DER FRIEDHOF LITERATURKONZERT - Berliner Orte
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1 – DER FRIEDHOF LITERATURKONZERT 24.04.2022, 16 UHR KULTURQUARTIER SILENT GREEN 2 – DER HINTERHOF 3 – DER KIEZ 4 – DIE MAUER
EMILIE MAYER – PAUSE – FAUST OUVERTÜRE OP.46 RIO REISER »ICH WEISS NICHT, ZU JUNIMOND WEM ICH GEHÖRE« GESUNGEN VON FELIX MENDELSSOHN MARLENE DIETRICH BARTHOLDY TROMPETEN OUVERTÜRE SIEGFRIED OCHS IN C-DUR OP. 101 HUMORISTISCHE VARIATIONEN ÜBER »'S KOMMT EIN VOGEL RIO REISER GEFLOGEN« ZAUBERLAND THEMA UND VARIATIONEN IM STILE VON J. S. BACH, J. HAYDN, SPRECHER W. A. MOZART, J. STRAUSS, MICHAEL SCHRODT G. VERDI, R. WAGNER, GESANG L. V. BEETHOVEN, FEMKE SOETENGA F. MENDELSSOHN BARTHOLDY, DIRIGENT R. SCHUMANN, J. BRAHMS, HANSJÖRG SCHELLENBERGER G. MEYERBEER, MARSCH TEXTE VON HANS FALLADA, BERTOLT BRECHT »DAS LIED IST AUS, FRAG' UND CHRISTA WOLF NICHT, WARUM ICH GEHE«, KÜNSTLERISCHE LEITUNG »ICH BIN VON KOPF KATJA LEBELT BIS FUSS AUF FILM LIEBE EINGESTELLT« SANTIAGO STANKOVIC GESUNGEN VON MASKE MARLENE DIETRICH SYBILLE NOTHELFER LITERATURKONZERT 1 – DER FRIEDHOF
Friedhöfe sind nicht nur Orte der Trauer und des Abschieds, sie sind genauso Stät- ten der Begegnung, der kulturellen Identi- tät und der Erinnerung. Im Berliner Stadtge- biet gibt es 221 Fried- und Kirchhöfe mit ei- ner Gesamtfläche von etwa 1147 Hektar, was 1,3% der Fläche Berlins entspricht. Die Liste der Prominenten, die in Ber- lin bestattet sind, ist lang. In unse- rem Literaturkonzert präsentieren wir eine bunte Mischung von Persönlich- keiten unterschiedlicher Epochen aus Musik, Literatur und Film, die eines verbindet, alle haben sie ihre letzte Ruhestätte in Berlin. Der Stummfilm zu Beginn des Konzer- tes ist eine Reminiszenz an den Film- regisseur Friedrich Wilhelm Murnau, (geb. 28.12.1888 als Friedrich Wil- helm Plumpe, gest. 11.3.1931), er ist auf dem Südwestkirchhof bestattet. 3
EMILIE LUISE FRIEDERIKA MAYER 14.05.1812 in Friedland, Mecklen- burg bis 10.04.1883 in Berlin »Am nächsten Sonntag Vormittag wird die musikalische Welt einen Genuß von eigenthümlichem Inte- resse haben. Eine Dame wird eine Anzahl ihrer Compositionen zur Auf- führung bringen lassen… Ein solches Concertprogramm, ganz von weibli- cher Hand…, ist ein unicum in der mu- sikalischen Weltgeschichte.« So kündigte die Vossische Zeitung am 20. April 1850 ein Konzert im Kon- zertsaal des königlichen Schauspiel- hauses mit Werken von Emilie Mayer an. Emilie Mayer schuf Klavierwerke, ein Singspiel, Lieder, Chormusik, 15 Konzertouvertüren, Kammermusik und 8 Sinfonien. Einige ihrer Kompo- sitionen sind auch heute noch nicht veröffentlicht. –––– Sie blieb lebenslang unverhei- ratet, sie wusste, dass ein Leben mit Familie das Ende ihrer beruflichen Laufbahn bedeuten würde. Eduard Meyer: Lithographie von Emilie –––– Ihr Berliner Konzert von 1850 war Mayer nach einer Zeichnung von Pauline so erfolgreich, dass Emilie Mayer in den Suhrlandt. darauffolgenden Jahren regelmäßig eigene Konzertprogramme im könig- Werke aus den Konzertsälen und er- lichen Schauspielhaus organisierte. leben erst im 21. Jahrhundert eine 1879 entstand ihre »Faust-Ouvertüre« Renaissance. Emilie Mayer wurde auf (op. 46), die im Februar 1881 in Berlin dem Dreifaltigkeitsfriedhof I beigesetzt. uraufgeführt und in zahlreichen euro- Ihre Ruhestätte ist seit August 2021 ein päischen Städten gespielt wurde. Ehrengrab des Landes Berlin. Nach ihrem Tod verschwanden ihre 4
