Schriftliche Kleine Anfrage
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BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 22/5585 22. Wahlperiode 07.09.21 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 30.08.21 und Antwort des Senats Betr.: Evakuierte Afghanen in Hamburg – wer sind diese Menschen? Einleitung für die Fragen: Mehr als 4.600 Menschen hat die Bundeswehr bis jetzt aus Afghanistan aus geflogen. Knapp 200 von ihnen sind derzeit in Hamburg untergebracht. Sie sollen in den nächsten Tagen von der Erstaufnahme in Rahlstedt in dauerhaf tere Unterkünfte verteilt werden. Von den 195 Menschen, die jetzt in der Unterkunft am Neuen Höltigbaum darauf warten, wie es für sie weitergeht, sind 83 Kinder. Auch zwei schwangere Frauen werden dort betreut. Hamburg hatte sich als erstes Bundesland bereit erklärt, bis zu 250 gerettete Menschen aus Afghanistan aufzunehmen (https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Ham burg-Bislang-knapp-200-Gerettete-aus-Afghanistan-aufgenommen,afghanis tan1288.html). Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Einleitung für die Antworten: Am 18. August 2021 sind die ersten 19 Personen mit Bussen in Hamburg angekommen, am 20. August 2021 folgten 93 weitere Personen und am 21. August 2021 92 Personen. Daneben haben sich bis zum 30. August 2021 insgesamt 39 Personen im Ankunfts- zentrum gemeldet, die auf einem Evakuierungsflug waren und die sich von Frankfurt aus selbständig nach Hamburg begeben haben. Der Bund entscheidet darüber, ob die Geflüchteten als Ortskraft beziehungsweise als sonstige besonders gefährdete Person eine Aufnahmezusage nach § 22 Satz 2 Aufent haltsgesetz (AufenthG) erhalten. Sofern eine Aufnahmezusage nach § 22 Satz 2 Auf enthG vorliegt beziehungsweise erteilt wird, erfolgt eine Zuweisungsentscheidung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Geflüchteten werden dann von den Zielkommunen entweder abgeholt oder die Geflüchteten treten die Reise in die Zielkommune selbstständig mit der Deutschen Bahn an. Hierbei werden sie von der zuständigen Behörde unterstützt. Sodann erfolgt das reguläre Verfahren hinsichtlich Unterbringung, Versorgung und Erteilung des Aufenthaltstitels. Personen ohne Zusage nach § 22 Satz 2 AufenthG verbleiben zunächst in Hamburg. Zu den Einzelfällen, ins besondere über die individuellen Gründe für oder gegen die Aufnahmezusage nach § 22 Satz 2 AufenthG, liegen der zuständigen Behörde aktuell noch keine Informationen vor. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Frage 1: Wie viele Afghanen, die im Zuge der Evakuierung des internationalen Flughafens Kabul nach Deutschland verbracht worden sind, befinden sich gegenwärtig in der Stadt?
Drucksache 22/5585 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Antwort zu Frage 1: Bis zum 30. August 2021 sind insgesamt 243 Personen in Hamburg angekommen, die mithilfe eines Evakuierungsfluges nach Deutschland gebracht wurden. 16 Personen davon waren zum 30. August 2021 bereits durch die zugewiesenen Länder und Kom munen abgeholt worden. Frage 2: Wie viele von diesen Personen sind Männer beziehungsweise Frauen? Frage 3: Wie verteilen sich diese Menschen auf folgende Alterskohorten: a) null bis sechs Jahre, b) sieben bis zwölf Jahre, c) 13 bis 17 Jahre, d) 18 bis 21 Jahre, e) 22 bis 30 Jahre, f) 31 bis 40 Jahre, g) 41 bis 50 Jahre, h) 51 bis 60 Jahre, i) 61 Jahre und älter? Antwort zu Fragen 2 bis 3 i): Tabelle davon davon Gesamt männlich weiblich a) 0 – 6 Jahre 33 21 12 b) 7 – 12 Jahre 38 14 24 c) 13 – 17 Jahre 35 17 18 d) 18 – 21 Jahre 22 16 6 e) 22 – 30 Jahre 46 19 27 f) 31 – 40 Jahre 31 15 16 g) 41 – 50 Jahre 21 13 8 h) 51 – 60 Jahre 13 10 3 i) 61 Jahre und älter 4 1 3 Frage 4: Auf wie viele Familien verteilen sich diese Menschen? Antwort zu Frage 4: Es sind 46 Familienverbände und 21 Alleinreisende. Frage 5: Wie viele der in Hamburg untergebrachten Afghanen haben in ihrer Heimat für die Bundeswehr gearbeitet? Frage 6: Welche Tätigkeiten haben diese Personen dabei im Einzelnen aus geübt? Frage 7: Wie viele der in Hamburg untergebrachten Afghanen haben in ihrer Heimat für ein mit der Bundeswehr assoziiertes Subunternehmen gearbeitet? Frage 8: Welche Tätigkeiten haben diese Personen dabei im Einzelnen aus geübt? Antwort zu Fragen 5 bis 8: Siehe Vorbemerkung. 2
