DATENHANDBUCH ZUR BUNDESWEITEN STUDIE JUCO - HILDOK
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Johanna Wilmes, Anna Lips, Lea Heyer unter Mitarbeit von Sabine Andresen, Tanja Rusack, Wolfgang Schröer, Severine Thomas Datenhandbuch zur bundesweiten Studie JuCo Online-Befragung zu Erfahrungen und Perspektiven von jungen Menschen während der Corona-Maßnahmen
Der Forschungsverbund „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“ setzt sich zusammen aus dem Institut für Sozial- und Organisationspädagogik an der Stiftung Universität Hildesheim und dem Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung an der Universität Frankfurt in Kooperation mit der Universität Bielefeld. Entstanden sind darin bisher die bundesweite Studie JuCo zu den Erfahrungen und Perspektiven von jungen Menschen während der Corona-Maßnahmen sowie die bundesweite Studie KiCo zu den Erfahrungen und Perspektiven von Eltern und ihren Kindern während der Corona-Maßnahmen. Aktuell gehören zum Team: Sabine Andresen, Lea Heyer, Anna Lips, Renate Möller, Tanja Rusack, Wolfgang Schröer, Severine Thomas, Johanna Wilmes. Weitere Informationen zu den Projekten des Forschungsverbundes erhalten Sie unter: https://t1p.de/studien-corona Das Dokument steht im Internet kostenfrei als elektronische Publikation (Open Access) zur Verfügung unter: https://dx.doi.org/10.18442/143 Dieses Werk ist mit der Creative-Commons-Nutzungslizenz „Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitung 4.0 Deutschland“ versehen. Weitere Informationen finden sich unter: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/legalcode.de Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Satz, Layout und Titelblattgestaltung: Jan Jäger © Universitätsverlag Hildesheim, Hildesheim 2020 www.uni-hildesheim.de/bibliothek/universitaetsverlag/ Alle Rechte vorbehalten
Inhaltsverzeichnis 1. Vorwort 6 2. Kontext der Befragung von jungen Menschen während Corona 8 2.1. Zielsetzung der JuCo-Befragung 8 2.2. Fragestellungen und Fragebogen 8 2.3. Übersicht über das Datenhandbuch 9 3. Methodik und Datengrundlage 11 3.1. Entwicklung des Fragebogens und Pretests 11 3.2. Sampling und Erhebungsphase 12 3.3. Datenbereinigung und Datenaufbereitung 13 3.4. Beschreibung und Kategorisierung von Antworten im Freitext 13 4. Wer hat an der Befragung teilgenommen – Soziodemographie 15 4.1. Alter 15 4.2. Geschlechter 15 4.3. Bundesland und Siedlungstyp 16 4.4. Aktuelle Beschäftigung 16 5. Situation im Wohnumfeld 18 5.1. Anzahl der Personen und Zimmer im Haushalt der Befragten 18 5.2. Sprache(n) zu Hause und mit Freund*innen 18 5.3. Rückzugsorte im Wohnumfeld 19 5.4. Wohlbefinden zu Hause 19 6. Kontakte junger Menschen zu Freund*innen/Peers 21 6.1. Wie viele und welche Kontakte pflegen junge Menschen in der Corona-Zeit? 21 6.2. Sorge jemanden mit Corona zu infizieren 22 6.3. An wen wenden sich junge Menschen? 23 7. Junge Menschen in Schule, Studium oder Arbeit/Ausbildung 24 7.1. Junge Menschen in Schulkontexten: Wie zufrieden sind sie mit ihrer Situation? 24 7.2. Junge Menschen in Hochschulkontexten: Was hat sich für sie verändert? 25 7.3. Junge Menschen in Arbeitskontexten: Wie gestaltet sich die Arbeitssituation für sie? 26 8. Technische Ausstattung 27 8.1. Welche technischen Geräte besitzen junge Menschen? 27 8.2. Zufriedenheit mit der technischen Ausstattung 27 9. Aktivitäten während des Lockdowns 29 10. Sichtweisen auf die eigene Situation 31 10.1. Finanzielle Sorgen junger Menschen 31 10.2. Wie sehr haben die jungen Menschen das Gefühl, gehört zu werden? 31 11. Literatur 33 12. Fragebogen der Onlinebefragung „Jugend und Corona“ 34
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Digitale Postkarte des Projektes „JuCo“ 12 Abbildung 2: Altersverteilung 15 Abbildung 3: Sprache zu Hause und mit Freund*innen 18 Abbildung 4: Wohlbefinden zu Hause 19 Abbildung 5: Zufriedenheit mit der Stimmung zu Hause 20 Abbildung 6: Zufriedenheit mit Kontakten 22 Abbildung 7: Zufriedenheit mit der Schule 24 Abbildung 8: Zufriedenheit mit der Unterstützung 25 Abbildung 9: Situation von Studierenden 26 Abbildung 10: Situationen von Auszubildenden und jungen Menschen in Arbeit 26 Abbildung 11: Zufriedenheit mit der technischen Ausstattung 28 Abbildung 12: Tätigkeiten während des Lockdowns 29 Abbildung 13: Zufriedenheit mit der Zeitgestaltung vor und während der Pandemie 30 Abbildung 14: Informationen über die Pandemie 32
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Aktuelle Beschäftigung 16 Tabelle 2: Anzahl der Kontakte 21 Tabelle 3: Art der Kontakte 22 Tabelle 4: Sorgen um eine Infektion 22 Tabelle 5: Ansprechpersonen und -stellen bei Sorgen und Problemen 23 Tabelle 6: Technische Ausstattung 27 Tabelle 7: Rechte 32
1. Vorwort Ende Januar 2020 traten in Bayern erste Fälle der Krankheit COVID-19, verursacht durch ein Corona-Virus, auf. Die Erkrankung war bis dahin fast ausschließlich in Teilen Chinas aufgetreten. Ende Februar wurden auch Fälle in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg bekannt. Das Bundesinnen- und Bundesgesundheitsministerium setzten daraufhin einen Krisenstab ein, um die Bevölkerung zu schützen und die Corona-Pandemie einzudämmen. Ab dem 14. März wurden bundesweit die Schulen geschlossen. Am 22.03.2020 beschlossen die Bundeskanzlerin und die Regierenden der Länder schließlich weitreichende Kontaktbeschränkungen: „I. Die Bürgerinnen und Bürger werden angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren. II. In der Öffentlichkeit ist, wo immer möglich, zu anderen als den unter I. genannten Perso- nen ein Mindestabstand von mindestens 1,5 m einzuhalten. III. Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur alleine, mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstands gestattet. IV. Der Weg zur Arbeit, zur Notbetreuung, Einkäufe, Arztbesuche, Teilnahme an Sitzungen, erforderlichen Terminen und Prüfungen, Hilfe für andere oder individueller Sport und Be- wegung an der frischen Luft sowie andere notwendige Tätigkeiten bleiben selbstverständ- lich weiter möglich. V. Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Ein- richtungen sind angesichts der ernsten Lage in unserem Land inakzeptabel. Verstöße gegen die Kontakt-Beschränkungen sollen von den Ordnungsbehörden und der Polizei überwacht und bei Zuwiderhandlungen sanktioniert werden. VI. Gastronomiebetriebe werden geschlossen. Davon ausgenommen ist die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause. VII. Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Friseure, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe werden geschlossen, weil in diesem Bereich eine körperliche Nähe unabdingbar ist. Medizinisch notwendige Behandlungen blei- ben weiter möglich. VIII. In allen Betrieben und insbesondere solchen mit Publikumsverkehr ist es wichtig, die Hygienevorschriften einzuhalten und wirksame Schutzmaßnahmen für Mitarbeiter und Be- sucher umzusetzen.“ (Bundesregierung 22.03.2020) Diese Kontaktbeschränkungen wurden weitestgehend bis Anfang Juni 2020 aufrechterhalten, allerdings mit geringfügigen Lockerungen ab Anfang Mai, wonach sich Personen aus zwei Haus- halten privat oder im öffentlichen Raum treffen durften (vgl. Bundesregierung 06.05.2020). Der Alltag aller Menschen veränderte sich. Gerade für junge Menschen, die ihren Alltag in Schulen und Ausbildungseinrichtungen verbringen und sich mit Gleichaltrigen im öffentlichen Leben tref- fen, bedeutete dies eine grundlegende Beeinträchtigung des sozialen Miteinanders. Gleichzeitig entstand der Eindruck, dass bei Entscheidungen über Maßnahmen und Strategien die Perspek- tiven dieser Personengruppe nur unzureichend berücksichtigt worden waren. Dem Recht junger Menschen, in Entscheidungen, die sie betreffen, einbezogen zu werden, wurde nicht hinreichend nachgegangen. Sie wurden weder dazu befragt, wie sie selbst die Pandemie erleben, noch konn- 1. Vorwort 6
