Das neue Buchpreisbindungsgesetz - Leitfaden für Verlage und den verbreitenden Buchhandel
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Das neue Buchpreisbindungsgesetz Leitfaden für Verlage und den verbreitenden Buchhandel Von RAin Birgit Menche, Börsenverein des Deutschen Buchhandels mit großem Preisbindungsglossar - von A wie Abmahnung bis Z wie Zweigleisiger Vertrieb - Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V.
I Überblick über die Höhe der Endverkaufspreise verboten sind. Aus diesem Grund sind feste Ladenpreise in Am 1. Oktober 2002 tritt das Buchpreisbindungs- nahezu allen Branchen unbekannt. Schon nach bis- gesetz (BuchPrG) in Kraft und löst das über Jahr- herigem Recht nimmt der Buchhandel insoweit zehnte bewährte, privatrechtlich organisierte Sam- eine Sonderstellung ein. Verlage dürfen - in Ab- melreverssystem ab. Deutschland folgt damit dem weichung vom grundsätzlichen Kartellverbot - die Beispiel anderer europäischer Länder, die mangels Endverkaufspreise für Bücher und andere Verlags- eines vergleichbaren Reverssystems bereits heute erzeugnisse binden (§ 15 GWB). Die Gründe für eine gesetzliche Preisbindung praktizieren. Äuße- diese Ausnahmeregelung waren von je her kultur- rer Anlass für die Umstellung waren Entwicklun- politischer Art. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass gen auf europäischer Ebene. Die Europäische feste Ladenpreise maßgeblich zum Erhalt einer in- Kommission hatte Bedenken gegen ein privat- takten Buchhandelslandschaft beitragen - und da- rechtlich organisiertes Preisbindungssystem ange- mit dem Leser zugute kommen. Deshalb heißt es meldet und gleichzeitig signalisiert, dass sie eine in § 1 BuchPrG: „Das Gesetz dient dem Schutz des gesetzliche Regelung tolerieren werde. Das Kulturgutes Buch. Die Festsetzung verbindlicher BuchPrG hat den Buchhandel von Beginn an in- Preise ... sichert den Erhalt eines breiten Buchange- tensiv beschäftigt. Herausgekommen ist ein bots. Das Gesetz gewährleistet zugleich, dass dieses schmales, aus insgesamt 11 Paragrafen bestehendes Angebot für eine breite Öffentlichkeit zugänglich Gesetzeswerk, das alle wesentlichen Aspekte der ist, indem es die Existenz einer großen Zahl von Ver- Preisbindung behandelt. Fast ebenso wichtig wie kaufsstellen fördert.“ Der Gesetzgeber hat den kul- der Gesetzestext ist die Gesetzesbegründung, die turpolitischen Auftrag des Buchhandels damit mit Detailfragen zur Preisbindung verbindlich beant- großer Klarheit und Eindeutigkeit anerkannt. Im wortet. Gesamtgefüge der Rechtsordnung ist das BuchPrG dem Wettbewerbsrecht zuzuordnen. Soweit es die Die Umstellung der Preisbindung auf eine gesetz- Preisbindung für Bücher gesetzlich anordnet, ist das liche Grundlage wird für viele unbemerkt vonstat- BuchPrG ein Spezialgesetz zum GWB. ten gehen. Der Verbraucher wird kaum einen Unterschied feststellen: Wie bislang muss er den Produkte, die in Zukunft einer Preisbindung Preis zahlen, der auf dem Buch ausgewiesen ist - in unterworfen sind den Ramschkästen locken Billigangebote wie eh und je. Für andere Marktteilnehmer, insbesondere Das BuchPrG erfasst in erster Linie Bücher. Bü- für Verlage, die bisher bewusst keine Preisbindung cher sind vor allem solche mit festem Einband, praktizieren, stellt der 1. Oktober eine Zäsur dar. aber auch Taschenbücher und Paperbackausgaben. Anders als nach der jetzigen Rechtslage lässt das Abgrenzungskriterien sind Aufmachung (Bin- BuchPrG keine Wahl - Verlage müssen in Zukunft dung) und Inhalt. Folienmappen und lose Lernkar- für alle Bücher verbindliche Ladenpreise festsetzen. teien unterliegen ebenso wenig einer Preisbindung Diese Verpflichtung - die Verpflichtung zur Fest- wie Spiele ( Memory e.t.c.). Dagegen fallen in den setzung und Bekanntgabe verbindlicher Laden- Anwendungsbereich des Gesetzes Ergänzungsliefe- preise - ist das Kernstück des Gesetzes. Für die rungen und Loseblattwerke. Im übrigen sind Bü- überwiegende Mehrheit der preisbindenden Verla- cher im Sinne des BuchPrG nur solche Werke, die ge und für den verbreitenden Buchhandel sind die als verlags- oder buchhandelstypisch anzusehen Änderungen nicht so gravierend wie teilweise an- sind, also von Verlagen hergestellt und typischer- genommen. Von Beginn an war es das erklärte Ziel weise über den Buchhandel vertrieben werden. des Börsenvereins, die bewährten Regelungen aus Deshalb sind beispielsweise rein private Publika- dem „Sammelrevers“ möglichst ohne materielle tionen oder Firmenschriften keine Bücher im Sin- Änderungen in das BuchPrG zu überführen. Das ne des BuchPrG. ist - von wenigen Ausnahmen abgesehen - gelun- gen. In den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen Musiknoten und kartografische Produkte wie At- Das BuchPrG - ein kartellrechtliches Spezial- lanten, Stadtpläne und Globen, aber auch Wand- gesetz mit kulturpolitischem Hintergrund karten für den Schulgebrauch. Einer Preisbindung unterliegen außerdem buchhandelstypische Pro- Das Kartellgesetz stellt in § 14 GWB klar, dass dukte, die eines der vorgenannten preisbindungs- Absprachen zwischen Produzenten und Händlern fähigen Erzeugnisse reproduzieren oder substituie- 1
ren. Das trifft insbesondere für bestimmte elektro- mung mit der bisherigen Rechtslage können Ver- nische Verlagserzeugnisse wie CD-ROM und Dis- lage die Preise für Zeitungen und Zeitschriften ketten zu. Die Rechtssprechung des Bundesge- binden, sie müssen dies aber nicht (§ 15 GWB). richtshof zur Preisbindungsfähigkeit von CD- Für Verleger von Fachzeitschriften, die ihre Preise ROM (BGH NJW 1997, 1911 ff.) kommt weiter binden möchten, steht weiterhin der (Fachzeit- zur Anwendung. Praktisch bedeutet dies: CD- schriften)sammelrevers zur Verfügung. ROM, die in erster Linie lesbare Texte enthalten und überwiegend über den Buchhandel vertrieben Verlage in der Pflicht - Preisfestsetzung ge- werden, unterliegen in Zukunft (zwingend!) einer setzlich angeordnet Preisbindung. Bsp.: das auch oder ausschließlich auf einem Datenträger abgespeicherte Nachschla- Ab 1.Oktober 2002 müssen alle Verlage verbind- gewerk oder Wörterbuch. CD-ROM und andere liche Ladenpreise festsetzen und bekannt geben körperliche Datenträger, die in nennenswertem (§ 5 Abs. 1). Verlage haben damit keine Möglich- Umfang multimediale Elemente erhalten oder son- keit mehr, für ihre gesamte Verlagsproduktion stige interaktive Nutzungsformen bereitstellen, „unverbindliche Preisempfehlungen“ auszuspre- fallen im Zweifel nicht unter das BuchPrG. Ent- chen, ganz auf die Angabe von Bruttopreisen zu sprechendes gilt für online – Angebote, die per In- verzichten oder einzelne Neuerscheinungen von