Der Ackermann des Johannes von Tepl - Claudia Ebner Matr. Nr. 9812944
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1 Claudia Ebner Matr. Nr. 9812944 Der Ackermann des Johannes von Tepl Projektstudie Literarische Sterbekultur des Mittelalters Ao. Univ.-Prof. Dr. Wernfried Hofmeister Sommersemester 2004
2 Inhalt 1. Der Ackermann des Johannes von Tepl............................................................3 2. Inhalt und Aufbau des Textes............................................................................5 3. Todesdiskurs an der Zeitenwende.....................................................................7 4. Gegenwartsbezüge.............................................................................................9 4.1. Trauerarbeit / Trauerbewältigung..............................................................9 4.2. Der prozessierte Tod...............................................................................11 4.3. Euthanasie – Konzept des ‚guten’ Todes................................................12 5. Schlusswort. Dem Tod ein Schnippchen schlagen?........................................15 6. Literatur und Internetquellen...........................................................................16 7. Links................................................................................................................17 8 Anhang.............................................................................................................18
3 1. Der Ackermann des Johannes von Tepl1 Der Ackermann, auch bekannt als Der Ackermann und der Tod oder Der Ackermann aus Böhmen, ist nicht nur das berühmteste Werk des Johannes von Tepl, sondern gilt als ein Schlüsselwerk des Todesdiskurses im Übergang vom Spätmittelalter in die frühe Neuzeit. Der Ackermann zählt damit zu den bedeutendsten Prosadichtungen seiner Zeit und berührt noch heute die LeserInnen unmittelbar. Die Frage nach dem Tod ist zeitlos. So lassen sich thematisch, wie im Folgenden noch zu sehen sein wird, durchaus Gegenwartsbezüge herstellen. Der Ackermann ist um 1400/1401 entstanden, in frühneuhochdeutscher Sprache verfasst und hat ein Streitgespräch zwischen dem Ackermann, einem böhmischen Bauern, und dem personifizierten Tod zum Inhalt. Anlass des Streits ist der (zu) frühe Tod des Ackermanns Frau. Weitere im Text enthaltene Diskussionspunkte sind Fragen innerweltlichen Glücks, der Sinn des Lebens sowie des Todes generell, außerdem menschliche Trauerbewältigung. Über den Autors des Buches wissen wir mehr als über die meisten Autoren älterer Literatur: Johannes von Tepl wird zwischen 1342 und 1350 geboren. In Urkunden erscheint er als Johannes de Tepla oder Johannes (Henslini) de Sitbor, auch Johannes von Saaz. Tepl in Nordböhmen ist vermutlich der Geburtsort des Autors oder der seines beruflichen Anfangs, Šitboř in Böhmens Westen ist der Wirkungsort des Vaters, der dort bis 1374 eine Pfarre besitzt. In manchen Urkunden trägt Johannes einen Magistertitel – ein Hinweis auf seine Bildung. Der Magistertitel zeigt, dass er mindestens ein Studium der Artes Liberales (Trivium und Quadrivium) absolviert hat, vielleicht sogar an der 1348 von Kaiser Karl IV. (Carolus Quartus) gegründeten Prager Uni - der ersten des deutschen Reiches2. Ein Aufbaustudium der Jurisprudenz an einer anderen Universität – etwa in Bologna, Padua oder Paris – könnte sich angeschlossen haben. Nach dem Studium ist Johannes von Tepl möglicherweise bereits ab 1373, spätestens aber seit 1383 in Saaz als öffentlicher Notar (notarius civitatis) tätig. Seit 1 Vgl. Christian Kiening: Schwierige Modernität. Der >Ackermann< des Johannes von Tepl und die Ambiguität historischen Wandels. Tübingen: Niemeyer 1998.(= Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters. 113.); Christian Kiening: Nachwort. In: Johannes von Tepl: Der Ackermann. Frühneuhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Hg., übersetzt und kommentiert von Christian Kiening. Stuttgart: Reclam 2000. (= Universal-Bibliothek. 18075.), S. 159-179; www.ub.uni- heidelberg.de/helios/fachinfo/www/kunst/digi/henfflin/cpg76.html 2 Prag ist unter Karl IV. Residenzstadt.