ten sie Entscheidungsprozesse aktiv mitgestalten. Dass die Belange von Kindern, Jugendlichen, jungen Volljährigen und Familien nicht von oberster Priorität waren, lässt sich auch daran ab- lesen, dass die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nicht Mitglied des Krisenstabs der Bundesregierung war. Die mediale Berichterstattung präsentierte junge Men- schen zudem mitunter als verantwortungslose Regelbrecher*innen, die sich nicht an die Be- schränkungen halten und stattdessen „Corona-Partys“ feiern. Insgesamt gibt es jedoch keine Belege, dass sich junge Menschen in dieser Zeit mehr oder weniger verantwortungsbewusst als andere Altersgruppen in unserer Gesellschaft verhalten haben. Um den Blick auf die Corona-Pandemie aus einer Jugendperspektive einzufangen – Jugendliche und junge Erwachsene zu fragen, wie es ihnen während der Pandemie geht und welche Bot- schaften sie haben – initiierten Kindheits- und Jugendforscher*innen der Universitäten Frankfurt und Hildesheim eine Onlinebefragung. Neben dem wissenschaftlichen Interesse ging es um die Möglichkeiten der Jugendforschung, junge Menschen dabei zu unterstützen, von politischen Ent- scheidungsträger*innen gesehen und gehört zu werden und ihre Bedarfe, Belange und Anliegen in die öffentliche Debatte einzubringen. Dieses Datenhandbuch soll möglichst vielen Wissenschaftler*innen und der interessierten (Fach-) Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, mit den Ergebnissen weiterzuarbeiten um dazu bei- zutragen, die Belange von jungen Menschen in wissenschaftliche und politische Debatten ein- zubringen. 1. Vorwort 7
2. Kontext der Befragung von jungen Menschen während Corona Die Onlinebefragung zu ihren Erfahrungen und Perspektiven erreichte viele junge Menschen während der Corona-Pandemie. Insgesamt wurde der Fragebogen innerhalb von 18 Tagen fast 19.000 Mal angeklickt, 8.528 Personen klickten sich auf die Startseite der Befragung. Das kann als Zeichen gewertet werden, dass junge Menschen einen großen Bedarf haben, sich mitzuteilen, ihre Perspektiven darzulegen, mit ihren Erfahrungen und Interessen anerkannt zu werden und nicht zuletzt auch in ihren Rechten respektiert zu werden. 2.1. Zielsetzung der JuCo-Befragung Ziel der JuCo Studie war es, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 30 Jahren in unterschiedlichen Lebenssituationen zu erreichen. Aus rechtlichen und forschungsethischen Gründen richtete sich die Befragung explizit an junge Menschen ab 15 Jahren, denn Teilnehmen- de müssen einwilligungsfähig sein und die Tragweite der Einwilligung überschauen können (vgl. Poelchau et al. o.J.). Durch das Online Format ist das Einverständnis von Personensorgeberech- tigen rechtlich nicht nachvollziehbar. Um auch Eindrücke der Situation von jungen Menschen unter 15 Jahren zu erhalten, wurde pa- rallel eine zweite Befragung durchgeführt, die sich an Personen richtete, die mit Kindern unter 15 Jahren in einem Haushalt leben (KiCo Studie, siehe Andresen et al. 2020b). So konnte durch die beiden Befragungen ein Spektrum von 0- bis 30-Jährigen und zusätzlich die Perspektive von Eltern und Personensorgeberechtigten abgebildet werden. 2.2. Fragestellungen und Fragebogen Der Fragebogen des Forschungsprojekts orientierte sich an bereits mehrfach validierten Fragen und Skalen der Studie „Children’s Worlds+“ (Andresen et al. 2019). In „Children’s Worlds+“ wur- den vor allem 8 bis 14-Jährige zu ihren Bedarfen befragt, durch Gruppendiskussionen wurden zudem auch Jugendliche und junge Erwachsene einbezogen. Konzeptionell wurde damit an das Konzept Wellbeing (im deutschsprachigen Raum häufig auch Wohlbefinden oder Wohlergehen) an- geschlossen und sich zugleich an einem Konzept von Bedarfsdimensionen orientiert (Andresen et al. 2019). Dabei ging es sowohl um subjektive Einschätzungen verschiedener Lebensbereiche und die Zufriedenheit damit, als auch um objektive Rahmenbedingungen wie die finanzielle Situation oder Ausstattung einer Familie. Die aus anderen Studien übernommenen und an die Zielgruppe adaptierten Skalen wurden um kontextspezifische Fragestellungen ergänzt (z. B. zur Sorge um die Infektion mit dem Corona-Virus). Die JuCo Studie verortet sich, ähnlich wie Children’s Worlds+ und andere Studien zum Wellbeing, im Schnittfeld von Wissenschaft, Politik, Fachpraxis und jungen Ak- teur*innen, sodass die Ergebnisse der Studie auch in diese Kontexte kommuniziert werden sollen. Nachdem der Fragebogen erstellt und die datenschutzrechtlichen Informationen entwickelt worden waren, wurde ein Antrag bei der Ethikkommission des Fachbereichs Erziehungswis- senschaften der Goethe Universität Frankfurt eingereicht und die forschungsethische Prüfung durchgeführt. Dem Antrag wurde am 14.04.2020 einstimmig zugestimmt. Der Datenschutzbeauf- tragte der Universität Hildesheim befürwortete ebenfalls das Forschungsvorhaben nach daten- schutzrechtlicher Prüfung. So wurde der Fragebogen am 15.04.2020 online gestellt. Die geplante Laufzeit von vier Wochen wurde verkürzt auf 18 Tage, da sich unerwartet schnell ein Rücklauf 2. Kontext der Befragung von jungen Menschen während Corona 8