dividualversand übermittelt oder zum Abruf bereit der Preisbindung auszunehmen. Gemeinsam mit gehalten werden. Produkte, deren Inhalt überwie- § 3 ist § 5 Abs. 1 die zentrale Bestimmung des gend oder ausschließlich akustisch wahrnehmbar BuchPrG. ist, fallen ebenfalls nicht in den Anwendungsbe- reich des BuchPrG. Bsp.: Musik-CDs, Musikvide- Mit der Festsetzungspflicht untrennbar verbunden os. Auch Hörbücher unterliegen aus diesem Grund ist die Pflicht zur Bekanntgabe der Preise. Eine keiner Preisbindung - ungeachtet der Tatsache, Preisbindung ist wirkungslos, wenn niemand weiß, dass sie die zugrundeliegenden Textversion au- welche Preise festgesetzt wurden. Dem Erfordernis thentisch wiedergeben können. der Preistransparenz ist deshalb auch in Zukunft allergrößte Bedeutung beizumessen. Auf welche Schließlich fallen unter den Anwendungsbereich Weise Verlage ihre Preise bekannt geben müssen, des Gesetzes kombinierte Produkte, bei denen das lässt das Gesetz bewusst offen. Entscheidend sind preisbindungsfähige Objekt ausschlaggebend ist, Zielgruppe und Vertriebsweg. Verlage, die ihre Bü- z.B. ein Lehrbuch mit CD oder Videoband mit er- cher überwiegend über den Sortimentsbuchhandel gänzenden Erläuterungen oder Übungen zu dem vertreiben, werden auch in Zukunft das „Verzeich- Buch. Aus dem Anwendungsbereich der Preisbin- nis Lieferbarer Bücher“ und die „Gelben Seiten“ des dung fallen: Kunstblätter, Kleinschrifttum wie Börsenblattes für Preismitteilungen nutzen. Wer z.B. Ansichtskarten, Glückwunschkarten und (auch) andere Händlergruppen bzw. Nebenmärkte Spielkarten. Ab dem 1. Oktober 2002 können beliefert, hat für eine „flächendeckende“ Informa- auch Kalender erstmalig nicht mehr im Preis ge- tion auch dieser Abnehmer zu sorgen. bunden werden. Das BuchPrG zwingt zwar alle Verlage zur Preis- Für fremdsprachige Bücher gilt das BuchPrG nur bindung von Neuerscheinungen, belässt den Verla- dann, wenn diese überwiegend für den Absatz in gen aber im übrigen genügend Flexibilität. So Deutschland bestimmt sind (§ 2 Abs. 2). Fremd- können feste Ladenpreise auch in Zukunft gesenkt sprachige, z.B. englischsprachige Bücher, die aus oder erhöht werden, wenn die Marktverhältnisse dem Ausland importiert werden, fallen damit dies erfordern. Wie bisher können Verlage den ebenso wenig unter das BuchPrG wie englisch- festen Ladenpreis für ein Buch aufheben und über sprachige Publikationen deutscher Fachverlage, den Buchhandel oder darauf spezialisierte Ver- die für den europa- bzw. weltweiten Absatz herge- triebsfirmen „verramschen“. Dies darf allerdings stellt sind. Keine fremdsprachigen Bücher sind nicht vor Ablauf von 18 Monaten nach Erschei- solche, die, wie z.B. Kunst- oder Architekturbü- nen des Titels geschehen. Einschlägige Vorschrift cher, vollständig in Deutsch und Englisch abge- ist § 8. Danach kann die Preisbindung für ein fasst sind. Sie unterliegen der Preisbindung. Buch beendet werden, das zu einer vor mindestens 18 Monate hergestellten Druckauflage gehört. In Für Zeitungen und Zeitschriften kommt das bestimmten Ausnahmefällen, z.B. bei schnell ver- BuchPrG nicht zur Anwendung. In Übereinstim- altenden Publikationen oder bestimmten Ereignis- 2
büchern, kann die Preisbindung sogar vor Ablauf festsetzung der Verlage. Diese Mitwirkung ist von 18 Monaten beendet werden. Preisänderungen Pflicht und kann gerichtlich eingeklagt werden. und Aufhebungen müssen auch in Zukunft ange- zeigt werden. Im Regelfall geschieht dies über die Buchhandel in der Pflicht: Einhaltung der „Gelben Seiten“ des Börsenblatts - mit der be- festen Ladenpreise gesetzlich angeordnet kannten Vorlauffrist von 14 Tagen. Verlage, die nach erfolgter Ladenpreisaufhebung weiter Brutto- Wer Bücher an Letztabnehmer verkauft, d.h. an Perso- preisen angeben möchten, müssen diese zwingend nen, die Bücher zu anderen Zwecken als dem Wieder- als „unverbindlich“ kennzeichnen. Ebenfalls un- verkauf erwerben, ist nach § 3 i.V. m. § 2 Abs. 2 zur verändert bleibt das Remissionsrecht des Buchhan- Einhaltung der von den Verlagen festgesetzten dels bei Ladenpreisaufhebungen und Herabsetzun- Preise verpflichtet. Das ist neben § 5 die zentrale gen: Auch in der Zukunft muss der Verlag inner- Vorschrift des Gesetzes. Mit seinem Hinweis auf halb der letzten 12 Monate vom Buchhändler den Letztabnehmer bringt das Gesetz für den bezogene Exemplare zurücknehmen, wenn der Buchhandel Selbstverständliches zum Ausdruck: Anspruch innerhalb von sechs Wochen ab Be- Gebunden ist nicht etwa, wie beim Pressevertrieb, kanntgabe der Preisänderung geltend gemacht der Zwischenbuchhändler, sondern ausschließlich wird (§ 3 Abs. 6 Verkehrsordnung). In jedem Fall der Letztverkäufer. Zur Einhaltung der Preisbin- gilt: Die Preisaufhebung nach 18 Monaten ist eine dung ist nur derjenige verpflichtet, der gewerbs- Option und kein Muss. Das Gesetzgeber hat sich und geschäftsmäßig verkauft. Was darunter zu ver- bewusst gegen das Modell einer zeitlich befristeten stehen ist, wird in der Gesetzesbegründung näher Preisbindung entschieden und den Verlagen damit definiert. Danach ist beispielsweise der Schriftstel- die Möglichkeit belassen, kulturell wertvolle Bü- ler, der sein Werk im Einzelfall an Dritte verkauft, cher und sog. Longseller über lange Zeiträume ei- nicht zur Einhaltung der Preisbindung verpflich- ner Preisbindung zu unterwerfen. tet, wohl aber der (Fachbuch)autor, der sein Buch auf Seminarveranstaltungen professionell vermark- § 5 Abs. 1 mit seiner Pflicht zur Preisfestsetzung tet. Um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, ist vor allem für jene Verlage bedeutsam, die bis- kann sich im Einzelfall eine klarstellende vertragli- lang keine Preisbindung praktizieren. Dies gilt che Regelung, ggf. auch ein generelles Weiterver- z.B. für bestimmte Schulbuchverlage, aber auch äußerungsverbot empfehlen. In Übereinstimmung für sog. „MA-Verlage“ mit in der Regel speziellen mit der bisherigen Rechtslage sind die gebunde- Vertriebswegen. Ob die Änderungen so einschnei- nen Ladenpreise keine Mindestpreise, sondern dend sind wie teilweise angenommen, ist fraglich. Festpreise, von denen auch nicht nach oben abge- Anstelle fester Ladenpreise sprechen viele der be- wichen werden darf. Dies gilt auch im Falle von treffenden Verlage „unverbindliche Preisempfeh- Einzelbestellungen mit teilweise erheblichen Be- lungen“ aus, die vom verbreitenden Handel in al- schaffungskosten. ler Regel ebenso beachtet werden wie gebundene Ladenpreise. Soweit dies nicht bereits geschehen Neue Organisationsform : ist, sollten die betreffenden Verlage ihre Preispoli- Gesetz statt Vertrag tik gleichwohl frühzeitig überdenken und