De' Walefer Médecher": Streik in der LBA - D'Walfer Neidierfchen 1940-1945. Ein Luxemburger Wohnviertel während der "dunklen Jahre" (II) - Commune ...

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DE WALFER BUET

 D’Walfer Neidierfchen 1940–1945. Ein Luxemburger Wohnviertel während der „dunklen Jahre“ (II)

„ De’ Walefer Médecher“:
  Streik in der LBA
 Claude Wey

 „Du go’w am allerklengste land
 De’ allergre’sste grèv gemat; […]
 E gliddge freihêtsquonk och fo’l
 Zo’ Walefer an d’normalscho’l.“

 Mit diesen Zeilen führt der Primärschul-
 lehrer und Heimatdichter Théodore Wies
 in die zentrale Thematik seines im Januar
 1947 abgeschlossenen Versepos „De’ Walefer
 Médecher“ ein, ein literarischer Beitrag, der
 den Streik der im Walferdinger Schloss an-
 gesiedelten Lehrerinnenbildungsanstalt
 (LBA) während des „Generalstreiks“ von
 August bis September 1942 gebührend
 würdigen soll. Abgedruckt wurden die
 17 sechszeiligen Strophen in der von der
 Ligue Luxembourgeoise des Prisonniers et
 Déportés politiques herausgegebenen Zeit-
 schrift Rappel (Rappel 1947: 38–41) mit
 dem folgenden Untertitel: „No engem
 artikel aus dem ‚RAPPEL‘: ‚Erziehungs-
 lager Marienthal‘ vum Josette Manternach“
 (Manternach 1946: 22–26).

 Manternachs Erinnerungs- und Zeugen-
 bericht sowie die poetische Verarbeitung
 durch Wies haben uns bewogen, den Soli-
 daritätsstreik der Lehramtsanwärterinnen
 vom 2. September 1942 und die damit ver-
 bundenen repressiven Maßnahmen seitens
 des CdZ (Chef der Zivilverwaltung) im
 Rahmen unserer sporadisch erscheinenden
 Artikelserie über das Walferdinger Wohn-
 viertel „Neidierfchen“ während des Zwei-
 ten Weltkriegs zu behandeln.

 „Generalstreik“ und „Walferdinger
 Schulstreik“, August–September 1942             Lehramtsanwärterinnen auf dem Sportfeld, Anfang der 1940er Jahre.
                                                 © Centre national de littérature, Mersch – Fonds Jeanne Schneider / CNL L-152
 Ein Jahr nach Kriegsende, vier Jahre nach
 den antinazistischen Streikbewegungen
 vom Spätsommer 1942, schilderte Jung-
 lehrerin Josette Manternach im Rappel
 ihre Beteiligung am Walferdinger Schü-
 lerinnenstreik und ihren Strafaufenthalt        gesîchter kann hén d’äntwert liesen:                       4. September 1942 dauernden „General-      „Generalstreik“ hinweist, ohne dabei je-
 im Erziehungslager Marienthal an der            ‚Ewell gêt et duer! Dir hut eis arem kleng                 streik“ gegen die nationalsozialistische   doch Ursachen oder Beweggründe der
 Ahr. Dabei hält sie in ihrer Einführung         Hêmecht de’f an d’hêrz getraff. Dach grât                  Besatzungsordnung des CdZ erst ganz        Streikbewegungen anzuführen: „Du go’w
 fest: „T’war den 2. september 1942. An          elo erhiewt se sech ge’nt iech, we’ nach                   zum Schluss ihres Textes mit der Formu-    am allerklengste land / De’ allergre’sste
 der ‚Lehrerinnenbildungsanstalt‘ zu Wal-        nie!‘“ (Manternach 1946: 22)                               lierung „märtyrer vum streik“ erwähnt.     grèv gemat.“
 fer geseit èn trotzeg, verbattert gesîchter.“                                                              Im Gegensatz zu Manternach führt der
 In der darauffolgenden Szene, die sich in       Diese erinnerte Faktizität vermittelt die                  für seine „vaterländische Poetik“ (Clau-   Wies scheint in seinem Erzählgedicht me-
 Anwesenheit des deutschen Direktors der         frühere Schülerin der LBA in einer vom                     de Conter, Autorenlexikon) bekannte        takausale Andeutungen vorzuziehen, die
 LBA Alois Brocher vor der Klasse abspielt,      patriotischen Zeitgeist der frühen Nach-                   Théodore Wies in seinem Erzählgedicht      einen religiös angereicherten Kleinstaat-
 hebt Manternach erneut die trotzige Hal-        kriegszeit emotional geprägten Sprache,                    in die zentrale Thematik des Schülerin-    Nationalismus erkennen lassen. So zum
 tung der Schülerinnen hervor: „[A]n eise        wobei sie den vom 31. August bis zum                       nenstreiks ein, indem er zuerst auf den    Beispiel in der ersten Strophe:

                                                                                                                                                                      DE WALFER BUET NR. 4 AVRIL 2021
DE WALFER BUET

„Am Joer zwêave’erzeg
Huet stolz fir d’Letzeburger sâch
Zo’ Walefer geaffert sech,
Am herz en he’jen, hellgen hâss,
Vu brawe médercher eng klass.“
(Wies 1947: 38)

Im Unterschied zu Manternachs Text oder
Wies’ Gedicht scheint es uns im Rahmen
unserer mikrohistorischen Studie uner-
lässlich, kurz auf die Beweggründe und
den Ablauf des „Generalstreiks“ einzuge-
hen (Rappel 1972; Dostert 1985; Hohen-
garten 1991; Büchler 2017).

