Daten.Pakete - Publikationsdatenbank TU Wien
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□ □ □ □ Daten.Pakete Breitbandausbau in Österreich: Ausgangslage, Technologien, Strategien, Förderprogramme Benedikt Winkelmayer Herausforderungen des Breitbandausbaus im Telekommunikationsnetz aus rechtlicher und technischer Sicht Albrecht Gutheil‐Knopp‐Kirchwald Der österreichische Postmarkt – ein natürliches Monopol? Alexander Baumgartner
“Der öffentliche Sektor - The Public Sector” ist eine Fachbereichszeitschrift des Fachbereichs für Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik im Department für Raumplanung der Technischen Universität Wien. Im „Öffentlichen Sektor“ werden aktuelle Forschungsergebnis- se und „working papers“ der Fachbereichsmitglieder publiziert, ebenso erhalten zahlreiche Gastautoren hier eine Plattform zur Veröffentlichung thematisch passender Artikel. Besonders hervor- zuheben ist, dass auch bedeutende Studierendenarbeiten publiziert werden. Von der Redaktion werden jederzeit gerne Manuskripte entgegengenommen und zur Veröffentlichung geprüft. Die Themenbereiche des „Öffentlichen Sektors“ entsprechen insbe- sondere den Forschungsschwerpunkten des Fachbereichs: • Finanzwissenschaft • Infrastrukturökonomie und -politik • Ressourcen- und Umweltökonomie • Boden- und Immobilienökonomie • Stadt- und Regionalökonomie • Software- und Methodenentwicklung in Bezug auf die o.g. Forschungsfelder „Der öffentliche Sektor“ möchte auch vorläufige Forschungsergeb- nisse einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Eine Publi- kation im “öffentlichen Sektor” steht keinesfalls einer späteren Ver- öffentlichung eines überarbeiteten Beitrags in einer internationalen peer-reviewed Fachzeitschrift im Wege. Impressum Eigentümer, Herausgeber und Verleger: 40. Jahrgang Fachbereich für Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik, Department für Raumplanung der Technischen Universität Wien Heft 2/2014, August 2014 vertreten durch Ass.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Johann Bröthaler Resselgasse 5/2/2, A-1040 Wien, Tel. +43/1/58801-280321 Abonnements: Email: ifip@tuwien.ac.at, Web: http://www.ifip.tuwien.ac.at Rosalinde Pohl, c/o Fachbereich für Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik, Department für Raumplanung der Redaktion und für den Inhalt verantwortlich: Technischen Universität Wien Univ.-Ass. Dipl.-Ing. Dr. Gerlinde Gutheil-Knopp-Kirchwald, c/o Resselgasse 5/2/2, A-1040 Wien, Tel. +43/1/58801-280321 Fachbereich für Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik, Email: ifip@tuwien.ac.at, Web: http://www.ifip.tuwien.ac.at Department für Raumplanung der Technischen Universität Wien, Resselgasse 5/2/2, A-1040 Wien Preis: Österreich europ. Ausland Layout und Bearbeitung: Einzelnummer € 5,50 € 6,20 Univ.-Ass. Mag. Damir Zivkovic, c/o Fachbereich für Finanzwissen- Doppelnummer € 10,50 € 11,50 schaft und Infrastrukturpolitik, Department für Raumplanung der Jahres-Abo € 17,00 € 21,00 Technischen Universität Wien, Resselgasse 5/2/2, A-1040 Wien Onlineabo € 12,00 pro Jahr Bibliothekslizenz € 60,00 pro Jahr Achtung! Neue Bankverbindung: Technische Universität Wien, Department für Raumplanung Druck: Konto-Nr.: 51429000401, BLZ: 12000 (BA-CA) Grafisches Zentrum HTU GmbH, Wiedner Hauptstraße 8-10, BIC: BKAUATWW, IBAN: AT72 1200 0514 2900 0401 1040 Wien, Tel. +43/1/5863316 UID Nr.: ATU37675002, DVR: 0005886, Handelsgericht Wien ISSN 1563-4604 © 2014 Fachbereich für Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik
Inhaltsverzeichnis Breitbandausbau in Österreich: Ausgangslage, Technologien, Strategien, Förderprogramme Benedikt Winkelmayer 5 Herausforderungen des Breitbandausbaus im Telekommunikationsnetz aus rechtlicher und technischer Sicht Albrecht Gutheil-Knopp-Kirchwald 29 Der österreichische Postmarkt – ein natürliches Monopol? Alexander Baumgartner 45 Die Autoren 56 Editorial In den Jahren 1996 – 1998 wurden mit der Privatisierung und erfährt beispielsweise, weshalb der Mobilfunk zum Großteil am Aufteilung der damaligen Post und Telekom Austria AG in zwei Festnetz hängt, was es mit „unbeleuchteten Kabeln“ auf sich hat, unterschiedliche Unternehmen das Telekommunikations- und warum der Ortsbildschutz im (Ziel-)konflikt mit dem raschen das Postwesen in Österreich voneinander getrennt. In der vor- Breitbandausbau steht und was dafür sprechen würde, Telekom- liegenden Ausgabe des „Öffentlichen Sektors“ bringen wir die munikationsnetze ähnlich wie Wasseranschlüsse in den Bauord- beiden Infrastrukturbereiche unter dem Titel „Daten.Pakete“ nungen zu behandeln. wieder zusammen: Die Telekommunikation, die mit ihrer rasan- Alexander Baumgartner schließlich widmet sich in seinem Bei- ten technologischen Entwicklung beinahe alle Lebensbereiche in trag dem österreichischen Postmarkt. Insbesondere geht er der Anspruch genommen hat, und die Post, die eher als Stiefmutter Frage nach, ob das Postwesen in Österreich als natürliches Mo- heutiger Social Networks wahrgenommen wird und v.a. bei Fili- nopol angesehen werden kann. Dafür zerlegt er die Post in ihre alschließungen in die Medien gelangt. Einzelaktivitäten (Einsammlung, Sortierung, Transport, Zustel- Ungeplant aktuell liefern die ersten beiden Artikel wertvolle Hin- lung) und vergleicht diese mit den Wesensmerkmalen natürli- tergrundinformation zur sommerlich-hitzigen Diskussion über cher Monopole. Sein Befund ist differenziert – lesen Sie selbst! die angekündigte, wieder zurückgenommene, heftig umstrittene, Eindeutig ist jedoch, dass die Liberalisierung des Postwesens und schließlich doch zugesagte „Breitbandmilliarde“ zur Förde- zwar zu einer geringeren Poststellendichte und einem niedrige- rung des Telekommunikationsnetzausbaus. ren Personalstand, aus verschiedenen Gründen aber noch nicht Benedikt Winkelmayer gibt eine kompakte Einführung zu Tech- zu einer wesentlichen Erhöhung der Anbietervielfalt geführt hat, nologiestandards der Breitband-Kommunikation und beschreibt zumindest nicht flächendeckend und für den Briefverkehr. den aktuellen Ausbaustand. Weiters vergleicht er die politische Bei allen Unterschieden zwischen Telekommunikation und Post- Agenda zum Breitbandausbau auf europäischer und nationaler wesen zeigt sich doch eine Gemeinsamkeit: Die Abgrenzung zwi- Ebene (Ö, D, CH) und nimmt die österreichischen Förderpro- schen dem (förderungswürdigen, staatlich zu garantierenden) gramme unter die Lupe. Er plädiert dafür, den Breitbandausbau öffentlichen Interesse und dem (für Privatinitiative und Wettbe- durch entsprechendes staatliches Commitment voranzutreiben, werb freizuspielenden) privaten Interesse ist nicht einfach – und und zwar nicht nur aus Gründen der internationalen Wettbe- schon gar nicht, wenn sich der Verdacht aufdrängt, dass biswei- werbsfähigkeit, sondern auch zur Verbesserung der gesellschaft- len auch die öffentliche Hand Privatinteressen verfolgt. lichen Teilhabe in peripheren Gebieten. Egal, ob dieser „Öffentliche Sektor“ über ein Paket oder ein Da- Albrecht Gutheil-Knopp-Kirchwald (richtig, die Namensgleich- tenpaket zu Ihnen gelangt ist: Ich wünsche Ihnen eine spannende heit zur Verfasserin des Editorials ist kein Zufall) knüpft an den Lektüre und einen schönen Sommerausklang! ersten Artikel an und beschreibt anschaulich die z.T. recht kom- plexen Herausforderungen des Netzausbaus in der Praxis. Man Gerlinde Gutheil-Knopp-Kirchwald Vol. 40 (2) 2014 Der öffentliche Sektor - The Public Sector 3
