Weltsicht des Google-Nutzers verenge sich, gieren … mensführung und -steuerung tätig sind, wissen in die Aufmerksamkeit gerückt. Welche Folgen von der Wichtigkeit dieser Verhaltensaspekte kann diese Einseitigkeit in den Unternehmen Leder: Wir haben diese Fragestellung, denn die und von der Wichtigkeit, andere zu überzeugen. möglicherweise haben? Welt ist nicht nur analytisch und strukturiert. Sie ist auch chaotisch und emotional. Das eige- Biel: … aber wo liegt denn das Problem? Leder: Ja, es ist schon zutreffend, dass die ne Verhalten muss dem gerecht werden, um Einseitigkeit der Kompetenzen der zahlenorien- die Menschen zu erreichen und zu über- Leder: Darin, dies auch wirklich umzuset- tierten Manager, ihre Fixiertheit auf Ziele und zeugen, statt sie hinter sich her zu schlei- zen, das wird vielfach unterschätzt. Der Ergebnisse, kombiniert mit Beziehungslo- fen. Erst wenn man Menschen mitnimmt, kann Umgang mit Widerstand kostet nicht nur Zeit, sigkeit, ins Abseits führen können. Die ver- man den vollen Profit von den eigenen Stärken sondern vor allem auch Energie, und zwar dann engende Ausrichtung auf eine hohe Ergebnis- einfahren. umso mehr, wenn man diese Überzeugungs- und Zielorientierung kann das mögliche Schei- prozesse nicht mag. Wer meint, der Umgang tern nicht verhindern. Biel: In vielen Lehrbüchern, auch beispiels- mit Widerstand sei im Grunde verzichtbar, weil weise in zahlreichen Controlling-Lehrbüchern, man das Richtige doch bitteschön einfach tun Biel: Worin sehen Sie nun das Kernproblem? dominiert die Sach- und Zahlenorientierung? soll, weil es eben richtig ist, der lässt sich auf Werden wir, beispielsweise Betriebs- und die Aufgabe, andere wirklich überzeugen zu Leder: Das Problem liegt darin, dass sich viele Volkswirte, nur sachorientiert ausgebildet und wollen, nicht ein. Er tut es widerwillig und damit Manager nur als Erbringer von Leistungen und geprägt? auch schlechter, als es möglich wäre. Über- Controller möglicherweise nur als Lieferer von zeugen muss man wollen. Denn: Was als Zahlen verstehen. Sie finden dann aber als Leder: Ja, das werden sie und das ist ja auch Umweg daher kommt, ist in Wirklichkeit ein Menschen keine Akzeptanz – und das kann gut so. Ohne Sach- und Zahlenorientierung short cut. Je direkter man den angeht, umso zum Misserfolg führen. geht es auch gar nicht. In der Welt, in der schneller klappen Veränderungen. wir leben, müssen die Zahlen in einem Biel: „Sie finden dann als Mensch keine Ak Unternehmen nun mal stimmen. Das ist Biel: Können Sie uns dies mit einem kleinen zeptanz“, sagen Sie. Das müssen Sie uns bitte notwendig, sonst haben die Unternehmen kei- Beispiel veranschaulichen? näher erläutern und verständlich machen. ne Überlebenschance. Gerade deshalb brau- chen wir Manager, die hervorragend mit Zah- Leder: Gerne. Wenn ein Manager und eine Leder: Sehr gerne. Wenn also alles anhand len umgehen können. Aber das reicht eben ganze Abteilung mehr Transparenz zulassen von Zahlen und Messbarem betrachtet und nicht. Um sicherzustellen, dass die Zahlen müssen, weil die Controlling-Konzepte das ein- beurteilt wird, führt das – das kann man be- stimmen oder „sehr gute Zahlen sind“, muss fordern, und wenn damit ihre bisherigen Erfolge obachten und ich habe das in meiner Arbeit als 5