SIEGFRIED OCHS mordet. Siegfried Ochs Einäscherung 19.04.1858 in Frankfurtam Main bis fand 1929 im Krematorium in der Ge- 05.02.1929 in Berlin richtsstraße statt, sein Ehrengrab be- findet sich auf dem angrenzenden »Ihr Sohn eignet sich seiner Veran- Urnenfriedhof. lagung nach nicht für eine nach rein künstlerischen Grundsätzen gelei- Humoristische Variationen über »'s tete Anstalt. Seine Anschauungen kommt ein Vogel geflogen«: Das Or- über Musik sind derartig verworren, chesterwerk von Siegfried Ochs be- daß es nie zu einem guten Ende füh- steht aus mehreren Variationen über ren kann.« die Melodie des Liedes »Kommt ein Vogel geflogen«. Jede Variation ist So begründete die Leitung der Ber- eine Parodie auf einen bekannten liner Musikhochschule in einem Brief Komponisten. an den Vater den Schulverweis von Siegfried Ochs und prophezeite ihm ein Ende in der Gosse. FELIX MENDELS- –––– Nach seinem Hinauswurf gründe- SOHN BARTHOLDY te er 1882 »seinen« Chor, den späte- 03.02.1809 in Hamburg bis ren »Philharmonischen Chor«, mit wel- 04.11.1847 in Leipzig chem er über sechzig Ur- und Erstauf- führungen auf die Bühne brachte. Be- Felix Mendelssohn Bartholdy gehörte reits 1887 begann die Kooperation mit zu den herausragenden Musikern, Diri- dem Philharmonischen Orchester un- genten und Komponisten des 19. Jahr- ter der Leitung von Hans von Bülow. hunderts. In Hamburg geboren, lebte –––– Siegfried Ochs entstammte einer er in Berlin, Düsseldorf und Leipzig und jüdischen Frankfurter Kaufmannsfa- trat in ganz Europas auf. Bis zu seinem milie, er studierte zunächst Chemie in frühen Tod mit nur 38 Jahren entstand Heidelberg und spielte dort im städ- ein Œuvre von über 750 Werken und tischen Orchester die Pauke. 1877/78 umfasst Symphonien, Konzerte, Orato- ging er nach Berlin. In Berlin wohnte er rien, Klavierwerke und Kammermusik. zunächst in der Dorotheenstr. 36, 1885 in der Köthener Str. 2, 1890 in der Pots- Die Musik Mendelssohn Bartholdys damer Str. 122 A, 1893 in Nr. 118 C und war immer wieder wegen dessen jü- von 1909 bis 1929 in der Bendlerstr. 8 discher Herkunft Angriffen ausgesetzt. (in der heutigen Stauffenbergstr.). Während des Nationalsozialismus war –––– Seine Frau Charlotte Ochs wur- sie verboten. de 1943 in Theresienstadt, die Tochter –––– Felix Mendelssohn Bartholdy Gertrud Ende 1944 in Auschwitz er- und seiner Schwester Fanny Hensel 5
verband u.a. die gemeinsame große Leipziger Paulinerkirche wurde er am musikalische Begabung. Während der 8. November auf dem Dreifaltigkeits- Vater dem Sohn eine Musiker-Karrie- friedhof I in Berlin-Kreuzberg neben re zubilligte, verwies er seine Tochter seiner Schwester Fanny Hensel beige- auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter, setzt. Die Grabstätte ist ein Ehrengrab die ihr musikalisches Können in den des Landes Berlin. Dienst der Familie zu stellen hatte. Der Tod seiner Schwester Fanny Hen- Trompeten Ouvertüre in C-Dur, op. sel am 14.5.1847 war ein Schock für 101: Die »Trompeten Ouvertüre« Felix, er zog sich aus dem öffentlichen C-Dur mit ihrer Blechfanfare wurde Leben zurück und folgte ihr nach meh- 1826 