4 1386 ist er zudem als Leiter der örtlichen Lateinschule (rector scholarium) bezeugt. Beide Tätigkeiten übt er über mehrere Jahrzehnte aus. Die oberhalb der Eger gelegene Stadt Saaz wird damit die Hauptwirkungsstätte für Johannes von Tepl. In dem seit 1383 von ihm geführten Saazer Stadtbuch finden sich Abschriften von lateinischen Originalbriefen und –urkunden, die zum Teil eigenhändig von ihm stammen könnten. Als kaiserlicher Notar, Rektor und Stadtschreiber zählt Johannes von Tepl zur städtischen Elite. Er nimmt an Gerichtssitzungen teil und ist an der Abfassung aller Urkunden der Stadt Saaz beteiligt. Die hohe Zahl an Informationen, die wir über Johannes von Tepl besitzen, hängt wesentlich mit seiner beruflichen Stellung zusammen. In seiner Funktion als höherer städtischer Verwaltungsbeamter besetzt er eine Schnittstelle zwischen verschiedenen klerikalen und laikalen Institutionen der Region. Es liegt nahe, dass ihm das Tschechische ebenso geläufig ist wie das Deutsche und Lateinische. Johannes von Tepl ist belesen und besitzt selbst Handschriften. Dichten ist für ihn wohl kaum mehr als eine Nebenbeschäftigung. Über den Ackermann hinaus scheint er keine weiteren Werke in der Volkssprache verfasst zu haben. Das überlieferte literarische Werk Johannes’ von Tepl umfasst neben der Ackermann-Dichtung noch vier Formelbücher, außerdem zehn Verse im St.-Hieronymus-Officium. 1404 stiftet er für die St. Niklas-Kirche in Eger, die 1401 einen neuen Hieronymus-Altar errichtet hatte, ein Officium zum Lob des Heiligen. Die Eingangsminiatur der prächtig illuminierten Handschrift, die sich heute im Nationalmuseum in Prag befindet, zeigt Johannes als Stifter vor Hieronymus in der üblichen unterwürfigen Pose. Seine einflussreiche Position erlaubt es Johannes von Tepl, Haus- und Grundbesitz zu erwerben, sich in Kapitalgeschäften zu betätigen oder mit Wein, Bier und Met zu handeln. Von König Wenzel, dem Sohn und Nachfolger Karls IV., wird ihm zusätzlich das Privileg verliehen, an Markttagen einen Silbergroschen als Zins von den Schlächtern zu erheben. Zu relativem Vermögen gekommen lebt er seit 1411 als Stadtschreiber (Pronotar) in Prag. Nach einer schweren Erkrankung 1413 stirbt Johannes von Tepl um 1414 und hinterlässt wohl fünf Kinder und seine Witwe Clara, die, wenn man den Inhalt des Ackermanns biographisch deuten will, seine zweite Frau gewesen sein muss. Im Ackermann-Text wird der Tod der Frau Margaretha / Margret mit 1. August 1400 datiert (XIV, 14-21). Es ist allerdings äußerst umstritten, ob es sich beim Ackermann um die Verarbeitung von selbst Erlebtem oder eher um eine rhetorisch-kunstfertige Stilübung handelt.
5 Der Ackermann ist in sechzehn sowohl fragmentarischen als auch vollständigen Handschriften (A-Q)3 überliefert, die hauptsächlich aus dem oberdeutschen Sprachraum stammen. Außerdem existieren siebzehn Drucke. Die Überlieferung ist erst seit der 2. Hälfte des 15. Jh.s erhalten (älteste Hs. A von 1449) und läuft Mitte des 16. Jh.s aus. 2. Inhalt und Aufbau des Textes Der Ackermann ist konzipiert als dialogisches Streitgespräch zwischen einem Mann, dessen Frau soeben im Kindbett gestorben ist und der sich selbst als Ackermann bezeichnet, und dem Tod, der vom Ackermann quasi „verklagt“ wird. In 32 rhetorisch ausgefeilten Kapiteln geht die Argumentation zwischen Kläger und Angeklagtem hin und her. Kläger und Tod sprechen jeweils alternierend. Der Streit endet mit einem Urteilspruch Gottes im 33. Kapitel, dem ein umfangreiches Fürbitten-Gebet des Ackermanns für das Seelenheil seiner verstorbenen Frau angeschlossen ist. Im Prolog werden Ablauf und Inhalt der folgenden Streitrede erklärt. Der Dialog beginnt mit wüster, emphatischer Beschimpfung und dreimaliger Verfluchung des Todes von Seiten des Ackermanns: „Grymmyger tilger aller landt, schedlicher ächter aller welte, frayssmer mörder aller lewte, jr Todt, euch sey verfluchet!4“ Der Kläger scheint mit seinem anfänglichen Gestus einen mittelalterlichen Mord- und Raubprozess einzuleiten, doch seine Anklage ist ungeordnet und muss erst in den folgenden Reden um die entscheidenden Fakten ergänzt werden. Den mittelalterlichen Tod- und Jenseitsvorstellungen gemäß wird der Tod als von Gott erschaffen gedacht („Gott, ewer tremer“5). Der Tod bezeichnet sich im Text selbst als „gottes hant“6. So fordert der Ackermann auch Gottes Entschädigung und Rache am Tod: 3 Vgl. Gerhard Hahn: Der Ackermann aus Böhmen des Johannes von Tepl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1984. (= Erträge der Forschung. 215.) S. 10. 4 Johannes von Tepl: Der Ackermann. Frühneuhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Hg., übersetzt und kommentiert von Christian Kiening. Stuttgart: Reclam 2000. (= Universal-Bibliothek. 18075.), S. 6. In weiterer Folge zitiert als: Ackermann. 5 Ebd. 6 Ebd. S. 32.