von mehreren tausend vollständig ausgefüllten Fragebögen abzeichnete. Diese hohe Beteiligung nahm der Forschungsverbund als ein wichtiges Signal wahr: Junge Menschen haben ein deut- liches Interesse daran, sich mitzuteilen und sie nutzten in der Phase des Lockdowns auch diese Onlinebefragung dafür. Die ersten Ergebnisse sollten daher möglichst zeitnah in öffentliche und politische Debatten kommuniziert werden. Fragebogen Der Fragebogen der JuCo Studie enthält verschiedene Dimensionen, die ebenfalls in anderen Studien zum Alltagserleben, zu Ungleichheit und zum Wohlbefinden eingesetzt werden. Dazu gehören u. a. sozioökonomische Daten wie Haushaltsgröße, Fragen zur Familienform, Erwerbs- tätigkeit und Ressourcen, Fragen zur aktuellen Zufriedenheit in verschiedenen Bereichen sowie Erfahrungen mit Bildungseinrichtungen. Zentral waren zudem Fragen nach den aktuellen Er- fahrungswelten zu Hause, der Umgang mit Kontakten und die Zufriedenheit damit, die Wahr- nehmung der verbrachten Zeit vor der Pandemie und währenddessen. Die Möglichkeiten, mit den Herausforderungen der stark veränderten Alltagswelten durch die Corona-Maßnahmen umzugehen, hängt von individuellen Herangehensweisen, aber insbesondere auch von den so- zialen Möglichkeiten ab. Diese können durch Fragen nach den Wohnverhältnissen, den existen- ziellen Voraussetzungen für das Bestreiten der neuen Lebenssituation, der Möglichkeiten zur Kommunikation und Aufrechterhaltung von Freundschaften sowie darüber, wie gut die jungen Menschen sich im Kontext der aktuellen Situation über Corona-Maßnahmen, Risiken etwa der Infektion, über Entscheidungen von Schulen, Universitäten, Arbeitgebern etc. informiert fühlen, abgebildet werden. Dabei sollte auch geprüft werden, ob die anekdotische Einschätzung, politi- sche Entscheidungen würden kaum die Interessen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen berücksichtigen und diese auch nicht beteiligen, von der Altersgruppe bestätigt wird. Davon aus- gehend beschäftigt sich ein zentraler Teil des Fragebogens mit den Sorgen der jungen Menschen. Machen sie sich Sorgen darüber, sich selbst oder andere mit dem Virus anzustecken? Fühlen sie sich in ihren Sorgen gehört von der Politik? An wen wenden sie sich bei individuellen Prob- lemlagen? Erhalten sie Unterstützung von der Familie, von Bildungseinrichtungen, Fachkräften? Kennen sie ihre Rechte? Am Ende des Fragebogens hatten die Studienteilnehmenden die Möglichkeit, Anmerkungen, Ge- danken, Kritik oder Ähnliches in einem Freitextfeld festzuhalten. Das Angebot des Freitextfeldes am Ende des Fragebogens nutzten für eine quantitative Befragung überproportional viele Men- schen. Über 600 Befragte äußerten sich zum Teil sehr umfangreich über die Inhalte des Fragebo- gens hinaus oder vertiefend zu bereits angesprochenen Themenbereichen. So steht neben dem quantitativen Datensatz auch ein großer Pool qualitativer Daten zur Verfügung. Erste Ergebnisse hierzu wurden bereits veröffentlicht (Andresen et al. 2020a) 2.3. Übersicht über das Datenhandbuch Dieses Datenhandbuch gibt einen Gesamtüberblick über die gewonnenen Daten der JuCo Studie. Die deskriptiven Auszählungen wurden vorgenommen, nachdem der Datensatz nach bestimmten Kriterien bereinigt wurde (vgl. 3.3). In Kapitel 3 werden die verwendete Methodik der Befragung sowie die Datengrundlage beschrie- ben. Hierzu zählen Schritte in der Entwicklung des Fragebogens, die Beschreibung von Zielgrup- pe und Sampling sowie die Datenbereinigung bzw. -aufbereitung. Die darauffolgenden Kapitel legen jeweils inhaltliche Schwerpunkte und stellen deskriptiv die Er- gebnisse der quantitativen Befragung dar. Um einen Überblick über die Stichprobe zu erhalten, 2. Kontext der Befragung von jungen Menschen während Corona 9
werden in Kapitel 4 die Studienteilnehmer*innen entlang sozialstatistischer Merkmale beschrie- ben. In Kapitel 5 wird das Wohnumfeld junger Menschen fokussiert und in Kapitel 6 werden die Kontakte der jungen Menschen während der Corona-Maßnahmen thematisiert. Es wird hier auch gezeigt, wen die jungen Menschen als Ansprechpersonen bei Sorgen und Problemen kontaktie- ren. In Kapitel 7 wird die Frage ausgewertet, wie sich die Situation der jungen Menschen in Schu- le, Studium bzw. Ausbildung und Beruf gestaltet. In Kapitel 8 werden die Daten zur technischen Ausstattung der jungen Menschen präsentiert. Kapitel 9 zeigt auf, wie die jungen Menschen wäh- rend der Corona-Pandemie ihre Zeit verbringen und Kapitel 10 gibt Einblick in die Sichtweisen der jungen Menschen auf ihre aktuelle Situation, insbesondere hinsichtlich finanzieller Sorgen und darauf, welche Rechte sie haben. Der Fragebogen der Onlinebefragung kann im Anhang eingesehen werden. 2. Kontext der Befragung von jungen Menschen während Corona 10
3. Methodik und Datengrundlage Bei der JuCo Studie handelt es sich um eine standardisierte Onlinebefragung von jungen Men- schen zwischen 15 und 30 Jahren. Die Teilnahme war freiwillig und konnte ohne Zugangsbe- schränkungen über einen Link durchgeführt werden. Im Folgenden werden die grundlegenden Überlegungen bei der Entwicklung des Fragebogens, der Prozess des Samplings und der Erhe- bungsphase sowie die Schritte der Datenbereinigung und -aufbereitung beschrieben. 3.1. Entwicklung des Fragebogens und Pretests Die Ausrichtung der Studie orientiert sich – wie erwähnt – an den Konzepten des Wellbeing und schließt an der Forschung zu Bedarfen von Kindern und Jugendlichen (Andresen et al. 2019) an. Entsprechend wurde der aktuelle Literatur- und Forschungsstand gesichtet. Im Hinblick auf die Situation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen während der Corona-Pandemie wurde festgestellt, dass zu dem Zeitpunkt der Fragebogenkonzeption zumindest im deutschsprachi- gen Raum keine Studien zu diesem Thema vorlagen. Im Zeitraum der Auswertung der Ergeb- nisse entstanden an unterschiedlichen Standorten (z. B. Universität Bamberg, Universitäten Tü- bingen und Luxemburg, Universität Lüneburg) und Institutionen (z. B. Deutsches Jugendinstitut e. V., Universitätsklinikum Münster, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf) weitere Studien, die aktuell die Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien mit unterschiedlichen Schwer- punktsetzungen evaluieren. Auch wurden bereits bestehende Studien um entsprechende Frage- stellungen ergänzt (z. B. Pairfam, SINUS-Jugendstudie, JIMplus 2020). Durch die Anlehnung an die Studie Children‘s Worlds+ wurde im Rahmen der JuCo Studie ein Fragebogen entwickelt, der die Situation junger Menschen während der Corona-Pandemie aus Perspektive der Kindheits- und Jugendforschung betrachtet. Die erprobten Skalen wurden so erweitert, dass auch die Besonderheiten der Corona-Zeit erfragt werden können. Der Fragebo- gen enthält verschiedene Dimensionen, die ebenfalls in anderen Studien zum Alltagserleben, zu Dimensionen von Ungleichheit und zum Wohlbefinden eingesetzt werden. Dazu gehören u. a. so- zioökonomische Daten zur Haushaltsgröße, Fragen zur Familienform, Erwerbstätigkeit und Res- sourcen, Fragen zur aktuellen Zufriedenheit unter den Umständen der Corona-Pandemie sowie zu Erfahrungen mit dem Bildungssystem. Nach der Erstellung eines ersten Entwurfs des Fragebogens wurde dieser für einen Pretest on- line freigeschaltet. Teilnehmende waren vor allem junge Menschen, die einzeln angefragt worden waren. Mit Hilfe einer Kommentarfunktion konnten Hinweise notiert werden, wenn Fragen unklar gestellt oder Wesentliches ausgelassen worden war, technische Probleme in der Filterführung auftraten, Formulierungen verbessert werden konnten etc. Es lagen Anmerkungen von 13 Pre- tester*innen vor, die alle im Forschungsverbund geprüft, diskutiert und zum größten Teil um- gesetzt wurden. In Anlehnung an bereits von den Forscher*innen des Verbundes durchgeführten Befragungen von Jugendlichen wurden an einigen Stellen im Fragebogen Einblende-Infos zur Verfügung gestellt (siehe auch Lips et al. 2020). In der digitalen Fassung des Fragebogens sind diese Einblende-Infos neben den Begriffen, die explizit erläutert wurden, mit einem kleinen weißen, blau unterlegten und hochgestellten „i“ hervorgehoben. Der Inhalt auf den sich das „i“ bezieht wird angezeigt, sobald mit dem Cursor auf dieses gezeigt wird. Die Positionen der Einblende-Infos sind in den fol- genden Darstellungen mit einem doppelten Sternchen (**) in den Antwortalternativen dargestellt. Am 15.04.2020 ging die Befragung über die Plattform Socisurvey GmbH online. 3. Methodik und Datengrundlage 11