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Drucksache 22/5585 Frage 9: Auf welcher Rechtsgrundlage sind jene Personen nach Deutschland eingereist, die in Afghanistan weder als Hilfskräfte für die Bundes wehr oder eines mit ihr assoziierten Subunternehmens gearbeitet hatten und auch sonst keinerlei Bezüge zu Deutschland aufweisen? Antwort zu Frage 9: Alle Personen haben bei der Einreise ein D-Visum gemäß § 14 in Verbindung mit § 22 AufenthG für 90 Tage erhalten, das durch die Bundespolizei in Abstimmung mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erteilt worden ist. Frage 10: Wie viele Afghanen, die im Zuge der Evakuierung des internationalen Flughafens Kabul nach Deutschland verbracht worden sind, haben bereits einen Asylantrag gestellt? Frage 11: Welches waren die dabei angegebenen Begründungen? Antwort zu Fragen 10 und 11: In Hamburg hat bisher niemand aus diesem Personenkreis einen Asylantrag gestellt. Zunächst erfolgt die Prüfung, ob es sich bei den Personen um afghanische Ortskräfte oder um Personen handelt, die sonst einer besonderen Gefährdung unterliegen. Frage 12: Befinden sich unter den in Hamburg untergebrachten Afghanen nach Kenntnis des Senats Personen, die bereits in Deutschland gelebt hat ten und ausgewiesen beziehungsweise abgeschoben worden sind? Falls ja, auf wie viele Personen trifft dies zu? Antwort zu Frage 12: Bisher ist eine Person bekannt, die bereits einmal nach Afghanistan abgeschoben wor den ist. Vier Personen wurden in Hamburg geboren. Die Datensätze dieser Personen wurden archiviert und ordnungsgemäß gelöscht. Es liegen somit keine weiteren Infor mationen über Aufenthaltszeiten vor. Frage 13: Wie viele dieser Personen hatten in Deutschland Straftaten began gen? Antwort zu Frage 13: Eine Person. Frage 14: Dürften bereits ausgewiesene beziehungsweise abgeschobene Per sonen mit oder ohne kriminelle Vorgeschichte einen Asylantrag in Deutschland stellen? Falls ja, wie wird in solchen Fällen verfahren und inwieweit wirkt sich die Vorgeschichte dabei aus? Antwort zu Frage 14: Nach Artikel 16a des Grundgesetzes genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Die Asyl berechtigung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) betreffen den Schutzstatus eines Ausländers. Ebenfalls als Schutzstatus zu qualifizieren ist die Anerkennung als international subsidiär Schutz berechtigter (§ 4 AsylG). Dem Schutzstatus vergleichbar ist die Anerkennung als natio nal subsidiär Schutzberechtigter nach § 60 Absatz 5 AufenthG (Abschiebungsschutz berechtigter nach Maßgabe der Europäischen Menschenrechtskonvention – EMRK) oder nach § 60 Absatz 7 AufenthG (Abschiebungsschutzbegünstigter). Die Zu- oder Anerkennung dieses Schutzstatus wird grundsätzlich in demselben, durch den Asylantrag nach § 13 Absatz 1 AsylG einzuleitenden asylrechtlichen Verfahren geprüft. Das Begehen bestimmter Straftaten kann die An-/Zuerkennung des Schutzsta tus ausschließen oder zu seinem Widerruf führen. 3
