Können Vitamin-D3-Verbindungen den Ausbruch von Typ-1-Diabetes stoppen?

 
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Können Vitamin-D3-Verbindungen den Ausbruch von Typ-1-Diabetes stoppen?
Können Vitamin-D3-Verbindungen
den Ausbruch von
Typ-1-Diabetes stoppen?

Die im menschlichen Organismus
aktive Form von Vitamin D3 beein-
flusst verschiedene Mechanismen
des Immunsystems wie die Pro-
duktion von Botenstoffen oder die
Ausbildung bestimmter signal-
gebender oder -empfangender
Moleküle auf der Oberfläche von
Zellen, die für zelluläre Wechsel-
wirkungen bedeutsam sind. Daher
wird die Substanz auch schon
erfolgreich zur Behandlung der
Schuppenflechte, einer Autoimmun-
erkrankung der Haut, eingesetzt.
Könnten Vitamin-D3-Verbindungen
auch zur Behandlung der Auto-
immunerkrankung Typ-1-Diabetes
eingesetzt werden? Die tier-
experimentellen Daten sind viel
versprechend.
Können Vitamin-D3-Verbindungen den Ausbruch von Typ-1-Diabetes stoppen?
Eher ein Hormon als ein                  Es gibt mehrere Formen von Vitamin D: D1, D2,
Vitamin: Vitamin D3                      D3 und D4. Wichtig für den Menschen ist Vitamin
                                         D3. Bei gesunden weißen Erwachsenen reicht in
                         unseren Breitengraden im Sommer schon eine 10- bis 15-
                         minütige Einwirkung von Sonnenlicht auf Gesicht, Hände und
                         Arme zwei- bis dreimal mal pro Woche an einem klaren Tag, da-
                         mit der Körper genügend Vitamin D3 bilden kann [1]. Die UVB-
                         Strahlung der Wellenlänge von 290–315 nm1 ermöglicht in der
                         Haut die photochemische Bildung von Prävitamin D3 aus der
                         Provitamin-Vorstufe 7-Dehydrocholesterin. Dehydrocholeste-
                         rin wiederum entsteht in der Leber durch Dehydrierung aus
                         Cholesterin. Aus dem Prävitamin D3 wird dann im Verlaufe
                         von zwei bis drei Tagen durch eine thermisch induzierte Isome-
                         risierung Vitamin D3 (Cholecalciferol), wofür keine Einwirkung
                         von Sonnenlicht mehr erforderlich ist. In der Leber bzw. der
                         Niere wird Vitamin D3 dann enzymatisch zum hochwirksamen
                         1,25-Dihydroxycholecalciferol, auch als 1,25-Dihydroxy-Vita-
                         min D3 (1,25(OH)2D3, siehe Abb. 1) bezeichnet, umgewandelt.
                         1,25-Dihydroxy-Vitamin D3 ist die eigentliche Wirkform im
                         menschlichen Organismus [1, 2].
                         Ein Vitamin im eigentliche Sinne, also eine lebensnotwendige
                         Verbindung, die vom Körper nicht selbst erzeugt, sondern mit
                         der Nahrung zugeführt werden muss, ist Vitamin D3 daher
                         nicht, da alle Reaktionen zur Bildung von D3 bei ausreichender
                         UVB-Einstrahlung im Körper des Menschen ablaufen können.
                         D3 kann aber durchaus die Bedeutung eines Vitamins für Men-
                         schen haben, die nicht genug Sonnenlicht bekommen. Dazu
                         zählen Personen,
                         ❚ die sich viel im Haus aufhalten,
                         ❚ bei denen der normale Prozess der Vitamin-D3-Bildung ge-
                             stört ist,
                         ❚ die eine höhere Hautpigmentierung aufweisen (dunkle
                             Hautfarbe),
                         ❚ die in Gegenden höherer Breitengrade mit geringer Son-
                             neneinstrahlung leben, aber auch
                         ❚ die über 70 Jahre alt sind und bei denen die Fähigkeit zur Bil-
                             dung von D3 in der Hautepidermis bis um das Zweifache her-
                             abgesetzt sein kann [3].