ggf. der sich ändernden Rechtslage anpassen. Die gesetzli- Die Buchpreisbindung ist schon heute gesetzlich che Anordnung der Preisbindung hat im übrigen verankert. Das Gesetz beschränkt sich jedoch dar- Konsequenzen auch für solche Unternehmen, die auf, die Preisbindung zu erlauben, überlässt ihre sich auf den Vertrieb preisungebundener Bücher Begründung und Organisation aber den Marktteil- spezialisiert haben oder diese im größeren Umfang nehmern. Bislang entsteht die Preisbindung erst vertreiben. Im Schulbuchgeschäft beispielweise durch eine privatrechtliche Vereinbarung: Der wird es sog. Koppelungsangebote, die sowohl (Buch)händler verpflichtet sich gegenüber dem preisgebundene als auch preisungebundene Bücher Verlag, die vom Verlag festgesetzten Ladenpreise enthalten und die in der Vergangenheit immer zu berechnen. Dies geschieht entweder im Rah- wieder rechtliche Probleme aufgeworfen haben, men des Sammelreverses oder durch einen entspre- nicht mehr geben. chenden Einzelrevers. Um die erforderliche „Lü- ckenlosigkeit“ der Preisbindung aufrechtzuerhal- Auch mit Inkrafttreten des BuchPrG sind Bücher ten, dürfen Verlage oder Zwischenbuchhändler nur nicht automatisch einer Preisbindung unterwor- solche Händler beliefern, die eine entsprechende fen. Vielmehr bedarf es dazu einer aktiven Preis- Erklärung abgegeben haben. Die neue Organisa- 3
tionsform „Gesetz“ hat in mehrfacher Hinsicht gewähren lässt, haftet die Kommune als sog. Stö- Konsequenzen. rer. In Zukunft jedoch wirken Kommunen, die sich wie beschrieben verhalten, unmittelbar an ei- Verlage brauchen ihre Händlerkunden, da die Bin- nem Gesetzesverstoß der betreffenden Buchhand- dung qua Gesetz entsteht, nicht mehr vertraglich lung mit. Das hat eine andere Qualität als die Mit- zur Einhaltung der festen Ladenpreise zu verpflich- wirkung an einem Vertragsverstoß. ten. Der Sammelrevers gilt auf freiwilliger Basis weiter, soweit er Fachzeitschriften sowie die Kon- Konsequenzen hat die neue Organisationsform fer- ventionalstrafe betrifft. Im übrigen tritt der Sam- ner für die Abwicklung von Räumungsverkäufen. melrevers außer Kraft. Der von den Verlagen be- War es Buchhandlungen in der Vergangenheit ge- auftragte Preisbindungstreuhänder, in § 9 Abs. 3 stattet, preisgebundene Ware im Falle eines Total- mit einem eigenen Klagerecht ausgestattet, über- räumungsverkaufs unterhalb der gebundenen La- wacht weiter die Einhaltung der Preisbindung und denpreise zu verkaufen, wird es diese Möglichkeit sanktioniert Verstöße. Er wird jedoch nicht mehr in Zukunft nicht mehr geben. Für Abverkäufe an- preisbindungsbegründende Verträge mit Buch- lässlich einer Insolvenz, bei Sicherungsübereignun- handlungen schließen. Einzelreverse, mit denen gen oder Pfandrechten gilt Entsprechendes. Es branchenfremde und solche Händler gebunden wäre systemwidrig, das Risiko, die eigenen Buch- werden, die den Sammelrevers nicht unterzeichnet bestände im Falle eines Räumungsverkaufs nicht haben, wird es in der bisherigen Form ebenfalls abverkaufen zu können, einseitig auf den verbrei- nicht mehr geben. Für Verlagsauslieferungen und tenden Buchhandel abzuwälzen. Das bei einem be- Barsortimente kann das eine nicht unerhebliche vorstehenden Räumungsverkauf bisher bestehende Arbeitserleichterung bedeuten. Recht der Verlage auf Rücksendung der Bücher kehrt sich insoweit um in eine grundsätzliche Auswirkungen ergeben sich im Zusammenhang Pflicht zur Rücknahme. Allerdings gilt diese mit der Ahndung sog. Außenseiter. In der Vergan- Rücknahmeverpflichtung sowohl hinsichtlich des genheit ist es vereinzelt vorgekommen, dass Ob als auch des Wie nicht grenzenlos. Hinsicht- Unternehmen - zuweilen auf verschlungenen lich des Ob ist zu prüfen, ob eine Buchhandlung Wegen - in den Besitz preisgebundener Bücher ge- ihr Ladenlokal ohne zwingende wirtschaftliche kommen sind, ohne sich gegenüber dem Verlag oder persönliche Gründe aufgeben hat, was zur oder einem sonstigen Wiederverkäufer zur Einhal- Aberkennung der Rücknahmepflicht des Lieferan- tung der Preisbindung verpflichtet zu haben. ten führen kann. Hinsichtlich des Wie ist ein Re- Konnte den betreffenden Firmen kein Betrug oder missionsrecht z.B. in Bezug auf solche Bücher zu sonstiges sittenwidriges Verhalten nachgewiesen versagen, die im Hinblick auf die vertragliche Ver- werden, war es rechtlich schwierig, einen Unter- einbarung eines ausdrücklichen Verzichts auf eine preisverkauf zu verhindern. Weil jeder Wiederver- Rücknahmemöglichkeit zu besonders günstigen käufer künftig per Gesetz zur Einhaltung der Konditionen geliefert wurden. Das Gleiche gilt für Preisbindung verpflichtet ist, können sog. Außen- Bücher, die der Händler bereits vor längerer seiter - die dann genau genommen keine mehr Zeit bezogen hatte – hier kommt eine Parallele sind - besser belangt werden. zu § 3 Abs. 6 Verkehrsordnung (12 – Monatsfrist) in Betracht. Über die aufgeführten Fallgestaltun- Von der vorgenannten Ausgangslage ist der Fall zu gen hinaus sind weitere Fälle denkbar, die zur unterscheiden, in dem ein Endabnehmer am Preis- Aberkennung des Remissionsrechts bei Ladenauf- bindungsverstoß einer Buchhandlung mitwirkt. gabe führen. Praktisch wichtiges Beispiel sind Kommunen, die unzulässige Nachlässe von Buchhandlungen ein- Ebenfalls systembedingt sind Kompetenzverschie- fordern oder die wider besseres Wissen einem Bie- bungen zugunsten der Zivilgerichte. Nach der bis- ter den Vorzug geben, der ein unzulässiges Ange- herigen Rechtslage ist das Bundeskartellamt „Hü- bot abgegeben hat. Städte berufen sich mitunter ter“ der Preisbindung. Das Kartellamt kann die auf das Argument, die Preisbindung sei eine rein Preisbindung eines Verlages aufheben, wenn der vertragliche Angelegenheit zwischen Verlag und Verlag diese missbräuchlich handhabt. Ein Miss- Buchhandlung und gehe sie nichts an. Das ist zwar brauch liegt z.B. vor, wenn ein Verlag das gleiche schon nach bisherigem Recht unzutreffend. Sofern Produkt zu zwei verschiedenen Preisen vertreibt. die öffentliche Hand in Ausübung ihrer Nachfra- Aber auch außergewöhnlich niedrige oder extrem gemacht unzulässige Angebote einfordert oder sich hohe Rabatte sind ein Indiz für einen Missbrauch. 4