3.2. Sampling und Erhebungsphase Als Stichprobenverfahren wurde ein Snowball-Sampling angewandt (vgl. Gabler 1992). Unter- schiedliche private und berufliche Kontakte wurden mit der Bitte um Weiterleitung des Links an junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren angeschrieben. Auch wurden Einrichtungen und Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe und insbesondere der Jugendarbeit kontaktiert mit der Bitte, das an Jugendliche adressierte Einladungsschreiben sowie eine digitale Postkarte über ihre Verteiler zu verschicken. Abbildung 1: Digitale Postkarte des Projektes „JuCo“ Die Einladung der Befragung wurde so deutschlandweit in verschiedene bundesweite Netzwerke gestreut und zudem in Plattformen und Newslettern platziert (z. B. ForE oder Forum-Transfer.de). Ein weiterer Zugang war es, junge Menschen direkt über soziale Medien zu erreichen. So wurde ein kurzer Einladungstext mit dem Link zur Onlinebefragung sowie die digitale Postkarte über lokale und bundesweite Facebook-Gruppen und Instagram geteilt; Jugendinitiativen, Partizipa- tionsnetzwerke, Jugendclubs, Jugendzentren und Vereine wurden direkt über die Nachrichten- funktion angeschrieben. Häufig wurde der Link dann auf der eigenen öffentlichen oder gruppen- internen Facebook-Seite oder über die Instagram Story geteilt. Zudem wurde eine Pressemitteilung über die Universität Hildesheim und die Universität Frank- furt an regionale und überregionale Pressekontakte versendet. Trotz des großen Samples kann die JuCo Studie nicht als repräsentativ angesehen werden. Ein erster Blick auf die soziodemographischen Merkmale des Samples zeigt vielmehr, dass es sich tendenziell um ein sogenanntes WEIRD-Sample handelt – „White, Educated, Industrialized, Rich, and Democra- tic“ (Henrich et al. 2010), obgleich nicht alle diese Aspekte explizit abgefragt wurden. Da keine ge- zielte Sampling Strategie verfolgt wurde und der Befragungslink vor allem initiativ gestreut wurde, kann nicht mehr rekonstruiert werden, welche Wege die Verbreitung des Links genommen hat. Befragungszentraum und Incentives Die Befragung war vom 15.04.2020 bis 03.05.2020 unter dem Link www.soscisurvey.de/jugend_ corona/ online geschaltet. Als Incentives wurden zwanzig Gutscheine des Anbieters „wunsch- gutscheine.de“ im Wert von je 20 Euro angeboten, die nach Abschluss unter den Teilnehmenden verlost wurden. Über 3.000 Befragte nutzten die Möglichkeit, an der Verlosung teilzunehmen, indem sie am Ende der Befragung freiwillig ihre E-Mail-Adresse angaben. 3. Methodik und Datengrundlage 12
Nummer gegen Kummer Als Unterstützungsangebot für junge Menschen wurde in Kooperation mit dem Verein „Num- mer gegen Kummer e. V.“ auf der Startseite folgender Hinweis eingeblendet: „Wir wissen, dass es junge Menschen gibt, für die die Situation mit Kontaktsperre und anderen Einschränkungen gerade besonders schwierig ist. Wenn es dir gerade nicht gut geht, wenn du dich zu Sorgen und Problemen mit jemanden austauschen möchtest, kannst du dich an die „Nummer gegen Kum- mer“ wenden – eine deutschlandweite, anonyme und kostenlose Beratungsmöglichkeit für junge Menschen. Den Link findest du immer unten auf den Seiten des Fragebogens.“ Der Verein ist die Dachorganisation des größten telefonischen und kostenfreien Beratungsangebotes für Kinder, Jugendliche und Eltern in Deutschland. Der Hyperlink zur Seite der „Nummer gegen Kummer“ war in jeder Fußzeile der Fragebogenseiten verankert und Interessierte wurden direkt auf deren Homepage geleitet. 3.3. Datenbereinigung und Datenaufbereitung Im Folgenden wird dargestellt, nach welchen Kriterien der Datensatz bereinigt wurde und welche Auswahl an Fällen in die Datenauswertung geflossen ist. Der unbereinigte Datensatz umfasst n = 8.528 Fälle, der bereinigte Datensatz n = 5.520 Fälle. 8.528 Personen haben sich auf die Startseite der Befragung geklickt. Darunter sind auch Perso- nen, die nur auf die Startseite klickten oder Personen, die unter 15 oder über 30 Jahre alt waren, also nicht zur Zielgruppe gehören und daraufhin über eine Filterführung auf eine letzte Seite geleitet wurden. Auch Personen, die aus Interesse den Fragebogen sichten wollten ohne ihn aus- zufüllen, sind unter dieser Zahl wie auch diejenigen, die nur wenige Fragen beantworteten. Um einen hochwertigen Datensatz zu erhalten, ist es notwendig, bestimmte Fälle auszuschließen. So wurde nach Abwägung entsprechend der oben dargestellten Kriterien festgelegt, nur diejeni- gen Fälle im Datensatz zu belassen, – die ein Alter zwischen 15 und 30 Jahren angegeben haben, – die die letzte Seite der Befragung erreicht haben und – die mindestens 90 % des Fragebogens ausgefüllt haben. Ausgeschlossen wurden zudem Fälle, die durch extremes Antwortverhalten auffielen und deren Angaben als nicht authentisch oder unangemessen identifiziert wurde. 3.4. Beschreibung und Kategorisierung von Antworten im Freitext Zum Schluss des Fragebogens wurden die an der Befragung Teilnehmenden in einem Freitextfeld dazu eingeladen, ihre Gedanken und Anmerkungen zu hinterlassen, mit den Worten: „Vielen Dank für die Mühe, die du dir beim Ausfüllen dieses Fragebogens gemacht hast. Wenn dir noch was ein- gefallen ist, was im Fragebogen nicht angesprochen war, freuen wir uns über deine Anmerkungen.“ Für eine quantitative Erhebung haben diese Möglichkeit auffallend viele der jungen Menschen in Anspruch genommen – von den 5.520 Fällen im bereinigten Datensatz haben etwas mehr als 600 diese Möglichkeit genutzt. Hierdurch werden weitere Einsichten in das Erleben der jungen Men- schen möglich. Die Freitext-Aussagen wurden in einer ersten Durchsicht sortiert und im Rahmen der Sichtung des Datenmaterials, soweit möglich, inhaltlich systematisiert und kategorisiert. Relevante Schlüsselkategorien bezogen sich dabei auf 1) die Rolle der jungen Menschen, die deutlich machten „mehr als Schüler*in und Studierende*r“ zu sein, auf 2) die unterschiedlichen Lebenssituationen der jungen Menschen, auf 3) ihre unterschiedlichen digitalen Möglichkeiten 3. Methodik und Datengrundlage 13