6 „ergecze mich vngehewers verlusts, michels schadens, vnseligs trubsals vnde jemerliches waysentums! Dobey gerich mich an dem erczschalcke Tod, gott, aller vntat gerecher!“7 Der Tod, in mehreren Illustrationen als Knochenmann dargestellt, tritt im zweiten Kapitel erstmals auf. Gleich zu Beginn gibt er die geringen Erfolgsaussichten des Ackermanns zu bedenken: „Doch trewens, fluchens, zettergeschreyes, hendewendens vnd aller ankreutung sey wir allen enden vncz her wol genesen.“8 Und „Wene nicht, das du vnnser herlich vnde gewaltig macht ymmer mugest geswechen.“9 Der Tod, der von sich selbst im Pluralis Majestatis spricht, gesteht allerdings ein, „lewten leydes genuglich“10 zugefügt zu haben. Er fordert den Kläger auf, sich zu erkennen zu geben, worauf sich der Ackermann wie folgt charakterisiert: „Jch bins genant ein ackerman, von vogelwat ist meyn pflug,jch wone jn Beheymer lande.“11 An den strafprozessartigen Einstieg anschließend bekundet der Ackermann: „jr hapt vnwiderbringelich rawb an mir getan.“12 Der Tod, der sich quasi als Naturgewalt empfindet, will daraufhin sein gerechtes Urteil und Handeln argumentativ beweisen: Er sei unbestechlich, verschone weder Adel, Können, Schönheit oder Jugend. „Wir tun als die sunn, die scheint vber gut vnd vber bose. Wir nehmen gut vnde bose jn vnser gewalt.“13 Er rät dem Ackermann lapidar, sich eine neue Frau zu suchen. Während der Ackermann am Sinn des Todes und der Sterblichkeit überhaupt zweifelt, appelliert der Tod an die „vernunfft“14 des Ackermanns und beschwört eine Welt ohne Tod - heillos überbevölkert und im ewigen Kampf um die zu knappe Nahrung. Der Streit wird durch den Urteilsspruch Gottes als höchster richterlicher Instanz beendet: „Darvmb clager, hab ere, Tot,syge!“15 Man könnte die Figur des Ackermanns als eine Art „Anti-Orpheus“ deuten. Orpheus, dessen Frau Eurydike just am Hochzeitstag an einem Schlangenbiss stirbt, steigt in der griechischen Mythologie in die Unterwelt hinab, um sie zurückzuholen. Während Orpheus durch seinen Gesang die Götter der Unterwelt (Hades und Persephone) zu Tränen rührt und dadurch seine verstorbene Frau Eurydike zurückbekommt, kann der Ackermann beim Tod weder Gefühle wecken noch ihn durch Argumentation zur Rückgabe der Verstorbenen bewegen. Allerdings ist auch Orpheus’ Glück von kurzer Dauer: Er kann die Bedingung, sich nicht nach der hinter 7 Ackermann. S. 26. 8 Ebd. S. 8. 9 Ebd. 10 Ebd. 11 Ebd. 12 Ebd. S. 9. 13 Ebd. S. 14. 14 Ebd. S. 18. 15 Ebd. S. 74.
7 ihm gehenden Geliebten umzublicken, bis sie die Oberwelt erreicht haben, nicht erfüllen und die Hand des Todes umhüllt Eurydike diesmal endgültig. 3. Todesdiskurs an der Zeitenwende Der Ackermann ist ein Schlüsseltext des klassischen Todesdiskurses, der zugleich im Schnittbereich der Geistesströmungen steht. Zum einen ist er Zeitzeuge der heraufglänzenden Renaissance und löst sich von zu starker Einfügung in ein christliches Weltbild, zum anderen ist auch letzteres noch präsent. Die Argumente, die im Zusammenhang mit der Todesthematik vorgebracht werden, die stilistischen und rhetorischen Mittel, stammen aus dem gelehrten Mittelalter. Im dialogischen Widerstreit vertritt, oberflächlich betrachtet, der Ackermann die frühhumanistische Renaissance, der Tod das Mittelalter – dies allerdings nicht ohne (von Seiten des Autors dialektisch beabsichtigte?) Widersprüche. Der Tod wird als von Gott eingesetzte „Naturgewalt“ charakterisiert, die mit dem Sündenfall Adams und Evas im Paradies in die Welt gekommen sei. Diese Auffassung ist eng verknüpft mit mittelalterlichen Tod- und Jenseitsvorstellungen. Der Tod tritt als arroganter, jedoch gelehrter Schulmeister auf und vertritt ein misogynes Weltbild. Man könnte dies als eine Reaktion auf die gesteigerte Frauen- und Marienverehrung des Spätmittelalters verstehen. Solch frauenfeindliche Texte besitzen leider durchaus literarische Tradition. Der Ackermann wendet sich gegen den paradiesischen Ursprung des Todes und dadurch quasi gegen die Sterblichkeit schlechthin. Er versteht den Menschen im Gegensatz zum Tod als Krone der Schöpfung, ist ein Lebensbejaher und scheint mit beiden Beinen im Diesseits zu stehen – humanistische Tendenzen. Andererseits beschwört der Ackermann in seiner letzten Rede die Phantasie eines für alle Ewigkeit in der Hölle schmorenden Todes. Der Ackermann akzeptiert anfangs das in Aussicht gestellte und für den mittelalterlichen Menschen so bedeutsame Seelenheil seiner Gattin nicht, er stellt auch keine „vanitas“- Betrachtungen an, sondern will hier auf Erden und zu diesem Zeitpunkt mit seiner Frau glücklich sein. Der Ackermann vertritt damit ein nicht mehr ganz im Mittelalter verhaftetes diesseitsorientiertes Weltbild. Dennoch schließt der Text mit einem Gebet des Ackermanns für das Seelenheil seiner Frau.