In der Zukunft wird es weder eine Missbrauchsauf- bisherigen Übung - Barzahlungsnachlässe erlaubt. sicht des Kartellamtes noch die Möglichkeit ge- In Zukunft haben Verlage in dieser Hinsicht kei- ben, die Preisbindung eines Verlages „aufzuhe- nen Spielraum mehr. Barzahlungsnachlässe sind ben“. Verlage, die gegen das BuchPrG verstoßen, schlechterdings verboten. Die Bibliotheksnachlässe beispielsweise, indem sie eine unzulässige Preis- stehen nicht mehr zur Disposition durch Verlage. spaltung betreiben oder den Buchhandel unange- Dies bedeutet u.a., dass auch Ergänzungslieferun- messen schlecht rabattieren, verstoßen gegen ein gen und Loseblattwerke in die Nachlassregelung Gesetz und müssen mit zivilrechtlichen Sanktio- einbezogen sind. Das Institut des Hörerscheins, für nen rechnen. Völlig aus den Augen wird das Kar- viele das „ungeliebte Kind der Branche“ und aus tellamt den Buchhandel allerdings nicht verlieren. preisbindungsrechtlicher Sicht eine Quelle ständi- Nach wie vor unterliegen Verlage dem kartellrecht- gen Ärgernisses, entfällt. Hörerscheine, die sich lichen Diskriminierungsverbot nach § 20 GWB. noch im Umlauf befinden, dürfen ab 1. Oktober 2002 nicht mehr eingelöst werden, während Abre- Gestaltungsspielraum der Verlage bei der chungen zwischen Buchhandel und Verlag auch Festsetzung von Sonderpreisen nach dem Stichtag möglich und zulässig sind. Bei den Subskriptionspreisen fehlen im Gesetzestext Verlage können auch in Zukunft in bestimmten, Details, wie sie im Sammelrevers zu finden sind. im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen Aus der Gesetzesbegründung geht hervor: Sub- Sonderpreise festsetzen. Diese Sonderpreise sind skriptionspreise sind ermäßigte Preise, die bis zum in § 5 Abs. 4 geregelt und stimmen im Wesent- vollständigen Erscheinen eines Werkes und unter lichen mit den im Sammelrevers angeführten Angabe des Subskriptionszeitraums verwendet Sondertatbeständen überein. Die Aufzählung ist werden können. Auch in Zukunft dürfen Sub- abschließend. Praktisch bedeutet dies, dass Verlage skriptionspreise (nur) unter bestimmten Vorausset- keine weiteren Sonderpreise und Nachlassformen zungen für die Zeit nach Erscheinen festgesetzt „erfinden“ können. So wäre es beispielsweise unzu- werden: Es muss sich um ein einbändiges oder um lässig, Sonderpreise für bestimmte Abnehmer- ein mehrbändiges Werk handeln, das gleichzeitig gruppen, z.B. für alle Beamten, Freiberufler oder erscheint. Zweitens darf die Vergünstigung nur für ICE- Reisende, festzusetzen. Gerade die kreativen einen Zeitraum bis maximal drei Monate nach Er- Köpfe in den Marketing- und Vertriebsabteilun- scheinen festgesetzt werden. Außerdem darf die gen fühlen sich durch einen solchen Numerus Vergünstigung dann nicht mehr als 20 % zum Clausus mitunter gegängelt. Der aber ist lediglich Normalpreis betragen. Die im Sammelrevers er- die konsequente Anwendung der Preisbindung. wähnten „ermäßigten Preise für Zeitschriften“ ent- fallen, weil das BuchPrG keine Anwendung auf Hat ein Verlag einen oder mehrere Sonderpreise, Zeitschriften findet. Der entsprechende Passus fin- z.B. einen Serien-, Mengen- oder einen Subskrip- det sich jedoch im sog. (Fach)Zeitschriftensammel- tionspreis festgelegt, sind diese für den Buchhänd- revers wieder. ler ebenso verbindlich wie der reguläre Ladenpreis. Das heißt gleichzeitig, dass der Verlag seine Die Problematik der Parallelausgaben Sonderpreise in der gleichen transparenten Weise bekannt zu geben hat wie den Normalpreis. Daran Über die Problematik der Parallelausgaben ist in hapert es zuweilen. Gerade bei den Mengenpreisen der Vergangenheit viel und heftig diskutiert wor- ist immer wieder festzustellen, dass Verlage selbst den. Es geht um die für alle Marktteilnehmer im eigenen Hause eine unterschiedliche Handha- wichtige Frage, unter welchen Umständen das bung praktizieren, geschweige denn, dass der gleiche Werk zu unterschiedlichen Preisen vertrie- Buchhandel gleichlautende Auskünfte erhielte. ben werden darf. Die Antwort in § 5 Abs. 5 er- scheint lapidar: Die Festsetzung unterschiedlicher Folgende Änderungen ergeben sich gegenüber der Endpreise für einen bestimmten Titel durch einen bisherigen Rechtslage: Der Sammelrevers gestattet Verleger oder dessen Lizenznehmer ist zulässig, es den Verlagen, sog. Sonderbedingungen festzu- wenn dies sachlich gerechtfertigt ist. setzen und in der „Liste der am Sammelrevers be- teiligten Verlage“ bekannt zugeben. Einige wenige Wenn in § 5 Abs. 5 von „unterschiedlichen End- Verlage haben von dieser Möglichkeit Gebrauch preisen für einen bestimmten Titel“ die Rede ist, gemacht und etwa die Voraussetzungen für Biblio- dann sind damit unterschiedliche Preise für ver- theksnachlässe eingeschränkt oder - entgegen der schiedene Ausgaben gemeint. § 5 Abs. 5 erfasst 5
also nur die sog. Parallelausgaben, nicht jedoch sich: Waren es in der Vergangenheit die lizenzge- den zweigleisigen Vertrieb. In der Praxis wird bei- benden Verlage, die bei preisbindungsrechtlich des nicht immer klar genug voneinander abge- unzulässigen Lizenz/Sonder/Clubausgaben um die grenzt. Ein zweigleisiger Vertrieb liegt dann vor, Aufrechterhaltung ihrer Preisbindung bangen wenn der gleiche Titel, d.h. die gleiche Ausgabe, mussten, sind es nun die Lizenznehmer selbst, die zeitgleich zu unterschiedlichen Preisen vertrieben für eine ggf. nicht preisbindungskonforme Hand- wird. Bsp: Ein Verlag vertreibt ein Buch über den habung haften. Sortimentsbuchhandel zum Preis x und verramscht ihn gleichzeitig über Nebenmärkte zum Preis Y. Die Nachlasstatbestände im BuchPrG Ein solcher zweigleisiger Vertrieb ist stets unzuläs- sig. Das BuchPrG sieht zwei Nachlasstatbestände vor: Die Schulbuchnachlässe (§ 7 Abs. 3) und die Bi- Im Gegensatz zum zweigleisigen Vertrieb also sind bliotheksnachlässe (§ 7 Abs. 2 ). Während die Parallelausgaben zulässig, die Preisdifferenz jedoch Schulbuchnachlässe vom Gesetz angeordnet sind muss sachlich gerechtfertigt ist. Diese Formel gilt und ihre Einräumung Pflicht ist, ist die Gewäh- für alle denkbaren Parallelausgaben, für die her- rung von Bibliotheksnachlässen freigestellt. Dass kömmliche Taschenbuch- und klassische Clubaus- dem Buchhandel faktisch oft auch hier keine Wahl gabe, für die eigens zum Vertrieb über Sonder- bleibt, steht auf einem anderen Blatt. märkte hergestellte Sonderausgabe ebenso wie für sog. „Readerausgaben“. In der Gesetzesbegrün- Bei den Schulbuchnachlässen ergeben sich folgen- dung wird deutlich, dass es auch in Zukunft auf de materielle Änderungen: Bei Schulbuchaufträ- das Zusammenspiel der bekannten Faktoren „Aus- gen mit Gesamtwert über 25.000 Euro entfällt der stattung“, „Preisunterschied“, „Abstand des Er- Preisspielraum. Je nach Auftragshöhe sind Nach- scheinens“ sowie eine etwaige „Mitgliedsbindung“ lässe in Höhe von 13, 14, oder 15 Prozent einzu- ankommt. Dabei ist auf die Einschätzung eines die räumen. Soweit Schulbücher von Schulen im Rah- Umstände überblickenden, vernünftig handelnden men eigener Budgets angeschafft werden, gilt – Käufers abzustellen. Würde er die teurere Origi- wie