und 4) darauf, wie junge Menschen Mitbestimmung in der Zeit der Corona-Pandemie erleben. Weitere Schlüsselkategorien beinhalteten Hinweise auf 5) Verunsicherung, Überforderung und Sorgen vor allem bei jungen Menschen in Übergängen, sowie 6) auch auf Entlastungen durch die Corona-Pandemie. In der Veröffentlichung erster Ergebnisse der JuCo Studie finden sich zu diesen Aspekten vertiefende Informationen (Andresen et al. 2020a). 3. Methodik und Datengrundlage 14
4. Wer hat an der Befragung teilgenommen – Soziodemographie Ziel der folgenden Kapitel ist die Präsentation der deskriptiven Analysen, die mit den im Rah- men der JuCo Studie erhobenen Daten durchgeführt wurden. Ausgangspunkt dafür waren die Ergebnisse der standardisierten bundesweiten Onlinebefragung. Variablenbezogen werden die wesentlichen Merkmale dieser Studie nacheinander dargestellt. Dabei werden für kategoriale Variablen jeweils die absoluten und relativen Häufigkeiten in den Ausprägungen der Variablen genannt. Bei metrischen bzw. quasi-metrisch skalierten Merkma- len erfolgt die Grundauswertung zumeist über die Ausweisung des arithmetischen Mittels (M) sowie dem Streuungsmaß der Standardabweichung (SD). Die Fallzahlen der gültigen und fehlen- den Angaben sind ausgewiesen, wo es relevant erscheint. Die Abfolge der Darstellung orientiert sich nicht an der Reihenfolge der Fragen im Fragebogen, sondern ist inhaltlich strukturiert. Die Reihenfolge der Fragen im Fragebogen ist dem Anhang zu entnehmen. Zur Beschreibung der So- ziodemographie des Samples werden im Folgenden Merkmale wie Alter, Geschlecht, Bundesland und Siedlungstyp sowie die hauptsächliche Beschäftigung der Befragten deskriptiv aufgeführt. 4.1. Alter Der Altersdurchschnitt der Befragten lag bei 19,04 Jahren, wobei der Großteil zwischen 15 und 18 Jahren alt war (15-Jährige 15,3 %; 16-Jährige 16,3 %; 17-Jährige 14,7 %; 18-Jährige 11,7 %). Das Altersspektrum konzentrierte sich auf die unter 18-Jährigen. Über 75 % der Befragten waren zwischen 15 und 21 Jahre alt. Daher ist davon auszugehen, dass sich viele der Befragten in Über- gängen zwischen Schule, Ausbildung, Praktikum, Studium etc. befinden bzw. zum Zeitpunkt der Befragung befanden. 16,3 15,3 14,7 15 11,7 10 7,7 Prozent 6,4 5,2 5 4,1 3,8 2,9 2,8 2,4 2,0 1,5 1,7 1,5 0 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Alter Abbildung 2: Altersverteilung 4.2. Geschlechter 65,8 % der Teilnehmenden gaben an, sich dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen, 31,6 % dem männlichen, 0,9 % gaben divers an, 1,4 % wollten dazu keine Aussage treffen und 0,2 % haben die Frage nicht beantwortet. Überdurchschnittlich stark haben damit junge Frauen an der Befra- gung teilgenommen. Dieser Trend deckt sich insgesamt mit Auswertungen zur Teilnahme junger Menschen an Onlinebefragungen. Es gilt insofern zu bemerken, dass sich im Zusammenhang mit Jugendpolitik und den anderen in JuCo angesprochenen Themen gerade junge Frauen beteiligen und äußern wollen. 4. Wer hat an der Befragung teilgenommen – Soziodemographie 15
4.3. Bundesland und Siedlungstyp Auch das Bundesland, in dem die Befragten leben, wurde abgefragt. Da sich die Regelungen und Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie länderspezifisch stark unterschei- den, stellt dies eine wichtige soziodemographische Information dar. Am stärksten vertreten war Niedersachsen mit 27,4 % der Befragten, gefolgt von Bayern (12,3 %) und Hessen (9,5 %). Hinsichtlich des Verhältnisses der Siedlungstypen bezogen auf die Wohnorte der Befragten, ist das Sample sehr ausgeglichen. Von den Befragten gaben 36,2 % an, in einer Großstadt zu leben (ab 100.000 Einwohner*innen), 32,2 % in einer Klein- oder Mittelstadt (10.000–99.999 Einwoh- ner*innen) und 31,6 % in einem Dorf (unter 10.000 Einwohner*innen). 4.4. Aktuelle Beschäftigung Von besonderer Wichtigkeit war es zu erfragen, in welcher aktuellen Lebenssituation sich die Jugendlichen befinden, da davon auszugehen ist, dass vor allem junge Menschen in Übergän- gen von starken Unsicherheiten bezüglich ihrer nahen und mittelfristigen Zukunft betroffen sind. Strategien zur Eindämmung des Virus waren nicht nur Schulschließungen. Lange war unklar, in welcher Form das Sommersemester an Universitäten und Hochschulen stattfinden kann, wann und wie Ausbildungsplätze vergeben und bereits begonnene Ausbildungen weitergeführt bzw. wiederaufgenommen werden können. Hinsichtlich der aktuellen Hauptbeschäftigung gaben 56,6 % der jungen Menschen an, zur Schule zu gehen. Im Studium befanden sich 18,4 %, erwerbstätig waren 11,1 % und 7,2 % machten laut Umfrage derzeit eine Ausbildung. Tabelle 1: Aktuelle Beschäftigung Anzahl Prozent Gültig Ich gehe zur Schule ** 3.125 56,6 Ich studiere 1.013 18,4 Ich bin erwerbstätig ** 614 11,1 Ich mache eine Ausbildung ** 397 7,2 Ich mache einen Freiwilligendienst ** 154 2,8 Ich mache etwas Anderes, **, und zwar 97 1,8 Ich bin arbeitssuchend ** 87 1,6 Gesamt 5.487 99,4 Fehlend nicht beantwortet 33 0,6 Gesamt 5.520 100,0 Zur Erläuterung der Antwortmöglichkeiten wurden bei den Fragen zur aktuellen Beschäftigung die folgenden Zusatzinformationen eingeblendet: – „Ich gehe zur Schule“ wurde erläutert durch: „um einen allgemeinbildenden Schul- abschluss zu erlangen oder nachzuholen, z. B. Hauptschulabschluss, Mittlere Reife, (Fach-)Abitur“ – „Ich mache eine Ausbildung“ umfasste die Erklärung: „berufliche Ausbildung, Um- schulung oder Weiterbildung, in Kombination mit einem Praktikum, Sprachkurse, Lehre, Trainingsmaßnahme, Berufsorientierungsmaßnahme, Berufsfachschule, Be- rufsvorbereitungsjahr (BVJ), Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) usw.“ 4. Wer hat an der Befragung teilgenommen – Soziodemographie 16
– „Ich bin erwerbstätig“ wurde spezifiziert durch: „Job, selbstständig, Praktikum, Ar- beitserprobung, auch ABM, Ein-Euro-Job bzw. Arbeitsgelegenheit, Kurzarbeit, in El- ternzeit mit gleichzeitiger Erwerbstätigkeit“ – „Ich bin arbeitssuchend“ wurde mit der Einblende-Information: „d. h. mit oder ohne finanzielle Leistungen der Agentur für Arbeit bzw. der Arbeitsgemeinschaft usw.“ versehen – „Ich mache einen Freiwilligendienst“ erhielt den Hinweis: „z. B. Bundesfreiwilligen- dienst, Freiwilliges Soziales Jahr, Freiwilliges Ökologisches Jahr, Internationaler Freiwilligendienst“ – „Ich mache etwas Anderes“ wurde näher gefasst durch: „wie z. B. Kindererziehung, El- ternzeit ohne gleichzeitige Erwerbstätigkeit, Mutterschaftsurlaub, Hausfrau/-mann*, Rente, Krankheit, längerer Urlaub, Kur, Wehr-, Bundesfreiwilligendienst, nichts“ Zusätzlich zu den angebotenen Antwortmöglichkeiten entschieden sich 1,8 % der Befragten dazu, nähere Angaben zu ihrer aktuellen Hauptbeschäftigung zu machen bzw. einen nicht abgefrag- ten Aspekt im Freitext anzuführen. Eine grobe Kategorisierung ergab hier zwar zum einen, dass viele abgefragte Angaben lediglich unter einem bestimmten Aspekt näher spezifiziert wurden (beispielsweise „Homeoffice“ oder „Duales Studium“). Doch auch neue Aspekte wurden häufiger genannt. Dazu zählen beispielsweise die Aspekte „Übergang“ mit Beispielen wie Gap Year oder Weltreise, „Nichts“ mit Hinweisen auf Antriebslosigkeit, Langeweile oder das Warten auf den Stu- dienbeginn, „Betreuungsaufgaben“ mit den Beispielen Elternzeit oder familiäre Verpflichtungen, sowie „Erwerbsunfähigkeit“ mit Hinweisen auf Krankschreibungen und Beschäftigungsverbote. Diese Hinweise zeigen deutlich, dass die jungen Menschen ein Bedürfnis danach haben, mit ihren unterschiedlichen Lebenssituationen gesehen und berücksichtigt zu werden. 4. Wer hat an der Befragung teilgenommen – Soziodemographie 17
