Den Lebensraum von morgen gestalten
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Raum/Landschaft 13 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Den Lebens- raum von morgen gestalten Der Kanton Zürich ist ein attraktiver Lebens- und Wirtschaftsraum und möch- te dies auch in Zukunft Freiräume zur Alltagserholung in der Nähe des Wohnumfelds sind wichtig für die Bevölkerung. Aus raumplanerischer Sicht reduzieren sie zudem das Verkehrs- bleiben. Die Raumplanung aufkommen und damit den Ressourcenverbrauch (Im Bild: Allmend Brunau, Zürich). sorgt für einen Ausgleich Quelle: ARE, Kanton Zürich zwischen den zunehmen- den Ansprüchen an den Raum. Neben der Lenkung des Siedlungswachstums Der Kanton Zürich weist eine hohe Raumplanungsbericht 2017 nach innen wird bei stei- Standortattraktivität auf. Ein Teil der Der Regierungsrat erstattet dem Kan- gender Bevölkerungszahl Standortgunst liegt in der effizienten tonsrat alle vier Jahre Bericht über den der Erhalt und der Zugang räumlichen Organisation begründet. Mit Stand der Raumentwicklung im Kanton zu Freiräumen wichtiger. den grossen Zentren, einem Netzwerk Zürich. Der am 27. Juni 2018 publizier- mittelgrosser Städte und kleinerer Ge- te zehnte Raumplanungsbericht widmet Michael Landolt, Raumplaner und Daniela Wegner, Raumplanerin meinden sowie einer gut ausgebauten sich der qualitätsvollen Siedlungsent- Abteilung Raumplanung Infrastruktur verfügt der Kanton über wicklung nach innen. Darüber hinaus Amt für Raumentwicklung ARE ausgezeichnete Voraussetzungen zum beleuchtet er verschiedene Herausfor- Baudirektion, Kanton Zürich Telefon 043 259 39 77 Wohnen und Arbeiten. derungen, welchen sich die Raumpla- michael.landolt@bd.zh.ch nung aktuell zu stellen hat. Der Bericht www.are.zh.ch Mehr als wohnen und arbeiten zeigt anhand von Projekten und Verfah- Der Kanton Zürich ist jedoch nicht nur ren konkrete Lösungsmöglichkeiten in l Artikel «Kanti Uetikon – Provisorium mit Vorbildfunktion», Seite 21 ein Wirtschaftsmotor und ein attrakti- der Raumentwicklung auf. l Veranstaltungen, Seite 45, 47 ver Wohnstandort. Es sind massgeb- lich auch seine intakten Naturräume, Kanton Zürich Regierungsrat Wälder, Seen und Hügellandschaften, Raumplanungsbericht 2017 die seine Lebensqualität ausmachen. RRB Nr. 630/2018, Vorlage 5470 Bericht des Regierungsrates an den Kantonsrat vom 27. Juni 2018 Sie sind wichtige Ökosysteme, die Tie- ren und Pflanzen Lebensraum bieten. Die Naturräume sorgen für den ökologi- schen Ausgleich und dienen der Erho- lung. Teil davon ist das Kulturland, auf welchem unsere Nahrungsmittel ange- baut werden. Wachsende Bevölkerung Die Bevölkerung des Kantons Zürich wächst. Auch dies ist Ausdruck sei- ner Standortattraktivität und Teil sei- nes Erfolgs. Das Wachstum hilft mit, die notwendige Erneuerung des bauli- chen Bestands und der Infrastrukturen voranzubringen. Die Raumplanung ist Der Raumplanungsbericht 2017 durch das Bevölkerungswachstum je- kann per E-Mail an are@bd.zh.ch doch auch gefordert. Ihre Aufgabe be- kostenlos bestellt werden. Quelle: ARE, Kanton Zürich steht darin, vorauszuschauen und die räumliche Entwicklung in eine nach- haltige Richtung zu lenken, damit auch künftige Generationen von der hohen www.umweltschutz.zh.ch/zup