Als am 30. August 1942, am „Fouersonn-
deg“, der Gauleiter des Mosellandes und
Chef der Zivilverwaltung in Luxemburg,
Gustav Simon, bei einer Großkundgebung
in den Limpertsberger Ausstellungshallen
„die allgemeine Wehrpflicht in Luxem-
burg zusammen mit der Verleihung der
deutschen Staatsangehörigkeit“ verkünde-
te (Dostert 1985: 175), wurde damit eine
de facto Zwangsrekrutierung der Luxem-
burger jungen Männer eingeführt, die zu-
erst die Geburtsjahrgänge 1920 bis 1924
betraf und später ebenfalls die Jahrgänge
1925, 1926 und 1927 erfasste (Büchler
2017: 15–16).

Diese Ankündigungen kamen nicht un-
erwartet. Schon am 23. August hatte das
Reichsgesetzblatt eine Verordnung über
die Verleihung der deutschen Staats-
bürgerschaft an Elsässer, Lothringer
und Luxemburger abgedruckt. Und am
25. beziehungsweise am 29. August wurde
in den beiden anderen CdZ-Gebieten El-
sass und Lothringen die Einführung der
Wehrpflicht proklamiert. Auf Anordnung
von Gauleiter Simon wurde alles unter-
nommen, um den diesbezüglichen Nach-
richten- und Informationsfluss aus diesen
beiden Regionen an der Grenze zu Luxem-
burg zu stoppen und die Veröffentlichung
des Gesetzes über die Zwangszuweisung
der deutschen Staatsbürgerschaft im gan-
zen Gau Moselland bis zum 30. August zu
verhindern (Dostert 1985: 175; Büchler
2017: 16).

Doch ungeachtet dieser Maßnahmen ge-
langten Nachrichten nach Luxemburg. So
konnte ein Exemplar des Reichsgesetz-
blattes vom 23. August, welches für das
Friedensgericht in Wiltz bestimmt war, am   Die Lehrerinnennormalschule im ehemaligen Walferdinger Schlossgebäude (1930er Jahre).
27. August 1942 im Postamt abgefangen       © Mémoire collective audio-visuelle de la Commune de Walferdange – Walferdange pittoresque, 1990
und kopiert werden. Insgesamt kann man
davon ausgehen, dass trotz spärlicher In-
formationen die Verbreitung von Gerüch-
ten sowie eine gezielte Flüsterpropaganda
über vermutete Pläne des CdZ dazu beitru-
gen, in der luxemburgischen Bevölkerung     überall im Land ‚Streikende‘ ab, beschlie-               Schließung der Geschäfte, Milchstreik,         „‚Morgen werden sie schon
tiefes Misstrauen gegenüber der angekün-    ßen eine Geste, die ihre Opposition gegen                Schüler- und Lehrerstreik, Rückgabe der        Katzenjammer haben‘,
digten Großkundgebung in Limperts-          die neuen Verordnungen in den kommen-                    VdB-Karten, Nichttragen des VdB-Ab-
berg zu wecken (Hohengarten 1991: 16).      den Tagen zum Ausdruck bringen soll“                     zeichens, Singen verbotener patriotischer      sôt de Brocher. ‚Ich sehe
                                            (Büchler 2017: 16). Und am darauffolgen-                 Lieder, Verweigerung des deutschen Gru-        sie schon in ihrer
Diese Begebenheiten dürften genug Erklä-    den Tag, am 31. August, begann eine Wel-                 ßes“ (Hohengarten 1991: 19). Wobei die
rungsmomente liefern, um die prompten,      le von Protesten und diversen Streikbe-                  von Hohengarten ganz zum Schluss auf-          Blutlache da liegen.‘“
vielfältigen und vielschichtigen Reaktio-   wegungen, die erst am 4. September zum                   gezählte Protestform eine beim „General-
nen innerhalb der luxemburgischen Ge-       Erliegen kam.                                            streik“ stark verbreitete Aktion darstellte,
sellschaft auf die Einführung der allge-                                                             die in unserer mikrohistorischen Studie
meinen Wehrpflicht zu erfassen. Schon       Diese Aktionen verteilten sich, so der His-              über den Streik der Lehramtsanwärterin-
am Sonntagabend des 30. August, ein         toriker André Hohengarten, auf alle Regi-                nen der LBA-Walferdingen eine initiale
paar Stunden nach der Verkündung der        onen des Landes und nahmen „verschiede-                  wie auch zentrale Stelle einnimmt.
allgemeinen Wehrpflicht, „stimmen sich      ne Formen [an], wie Arbeitsniederlegung,

DE WALFER BUET NR. 4 AVRIL 2021
DE WALFER BUET

                                                                                           Hakenkreuzbanner an der LBA Walferdingen.
                                                                                           © Mémoire collective audio-visuelle de la Commune de Walferdange – Walferdange pittoresque, 1990

                                                                                               2022 jährt sich zum 80. Mal der sogenannte Generalstreik gegen die
                                                                                               NS-Besatzung und die vom CdZ angeordnete Zwangsrekrutierung.
                                                                                               Zur Erinnerung an die damit verbundene Streikbewegung der Lehramts-
                                                                                               anwärterinnen an der LBA hat der Schöffenrat der Gemeinde
                                                                                               Walferdingen die Einweihung einer Gedenkplatte oder eines Gedenk-
                                                                                               steins für Ende August/Anfang September 2022 beschlossen.