8 Um die Bedeutung des Seelenheils für den mittelalterlichen Menschen hervorzuheben, möchte ich näher auf das Jenseitsverständnis des Mittelalters16 eingehen. Tod und Jenseits sind zentrale Themen im mittelalterlichen Denken. Der mittelalterliche Mensch lebt vollkommen jenseitsorientiert - nicht zuletzt auch deshalb, weil der Tod realiter ständig präsent ist: So liegt die durchschnittliche Lebenserwartung u. a. aufgrund von unzureichenden hygienischen Verhältnissen und kaum vorhandener medizinischer Versorgung bei etwa 35 Jahren. Die Annahme eines Jüngsten Gerichts am Ende aller Zeiten gipfelt in einer von Seiten des Klerus häufig geschürten Angst vor dem schlimmsten der Fälle, nämlich nach dem Tod in die Hölle zu kommen,. So findet man Mittel und Wege, zu Lebzeiten Vorsorge für das Seelenheil im Jenseits zu treffen. Denn nach dem Tod – so die Überzeugung – kann man selbst nichts mehr zur eigenen Erlösung beitragen. Die Scholastik, besonders Thomas von Aquin (+1274)17, vertritt die Auffassung, die Kirche besitze aus dem Wirken Christi und der Heiligen einen unausschöpfbaren Schatz (thesaurus ecclesiae), aus dem sie Gläubigen für eine Gegenleistung einen Bonus für das Jenseits zur Verfügung stellen können. Jener ist auf verschiedenste Weise zu erlangen. Zum einen hält man sich an die Bibel, d. h. an den Glauben an Gott sowie daran, Gutes zu tun und dem Bösen nicht anheim zu fallen. Auch Almosen für die Bedürftigen gelten als der Erlösung förderlich. Letzteres sieht in der Praxis so aus, dass man der Kirche Geldspenden zukommen lässt oder sie nach dem Ableben zum Miterben macht, da sie die Armenfürsorge zu ihren Aufgaben zählt und sich quasi als Treuhänderin empfindet. Daraus entwickelt sich der sogenannte Ablasshandel. Die Gläubigen können nun durch Geld (Stiftungen, Almosen) oder gemeinnützige Werke wie die Teilnahme an einem Kreuzzug oder einen Beitrag zum Kirchenbau Vergebung von ihren Sünden erlangen, natürlich unter Voraussetzung „ehrlicher“ Reue. Wenn man sich mit finanziellen Mitteln einen Schatz im Himmel anlegt, schafft man sich nach mittelalterlicher Terminologie ‚seelgerät‘, also gleichsam einen Vorrat für die Seele. Man ist jedoch selbst nach dem eigenen Ableben noch nicht vollkommen verloren, so werden auch Messen bzw. - wie im Ackermann - Fürbitten für das Seelenheil der Verstorbenen von immenser Wichtigkeit. Obwohl Johannes von Tepl durchgängig mit der Präsenz Gottes operiert, vermeidet er Argumente, die den Trauerschmerz im Blick auf die christliche Heilsgeschichte aufheben würden. Auch die traditionelle Begründung des Todes als Strafe einer sündigen und 16 Vgl. Peter Jezler: Jenseitsmodelle und Jenseitsvorsorge – Eine Einführung. In: Himmel. Hölle. Fegefeuer. Das Jenseits im Mittelalter. Hrsg. von der Gesellschaft für das Schweizerische Landesmuseum. 2., durchgesehene Auflage. München: Fink: 1994, S. 13 – 26. In weiterer Folge zitiert als: Jenseitsmodelle. 17 Vgl. Wilhelm Volkert: Adel bis Zunft. Ein Lexikon des Mittelalters. München: Beck 1991, S. 11.
9 gefallenen Menschheit fehlt fast zur Gänze – ein weiterer Ausblick in ein neues geistiges Zeitalter. 4. Gegenwartsbezüge 4.1. Trauerarbeit / Trauerbewältigung Wir Mitglieder der westlichen, kapitalistisch geprägten Gesellschaften leben in einer Zeit, wo der Tod uns zwar tagtäglich in den Medien begegnet, anders als im Mittelalter im täglichen Leben jedoch ganz und gar nicht omnipräsent ist. Das liegt wohl einerseits an der durch rasenden medizinischen Fortschritt im Vergleich zum Mittelalter immens gesteigerten Lebenserwartung – ein heute geborenes Mädchen hat kann mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von etwa 100 Jahren rechnen – in Kombination mit einem Leben in Wohlstand und der Abnahme extrem jenseitsgeprägter religiöser Denkmodelle. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Thema Tod an Furcht oder Unverständlichkeit eingebüßt hat. Der Tod ist für uns „moderne“ Menschen allerdings in eine gewisse Ferne gerückt bzw. von uns gerückt und verdrängt worden. Da wir nicht mehr ständig von Tod umgeben sind, wollen / können wir uns vielfach auch im Falle seines tatsächlichen Eintritts in unserem engeren Umfeld nicht mit ihm konfrontieren. Einem diskreten Tod folgen diskrete Todesanzeige und Trauerfeier, vor allem aber diskrete Trauer. Offizielle Staatstrauer beschränkt sich, übertrieben formuliert, auf eine einzige Schweigeminute. Nicht nur vergessen ist das früher selbstverständliche Trauerjahr, sondern geradezu unmöglich: Bereits Tage nach einem Todesfall sogar im engsten Familienkreis muss das Berufs- und Alltagsleben quasi „in alter Frische“ wieder aufgenommen werden können. Wer länger als einige Wochen trauert, erntet bereits Unverständnis. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass Schlagwörter wie Trauerbewältigung und Trauerarbeit in den letzten Jahren immer präsenter geworden sind. Es gibt neben anderen Anlaufstellen (z. B. Telefonseelsorge) bereits seit längerer Zeit eigene Selbsthilfegruppen für trauernde Angehörige, außerdem ein breites Spektrum an diesbezüglicher „Ratgeber“- Literatur. Sieht man sich, z. B. im Internet, ein wenig um, wird man bald feststellen, dass Trauer – einem gewissen psychologischen Common Sense nach zu urteilen – in mehreren,