Controller als „Zahlenmenschen” – einige Zwischenfragen Coach immer wieder bestätigt bekommen – Biel: Es kommt also sehr auf die Aufmerksam- setzen, oder? Aber: Sie tun es nicht. Und das dazu, dass die Menschen zu wenig Aner- keit und auf unsere Einstellung an – vor allem in ist noch nicht einmal Unfähigkeit oder bewusste kennung bekommen, das Gefühl haben, ih- schwierigen Situationen? Sabotage. Oberflächlich gesehen findet sich rem Unternehmen mehr Einsatz und Interesse einfach keine Zeit oder es gibt keine Ressour- entgegenzubringen, als das Unternehmen ih- Leder: Wenn das Interesse sowohl an den cen, diese Ziele umzusetzen. Woran liegt das? nen gegenüber bringt, dass Einsatz sich nicht Menschen da ist als auch daran, wie sie mit Die Vorgabe hat keine emotionale Priorität. immer lohnt oder dass ganze Unternehmens- diesen Maßnahmen auch in der Konse- Menschen sind keine rein rationalen We- gruppen sich als Stiefkinder empfinden. quenz für sich umgehen können, werden sen. Wenn sie selbst oberflächlich gesehen sie auch schwierige Entscheidungen leich- mitziehen, sind sie noch längst nicht überzeugt. Biel: Wozu führt diese auch nach anderen Er- ter akzeptieren. Und schon klappt es nicht mit der Realisierung. fahrungen häufig anzutreffende Situation nach Und das kann dauerhaft so passieren. Die nicht Ihrer Meinung? Biel: Nachdenklich stimmt mich eine weitere sofort sichtbaren Widerstände innerhalb der Feststellung. Sie sagen nämlich, nackte Zahlen Personen sind stärker und setzen sich durch, Leder: Das führt zu einem enormen Ener- und Argumente entfalteten keine Wirkung. Bei- denn das Unbewusste gewinnt immer. gieverlust, für das Unternehmen, das kostet spielsweise machen Sie darauf aufmerksam, Emotionen und eine Menge Zeit. Die Mitarbei- dass viele zahlenorientierte Manager es über- Biel: Ist das nicht übertrieben? Controller sind ter, auch die, die hoch in der Hierarchie sind, sehen zu prüfen, ob ihre Mitarbeiter und Kolle- doch keine Psychologen und das Unternehmen neigen dann gegenüber dem Unternehmen zu gen mit ihnen tatsächlich übereinstimmten und dient wirtschaftlichen Zwecken. Frustration und manchmal sogar zu einer ver- steckten Verweigerung der Kooperation – alles Autoren Dinge, die den langfristigen Erfolg von Unter- nehmen bremsen. Dipl.-BW Alfred Biel ist Autor, Interviewer und Rezensent für verschiedene Medien. Ihm Biel: Können wir also folgern, Sachaspekte und wurde die Ehrenmitgliedschaft des Deutschen Fachjournalisten Orientierung am Menschen, an den Mitarbei- Verbands und des Internationalen Controller Vereins verliehen. Er tern, müssen immer wieder ausbalanciert wer- sieht auf eine langjährige verantwortliche Tätigkeit in einem Groß- konzern in den Bereichen Methoden, Systeme und Projektma- den? Gibt es eine Relation zwischen Sach- und nagement zurück. E-Mail: alfred.biel@gmx.de Zahlenorientierung einerseits und Verhaltens- und Beziehungsorientierung andererseits? Angelika Leder ist seit mehr als 10 Jahren als Coach, Beraterin, Leiterin von Leder: Ja, die gibt es. Es geht nur darum, eine Seminaren, Autorin und Referentin tätig. Davor: langjährige übertrieben einseitige Zahlenorientierung zu Führungserfahrungen in Kommunikation und Public Relations. vermeiden. Unternehmen als Ganzes können zu Ihr Anliegen ist, dass zahlenorientierte Manager nachhaltig erfolgreich sind. zahlenorientiert sein. Abteilungen können es Weitere Informationen unter: www.angelikaleder.de sein oder auch einzelne Manager. Auf allen drei Ebenen geht es darum, Beziehungsorientie- rung und Zahlenorientierung in eine Balance zu bringen. vorhätten, ihre Weisungen wirklich auszufüh- Leder: Stimmt genau. Manager müssen auch ren. Müssen wir der Kooperation nicht auch keine Psychologen sein. Aber: Wenn sie auf Biel: Und wie erreichen es Führungskräfte, Be- Grenzen setzen? Schließlich geht es um wirt- schweigende Zustimmung stoßen, sollten sie ziehungsorientierung und Zahlenorientierung in schaftlichen Erfolg. mit