5. Situation im Wohnumfeld 5.1. Anzahl der Personen und Zimmer im Haushalt der Befragten Im Fragebogen wurde nach der Personenanzahl der Befragten zu Hause und der Zimmeranzahl gefragt. Damit wurde beabsichtigt, eine mögliche räumliche Enge abbilden zu können vor dem Hintergrund der These, dass die Kontaktbeschränkungen und die Verlagerung des Alltags ins häusliche Umfeld für Personen, die in engen Wohnverhältnissen leben, als besonders belastend wahrgenommen werden. Der Mittelwert der Personenzahl im Haushalt der Befragten betrug 3,62 mit einer Standardabweichung von 1,577. Mit einem Anteil von 29,2 % wohnten die meisten Be- fragten in einem Haushalt mit vier Personen. In einem Drei-Personen-Haushalt wohnten 24,4 % und in einem Haushalt mit zwei Personen 16,8 % der Befragten. Etwa 0,5 % der Befragten gaben an, in einem Haushalt mit mehr als 10 Personen zu leben. Durchschnittlich lebten die jungen Menschen in Haushalten mit fünf Zimmern (5,15; SD 2,419). Am häufigsten angegeben wurde eine Zimmeranzahl zwischen 3 und 6 Zimmern (in einem Haus- halt mit 3 Zimmern wohnen 15,5 % der Befragten, in einem Haushalt mit 4 Zimmern 17,0 %, in ei- nem Haushalt mi 5 Zimmern 16,8 %, und in einem Haushalt mit 6 Zimmern 14,4 % der Befragten). Weniger als 3 % der Befragten gaben an, in einem Haushalt mit mehr als 10 Zimmern zu wohnen. 5.2. Sprache(n) zu Hause und mit Freund*innen Auf die Frage, welche Sprache(n) zu Hause gesprochen wird bzw. werden, antworteten 84,2 % der Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit „ausschließlich Deutsch“. Weitere 12,9 % gaben an, zu Hause Deutsch sowie eine andere Sprache zu sprechen und 2,9 % der Befragten gaben an, ausschließlich eine oder mehrere anderen Sprachen zu sprechen. Zudem wurde danach gefragt, welche Sprache die jungen Menschen mit Freund*innen nutzen. Das Antwortverhalten ähnelte sehr dem zu der Frage nach den gesprochenen Sprachen zu Hause (vgl. Abbildung 3). Auch mit ihren Freund*innen sprachen die meisten der Befragten nur Deutsch (84,4 %). 13,6 % sprachen Deutsch sowie eine andere Sprache gemischt und lediglich 2,1 % der Befragten sprachen mit Freund*innen ausschließlich eine oder mehrere anderen Sprachen. 84,2 84,4 80 60 Prozent 40 20 12,9 13,6 2,9 2,1 0 Deutsch Deutsch und Andere Sprache(n) andere Sprache(n) Sprachen zu Hause Sprachen mit Peers Abbildung 3: Sprache zu Hause und mit Freund*innen 5. Situation im Wohnumfeld 18
5.3. Rückzugsorte im Wohnumfeld Mit Fragen nach dem Wohnumfeld war beabsichtigt, den sozialen Kontext des Alltagslebens der jungen Menschen zu erfassen und auch hier eventuelle räumliche und soziale Enge, aber auch mögliche Unterstützungsstrukturen etc. abbilden zu können. Es wurden deshalb Fragen zur Wohnform und zu Rückzugsmöglichkeiten und räumlichen Ressourcen gestellt. Zur Frage nach der Wohnform gaben 75 % der Befragten an, zusammen mit ihrer Familie zu leben. 9,4 % der Be- fragten lebten mit der*dem Partner*in zusammen, 6,7 % in einer WG, 6,3 % lebten alleine , 1,6 % in einer Wohngruppe/im betreuten Wohnen, 0,5 % in einer Pflegefamilie und 0,7 % wohnten in einer anderen Art von zu Hause. Auf die Frage nach einem eigenen Zimmer antworteten 86,3 % der Befragten, ein eigenes Zimmer zu haben. 10,7 % der Befragten teilten sich ein Zimmer mit jemand anderem. 3 % der Befragten gaben an, kein eigenes Zimmer zu haben. Zur Frage, ob es zu Hause einen Raum gibt, in dem der*die Befragte ungestört sein kann, stimmten 90 % der Be- fragten zu und 8 % der Befragten verneinten dies. Zudem wurde nach den Möglichkeiten gefragt, die Wohnung oder das Haus verlassen zu können und nach draußen zu gehen. Auf diese Frage antworteten 96,8 % mit ja und 3,2 % der Befragten mit nein. 5.4. Wohlbefinden zu Hause Durch die Kontaktbeschränkungen und Maßnahmen zur Eindämmung des Virus konzentrierte sich der Lebensmittelpunkt der jungen Menschen auf das Zuhause. Daher wurde in der Befra- gung nach dem Wohlbefinden zu Hause gefragt. Haben die jungen Menschen dort eine gute Zeit, werden sie unterstützt und fühlen sie sich sicher? Diese Aspekte wurden durch 5 Items erfasst. Die meisten Jugendlichen antworteten, zu Hause zumindest einigermaßen eine gute Zeit zu ha- ben – für 13,8 % traf dies allerdings nicht zu. Die Fragen, ob es jemanden gibt, die*der sich um sie kümmert und ob ihnen geholfen wird bei Problemen, wurden ähnlich beantwortet. 69,1 % gaben an, dass sich jemand um sie kümmert, 71,6 % gaben an, Unterstützung bei Problemen zu erhalten. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Sicherheit zu Hause. Zwar fühlten sich 90 % der be- fragten jungen Menschen zu Hause sicher, doch sind es auch 10 % der Jugendlichen und jungen Erwachsenen (und damit immerhin 549 junge Menschen), die dies nicht von sich sagen konnten. In meinem zu Hause ... ... habe ich eine gute Zeit 4,1 9,7 22,7 37,7 25,9 ... gibt es immer jemanden, die*der sich um mich kümmert 8 8,3 14,6 34,2 34,9 ... hilft mir jemand, wenn ich ein Problem habe 5,6 8,2 14,7 34,2 37,4 3 2,5 ... fühle ich mich sicher 4,5 26,1 63,9 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % stimme nicht zu stimme ein bisschen zu stimme einigermaßen zu stimme zu stimme zu 100 % zu Abbildung 4: Wohlbefinden zu Hause Zusätzlich wurde die Zufriedenheit mit der Stimmung zu Hause insgesamt mit einer Skala von 0 (total unzufrieden) bis 10 (zu 100 % zufrieden) abgefragt. Dabei gaben die jungen Menschen durchschnittlich mit 6,58 an, im häuslichen Umfeld mittelmäßig bis eher zufrieden zu sein. 5. Situation im Wohnumfeld 19
20,7 20 17,6 15 12,0 11,1 11,2 Prozent 10 8,6 7,0 6,0 5 3,1 1,5 1,3 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 (Skala: 0 = gänzlich unzufrieden bis 10 = zu 100 % zufrieden) Abbildung 5: Zufriedenheit mit der Stimmung zu Hause 5. Situation im Wohnumfeld 20