Ablauf des Streiks der                      handelt sich dabei um den in deutscher         Ihre Erinnerungen an den 40 Jahre zu-                    Die Antwort jeder Studentin unserer Klasse
Lehramtsanwärterinnen                       Sprache verfassten Text „Streik in der         rückliegenden Streik in der im Schloss                   war: ‚Nein.‘ Der Direktor verkündete uns
                                            Lehrerinnenbildungsanstalt Walferdingen“,      Walferdingen angesiedelten LBA be-                       sofort seinen Entscheid: ‚Von mir aus seid
Abgesehen von Wies’ Gedichttext können      welcher von der Schulinspektorin und           ginnt Schneider direkt mit der folgen-                   ihr fristlos entlassen. Ihr werdet in keine
wir neben dem aus der frühesten Nach-       früheren Lehramtsanwärterin an der LBA         den entscheidenden Szene: „Plötzlich                     andere Lehrerinnenbildungsanstalt mehr
kriegszeit stammenden Erinnerungstext       Jeanne Schneider 1993 im Sammelband            flog die Tür des Klassenzimmers IIe B                    aufgenommen werden. Ich werde jetzt dem
von Josette Manternach, der zuerst 1946     … Wéi wann et eréischt haut geschitt wier! …   auf. Herein trat der deutsche Direktor                   Gauleiter die Sache weitergeben‘“ (Schneider
im Rappel, späterhin im Jahre 1972 in der   publiziert wurde. Schon ein Jahr früher        Brocher. Er grüßte mit dem Nazi-Gruß.                    993: 101).
Sondernummer „La Grève de 1942“ des         hatte sie in der „Sonderbeilage: 50 Joer       Wir standen auf und blieben stumm.
Rappel mit zwei Auslassungen wieder-        Zwangsrekrutéierung 30. August 1942“           Dann sagte der Direktor: ‚Jetzt werde ich                Ergänzen wir nun Schneiders Zeugnis von
veröffentlicht wurde (Manternach 1972:      im Luxemburger Wort ihre Erinnerungen          jede einzelne von euch fragen, ob ihr be-                Anfang der 1990er Jahre mit dem Erleb-
408–412), auf eine weitere Zeugenquelle     zum „Streik in der Lehrerinnenbildungs-        reit seid, in Zukunft den deutschen Gruß                 nisbericht ihrer Schulkameradin Josette
zum Ablauf des Schülerinnenstreiks in       anstalt Walferdingen“ vorgestellt (Schnei-     zu machen und euch der deutschen Ord-                    Manternach aus dem ersten Friedensjahr
Schloss Walferdingen zurückgreifen. Es      der 1992: 14; 1993: 99–103).                   nung zu unterstellen.‘                                   nach dem Zweiten Weltkrieg:

                                                                                                                                                                        DE WALFER BUET NR. 4 AVRIL 2021
DE WALFER BUET

„Siewenanzwanzegmol kritt hén d’äntwert
‚Nein‘. – ‚So, ich übergebe jetzt eure Na-
men der Sicherheitspolizei. Für zwei Uhr
habt ihr die Schule zu verlassen!‘ – An der
e’schter klass hât hén de’ selvecht nidder-
lâg. Mir waren du aus der ‚Gemeinschaft‘
ausgeschloss. De’ eng preisen hun eis voll
hâss bekuckt, de’ aner hu verächtlech ge-
grinst, nach anerer wollten eis bemattlé-
den. Mè si sinn eis jo neischt me’ ugang.
‚Morgen werden sie schon Katzenjammer
haben‘, sôt de Brocher. ‚Ich sehe sie schon
in ihrer Blutlache da liegen‘“ (Manternach
1946: 22).

Schneider und Manternach stellen jede
auf ihre eigene narrative Art und Weise die
Verweigerung des deutschen Grußes und
die damit verbundene Nichtanerkennung
der nationalsozialistischen Ordnung im
besetzten Luxemburg in den Mittelpunkt
der Geschehnisse an der Walferdinger
Lehrerinnenbildungsanstalt. Und beide
Zeuginnen erinnern sich an die ausge-
sprochenen Androhungen sowie an die
unverzüglich angewandten repressiven
Maßnahmen des reichsdeutschen, national-
sozialistisch gesinnten Direktors, der die
LBA seit Frühjahr 1942 leitete.