1    Strahlung dieser Wellenlänge verursacht
     auch die gefährlichen Sonnenbrände und
     im Übermaß Hautkrebs.

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ABBILDUNG 1: Struktur von 1,25-Dihydroxy-Vitamin D3
(1,25(OH)2D3). Die hochwirksame Verbindung wird vom Körper
in Leber und Niere enzymatisch aus dem in der Haut durch eine
photochemische Reaktion gebildeten Vitamin D3 hergestellt. Vi-
tamin-D3-Kristalle sind in der polarisationsmikroskopischen                                                 OH
Aufnahme von Beat Ernst auf Seite 29 zu sehen.

                                                                 HO                OH

                  Vitamin-D-Verbindungen sind fettlösliche Verbindungen. D3
                  findet man daher hauptsächlich in Fetten und Ölen tierischen
                  Ursprungs, wie in Butter, Eigelb, Käse, Milch, Schweineleber,
                  Speisepilzen, oder in Ölen von Seefischen, wie im berühmt
                  berüchtigten Lebertran. Die chemische Struktur der Vitamin-
                  D-Verbindungen ähnelt den Steroiden. Und wie die meisten
                  Steroidverbindungen haben auch sie im Säugetierorganismus
                  Hormonwirkung. 1,25(OH)2D3 hat folgende Wirkungen mit
                  Hormoncharakter:
                  ❚ Es fördert die Resorption von Ca2+-Ionen im Darm.
                  ❚ Es sorgt für die Rückresorption von Ca2+-Ionen in der Niere.
                  ❚ Es mobilisiert Kalzium aus den Knochen und setzt dadurch
                      Knochenumbauprozesse in Gang. Es sorgt aber auch für Kal-
                      zium- und Phosphataufnahme in Knochen, die von Rachitis
                      und Osteoporose betroffen sind [2].
                  ❚ Es beeinflusst die Regulierung des Immunsystems.
                  Diese Wirkungen entfaltet die Substanz über Bindung an einen
                  Rezeptor an der Oberfläche der Membran der Zellkerne, dem
                  sog. Vitamin-D-Rezeptor. Vitamin-D3-Mangel führt zu Rachi-
                  tis. Überdosierung führt zu Störungen des Kalzium- und Phos-
                  phatstoffwechsels mit Verkalkung verschiedener Gewebe wie
                  Nieren, Lungen, Arterien, Lymphknoten oder der Muskelschicht
                  des Herzens und Entzug von Kalzium aus den Knochen. Der täg-
                  liche Bedarf an Vitamin D3 liegt bei 0,02 mg für Erwachsene und
                  bei 0,1 mg während des Wachstums [4, 5].

                                                          Typ-1-Diabetes: Therapie mit Vitamin-D3-Analoga   31
Ein immunregulatorischer       Der Vitamin-D-Rezeptor (VDR) gehört zu einer
Zellkernrezeptor               Familie von Zellkernrezeptoren. Die genetische
                               Information, der Bauplan für diesen Rezeptor,
                 befindet sich auf Chromsom 12 (siehe Abb. 2) und kann zwi-
                 schen verschiedenen Individuen beträchtliche Unterschiede,
                 sog. Polymorphismen aufweisen. Wie Pani und Chang berichte-
                 ten, sind bestimmte VDR-Gen-Polymorphismen mit Typ-1-
                 Diabetes assoziiert [6, 7].
                 Aktiviert werden diese VDRs, wenn bestimmte Botenstoffe, sog.
                 Liganden andocken. Diese Ligandenfunktion können neben Vi-
                 tamin-D-Verbindungen auch Steroidhormone, Schilddrüsen-
                 hormone oder Vitamin-A1-Säure ausüben. Durch Bindung an
                 den Rezeptor regulieren diese Liganden den Kalzium- und
                 Phosphat- und damit den Knochenstoffwechsel und kontrollie-
                 ren Zellvermehrung und -differenzierung. Dies geschieht durch
                 Beeinflussung der Eiweißsynthese bestimmter Botenstoffe.
                 VDRs sind darüber hinaus jedoch nicht nur in Zellen zu finden,
                 die am Kalzium- und Knochenstoffwechsel beteiligt sind, son-
                 dern auch in Zellen des Immunsystems. Sie wirken immunre-
                 gulatorisch.
                 Wird ein VDR durch Bindung eines Liganden aktiviert, so ent-
                               faltet er seine Wirkung als Transkriptionsfaktor.
                               Das heißt, er bindet an spezifische Stellen der
                               DNS (Desoxyribonukleinsäure), der Erbinfor-
                               mation im Zellkern, und initiiert die Eiweißsyn-
                               these bestimmter Botenstoffe. Das Vorhanden-
                               sein dieser VDRs in den meisten Zellen des
                               Immunsystems, vor allem in antigenpräsentie-
                               renden Zellen (APC) wie in Makrophagen und
                               dendritischen Zellen (DC), aber auch in CD4+-
                               und CD8+-T-Lymphozyten, führte zur Untersu-
                               chung des Potenzials von 1,25(OH)2D3 als im-
                               munmodulatorischem Arzneimittel, um jene Re-
                               aktionen des Immunsystems zu beeinflussen, die
                               durch T-Lymphozyten (im Folgenden verein-
                               facht als T-Zellen bezeichnet) vermittelt werden.