6. Kontakte junger Menschen zu Freund*innen/Peers Peers sind im Jugendalter von besonderer Bedeutung, da sie wichtige Entwicklungsprozesse an- stoßen, Unterstützung und Orientierung bieten. Durch die Schließung von Jugendhäusern, Sport- gruppen, Bolzplätzen und Freizeitstätten sowie der Schulen und Bildungseinrichtungen fanden Peer-Kontakte während des Lockdowns hauptsächlich online oder virtuell statt. Vor diesem Hin- tergrund war es interessant zu erfragen, wie junge Menschen in dieser Zeit ihre Kontakte gestal- teten, mit wie vielen Peers sie noch in Kontakt standen und wie zufrieden sie mit den Kontakten zu Gleichaltrigen außerhalb ihres familiären Umfelds waren. 6.1. Wie viele und welche Kontakte pflegen junge Menschen in der Corona-Zeit? Tabelle 2 zeigt, dass die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen während der Corona- Pandemie mit 3 bis 6 Personen Kontakt hielten (39,1 %). Ähnlich viele hatten Kontakt mit nur 1 bis 2 Personen. Allein an dieser Frage zeigt sich, dass das mediale Bild von Jugendlichen, die sich den Kontaktbeschränkungen widersetzen, nicht bestätigt werden kann. Tabelle 2: Anzahl der Kontakte Anzahl Prozent Gültig mit 3 bis 6 Personen 2.156 39,1 mit 1 bis 2 Personen 2.059 37,3 mit (sehr) vielen 826 15,0 mit Niemandem 465 8,4 Gesamt 5.506 99,7 Fehlend nicht beantwortet 14 0,3 Gesamt 5.520 100,0 Darüber hinaus wurde erfragt, wie sich der Kontakt gestaltet. Aus einer Reihe vorgegebener Ant- wortmöglichkeiten konnten die Teilnehmenden hier mehrere Antworten auswählen. Am häufigs- ten wurde das Schreiben von Nachrichten über Nachrichtendienste, soziale Medien oder SMS genannt. Auch Telefonieren stellte eine wichtige Kontaktart dar. Physische Treffen standen bei den jungen Menschen erst an fünfter Stelle. Spezifizierend wurden in den Freitextfeldern von fast 500 Personen als andere Arten des In-Kon- takt-Seins beispielsweise verschiedene Unternehmungen wie „Autokino“ oder „Saufen“, Online- Aktivitäten wie „gemeinsam Filme streamen“ oder „Videospiele machen“, in Kontakt sein durch räumliche Nähe wie beispielsweise „Kontakte über den Gartenzaun“, „zusammen Wohnen“ oder „gemeinsame Gartennutzung“, aber auch asynchrone bzw. analoge Kontaktarten wie „Briefe oder Postkarten schreiben“ genannt. Darüber hinaus nannten die Befragten Kontakte zu Menschen, die aufgrund verpflichtender Treffen im Schul- oder Arbeitskontext weiterhin gegeben waren, sowie Besuche. 6. Kontakte junger Menschen zu Freund*innen/Peers 21
Tabelle 3: Art der Kontakte Anzahl Gültig Ausgewählte Schreiben (Nachrichtendienste, soziale Medien, SMS) 5.049 Kontaktarten Telefonieren 3.709 (Mehrfach- Videochat 3.646 antworten Sprachnachrichten 3.439 möglich) Gemeinsam abhängen oder spazieren gehen 2.071 Gemeinsam Sport treiben 818 Sonstiges und zwar 497 gar keinen Kontakt 69 Gesamt 19.298 In diesem Zusammenhang ist es auch interessant zu wissen, wie zufrieden die jungen Menschen mit dem Kontakt zu ihren Freund*innen waren. Auf einer Skala von 0 (total unzufrieden) bis 10 (zu 100 % zufrieden) lag der Mittelwert bei 4,93. Zudem gaben 1,3 % der Befragten an, keine Freund*innen zu haben. 15 14,6 13,7 12,9 12,0 11,2 10 9,5 8,3 Prozent 5,0 5 4,1 4,2 4,5 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 (Skala: 0 = gänzlich unzufrieden bis 10 = zu 100 % zufrieden) Abbildung 6: Zufriedenheit mit Kontakten 6.2. Sorge jemanden mit Corona zu infizieren Die Kontaktbeschränkungen wurden beschlossen, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Inso- fern stand die Frage nach den Kontakten junger Menschen auch in einem Zusammenhang mit der Frage nach der Sorge, sich selbst oder andere mit dem Corona-Virus zu infizieren. Auf einer Skala von 0 (keine Sorge) bis 4 (große Sorge) wurden die jungen Menschen gefragt, wie groß ihre Sorge ist, sich selbst oder jemanden aus ihrem Umfeld mit dem Virus zu infizieren. Mit einem Mittelwert von 2,16 zeigten sich die jungen Menschen im Durchschnitt als mäßig besorgt. Tabelle 4: Sorgen um eine Infektion Anzahl Prozent Gültig 0 778 14,1 1 1.039 18,8 2 1.256 22,8 3 1.264 22,9 4 1.105 20,0 Gesamt 5.442 98,6 Fehlend nicht beantwortet 78 1,4 Gesamt 5.520 100,0 6. Kontakte junger Menschen zu Freund*innen/Peers 22
6.3. An wen wenden sich junge Menschen? Davon ausgehend, dass einige junge Menschen während des Lockdowns und der Pandemie mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert und auch überfordert sein können, wurde im Rahmen der JuCo Studie auch gefragt, an wen sie sich in solchen Fällen wenden können. So wur- den den Befragten mögliche Ansprechpersonen und Beratungsstellen vorgeschlagen, zu denen sie angeben konnten, ob es „unmöglich“ (0) bis „sicher“ (4) ist, dass diese Person/Institution kontaktiert würde. Auch die Option „habe/kenne ich nicht“ stand zur Verfügung. Als besonders wichtige Ansprechpersonen gaben die jungen Menschen den*die Freund*in im Sinne von Part- ner*in oder ein*en gute*n Freund*in mit Mittelwerten von 4,21 bzw. 4,46 an. Offizielle Stellen wie Beratungsangebote per Telefon, Mail oder Chat (Mittelwert 1,70) sowie die Polizei oder das Jugendamt (Mittelwert 1,67) wurden als weniger passend angegeben. Tabelle 5: Ansprechpersonen und -stellen bei Sorgen und Problemen Anzahl Mittelwert Gültig Meine*n Freund*in 3.102 4,46 Gute*r Freund*in 5.421 4,21 Mutter 5.402 3,88 Vater 5.171 3,41 Geschwister 4.638 3,31 Ich behalte es ausschließlich für mich 5.320 2,68 Andere Verwandte (Tante, Onkel, Oma, Opa) 5.341 2,55 Person, die eine bestimmte Funktion hat (z. B. Lehrer*in, Trainer*in, 5.279 2,36 Arbeitskolleg*innen, Kommiliton*innen ... Person aus meinem Haus/räumlichen Umfeld (z. B. Nachbar*in) 5.157 2,12 Beratungsangebot am Telefon, E-Mail, Chat 5.086 1,70 Offizielle Stellen: Polizei, Jugendamt, Rechtsanwalt*/Rechtsanwältin* 5.169 1,67 Andere(s), und zwar: 275 2,99 Über die angebotenen Antwortoptionen hinaus machten 275 junge Menschen weitere Angaben zu möglichen Ansprechpersonen oder -stellen. Während hier einerseits einige der abgefragten Per- sonen noch einmal spezifischer mit einer Rolle bezeichnet wurden, beispielsweise als Gruppen- leiter*in einer Wohngruppe oder Therapeut*in, enthielten die Freitextfelder auch neue Aspekte. Dazu gehören beispielsweise Hinweise auf nicht-menschliche Kontakte als wichtige Stützen wie ein Tagebuch, Tiere oder Gott. Ebenso wurden offizielle politische Instanzen genannt, beispiels- weise die Landesschüler*innenvertretung oder andere politische Gremien und Personen. Eine weitere wichtige Kategorie der Ansprechstellen aus der Kategorie „Sonstiges“ stellten Online- Kontakte in diversen Communities dar, beispielsweise Austauschgruppen in sozialen Medien oder in Foren. 6. Kontakte junger Menschen zu Freund*innen/Peers 23