10 meist vier, Phasen18 zu bewältigen ist: Die erste Phase ist gekennzeichnet durch Nicht- Wahrhaben-Wollen, Verleugnung und Schock. In der zweiten Phase brechen die Gefühle auf Wir haben die Hoffnung aufgegeben und verspüren den vollen Schmerz und die Verzweiflung. (...) Wir glauben, nie mehr wieder glücklich sein zu können. Wir hadern mit dem Schicksal, ‚womit wir das verdient haben’. (...) Unsere Gedanken kreisen ununterbrochen darum, was wir nie mehr gemeinsam mit dem verstorbenen Menschen erleben können. Das Leben draußen erscheint uns wie ein Film, an dem wir nicht mehr teilhaben können. Diese Phase ist die schmerzlichste und schwierigste Phase in der Trauerbewältigung.19 In der dritten Phase kommt es zu einer langsamen Neuorientierung. Trauer und Hadern lassen langsam nach und sind nicht mehr so intensiv. In dieser regressiven Phase zieht sich die / der Trauernde auf sich selbst zurück. Die vierte Phase der Trauer schließt schlussendlich die Akzeptanz des Verlustes mit ein. „Die / der Trauernde hat den Verlust akzeptiert, ohne dass der Verstorbene vergessen wäre.“20 Der Ackermann-Text, unter dem Aspekt der Trauerbewältigung gelesen, erweist sich als äußerst aufschlussreich. Im Laufe des Gesprächs scheint der Ackermann mehrere der oben skizzierten Phasen der Trauer zu durchlaufen: Der Ackermann, in seiner Todesanklage anfänglich äußerst emotional und emphatisch, schreit seinen Zeter „mit gewundenen henden“21. Bereits an diesem Trauergestus des Händeringens ist die starke Betroffenheit des Ackermanns zu erkennen. Zu Beginn des Textes spricht der Ackermann von „vnwiderbringelich rawb“22. Er sieht also von Anfang an die Unwiederbringlichkeit der Toten ein, will diese Tatsache jedoch nicht wahrhaben und fordert dennoch ihre Rückkehr. Dies könnte auf die erste Phase der Trauer hinweisen. Der Ackermann beschreibt überhöht das „frewdenreiche“23 Leben an der Seite seiner verstorbenen Ehefrau und glaubt, nie wieder glücklich sein zu können: „Bey trubem getranck, auff durrem ast, betrubett, swarcz vnd zurstort bleyb vnd hewl an vnterlaß!“24 oder „Zwar trauren soll ich ymmer, empflogen ist mir meyn erentreicher valcke, mein tugenthafftige fraw.“25 – Symptome der zweiten Trauerphase. Im Fortschreiten des Dialoges verlagert sich das Gespräch zwischen Ackermann und Tod immer mehr auf allgemeine Themen des Lebens und des Todes. Es scheint aber erst das Urteil 18 Vgl. www.palverlag.de/Trauerarbeit.html; http://praxis11.de/trauer_trauerarbeit/trauerarbeit.htm; www.ausgang-und-ende.de 19 www.palverlag.de/Trauerarbeit.html 20 http://praxis11.de/trauer_trauerarbeit/trauerarbeit.htm 21 Ackermann S. 6. 22 Ebd. S. 9. 23 Ebd. S. 10. 24 Ebd. 25 Ebd. S. 16.
11 Gottes zu sein, das den Ackermann schlussendlich begreifen und akzeptieren lässt, dass seine Frau wirklich tot ist. Dafür spricht auch das Fürbittengebet, das den Text abrundet. Im Gebet wird Gott unter anderem als „trauerenwenter“26 angerufen. In mittelalterlicher Manier bittet der Ackermann für das Seelenheil seiner Frau Margaretha und hat damit jegliche Rückgabeforderungen aufgegeben, ohne die Tote jedoch zu vergessen: „Ist sie mir leiplichen tot, in meyner gedechtnüß lept sie mir doch ymmer.“27 4.2. Der prozessierte Tod „Ey Gott, aller betrubten herczen troster, trost mich vnd ergecze mich armen, betrubten, ellenden, selbsiczenden man!“28 Der Ackermann klagt den Tod nicht nur des Raubes, Mordes und Ehebruchs („herre Tot, aller e brecher“29) an, sondern fordert bei Gott als Richter Entschädigung für seinen Verlust – die Schadenersatzforderung des Ackermanns verhallt unerfüllt. Auch heute wird dem Tod immer wieder der Prozess gemacht, wobei kaum hinterfragt wird, inwiefern Geld den eigenen bevorstehenden Tod oder den Verlust eines geliebten Menschen aufwiegen kann. Nichtsdestotrotz hat es sich vor allem in den USA durch ein Rechtssystem, das Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe erlaubt, etabliert, eine finanzielle Entschädigung für den Tod auf juristischem Weg zu erstreiten. Man denke nur an die Sammelklagen von durch jahrzehntelangen Tabakkonsum schwer erkrankten RaucherInnen gegen Tabakfirmen. Obwohl in diesen jahredauernden Gerichtsstreits das letzte Urteil noch nicht gefällt ist, scheint der Tod wie im Ackermann-Text den Sieg davon zu tragen. Im Mai 2003 hat ein Berufungsgericht in Florida hat eine Sammelklage im Milliardenumfang gegen die amerikanische Tabakindustrie verworfen und ihr damit einen großen juristischen Sieg beschert30. Das Gericht wies damit ein Urteil von Juli 2000 zurück. Darin waren die fünf größten Tabakkonzerne der Vereinigten Staaten zu einer Strafe von 145 Milliarden Dollar (etwa 125 Milliarden Euro) Strafe verurteilt worden. Die Kläger hatten Schmerzensgeld für 300.000 bis 700.000 Raucher geltend gemacht. 26 Ackermann S. 78. 27 Ebd. S.50. 28 Ebd. S. 30. 29 Ebd. S. 26. 30 Quelle: dpa, Reuters.