ABBILDUNG 2: Modell vom Chromosomenpaar 12.
Auf diesen Chromosomen befindet sich der Bauplan
für den Vitamin-D-Rezeptor. Einzelne Genvarianten
(Polymorphismen) des Vitamin-Rezeptor-Gens wur-
den bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen mit der
Entwicklung eines Typ-1-Diabetes in Verbindung ge-
bracht.

32
Ein Mausmodell für Diabetes

Die NOD-Maus (von engl.: nonobese diabetic mouse) ist              stört, so werden Bestandteile und Inhaltsstoffe dieser -
ein ideales experimentelles Modell zur Erforschung neuer           Zellen freigesetzt, wie Proinsulin, GAD (von engl.: glutamic
Therapiestrategien zur Behandlung des autoimmunen Dia-             acid decarboxylase) und IA-2 (Tyrosinphosphatase-ähnli-
betes, denn sie entwickelt aufgrund ihrer genetischen Ver-         ches Molekül), die nun aus den ursprünglichen Zellen frei-
anlagung zu einer krankhaften Regulierung von Th1-Lym-             gesetzt als Antigene wirken und von APC den T-Lympho-
phozyten spontan Typ-1-Diabetes (T1D). Der Krankheits-             zyten präsentiert werden. Antikörper gegen Bestandteile
verlauf ähnelt dem der menschlichen T1D-Erkrankung.                der -Zellen des Pankreas werden gebildet, die diese zer-
Viele der im Folgenden erläuterterten Erkenntnisse über die        stören.
Wechselwirkungen von schützenden und zerstörerischen               Regulatorische Mechanismen dagegen, welche die patho-
Zellen bei der Entwicklung des Krankheitsbildes autoim-            gene Aktivität von Th1-Lymphozyten in Schach halten wür-
muner T1D stammen aus Untersuchungen an der NOD-                   den, sind bei der NOD-Maus außer Gefecht gesetzt. Dazu
Maus (siehe Abb. 3):                                               zählen:
Die Schlüsselrolle bei der Entstehung eines T1D spielt die         ❚ die Hemmung der IL-12-Produktion dendritischer Zel-
Aktivierung pathogener T-Lymphozyten, welche die insulin-              len durch Freisetzen des Gegenspielers IL-10 durch
produzierenden -Zellen des Pankreas zerstören können.                 Th2-Zellen,
Dazu zählen u. a. CD8+-T-Lymphozyten und Makrophagen,              ❚ die Herunterregulierung der Th1-Zellpopulation durch
die durch Interleukin-12-(IL-12)abhängige Th1-Lympho-                  direkten Zell-Zell-Kontakt von Th1-Zellen und regulato-
zyten reguliert werden.                                                rischen CD4+CD25+-T-Zellen sowie
Antigenpräsentierende Zellen (APC) und besonders den-              ❚ die Wirkung von entsprechenden Botenstoffen, die von
dritische Zellen und Makrophagen produzieren dann nach                 sog. natürlichen Killerzellen produziert werden [10].
Aktivierung durch verschiedene Stimuli bakteriellen oder
viralen Ursprungs verschiedene
Botenstoffe (Zytokine) mit ge-
gensätzlichen Effekten wie IL-12                             IL-12
und Interleukin-10 (IL-10).                                                                             zytotoxischer
                                                                                                        T-Lymphozyt
Überwiegt die Bildung von IL-12
                                                                                      IL-2
werden bevorzugt Th1-Lympho-
                                                                                           IFN-                       Toxine
zyten gebildet. Th1-Lymphozy-                                CD40
                                                                    CD154
ten wiederum kurbeln die IL-12-               antigen-                         Th-1        TFN-
Produktion durch dendritische                 präsentierende
                                              Zelle                                                      -Zelle des Pankreas
Zellen an. Das entsprechende                                 MHC                           IFN-
                                                                     TCR
Signal wird durch Bindung des
Moleküls CD154 auf der Ober-                                              IL-10            IFN-