Schneider lässt sogar in ihren Bericht fol-
gende schwer überprüfbare Äußerung
einfließen: „Der Gauleiter soll auf den
Gedanken gekommen sein, die rebelli-
schen Studentinnen erschießen zu lassen.       Lehramtsanwärterinnen beim Sportunterricht, Anfang der 1940er Jahre.
Unser deutscher Pädagogikprofessor, Herr       © Centre national de littérature, Mersch – Fonds Jeanne Schneider / CNL L-152
Reißner, soll aber dann für uns eingetreten
sein und den Gauleiter auf die Folgen eines
solchen Schrittes aufmerksam gemacht
haben: ‚Wenn Sie Kinder erschießen,
wird das ganze Land in Aufstand geraten‘“
(Schneider 1993: 101).                         dern schon am Vortag, also am 1. September                Ech misst gleich matkommen, ech                Nach einer kurzen Bettruhe wurden die
                                               angefertigt. Oder handelte es sich bei den                sollt fir drei wochen wäsch mathuelen.         Schülerinnen angewiesen, „an der ka-
Zum Glück sah der CdZ davon ab, die            geplanten sechs Verhaftungen um eine                      Eng véierelstonn duerno setzen ech am          pell vum Carmel op de Bannführer ze
minderjährigen streikenden Lehramts-           repressive Maßnahme gegen Protestak-                      bureau vun der gendarmerie.“ Den wei-          wârden. Dé rifft eis nimm op. Dann sét
anwärterinnen vor das Standgericht zu          tionen an der LBA, die sich schon am                      teren Verlauf ihrer Festnahme beschreibt       en eis, datt eis elteren keng erziehungs-
stellen, welches zwischen dem 2. und           1. September ereigneten?                                  die aus Grosbous stammende Schülerin           berechtigung me’ iwer eis hätten. De’
9. September zwanzig am Generalstreik                                                                    folgendermaßen:                                le’g vun haut un an den hänn vun der
beteiligte „Rädelsführer“ zur Todesstra-       Wobei andererseits hervorzuheben ist, dass                                                               H.J… abé merci!“ (Manternach 1946:
fe verurteilte. Streikende Schüler oder        nach dem Schulstreik Jeanne Schneider                     „No zwo’ stonnen hält e gro’ssen autocar vi-   23). Der Hauptbannführer der H.J. in
Schülerinnen hingegen liefen Gefahr,           verhaftet wurde, deren Name nicht in der                  run der gendarmerie. T’sin zwe’ polizisten     Luxemburg, Karl Felden, wandte sich
von der „Stapo“ in Sicherheitsgewahr-          Abschrift vom 1. September zu finden ist.                 dran an och ewell eng vu menge komero-         auch in einem Schreiben an die Eltern
sam gebracht zu werden.                        Fünfzig Jahre nach dem „Generalstreik“                    dinnen. Mir fueren du ze soen, vun enger       der Schülerinnen, um ihnen unverzüg-
                                               kommt Schulinspektorin Schneider auf                      e’sleker gendarmerie zur anerer. Op all        lich mitzuteilen, dass ihre Tochter „an
Eine auf den 1. September 1942 datier-         die Septemberereignisse des Jahres 1942                   statio’n kommen der zwé oder drei derbei!      einem Schulstreik teilgenommen [hat]“.
te Abschrift, die höchstwahrscheinlich         zurück: „Mit 16 Jahren verbrachte ich eine                D’strôssen si bewâcht. Den auto get fofzeng-   Weiter ließ er den Eltern Folgendes aus-
durch Oberschulrat Hans Lippmann,              Nacht im Escher Gefängnis. Am frühen                      mol ugehâl. Vun Elwen fuere mer iwer           richten: „Der Gauleiter hat Ihnen aus
Leiter der Abteilung „Schulwesen“ des          Morgen wurde ich unter Bewachung von                      Ho’sen, Dikerech, Ettelbreck an d’stâd.“       diesem Grunde die Erziehungsberechti-
CdZ, veranlasst wurde und für das              zwei Polizisten nach Luxemburg in den                     Manternach lässt in diesen Kontext die         gung über Ihre Tochter entzogen und der
„Einsatzkommando der Sicherheits-              Karmel geführt, aus dem die Schwestern                    folgende Szene einfließen: „E vun de           Hitler-Jugend übertragen. Ihre Tochter
polizei und des SD“ bestimmt war, ent-         vertrieben worden waren und in dem sich                   polizisten, et wâren zwe’ Letzeburger,         wurde heute einem Erziehungslager der
hält folgende Anweisungen: „Ich bitte,         die Hitlerjugend eingenistet hatte. Dort                  peift: ‚Nu stinn ech hei op ganzem frie-       Hitler-Jugend im Reich zugewiesen. Die
folgende Schüler und Schülerinnen in           stieß ich zu meinen Kolleginnen, die durch                me Buedem.‘“ Dabei wäre zu erwähnen,           Dauer des Aufenthaltes in diesem Erzie-
Luxemburg zu verhaften“ und: „Außer-           eine massive Zusammenführung per Bus                      dass dieser Vorfall bei der zweiten Veröf-     hungslager ist unbestimmt und hängt im
dem bitte ich folgende Lehrkräfte zu ver-      quer durch das Land zum Karmel gebracht                   fentlichung des Textes im Rappel im Jah-       wesentlichen von dem Verhalten Ihrer
haften“ (ANLux, CdG-028, 0040).                worden waren“ (Schneider 1993: 101).                      re 1972 ausgelassen wurde (Manternach          Tochter ab“ (MnR 2017: 64–27).
                                                                                                         1972: 409).
Aufgelistet und zugeordnet werden die          Zu Schneiders Schulgefährtinnen, die                                                                     Wenn auch das zitierte Schreiben an die
Namen der Schüler und Lehrkräfte nach          nach dem vom Schuldirektor angeordne-                     Auf den kurzen Zwischenhalt bei dem im         Eltern einer Escher Oberschülerin ge-
der jeweiligen „Oberschule“. Dabei fällt       ten Verlassen der LBA ihr Zuhause auf-                    Stadtzentrum gelegenen Sitz der Gestapo        richtet war, kann man trotzdem davon
auf, dass die Abschrift auch die Namen von     suchten, zählte auch Josette Manternach.                  geht Manternach ebenfalls in ihrem Er-         ausgehen, dass die betroffenen Eltern der
sechs Schülerinnen der Lehrerinnenbil-         Detailreich beschreibt sie den von ihr er-                innerungstext ein: „Den Auto hält stall        LBA-Schülerinnen eine ähnliche schrift-
dungsanstalt Walferdingen anführt. Eine        lebten ereignisreichen Ablauf der ersten                  virun der villa Pauly. T’mengt ên nit, datt    liche Mitteilung zugeschickt bekamen.
dokumentarische Begebenheit, die wir           zwei Tage nach dem Schulstreik: „Mir                      et ge’nt ve’er auer mueres wär. An engem
eigentlich so nicht erwartet haben, wur-       waren ewell schon én dâg dohém. […]                       steck fueren autoen op an zo’… fir ong-        Eine Nachricht, die sie zu einem Zeit-
de doch die Abschrift nicht nach dem           Ge’nt siewen auer owes kommen zwe’ po-                    leck a misär an d’land ze verbrêden. Den       punkt zur Kenntnis nahmen, als ihre
„Walferdinger Streik“ vom 2. September, son-   lizisten no mir froen.                                    auto fe’ ert eis an de Carmel op den Zens.“    Töchter sich schon im „Erziehungslager