bislang schon in Hessen - ein einheitlicher nalausgabe kaufen, wenn er um die wesentlich Nachlass in Höhe von 12%. Die bisher in einigen günstigere, aber nur unwesentlich schlechter aus- Bundesländern geltenden Sonderregelungen treten gestattete Sonderausgabe wüsste? In aller Regel außer Kraft. Das im Sammelrevers angeführte Kri- muss der günstigere Preis durch eine „billigere terium „im Rahmen der gesetzlichen Lernmittel- Aufmachung“ bzw. durch eine schlechtere Ausstat- freiheit“ entfällt, weil es der Gesetzgeber als iden- tung plausibel gemacht werden können. Auch der tisch mit dem Tatbestandsmerkmal „durch die öf- Zeitaspekt spielt eine Rolle. Je später die Sonder- fentliche Hand finanziert“ ansieht. Es bleibt aber ausgabe auf den Markt kommt, je weniger aktuell dabei, dass Schulbuchnachlässe nur dann einge- ein Titel, um so günstiger darf die Sonderausgabe räumt werden müssen bzw. dürfen, wenn die öf- sein. Für den praktisch wichtigen Bereich der fentliche Hand Eigentum erwirbt, wenn die Bü- Buchclubausgaben haben die buchhändlerischen cher also in der Schule verbleiben. Kaufexemplare Sparten in Absprache mit dem Bundeskartellamt bzw. Arbeitsmaterialien, die von den Schülern oder konkretisiert, in welchen Fällen eine Buchclubaus- Eltern gekauft werden, dürfen auch in Zukunft gabe die Preisbindung der Originalausgabe nicht nicht mit Nachlässen geliefert werden. Das Krite- gefährdet. Die Regelungen dieses sog. Potsdamer rium „überwiegend von der öffentlichen Hand fi- Protokolls sind auch weiter zu beachten. Kommt nanziert“ dürfte (auch) in Zukunft Konfliktstoff es zum Rechtsstreit, werden die Zivilgerichte prü- bergen. So wird kaum verhindert werden können, fen, ob eine Clubausgabe preisbindungskonform dass private Mittel genutzt werden, um in den Ge- ist - und bei ihrer Entscheidung mit großer Wahr- nuss „öffentlicher“ Aufträge zu kommen. Der Be- scheinlichkeit die Regelungen des Potsdamer Pro- griff „Schulbuch“ ist durch den Terminus „Bücher tokolls berücksichtigen. Dabei ist sehr gut vor- für den Schulunterricht“ ersetzt worden. Damit stellbar, dass die Gerichte sogar einen strengeren wird klargestellt, dass z.B. auch belletristische Wer- Maßstab an die Zulässigkeit von Clubausgaben an- ke, die im Deutschunterricht gelesen werden, nach- legen, als dies das Bundeskartellamt getan hat. lassprivilegiert sind. Wie bisher stellen die Schul- buchnachlässe einen abschließenden Tatbestand dar. Im Zusammenhang mit den Parallelausgaben Dies bedeutet u.a., dass über die in § 7 Abs. 3 ge- bringt das BuchPrG eine weitere Änderung mit nannten Nachlässe hinaus keine weiteren Vergün- 6
stigungen wie z.B. Sachprämien im Rahmen von hält eine Musik-CD, eine Kinokarte oder ein Ta- Kundenbindungssystemen eingeräumt werden schenbuch gratis. Auch Spenden, die für den Fall dürfen. einer Beauftragung zugesagt werden, stellen eine indirekte Verletzung der Preisbindung darstellen. Bei den Bibliotheksnachlässen bleibt es dabei, dass Die Koppelung mit dem Verkauf nicht gebunde- allgemein zugänglichen öffentlichen Bibliotheken ner Produkte (Bsp: Buch über Wein und Weinfla- bis zu 10% und jedem Wissenschaftler zugäng- sche) ist dann als indirekte Verletzung anzusehen, lichen wissenschaftlichen Bibliotheken bis 5 % wenn außergewöhnliche Preisvorteile gewährt wer- Nachlass eingeräumt werden darf (bis zu bedeutet: den. Schließlich bleiben sämtliche Umgehungsfor- auch 2,5,7% usw.). Praktisch wichtig bleibt das men „tabu“, z.B. Umsatzbeteiligungen, bei denen Kriterium allgemeiner Zugänglichkeit. Dazu ist dem Käufer ein Teil des Kaufpreises zurückerstat- weiter erforderlich, dass die Bibliothek von ihrer tet wird. Zweckbestimmung her jedem Leser offen steht, d.h. es genügt nicht, dass Interessierte nur in Ein- Das bisher strikte Zugabeverbot wird durch zelfällen Zugang erhalten. Gerade (kleinere) Be- das BuchPrG – wenn auch nur geringfügig – hördenbibliotheken erfüllen dieses Kriterium re- gelockert. In Zukunft dürfen anlässlich eines gelmäßig nicht, weil sie in erster Linie den eigenen Buchkaufs Waren, die absolut oder relativ be- Mitarbeitern zur Verfügung stehen. Es ergeben trachtet geringfügig sind, gratis mitgegeben sich folgende materielle Änderungen: Wissen- werden (§ 7 Abs. 4 Nr.1). Das ist schon bisher schaftliche Bibliotheken brauchen keinen öffent- so, soweit die Zuwendung absolut gesehen ge- lich-rechtlichen Träger mehr zu haben, um in den ringfügig ist (z.B. Bonbon, Radiergummi, Lesezei- Genuss von Nachlässen zu kommen. Danach dür- chen). Neu ist, dass nunmehr auch höherwertige fen erstmalig Bibliotheken großer privater Unter- Zugaben erlaubt sind, sofern sie in Bezug auf den nehmen, die von ihrer Zielsetzung jedem Wissen- Gesamtumsatz nicht ins Gewicht fallen. Wann schaftler offen stehen, Nachlässe eingeräumt wer- dies der Fall ist, hat der Gesetzgeber bewusst of- den. Die Nachlassberechtigung ist bei Vorliegen fengelassen. In Analogie zu der bisherigen Spruch- der sonstigen Voraussetzungen auf sämtliche kon- praxis der Preisbindungstreuhänder zu im Rahmen fessionellen Bibliotheken ausgedehnt worden. Da- von Kundenbindungssystemen gewährten Sachprä- mit darf z.B. auch jüdischen oder islamischen Bü- mien wird von ca. 2 % vom Gesamtumsatz auszu- chereien Nachlass eingeräumt werden. Das Erfor- gehen sein. Praktisch bedeutet dies: Wer ein Buch dernis eines bestimmten Mindestvermehrungsetats oder Bücher im Wert von x Euro kauft, darf eine entfällt. Schülerbibliotheken sind in Zukunft Ware im Wert von maximal 2 % von x gratis da- nachlassberechtigt. Wichtig: Das Kriterium „öf- zubekommen. Die Zugabe darf auch mit der fentlich zugänglich“ gilt für Schülerbibliotheken Hauptware identisch sein darf. Ein Unternehmen nicht, d.h. sie sind auch dann nachlassberechtigt, beispielsweise, das 50 Exemplare eines Fachbuches wenn sie wie üblicherweise nur den Schülern zu- ordert, darf, weil die Grenze von 2% nicht über- gänglich sind. Anders als im Rahmen des Sammel- schritten wird, ein 51. Exemplar umsonst bekom- reverses stehen die Bibliotheksnachlässe weder ih- men. Das läuft im Ergebnis auf einen Naturalra- rem Grunde noch der Höhe nach zur Disposition batt heraus. Stets muss die Zuwendung in einem der Verlage. Damit gelten die Nachlässe insbeson- Sachgegenstand bestehen. Eine Rückvergütung in dere auch für Ergänzungslieferungen und Los- Geld und sonstige Umsatzbeteiligungen, bei de- eblattwerke. Das Institut des Hörerscheins entfällt. nen „Bares fließt“, bleiben verboten. Unzulässig wäre es auch, dem Kunden einen Gutschein über Sonstige Vergünstigungen – Zugaben – Kun- einen bestimmten Geldbetrag auszuhändigen. denbindungssysteme Die vorgenannten Regelungen gelten auch im Auch in Zukunft dürfen dem Letztabnehmer an- Rahmen von Kundenbindungssystemen. Buch- lässlich seines Buchkaufs keine Vergünstigungen handlungen, die an einem schon bestehenden oder unentgeltliche Zuwendungen gewährt wer- Kundenbindungssystem teilnehmen oder ein eige- den. Geschieht dies, liegt eine indirekte Verlet- nes „kreieren“ wollen, sollten genau darauf achten, zung der Preisbindung vor. Eine indirekte Verlet- dass die 2 % - Grenze nicht überschritten wird. zung der Preisbindung ist z.B. dann gegeben, Dazu muss der Wert der ausgelobten Sachprämie/n wenn im Zusammenhang mit einem Buchkauf Zu- ermittelt und ins Verhältnis zu dem zu tätigenden gaben gewährt werden. Bsp.: Jeder Buchkäufer er- Umsatz gesetzt werden. Das bisher geltende Erfor- 7