12 Auch in Europa klagen RaucherInnen Tabakfirmen, die Schadenssummen sind aber im Vergleich mit den USA äußerst gering. Ein Beispiel für den prozessierten Tod aus Österreich ist der Kaprun-Prozess. Seit dem Seilbahnunglück von Kaprun gibt es in Österreich nicht nur für die Verletzten/Geschädigten selbst, sondern auch für Angehörigen Schmerzensgeld. „Die Generali hat pro Hinterbliebenen damals 7200 Euro angeboten. Nun sind die Gerichte am Zug und müssen entscheiden, was ein Menschenleben wert ist: die angebotenen 7200 Euro oder gar das Vierfache.“31 Die Tendenz zu Schmerzensgeldprozessen (v. a. nach Verkehrsunfällen) ist im allgemeinen auch in Österreich stark steigend.32 Frappant sind dabei die juristischen Termini. So spricht man vom finanziell zu bemessenden „Trauerschaden“33 oder „Trauergeld“34 als „Ersatz von Seelenschmerz“35. Ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit: Im Vorjahr wurden einem Mann, dem am Arbeitsplatz der Tod seiner Frau und seiner zwei Kinder mitgeteilt wurde und der seither Frühpensionist ist, 65.000 Euro an Trauergeld zugesprochen. 4.3. Euthanasie – Konzept des ‚guten’ Todes36 Der Begriff der ‚Euthanasie’ hat im Laufe der Jahrhunderte einen massiven Bedeutungswandel - vom geschätzten und erstrebten Philosophentod bis hin zur heute eher negativ konnotierten Sterbehilfe - erfahren. Auch im Ackermann-Text taucht die Frage nach dem „guten Tod“ auf. Um diese Textstelle geistesgeschichtlich besser einordnen zu können, möchte ich ihr einen kurzen geschichtlichen Abriss über die Euthanasie als Konzept des „guten Todes“ vorausschicken und damit auch den LeserInnen in Erinnerung rufen, dass die Vorstellung eines „guten Todes“ keine fixe, sondern eine sich ständig wandelnde ist. ‚Euthanasie’ wird heute meist mit ‚Sterbehilfe’ gleichgesetzt. Wörtlich bedeutet der aus dem Altgriechischen stammende Begriff jedoch ‚guter Tod’. Etwa im 5. Jh. v. Chr. ist die erste Verwendung für das Adverb ‚euthanatos’ bei dem griechischen Schriftsteller Kratinos belegt, neben Aristophanes einer der bekanntesten attischen Komödiendichter. Das Substantiv 31 Claudia Ruff: Schmerzensgeld nimmt stark zu. In: Der Standard (22./23. Mai 2004). 32 Ebd. 33 Ebd. 34 Ebd. 35 Ebd. 36 Vgl. Andreas Frewer: Geschichte und Ethik der Euthanasie: Der „gute Tod“ und die Aufgaben der Medizin. In: Brandenburgisches Ärzteblatt (12/2001) bzw. www.aeksh.de/shae/200207/h027058a.html
13 ‚euthanasia’ wurde möglicherweise erstmalig durch den Poeten Poseidippos (um 300 v. Chr.) verwendet. Bei ihm heißt es: „Von dem, was von den Göttern ein Mensch zu erlangen fleht, wünscht er nichts Besseres als den guten Tod.“37 Euthanasie als Inbegriff des ‚guten Todes’ bedeutet allerdings nicht wie heute die letale Erlösung nach langer, schwerer, unheilbarer Krankheit, sondern das Gegenteil. Der ‚gute Tod’ der griechisch-römischen Antike ist der ‚leichte Tod’ ohne vorangegangene Krankheit, z. T. wird dies auch mit dem ‚autothanatos’, dem Freitod als Selbsttötung assoziiert. Neben den Dichtern wird der Begriff mit positiver Konnotation auch durch die Philosophen weiter verbreitet. Bei Cicero treffen wir in der Korrespondenz mit seinem Freund Atticus auf den Begriff ‚euthanasia’ im Sinne eines ehrenhaften und würdevollen Tod des Geistesmenschen. Klassische Vorbilder eines - wenn auch tragischen, so doch würdevollen - Philosophentodes waren die Suizide des Sokrates (399 v. Chr.) und des Seneca (65 n. Chr.). Bei Seneca spielte in Person des Freundes und Leibarztes Statius Annaeus auch die Medizin eine Rolle; nachdem der stoische Denker - ebenso wie Sokrates primär aus politischen Gründen in den Tod getrieben - ein Gift genommen hatte, sich das Ende aber noch nicht einstellte, war es der Arzt, der durch ein warmes Bad und die Eröffnung von Blutgefäßen das Sterben beschleunigt haben soll. Das antike Verständnis von Euthanasie als einem ‚guten Tod’ ist insgesamt sehr vielschichtig und umfasst