4 Der öffentliche Sektor - The Public Sector Vol. 40 (2) 2014
Breitbandausbau in Österreich: Ausgangslage, Technologien, Strategien, Förderprogramme Benedikt Winkelmayer 1. Einleitung und 1.2. Zentrale Begriffe und ihre Bedeutung Um die Themen Informationstechnologie und Breitbandinf- Begriffsdefinitionen rastruktur hat sich im Laufe der Zeit eine spezifische Termi- nologie entwickelt. Neu eingeführte Begriffe werden im Rah- men dieses Artikels meist an Ort und Stelle erklärt. Einige 1.1. Motivation und Aufbau der Arbeit Schlüsselbegriffe sind aber so zentral, dass ihre Definition in Das Internet ist zum unverzichtbaren Bestandteil im Alltag diesem Einführungskapitel als sinnvoll erscheint. der Menschen geworden. Neuartige Online-Anwendungen im privaten Bereich und im Unternehmensumfeld erfordern jedoch leistungsfähige Zugänge zu globalen Netzwerken mit Breitband: Der Versuch einer Begriffsdefinition stetig steigenden Datenraten: Diese Breitbandanschlüsse und So ubiquitär der Begriff Breitband heute von PolitikerInnen, zugehörigen Versorgungsinfrastrukturen sind heute zum BetreiberInnen, InhaltsanbieterInnen und nicht zuletzt Wer- wichtigen Standortfaktor geworden. Ihre Herstellung erfor- betreibenden verwendet wird, so schwierig ist es, eine allge- dert nicht nur erhebliche Investitionen, sondern sie sollten meingültige Definition dafür zu finden. Der Begriff kann sich vor allem auch in benachteiligten Gebieten verfügbar ge- auf den schnellen Zugang zum Internet beziehen, auf Infra- macht werden, in denen ein privatwirtschaftliches Ausbau- struktur und physische Übertragungsmedien sowie Services interesse fehlt. Die Zuwendung der Politik zum Breitbandaus- und Applikationen, die über Kommunikationsnetzwerke bau ist also notwendig. Der Frage, wie sich dieser Ausbau möglich sind. Üblicherweise beinhaltet der Begriff Breitband der Breitbandinfrastruktur und die Förderung der Durch- eine Geschwindigkeitskomponente, die Datenübertragungs- dringung der Gesellschaft mit Informationstechnologien im rate oder Bandbreite, die in Kilobit pro Sekunde (kBit/s), EU-Mitgliedstaat Österreich charakterisieren lässt, wird in Megabit pro Sekunde (MBit/s) oder Gigabit pro Sekunde diesem Artikel ausgehend von vier Ansatzpunkten nachge- (GBit/s) angegeben wird: Breitband legt nahe, die Datenrate gangen: sei vergleichsweise hoch, zumindest ein Vielfaches der Band- einer Beschreibung des Status quo in Österreich, breite älterer Zugangstechniken.1 der EU-Leitinitiative Eine Digitale Agenda für Eu- Die Assoziation des Begriffes Breitband mit einer gewissen, ropa und der positiven Nutzeffekte von Breitband, über ein Übertragungsmedium möglichen Mindestbandbrei- die die Begründung und Motivation für den Aus- te impliziert, dass neue Dienste oder Anwendungen darüber bau liefern, nutzbar sind. Jedoch bringt die unaufhaltsame technische einem Überblick zu ausgewählten, am Markt eta- Entwicklung stetig wachsende Datenraten mit sich, und die blierten, leistungsfähigen Breitband-Technologie- Schwelle, ab welcher Bandbreite eine Technologie als Breit- optionen, band gilt, muss immer wieder nach oben korrigiert werden: Dieser Schwellenwert variiert weltweit aufgrund heteroge- einer Betrachtung der österreichischen Breitband- ner ökonomischer, geographischer und regulatorischer Rah- strategie 2020 im Vergleich zu den Konzepten der menbedingungen sehr stark.2 Nachbarstaaten Deutschland und Schweiz, sowie Eine holistische Definition schlagen Kelly und Rossotto vor: einer Analyse der aktuellen österreichischen Breit- Breitband ist bandförderprogramme zur Subventionierung von Breitbandinfrastrukturen und der Entwicklung in- “a high-capacity ICT platform that improves the variety, novativer Anwendungen, die diese Infrastrukturen utility, and value of services and applications offered nutzen. by a wide range of providers, to the benefit of users, society, and multiple sectors of the economy.”3 Abschließend werden verbleibende Probleme identifiziert und mögliche Optimierungsvorschläge unterbreitet. 1 vgl. Kelly 2012, S. 3 2 vgl. Kelly 2012, S. 3 3 Kelly 2012, S. 4 Vol. 40 (2) 2014 Der öffentliche Sektor - The Public Sector 5
B. Winkelmayer Das bringt uns auf den nächsten Begriff, die Informations- und Österreich zählt 6,9 Mio. Breitbandanschlüsse. Kommunikationstechnologien (IKT oder ICT). Festes Breitband wächst im Jahresrhythmus sehr langsam mit 1,7 %, mobile Zugänge wachsen mit 6,8 % und die Anzahl der Smartphone-Tarife gar Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) mit fast 42 %. Nach EU-Definition zählen zu den Informations- und Kommu- Die führende leitungsgebundene Breitbandtech- nikationstechnologien sowohl Geräte, die durch Telekommuni- nologie ist Digital Subscriber Line (DSL) über Te- kation Informationszugriff ermöglichen, etwa Mobiltelefone, lefonkabel (Twisted-Pair-Kupferdoppeladern, ca. Computer oder Netzwerk-Hard- und Software. Aber auch 1,25 Mio. Anschlüsse), gefolgt von rund 650.000 digitale Dienste und Anwendungen wie etwa Videokonfe- Kabel-TV-Breitbandzugängen über Kupferkoaxial- renzen oder eLearning fallen darunter.4 kabel. Glasfaser/Fiber to the Home (FTTH) besitzt mit knapp 27.000 Anschlüssen noch Seltenheitswert. All das wird jedoch von 2,2 Mio. mobilen- und Next Generation Access (NGA) mehr als 2,5 Mio. Smartphone-Tarifen in den Schat- Next Generation Access betrifft den Bereich der Zugangsnetze, ten gestellt. also die letzte Meile eines Breitbandnetzwerkes: die Wegstre- Der Löwenanteil der heimischen leitungsgebun- cke von einem Verteiler oder einer Funkzelle in der Nachbar- denen Breitbandanschlüsse wird mit Bandbreiten schaft bis in die privaten Haushalte oder Unternehmen. Next von > 2 MBit/s und < 10 MBit/s betrieben, nämlich Generation lautet der Begriff deshalb, da das gesamte Netz- rund die Hälfte der Zugänge. Knapp 13 % der An- werk bis hin zum Verteiler auf hochleistungsfähigen Glas- schlüsse müssen mit weniger als 2 MBit/s vorlieb- fasern basiert und nur die letzte Meile über althergebrachte nehmen. Fast 28 % der Zugänge hingegen sind der Kupferkabel oder Funkwellen zurückgelegt wird. Je moder- bereits sehr leistungsfähigen Kategorie 10 MBit/s – ner die Netzarchitektur, desto näher rückt dieser Übergabe- 30 MBit/s zuzuordnen. Ultraschnelle Breitbandan- punkt zu den KundInnen.5 schlüsse von 