komponiert und erst 1867, nach reren Schlaganfällen am 04.11.1847 in Mendelssohns Tod, gelangte die Ou- den Tod. Nach der Trauerfeier in der vertüre in Druck. MARLENE DIETRICH 27.12.1901 in Schöneberg bis 06.05.1992 in Paris Marlene Dietrich war eine der schil- lerndsten Schauspielerinnen des 20. Jahrhunderts. –––– Nach Abbruch des Violinstudi- ums erhielt sie Schauspielunterricht und erzielte Ihren Durchbruch mit dem Film »Der blaue Engel«. Es war der Beginn ihres steilen Aufstiegs zum Welt-Star, der sie 1930 nach Hol- lywood führte und der sie zur Stil-Iko- ne mit Frack und Zylinder, Hosenan- zug und geheimnisvollem Charme werden ließ. Sie äußerte sich als scharfe Gegnerin des Naziregimes – bejubelt von amerikanischen Soldaten, verhasst von zahlreichen deutschen Kritikern und Teilen der deutschen Be- völkerung, die in ihr eine Vaterlands- verräterin sahen. –––– Mit 74 Jahren beendete sie ihre Karriere, sie starb am 6. Mai 1992 in 6
Paris. Sie wurde auf dem Friedhof 1932 von der Schauspielerin Anna Sten Schöneberg III in einem schlichten in dem Filmdrama Stürme der Leiden- Grab nahe der Grabstätte ihrer Mutter schaft erstmals gesungen wurde. Ab beigesetzt. Die Grabstätte gehört zu 1947 wurde es von Marlene Dietrich den Ehrengräbern des Landes Berlin. gesungen. »Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe »Das Lied ist aus: Frag' nicht, warum eingestellt«, Text und Musik von Fried- ich gehe«, Musik von Robert Stolz, Text rich Hollaender, der das Lied für den von Walter Reisch, ist ein Lied aus dem Film »Der blaue Engel« verfasste und deutschen Operettenfilm »Das Lied ist das seither untrennbar mit Marlene aus« von 1930, eines der großen Meis- Dietrich verbunden ist. terwerke des frühen deutschen Kinos. Der Film ist ungewöhnlich für seinen »Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre«, stark melancholischen Unterton und Musik von Friedrich Hollaender, Text sein unglückliches Ende. von Robert Liebmann, ist ein Lied, das RIO REISER 09.01.1950 als Ralph Christian Mö- bius in Berlin bis 20.08.1996 in Fre- senhagen, Nordfriesland »Als ich 1967 nach Berlin kam war ich siebzehn Jahre alt, hatte vier Jahre hu- manistische Bildung in Nürnberg, ein Jahr Fotografenlehre und ein Jahr Cel- lostudium in Offenbach hinter mir.« Die Kindheit und Jugend Rio Reisers waren von vielen Ortswechseln ge- prägt. Seinen bürgerlichen Namen änderte er in Anlehnung an die Haupt- figur des psychologischen Romans Anton Reiser in Rio Reiser. 1970 – Rio hatte in diesem Jahr auch sein Coming-Out – gründete er zu- 7
sammen mit Freunden die Band »Ton Rio Reiser starb am 20. August 1996 Steine Scherben«. Die Band erlangte im Alter von 46 Jahren. Reiser wur- schnell Kultstatus und lieferte den de auf dem Grundstück Fresenhagen Soundtrack zu Hausbesetzungen. 11 beigesetzt. Das Grab wurde zur Songs wie »Macht kaputt, was euch Pilgerstätte und sein Haus wurde als kaputt macht« spiegelten das Lebens- Rio-Reiser-Haus bekannt. Als der Hof gefühl der linken Szene West-Berlins zum Verkauf stand, wurde der Leich- wider. Ab Mitte der 70er Jahre wurde nam Reisers am 11. Februar 2011 auf Fresenhagen der Lebens- und Schaf- den Alten St.