DE WALFER BUET NR. 4 AVRIL 2021
DE WALFER BUET

                                                                                                  Schülerinnen verlangten von mir im Na-         Kuffer, die eben zum Papierkorb ging, der
                                                                                                  men der Gewissensfreiheit Urlaub zur täg-      am Fenster steht: ‚Do kommen de preisesch
                                                                                                  lichen Messe […]“ (Brocher 1942; zitiert       Lo’dern.‘ Ich verpflichte mich aber eidlich,
                                                                                                  nach Kieffer 1996).                            dass das Wort H…… nicht gefallen ist, denn
                                                                                                                                                 diese Anschuldigung ist erhoben worden“
                                                                                                  Die von Brocher vorgelegte Einschätzung        (ANLux, CdZ-A-5291, 0209).
                                                                                                  und Beurteilung der politischen Einstellung
                                                                                                  der Lehramtskandidatinnen dürfte bei Dr.       Eine Woche später wurde Gloden von der
                                                                                                  Münzel, Regierungspräsident und ständiger      „Stapo“ für zehn Tage „wegen deutsch-
                                                                                                  Vertreter des CdZ, sowie bei Gauleiter Si-     feindlicher Äusserungen in Haft genom-
                                                                                                  mon eine alarmierende Wirkung ausgelöst        men“ (ANLux, CdZ-A-5291, 0217, 0218).
                                                                                                  haben: „[D]eutschfeindlich 80%, lau 15%,       In den folgenden fünf Monaten blieb sie
                                                                                                  brauchbar keine 5%.“ Die Einschätzung der      vom Schulunterricht ausgeschlossen, da sie
                                                                                                  politischen Lage an der LBA dürfte wiede-      versuchte, sich weiterhin einer Mitglied-
                                                                                                  rum den reichsdeutschen Schulleiter zum        schaft bei der VdB (Volksdeutsche Bewe-
                                                                                                  folgenden Fazit bewogen haben: „Desorga-       gung) oder der LVJ (Luxemburger Volksju-
                                                                                                  nisiert, Werte wurden verhindert. Passiver     gend) zu entziehen (ANLux, CdZ-A-5291,
                                                                                                  Widerstand beim Personal und trotz aller       0221-0222). Erst am 9. Juli 1941 wurde
                                                                                                  Liebenswürdigkeit auch bei den Lehrkräften.    Gloden wieder in die LBA Walferdingen
                                                                                                  Notwendige Aufbauzeit: wenigstens ½ Jahr“      aufgenommen, so Camille Kieffer in seiner
                                                                                                  (Brocher 1942; zit. n. Kieffer 1996).          schon zitierten Studie (Kieffer 1996).