30 MBit/s und mehr, eines der Haupt- förderziele der in Punkt 2.3 analysierten Digitalen Agenda für Europa, sind mit 9 % Anteil noch eini- germaßen rar. 2. Ausgangslage: Status Quo und Motivation zum Ausbau Exemplarisch seien noch einige internationalen Verglei- che herausgegriffen, die sich auf Daten des Digital Agenda Im Regierungsprogramm der Republik Österreich für die Scoreboard (siehe Punkt 2.3) beziehen: Beim Versorgungsgrad XXIV. Gesetzgebungsperiode werden die Bereiche Telekom- der Haushalte mit festem Basis-Breitband besteht eine de facto- munikation und Ausbau der digitalen Verbreitungswege unter Grundversorgung mit 98,9 % (EU27-Schnitt 95.5 %).9 Die Pe- dem Punkt Infrastruktur subsumiert. “Österreich soll sich in netrationsrate im EU-Vergleich, hier berechnet als die Anzahl der Spitze der IKT-Nationen positionieren“6 lautet das postu- der Breitbandanschlüsse je 100 EinwohnerInnen, liegt bei lierte Ziel, das es zu erreichen gilt. Doch wo stehen wir eigent- leitungsgebundenen Zugängen mit 26,4 % nahe am EU27- lich, was den Status quo der Breitbandversorgung, -penetra- Schnitt mit 27,7 %. Bei mobilem Breitband ohne Smartpho- tion, Technologiemarktanteile und Bandbreiten anbelangt? nes liegt Österreich mit 19,9 % Penetrationsrate weit vor dem Ist Österreich international so konkurrenzfähig, dass sich EU27-Schnitt mit 8,1 % und nur hinter Finnland (52,8 %) und das Vorhaben, unter den IKT-Nationen die Federführung zu Schweden (20,5 %).10 In punkto Bandbreiten schlägt man ei- übernehmen, tatsächlich in greifbarer Nähe befindet? nerseits den EU27-Schnitt, was die Modernisierung verblie- bener, langsamer Zugänge mit < 2 MBit/s betrifft: Diese neh- men mit 2,4 % in Österreich einen sehr viel geringeren Anteil 2.1. Stand der Breitband-Adoption in als im EU27-Schnitt mit 8,2 % ein. Andererseits hinkt man bei Österreich und internationaler Vergleich schnellem Breitband mit >= 10 MBit/s hinterher: Der EU27- Die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) mit Sitz Schnitt mit 48,4 % liegt in dieser Kategorie fast doppelt so in Wien veröffentlicht quartalsweise den Telekom Monitor, ei- hoch wie der Österreich-Wert mit 26,4 %.11 nen Bericht zu aktuellen Daten und Veränderungen am hei- Auch beim internationalen Breitband-Vergleichsbenchmark mischen Festnetz- und Mobilfunkmarkt.7 Dem zuletzt publi- Networked Readiness Index 2013 des World Economic Forum, der zierten Jahresbericht 2012 lassen sich folgende Angaben zum sich aus den Komponenten regulatorisches Umfeld, Breit- Thema Breitband entnehmen:8 bandinfrastruktur, -nutzung und wirtschaftliche/soziale Aus- wirkungen zusammensetzt, liegt Österreich unter 144 Staaten an 19. Stelle und damit relativ weit hinter dem Spitzenreiter 4 vgl. Europäische Kommission 2013e, online, und TechTerms. Finnland abgeschlagen.12 com 2013, online. eLearning steht für elektronische Lernmöglich- keiten. 5 vgl. OECD 2011c, S. 8 6 Republik Österreich 2008, S. 64. „IKT“ steht für „Informations- und Kommunikationstechnologien“. 7 vgl. RTR 2013, S. 5. Der Bericht ist online unter https://www.rtr. 9 vgl. Europäische Kommission 2013d, S. 1 at/de/komp/TK_Monitor2012 verfügbar. 10 vgl. RTR 2013, S. 83 f 8 vgl. RTR 2013, S. 56 – 59. Eine nähere Beschreibung der hier ge- 11 vgl. RTR 2013, S. 86 nannten Technologien folgt im Technologie-Kapitel. 12 vgl. Bilbao-Osorio 2013, S. 6 u. S. 11 sowie RTR 2013, S. 93 6 Der öffentliche Sektor - The Public Sector Vol. 40 (2) 2014
Breitbandausbau in Österreich: Ausgangslage, Technologien, Strategien, Förderprogramme 2.2. Motivation für den Ausbau: Nutzeffekte zeitig von der konkreten Bindung an den Ort befreit. Die von Breitbandnetzzugängen und IKT anonyme Lebensweise der Städter und Städterinnen wird durch die (vermeintliche) Privatheit von Onlinewelten oder -han- Informations- und Kommunikationstechnologien entfal- del einerseits gefördert, andererseits führt man etwa Mobil- ten unzählige wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale kommunikation häufig in öffentlichen Räumen durch.21 Den Nutzeffekte – so viele, dass im Rahmen dieses Artikels nur städtebaulich-urbanen Vorzügen Größe, Mischung und Dichte eine begrenzte Auswahl vorgestellt werden kann. Die Wech- werden durch ubiquitäre Breitbandnetze sukzessive Stand- selwirkung zwischen schnellen Datenzugängen und dar- ortungebundenheit und Dezentralisierung gegenüberge- auf aufbauenden innovativen Diensten und Anwendungen stellt. Schließlich stärken IKT die öffentliche Daseinsvorsorge beeinflusst Produktivität, Wachstum, die europäische Stadt durch bessere Versorgung mit technischen oder sozialen und den ländlichen Raum in positiver Art und Weise.13 Diese Leistungen.22 Nutzeffekte sind letztlich verantwortlich für die Motivation, den Breitbandausbau zur Priorität zu machen. Breitband in benachteiligten Gebieten: Überwindung der digitalen Kluft Breitband, Produktivität und Wirtschaftswachstum Neben der Anregung von Nutzeffekten auf Produktivität, Die Angebotsseite eines Wachstumsprozesses hängt übli- Wirtschaftswachstum und europäische Urbanität kann die cherweise von Menge und Qualität der Produktionsfaktoren Investition in Breitband dabei helfen, die digitale Kluft – etwa Arbeit und Kapital ab, sowie von der Produktivität, mit der zu benachteiligten Gebieten und Bevölkerungsgruppen – zu diese zum Einsatz kommen.14 Laut der Weltbank führen 10 % minimieren.23 Nach Definition der Organisation for Economic Steigerung der Breitbandpenetration zu 1,38 Prozentpunkten Co-operation and Development (OECD) bezieht sich der Begriff Wirtschaftswachstum – vor allem in sich entwickelnden Staa- digitale Kluft oder Digital Divide auf ten.15 McKinsey gehen bei gleicher Breitbandsteigerung von bis zu 1,4 % BIP-Wachstum aus;16 Booz Company von 1,5 % “the gap between individuals, households, businesses Anstieg der Arbeitsproduktivität binnen fünf Jahren.17 Dieser and geographic areas at different socio-economic levels Produktivitätsanstieg durch Breitband rührt z. B. bei existie- with regard both to their opportunities to access infor- renden Unternehmen von besserer Online-Kollaboration her, mation and communication technologies (ICTs) and to oder es siedeln sich gar neue Wirtschaftsbetriebe an einem their use of the Internet for a wide variety of activities.”24 Standort an, den sie ohne verfügbare IKT-Infrastruktur nicht gewählt hätten. Ergänzend zu ökonomischen Nutzeffekten Disparitäten zwischen etwa gut mit Breitband versorgten von Breitband kommen positive Auswirkungen auf unsere Zentralräumen und gebirgigen oder abgelegenen ländlichen Lebensweise, wie verbesserte soziale Inklusion, partizipative Regionen entstehen z. B. aufgrund schwieriger topographi- Demokratie, lebenslanges Lernen und flexible Arbeitsgestal- scher Verhältnisse und dünner Besiedelung letzterer Gebiete, tung.18 was Investitionen unattraktiv macht. Dazu kommen in der Peripherie oft