COVID19 - CoronaUpdate Italien borderline-europe, Sizilien - Teil 19 - Palermo, 27.01.2021
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COVID19 – CoronaUpdate Italien auf Anweisung des italienischen Innenministe- riums immer mehr Zurückweisungen an der borderline-europe, Sizilien – Teil 19 italienisch-slowenischen Grenze durchgeführt. Palermo, 27.01.2021 Das Gericht entschied nach dem von den An- wältinnen eines in Trieste angekommenen Pa- Anmerkung: da die Coronasituation derzeit alle Lebensla- kistaners eingereichten Widerspruch, dass gen bestimmt, nehmen wir zukünftig auch wichtige Ereig- diese Zurückweisungen verfassungsrechtliche nisse in diese zweiwöchigen Kurzupdates mit auf, die Verpflichtungen und internationales Recht nicht in einem direkten Zusammenhang mit der Erkran- kung und deren Folgen stehen. verletzten und dass dadurch Migrant*innen unterwegs auf der Balkanroute, darunter auch Asylsuchende, wissentlich „unmenschlichen Politische und soziale Situation und erniedrigenden Behandlung" sowie "Fol- Politisch befindet sich Italien mit einer Regie- ter durch die kroatische Polizei" ausgesetzt rungskrise während der Corona-Pandemie in werden. Sie werden auf den Rücken getreten, einer heiklen Situation. Die Partei Italia Viva mit Schlagstöcken geschlagen, die mit Stachel- des ehemaligen Regierungschef Matteo Renzi draht umwickelt sind, mit Pfefferspray be- versuchte, die aktuelle Regierung zu stürzen. sprüht und von Hunden gejagt. Zwei Ministerinnen von Italia viva legten ihr Wie bei vielen anderen war es bei dem Pakis- Amt nieder. Die Vertrauensfrage, die in beiden taner zu Kettenabschiebungen von Slowenien Kammern (der Abgeordnetenkammer und nach Kroatien und anschließend nach Bosnien dem Senat) gestellt worden ist, wurde beide gekommen. Male nur sehr knapp vom regierenden Minis- terpräsidenten Conte gewonnen. Diese informellen Zurückführungen (im Jahr Laut Renzi sei die aktuelle Regierung nicht fä- 2020 mindestens 1.400) geschehen im Rah- hig, dem Land einen Plan für die Zukunft zu bie- men eines bilateralen Abkommens zwischen ten. den beiden Grenzländern aus dem Jahr 1996, Die Zeitung Sole24ore fasst die Situation wie welches nie vom italienischen Parlament ratifi- folgt zusammen: „Der Premierminister ist ein ziert worden ist. Sie wurden nun als klarer Ver- halber Gewinner: Er hat das Vertrauen erhal- stoß gegen u.a. die Verfassung, die Europäi- ten, findet sich aber mit einer geschwächten sche Menschenrechtskonvention und die Mehrheit wieder; der Leader von Italia viva hat Charta der Grundrechte der Europäischen die Wette verloren und riskiert die Flucht der Union anerkannt. Abgeordneten aus Iv [Italia viva]; die Pd [Par- tito democratico] fürchtet nun die Konkurrenz Rund um die Seenotrettung durch eine Partei von Conte und Salvini ist sich Am 13. Januar konnte das Team der Open nicht sicher, alles auf die Wahlen zu setzen.“ Arms endlich ihre Quarantäne in Porto Empe- Italien hält weiter den Atem an, als Giuseppe docle beenden. Eine Woche später legte es Conte am 26. Januar seinen Rücktritt ein- reichte, nachdem er versuchte hatte, die Re- wieder Richtung Barcelona ab, um die nächste gierungsmehrheit zu erweitern. Noch ist er für Mission vorzubereiten. die laufenden Geschäfte im Amt, doch inner- Ebenfalls am 13. Januar wurde die etwas an- halb von 48 Stunden entscheidet sich, ob sich dere Ankunft von 26 Menschen am Hafen von doch eine neue Mehrheit bilden lässt, oder ob Salerno entdeckt. Beamte der maritimen Küs- Conte letztendlich geht. Wie es nun weiter ge- hen könnte, lesen Sie hier. Sicher ist jedoch, tenpolizei entdeckten sie, wie sie versuchten, dass diese kritische politische Phase erst wie- aus zwei Containern, die mit einem Schiff aus der mit der Vereidigung eines*r neuen Minis- der Türkei gekommen waren, zu kommen. Das terpräsident*in und seiner/ihrer Minister*in- Schiff war am Montag Abend in Aliaga gestar- nen durch den Präsidenten Mattarella endet. tet, sodass die 20 Erwachsenen und 6 unbe- gleiteten Minderjährigen wahrscheinlich mehr Das Römische Gericht hat beschlossen, dass als drei Tage lang in den Containern einge- italienische Zurückweisungen nach Slowenien illegitim sind. Seit dem Frühjahr 2020 werden 2