-Matthäus-Kirchhof in fensmittelpunkt der Band. Berlin umgebettet. BERTOLT BRECHT 10.02.1898 als Eugen Berthold Friedrich Brecht in Augsburg bis 14.08.1956 in Ost-Berlin »Ich benötige keinen Grabstein, aber Wenn ihr einen für mich be- nötigt Wünschte ich, es stünde da- rauf: Er hat Vorschläge gemacht. Wir Haben sie angenommen. Durch eine solche Inschrift wären Wir alle geehrt.« Brechts Wunsch zur Gestaltung seines Grabstein wurde nicht erfüllt. Zusam- men mit seiner 1971 verstorbenen Frau Helene Weigel liegt er auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Ber- lin begraben. –––– Nach anfänglichen Theaterer- folgen in München ging Brecht nach Berlin. 1933 verließ er – von den Na- Kreis deutscher Emigrierter traf. Nach tionalsozialisten verfolgt – Deutsch- Vorladung vor dem Ausschuss für una- land. Über Prag, Wien, Zürich, Däne- merikanische Tätigkeit 1947 kehrte mark, Schweden und Finnland, floh er Brecht zurück nach Europa und grün- 1941 in die USA. Dort lebte er in L. A. dete mit seiner Frau Helene Weigel im und New York, wo er auf einen aktiven Ostteil Berlins das Berliner Ensemble. 8
REIMUND HEINER einen zeitweiligen Ausschluss aus dem Schriftstellerverband der DDR zur Fol- MÜLLER ge, was einem Berufsverbot gleich- 09.01.1929 in Eppendorf, Amts- kam; seine Stücke wurden zeitweise hauptmannschaft Flöha, Sach- nur in der BRD aufgeführt. Sein Sta- sen bis 30.12.1995 in Berlin tus als weltweit anerkannter Thea- termacher und Autor hatten ihm zahl- Heiner Müller arbeitete zunächst als reichen Privilegien ermöglicht – etwa Journalist, 1957 wurde an der Berliner einem Dauervisum, mit dem er ab Volksbühne sein erstes Stück aufge- 1983 Reisen in den Westen unterneh- führt. Es war der Beginn einer von men konnte. Skandalen und Kontroversen gepräg- –––– Heiner Müller starb am 30. De- ten Theater- und Autoren-Karriere. zember 1995 mit 66 Jahren an Krebs. Seine Konflikte mit den SED-Autoritä- Sein Grab befindet sich auf dem Do- ten in den 60er und 70er Jahren hatten rotheenstädtischen Friedhof in Berlin. CHRISTA WOLF Geb. Ihlenfeld, 18.03.1929 in Lands- berg an der Warthe bis 01.12.2011 in Berlin »Dass die Zeit uns verkennen muss, ist ein Gesetz« Der Satz aus Christa Wolfs »Kein Ort. Nirgends.« kennzeichnet auch ihre eigene Karriere als Schriftstel- lerin. Wurde sie in den 80er Jahren in Westdeutschland als gesamtdeut- sche Schriftstellerin gefeiert, reduzier- te man Christa Wolf nach der Wende oft auf ihre Nähe zum DDR-Regime. Sie galt als »loyale Dissidentin«, die das Regime kritisierte, aber den Sozia- lismus als besserer Alternative zum Westen hielt, »eine Sozialistin, die im Sozialismus aneckte.« Nach ihrem Protest gegen die Ausbürgerung Wolf 9
Biermanns wurde ihre Überwachung von 1983 sind Emanzipation, Identität durch die »Stasi« verstärkt. Nach der und Gesellschaftskritik die zentralen Wende gab Christa Wolf bekannt, Themen ihres vielfältigen Werkes. dass sie von 1959-62 als IM tätig war. –––– Christa Wolf starb am 1. Dezem- Die »Stasi« beendete jedoch wegen ber 2011 im Alter von 82 Jahren und Wolfs »Zurückhaltung« die Zusam- wurde auf dem Dorotheenstädtischen menarbeit. Wie in ihrem bekann- Friedhof in Berlin-Mitte beerdigt. testen Buch »Kassandra. Erzählung« er sich in Anlehnung an zwei Charak- tere der Märchen Hans im Glück und Die Gänsemagd zu. –––– Schon als junger Mann war er drogenabhängig. Er wurde immer wieder