unterdurchschnittliche Einkommensverhält- nisse und folglich eine reduzierte Nachfrage nach schnellen Breitband im Kontext der europäischen Stadt Breitbandzugängen. Unter anderem ist eines der Hauptzie- Auch die postindustrielle europäische Stadt wird durch die le der Europäischen Kommission, sicherzustellen, dass alle Verbreitung von IKT tangiert. Die fünf von Häussermann, Regionen der EU-Mitgliedstaaten gleichwertige digitale Läpple und Siebel definierten Charakteristika europäischer Konnektivität genießen: Der Abbau der digitalen Kluft kann Urbanität sind: Präsenz von Geschichte, Stadt als Hoffnung etwa einen Beitrag dazu leisten, für benachteiligte Bevölke- auf ein besseres Leben („Stadtluft macht frei“), urbane und rungsgruppen oder Regionen den Zugang zu elektronischen anonym-distanzierte Lebensweise, durch Größe und dichte Gesundheitsdiensten zu ermöglichen, Kontakte zur Familie Mischung geprägte bauliche Gestalt und sozialstaatliche Re- oder zu FreundInnen zu erleichtern, neue Arbeitsformen wie gulierung durch öffentliche Daseinsvorsorge.19 Telearbeit zu einer Alternative zu machen sowie die Ausbil- dung und lebenslanges Lernen zu fördern.25 Neue Kommunikationstechnologien haben kaum direkte Auswirkungen auf geschichtsträchtige Bausubstanz, führen Der Nutzen schneller Netzzugänge für Wirtschaft und aber zum teilweisen Funktionsverlust traditionell wichtiger Gesellschaft ist also, so kann man resümieren, vielfältig und (Amts-)Gebäude und Einrichtungen.20 Die Stadt als Hoff- nicht mehr aus dem politischen Diskurs wegzudenken. Dies nungsträger bietet durch IKT größere Wahlmöglichkeiten in hat die EU bereits im Jahr 2010 erkannt und Breitband mit punkto Arbeitswelt, Konsum und Politik, und wird gleich- der nachfolgend betrachteten Leitinitiative Digitale Agenda für Europa zur Chefsache erklärt. 13 vgl. BMVIT 2012a, S. 5 14 vgl. BMVIT 2012a, S. 8 15 vgl. World Bank 2009, S. 45, zit. in: OECD 2011a, S. 10 16 vgl. SÖren 2009, S. 4, zit. in: OECD 2011a, S. 10. Anmerkung des Autors: In OECD 2011a ist fälschlicherweise eine maximale Steigerung von 1,3 % des BIP bei einem Anstieg der Breitbandpe- netration um 10 % angegeben. 21 vgl. Hatzelhoffer 2011, S. 581 ff 17 vgl. Roman 2009, zit. in: OECD 2011a, S. 10 22 vgl. Hatzelhoffer 2011, S. 584 f 18 vgl. Williams 2013, S. 70 23 vgl. Analysys Mason Limited 2011, S. 25 f 19 vgl. Häussermann 2008, o. S., zit. in: Hatzelhoffer 2011, S. 580 24 OECD 2001, S. 5 20 vgl. Hatzelhoffer 2011, S. 580 25 vgl. Analysys Mason Limited 2011, S. 26 f Vol. 40 (2) 2014 Der öffentliche Sektor - The Public Sector 7
B. Winkelmayer 2.3. Rahmen und Ziele für den Ausbau: Öffentliche Dienste: Bis 2015: Nutzung von Eine Digitale Agenda für Europa eGovernment durch 50 % der Bevölkerung und Angebot wichtiger grenzüberschreitender öffentli- Die am 19. Mai 2010 als Antwort auf die Wirtschaftskrise ver- cher Dienste, die in einer Liste festgelegt sind. öffentlichte Mitteilung der Europäischen Kommission Eine Digitale Agenda für Europa (DAE) ist eine der sieben Leitiniti- Forschung und Innovation (FuE): Verdoppelung ativen von Europa 2020. Sie enthält ganz im Sinne von Europa der öffentlichen IKT-Ausgaben auf 11 Mrd. Euro. 2020 Vorschläge für intelligentes, nachhaltiges und integra- CO2-arme Wirtschaft: Bis 2020: Energieverbrauch tives Wachstum, allerdings mit besonderem Fokus auf die durch Niedrigenergiebeleuchtung um 20 % senken. Nutzenziehung aus einem digitalen Binnenmarkt, der auf schnellem Internet und interoperablen Anwendungen auf- Die letzte europaweite Evaluation der Fortschritte der DAE baut.26 Durch legistische Maßnahmen, wie etwa die Telekom- erfolgte im Jahr 2013 im Rahmen des Digital Agenda Score- munikationsgesetz-Novellen der Jahre 2009 und 2011, strate- board32, dessen Ergebnisse bis auf das Leistungsziel CO2-arme gische Maßnahmen, wie die Veröffentlichung einer zur DAE Wirtschaft33 in Abbildung 1 ersichtlich sind. Probleme bestehen kompatiblen nationalen Breitbandstrategie 2020 (siehe Kapitel in folgenden Bereichen: Nicht nur übersteigen Mobilfunk- 4), und Fördermaßnahmen (siehe Kapitel 5) sollen die Agen- Roamingtarife, trotz intensiver und teils kontrovers disku- da-Ziele in Österreich umgesetzt und eine möglichst ubiqui- tierter Regulierungstätigkeit der EU-Kommission, nationale täre Breitbandversorgung kostengünstig realisiert werden.27 Tarife immer noch um mehr als das Dreifache.34 Erhebliche Die zentrale Intention der DAE ist es, den grundlegenden Anstrengungen sind vor allem zur Erreichung einer NGA- „Erfolgszyklus der digitalen Wirtschaft“28 anzukurbeln: Die Breitbandversorgung mit 30 MBit/s für alle EU-BürgerInnen Entwicklung attraktiver Internetdienste und Anwendungen, und ultraschneller 100 MBit/s-Anschlüsse für die Hälfte der ohne Grenzbarrieren und interoperabel für alle zugänglich, EU-Haushalte bis 2020 notwendig.35 Auch dem IKT-Sektor ist der Ausgangspunkt. Diese kann in den Mitgliedstaaten zugutekommende Investitionen in Forschung und Entwick- durch Programme zur marktorientierten Angebotsförderung lung hinken weiter dem gewünschten Ausmaß hinterher.36 In unterstützt werden, in Österreich etwa durch das in Punkt 5.3 Österreich arbeitet man bereits an der Verbesserung dieser vorgestellte Programm austrian electronic network. Innovative Situation: An diesen beiden Bereichen ansetzende angebots- Breitbanddienste erhöhen aber die Nachfrage nach Internet- und nachfrageseitige Breitbandförderprogramme werden in zugängen mit hoher Bandbreite und Kapazität, wodurch In- Kapitel 5 vorgestellt. vestitionen in Breitbandinfrastruktur – ggf. unterstützt durch angebotsseitige Förderungen wie im Rahmen des in Punkt 5.2 vorgestellten Programms Breitband Austria Zwanzigdreizehn 2.4. Zwischenresümee „Ausgangslage“ – stimuliert werden und letztlich die Verbreitung hochleis- Der Status quo der Breitbandversorgung und -adoption lässt tungsfähiger Netze zunimmt.29 sich in Österreich also folgendermaßen kurz zusammenfas- Zur Erreichung der drei Wachstumskomponenten von Euro- sen: Die 2,1 Mio. leitungsgebundenen Breitbandzugänge, insbe- pa 2020 – intelligent, nachhaltig, integrativ – identifiziert die sondere Digital Subscriber Line (DSL) über Telefonleitungen DAE sieben in der Tabelle 1 ersichtliche Aktionsbereiche („pil- und Internetzugänge über Kabel-TV, sind das Rückgrat der lars“) mit zugehörigen Schlüsselaktionen bzw. Maßnahmen:30 heimischen Breitbandversorgung.37 Rund ein Viertel der ÖsterreicherInnen (26,4 %) nutzt feste Breitbandanschlüsse, Die Digitale Agenda definiert weiters 13 zentrale, jährlich diese Adoptionsrate nimmt aber im Jahresrhythmus nur sehr evaluierte Leistungsziele („targets“) in sechs Bereichen:31 langsam zu.38 Sie werden zum großen Teil mit kompetiti- Breitbandziele: Breitbandgrundversorgung für ven Bandbreiten von 10 MBit/s bis 30 MBit/s betrieben. Ult- alle EU-BürgerInnen bis 2013, Versorgung für alle raschnelles