die folgenden Konzepte: Den ‚leichten’ Tod ohne vorhergehende Krankheit, den würdevollen Tod im Sinne des tugendhaften Weisen bzw. eines idealisierten Philosophen- Todes sowie den schnellen Tod, entweder schmerzlos oder auch ehrenhaft im Krieg. Darüber hinaus lassen sich Belege finden, die einen Tod aus der Situation eines übervollen Lebensgenusses oder eines ‚rechtzeitigen’ im Sinne eines ‚frühzeitigen’ Todes (auch in der Jugend) mit dem Begriff der Euthanasie belegten. Aktive Sterbehilfe von Seiten eines Arztes ist die Ausnahme. Der Suizid, das Freiwillig-aus-dem-Leben-gehen (sponte ex vita exire) wurde nicht selten geschätzt Das Wissen um die Sterblichkeit (memento mori!) und die Todesverachtung (contemne mortem!) prägten die geistesgeschichtliche Konzeption eines gelingenden Sterbens. Am Ende der Antike übernimmt Jesus als „Christus medicus“ die Rolle des göttlichen, wundertuenden und todesmächtigen Arztes. Kerngehalt christlicher Lehre ist die Überzeugung, dass das Leben von Gott stamme und es dem Menschen nicht erlaubt sei, über Geburt und Tod zu entscheiden. Dies führt zur Ablehnung von Sterbehilfe oder Euthanasie im 37 Frewer.
14 antiken Sinne und auch zur Ächtung des Suizids als Sünde. Gleichermaßen einflussreich ist das christliche Verständnis für die Sozialethik: Die Prinzipien „misericordia“ und „caritas“ werden für humanes Handeln entscheidend. Krankheit, Schmerz und Leid wie auch Tod sind gottgewollte Prüfungen. Die europäische Heilkunde des Mittelalters ist überwiegend von christlichen Wertvorstellungen zum Sterben geprägt. Die Diätetik als „Lebenskunst“ (ars vivendi) korrespondiert mit der Sterbekunst. Zu dieser „ars moriendi“ entwickelt sich eine eigene Literaturgattung. Traktate und Anleitungen für Priester, Angehörige und Ärzte sollen den Menschen rechtzeitig auf das Sterben vorbereiten, da - im Gegensatz zur Antike - zu den am weitesten verbreiteten Ängsten ein plötzlicher unvorbereiteter Tod zählt. Eines der wichtigsten Sterbebücher des Spätmittelalters, das in etwa zeitgleich zum Ackermann entstandene Opus tripartitum de praeceptis decalogi, de confessione et de arte moriendi (1408) stammt von Johannes Charlier (1363 - 1429). Im letzten Teil des Werks wird der Mensch zur Sterbekunst ermahnt; er soll sich der Allmacht Gottes unterwerfen, nach der alle Menschen sterben müssen. Mit dieser Position endet schließlich auch der Ackermann- Text. Gott selbst ist es, der im vorletzten Kapitel mahnt: „Der clager claget sein verlust, als obe sie sein erbrecht were; er wenet nicht, das sie von vns were verlyhen. (...) Yeder mensch dem tode das leben, den leyp der erden, die sele vns pflichtig ist zu geben.“38 Obwohl dieser Schluss geprägt ist durch oben beschriebene mittelalterliche Vorstellungen von Leben und Tod, beruft sich der personifizierte Tod im Text immer wieder auf antike Philosophen. Des Ackermanns Frau sei die Güte und das Glück erwiesen worden, in ihren besten Tagen, in bester Achtung zu sterben. „Das haben gelopt, das haben begert alle weissagen, wann sie sprachent: am besten zu sterben, wann am besten zu leben. Er ist nit wol gestorben, wer sterbens het begert. Er hat zu lange gelebt, wer vns vmb sterben hat angeruffet.“39 Der Begriff der Euthanasie, wie bereits skizziert, bis heute einem steten Bedeutungswandel unterworfen. Das Verhältnis zur Euthanasie ist im 20. Jh. schwierig geworden – nicht zuletzt durch den Mord an Kindern, Kranken und Behinderten im Dritten Reich unter dem Deckmantel der Euthanasie. Seit den 1980er Jahren, nach einer Zeit der Verdrängung und Tabuisierung dieses Themas, ist die Euthanasie-Diskussion im Sinne von aktiver bzw. passiver Sterbehilfe wieder aufgeflammt. Allerdings wird es nicht leicht sein, diesbezüglich allgemein akzeptierte Entscheidungen zu treffen. Denn wenn es um uns selbst geht, ist in unserem heutigen Bewusstsein der einzig ‚gute’ Tod der abwesende Tod. 38 Ackermann S. 74. 39 Ebd. 28.