straffällig und hatte regelmä- ßig Gefängnisaufenthalte u.a. in Neu- münster, Greifswald und Neustrelitz. Während des Nationalsozialismus avancierte Fallada zu einem der meistverkauften Autoren. Seine Wer- ke wurde von staatlicher Seite sehr unterschiedlich beurteilt – von Lob bis zu Verbot. –––– Nach dem Krieg ging Fallada HANS FALLADA nach Berlin und arbeitete als Jour- 21.07.1893 in Greifswald bis nalist. Sein Morphin-Konsum stieg 05.02.1947 in Berlin beträchtlich und Ende 1946 brach er zusammen. In die Berliner Charité Bevor Rudolf Wilhelm Friedrich Dit- schrieb er in nur vier Wochen den zen als Schriftsteller lebte, hatte er Roman »Jeder stirbt für sich allein«. als Buchhalter, Adressenschreiber, Er starb am 05.02.47, am 13.02.1947 Annoncensammler und Verlagsan- erfolgte die Einäscherung im Kremat- gestellter gearbeitet. orium Wedding (heute: silent green). –––– Sein 1932 erschienener Roman Bis 1981 war er auf dem Friedhof Pan- »Kleiner Mann – was nun?« verhalf kow III beigesetzt. Auf Betreiben von ihm zu internationaler Anerkennung. Anna Ditzen erfolgte die Umbettung Sein Pseudonym »Hans Fallada« legte auf den alten Friedhof von Carwitz. 10
JOHANNES KONRAD 1939 war er als deutscher Soldat am BERNHARD Überfall auf Polen beteiligt. Nach Ent- lassung aus sowjetischer Kriegsge- BOBROWSKI fangenschaft (1945-49) lebte er in 09.04.1917 in Tilsit bis Ost-Berlin als Lektor. 02.09.1965 in Ost-Berlin –––– Am 02.09.1965 starb Bobrow- ski an den Folgen eines Blinddarm- Im ehemaligen Ostpreußen aufge- durchbruchs. Seine letzte Ruhestätte wachsen, blieb Johannes Bobrowski liegt auf dem Evangelischen Friedhof in seinen Werken der osteuropäischen Friedrichshagen in Berlin. Landschaft und Kultur verbunden. THOMAS BRASCH exmatrikuliert und 1968 wegen 19.02.1945 in Westow, North York- »staatsfeindlicher Hetze« inhaftiert. shire bis 03.11.2001 in Berlin 1976 verließ er die DDR. –––– Thomas Brasch ließ sich von kei- »Ich glaube, jeder Schriftsteller fühlt ner Seite vereinnahmen. Er war Lyriker, sich immer im Niemandsland.« Theaterautor, Prosaschriftsteller und Filmemacher. Seine Eltern waren jüdische Emigran- –––– Brasch starb am 3. November ten, er wuchs in der DDR auf, sein 2001 in der Berliner Charité. Sein Grab Vater war der SED-Funktionär Horst befindet sich auf dem Dorotheenstäd- Brasch. Als Student wurde Thomas tischen Friedhof in Berlin-Mitte. Brasch »aus politischen Gründen«
GEORGE TABORI 24.05.1914 in Budapest, Öster- reich-Ungarn bis 23.07.2007 in Berlin George Tabori, geboren als György Tábori, war Autor und Theaterma- cher, aufgewachsen in Budapest floh er vor den Nazis über Wien und Prag nach London. Nach dem Krieg ging er in die USA und arbeitete in New York und Los Angeles. –––– Nach seiner Übersiedlung nach Deutschland 1971 lebte er als briti- scher Staatsbürger in Berlin. –––– Er starb am 23. Juli 2007 und wurde am 21. August auf dem Doro- theenstädtischen Friedhof in Berlin beigesetzt. DAS KULTUR- straße und zur ersten Einäscherung QUARTIER wurde am 28.11.1912 »die Leiche der 58 jährigen Frau Arendt den Flammen SILENT GREEN übergeben.