Breitband mit > 100 MBit/s über Glasfaser (Fiber mit mindestens 30 MBit/s bis 2020, ultraschnelles to the Home alias FTTH) ist hingegen noch nicht weit verbrei- 100-MBit/s-Breitband für 50 % der Haushalte bis tet.39 Den Löwenanteil der heimischen Breitbandzugänge bil- 2020. den freilich die 4,7 Mio. mobilen Zugänge, die noch dazu mit Digitaler Binnenmarkt: Bis 2015: 50 % online ein- enormen Wachstumsraten auftrumpfen können: Immerhin kaufende Bevölkerung und 20 %, die dies grenz- 53 % der Bevölkerung nutzen heute Mobile Datenkommuni- überschreitend tun, 33 % online ein- und verkau- kation und Smartphones.40 fende Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Beseitigung mobiler Roaminggebühren. Digitale Integration: Bis 2015: Erhöhung regelmä- 32 Der aktuelle Bericht Europäische Kommission 2013a ist unter https://ec.europa.eu/digital-agenda/node/30065 verfügbar. ßiger Internetnutzung der BürgerInnen von 60 % 33 Welches jedoch laut Europäische Kommission 2013a, S. 9 dank auf 75 % und auf 60 % bei benachteiligten Gruppen, einer Steigerung des Marktanteils sparsamer Beleuchtungstech- Halbierung der Offliner (nie im Internet gewesene nologie um den Faktor acht seit dem Jahr 2010 bis zum Jahr 2020 Personen). voraussichtlich erreichbar ist. 34 vgl. Futurezone 2013, online, und Europäische Kommission 26 vgl. Ruzicka 2012, S. 6 und Europäische Kommission 2010a, S. 1 2013a, S. 6 ff 35 vgl. Europäische Kommission 2013a, S. 2 27 vgl. Ruzicka 2012, S. 12 f 36 vgl. Europäische Kommission 2013a, S. 8 28 Europäische Kommission 2010a, S. 5 37 vgl. RTR 2013, S. 56 29 vgl. Europäische Kommission 2010a, S. 4 f 38 vgl. RTR 2013, S. 83 30 vgl. Europäische Kommission 2010a, S. 7 und S. 44 ff 39 vgl. RTR 2013, S. 58 f 31 vgl. Europäische Kommission 2010a, S. 47 f 40 vgl. RTR 2013, S. 56 und Europäische Kommission 2013d, S. 1 8 Der öffentliche Sektor - The Public Sector Vol. 40 (2) 2014
Breitbandausbau in Österreich: Ausgangslage, Technologien, Strategien, Förderprogramme Tab. 1. Aktionsbereiche („pillars“) der Digitalen Agenda für Europa und zugehörige Schlüsselmaßnahmen Quelle: Eigene Bearbeitung auf Basis von Europäische Kommission 2010a, S. 8 – 40. Quelle: Europäische Kommission 2013c, online. Abb. 1. Leistungsziele der Digitalen Agenda für Europa: Zielerreichungsgrad nach dem DAE Scoreboard 2013 Vol. 40 (2) 2014 Der öffentliche Sektor - The Public Sector 9
B. Winkelmayer Wie ist die internationale Konkurrenzfähigkeit Österreichs in Bereich der EndkundInnen reichen – etwa Telefon- oder Fern- punkto Breitband zu bewerten? Bis auf die hohe Beliebtheit sehkabelnetze.44 Die BetreiberInnen versuchen nach Möglich- mobiler Breitbandzugänge ist Österreich vom selbst gesteck- keit, über die vorhandene Kupferinfrastruktur immer höhere ten Ziel der Führungsrolle unter den IKT-Nationen jedenfalls Datenraten zu schalten, was aber nur bedingt erfolgreich ist noch ein gutes Stück weit entfernt, wie die Position auf Rang und vielfach gar zu Beschwerden von DienstnutzerInnen- 19 im oberen Mittelfeld des vom World Economic Forum (WEF) seite führt, die versprochenen Bandbreiten würden nicht publizierten Networked Readiness Index und der Vergleich mit eingehalten.45 anderen EU-Mitgliedstaaten im Rahmen des Digital Agenda Zur Erreichung der in Punkt 2.3 diskutierten Bandbreitezie- Scoreboard belegen. Laut dem WEF besteht der größte Auf- le der Digitalen Agenda für Europa ist es daher unverzichtbar, holbedarf, der ein besseres Abschneiden verhindert, in den verglichen mit Kupferleitungen viel hochwertigere optische Bereichen wirtschaftliches Innovationsumfeld, Erschwing- Glasfasern weiter in Richtung der KundInnen auszudehnen:46 lichkeit bzw. Kosten von Breitbandzugängen und Nutzung Stand der Technik sind heute Fiber-Kupfer-Mischformen un- von IKT im öffentlichen Sektor.41 ter dem Sammelbegriff Next Generation Access (NGA) mit op- Der/die geneigte LeserIn hat nun also einen kompakten tischen Übertragungsmedien bis in die Nachbarschaften und Überblick über den Status quo zu Breitband in Österreich der Nutzung alter Kupferleitungen nur auf den letzten Me- und in Europa erhalten. Dessen wesentliche, überwiegend tern in die Haushalte.47 Als NGA-Infrastrukturen gelten etwa positive Effekte auf Produktivität, Wirtschaftswachstum, die unten vorgestellten Technologien Very High Speed Digital die Gesellschaft, benachteiligte Gebiete und die europäische Subscriber Line 2 (VDSL2) und Hybrid Fiber Coaxial (HFC). Ein Stadt wurden thematisiert: Aus ihnen heraus erklärt sich die ähnlicher Begriff ist Fiber to the x, wobei das „x“ für einen Motivation, den Breitbandausbau weiter voranzutreiben. Glasfaser-Endpunkt steht, der mit steigendem Investitions- Auf europäischer Ebene bündelt die Leitinitiative Eine Digita- volumen immer näher zu den EndkundInnen rückt.48: Die le Agenda für Europa dazu sieben Aktionsbereiche, zugehörige „Crème de la Crème“ der FTTx-Familie ist Fiber to the Home Schlüsselmaßnahmen und jährlich evaluierte Leistungsziele (FTTH) mit einem lückenlosen Glasfaserstrang bis in die und schafft einen Rahmen zur Etablierung eines digitalen Häuser. Binnenmarktes, der auf schnellen Datenverbindungen und Schließlich kommt auch das Thema mobiles Breitband zur innovativen Anwendungen beruht. Die Digitale Agenda Sprache, welches nicht nur längst größere Wachstumsra- muss aber durch zielgerichtete Schritte in den EU-Mitglied- ten als leitungsgebundene Technologien aufweist, sondern staaten zur Umsetzung gebracht werden: In Österreich zäh- bereits die höchsten Profite im Bereich IKT generiert.49 Die len dazu Rechtsetzungsmaßnahmen, wie Überarbeitungen des Vorteile von standortungebundener Nutzung liegen auf der Telekommunikationsgesetzes TKG, eine nationale Breitband- Hand, allerdings bestehen auch Nachteile in punkto Zuver- strategie 2020 – ein Kernpunkt von Kapitel 4 – und flankieren- lässigkeit, Bandbreite und Latenzzeit.50 Die Entwicklung hin de Förderprogramme, die in Kapitel 5 unter die Lupe genom- zu Mobilfunk der vierten Generation (4G bzw. LTE) und die im men werden.42 letzten Punkt dieses Kapitels diskutierte Auktion der Digi- Doch zunächst gilt es, einen Überblick über eng mit den talen Dividende werden einen weiteren Beitrag dazu leisten, Leistungszielen der Digitalen Agenda verbundene, teilweise Drahtlostechnologien als eine echte Alternative insbesondere oder zur Gänze auf Glasfaser basierende feste und mobile in unterversorgten Regionen zu etablieren. Kommunikationstechnologien zu ermöglichen – die leis- tungsfähigen Zugangsnetze der nächsten Generation oder Next Generation Access (NGA)-Netze. Die wesentlichen, am Markt 3.1. Ausgewählte leitungsgebundene etablierten Technologiestandards werden im nun folgenden Technologien Kapitel vorgestellt. Leitungsgebundene Kommunikationstechnologien setzen auf eine physische Verbindung zwischen AnbieterIn und EndkundIn; beim klassischen Telefonnetzwerk etwa ein doppeltes ver- drilltes Kupferkabel.51 Dank stetig steigender Bandbreitenan- 3. Breitbandkommunikations- forderungen zielte die Entwicklung über lange Zeit darauf technologien im Vergleich ab, über diese Kupferleitungen – seien es nun Telefonkabel oder Fernseh-Koaxialkabel – immer höhere Datenraten zu Für das Verständnis dieses Artikels ist es von wesentlicher ermöglichen.52 Jedoch lassen sich die physikalischen Ei- Bedeutung, einen Überblick zu aktuellen Breitbandkom- genschaften der Kupferkabel nur bedingt beherrschen: Das munikationstechnologien zu vermitteln: Vorrangig werden Shannon-Limit gibt abhängig vom frequenzspezifischen Sig- in diesem Kapitel die in Zugangsnetzen43 – also dem letzten Netzsegment zu den KundInnen – verwendeten leitungsge- 44 vgl. Nokia Siemens Networks 2007, S. 2 bundenen und drahtlosen Standards betrachtet. 