Raum/Landschaft 14 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Standort- und Lebensqualität profitie- Phasen der Siedlungsentwicklung Erholungs-Hotspots ren. Der Erhalt der bestehenden Frei- Freiräume zur Naherholung werden bei räume ist dabei ein entscheidender Er- steigender Bevölkerungszahl wichti- folgsfaktor. ger. Gleichzeitig ist bei stark frequen- tierten Ausflugszielen, sogenannten Innenentwicklung ermöglichen Innen- Erholungs-Hotspots, mit Nutzungs- entwicklung Nur wenn es gelingt, die weitere Zersie- konflikten zu rechnen. Die Naturräume, delung zu begrenzen, können die land- Brachen- in denen sich die Hotspots befinden, schaftlichen Qualitäten des Kantons entwicklung werden durch die grossen Besucher- bewahrt werden. Innenentwicklung vor ströme beeinträchtigt (siehe Beispiel Aussenentwicklung ist deshalb das Siedlungserweiterung Seegräben, Infotext, Seite 15). zentrale Prinzip der kantonalen Raum- ordnungspolitik. Da Industrie- und Gewerbebrachen rar Ihre Siedlungen nach innen zu entwi- werden, verlagert sich das Augenmerk der ckeln, stellt die Städte und Gemeinden Planung zusehends auf die bestehenden Gebietsplanung ausserhalb Wohn-, Misch- und Zentrumszonen. vor grosse Herausforderungen. Um In- Quelle: ARE, Kanton Zürich des Siedlungsraums nenentwicklung zu ermöglichen, müs- Auch weiter weg von den Zentren und sen sie sich intensiv mit dem Bestand ausserhalb des Siedlungsgebiets stel- auseinandersetzen und ihre Entwick- len sich vielfältige planerische Aufga- lungsabsichten formulieren. Eine quali- wirkung aller Anspruchsgruppen sind ben. Ziel ist es, Bauvorhaben ausser- tätsvolle Innenentwicklung erfolgt unter weitere Anstrengungen erforderlich. halb der Bauzonen nicht mehr allein Einbezug von Bevölkerung, Politik und Punktuell sind auch Anpassungen an über Ausnahmeregelungen zu beurtei- Wirtschaft sowie in Abwägung vielfälti- den bestehenden Regulierungen oder – len, sondern aufgrund einer gesamt- ger Interessen. wie im Falle des Mehrwertausgleichge- räumlichen Betrachtung. Die Situati- setzes – neue Instrumente nötig. onsanalyse soll vor dem Hintergrund Bestehenden Werten Sorge tragen der gewünschten räumlichen Entwick- Innenentwicklung gelingt dann, wenn Freiräume – Herausforderung lung in diesem Gebiet erfolgen. Hier bestehende Qualitäten bewahrt und im Siedlungsgebiet könnte das Instrument der Gebietspla- neue geschaffen werden. Die Vielfalt der Eng mit der Siedlungsentwicklung nung, das im Siedlungsgebiet bereits Nutzungen auf engem Raum ist attrak- nach innen verbunden ist die Nach- erfolgreich angewendet wird, wertvolle tiv und spannend, sie kann aber auch frage nach Erholungsräumen. Mit der Dienste leisten. zu Konflikten führen. Informelle und or- steigenden Bevölkerungszahl werden dentliche Planungsverfahren helfen, an die vorhandenen Frei- und Grünflä- Demografische Entwicklung diese Herausforderungen zu bewälti- chen zusätzliche Ansprüche gestellt. und Digitalisierung gen. Innenentwicklung ist anspruchs- Besonders in dicht besiedelten Gebie- Die Bedürfnisse einer älter werden- voll und gelingt nur gemeinsam. ten besteht eine zunehmende Nachfra- den Gesellschaft stellen die Raumpla- Die bestehenden Planungsinstrumente ge nach Freiräumen, die für die alltägli- nung vor neue Herausforderungen. Die reichen in der Regel aus, um die räum- che Erholung und Freizeit zur Verfügung Ansprüche und Anforderungen an den liche Entwicklung zu steuern. Beim Ein- stehen (Foto Seite 16). Wohnraum und das Wohnumfeld än- bezug der Bevölkerung und bei der Mit- dern sich und werden immer vielfälti- ger. Die Ausstattung und Gestaltung Bevölkerungsentwicklung und -prognose von Siedlungen und Wohnquartieren ist im Hinblick auf diese Veränderungen zu 2000 Entwicklung Prognose prüfen und entsprechend anzupassen. 1800 Der technische Fortschritt im Bereich 1600 der Digitalisierung ist ein zweiter wich- 1400 tiger Trend. Die Digitalisierung beein- Bevölkerung 1200 (in 1000) flusst, wie wir uns im Raum bewegen, 1000 ihn nutzen und gestalten. Dank kosten- 800 günstiger Sensoren und deren Vernet- 600 zung ergeben sich neue Möglichkeiten 400 zur effizienteren Steuerung von Versor- 200 gungs- und Verkehrsnetzen, Gebäuden 0 und Siedlungen. Mögliche Effizienz- 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2017 2020 2030 2040 gewinne sind für eine Reduktion des Ressourceneinsatzes und des Flächen- Ländliche Handlungsräume Urbane Handlungsräume Naturlandschaft Urbane Wohnlandschaft bedarfs zu nutzen. Kulturlandschaft Stadtlandschaft Landschaft unter Druck Bis 2040 wird eine Zunahme der Bevölkerung im Kanton Zürich um 23 Prozent erwartet. Städte sowie urbane Wohnlandschaften werden wohl den Grossteil des künftigen Bevöl- kerungswachstums aufnehmen. Quelle: Statistisches Amt, Kanton Zürich www.umweltschutz.zh.ch/zup