fläche von Th1-Lymphozyten an                                                                                         Zytokine, Toxine
                                                           CD152
das Empfängermolekül CD40                                                       Th-2
auf der Oberfläche von den-
                                                     CD4+CD25+
dritischen Zellen vermittelt. Th1-
                                        CD25
Lymphozyten produzieren darü-                                         natürliche
                                                                                                       Makrophage

ber hinaus große Mengen des                                           Killer-
                                                                      zelle          TCR
Botenstoffes Interferon- (IFN-
), welcher die durch IL-12 indu-
zierte Th1-Lymphozytenentwick-
lung vervielfacht. Weiterhin kann IFN- Makrophagen dazu           ABBILDUNG 3: Schematische Darstellung der In-
anregen, zytotoxisch wirksam zu werden und für -Zellen            teraktionen verschiedener Immunzellen bei der
des Pankreas toxische Botenstoffe abzugeben. IFN- und             Entwicklung eines Typ-1-Diabetes. Modifizierte
IL-2 stimulieren darüber hinaus zytotoxische CD8+-Zellen,          Abbildung aus [10]. Bedeutung der Abkürzungen
die weitere für die -Zellen toxische Botenstoffe abgeben.         im Text und Glossar auf S. 36. (Quelle: L. Adorini,
Th1-Lymphozyten können auch direkt die -Zellen schädi-            BioXell, Mailand.)
gen, indem sie Zytokine wie IFN- freisetzen.
Werden die insulinproduzierenden -Zellen des Pankreas
durch diese verschiedenen sog. Effektormechanismen zer-

                                                                        Typ-1-Diabetes: Therapie mit Vitamin-D3-Analoga                  33
Die immunregulatorischen Eigenschaften von 1,25(OH)2D3
               werden derzeit klinisch sogar schon für die Behandlung einer
               Th1-Zell-vermittelten Autoimmunerkrankung der Haut, für die
               Therapie der Schuppenflechte, genutzt [8].

Typ-1-Diabetes              Das in nördlichen Breitengraden häufigere Auftre-
und 1,25(OH)2D3-Ver-        ten von Typ-1-Diabetes (T1D) als in südlicheren
bindungen                   sonnigeren Gefilden legt eine mögliche Beteiligung
                            eines 1,25(OH)2D3-Mangels bei der Entstehung ei-
               nes T1D nahe. Diese Annahme wird durch eine auf großen Be-
               völkerungsgruppen basierende Fall-Kontroll-Studie gestützt,
               die zeigte, dass die Vitamin-D-Zuführung in früher Kindheit
               nicht nur zur Vorbeugung einer Rachitis, sondern auch zu einer
               signifikanten Senkung des Risikos der Erkrankung an T1D führ-
               te [9]. Umfangreiche Untersuchungen über die Beeinflussung
               von T1D durch 1,25(OH)2D3 und analoge Verbindungen wur-
               den daher in jüngster Vergangenheit an NOD-Mäusen durchge-
               führt, einem tierexperimentellen Modell für T1D (siehe Kasten
               auf S. 33).

Wie greift 1,25(OH)2D3    Die aktive Form von Vitamin D3 im Körper,
in die Regulierung der    1,25(OH)2D3, und auch analoge Verbindungen
Immunantwort ein?         können die Immunantwort durch verschiedene
                          Mechanismen in sekundären lymphoiden Organen
               und in von autoimmunen Zerstörungsprozessen betroffenen
               Geweben beeinflussen (siehe Abb. 4).