beziehungsorientierten Fragen einen eine Balance zu bringen? Dialog herstellen, um zu erfahren, was die Leder: Ja richtig, es geht um den Erfolg und anderen von den vorgegebenen Zielen halten, Leder: Das ist nach meinen Erfahrungen vor um den schnellsten und besten Weg dahin. Und damit sie den eventuell gar nicht bewussten allem eine Frage der wertschätzenden Hal- den finden Manager nur, wenn sie die Men- Widerstand ihrer Adressaten überhaupt mitbe- tung und des Interesses, das eine Abteilung schen überzeugen. kommen und etwas dagegen tun können. oder ein Bereich den betroffenen Menschen in einer anderen Abteilung entgegenbringt. Es ist Biel: Können Sie diesen Sachverhalt wieder Biel: Was für Fragen sollen das denn sein? Gibt nicht die Schwere der Maßnahmen allein, die veranschaulichen und vertiefen? es Formulierungshilfen? dazu führt, dass sie nicht angenommen werden, sondern die Art der Haltung derjenigen, die diese Leder: Kollegen oder Mitarbeiter nehmen ein Leder: Das sind Fragen, die die Beziehung zwi- Maßnahme beschließen oder verkünden, vorgegebenes Ziel ohne Einwände hin. Das schen den Menschen und der Sache oder den 6 gegenüber denjenigen, die davon betroffen sind. sieht dann doch so aus, als würden sie es um- Menschen und dem Ziel thematisieren. Damit
CM Mai / Juni 2013 bekommt man notwendige Informationen. Zum leisten ihre Beiträge und tragen ggf. Schuld an Beispiel: Wie sehen Sie das? Was bedeutet Missverständnissen und Problemen. das für Sie und Ihre Abteilung? Wie gehen Sie damit um? Was hängt für Sie daran? Da Biel: Auch hierzu haben Sie sicher wieder ein gibt es noch viele andere Fragen, die einen Beispiel für uns? Dialog eröffnen und einen Austausch ermögli- chen und den oben beschriebenen Blindflug Leder: Sicher. Ein zahlenorientierter Manager, ein und die damit verbundenen Enttäuschungen Chefcontroller mit hoher Ergebnisorientierung, oder den Ärger vermeiden. kommt aus der Zentrale eines Unternehmens in eine Ländervertretung. Er kennt die Geschäfts- Biel: Lassen Sie uns bitte die Perspektive führer, die seine direkten Mitarbeiter sind, und mit wechseln und uns jetzt fragen, wie empfinden denen er einen ersten Termin hat, bisher noch möglicherweise die Betroffenen die Maßnah- nicht. Auf Schnelligkeit und Effizienz bedacht, men und Entscheidungen. geht er das Zahlenwerk mit ihnen durch, aber für den Aufbau von Vertrauen und persönlichen Be- Leder: Das ist eine wichtige Frage. Wir müssen ziehungen hat er keine Zeit. Als er fertig ist, geht nämlich festhalten, einseitige Fokussierung auf er. Der andere nimmt kein Interesse an seiner Zahlen, Fakten und Ergebnisse führt dazu, Person wahr. Er ist enttäuscht und verärgert. dass zahlenorientierte Manager wenig In- teresse an anderen Menschen zeigen. Biel: Welche Folgerung haben wir zu ziehen? Biel: … wozu kann dies in der Praxis führen … Leder: Der Controller widmet sich persönlich der Sache, sein Gesprächspartner nimmt Leder: Dies kann bei den Betroffenen Irrita dessen Sachlichkeit persönlich. tionen und eine Missstimmung auslösen. Viele Zahlenmenschen sind, was die Schnelligkeit im Biel: Was heißt das denn für diejenigen, die mit Umgang mit Zahlen betrifft, sehr anspruchsvoll. den Zahlenmenschen umgehen, also sozusa- Das merken sie aber nicht, denn ihre Begabung gen von ihnen betroffen sind? halten sie oft für „ganz normal“. Wer ihre An- sprüche nicht erfüllt, wird von den Zahlenmen- Leder: Sie sollten deren Sachlichkeit weni- schen schnell mal abgewertet. Auch wenn das ger persönlich nehmen und deren positive nicht ausgesprochen wird, merken das die an- Absichten sehen und anerkennen. Außerdem deren. So kommt