« Am 21.3.1874 gründete sich der Verein –––– Das Krematorium beanspruchte, für Feuerbestattung und 1891 erlaub- konfessionell neutral zu sein. Geist- te Preußen die Urnenbestattung, aber liche aller Glaubensrichtungen so- noch nicht die Einäscherung. wie Laien konnten dort Trauerfeiern –––– Auf dem Gelände des Friedhofs abhalten. in der Gerichtstraße genehmigte Ber- –––– Zwischen 1933 und 1945 musste lin 1909 den Bau einer Urnenhalle (der das Krematorium auch »Sonderaufga- dritten in Berlin), die am 25. Septem- ben« erfüllen. Opfer der Nazis wurden ber 1910 feierlich eingeweiht wurde. im Krematorium »spurlos« beseitigt –––– 1911 wurde das Gesetz zur Feu- wie 1938 die Leiche von Carl von Os- erbestattung verabschiedet und Preu- sietzky; auch Hinrichtungsopfer aus ßen gestattete die Feuerbestattung. Plötzensee wurden im Krematorium Am 24.11.1912 war die Einweihung verbrannt. des Krematoriums in der Gerichts- Nachdem das Krematorium zwischen 12
1993 und 1996 noch um die unterir- green Kulturquartiers erhielt den Zu- dische Leichenhalle vergrößert wur- schlag. Im Jahr 2013 begannen die Um- de – die Betonhalle ist die ehemalige bau- und Renovierungsarbeiten, 2014 Leichenhalle mit Platz für 800 Särge - zogen die ersten Mieter im sanierten ließ die Stadt es Ende 2002 schließen. Gebäude ein, und noch im gleichen Vom Urnenfriedhof getrennt, wurde Jahr fanden die ersten Veranstaltun- das Krematorium zum Verkauf aus- gen im silent green statt. geschrieben. Das Konzept des silent 13
KURZE KULTUR- gestattet war, fand ein Wandel der GESCHICHTE DER Beurteilung der Feuerbestattung im Zeitalter der französischen Revoluti- FEUERBESTATTUNG on und Aufklärung statt. Die Feuerbestattung gilt als älteste –––– Das liberale und moderne Bür- Bestattungsform, sie ist in vielen Kul- gertum zeigte sich offen für die Idee turen bekannt und seit Jahrtausenden der Feuerbestattung. gebräuchlich und religiös und kultisch –––– »Krematisten« gründeten im motiviert. Mit der Christianisierung letzten Drittel des 19. Jahrhunderts Europas wurde die Feuerbestattung Vereine für Feuerbestattung und war- schrittweise verdrängt. Der Glaube an ben für gesellschaftliche Akzeptanz. die leibliche Auferstehung am Tag des –––– Der größte Widerstand gegen jüngsten Gerichts verbot im Christen- die Feuerbestattung kam von kirchli- tum die Feuerbestattung. cher Seite, die Kirche sah in der Ver- –––– Im 8. Jahrhundert wurde die brennung einen pietätlosen Akt heid- Feuerbestattung im christlichen Eu- nischen Ursprungs. ropa sogar unter Todesstrafe gestellt. –––– Erst seit 1964 ist es katholischen Nachdem das Verbrennen von Leichen Kirchenmitgliedern nach Kirchenrecht etwa eintausend Jahren nur aus hygi- erlaubt, sich einäschern zu lassen. enischen Gründen (aufgrund von Seu- chen, Naturkatastrophen und Krieg) 14
MICHAEL SCHRODT SPRECHER Michael Schrodt, Jahrgang 1972, stammt aus Hanau/Main. Er studier- te zunächst Theaterwissenschaft und Lateinamerikanistik und wechselte und nimmt Hörspiele und Radio-Fea- 1997 an die Hochschule für Schau- tures für MDR-Kultur und Deutsch- spielkunst »Ernst Busch« in Berlin. landfunk auf. Und auch in freien und Von 2009-2018 war er Ensemblemit- genreübergreifenden Theaterproduk- glied des Hans Otto Theaters Pots- tionen hat Schrodt mitgewirkt, so bei- dam. Weitere Engagements führten spielsweise bei ENGLISCH STRINGS- ihn u.a. nach Bielefeld und Augsburg. Shakespeare’s Sonette und Musik der Darüber hinaus ist Schrodt in