Raum/Landschaft 15 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Seegräben liegt idyllisch am Pfäffikersee und zieht Erholungssuchende an. Der Erlebnishof lockt noch mehr Menschen hierher, so dass ein Verkehrskonzept nötig wurde. Quelle: links, Roland zh, WikimediaCommons (CC BY-SA 3.0); rechts, ARE, Kanton Zürich Regionale Vielfalt als Stärke Seegräben: Bedrängter Erholungs-Hotspot wahrnehmen Die Gemeinde Seegräben ist aufgrund zentagen überlastet und in der übrigen Das kantonale Raumordnungskonzept ihrer Lage am Pfäffikersee und wegen Zeit nur teilweise belegt ist. setzt für die verschiedenen Handlungs- des Juckerhofs ein beliebtes Ausflugs- räume unterschiedliche Akzente. Es un- ziel, ein sogenannter Hotspot der Er- Besucherströme lenken terscheidet städtische von eher ländlich holung. So wurde der bereits stark fre- Die Gemeinde Seegräben hat mit dem geprägten Gemeinden, da sie nicht die- quentierte Pfäffikersee-Erholungsraum Juckerhof die Verantwortlichkeiten für selben räumlichen Voraussetzungen in den letzten Jahren von immer mehr die verkehrlichen Massnahmen, ins- und teilweise auch unterschiedliche Be- Menschen besucht. besondere den Verkehrsdienst, in einer dürfnisse haben. Vereinbarung festgehalten. Das Ver- Den beschriebenen Herausforderungen Besucherverhalten erheben kehrskonzept zur Bewältigung des müssen sich jedoch alle Zürcher Ge- Ein Nutzungskonzept kann potenzielle Ausflugsverkehrs wurde in den letzten meinden stellen: Das Prinzip der Innen- Konflikte entflechten. Als Grundlage Jahren laufend angepasst. In Abspra- vor Aussenentwicklung, der Umgang dafür untersuchten die Gemeinde See- che mit der Kantonspolizei und dem mit den Nichtbauzonen, der demogra- gräben, die Jucker Farm AG, die Hoch- kantonalen Tiefbauamt wird an Spit- fische Wandel und die Digitalisierung schule für Technik Rapperswil sowie zentagen (Sonntage im Herbst mit sind Themen, die alle angehen. das Amt für Raumentwicklung 2015 schönem Wetter) der Dorfkern abge- Neben den mit der Planung befassten das Verhalten von 2200 Besucherinnen sperrt, der Verkehr umgeleitet und die Behörden von Kanton, Regionen und und Besuchern. Sie kommen vor allem Zufahrt nur noch für Anwohnerinnen Gemeinden sind insbesondere die Wirt- nach Seegräben, um zu «wandern und und Anwohner ermöglicht. Der Jucker- schaft und die Bevölkerung wichtige sich zu erholen» sowie um den Jucker- hof betreibt an einigen Tagen im Herbst Akteure bei der Gestaltung der räumli- hof zu besuchen. einen Shuttlebus, der zwischen dem chen Entwicklung. Als Querschnitt- und Die meisten befragten Personen stam- Bahnhof Aathal und dem Gemeinde- Gemeinschaftsaufgabe ist die Raum- men aus der näheren Umgebung (An- haus zirkuliert. Die Situation hat sich planung auf den Austausch und die fahrtsweg von maximal 30 Minuten mit dadurch verbessert. Ein erweitertes Zusammenarbeit mit allen Anspruchs- dem Auto). Über 70 Prozent der Besu- Angebot an öffentlichem Verkehr oder gruppen angewiesen. Die Verfahren der cher benutzen zur Anreise das Auto. eine Verbesserung der Parkplatzsitu- Raumplanung sind bedarfsorientiert Der grösste Teil davon parkiert auf dem ation in Seegräben werden im Projekt weiterzuentwickeln. Sie fördern den Gemeindeparkplatz in Seegräben, der «Mobilität + Umwelt Pfäffikersee» unter Einbezug aller Interessen und ermögli- im Frühsommer und im Herbst an Spit- Federführung des Amts für Verkehr un- chen einen fairen und transparenten In- tersucht. teressenausgleich und Umgang mitein- ander. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Raum/Landschaft 16 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Freiräume im Wohnumfeld schaffen Wo Siedlungen verdichtet werden, Augenmerk auf Erholung am Badegästen und Booten setzt dies steigt das Bedürfnis nach Erholungs- Wasser die Gewässer einem hohen Nutzungs- räumen. Wesentliche Faktoren für Die Gewässer im städtischen Raum druck aus. attraktive Erholungsräume sind die sind einem besonderen Freizeitdruck Im urbanen Raum gibt es jedoch auch Landschaftsqualität, die Nutzbarkeit, ausgesetzt. Sie werden durch die Er- Beispiele von sanfteren Formen der die Erreichbarkeit, die Zugänglichkeit holungssuchenden weitaus am stärks- Erholung am Wasser. Die Stadt Uster und die infrastrukturelle Ausstattung. ten und meisten genutzt: einerseits um hat für die Neugestaltung des Parks sportliche Aktivitäten auszuüben, an- am Aabach eine Gebietsentwicklung Druck auf Naturräume steigt derseits auch um die landschaftlichen durchgeführt, die als wegweisend in Ausserhalb der Bauzonen ist eine stei- Qualitäten der Gewässer mit ihren diesem Bereich gelten kann. Solche gende Anzahl unterschiedlicher Frei- Uferbereichen zu geniessen. An und in Planungen mit Fokus auf die Alltags- zeitbeschäftigungen festzustellen, die Gewässern wie zum Beispiel dem Zü- erholung sind zu unterstützen, da sie mit den bestehenden Nutzungen im richsee oder der Limmat werden ver- aufzeigen, wie sich Schutz und Nut- Siedlungsgebiet oftmals nicht verein- mehrt Infrastrukturen bereitgestellt. Im zung durch gute Planung sinnvoll mit- bar sind (Modell- und Drohnenflugplät- Zusammenspiel mit den zahlreichen einander verbinden lassen. ze, Hundeschulen, Reitanlagen sowie Infrastrukturen für Open-Air-Veranstal- tungen etc.). Für typische Outdoor-Ak- tivitäten wie wandern oder baden lässt sich ein steigender Bedarf nach entsprechenden Infrastrukturen in der offenen Landschaft beobachten (Park- plätze, öffentliche Toiletten und Bike- trails etc.). Durch die besser ausgebauten Infra- strukturangebote sind wiederum grös- sere Besucherströme zu erwarten. Kon- flikte mit der Land- und Forstwirtschaft sowie dem Natur- und Landschafts- schutz sind praktisch unvermeidbar (siehe Infotext «Erholungs-Hotspots» Seite 14). Um den Erholungsdruck auf die landschaftlich sensibleren Gebiete senken zu können und um nicht wei- tere Erholungs-Hotspots in der Land- schaft zu erzeugen, braucht es deshalb auch attraktive Freiflächen in dichter besiedelten Gebieten oder in deren un- mittelbarer Nähe. Naturerlebnis im Siedlungsgebiet ermöglichen Siedlungsnahe und siedlungsinte- grierte Freiräume entstehen oft zufällig. Sie sind meist nicht spezifisch auf die Erholungsnutzung ausgerichtet, bieten aber das Potenzial dazu. Siedlungs- integrierte Grünräume mildern zudem den Wärmeinseleffekt in städtischen Gebieten. Eine Leistung, die im Hin- blick auf die zu erwartenden Klimaver- änderungen noch wichtiger wird. Bei siedlungsnahen Freiräumen handelt es sich aber nicht nur um Grünräume, sondern auch um versiegelte Flächen. Gerade in urbanen Gebieten sind Plät- In dicht besiedelten Gebieten braucht es Erholungsräume, ze, wenig befahrene Strassenräume die für die alltägliche Erholung zur Verfügung stehen. oder ehemals für anderweitige Zwecke Dabei muss es sich nicht zwingend um reine Grünräume handeln. Quelle: ARE, Kanton Zürich genutzte Areale sehr wichtig für die Freizeitgestaltung der Bevölkerung. Bei entsprechender visueller und auditiver Gestaltung tragen diese Freiräume we- sentlich zur Siedlungsqualität bei. www.umweltschutz.zh.ch/zup
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