dernis, dass der Kunde mehrere Käufe tätigen Buchkauf stehen, entsprechen einem handelsüb- muss, um in den Genuss der Sachprämie zu gelan- lichen Service. Inventarisierungsarbeiten im gen, wird nicht aufrechterhalten. Auch hier gilt, Schulbuchgeschäft indes fallen nicht mehr unter dass der Kunde ausschließlich Sachgegenstände er- den üblichen Service und dürfen nur gegen einen halten darf. Eine Teilnahme an sog. Paybacksyste- entsprechenden Aufpreis erbracht werden. Was men bleibt deshalb auch in Zukunft verboten. handelsüblich ist, steht nicht ein für alle Mal Dasselbe gilt für Modelle, bei denen der Käufer fest. In Zweifelsfällen muss durch eine Umfrage zwar kein Bargeld zurückerstattet, wohl aber eine unter den „beteiligten Verkehrskreisen“ er- Verrechnungsmöglichkeit bei künftigen Käufen er- mittelt werden, welche Nebenleistungen han- hält. Viele „Citycard-Modelle“, bei denen sich meh- delsüblich sind und damit ohne Aufpreis er- rere regionale Einzelhändler zu einer Gemeinschaft bracht werden dürfen. zusammenschließen, basieren auf dieser Grundidee. Auch nach Inkrafttreten des BuchPrG bleibt Buch- Preisbindungsfreie Lieferungen handlungen die Teilnahme an solchen Zusammen- schlüssen verwehrt, und zwar unabhängig davon, Einige wenige Lieferungen sind ganz von der ob die Geringfügigkeitsgrenze von 2% überschrit- Preisbindung ausgenommen. „Von der Preisbin- ten wird oder nicht. Schließlich ist zu beachten, dung ausgenommen“ bedeutet: Bücher dürfen zu dass im Rahmen des Schulbuchgeschäfts keine Zu- jedem beliebigen Nachlass oder kostenlos abgege- gaben – auch nicht im Rahmen von Kundenbin- ben werden können. Die Fälle preisbindungsfreier dungssystemen – eingeräumt werden dürfen. Das- Lieferungen sind in § 7 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ab- selbe gilt im Bibliotheksgeschäft, soweit durch die schließend aufgeführt. Im Einzelnen handelt es Anwendung des Kundenbindungssystems die zu- sich um: Kollegenrabatte, die Lieferungen an Au- lässigen Nachlässe überschritten werden. toren zum Eigenbedarf, die Lieferung von sog. Lehrerprüfstücken sowie um Mängelexemplare. Künftig dürfen Buchhandlungen Parkgebühren Diese Ausnahmen sind mit den im Sammelrevers erstatten. Das war nach der bisherigen Rechtslage genannten Tatbeständen identisch - Änderungen in- nicht gestattet – ein Verbot, das viele Buchhändler haltlicher Art ergeben sich nicht. Die Formulierung unfreiwillig in eine Art Außenseiterrolle hineinge- „selbstständige Publikationen“ in § 7 Abs. 1 Nr. 2 drängt hat. bedeutet, dass der Autor einen nicht nur unmaß- geblichen Beitrag zu dem betreffenden Werk ge- In Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsla- leistet haben muss, um in den Genuss einer preis- ge dürfen Buchhandlungen Versand- oder beson- bindungsfreien Lieferung zu gelangen. Wer z.B. dere Beschaffungskosten übernehmen, ohne gegen nur einen marginalen Beitrag zu einem Mehrauto- die Preisbindung zu verstoßen (§ 7 Abs. 4 Nr. 3 u. renwerk geschaffen hat, bleibt außen vor. Mit Leh- 4). Mit Versandkosten sind die Kosten gemeint, rerprüfstücken sind solche Exemplare gemeint, die die durch die Lieferung der Ware vom Buchhänd- ein Lehrer bestellt, um sie auf ihre „Unterrichts- ler zum Endkunden anfallen. Beschaffungskosten tauglichkeit“ zu prüfen. Lehrerprüfstücke sind kei- sind die Kosten, die durch die „Beschaffung“ des ne zusätzlichen Exemplare, die dem Lehrer im Buches beim Verlag oder Barsortiment entstehen. Rahmen einer Klassensatzbestellung gratis dazu- Beschaffungskosten gehören zum Ladenpreis und gegeben werden. In diesem Fall ist die Entschei- dürfen grundsätzlich nicht auf den Kunden abge- dung gefallen und eine Prüfung augenscheinlich wälzt werden. Nach der Spruchpraxis des Kartell- nicht erforderlich. Allein die Mängelexemplare amtes gilt dies ausnahmsweise nicht für Zeitschrif- werden im Sammelrevers nicht ausdrücklich er- ten, Loseblattwerke und Ergänzungslieferungen. wähnt. Schon bisher freilich fallen Mängelexem- Außerdem dürfen die Beschaffungskosten in „be- plare - gemeint sind objektiv schadhafte Bücher - sonderen“ Fällen wie z.B. bei Eilbestellungen auf aus der Preisbindung heraus und brauchen nicht den Kunden übergeleitet werden. mehr zum vollen Ladenpreis verkauft zu werden. Remittenden müssen nicht zwangsläufig Mängel- Ein Verstoß gegen die Preisbindung scheidet exemplare sein. Beide Begriffe müssen streng von auch dann aus, wenn im Zusammenhang mit ei- einander unterschieden werden. nem Buchkauf handelsübliche Nebenleistungen erbracht werden. Das war auch schon unter Gel- tung des Sammelreverses so. Literaturrecherchen etwa, die im direkten Zusammenhang mit einem 8
Die Preisbindung im grenzüberschreitenden geschuldete Bestimmung dürfte in der Praxis kei- Verkehr ne all zu große Bedeutung haben. Bei der preisbindungsrechtlichen Beurteilung Im übrigen sind grenzüberschreitende Lieferungen grenzüberschreitender Lieferungen sind verschie- grundsätzlich preisbindungsfrei. Ein deutscher dene Konstellationen sind auseinander zuhalten: Versandbuchhändler etwa, der Bücher deutscher Wer Bücher aus dem Ausland importiert, muss Verlage an Endabnehmer in Brüssel oder Amster- nach § 5 Abs. 1 einen festen Ladenpreis für das dam liefert, ist an die (deutsche) Preisbindung importierte Buch festlegen. „Importeur“ kann ebenso wenig gebunden wie der niederländische grundsätzlich jeder Händler sein, der Bücher aus Händler, der Endkunden in Deutschland beliefert. dem Ausland beschafft, so z.B. ein Versandbuch- Etwas anderes gilt dann, wenn sich aus objektiven händler, der für einen deutschen Kunden eine Aus- Umständen ergibt, dass importierte Bücher deut- landsbestellung durchführt. Die Preisfestsetzungs- scher Verlage zuvor allein zu dem Zweck aus pflicht nach § 5 Abs. 1 erfährt durch § 2 Abs. 2 eine Deutschland ausgeführt wurden, um die deutsche