7. Junge Menschen in Schule, Studium oder Arbeit/Ausbildung Um die Situation von jungen Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen spezifisch erfas- sen zu können, wurden Filterfragen in den Fragebogen eingebaut. So wurden Schüler*innen nach ihren Erfahrungen mit der Schule gefragt, Studierende mit ihrer Hochschule und erwerbstätige Personen bzgl. ihrer Arbeitssituation. Im Folgenden werden die deskriptiven Analysen der Situa- tionen junger Menschen in Schulkontexten, im Studium sowie in Arbeit dargestellt. 7.1. Junge Menschen in Schulkontexten: Wie zufrieden sind sie mit ihrer Situation? Zuerst wurden die Schüler*innen (n = 3.125) unter den Befragten danach gefragt, wie zufrieden sie damit sind, einige Wochen nicht in der Schule gewesen zu sein sowie mit dem, was sie in der Zeit zu Hause gelernt haben (Abbildung 7). 15 14,2 14,4 12,8 13,2 13 10,9 11,5 10 9,7 10 9,6 8,6 9 8,5 Prozent 7,2 7,7 7,6 7,7 6,4 6 5 4,7 3,8 3,5 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 damit, einige Wochen nicht in der Schule gewesen zu sein mit dem zu Hause Gelernten (Skala: 0 = gänzlich unzufrieden bis 10 = zu 100 % zufrieden) Abbildung 7: Zufriedenheit mit der Schule Der Vergleich zeigt interessante Ergebnisse. So gaben fast 10 % zum Zeitpunkt der Befragung an, gänzlich zufrieden damit zu sein, während der Pandemie nicht zur Schule zu gehen. Bei einer Zusammenfassung der Skala waren knapp 40 % zufrieden damit (6–10), 14,4 % positionierten sich in der Mitte und 46,2 % waren in der Tendenz unzufrieden mit der vorübergehenden Schulschlie- ßung. Die Zufriedenheit damit, was die Schüler*innen währenddessen zu Hause gelernt haben, zeigt eine niedrigere Tendenz. Dazu gaben zusammenfassend 54,3 % an, eher unzufrieden mit dem Gelernten zu sein, 13 % bewerteten dies durchwachsen und mehr als die Hälfte (54 %) waren eher unzufrieden mit dem Lernerfolg. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach der Zu- friedenheit mit der Unterstützung durch Lehrer*innen erkenntnisreich (Abbildung 8). 7. Junge Menschen in Schule, Studium oder Arbeit/Ausbildung 24
25,9 25 20 15 14,9 Prozent 12,2 12,8 11,1 11,6 10,4 10,3 9,8 10 9,3 8,5 7 7,4 7,7 7,7 6,6 6,1 5 5 4,6 4 3,8 3,5 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 durch Lehrkräfte durch pädagogische Fachkräfte (Skala: 0 = gänzlich unzufrieden bis 10 = zu 100 % zufrieden) Abbildung 8: Zufriedenheit mit der Unterstützung Die Verlagerung des Lernens von Institutionen in das private Umfeld war für alle Beteiligten eine Herausforderung, die es zu meistern galt. Lehrkräfte waren gefragt, Lerninhalte digital aufzube- reiten; pädagogische Fachkräfte versuchten den Kontakt zu Schüler*innen aufrecht zu erhalten, um ihnen unterstützend und beratend zur Seite stehen zu können. Wenngleich die Sichtweisen aller weiterführend wären, ging es in der Befragung um die Perspektive der jungen Menschen. Dass die Zufriedenheit mit der Unterstützung durch Lehrkräfte eine sehr hohe Streuung auf- weist, zeigt die unterschiedlichen Erfahrungen, die wahrscheinlich sowohl auf das Engagement einzelner Lehrer*innen als auch auf individuelle schulische Leistungen zurückführbar sind. Auf- fallend ist die große Unzufriedenheit mit (Schul-)Sozialarbeiter*innen, Jugendarbeiter*innen und anderen pädagogischen Fachkräften. Über ein Viertel der Jugendlichen war gänzlich unzufrieden mit der Unterstützung durch sie. Insgesamt waren es fast 6 %, die sich in der Tendenz unzufrie- den zeigten, 12,8 % positionierten sich mittig. Nur etwa ein Viertel war tendenziell zufrieden mit der erhaltenen Unterstützung, und wenige 3,5 % waren vollkommen zufrieden. 7.2. Junge Menschen in Hochschulkontexten: Was hat sich für sie verändert? Für Studierende war die Situation des Lockdowns ebenfalls herausfordernd. Für viele Studierende verschob sich der Vorlesungsbeginn, einige verloren u. a. durch die Schließung der Gastronomie ihre Nebenjobs, andere arbeiteten mehr. Das gewohnte Studierendenleben an den Universitäten, der Austausch mit Kommiliton*innen auf dem Campus, das Lernen in den Bibliotheken fiel weg, da Hochschulen geschlossen waren. Seminare, Vorlesungen und Übungen fanden digital statt so- wie auch der Austausch mit Lehrenden. Daher stand im Fokus des Interesses, inwieweit sich die Studierenden über die aktuellen Veränderungen an der Hochschule informiert fühlten. Stehen sie weiterhin in Kontakt mit Dozent*innen? Werden sie voraussichtlich ihren Studienabschluss trotz allem wie geplant erreichen? Wie gestaltet sich ihre derzeitige Wohnsituation? 7. Junge Menschen in Schule, Studium oder Arbeit/Ausbildung 25
Ich fühle mich gut über die Veränderungen 60,3 an meiner Hochschule informiert (n =993) Ich habe weiterhin guten Kontakt 55,7 zu meinen Dozent*innen (n = 899) Mein Studienabschluss wird sich durch 34,1 die Corona-Krise verzögern (n = 881) Ich bin in meiner Wohnung und 51,2 warte auf den Semesterstart (n = 921) Ich bin vorübergehend zu meiner Familie gezogen, 33,3 da das Semester digital durchgeführt wird (n = 917) 0% 20 % 40 % 60 % Abbildung 9: Situation von Studierenden Insgesamt nahmen 1.013 Studierende an der Befragung teil und erhielten vertiefende Fragen zu ihrer aktuellen Studiensituation. Der Großteil derer, die diese Frage beantwortet haben, gab an, dass sie sich über die Veränderungen an ihrer Hochschule gut informiert fühlten (60,3 %). Für die meisten (55,7 %) erschienen die Dozent*innen der Hochschulen weiterhin gut erreichbar. Immerhin 34,1 % der befragten Studierenden, die dieses Item beantwortet haben, gaben jedoch an, dass sich ihr Studienabschluss durch die Corona-Krise voraussichtlich verzögern wird. Die meisten Studierenden befanden sich in ihrer Wohnung, einige verbrachten das Semester aus unterschiedlichen Gründen bei ihrer Familie. 7.3. Junge Menschen in Arbeitskontexten: Wie gestaltet sich die Arbeitssituation für sie? Die Fragen an junge Menschen in Arbeitskontexten – das heißt an jene Befragten, die als Haupt- beschäftigung Erwerbstätigkeit, Ausbildung oder Freiwilligendienst angegeben hatten (n = 1.165) – bezogen sich auf den Arbeitsumfang, den Kontakt zu Ansprechpersonen bei der Arbeit und weitere Aspekte. Konkret wurden die jungen Menschen gebeten, auf 5 Items mit „ja“ oder „nein“ zu antworten, wobei in der folgenden Abbildung die Zustimmungen dargestellt sind. Ich habe weiterhin Kontakt zu meinen 91 Ansprechpersonen bei der Arbeit (n = 929) Ich arbeite weiterhin (n = 995) 82,2 Ich arbeite weniger/bin in Kurzarbeit (n = 886) 25,4 Ich arbeite gerade nicht, meine Ausbildung/Arbeit 24,1 ist durch Corona abgebrochen/ausgesetzt (n = 892) Ich arbeite mehr als vorher (n = 875) 22,7 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Abbildung 10: Situationen von Auszubildenden und jungen Menschen in Arbeit Die meisten erwerbstätigen jungen Menschen gaben an, auch weiterhin zu arbeiten, wobei im- merhin ein Viertel der Befragten angab zum Zeitpunkt der Befragung in Kurzarbeit zu sein oder weniger als zuvor zu arbeiten, 24,1 % arbeiteten aufgrund des Lockdowns vorrübergehend gar nicht, 22,7 % arbeiteten mehr als vorher. Den Kontakt zu den Ansprechpersonen bei der Arbeit konnten fast alle Befragten halten. 7. Junge Menschen in Schule, Studium oder Arbeit/Ausbildung 26
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