15 5. Schlusswort. Dem Tod ein Schnippchen schlagen? „Die erczt, die den lewten das leben lengen, müssen vns zu teyl werden; würcz, krawt, salben vnd llerlay appoteckenpuluere konnen sie nicht gehelffen.“40 So spricht der Tod zum Ackermann. Allerdings hat man es bis heute nicht aufgegeben, dem Tod „ein Schnippchen zu schlagen“, indem man durch Medizin (Antibiotika, Transplantationschirurgie...) und Technik den Tod nicht nur hinauszögert, sondern bereits Verstorbene mitunter auch einfriert – in der Hoffnung, sie eines Tages wieder zum Leben erwecken zu können. Während der Ackermann diesbezüglich auf eventuelles Wohlwollen Gottes und des Todes angewiesen wäre, vertrauen wir auf die Wissenschaft und unser eigenes ständig wachsendes Wissen. Einen Versuch, dem Tod nicht nur zu entgehen, sondern auch „ewige Jugend“ zu erlangen, stellt Klonen dar – der Mensch als sein eigenes Ersatzteillager. Bereits heute sind wir der ewigen Jugend einen bedeutenden Schritt näher gekommen: durch Schönheitschirurgie und Kosmetikindustrie ist es möglich, beinahe faltenlos zu altern. 40 Ackermann S. 14.
16 6. Literatur und Internetquellen Frewer, Andreas: Geschichte und Ethik der Euthanasie: Der „gute Tod“ und die Aufgaben der Medizin. In: Brandenburgisches Ärzteblatt (12/2001) bzw. www.aeksh.de/shae/200207/h027058a.html Hahn, Gerhard: Der Ackermann aus Böhmen des Johannes von Tepl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1984. (= Erträge der Forschung. 215.) Jezler, Peter: Jenseitsmodelle und Jenseitsvorsorge – Eine Einführung. In: Himmel. Hölle. Fegefeuer. Das Jenseits im Mittelalter. Hrsg. von der Gesellschaft für das Schweizerische Landesmuseum. 2., durchgesehene Auflage. München: Fink: 1994, S. 13 – 26. Kiening, Christian: Schwierige Modernität. Der >Ackermann< des Johannes von Tepl und die Ambiguität historischen Wandels. Tübingen: Niemeyer 1998.(= Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters. 113.) Ruff, Claudia: Schmerzensgeld nimmt stark zu. In: Der Standard (22./23. Mai 2004). Tepl, Johannes von: Der Ackermann. Frühneuhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Hg., übersetzt und kommentiert von Christian Kiening. Stuttgart: Reclam 2000. (= Universal-Bibliothek. 18075.) Volkert, Wilhelm: Adel bis Zunft. Ein Lexikon des Mittelalters. München: Beck 1991. http://praxis11.de/trauer_trauerarbeit/trauerarbeit.htm www.palverlag.de/Trauerarbeit.html www.ausgang-und-ende.de www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fachinfo/www/kunst/digi/henfflin/cpg76.html
17 7. Links www.fh-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/15Jh/Tepl/tep_tod.html Hier findet sich neben dem gesamten Ackermann-Text online außerdem eine mit Illustrationen bebilderte Einführung. www.nd.edu/~gantho/anth354-532/Ackermann492-507.html Dieser Link führt ebenfalls zum Ackermann-Text, nebst englischer Einleitung sowie Illustrationen. http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cpg76 Online-Faksimile der um 1470 entstandenen Ackermann-Ausgabe aus der Stuttgarter Werkstatt Ludwig Henfflins (Cod. Pal. germ. 76) http://streiter-art.de/ackermann_2/main.htm?nr=01 Der Ackermann und der Tod – von einem heutigen Zeitgenossen illustriert. Dieser Link führt zu den Ackermann-Radierungen des Künstlers Bernd Streiter von 1994. www.radio.cz/de/artikel/36653 Das Werk Johannes’ von Tepl wurde auch vertont. 2003 fand in der Prager Staatsoper die Weltpremiere der Kammeroper Orac a smrt (Der Ackermann und der Tod) des tschechischen Jazzmusikers und Komponisten Emil Viklicky statt. Der Link enthält ein Kurzinterview sowie Infos zur Oper. www.stuttgart-rot.de/Detailseiten/Gemeinde/denkmale_in_rot.htm#Der%20Ackermann Ein Ackermann-Denkmal von 1995
18 8. Anhang Bernd Streiter: Sense, Ätzradierung 1994 (aus dem Ackermann-Zyklus) Bamberg: Pfister, um 1462/63
19 Cod. Pal. Germ. 76 (Werkstatt Ludwig Henfflin, Stuttgart,um 1470) Dialogszene zwischen dem Ackermann und dem Tod. Die braune, skelettierte Gestalt des Todes steht als Redender links, wobei er dem anklagenden Ackermann sein Szepter entgegen hält. Mit der anderen Hand stützt er seine herausfallenden Gedärme.
20 ThULB Jena, Ms. Sag. f. 13, Bl. 16v (um 1475) Gott erscheint, umrahmt von Engeln, um sein Urteil zu sprechen.
21 Holzschnitt, vor 1480 (Inkunabelsammlung der Wiener Hofbibliothek) Die älteste Darstellung von Saaz
22 Bernd Streiter. Tod und Ackermann, Kaltnadelradierung 1994 Bernd Streiter: Ackermann, Kohlezeichnung, 1994
23 Titelholzschnitt des 1473 bei Martin Flach in Basel erschienenen Ackermann-Drucks (Karlsruhe, Badische Landesbibliothek)
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