               Wirkung auf Th1-Zellen in lymphoiden Organen
               In sekundären Lymphorganen hemmen die Verbindungen die
               Produktion des Botenstoffes Interleukin-12 (IL-12) und stimu-
               lieren die Produktion des Botenstoffes Interleukin-10 (IL-10).
               IL-10 blockiert die Entwicklung von Th1-Helferzellen. Darüber
               hinaus üben 1,25(OH)2D3 und analoge Verbindungen Th1-Zell-
               hemmende Wirkungen auch durch:
               ❚ die Herunterregulierung der Bildung von sog. kostimulie-
                   renden Molekülen (CD40, CD80, CD8) durch dendritische
                   Zellen sowie
               ❚ die Bildung von CD4+CD25+-regulatorischen T-Zellen und
                   Th2-Zellen aus.
               1,25(OH)2D3 hat auch direkte Effekte auf T-Zellen, indem es die
               Interleukin-2- und die Interferon--Produktion hemmt. Inter-

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sekundäre Iymphoide Organe                                                         betroffenes Gewebe

                                      1,25 (OH)2D3

            IL-12

                                                                                                      zytotoxische
                                                                                                      T-Zelle        Zielzelle
                    CD40
  dendritische                                               1,25 (OH)2D3
                    CD154                       IL-2                                        IL-2
     Zelle        MHC           CD4
                    TCR                                                            Th 1
             CD80/CD86
                       CD28
                                      IFN-                                 Th 1          IFN-
                     IL-10                                                                             Makrophage
                                                       Th1
  1,25 (OH)2D3               IFN-            Th1
                                                                                             IL-4
                                                                              IL-10
                                                       Th1
                                              Th1                                         Th 2
            Makrophage                                                                                       1,25 (OH)2D3

                                        +      +
                                   CD4 CD25
                                 regulatorische Zellen
    1,25 (OH)2D3

ABBILDUNG 4: 1,25(OH)2D3 und seine Analoga kön-                   rote abgestumpfte Pfeile Hemmung. Modifizierte Ab-
nen die Immunantwort durch verschiedene Mecha-                    bildung aus [11]. Bedeutung der Abkürzungen im Text
nismen in sekundären Lymphorganen und in Zielge-                  und Glossar auf S. 36. (Quelle: L. Adorini, BioXell,
weben beeinflussen. Gestrichelte Pfeile bedeuten                  Mailand.)
Zytotoxizität, grüne Peile symbolisieren Stimulierung,

                    leukin-2 (IL-2) wird von aktivierten T-Zellen gebildet und wirkt
                    gleichzeitig als T-Zell-Wachstumsfaktor, der die Vermehrung
                    von T-Zellen stimuliert. IL-2 steigert auch die Vermehrung von
                    antikörperbildenden B-Lympozyten und wirkt stimulierend auf
                    zytotoxische Makrophagen und zytotoxische T-Zellen.

                    Herunterregelung von Th1-Zellen im betroffenen Gewebe
                    In von autoimmunen Zerstörungsprozessen betroffenen Gewe-
                    ben, in denen pathogen-wirksame Th1-Zellen die Bildung ge-
                    webezerstörender (zytotoxischer) T-Zellen und aktivierter
                    Makrophagen bewirken, können 1,25(OH)2D3 und analoge Ver-
                    bindungen die Anzahl der Th1-Zellen herunterregeln. Des Wei-
                    teren regen sie die Bildung von CD4+CD25+-regulatorischen T-
                    Zellen und Th2-Zellen an, die ihrerseits wiederum hemmend
                    auf Th1-Zellen wirken [10].

