"Das Coronavirus und seine Mutationen" - Grundlagen und aktuelle Aspekte - Prof. Dr. Theo Dingermann

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"Das Coronavirus und seine Mutationen" - Grundlagen und aktuelle Aspekte - Prof. Dr. Theo Dingermann
„Das Coronavirus und seine Mutationen“
                       Grundlagen und aktuelle Aspekte

                                Prof. Dr. Theo Dingermann
                        Senior Editor der Pharmazeutischen Zeitung
                                 T.Dingermann@avoxa.de
2. März 2021
"Das Coronavirus und seine Mutationen" - Grundlagen und aktuelle Aspekte - Prof. Dr. Theo Dingermann
Das Virus und die Krankheit

2. März 2021
"Das Coronavirus und seine Mutationen" - Grundlagen und aktuelle Aspekte - Prof. Dr. Theo Dingermann
Das Virus und die Krankheit

                       SARS-CoV-2
  (severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2)

                                                                    Covid-19
                                                           (coronavirus disease 2019)

2. März 2021
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Coronaviren

2. März 2021
"Das Coronavirus und seine Mutationen" - Grundlagen und aktuelle Aspekte - Prof. Dr. Theo Dingermann
Die Cornaviridae

               Die Coronavirus-Krankheit wurde erstmals in den 1930er Jahren beschrieben.

           Im Jahr 1965 wurde HCoV-229E als erstes humanes Coronavirus isoliert.

               HCoV-NL63, HCoV-OC43 und HCoV-HKU1 sind drei weitere derzeit zirkulierende HCoVs.

               Diese vier Coronaviren sind beim Menschen endemisch und stellen nach den Rhinoviren eine
               wichtige Ursache für Erkältungskrankheiten dar, die in gemäßigten Klimazonen gehäuft im
               Winter und Frühjahr auftreten.

           Bei Säuglingen und Kleinkindern können die Infektionen schwerer verlaufen und Krupphusten,
           Bronchitis und Lungenentzündung verursachen.
2. März 2021
"Das Coronavirus und seine Mutationen" - Grundlagen und aktuelle Aspekte - Prof. Dr. Theo Dingermann
Die Cornaviridae

               Im November 2002 kam es zum Ausbruch einer Epidemie, die durch das schwere akute
               respiratorische Syndrom (SARS) gekennzeichnet war.

           Verursacht wurde diese Krankheit durch ein fünftes, hoch pathogenes Coronavirus, das SARS-
           Coronavirus (SARS-CoV-1).

               Die Krankheit hatte ihren Ursprung in China und breitete sich anschließend auf Vietnam,
               Hongkong, Taiwan, Singapur und Kanada aus.

           Zwischen ihrem ersten und letzten Auftreten wurden der WHO 8.096 Fälle mit 711 Todesfällen
           gemeldet. Das entspricht einer Fallsterblichkeitsrate (CFR = case fatality rate) von 9,6%.

2. März 2021
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Die Cornaviridae

               Ein sechstes Coronavirus wurde 2012 im Vereinigten Königreich nach der Krankenhauseinweisung
               eines Patienten mit einer SARS-ähnlichen Krankheit identifiziert.

           Das Middle East Respiratory Syndrome-Virus (MERS-CoV) hat zu einer begrenzten Anzahl von
           Ausbrüchen geführt, hauptsächlich in Saudi-Arabien und anderen Ländern des Nahen Ostens.

               Die CFR dieser Krankheit übersteigt 30%.

2. März 2021
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Die Cornaviridae

               SARS-CoV-2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2) ist ein neues Beta-
               Coronavirus, das Anfang 2020 als Auslöser von Covid-19 identifiziert wurde.
               SARS-CoV-2 ist neben SARS-CoV und MERS-CoV der dritte Vertreter der Beta.Coronaviren.