zahlrei- Renaissance mit dem Kammerorches- chen Fernsehproduktionen zu sehen, ter Potsdam, bei den Musikfestspie- unter anderem in Soko L.E. und Po- len Potsdam und dem Theater unterm lizeiruf 110. Er ist ebenfalls Sprecher Dach Berlin. bei zahlreichen Hörbuchaufnahmen FEMKE SOETENGA Mina Murray in DRACULA den Da- GESANG Capo Award 2014 für die beste weib- liche Hauptrolle. Parallel dazu ist sie Femke Soetenga wurde in Steinheim in Deutschland und in den Niederlan- geboren und wuchs in den Nieder- den als Dozentin für Gesang, Schau- landen auf. Sie studierte zunächst in spiel und Musical tätig. Seit 2015 ist Nijmegen Kommunikationswissen- sie Schirmherrin von Hope Integrated schaften, bevor sie an der Musikhoch- e.V., einem Verein, der sich für eine schule Rotterdam ihre Ausbildung Grundschule in Kilifi in Kenia einsetzt. in Musik und Tanz mit Schwerpunkt Musiktheater absolvierte. Seither steht sie regelmäßig für große Pro- duktionen auf den europäischen Bühnen. Für ihre Rollen erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, so als Milady de Winter in 3 MUSKETIERE den DaCapo Musicalaward 2010, den DaCapo Award für die schönste weib- liche Musicalstimme 2013 und als 16
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HANSJÖRG 2018 wurde Prof. Hansjörg Schellen- berger das Verdienstkreuz am Ban- SCHELLENBERGER de der Bundesrepublik Deutschland DIRIGENT überreicht. Die bayerische Staatsmi- nisterin Prof. Dr. med. Marion Kiechle Hansjörg Schellenberger hat sich im würdigte Schellenberger als leiden- Laufe seiner langjährigen internati- schaftlichen Kulturbotschafter Bay- onalen Tätigkeit auf vielen musikali- erns und Deutschlands in der Welt für schen Gebieten einen wohlklingen- seinen großen Beitrag zum wechsel- den Namen gemacht: als exzellenter seitigen Verständnis zwischen den Solo-Oboist der Berliner Philharmo- Nationen. Auf mehr als fünfzig CDs niker, als Ensemblegründer und Diri- hat der Künstler seine musikalische gent mit großer Orchestererfahrung Tätigkeit bei allen großen Tonträger- sowie als überaus engagierter Päd- firmen demonstriert. Mit den Berliner agoge. Der legendäre Jan Koetsier Symphonikern sind bereits aktuelle gab ihm Unterweisungen mit dem Aufnahmen entstanden, die in Kür- Taktstock, indessen Schellenberger ze erscheinen werden: eine CD mit sein späteres Hauptfach bei Man- Aufnahmen von Schubert-Ouvertü- fred Clement lernte. Und so kam es, ren sowie eine DVD des »OverTie- dass er kein ausschließlicher Oboist re«-Konzerts aus dem Berliner Zoo. wurde: Jahrzehntelange Beobachtun- gen, Partiturstudien und Interpretati- Seit Saisonbeginn 2021/2022 ist onsvergleiche schufen ihm die Basis Hansjörg Schellenberger neuer Chef- für eine zweite Karriere, die schon dirigent der Berliner Symphoniker. längst internationale Kreise zieht. 18