es, dass zahlenorientierte Ma- sollten Sie den ergebnisorientierten Zahlen- nager bei anderen häufig Inkompetenzge- menschen ihre eigenen Bedürfnisse und die fühle erzeugen. Die sehen dann mehr Kritik an der anderen immer wieder deutlich machen. ihrer Leistung und ihrer Person als die Verbesse- Viele Zahlenmenschen sind an Feedback inte- rung in der Sache, die ja von den zahlenorien- ressiert, sie nehmen das auf und nehmen das tierten Managern oft erzeugt wird. Einseitig zah- oft zum Anlass, sich verändern zu wollen. len- und sachorientierte Manager beabsichtigen in der Regel nicht, negative Wirkungen bei ande- Biel: Bei der Beschäftigung mit Ihrer Arbeit und ren auszulösen, tun aber meistens wenig, diese Ihren Veröffentlichungen ist mir ein weiterer As- Wirkungen zu vermeiden oder zu korrigieren, pekt wichtig geworden, der gerade in der Con- auch weil sie es oft nicht wahrnehmen. troller Community für Diskussionen sorgen könnte. Sie betonen nicht nur das ausgewogene Biel: Müssen wir diese Sicht nicht etwas relati- Zusammenspiel zwischen Sach- und Bezie- vieren? Laufen wir Gefahr, dies zu einseitig zu hungsorientierung, sondern Sie relativieren, bit- sehen? Missverständnisse beruhen häufig auf te lassen Sie mich Sie zitieren: „Warum Zahlen Wechselwirkungen zwischen Zahlenorien- nicht immer zählen.“ Daten, Zahlen und Fakten tierten und ihrem Umfeld. Auch Mitarbeiter suggerieren doch Genauigkeit und Verlässlich- können Anlass zu Problemen geben. keit, geben gerade im Unternehmen vermeintlich sichere Orientierung. Worin sind Ihre Zweifel an Leder: Ja, sicher. Man muss vorsichtig sein mit der Sicherheit der Zahlen, z. B. Zahlen einer be- einseitigen Schuldzuweisungen. Beide Seiten triebswirtschaftlichen Analyse, begründet?
Controller als „Zahlenmenschen” – einige Zwischenfragen Leder: Die ist nicht nur eine interessante, son- Biel: Worin liegt denn die Schwierigkeit? cher Motivation sie etwas verändern wollen. Sie dern auch eine komplexe Frage. Natürlich sind gewinnen an Bedeutung, wenn man versteht, Zahlen wichtig und vielfältig bedeutsam. Aber Leder: Die Schwierigkeit ist nur, das immer wieso sie etwas verändern oder erreichen wol- zahlenorientierte Manager neigen dazu, die wieder geglaubt wird, ohne Emotionen, wenn len. Wer nur sagt, was „Sache“ ist, den sieht Sicherheit und die Aussagekraft von Zah- man rein sachlich bleibt, würde alles schneller man weniger und er hat auch weniger Bedeu- len zu überschätzen. Sie übersehen leicht gehen. Daher die Annahme, Emotionen ge- tung, als wenn man weiß, wer dahinter steht. drei m.E. wichtige Punkte: Komplexe Sachver- hörten nicht ins Unternehmen. Und diese An- halte lassen sich (1) nicht immer vollständig nahme kann ich sehr gut verstehen. Dem liegt Biel: Bitte lassen Sie uns versuchen, ein Fazit und (2) nicht immer zutreffend in Zahlen erfas- die positive Absicht zugrunde, dass Eitelkeiten zu ziehen und unseren Leserinnen und Lesern sen, und (3) Zahlen messen nicht immer das, oder Machtspiele, Ärger oder Enttäuschung un- Empfehlungen zu geben. Sie schreiben, Empa- was sie vorgeben, zu messen. Zahlen können nötige Komplikationen schaffen. Man solle thie, Eleganz und Freigiebigkeit seien entschei- auch trügerisch sein. Dann suggerieren sie ohne Ansehen der eigenen Person das tun, was dende Erfolgsfaktoren. Es interessiert sicher Sicherheit nur, denn sie sind interpretations sachlich richtig und erforderlich ist. unsere Leserinnen und Leser, wie Sie dies bedürftig. Es gibt Abgrenzungsthemen, die aus verstehen und was Sie uns damit vermitteln dem reinen Zahlenwerk nicht ersichtlich sind. Biel: Stimmt dies wirklich, ist dies