wichtige Ausnahme. Da fremdsprachige Bücher in Preisbindung zu umgehen (§ 4). In der Gesetzes- aller Regel nicht unter das deutsche BuchPrG fal- begründung werden mögliche Umgehungstatbe- len, bleiben Importe aus dem Ausland ganz über- stände genannt: Es erfolgt tatsächlich keine grenz- wiegend preisbindungsfrei. Der auf Import speziali- überschreitende Lieferung, d.h. die betreffenden sierte Versandbuchhändler beispielsweise, der Bü- Bücher verlassen Deutschland nicht „körperlich“; cher aus dem angloamerikanischen Raum nach der Geschäftszweck einer Buchhandlung, z.B. in Deutschland einführt, ist an keine Preisbindung ge- Mulhouse, ist ausschließlich darauf ausgerichtet, bunden. Praktische Bedeutung hat die Festset- per Internet oder Telefon Bücher deutscher Verlage zungspflicht nach § 5 Abs. 1 allenfalls dann, wenn an deutsche Endabnehmer zu verkaufen; es werden deutschsprachige Bücher nach Deutschland einge- Bücher ins europäische Ausland exportiert, um sie führt werden. Denkbar ist dies insbesondere bei Im- nach einem einheitlichen Plan wieder zu reimpor- porten aus der Schweiz, Österreich oder den Nieder- tieren. landen. Dabei wäre es theoretisch möglich, dass für das gleiche Buch mehrere unterschiedliche Laden- Die Konditionengestaltung der Verlage preise festgelegt werden. In der Praxis dürfte dieser Fall jedoch vergleichsweise selten vorkommen. Das BuchPrG enthält in § 6 Bestimmungen zur Konditionengestaltung der Verlage. Diese lauten Wer deutschsprachige Bücher aus dem Ausland verkürzt: Verlage müssen bei ihrer Konditionenge- importiert (Bsp: Ein Buchhändler importiert in staltung die (Service)Leistung des Buchhandels be- deutscher Sprache verfasste Bücher niederländi- rücksichtigen; Verlage dürfen Branchenfremde scher Verlage) ist bei der Preisfestsetzung an be- nicht besser behandeln als den traditionellen stimmte gesetzliche Vorgaben gehalten. So ist zu- Buchhandel; Verlage dürfen (großen) Bucheinzel- nächst zu prüfen, ob der ausländische Verlag einen händlern keine besseren Konditionen einräumen Preis für den Verkauf in Deutschland empfohlen als dem Buchgroßhandel. hat. Bejahendenfalls ist dieser Preis für den deut- schen Händler verbindlich. Hat, was regelmäßig Die in § 6 zusammengefassten Handlungsanwei- der Fall sein dürfte, der ausländische Verleger kei- sungen geben - auf eine abstrakte Formel gebracht ne Preisempfehlung ausgesprochen, ist bei der - die bisherige Spruchpraxis des Bundeskartellam- Preisfestsetzung der im Ausland geltende Netto- tes wieder. preis zuzüglich deutscher Mehrwertsteuer zugrun- de zulegen (§ 5 Abs. 2) Sind die im Ausland gel- Bei der Interpretation und Anwendung von tenden Preise nicht ohne weiteres ermittelbar, § 6 Abs. 1 bis 3 gilt es, zwei gegenläufige Prin- empfiehlt es sich, den jeweiligen Lieferanten zur zipien mit einander zu vereinbaren und zum Aus- Mitteilung der Preise anzuhalten oder zu ver- gleich zu bringen: Das Prinzip der Vertragsfreiheit pflichten. Wer Bücher aus einem Vertragsstaat der und den Auftrag des Gesetzgebers, den kleineren Europäischen Union importiert, nachdem er sie und mittelständischen Buchhandel mittels einer dort zu ungewöhnlich guten Konditionen einge- gesetzlich angeordneten Preisbindung zu erhalten. kauft hat, darf die Preisvorteile nach Maßgabe von § 5 Abs. 3 an den deutschen Letztabnehmer Das BuchPrG dient dem Schutz des kleinen und weitergeben. Diese dem europäischen Kartellrecht mittelständischen Buchhandels und hat insofern 9
eine starke strukturerhaltende Komponente. Das Erfolg eines bestimmten Verlagserzeugnisses maß- Gesetz belässt es auch nicht bei reinen Programm- geblich dem Buchhandel zu verdanken hat und sich sätzen, sondern gibt dem verbreitenden Buchhan- dann entschließt, das betreffende Werk nur noch del mit § 6 rechtliche Instrumentarien an die im Direktgeschäft zu vertreiben. Auch im Falle ei- Hand, gegen diskriminierende Maßnahmen der ner Marktbeherrschung kann sich eine andere Be- Verlage vorzugehen. Was sich aus § 6 nicht ablei- urteilung ergeben. ten lässt, ist eine grundsätzliche Verpflichtung Mit § 6 hat der Gesetzgeber in erster Linie den von Verlagen, den verbreitenden Buchhandel in „buchhändlerischen Normalfall“ im Auge, in dem sein Vertriebsnetz einzubeziehen. ein Verlag seine Bücher schwerpunktmäßig über den Sortimentsbuchhandel vertreibt. Die Kernaus- Die Gerichte gehen in ständiger Rechtssprechung sage von § 6 Abs. 1 lautet: Verlage müssen – und davon aus, dass es auch preisbindenden und markt- dürfen - bei der Kalkulation und Festsetzung der beherrschenden Unternehmen erlaubt ist, ihr Ver- Buchpreise die vom kleineren und mittelständi- triebs- und Absatzsystem nach eigenem Ermessen schen Buchhandel erbrachte Vertriebs- und Bera- zu gestalten. Die Gerichte tragen damit dem tungsleistung mitberücksichtigen. Verlage dürfen Recht auf freie wirtschaftliche Betätigung Rech- die Höhe der Handelsspannen nicht allein am Um- nung, das im Kern verfassungsrechtlich geschützt satz festmachen. Eine lineare Bemessung der ist. Grundsätzlich bleibt es damit bei der freien Händlerspanne nach dem Umsatz ist verboten. Wahl der Vertriebswege: Verlage können entschei- Das bedeutet: Verlage dürfen Großabnehmern, den, ob sie ihre Bücher nur über den Sortiments- z.B. Warenhäusern, nicht allein deshalb bessere buchhandel oder über den Sortimentsbuchhandel Konditionen einräumen als kleineren Händlern, und über Nebenmärkte oder ausschließlich über weil Großabnehmer mehr Bücher beziehen. Zwar Nebenmärkte - in der Terminologie des Gesetzes lässt sich aus § 6 Abs. 1 kein generelles Verbot „Branchenfremde“ - vertreiben. Ein Verlag etwa, mengenorientierter Händlerspannen entnehmen - der Ratgeberliteratur ausschließlich über Natur- sowohl Bundeskartellamt als auch die Gerichte ha- kostläden absetzt, muss den Sortimentsbuchhandel ben umsatzorientierte Rabatte in gewissem Um- auch in Zukunft nicht in sein Absatzsystem einbe- fang stets toleriert. Jedoch darf die Schere nicht zu ziehen. Vor diesem Hintergrund relativiert sich weit auseinander klaffen. § 6 Abs. 1 läuft damit im auch die Verpflichtung nach § 6 Abs. 2. Wer, wie Ergebnis auf ein Verbot übermäßiger Rabattsprei- im vorgenannten Beispielsfall, ausschließlich Bran- zung hinaus. chenfremde beliefert, „bevorzugt“ in rechtlich zu- lässiger Weise Branchenfremde gegenüber dem Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, traditionellen Buchhandel. Freigestellt bleibt auch den Begriff der „Angemessenheit“ durch Festle- die Wahl der Absatzstufen. Verlage können also gung konkreter Mindest- oder Höchstrabatte zu auch in Zukunft frei entscheiden, ob sie ihre Bü- definieren. Die