Drucksache 22/5585 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Gemäß § 3 Absatz 2 Nummern 1 bis 3 AsylG ist ein Ausländer dann nicht Flüchtling im Sinne der GFK und nicht asylberechtigt, wenn er entweder ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit began gen hat (im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen) oder vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere, nicht politische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden oder den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Natio nen zuwider gehandelt hat. Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Absatz 1 AsylG ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat (im Sinne der internationalen Vertragswerke, die aus gearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen), eine schwere Straftat begangen hat, sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicher heit der Bundesrepublik Deutschland darstellt. Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straf taten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen. Die Zuerkennung des nationalen subsidiären Schutzes bestimmt sich nach § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG. Der Schutz ist zu erteilen, wenn sich aus der Anwendung der EMRK ergibt, dass die Abschiebung des Ausländers unzulässig ist (§ 60 Absatz 5 AufenthG). Der Schutz soll erteilt werden, wenn in dem Staat, in den die Abschiebung erfolgen müsste, für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht (§ 60 Absatz 7 AufenthG). Die Prüfung bezieht sich auf die Verhältnisse im Zielstaat und lässt zunächst das persönliche, auch straffällige Verhalten des Ausländers außen vor. Frage 15: Wie viele Afghanen wird Hamburg zusätzlich zu den bereits Aufge nommenen unterbringen? Antwort zu Frage 15: Die Aufteilung der Geflüchteten auf die Länder erfolgt grundsätzlich nach dem König- steiner Schlüssel. Danach würde Hamburg 2,6 Prozent aller Geflüchteten aufnehmen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Frage 16: Wie viel Geld wird zur Unterbringung, Verpflegung und Betreuung dieser Menschen aufgewendet? Antwort zu Frage 16: Die Kosten für die Unterbringung und Versorgung bis zur Abholung durch die Zielkom mune trägt der Bund. Die Kosten werden erst nach Beendigung der Maßnahme abge rechnet und können daher noch nicht beziffert werden. Frage 17: Wer trägt die Miet- und Lebenserhaltungskosten? Antwort zu Frage 17: Für die Unterbringung im Neuen Höltigbaum hat der Bund für die Aufnahme, Versor gung und Betreuung eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben. Sofern die Personen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 22 Satz 2 AufenthG erhalten, können die Personen Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II beziehungs weise Sozialhilfe nach SGB XII beantragen. Sofern ein Asylantrag gestellt wird, besteht ein Anspruch nach Asylbewerberleistungsgesetz, der dem Sachleistungsprinzip folgt. Frage 18: Welche Betreuungsmaßnahmen erhalten die Afghanen gegenwär tig? 4
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Drucksache 22/5585 Antwort zu Frage 18: Die Personen, die im Standort Neuer Höltigbaum untergebracht sind, werden von den Mitarbeitenden des Sozialmanagements von F&W unterstützt. Es wird eine reguläre Sprechstunde angeboten, in Einzelfällen werden Personen, wenn nötig, auch aktiv auf gesucht. Das Sozialmanagement von F&W bietet den Menschen Orientierungsberatung an und unterstützt gegebenenfalls durch Anbindung an die einrichtungsinterne Stabilisierungs sprechstunde sowie bei Bedarf und sofern es aufgrund der noch nicht erfolgten Zuwei sungen sinnvoll ist an externe Einrichtungen und Beratungsstellen. In der Unterkunft ist zusätzliches medizinisches Personal tätig. Dieses übernimmt die bedarfsgerechte medizinische Versorgung und Anbindung. Hierzu zählt unter anderem ein PCR-Test auf COVID-19 bei allen Personen bei Ankunft sowie ein Impfangebot gegen COVID-19. Des Weiteren steht in der Unterkunft eine einrichtungsinterne Kleiderkammer zur Ver fügung. Frage 19: Wer trägt die hierfür anfallenden Kosten? Antwort zu Frage 19: Siehe Antwort zu 16. Frage 20: Gibt es eine fixe Obergrenze für die Aufnahme von Afghanen? Falls ja, wie lautet diese? Antwort zu Frage 20: Nein. 5
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