45 vgl. Morgan 2011, S. 2 ff 46 vgl. Cisco 2011, S. 7 Die Zugangsnetze bilden bei leitungsgebundenen Techno- 47 vgl. Nokia Siemens Networks 2007, S. 2, und Cisco 2011, S. 9 logien traditionell eine Barriere und einen Startvorteil der 48 vgl. Zhao 2013, S. 6 f: Die leistungsfähigste und kostenintensivs- Incumbents gegenüber neuen KonkurrentInnen: Erstere kön- te Variante ist dabei Fiber to the Home (FTTH), die ein durchge- nen auf teils seit langer Zeit errichtete, auf Kupferleitungen hendes Glasfaserkabel bis in die privaten Domizile oder Unter- basierende Netzwerke zurückgreifen, die bis in den privaten nehmen vorsieht. 49 vgl. Bold 2012, S. 67 41 vgl. Bilbao-Osorio 2013, S. 11 und RTR 2013, S. 93 50 vgl. Cisco 2011, S. 14 f 42 vgl. Ruzicka 2012, S. 12 f 51 vgl. Corning 2005, S. 2 43 vgl. Nokia Siemens Networks 2007, S. 4 f 52 vgl. Zhao 2013, S. 3 10 Der öffentliche Sektor - The Public Sector Vol. 40 (2) 2014
Breitbandausbau in Österreich: Ausgangslage, Technologien, Strategien, Förderprogramme nal-Rauschabstand ein unüberwindbares Bitraten-Maximum 3,6 km geeignet. Sehr kostspielig, und vorrangig an Firmen- je Übertragungskanal vor.53 kundInnen gerichtet, ist Symmetric Digital Subscriber Line Eine Lösung können optische Medien wie beispielsweise (SDSL) mit äquivalenten Download- und Uploadbandbrei- Glasfasern sein: Diese ermöglichen praktisch unbegrenzte ten.63 Der modernste Übertragungsstandard ist schließlich Datenraten.54 Heute dreht sich daher vieles um die zentrale Very High Speed Digital Subscriber Line 2 (VDSL2) mit nutzba- Frage, bis zu welchem Punkt optische Fasern sinnvollerwei- ren Maximalbandbreiten von 100 MBit/s bei Leitungslängen se verlegt werden können, um möglichst nur die letzten Me- von höchstens 300 – 500 m:64 Wie eingangs erwähnt ist VDSL2 ter zu den KundInnen über Kupfer zurücklegen zu müssen. daher nur als Überbrückung der letzten Meile von einem bes- Die in der Folge zunächst angesprochenen Standards Digi- tenfalls max. 500 m entfernten Glasfaser-Übergabepunkt bis tal Subscriber Line (DSL) und Hybrid Fiber Coaxial (HFC) un- in die eigene Wohnung sinnvoll.65 terscheiden sich grundsätzlich darin, ob auf dieser „letzten Die Verwendung von Telefonkabeln impliziert aber auch ei- Meile“ zwischen dem beispielsweise in der Nachbarschaft nen Vorteil von DSL gegenüber anderen Technologien: Das befindlichen Glasfaser-Endpunkt und dem EndkundInnen- Anschlussnetz-Segment zwischen Glasfaserverteiler und den bereich Telefon- oder Fernsehkabel genutzt werden, die fast EndkundInnen ist ungeteilt.66 Folglich ist die einmal je nach immer bereits vorhanden sind.55 Beide Technologien exis- Leitungsqualität geschaltete Bandbreite zwischen Verteiler tieren also in erster Linie, um Umrüstungen bestehender und KundInnen üblicherweise über die Zeit unveränderlich Infrastrukturen zu vermeiden.56 Hingegen bieten Fiber to und nur marginal von der Anzahl anderer NutzerInnen in the Building bzw. Fiber to the Home (FTTB/FTTH) mit einem der Nachbarschaft abhängig.67 durchgehenden Glasfaserkabel zwischen AnbieterInnen und EndkundInnen die ultimative Übertragungskapazität, be- deuten aber oft prohibitive Investitionsausgaben (ca. 850 bis Breitband über Kabelnetze: DOCSIS und Hybrid Fiber 1.200 Euro pro Haushalt) zur Neuverlegung optischer Über- Coaxial (HFC) tragungsmedien auf der gesamten Wegstrecke.57 Besonders in europäischen und amerikanischen Ballungs- räumen sind seit langem Fernsehkabelnetze mit großen Ab- deckungsgraden verfügbar – flächendeckend beispielsweise Breitband über Telefonnetze: Digital Subscriber Line (DSL) in der österreichischen Bundeshauptstadt oder im fast Digital Subscriber Line (DSL) ist eine Familie von Standards vollständigen Staatsgebiet der Niederlande.68 Diese TV-Net- mit dem höchsten Marktanteil in Österreich, was feste Breit- ze basieren auf geschirmten Kupfer-Koaxialkabeln mit sehr bandkommunikationstechnologien betrifft.58 Als Übertra- guten Übertragungseigenschaften, und in Netzwerken mit gungsmedien werden herkömmliche Telefonkabel mit zwei vorhandenen Hochfrequenz-Verstärkeranlagen kann somit verdrillten Kupferadernpaaren – mit der Bezeichnung Twisted der limitierende Faktor der Kabellänge und -qualität fast Pair – verwendet. Diese Verkabelung ist vielfach bereits sehr vollständig außer Acht gelassen werden.69 alt, weist häufig suboptimale Qualität auf, war ursprünglich Seit den 1990er Jahren erfolgt einerseits die sukzessive Umrüs- ausschließlich für Sprachübertragung mit Frequenzen bis zu tung der ursprünglich rein unidirektionalen – vom Provider 3,4 kHz ausgelegt und wird heute im Rahmen der schnellsten zu den KundInnen – TV-Kabelnetze auf Rückkanalfähigkeit,70 DSL-Übertragungsstandards mit bis zu 30 MHz betrieben:59 andererseits investieren die BetreiberInnen vermehrt in die Dies führt dazu, dass DSL bei derart hohen Frequenzen auf- Technologie Hybrid Fiber Coaxial (HFC): HFC, nomen est grund negativer Leitungseinflüsse, Dämpfung und Über- omen, ersetzt dabei zentrale Segmente der TV-Kabelnetze sprechen sehr reichweiteempfindlich ausfällt und die maxi- durch Glasfasern, sodass nur noch Kupferkoaxialkabelseg- malen Übertragungsraten von 100 MBit/s nur bei Distanzen mente in die privaten Haushalte verbleiben, die 500 oder unterhalb von rund 500 m Länge erzielbar sind.60 mehr KundInnen zu einem Versorgungsbereich verbinden In Österreich sind vier verschiedene Evolutionsstufen und einem Cable Modem Termination System (CMTS) genann- von DSL gängig, die sich in punkto Reichweite, erzielbare ten Glasfaserendpunkt zuführen.71 Dem gegenüber DSL auf Bandbreite und Symmetrie/Asymmetrie unterscheiden: Der der letzten Meile – dem Anschlussnetz – bestehenden Vor- älteste Standard ist Asymmetric Digital Subscriber Line (ADSL), teil der weitreichenden Elimination minderer Kabelqualität der bis zu einer Maximaldistanz von ca. 5,4 km nutzbar ist steht also der Nachteil einer geteilten Bandbreite zwischen und leitungsabhängige Download-Bandbreiten von bis zu potenziell hunderten oder gar tausenden von