Festsetzung gesetzlicher Mindestra- cher (nur) über die Barsortimente, oder – unter batte wäre - so sehr sie die Rechtsanwendung er- Umgehung der Barsortimente – (nur) an den leichtert hätte – angesichts der Vielschichtigkeit Bucheinzelhandel oder – unter Umgehung sämt- des Buchhandels und seiner Produkte kaum mög- licher Handelsstufen - direkt an den Endabnehmer lich gewesen. Eine Spanne kann für ein bestimm- verkaufen. tes Buchsegment angemessen erscheinen und für ein anderes nicht, ein Rabatt, der in der Regel un- Das Prinzip der Wahlfreiheit der eigenen Absatz- angemessen niedrig ist, kann für ein extrem hoch- wege ist mit der Frage der Konditionengestaltung preisiges Buch ausreichen. eng verknüpft. Wenn ein Verlag den Sortiments- buchhandel konsequent aus seinem Absatzsystem Die Frage, ob ein Verlag die Vertriebs- und Bera- herausnimmt, ist ein Verlag auch nicht gezwungen, tungsleistung des Sortiments angemessen berück- Buchhändlern bei entsprechenden (Einzel)anfragen sichtigt, kann immer nur für den Einzelfall ent- einen Rabatt einzuräumen bzw. er darf, wenn der schieden werden. Die Angemessenheit eines be- Buchhändler das betreffende Buch gleichwohl be- stimmten Rabattsatzes kann dabei sowohl isoliert ziehen will, grundsätzlich zum „Nullrabatt“ lie- als auch im Gesamtgefüge beurteilt werden. Wenn fern. Allerdings kommt es auch hier stets auf den ein Verlag dem Buchhandel Rabatte einräumt, die Einzelfall an. So kann sich die Rechtslage anders weit unterhalb dessen liegen, was Verlage in ver- darstellen, wenn ein Verlag jahrelang erfolgreich gleichbaren Fällen einräumen oder wenn Verlage mit dem Buchhandel zusammengearbeitet hat, den Buchhandlungen praktisch keine Möglichkeit ge- 10
ben, Gewinne zu erwirtschaften, spricht allein das eingeräumt werden dürften als dem Zwischen- für eine unangemessene Konditionengestaltung. In buchhandel. Danach ist es vorstellbar, dass ein anderen Fällen wird sich die (Un)angemessenheit Buchhändler als Ausgleich für zusätzliche sorti- erst im Vergleich mit den Konditionen ergeben, mentsuntypische und besonders kostenträchtige die anderen Abnehmern eingeräumt werden. Indi- Leistungen einen den Rabatt für Zwischenbuch- zien für eine unangemessene, das Sortiment be- händler übersteigenden Händlerrabatt erhält. nachteiligende Konditionengestaltung sind u.a.: Nach bisheriger Spruchpraxis des Bundeskartell- Ungewöhnlich hohe Händlerspannen sowie eine amtes liegt eine besondere, eine Höherrabattierung breite Fächerung der Rabatte. Nach der bisherigen rechtfertigende Vertriebsleistung nicht schon dann Spruchpraxis des Bundeskartellamts galten Händ- vor, wenn sich ein Buchhändler in besonderer lerspannen über 50 % als Indiz für eine verteuern- Weise im Novitätengeschäft engagiert. Auch in de Wirkung der Preisbindung – und waren im Er- Zukunft ist eine restriktive Handhabung der Aus- gebnis unzulässig. Diese Beschlusspraxis kommt nahmeregelung unerlässlich, weil das Diskriminie- zwar in Zukunft nicht mehr unmittelbar zur An- rungsverbot anderenfalls ausgehöhlt werden könn- wendung – wohl aber dürfte die 50%-Marge als te. Indiz für eine unzulässige Rabattspreizung weiter eine Rolle spielen. Grundsätzlich sind Verlage Marktbeherrschende und marktmächtige Unter- nicht dazu verpflichtet, ihre Konditionen offen zu nehmen unterliegen auch künftig dem kartell- legen. Haben sich jedoch die Hinweise auf eine rechtlichen Diskriminierungsverbot (§ 20 GWB). unzulässige, das Sortiment benachteiligende Ra- Im Zweifel ist immer dann von einer marktbeherr- battierung verdichtet oder sprechen Indizien für schenden Stellung auszugehen, wenn ein Buch, eine unangemessene Benachteiligung, wird Verla- z.B. ein wichtiges medizinisches Fachbuch, nicht gen eine entsprechende Darlegungslast zufallen. substituierbar ist oder wenn ein bestimmter Titel, z.B. ein Bestseller, für das Sortiment unverzichtbar § 6 Abs. 2, der eine Bevorzugung Branchenfremder erscheint. In den vorgenannten Fällen darf der Ver- verbietet, schreibt die Verpflichtung aus Abs. 1 lag weder einzelne Händler ohne sachlich gerecht- konsequent fort: Branchenfremde dürfen nicht bes- fertigten Grund von der Belieferung ausschließen, ser rabattiert werden, weil und soweit sie nicht den noch darf er einzelne Händler durch ungerechtfer- gleichen fachlichen Service erbringen wie der tra- tigt schlechte Konditionen benachteiligen. Eine ditionelle Sortimentsbuchhandel. Die von Lebens- ungewöhnliche Rabattspreizung und extrem hohe mittelmärkten angebotenen Bücher etwa – fast Handelsspannen für Großabnehmer sind im Zwei- ausnahmslos reine „Mitgehartikel“ - bedürfen kei- fel nicht nur als Verstoß gegen § 6 Abs. 1 ner irgendwie gearteten Serviceleistung des Ver- BuchPrG zu qualifizieren, sondern stellen im Falle kaufspersonals, geschweige denn, dass eine solche einer marktbeherrschenden Stellung gleichzeitig Serviceleistung erbracht werden soll. einen Kartellverstoß dar. Das kartellrechtliche Dis- kriminierungsverbot gilt damit insbesondere im § 6 Abs. 3 verbietet Verlagen, den Zwischenbuch- Bereich der Bestseller weiter. handel schlechter zu rabattieren als Bucheinzel- händler. Diese Forderung, die mit der bisherigen Die Folge von Preisbindungsverstößen Spruchpraxis des Bundeskartellamtes überein- stimmt, trägt dem Umstand Rechung, dass die Wer gegen eine Vorschrift des BuchPrG verstößt, Barsortimente bei der „flächendeckenden Versor- kann auf Schadensersatz und Unterlassung in An- gung der Leser mit Büchern“ eine wichtige Rolle spruch genommen werden (§ 9). Praktisch wich- spielen. Das nunmehr in Gesetzesform gegossene tigster Anwendungsfall werden mittelbare und Benachteilungsverbot hat außerdem rein wettbe- unmittelbare Preisbindungsverstöße bleiben, jene werbsrechtliche Gründe. Zwar ist es Verlagen Fälle also, in denen Bücher unterhalb des festen grundsätzlich freigestellt, ob sie die Barsortimente Ladenpreises an Letztabnehmer verkauft werden. in ihr Absatzsystem einbeziehen. Wenn sie dies Dabei spielt es keine Rolle, ob der Preisbindungs- aber tun und von den Vertriebsleistungen des Bar- verstoß durch den Buchhändler oder - bei einer Di- sortiments profitieren, dürfen sie den Zwischen- rektlieferung - durch den Verlag selbst begangen buchhandel nicht in seinen Wettbewerbschancen wird. Verlage können auch dann in Anspruch ge- benachteiligen. Aus den Materialien zum nommen werden, wenn sie ihrer Pflicht zur Fest- BuchPrG geht hervor, dass in bestimmten Aus- setzung und Bekanntgabe gebundener Ladenpreise nahmefällen Bucheinzelhändlern höhere Rabatte nicht nachkommen. Ein weiterer Anwendungsfall 11
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