realistisch? wollen. Kann die Zahlenfixiertheit nicht nur ein Das betrifft unter anderem langfristige, weit in Fluch, sondern unter bestimmten Bedingungen die Zukunft weisende Aspekte, einfach weil die Leder: Ja, dies stimmt in gewisser Hinsicht. auch ein Segen sein? sehr unsicher und damit nicht leicht berechen- Manager sollten die eigenen Emotionen wahr- bar sind. nehmen und gegebenenfalls durch Reflexion Leder: Zahlenorientierung ist ein großes verändern, statt sie einfach auszuleben. Man Geschenk, ein Talent, das ich nur bewundern Biel: Damit kommen wir in das schwierige The- sollte über Ärger sprechen und nicht ein- kann. Ohne Zahlen kann man kein Unterneh- ma der Kommunikation bzw. der Kommunika fach Ärger rauslassen. Dennoch gilt: Emotio men steuern. Es ist eine notwenige Bedingung tionsfähigkeit. Je komplexer der Sachverhalt, nen sind im Unternehmen unverzichtbar. Mit für Erfolg, aber eben keine hinreichende. Wer desto schwieriger die angemessene Kommuni- eigenem oder fremdem Ärger, mit Angst und es schafft, Zahlenorientierung mit Empathie, kation. Wie eindeutig oder auch mehrdeutig ist oder Enttäuschung muss man sich befassen, um Eleganz und Freigiebigkeit zu kombinieren, der nach Ihren Erfahrungen die Kommunikation in diese Emotionen in positive Gleise zubringen. ist unschlagbar. den Unternehmen? Biel: … bezogen auf den anderen heißt das? Biel: Wie verstehen Sie unter Empathie unter Leder: Kommunikation ist nie eindeutig. den realen betrieblichen Bedingungen? Das, was wir sagen, wird meistens anders inter- Leder: Wer anderen, auch unbewusst und ohne pretiert, als wir es meinen. Aus diesem Grunde es zu wollen, Desinteresse entgegenbringt, Leder: Mit Empathie meine ich die Fähig- ist es wichtig, immer wieder nachzuhören, wie schafft Enttäuschung. Enttäuschung bremst. keit und das Interesse, andere verstehen der andere das verstanden hat, was wir sagen. Andererseits: Wer sich für andere interessiert, zu wollen und zu können. Die Sichtweise, Das geht nur durch Fragen und dadurch, dass erzeugt Freude und Optimismus. Das bewegt. Motive und positiven Absichten von anderen wir Interesse für den anderen aufbringen. nachzuvollziehen und in diesem Sinne zu ver- Biel: Der bereits eingangs erwähnte Controlling- stehen, ist unabdingbar, um mit ihnen eine gute Biel: Hier haben wir einen artverwandten As- Pionier, Dr. Dr. h.c. Albrecht Deyhle, hat der Kooperation zu etablieren und Dinge voranzu- pekt. Zahlenmenschen gelten oft als nüchtern Controller Community diesen Kernsatz vermit- bringen. Wer den anderen versteht und dies und unpersönlich und damit als emotionslos. telt: „Ein Controller versteckt sich nicht hinter ausdrückt, kommt in einen guten Kontakt. Als Fußnote sei aber gestattet, dass ich viele den Zahlen, sondern ist immer auf dem Weg zu Emotionen und Sichtweisen von anderen zu Controllerinnen und Controller kennengelernt seinen Kunden.“ Bei Ihnen habe ich diesen Satz verstehen, muss noch lange nicht heißen, ihnen habe, die durchaus Humor und Empathie ha- gefunden: „Menschen können dann Vertrauen Recht zugeben. Das wird oft verwechselt. ben. Verschiedentlich ist zu hören, Emotionen entwickeln, wenn Personen nicht hinter Zahlen, sollten aus dem Unternehmen herausgehalten Daten und Fakten verschwinden.