Haushalten ge- 12 MBit/s ermöglicht.61 Asymmetrisch ist die Technologie in- genüber.72 sofern, als die Upload-Bandbreite sehr viel geringer als der Der aktuelle Breitband-Übertragungsstandard über TV-Net- Downstream ausfällt.62 Die Weiterentwicklungen ADSL2/ ze Data Over Cable Service Interface Specification 3 (DOCSIS 3) ADSL2+ steigern die maximalen Downloadraten auf bis zu ermöglicht es dank verbesserter Modulationstechniken, in 26 MBit/s, sind aber nur für Leitungslängen unterhalb von 63 vgl. Corning 2005, S. 3 53 vgl. Zhao 2013, S. 8 f 64 vgl. Zhao 2013, S. 9 f 54 vgl. Cisco 2011, S. 12 65 vgl. Zhao 2013, S. 10 55 vgl. Cisco 2011, S. 9 66 vgl. Corning 2005, S. 14 56 vgl. Corning 2005, S. 2 67 vgl. Beal 2005, online 57 vgl. Cisco 2011, S. 9 und Doose 2009, S. 79 f 68 vgl. Nokia Siemens Networks 2007, S. 17, Cisco 2011, S. 5 und 58 vgl. RTR 2013, S. 58 Scheida 2008, online 59 vgl. Zhao 2013, S. 9 f 69 vgl. Corning 2005, S. 2 60 vgl. Cisco 2011, S. 9 70 vgl. Zhao 2013, S. 14 61 vgl. Corning 2005, S. 3 71 vgl. Corning 2005, S. 2 und Cisco 2011, S. 10 62 vgl. Cisco 2011, S. 9 72 vgl. Morgan 2011, S. 4 f und Corning 2005, S. 2 Vol. 40 (2) 2014 Der öffentliche Sektor - The Public Sector 11
B. Winkelmayer der europäischen Version 50 MBit/s pro TV-Kanal zu über- möglicht aber problemlos Datenübertragungsraten von meh- tragen. Bis zu acht Kanäle können gebündelt werden, wo- reren GBit/s.82 Laut OECD nutzen bereits 1,27 % der Breit- durch den KundInnen eine Downloadbandbreite von bis zu bandkundInnen in Österreich FTTH und die Versorgung von 400 MBit/s angeboten werden kann.73 UPC Austria erzielte 63.000 Haushalten ist über Glasfaser technisch möglich.83 bei Feldtests sogar Datenraten von 1,3 GBit/s: Dies ist ein Dazu zählen etwa die Bezirke 15. und 19. in Wien, die von der Wert, der bislang lokalen Netzwerken vorbehalten war und Telekom Austria im Rahmen eines Pilotprojektes ausgebaut die Ziele etwa der Digitalen Agenda für Europa um ein Vielfa- wurden. Auch die Wien Energie betreibt in Eigenregie unter ches übersteigt.74 Durch die hohen möglichen Bandbreiten je dem Markennamen blizznet ein städtisches FTTH-Glasfaser- Haushalt entwickelt sich bei HFC häufig die Anbindung der netz mit 2.000 km Länge.84 Glasfaserendpunkte (optical nodes) zum limitierenden Faktor: Die BetreiberInnen müssen erhebliche Investitionen tätigen, um etwa die optical nodes durch dedizierte Fasern anzubin- 3.2. Ausgewählte drahtlose Technologien: den oder die Anzahl der angeschlossenen Haushalte durch Mobilfunk und Digitale Dividende kleinere Netzsegmente zu reduzieren. Ein alternativer Lö- Kaum ein Bereich der IKT-Märkte hat in den letzten Jahren sungsansatz ist es, die einem Quartier zugeordneten Signal- eine derart stürmische Entwicklung durchlaufen wie drahtlose verstärker mit einer eigenen Glasfaser zu versorgen und so Kommunikationstechnologien und mobiles Breitband.85 Während ebenfalls die Versorgungsbereiche zu verkleinern.75 gegenwärtig fast eine Milliarde Menschen über einen lei- tungsgebundenen Breitbandanschluss verfügen, gehen die dreifache Anzahl an InternetnutzerInnen drahtlos online und Breitband über Glasfasernetze: Fiber To The Building, Fiber genießen den Vorteil mobiler oder nomadischer Nutzung, To The Home (FTTB/FTTH) unabhängig vom Standort oder ortsfester Verkabelung.86 Bis Die besprochenen Technologien DSL und HFC lassen sich 2015 werden es nicht zuletzt dank der Smartphone-Revolution unter den Sammelbegriffen Next Generation Access (NGA) fünf Milliarden Menschen sein – ein Großteil davon im dich- bzw. Fiber to the Curb (FTTC) subsumieren:76 Bei FTTC kommt ten urbanen Bereich oder in der dünn besiedelten Peripherie Glasfaser nur bis zu einem mehr oder weniger weit von den sich entwickelnder Staaten,87 die immer häufiger gleich die KundInnen entfernten Übergabepunkt zum Einsatz und en- Errichtung teurer Breitband-Leitungsinfrastrukturen, wie sie det meist in über das Stadtquartier verteilten Verteilerschrän- in Punkt 3.1 vorgestellt wurden, zugunsten der Versorgung ken am Straßenrand („to the curb“) – mit allen besprochenen mit schnellem Mobilfunk überspringen.88 Die Effekte mobiler Nachteilen der Nutzung bestehender Kupferinfrastruktur Breitbandkommunikation auf Wirtschaft und Gesellschaft auf der letzten Meile.77 Erhebliche technische Anstrengun- im Allgemeinen und auf das Leben, Arbeiten und Lernen im gen sind notwendig, um über diese ursprünglich nicht für Besonderen sind – ein Verweis auf Punkt 2.2 – durchaus man- schnelles Breitband konzipierten Kupferkabel kompetitive nigfaltiger Art.89 Bandbreiten anzubieten.78 Die heute gängigen Breitband-Mobilfunktechnologien er- Der „Weg in eine leuchtende Zukunft“ ist jedoch vorgezeich- möglichen grundsätzlich Datenraten, die zumindest leitungs- net: Zentraler Punkt von Fiber to the Building (FTTB) oder Fi- gebundenem DSL oder HFC um nichts nachstehen: Mehr als ber to the Home (FTTH) ist ein durchgehendes optisches Glas- 514 Mobilfunk-Carrier unterhalten weltweit Universal Mobile faser-Übertragungsmedium zwischen AnbieterInnen und Telecommunications System (UMTS)-Netzwerke der dritten Ge- EndkundInnen: Es bietet extrem hohe Kapazitäten, äußerst neration (3G, siehe unten) und annähernd 200 Netze wurden geringe Übertragungsverluste und Reichweiten von bis zu bereits auf Long Term Evolution (LTE)Infrastruktur der vierten 70 – 80 km ohne Verstärkung. Das in Punkt 3.1 angesprochene Generation (4G, siehe weiter unten) umgerüstet.90 Dem Groß- Shannon-Limit ist bei optischen Medien quasi vernachlässig- teil der UMTS-KundInnen stehen darüber Datenraten von bar.79 Bei FTTH sind zwei Netzwerkarchitekturen gebräuch- mindestens 7,2 MBit/s zur Verfügung, und die Weiterent- lich: Einerseits Point-to-Point (P2P) mit einer ungeteilten, wicklung zu LTE ermöglicht gar Bandbreiten von 42 MBit/s dedizierten Glasfaser zu jedem Haushalt, andererseits Point- und mehr.91 Die Anbindung der Funkzellen erfolgt dabei aus to-Multipoint (P2MP) mit einem durch mehrere NutzerInnen Kapazitätsgründen über Glasfaser, weshalb schneller Mobil- geteilten optischen Medium.80. P2MP-Netzwerke werden funk ebenso unter den Sammelbegriff Next Generation Access vielfach mit passiven Verteilerelementen ausgerüstet, die den (NGA) fällt.92 mehreren Haushalten eines Quartiers zugeordneten Glasfa- Doch kein mobiles Breitband ohne verfügbare Frequenzen: serstrang aufsplitten, dabei keine eigene Energieversorgung Mobilfunkspektrum wird zentral vergeben, muss auktioniert benötigen und deshalb in Kabelschächten oder Kanälen un- tergebracht werden können.81 82 vgl. Corning 2005, S. 2 und S. 7. Doose 2009, S. 79 f erwarten bei Fiber to the Home ist zwar bei der Verlegung kostspielig, er- FTTH für jeden versorgten Haushalt 850 – 1200 € Ausbaukosten. 83 vgl. OECD 2013b, online und OECD 2011b, S. 8 84 vgl. LIGHTWAVE 2011a, online und Wien Energie GmbH 2012, 73 vgl. Cisco 2011, S. 10 online 74 vgl. LIGHTWAVE 2011b, online 85 vgl. Bold 2012, S. 67 f 75 vgl. Zhao 2013, S. 15 86 vgl. Nokia Siemens Networks 2007, S. 2 f 76 vgl. Cisco 2011, S. 1 und Corning 2005, S. 2 ff 87 vgl. Nokia Siemens Networks 2007, S. 2 und Cisco 2011, S. 15 77 vgl. Zhao 2013, S. 6 f 88 vgl. Bold 2012, S. 69 78 vgl. Morgan 2011, S. 3 ff 89 vgl. Bold 2012, S. 67 79 vgl. Morgan 2011, S. 17 90 vgl. GSA 2013, online 80 vgl. Corning 2005, S. 5 f und Cisco 2011, S. 12 f 91 vgl. Bold 2012, S. 68 81 vgl. Nokia Siemens Networks 2007, S. 15 f 92 vgl. OECD 2011c, S. 8 12 Der öffentliche Sektor - The Public Sector Vol. 40 (2) 2014