                                                                                                  So ernüchternd Brochers Bericht auf die        Der Autor verweist noch auf weitere poli-
                                                                                                  Hauptverantwortlichen der CdZ-Schul-           tisch motivierte Vorfälle, zu denen er sich
                                                                                                  politik in Luxemburg auch gewirkt haben        folgendermaßen äußert: „Nach einer Pha-
                                                                                                  mag, so unerwartet neu dürfte die politische   se der relativen Ruhe, in der allerdings
                                                                                                  Lage an der LBA ihnen nicht vorgekommen        die Schülerinnen Margarete Demuth und
                                                                                                  sein. Seit Einführung des CdZ-Regimes in       Margarete Birsens in das Netz der Gestapo
                                                                                                  Luxemburg im August 1940 wurde die seit        zu geraten drohten, dies aber offenbar von
                                                                                                  1930 im Walferdinger Schloss angesiedelte      Siekmeier [Regierungspräsident und Vertre-
                                                                                                  „Normalschule“ einem NS-ideologischen          ter des CdZ] verhindert wurde, probten die
                                                                                                  Gleichschaltungsprozess unterzogen, der        Lehramtskandidatinnen als erste den Auf-
                                                                                                  nicht nur beim Lehrpersonal, sondern           stand bereits Anfang 1942“ (Kieffer 1996).
                                                                                                  auch bei den Lehramtsanwärterinnen weit-
Marienthal/Ahr. Das Erziehungslager der „Walefer Médecher“ befand sich im Gebäude vorn im Bild.   verbreiteten Missmut erzeugte, welcher zu      Unserem Ermessen nach ist dieser soge-
© Elvaube, Wikimedia Commons, 2015                                                                antideutschen Äußerungen, verbaler und         nannte „Aufstand“ eher ein komplexer
Unten: Marienthal/Ahr. Das im Jahre 1910 errichtete Herrenhaus.                                   schriftlicher Natur, führte.                   Vorfall, der sich in erster Linie durch die
© Hans-Jürgen Neubert, Wikimedia Commons, 2018                                                                                                   Verfehlungen von W., dem zuständigen
                                                                                                  Die ab Ende September 1940 vom CdZ             Leiter der Walferdinger Lehranstalt zwi-
                                                                                                  durchgeführte und bis Februar 1941 abge-       schen Ende September 1940 und Frühjahr
                                                                                                  schlossene „Entkonfessionalisierung“ des       1942, und die damit verbundenen Reaktio-
Marienthal“ befanden. Ihre Überführung           der Hitler-Jugend in Luxemburg“ (AN-             Luxemburger Schulwesens (Dostert 1985:         nen aus der Lehrer- und der Schülerinnen-
von Luxemburg ins Ahrtal hat Josette             Lux, CdG-028, 0035). Der Hauptgrund              142) verursachte in der bis dahin stark von    schaft erklärt. Im Rahmen unserer Studie
Manternach kurz festgehalten: „Mir gin           dieser Erziehungs- oder Ertüchtigungsre-         der Präsenz der Ordensschwestern gepräg-       verweisen wir vor allem auf das „unzuläs-
dann mat zwe’n tramsautoen vun der stâd          gelungen dürfte auf eine weitverbreitete,        ten Walferdinger Normalschule einen tie-       sige“ Verhalten (Kieffer 1996) des früheren
an d’preiseland gefe’ert. Zo’ Iechternach        durch das nationalsozialistische Besat-          fen organisatorischen und ideologischen        im Luxemburger Schuldienst stehenden
passéiere mer d’grenz. T’gêt virun iwer          zungsregime provozierte Deutschfeind-            Einschnitt. Die Entfernung der Direktorin,     Schulinspektors gegenüber ein paar Lehr-
Bitburg op Adenau. Zo’ Adenau sin de’            lichkeit innerhalb der Luxemburger Schü-         Schwester Emilienne Toussaint, und der         amtskandidatinnen, die er außerhalb der
Escher Lycéen aquarte’ert gin, de’ och           lerschaft zurückzuführen sein.                   anderen Ordensschwestern aus dem Schul-        Schulstunden, ja sogar spätabends „ins
gestreikt hâten. Ge’nt fönnef auer kom-                                                           dienst der Normalschule löste bei vielen       Dienstzimmer“ bestellte.
me mer zu Marienthal un“ (Manternach             Eine politische Begebenheit, die man im          Schülerinnen, die größtenteils aus einem
1946: 23).                                       Rahmen unserer mikrohistorischen Stu-            ländlichen, stark vom traditionellen Katho-    In seinem Vermerk vom 12. März 1942 hebt
                                                 die exemplarisch durch einen dreiseitigen        lizismus beeinflussten Milieu stammten,        der ständige Vertreter des CdZ, Siekmeier,
Ursachen des Streiks                             Bericht belegen kann, den Alois Brocher,         Unbehagen aus.                                 folgende belastende Aussagen gegen W. im
an der LBA-Walferdingen                          Direktor der LBA Walferdingen, auf An-                                                          „Fall M.“ hervor: „Befragt warum [M.] das
                                                 frage des CdZ am 10. Juni 1942 abschloss.        Dabei dürften die Integration von Lehrkräf-    Vorgehen des Direktors geduldet habe, gibt
Der CdZ sah davon ab, die an der Protest-        Der von Camille Kieffer in seiner Studie         ten aus dem „Altreich“ und die Eingliede-      sie an, dass Direktor [W.] sie unter einem
aktion beteiligten Schülerinnen der LBA          „Von der Normalschule zur Lehrerbil-             rung reichsdeutscher Schülerinnen in der zu    Zwang gehalten habe und zwar sei ein No-
vor das im Rahmen des „Generalstreiks“           dungsanstalt“ zitierte Bericht beschreibt        einer reichsdeutschen LBA umgestalteten        tizbuch bei ihr gefunden worden, in dem ein
tagende Standgericht oder vor ein Sonder-        mit klaren und deutlichen Worten eine            Normalschule Unwillen und Abneigung bei        Gedicht über die ehemalige Großherzogin
gericht zu stellen. Doch die ausgeführten        vorherrschende politische und ideologi-          den luxemburgischen Lehramtsanwärterin-        mit feindseliger Tendenz gegen die Deut-
Straf- und Erziehungsmaßnahmen lassen            sche Einstellung unter den Lehramtsan-           nen gegen die radikale Germanisierungs-        schen gestanden habe. Dieses Gedicht kön-
erkennen, dass sie einer Strategie unter-        wärterinnen, die für die nationalsozia-          politik verstärkt haben. So kam es trotz       ne ihr sehr gefährlich werden, hat ihr [W.]
lagen, die in ihren wesentlichen Grund-          listische Besatzungsmacht und ihre seit          Androhung von Strafmaßnahmen zu offen          von Anfang gesagt und unter Vorwand,
zügen schon vor dem Ausbruch der Pro-            Herbst 1940 radikal angewandte „Gleich-          ausgetragenen antideutschen Ressenti-          über diese Angelegenheit mit ihr zu spre-
testaktionen an der LBA sowie an anderen         schaltung“ des luxemburgischen Schulwe-          ments, wie etwa beim „Fall Félicie Gloden“.    chen, hat er sie immer wieder, bestimmt 5-6
Sekundarschulen in Luxemburg festge-             sens ein regelrechtes Fiasko darstellt:          Am 8. Januar 1941 bestätigte sie unter Eid     oder auch mehrmals, zu sich bestellt […]“
legt worden war. So erließ der CdZ schon                                                          ihr Verhalten gegenüber drei Mitgliederin-     (AN-Lux, CdZ-A-5169, 0025-0026).
knapp eine Woche vor Beginn der einset-          „Hitlergruß wird kaum erwidert. In den           nen des NS-Frauenwerks Walferdingen:
zenden Schülerstreiks die „Verordnung            Klassen hängen Kruzifixe. Fast alle Mäd-                                                        W. wird seine Versetzung an eine Lehrer-
über die Ertüchtigungslager der Hitler-          chen tragen konfessionelle Abzeichen. Vor        „Als ich gestern, Dienstag, 7. Januar 1941     bildungsanstalt im „Altreich“ beantragen.
Jugend vom 25. August 1942“.                     den Mahlzeiten wird Front gemacht und            während der Pause gegen 4 Uhr 30 in der        Abgelöst wurde er durch den schon er-
                                                 gemeinsam gebetet. Beim Flaggenhissen            ersten Klasse vor dem offenen Fenster          wähnten reichsdeutschen Leiter Brocher.
Worin unter anderem folgendes vermerkt           eisige Gesichter, kaum Mitsingen beim            stand, sah ich drei Damen, die ich als Mit-    Vor dessen Amtszeit gab es also schon eine
wird: „§1. (2) Die Erfassung und Heran-          Deutschland- und Horst-Wessel-Lied. Wei-         glieder der deutschen Frauenschaft ansah,      Reihe politisch motivierter Vorfälle, die
ziehung der Jugendlichen für die Ertüchti-       gerung BdM-Dienst mitzumachen. Fehlen            den Weg entlang kommen […]. Da sagte           sich vor allem durch antideutsche Bekun-
gungslager erfolgt durch die Befehlsstelle       am Mittwoch bei dem BdM-Dienst. […]              ich zu meiner Klassengefährtin Eugenie         dungen charakterisierten.