                                                                    Typ-1-Diabetes: Therapie mit Vitamin-D3-Analoga          35
Glossar

     Antigenpräsentierende Zellen (APC): werden von T-              phozyten ohne Einfluss durch Antigene. Die Bildung
         Lymphozyten benötigt, um mittels ihrer T-Zell-Rezep-       von Lymphozyten erfolgt hier aus Stammzellen.
         toren (TCR) Antigen zu erkennen. APC sind z. B. den-    Sekundäre lymphoide Organe: dienen der Produktion
         dritische Zellen, Makrophagen, Kupffersche Zellen          von Lymphozyten unter dem Einfluss von Antigenen.
         oder B-Lymphozyten. Sie kommen über Endozytose             Es werden Gedächtniszellen und Effektorzellen der
         oder Infektion mit einem Erreger in Kontakt mit dem        zellulären Immunantwort, d. h. antikörperproduzie-
         Antigen. Das Antigeneiweiß wird dann im Inneren der        rende B-Lymphozyten und T-Lymphozyten, gebildet.
         APC in kleinere Bruchstücke von nur wenigen Ami-           Zu den sekundären lymphoiden Organen zählen beim
         nosäuren zerlegt. Diese werden dann an spezialisierte      Menschen Milz, Lymphknoten, Mandeln und das dar-
         Moleküle gebunden und so auf der Oberfläche der            massoziierte lymphoide System.
         APC den T-Lymphozyten präsentiert.                      Regulatorische T-Lymphozyten: haben einen hem-
     Dendritische Zellen (DC): dienen der Antigenpräsen-            menden Einfluss auf Ausbildung und Ablauf der Immu-
         tation (siehe APC) und produzieren darüber hinaus          nantwort. Sie spielen eine große Rolle bei der Auf-
         Botenstoffe wie Interleukin-12, die T-Lymphozyten          rechterhaltung der Toleranz von Immunzellen gegenü-
         aktivieren. Sie werden aus Knochenmarkstammzellen          ber körpereigenen Strukturen.
         gebildet und wandern in die Haut und lymphatische       MHC: steht für Haupthistokompatibilitätskomplex von
         Organe ein.                                                engl.: major histocompatibility complex. Es ist eine
     Effektor-T-Lymphozyten: werden nach Antigenkontakt             Gengruppe, deren Genprodukte Zellmembranproteine
         gebildet, haben zytotoxische Aktivität (Killerzellen)      sind, die die Aktivität von T-Lymphozyten steuern. T-
         und sorgen so für die zelluläre Immunabwehr.               Lymphozyten können Fremdantigene nur mit Hilfe von
     Primäre lymphoide Organe: wie beim Menschen der                MHC-Molekülen erkennen.
         Thymus steuern die Entwicklung von B- und T-Lym-

Erste Erfolge bei diabeti-            Eine kurze Behandlung von NOD-Mäusen mit
schen NOD-Mäusen                      Vitamin-D3-Verbindungen in nichthyperkalzä-
                                      mischen Dosen ergab eine Hemmung der IL-12-
                      und der IFN--Produktion sowie eine Hemmung der Einwan-
                      derung von Th1-Zellen in die Bauchspeicheldrüse [10]. Ferner
                      konnte in verschiedenen tierexperimentellen Studien gezeigt
                      werden, dass 1,25(OH)2D3 nicht nur präventiv den Ausbruch
                      eines autoimmunen Diabetes verhindert, sondern auch das
                      Fortschreiten der Erkrankung behindert. Bei NOD-Mäusen
                      konnten transplantierte Pankreasinseln unter Behandlung mit
                      1,25(OH)2D3 ihre Funktion als Insulinproduzenten für eine
                      längere Zeit aufnehmen.
                      Da bei anhaltender systemischer Verabreichung von 1,25
                      (OH)2D3 die Gefahr der Entwicklung einer Hyperkalzämie
                      bestehen kann, wurden verschiedene 1,25(OH)2D3-Analoga
                      entwickelt, die sich in tierexperimentellen Modellen von Auto-
                      immunerkrankungen als effektiv erwiesen, ohne eine Hyper-
                      kalzämie hervorzurufen. Die Substanz, deren Struktur in Abb. 5
                      gezeigt ist, weist z. B. im Tierexperiment nicht nur eine erhöhte

36
ABBILDUNG 5: Struktur einer von 1,25(OH)2D3- abgeleiteten
Verbindung: BXL-698. Die Verbindung zeigte im Tierversuch im                                                                             OH
                                                                                                                                   F3C        CF3
Vergleich zu 1,25(OH)2D3 eine 100fach höhere Fähigkeit zur Im-
munsuppression.

                                                                                                   HO                         OH

                  metabolische Stabilität, sondern auch eine 100fach höhere
                  Fähigkeit zur Immunsuppression im Vergleich zu 1,25(OH)2D3
                  auf – ein erster Schritt in Richtung Entwicklung einer Vitamin-
                  D3-Verbindung als wirksames Instrument zur Behandlung von
                  T1D.

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