2. März 2021
"Das Coronavirus und seine Mutationen" - Grundlagen und aktuelle Aspekte - Prof. Dr. Theo Dingermann
Die virale Struktur

2. März 2021
"Das Coronavirus und seine Mutationen" - Grundlagen und aktuelle Aspekte - Prof. Dr. Theo Dingermann
Die virale Struktur

     Human-pathogene Coronaviren
     besitzen eine kugelförmige Struktur.

     Sie sind 120-160 nm in Durchmesser
     und besitzen typischerweise große (~20
     nm), keulen- oder blütenblattförmige
     Oberflächenprojektionen ("Peplomere"
     oder "Spikes").

     Das Genom besteht aus einem 28-32
     Kilobasen großen, positiv orientierten
     RNA-Einzelstrang, der die klassische
     Struktur einer mRNA besitzt.

     Damit enthalten Coronaviren die
     größten Genome der RNA-Viren.
2. März 2021
Die virale Struktur

     Die genomische RNA ist in einem
     Nukleokapsid (N-Protein + RNA) mit
     helikaler Symmetrie eingeschlossen.

     In die menschliche Zellen dringen die
     Viren über ihr S (Spike)-Protein ein, das
     an Rezeptoren auf Wirtszellen bindet.

2. März 2021
Die virale Struktur
           Verschiedene Wirtsrezeptoren wurden für die
           verschiedenen menschlichen Coronaviren
           identifiziert:

           • HCoV-229E verwendet die Aminopeptidase N.
           • HCoV-OC43 verwendet 2,3- oder 2,6-Alpha-
             Sialinsäure-Rezeptoren (wie das Influenzavirus).
           • SARS CoV-1 und SARS-CoV-2 bindet an das
             Angiotensin-Converting-Enzym 2 (ACE2).
           • MERS CoV benutzt die Dipeptidylpeptidase 4
             (DPP4).

                                                                    Quelle: NIAID, CC 2.0, Creative Commons

2. März 2021
Das Virus und die Infektion

2. März 2021
Das Virus und die Infektion

Virale RNA-Polymerase

2. März 2021
Das Virus und die Krankheit

2. März 2021
Die Cornaviridae

                                               Charakteristika der Krankheit

               Hauptübertragungsweg                         Tröpfchen/Aerosole
               Häufige Symptome                             Husten, Fieber, Schnupfen, Störung des Geruchs-
                                                            und/oder Geschmackssinns, Pneumonie
               Risikogruppen                                insbesondere Ältere, Vorerkrankte
               Basisreproduktionszahl                       R0(Median) 2,8–3,8
               Inkubationszeit (Median)                     5–6 Tage
               Manifestationsindex                          55–85 %
               Dauer des Krankenhausaufenthaltes (Median)   8-10 Tage

2. März 2021
Die Komplexität von Covid-19

2. März 2021
Der ganze Körper ist betroffen

               Primärer Infektionsort ist der obere Respirationstrakt

               Der Abstieg in die Lunge

               Der Ausbruch aus dem Respirationstrakt

               Attacke auf Herz und Kreislaufsystem

               Thrombosen als versteckte Killer

               Angriff auf die Niere

               Durch die Nase ins Gehirn
                                                                        https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/grafik-erklaerstueck-
               Last but not least: die Leber                            wie-das-coronavirus-den-koerper-befaellt/
2. März 2021
Mutationen

2. März 2021
Ein-Buchstaben-Code der Aminosäuren

                              A   Alanin             M   Methionin
                              C   Cystein            N   Asparagin
                              D   Asparaginsäure     P   Prolin
                              E   Glutaminsäure      Q   Glutamin
                              P   Phenylanalin       R   Arginin
                              G   Glycin             S   Serin
                              H   Histidin           T   Threonin
                              I   Isoleucin          V   Valin
                              K   Lysin              W   Tryptophan
                              L   Leucin             Y   Tyrosin

2. März 2021
Mutationen: Neutraler Basenaustausch

2. März 2021
Mutationen: Falschsinn-Austausch

2. März 2021
Mutationen: Unsinn-Austausch

2. März 2021
Mutationen: Leserahmen-Verschiebung/Frameshift

2. März 2021
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2. März 2021
Die relevanten Corona-Mutationen

2. März 2021
Alle relevanten Impfstoffe benutzen das S-Protein als Antigen
           Als Antigen wird in allen relevanten Impfstoffkandidaten das S-Protein oder die
           Rezeptor-Bindedomäne des S-Proteins.