                                                                                                                                                                 DE WALFER BUET NR. 4 AVRIL 2021
DE WALFER BUET

Als Brocher am 2. September 1942 die
Verweigerung des deutschen Grußes
durch 43 luxemburgische Lehramtsan-
wärterinnen in der LBA Walferdingen
erleben musste, entschied er sich als na-
tionalsozialistischer Schulleiter für die
sofortige Bestrafung der „Gruß“-Verwei-
gerinnen.

„Der Gauleiter hat Ihnen
aus diesem Grund die Erziehungs-
berechtigung über Ihre Tochter
entzogen und der Hitler-Jugend
übertragen. Ihre Tochter wurde
heute einem Erziehungslager der
Hitler-Jugend im Reich zugewiesen.“                                              1
                                                         3
Brocher war sich bewusst, dass der Streik                                                                                  4                 2
der „Walefer Médecher“ nicht eine einzel-
ne, isolierte und spontane Protestaktion
der Lehramtsanwärterinnen gegen die
nationalsozialistische Besatzungspolitik
darstellte. Im Gegenteil, der Streik stell-
te den faktischen Höhepunkt einer Rei-
he anti-deutscher Bekundungen dar, die
sich an der Lehranstalt seit dem Winter
1940/41 zugetragen hatten. Zustande            Politische Versammlung, an der Hauptbannführer Karl Felden (4) und Rolf Karbach (3), der Gebietsführer der HJ Koblenz-Trier, teilnahmen.
kam diese Serie politischer Bekundungen        © ANLux, CdG-028-ph-0001
ausschließlich durch den Mut und Willen
junger Frauen!