Breitbandausbau in Österreich: Ausgangslage, Technologien, Strategien, Förderprogramme werden und ist umso kostspieliger, je niederfrequenter und Bandbreiten von 42 –100 MBit/s und darüber werden möglich breiter das versteigerte Frequenzband ist:93 Der Frage der und die Netz-Antwortzeiten sinken auf Werte analog zu lei- Nutzung der Frequenzbereiche der Digitalen Dividende wird tungsgebundenem Breitband.102 in im letzten Absatz dieses Kapitels nachgegangen. LTE wurde in Österreich bisher vor allem in Ballungsräumen auf 2.600 MHz-Frequenzen mit sehr kleinen Zellgrößen und kurzen Reichweiten ausgerollt: Die Telekom-Unternehmen Mobilfunk der zweiten und dritten Generation: A1, Hutchison 3G und T-Mobile versorgen heimische Städte GSM und UMTS über Mobilfunk der vierten Generation. Diese Entwicklung Die Entwicklung mobilen Breitbands verfolgt die Ziele Stei- verläuft genau konträr zu Deutschland, wo zuerst eine Ver- gerung der Datenraten und Reduktion der Latenzzeiten. Um sorgung des ländlichen Raumes angestrebt wurde.103 Bandbreiten und Antwortzeiten zu verbessern, nutzen neu eingeführte Mobilfunk-Evolutionsstufen tendenziell immer höhere Funkfrequenzen. Der Vorteil ist, dass die Zellgröße Nutzung der Frequenzen der digitalen Dividende zur reduziert und somit die Kapazität gesteigert wird, allerdings LTE-Versorgung in der Fläche verschlechtern sich die Ausbreitungseigenschaften der Ra- Auch in Österreich will man am Land durch (Neu-)Verwen- diowellen: Die Reichweite der Funkzelle sinkt.94 dung der Frequenzbänder im Bereich von 800 – 900 MHz, der Der weltweit führende und 1991 eingeführte Mobilfunkstan- sogenannten Digitalen Dividende, die Alttechnologie GSM dard Global System for Mobile Communications (GSM) belegt endlich durch LTE ersetzen. Diese Frequenzen erlauben, pe- in Europa die Frequenzen 900 MHz und 1.800 MHz, zählt riphere Gebiete mit wenigen Standorten zu versorgen. Viel- zur sog. zweiten Generation (2G) und wurde ursprünglich für fach können sogar die GSM-Sendeanlagen weiterverwendet Sprachtelefonie und Kurzmitteilungen entwickelt.95 GSM werden.104 Die bislang durch terrestrisches Fernsehen und wurde erst im Nachhinein um paketvermittelte Datenkom- Rundfunk belegte Digitale Dividende ist zwar bereits der LTE- munikation über die Standards General Packet Radio Service Mobilfunknutzung gewidmet, wurde jedoch lange Zeit nicht (GPRS, Bandbreiten bis 170 kBit/s) und Enhanced Data for Glo- versteigert: Erst im Herbst 2013 fand die aufgrund regula- bal Evolution (EDGE, bis 384 kBit/s) erweitert.96 Aufgrund der torischer Bedenken lange Zeit verschobene Frequenzauktion relativ niedrigen verwendeten Frequenzen im Bereich von statt. Das Ergebnis war ein Bieterkampf analog zu Versteige- 900 MHz erreichen die Abdeckungsradien der Funkzellen rungen in Deutschland oder Tschechien, dessen Erlöse dem beachtliche 15 – 20 km, was GSM 900 vor allem im ländlichen Breitbandausbau im ländlichen Raum zugeführt werden Raum immer noch zur Technologie der Wahl macht.97 sollen.105 Aufgrund der Hypo Alpe Adria-Rettung wurden Die Weiterentwicklung Universal Mobile Telecommunications die Erlöse in aus der Versteigerung der Digitalen Dividen- System (UMTS) – die dritte Mobilfunkgeneration 3G – erhöht de, von denen ein Teil (in Höhe von einer Mrd. Euro) dem die Netzkapazität durch höhere Frequenzen von 2.100 MHz. BMVIT zum Breitbandausbau (u. a. im Rahmen der in Kapitel Deshalb entstehen allerdings kleinere Zellabdeckungsberei- 5 vorgestellten Förderprogramme) zugeteilt werden sollte, che mit ca. 5 km Radius.98 Neue Codierungsverfahren ermög- allerdings bislang mit Stand 07/2014 vonseiten des Finanz- lichen die gleichzeitige Sprach- und Datenkommunikation ministeriums nicht freigegeben.106 Eine Einigung zwischen der NutzerInnen mit den Basisstationen, senken die Latenz- Finanz- und Infrastrukturministerium scheint zwar greifbar zeiten und erhöhen die Bandbreiten in der ersten Ausbau- nahe, allerdings hängt über dem Kapitel Breitbandmilliar- stufe auf 384 kBit/s – 2 MBit/s.99 Durch Weiterentwicklungen de nach wie vor das finanzministerielle verbale Damokles- konnte seither die Effizienz nochmals gesteigert werden und schwert, es werde die Mittel in „dieser Form nicht geben“107. Downlink-Geschwindigkeiten von bis zu 42,2 MBit/s sind möglich.100 3.3. Zwischenresümee „Technologien“ Weltweit fünf Milliarden InternetnutzerInnen bis zum Jahr Mobilfunk der vierten Generation: LTE 2015: Eine durchaus vorstellbare Entwicklung, die allerdings Im Jahr 2005 wurde beschlossen, ein völlig neues Kapitel im nur durch umfassende Adoption drahtgebundener-, vor al- Bereich Mobilfunk zu eröffnen: Der neue Standard Long Term lem aber mobiler Breitbandtechnologien möglich wird. Viele Evolution (LTE) ist vollständig paketvermittelt und räumt da- Städte und Gemeinden, Telekomunternehmen, Kabelnetzbe- mit der Datenkommunikation zentrale Priorität ein. Die Ab- treiber, Energieversorger und multinationale Konzerne wie wärtskompatibilität zu 3G und eine reduzierte Komplexität etwa Google setzen auf leitungsgebundene Infrastrukturen des Kernnetzwerkes erleichtern die Umrüstung und wirken auf Kupferbasis oder wagen gar umfassende Vorstöße zur Er- kostensenkend.101 Die spektrale Effizienz steigt erneut an, richtung von Glasfasernetzen – „Google Fiber“ lässt grüßen. Der Wunsch nach standortungebundener Nutzung einerseits und das unaufhaltsame Streben nach schneller Kommunika- 93 vgl. Nokia Siemens Networks 2007, S. 6 94 vgl. Nokia Siemens Networks 2007, S. 6 tion in sich entwickelnden Staaten andererseits tragen indes 95 vgl. BSI 2003, S. 4 und Corning 2005, S. 12 f 96 vgl. Corning 2005, S. 13 97 vgl. Qualcomm 2011, S. 23 102 vgl. Nokia Siemens Networks 2007, S. 7 98 vgl. umtslink.at 2009, online, und Nokia Siemens Networks 103 vgl. LTE-Anbieter.info 2013, online 2007, S. 6 104 vgl. LTE-Anbieter.info 2013, online, und ARGE ABI 2010, S. 15 f 99 vgl. Sauter 2009, S. 23 ff und Corning 2005, S. 12 f 105 vgl. Schebach 2013b, online, und mobilesinternet.at 2013, online 100 vgl. Nokia Siemens Networks 2007, S. 7 106 vgl. derstandard.at 2014a, online 101 vgl. Sauter 2009, S. 45 f 107 derstandard.at 2014b, online Vol. 40 (2) 2014 Der öffentliche Sektor - The Public Sector 13
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