“ Eine erstaun- Biel: … und wie lässt sich Eleganz umschreiben? werden, da hätten sie nichts zu suchen. Wie ist liche Parallelität! Wir hatten bereits das Thema hierzu Ihre Einschätzung? „Grenzen der Zahlen“. Müssen wir einen weite- Leder: Mit Eleganz meine ich elegantes Verhal- ren Aspekt einfügen? Kann es sein, dass Per- ten im Management. Das ist etwas, was vielen Leder: Wer Emotionen aus dem Unternehmen sönlichkeiten und deren Haltung Zahlen erst Zahlenmenschen gut tun würde. heraushalten will, kann an ihnen scheitern. Wer richtig zur Wirkung bringen? offen für die Emotionen von andern ist, ge- Biel: … was heißt dies nun konkret? winnt. Auch ich kenne Controller, die in ihrem Leder: Ja, genau. Es ist wichtig, dass Control- Privatleben sehr gut die Fähigkeiten haben, auf ler erläutern, warum sie etwas wollen, was Leder: Es bedeutet, sich weniger abzugren- 8 Emotionen von andern einzugehen. bestimmt Zahlen für sie bedeuten, mit wel- zen, weniger abzuwerten und abzuwehren,
CM Mai / Juni 2013 weniger konfrontativ und sperrig sein, offen für lytische Intelligenz verpflichtet dazu, verant- Biel: Bitte lassen Sie zusammenfassend einige die Welt zu sein und weniger in Konfrontation wortlich damit umzugehen und das eigene Kernaussagen hervorheben: zu gehen. Eleganz beruht auf Reflexion und Wissen gerne zu teilen, ohne anderen ihr ··Zahlenorientierung ist sehr wichtig und Reduktion. Das hat eine ästhetische Kompo- Nicht-Wissen vorzuwerfen. Das bedeutet, bedeutsam, aber für den persönlichen nente, und die kann man auf Beziehungen nicht frustriert darüber zu sein, dass andere und unternehmerischen Erfolg nicht übertragen. Wer sich elegant verhält, erzeugt einen nicht verstehen, sondern eine entwi- ausreichend. weniger Ärger, Enttäuschung, Angst und ckelnde Haltung einzunehmen, aus der heraus ··Es ist entscheidend, Sach- bzw. Zahlen Druck. Er zeigt das eigene Interesse nicht man anderen etwas erklärt. Wissen zu teilen orientierung einerseits und Beziehungs- nur an der Sache, sondern auch am Men- und abzugeben, wohl wissend, dass die eige- und Verhaltensorientierung andererseits schen. Er lässt öfters mal „das Schwert ste- nen Talente von andern nicht geteilt werden. angemessen auszubalancieren. cken,“ lässt sich auch bei unfairen Angriffen Das macht Freude und schafft einen positiven ··Dies auch wirklich umzusetzen, wird nicht manipulieren und kann sich, wenn es Kontakt zu anderen. vielfach unterschätzt. Die Umsetzung bleibt schwierig wird, auf die positiven Absichten von als zentrale Herausforderung für die Praxis. anderen beziehen. Er kann Situationen ent- Biel: … und was bedeutet dies beispielsweise ··Wer es schafft Zahlenorientierung mit schärfen und Menschen integrieren. Wer sich für den Umgang mit Emotionen? Empathie, Eleganz und Freigiebigkeit zu elegant verhält, der erzielt eine positive Wir- kombinieren, der ist unschlagbar. Dies wün- kung und es ist mehrheitlich angenehm, mit Leder: Unter Freigiebigkeit verstehe ich in die- schen wir unseren Leserinnen und Lesern. ihm zu tun zu haben. ser Hinsicht, freigiebig zu sein mit positiven Emotionen, und damit Stimmungen zu prägen. Frau Leder, haben Sie herzlichen Dank, dass Sie Biel: Sie sprechen auch von Freigiebigkeit. Was Empathie, Eleganz und Freigiebigkeit ver- sich diesem Dialog gestellt haben. Vielen Dank meinen Sie damit in unserem thematischen stehe ich als Orientierungspunkte, die das und besonderen Respekt auch für das bemer- Zusammenhang? sach-, ergebnis- und zielorientierte Ver kenswerte Engagement für den Aussagegehalt halten von zahlenorientierten Managern dieses Beitrages. Und nicht zuletzt danke ich Leder: Freigiebigkeit bedeutet unter an- ergänzen sollten, damit sie für sich und ihr Ihnen für die überaus angenehme Arbeitsat derem, mit seinem Wissen und seinem Umfeld und ihr Unternehmen dauerhaft erfolg- mosphäre und für die gelebte Kombination von Talenten freigiebig umzugehen. Hohe ana- reich sein können. Sach- und Verhaltensorientierung. 9
Sie können auch lesen