Erziehungslager Marienthal

Ein paar Tage nachdem die Luxembur-            So erinnert sich Jeanne Schneider sehr           nach ihrer Rückkehr am 12. Dezember 1942           Jeanne Schneider sowie ihre am Walfer-
ger Schülerinnen und Schüler in die Er-        wohl an die Bastelarbeiten, aber entgegen        in Esch/Alzette statt. Bei der Feier bekamen       dinger Schulstreik beteiligten Schulgefähr-
ziehungslager im „Altreich“ eingewiesen        dem Hauptbannführer der H.J. betont sie          die Eltern „d’Erziehungsberechtigung iwer          tinnen fühlten sich nach Kriegsende vom
worden waren, informierte Hauptbann-           in ihrem Text das Verrichten anstrengen-         eis erem“. So Josette Manternach, die ihren        Luxemburger Staat ungerecht behandelt,
führer Felden ihre Eltern am 7. September      der körperlicher Arbeiten: „Neben den            Bericht mit einer dem patriotischen Zeit-          und dies trotz der offiziellen Verleihung
1942 „von dem Wohlergehen der Jungen           angeführten Beschäftigungen wurden wir           geist der frühen Nachkriegszeit verbunde-          einer „Mention honorifique“ im Jahre 1947
und Mädel“. In der schriftlichen Mittei-       zu schweren Arbeiten gezwungen. Mit der          nen Formulierung abschließt: „Mir hâten            „en raison de leur attitude patriotique
lung versuchte er die besorgten Eltern der     Hacke mussten wir die direkte Umgebung           de’ gro’ss satisfactio’n op der seit vun de mär-   pendant l’occupation ennemie“ (Amtliche
LBA-Schülerinnen von einer pädagogisch         der Ackerbauschule sowie den nahegelege-         tyrer vum streik gestânen ze hun, wann och         Mitteilungen 1947: 8).
vertretbaren Erziehungskultur innerhalb        nen Dernauer Friedhof vom hochgeschos-           a klengem môss“ (Manternach 1946: 26).
des Lagers zu überzeugen: „Die Mädel wer-      senen Unkraut säubern.“ Aber vor allem
                                                                                                                                                     Der 2. Artikel zur Serie „D’Walfer
den für die Dauer ihres Aufenthaltes in        die vom CdZ angestrebte nationalsozialis-        „De’ Walefer Médecher an Déi Nei Zäit“
den Erziehungslagern mit Bastelarbeiten        tische Umerziehung während des dreimo-                                                                Neidierfchen (1940–1945).
beschäftigt. Die Lager haben Auftrag, Kin-     natigen Aufenthalts im Erziehungslager           Jeanne Schneider hingegen schließt ihren             Ein Luxemburger Wohnviertel
derspielzeug herzustellen, das auf den Weih-   wurde von den Walferdingern LBA-Schü-            Bericht mit folgenden verbitterten Worten            während der ‚dunklen Jahre‘
nachtsmärkten der Hitlerjugend in Luxem-       lerinnen abgelehnt, wie Schneider zu be-         ab: „Wir waren damals nicht gefragt von un-          wurde erstmals am 28. August
burg, Esch, Diekirch und Grevenmacher          richten weiß:                                    serm Land für das wir so viel durchgestan-           2020 in der Wochenzeitung
von den Eltern als Weihnachtsgeschenk er-                                                       den hatten“ (Schneider 1993: 103). Diese             d’Lëtzebuerger Land abgedruckt.
worben werden kann“ (AN-Lux, CdG-028,          „‚Schulung‘ im volksdeutschen Sinn muß-          Schlussfolgerung bezieht sie auf ihre Erfah-         Die Nachveröffentlichung des
0067; MnR 2017: 65–28).                        ten wir über uns ergehen lassen – natür-         rungen nach der Rückkehr aus dem Erzie-
                                                                                                                                                     Textes im Walfer Buet erfolgt mit
                                               lich ohne den geringsten Erfolg. Meine           hungslager Marienthal. Nach ihrer Wieder-
Die Eltern, die zu diesem Zeitpunkt we-        diesbezügliche Kritik in einem Brief an          zulassung an der LBA-Feldgen im Februar              freundlicher Genehmigung der
der den Aufenthaltsort ihrer Töchter           meine Mutter bewirkte bei der Lagerleite-        1943 beendete sie ihre Lehramtsstudien. Ein          „Éditions d’Letzeburger Land“.
kannten, noch die Erlaubnis erhielten,         rin eine eisige Kälte. Am Ende der Mahl-         Abschluss, der so nicht nach der Befrei-
mit ihnen zu korrespondieren oder sie          zeit brach der Sturm über mich herein:           ung Luxemburgs im September 1944 vom                 Der nächstfolgende Beitrag wird
zu besuchen, dürften von Feldens schön-        ‚Weißt du, das KZ steht dir offen.‘“ Wie         Luxemburger Staat anerkannt wurde.                   voraussichtlich in der Oktober-
gefärbten Mitteilungen wenig überzeugt         für ihre Schulgefährtinnen beschränkte                                                                ausgabe 2021 des Walfer
gewesen sein. Der Hauptbannführer in-          sich Schneiders Strafaufenthalt im „Alt-         „Unsere Klasse“, so vermerkt Schneider,              Buet erscheinen. Ein ausführ-
formierte in den beiden folgenden Wo-          reich“ nicht auf das Erziehungslager             „ausgerechnet unsere Klasse, musste durch
                                                                                                                                                     liches Quellen- und Literatur-
chen die Eltern zuerst über den genauen        Marienthal: „Die älteren Jahrgänge un-           Beschluss des neugebildeten Luxem-
Standort der Erziehungslager, dann über        serer Klasse wurden im November zum              burger Erziehungsministeriums ein weiteres           verzeichnis zu den drei ersten
das Aufheben der Post- und Besuchssper-        ‚Arbeitsdienst‘ eingezogen. Der kleine Rest      Bildungsjahr absitzen.“ Nach den bestan-             Studien ist ab 1. November 2021
re. Dabei versuchte er, die Eltern weiter-     mußte nach Altenahr in die Jugendher-            denen Abschlussprüfungen kam es für                  online einsehbar unter:
hin von einer allgemein vorherrschenden        berge übersiedeln“ (Schneider 1993: 102).        Schneider bei der „Ausschreibung der frei-           www.Land.lu
guten Stimmung in dem „Mädellager“                                                              en Lehrerinnen-Posten“ zu einer weiteren
zu überzeugen. Feldens Informationen           Nach drei Monaten wurden die „Walefer            Enttäuschung: „Unserem Bewerbungs-
entsprachen natürlich kaum dem von             Médercher“ sowie alle anderen Luxembur-          schreiben wurde im Ministerium eine
den Walferdinger Lehramtsanwärterin-           ger Schülerinnen und Schüler aus den Erzie-      große 0 (Null) aufgedruckt, obschon wir das
nen erlebten Alltag im Erziehungslager         hungslagern „feierlech entlôss“. Diese pro-      Luxemburger Abschlussexamen bestanden
Marienthal.                                    pagandistische Inszenierung des CdZ fand         hatten im Jahre 1945“ (Schneider 1993: 103).

DE WALFER BUET NR. 4 AVRIL 2021
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