2. März 2021
Alle relevanten Impfstoffe benutzen das S-Protein als Antigen

                                                                      E2
                                                                   AC
                                                                 h

                                                                             hACE2
                                                                                                  RBM
                                                                  NTD RBD
                                                             S1/S2                                RBD

                                                                       FP

                                                                                 HR1
                                                                            CR

                                                                                 CH
                                                                 S2'

                                                                                     HR2
                                                  https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2020.04.17.047324v1.full
2. März 2021
Alle relevanten Impfstoffe benutzen das S-Protein als Antigen
           Als Antigen wird in allen relevanten Impfstoffkandidaten das S-Protein oder die
           Rezeptor-Bindedomäne des S-Proteins in der Präfusionskonformation verwendet.

                                                    E2
                                                 AC
                                               h

                                                           hACE2
                                                                         RBM
                                                 NTD RBD
                                            S1/S2                        RBD

               NTD: N-terminale Domäne

                                                     FP
               RBD: Rezeptor- Bindedomäne

                                                               HR1
                                                          CR

                                                               CH
               RBM: Rezeptor- Bindemotiv
               S2 Untereinheit mit             S2'
               FP: Fusionspeptid
               CR: Connecting Region
                                                                   HR2
               HR1: Heptad Repeat 1
               HR2: Heptad Repeat 2
               CH: Zentrale Helix                 Präfusionskonformation         Postfusionskonformation
2. März 2021
Alle relevanten Impfstoffe benutzen das S-Protein als Antigen
           Als Antigen wird in allen relevanten Impfstoffkandidaten das S-Protein oder die
           Rezeptor-Bindedomäne des S-Proteins in der Präfusionskonformation verwendet.

                                                    E2
                                                 AC
                                               h

                                                           hACE2
                                                                         RBM
                                                 NTD RBD K986P
                                            S1/S2            V987P       RBD

               NTD: N-terminale Domäne

                                                     FP
               RBD: Rezeptor- Bindedomäne

                                                               HR1
                                                          CR

                                                               CH
               RBM: Rezeptor- Bindemotiv
               S2 Untereinheit mit             S2'
               FP: Fusionspeptid
               CR: Connecting Region
                                                                   HR2
               HR1: Heptad Repeat 1
               HR2: Heptad Repeat 2
               CH: Zentrale Helix                 Präfusionskonformation         Postfusionskonformation
2. März 2021
Die relevanten Corona-Mutationen
               E2
            AC
                    hACE2

          h

                                  RBM
        NTD RBD K986P
    S1/S           V987P          RBD
    2
                CR P
                   F

                HR1
                CH

          S2'
                            HR2

387 LNDLCFTNVY ADSFVIRGDE VRQIAPGQTG KIADYNYKLP 426

427 DDFTGCVIAW NSNNLDSKVG GNYNYLYRLF RKSNLKPFER 466

467 DISTEIYQAG STPCNGVEGF NCYFPLQSYG FQPTNGVGYQ 506

507 PYRVVVLSFE 516                                            https://www.nature.com/articles/s41586-020-2180-5/figures/2
2. März 2021
Die relevanten Corona-Mutationen
               E2
            AC
                    hACE2

          h

                                  RBM
        NTD RBD
    S1/S                          RBD
    2
                CR P
                   F

                HR1
                CH

          S2'
                            HR2

387 LNDLCFTNVY ADSFVIRGDE VRQIAPGQTG KIADYNYKLP 426

427 DDFTGCVIAW NSNNLDSKVG GNYNYLYRLF RKSNLKPFER 466

467 DISTEIYQAG STPCNGVEGF NCYFPLQSYG FQPTNGVGYQ 506
                                        E484K   K986P    N501Y
507 PYRVVVLSFE 516                              V987P            https://www.nature.com/articles/s41586-020-2180-5/figures/2
2. März 2021
Die britische Variante B.1.1.7