sperrt waren. Zum Glück geht es allen gesund- weitere 149 Menschen von zwei Schlauchboo- heitlich gut. Doch den Erwachsenen wird die ten in Seenot, wieder 37 Seemeilen von der li- Einreise nach Italien verwehrt, während die byschen Küste entfernt. Später am Tag wurde Minderjährigen den Sozialdiensten der Stadt ein weiteres Schlauchboot in Seenot ausge- Salerno anvertraut werden. macht und 106 Menschen 28 Seemeilen von der libyschen Küste gerettet. Am 23. Januar Am 19. Januar betrauerten wir den Tod von wurde eine hochschwangere Frau von der ita- mindestens 43 Personen durch einen Schiff- lienischen Küstenwache evakuiert, während bruch kurz vor der libyschen Küste. 10 Men- die Ocean Viking bis zum 24. Januar warten schen wurden von der sogenannten libyschen musste, um die 373 weiteren Überlebenden Küstenwache zurück nach Libyen gebracht. nach Augusta bringen zu können. Für die Qua- Am darauffolgenden Tag wurden weitere 48 rantäne der Geretteten wurde die GNV Adria- Menschen (darunter 1 Frau und 11 Minderjäh- tico von Trapani nach Augusta gefahren. rige) zurück nach Libyen gebracht. Dieser ille- gale pull-back wurde von der Moonbird, dem Flugzeug von Sea Watch, beobachtet. Das Schiff Fezzan der sogenannten libyschen Küs- tenwache nahm die Menschen fest und brachte sie zu dem unsicheren Hafen Tripolis. Auch wenn das Alarm Phone die Behörden in- formiert hatte und ein Frontex-Flugzeug in der Nähe des Bootes gesichtet wurde, griffen itali- enische Behörden nicht ein. Von den Betroffe- nen kamen drei aus Burkina Faso, sechs aus Ka- merun, einer aus Ägypten, siebenaus Guinea, 5 Die Ocean Viking. Foto: SOS Méditerranée aus der Elfenbeinküste, fünf aus Liberia, 17 aus Mali, einer aus Somalia, einer aus dem Sudan Bei einem Schiffbruch am 24. Januar starben und zwei aus Togo. 17 Menschen. Die 82 Überlebenden des Boo- tes, zu dem das Alarm Phone Kontakt hatte, Am 20. Januar gab es nach mehreren Tagen wurden von der sogenannten libyschen Küs- ohne Ankünfte in Italien zwei autonome An- tenwache zurück nach Libyen gezwungen. künfte auf Lampedusa mit 26 Tunesiern und 4 Mitten in der Nacht des 25. Januars wurden 45 Tunesierinnen. Ungefähr 10 von ihnen sind Subsaharianer*innen von der italienischen taubstumm. Nach einem Covid-Schnelltest Küstenwache von einem Schlauchboot fast an wurden sie in den Hotspot zur Identitätsfest- der Grenze zu internationalen Gewässern an stellung gebracht. Am 25. Januar wurden 27 Bord geholt. Am Morgen desselben Tages er- von ihnen, auch die besonders Schutzbedürfti- reichte die Asso 30 mit weiteren 75 Subsahari- gen, auf das Quarantäneschiff Rhapsody ge- aner*innen den Hafen von Lampedusa. Alle bracht. 120 geretteten Geflüchteten wurden nach ei- ner ersten Gesundheitskontrolle in den Hot- Die Ocean Viking rettete am 21. Januar 119 spot von Lampedusa gebracht, in dem sich be- Menschen von einem überfüllten Schlauch- reits 31 Menschen befanden. Derzeit sind zwei boot in Seenot 37 Seemeilen von der libyschen Quarantäneschiffe in Betrieb. Küste entfernt, nachdem das Alarm Phone ei- nen Anruf erreicht und die Behörden alarmiert Die Anhörung zu den Maßnahmen, die die Sea- hatte. Das Flugzeug Moonbird der Sea Watch Watch-Schiffe blockiert, wurde auf den 23. hatte nach der Alarmierung nach dem Schiff Februar vertagt. Für den 26. Januar war ein Ur- gesucht. Unter den Geretteten waren vier Kin- teil des regionalen Verwaltungsgerichts zur der, das jüngste nur einen Monat alt. Am da- Festlegung der Sea Watch 4 erwartet, doch rauffolgenden Tag rettete die Ocean Viking 3
dieses vertagte die Entscheidung, da es das EuGH abwarten will. Situation der Geflüchteten Seit dem 16. Januar 2021 ist Sizilien aufgrund hoher Ansteckungszahlen zur „roten Zone“ ge- worden. Das bedeutet, dass die meisten der sozialen Dienstleistungen, die für Geflüchtete noch angeboten wurden, nicht mehr in der Form stattfinden können, in der sie es bisher noch konnten. Nun muss abgewartet werden, was ab dem 1. Februar möglich ist, sollte die Beschränkung dann gelockert werden. Im Gefängnis von Termini Imerese starb am 24. Januar ein wegen Menschenschmuggel verur- teilter Tunesier. Im Juni 2020 war seine Verur- teilung bestätigt und etwas reduziert worden. Der Körper wird obduziert. Auch wenn die Ge- fängnisdirektion von einem Herzstillstand spricht, werden noch die Umstände eines in der Zelle erlittenen Übergriffes geklärt. Weitere Informationen zur Situation in Italien finden Sie in unserem Steiflicht Italien und un- seren vorherigen Corona-Updates auf unserer Homepage. Kontakt borderline-europe Menschenrecht ohne Grenzen e.V. https://www.borderline-europe.de/ mail@borderline-europe.de jg@borderline-europe.de 4
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