BERLINER ORTE Eine Förderung der Lot to - stiftung ermöglicht es uns, un- sere beliebten Literaturkonzerte zunächst bis zum Ende der Saison 2022/2023 fortzusetzen. Berlin, hier trafen und treffen Ide- beleuchten ihren Hintergrund in sei- en, Kulturen, Menschen und Biogra- ner Vielfalt, Widersprüchlichkeit und fien aufeinander, aber auch unter- zeitlichen Veränderung. schiedliche reale gesellschaftliche und politische Konzepte und Systeme – alles auf engstem Raum. PREISE –––– Spuren dieses Aufeinander- Einzelkarte regulär 30 € treffens werden in der Literaturkon- ermäßigt 20 € zert-Reihe »Berliner Orte« aufgegrif- Schüler, Studenten und fen. In den Konzerten wird der Atmo- Inhaber des BerlinPass sphäre bestimmter Orte und dem Lebensgefühl der Berlinerinnen und Berliner nachgespürt. Musik, Litera- KARTEN 030 . 325 55 62 tur, Bilder und Zeitzeugenberichte karten@berliner-symphoniker.de lassen diese wiederentstehen und www.berliner-symphoniker.de 20
2 – DER HINTERHOF 3 – DER KIEZ So 08.05.22 | 16.00 Uhr So 05.06.22 | 16.00 Uhr Kultursaal Nalepastraße Kulturbrauerei, Kesselhaus Sprecher: Michael Schroth Sprecher: Cornelia Heyse und Rufus Beck und Matthias Brenner Dirigent: Justus Thorau Dirigent: Hansjörg Schellenberger Ernst Erich Noth: die Mietskaserne Werke von Hanns Eisler, Kurt Weill, Werke von Paul Lincke, Kurt Weill Christoph Schambach u.a. und Paul Hindemith 4 – DIE MAUER So 28.08.22 | 16.00 Uhr Estrel, Saal Europa Sprecher: Christian Brückner Dirigent: Matthias Foremny Werke von Arnold Schönberg, Arvo Pärt, Peteris Vasks, Frank Michael Beyer und Hanns Eisler 21
PARTNER*IN WERDEN! Möchten Sie das Orchester und seine Musiker*innen näher kennenlernen? Wollen Sie die Berliner Sympho- niker in ihrer musikalischen Arbeit unterstützen? Werden Sie Partner*in im Förderverein »Partner für die Berliner Symphoniker«! INFORMATIONEN 030 . 325 55 62 partner-berliner-symphoniker@web.de ABBILDUNGEN Titel, S. 15, 19: Gestaltung Skarlett Röhner. S. 3, 13, 20, 21: Fotos von Boris Bocheinski. S. 4, 6, 10: Sammlung Berliner Symphoniker. S. 7: Foto von Gert Möbius, Rio Reiser mit seiner Band 1995 (Ausschnitt). S. 8: Bertolt Brecht (1954), Bundesarchiv, Bild 183-W0409-300 / Kolbe, Jörg / CC-BY-SA 3.0. S. 9: Christa Wolf (1963), Bundesarchiv, Bild 183-B0509-0010-006 / Eckleben, Irene / CC-BY-SA 3.0. S. 11: Thomas Brasch, 1993, Marion Brasch – Eigenes Werk. S. 12: George Tabori (um 1985), Werner Bethsold – CC-BY- SA-4.0. S. 16, 18: Künstlerfotos privat. S. 17: Foto von Travis Blessing auf Unsplash. S. 22: Foto von Antonia Richter. TEXTBEITRÄGE S. 3-14: Die Werkeinführung ist ein Originalbeitrag für dieses Programm- heft von Philippe Perotto. IMPRESSUM Herausgeber: Berolina-Orchester e.V. Berliner Symphoniker®, Hohenzollern- damm 184, 10713 Berlin, www.berliner-symphoniker.de, Änderungen vorbehalten. Der Berolina Orchester e.V. – Berliner Symphoniker® ist als gemeinnützig anerkannt. Spenden sind voll absetzbar. Bankverbindungen für Spenden IBAN: DE77 1009 0000 2676 4210 01 für Eintrittskarten IBAN: DE27 1009 0000 2676 4210 28 Berliner Volksbank BIC: BEVODEBB Mit freundlicher Unterstützung von:
NEU AUF CD! LEBENSFREUDE OUVERTÜREN VON SCHUBERT Rosamunde, Der häusliche Krieg, Der Teufel als Hydraulicus u.a. Dirigent: Hansjörg Schellenberger Preis 12,90 € BERLINER SYMPHONIKER & OMAR MASSA Werke für Bandoneon und Orchester von Astor Piazzolla und Omar Massa. Dirigent: Mark Laycock PREIS 12,90 € DIE CD ZUM KONZERT »FRÜHLINGSZAUBER« AM 22.5.22 LUDWIG VAN BEETHOVEN SINFONIE NR. 7 Dirigent: Eduardo Marturet PREIS 9,90 € Diese und andere CDs der Berliner Symphoniker können Sie über unsere Homepage bestellen oder direkt in unserer Geschäftsstelle erwerben.
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