          Die britische Variante B.1.1.7 wird über verschiedene
          Mutationen im Spike-Protein definiert. Unter anderem
          sind folgende Mutationen relevant: 69-70del, N501Y,
          A570D, D614G, P681H, T716I, S982A, D1118H.
          Insgesamt weist die Linie über 20 Mutationen auf. Doch
          nicht alle haben auch funktionelle Auswirkungen.
          Insbesondere zwei Mutationen scheinen sich auf das
          Verhalten des Virus auszuwirken:

2. März 2021
Die N501Y-Mutation

          Die N501Y Mutation betrifft eine von sechs
          Kontaktstellen innerhalb der rezeptorbindenden Domäne
          (RBD) des Spike-Proteins.
          Hier ist an Position 501 die Aminosäure Asparagin (N)
          durch Tyrosin (Y) ersetzt.
          Offenbar erhöht die Mutation die Bindungsaffinität zum
          ACE2-Rezeptor.
          Die Mutation bildet die Leitmutation für die britische
          Variante B.1.1.7

2. März 2021
Interessant in diesem Kontext: Falschsinn-Austausch

                                              https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2021.01.07.425307v1.full
2. März 2021
Die Mutation 69-70del

          Die Deletion von zwei Aminosäuren im Spike-Protein
          (69-70del) ist mehrfach in Verbindung mit anderen RBD-
          Veränderungen aufgetreten.
          Sie ist von Interesse, weil sie in Viren gefunden wurde,
          die sich der Immunantwort bei einigen
          immungeschwächten Patienten entzogen haben
          (Immunevasion).
          Diese Mutation war auch bei Ausbrüchen auf dänischen
          Nerz-Farmen gefunden worden.

2. März 2021
Die Südafrika- und Brasilien-Variante B.1.351

          Die Variante B.1.351 (oder auch 501Y.V2) wurde
          erstmals in Südafrika entdeckt.
          Charakteristisch für diese Variante ist die E484K-
          Mutation.
          Daneben findet man mittlerweile auch die Mutation
          N501Y, die für die britische B.1.1.7-Variante
          charakteristisch ist.

2. März 2021
Die E484K-Mutation

          Die E484K-Mutation in der Rezeptordomäne (RBD)
          des Spike-Proteins war die Leitmutation der
          südafrikanischen B.1.351-Variante.
          In einigen Fällen konnte sie auch in der britischen
          B.1.1.7-Linie nachgewiesen werden.
          Sie ermöglicht eine Immunevasion des Virus. Antikörper,
          die gegen andere Virusvarianten gebildet wurden, sind
          gegen die E484K-Mutation weniger wirksam.
          Die E484K-Variante scheint Reinfektionen mit SARS-
          CoV-2 zu ermöglichen.

2. März 2021
Fazit:

         Covid-19 ist eine heimtückische Krankheit mit
         unkalkulierbaren Risiken für jeden Einzelnen.

         • Bei vielen (aber längst nicht allen) jungen Menschen
           verläuft die Krankheit symptomlos.
         • Für ältere Menschen ist die Krankheit lebensgefährlich.
         • Weltweit sind bereits fast 2 Millionen Menschen an der
           Krankheit verstorben.

         Nicht handeln, wäre unverantwortlich!

2. März 2021
Fazit:

         Covid-19 ist eine heimtückische Krankheit mit
         unkalkulierbaren Risiken für jeden Einzelnen.

         • Bei vielen (aber längst nicht allen) jungen Menschen
           verläuft die Krankheit symptomlos.
         • Für ältere Menschen ist die Krankheit lebensgefährlich.
         • Weltweit sind bereits fast 2 Millionen Menschen an der
           Krankheit verstorben.

         Nicht handeln, wäre unverantwortlich!

         Die Optionen:
           • Die Entwicklung eines schützenden Impfstoffs
           • Die Entwicklung spezifischer Medikamente
2. März 2021
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